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Frankfurt am Main
Jüdischer Friedhof Eckenheimer Landstraße
(mit neuem Friedhof der
Israelitischen Religionsgesellschaft)
Übersicht:
Zur Geschichte des Friedhofes
an der Eckenheimer Landstraße
Die
Pläne zur Anlage eines neuen Friedhofes gehen in die Zeit vor dem Ersten
Weltkrieg zurück. 1914 wurden Haushaltsmittel der jüdischen Gemeinde zum
Grundstückserwerb und für Anlagearbeiten bereitgestellt. Noch 1915 dachte man,
den Friedhof 1917 einweihen zu können. Der Erste Weltkrieg
verzögerte jedoch die Umsetzung der Pläne. Zudem konnte der Friedhof nicht auf
dem zunächst erworbenen Gelände an der Homburger Landstraße angelegt werden,
da die Stadt hier andere Pläne hatte. Über ein Tauschverfahren wurde nun ein
Grundstück an der Eckenheimer Landstraße im nordwestlichen Bereich des
Hauptfriedhofes für den Friedhof
vorgesehen.
1921 wurde ein Architektenwettbewerb zur
Anlage des Friedhofes ausgeschrieben. 1928 begann die Anlage des
Friedhofes (Hochbauarbeiten). Seit Mai 1929 wurden die Toten der
jüdischen Gemeinde auf diesem Friedhof beigesetzt; die erste Beisetzung war am
19. Mai 1929. Die Gesamtanlage hatte Regierungsbaumeister Fritz Nathan
entworfen. Er gestaltete den Vorplatz und die Friedhofsgebäude im Stil der
neuen Sachlichkeit unter Verwendung von braunen Klinkersteinen. Das Hauptportal
träg die hebräische Inschrift "Die in Geradheit gewandelt, kommen zum
Frieden und ruhen auf ihren Lagern" (Psalm 116,9).
1939 wurde eine 165 m lange Mauer des Hauptfriedhofs entlang der
Eckenheimer Landstraße - zwischen dem neuen Portal und dem neuen jüdischen
Friedhof - aus Trümmern von zwei beim Novemberpogrom 1938 zerstörten Synagoge
errichtet. Eine Gedenktafel erinnert daran.
Bis zur Gegenwart (2012) wurden über 8.000 Beisetzungen vorgenommen.
Auf dem Friedhof finden sich u.a. die Gräber des 1. Vorsitzenden der
Israelitischen Gemeinde Dr. Julius Blau (1861-1939) und des Religionsphilosophen
Franz Rosenzweig (1886-1929). Über dem Hauptportal steht der hebräische
Spruch: "Wandeln werd ich vor dem Antlitz des Ewigen in den Gefilden des
Lebens". Die Friedhofsfläche umfasst 54.532 qm.
Auf dem Friedhof befindet (im vorderen Bereich) sich das Ehrendenkmal für die
in der NS-Zeit ermordeten Frankfurter Juden.
Beiträge
zur Geschichte des Friedhofes
(aus jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts)
Für den Grundstückserwerb eines neuen Friedhofes
werden Gelder der jüdischen Gemeinde bereitgestellt (1914)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 17. April 1914: "Aus Frankfurt am Main wird berichtet: Der
Ausschuss der israelitischen Gemeinde genehmigte in seiner Sitzung den
Haushaltsplan für das Rechnungsjahr 1914, der mit 1.862.063 Mark
belanciert. Für die Anlagen eines neuen Friedhofes sind 97.000 Mark für Terrainerwerb,
100.000 Mark für Straßenherstellung usw., 20.000 Mark für Vorarbeiten
vorgesehen, für die Renovierung der Börneplatz-Synagoge 41.000 Mark. Der
neue Friedhof kommt an der Homburger Landstraße nächst der Friedberger
Warte zu liegen". |
Der neue Friedhof kann vermutlich 1917 eingeweiht werden
(1915)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 29. Januar
1915: "Der neue Friedhof, für den im verflossenen Jahre das in
zehn bis fünfzehn Minuten Entfernung hinter dem gegenwärtigen Friedhofe
gelegene Terrain erworben worden ist, wird voraussichtlich in etwa zwei
Jahren in Gebrauch genommen werden." |
Ausschreibung eines
Architektenwettbewerbs für den neuen Friedhof
(1921)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 8. April
1921: "Gemeindevertretung der Israelitischen Gemeinde.
Da auf dem Friedhof nur noch etwa 400 nichtreservierte Grabstellen nicht belegt sind, so muss jetzt mit Energie an die Errichtung des
neuen Friedhofes herangetreten werden. Die Gemeindevertretung bewilligte daher 50 000 Mark für Bauarbeiten bis zum Zusammentritt des Preisgerichts. Die hiesigen Architekten Epstein, Prof. Hülsen, Hiller, Kaufmann, Paravicine, Röckle und Seckbach sollen zum Wettbewerb aufgefordert werden.
Aus der Debatte ging hervor, dass die Liberalen auf dem neuen Friedhof die Errichtung eines
Kolumbariums (Halle für die Urnen mit den Aschenresten verbrannter Leichen) wünschen.
Bei dem nächsten Punkt der Tagesordnung verlas der Vorsitzende ein Schreiben der Ortsgruppe des Jüdischen
Frauenbundes, in dem dagegen Verwahrung eingelegt wird, dass bei den Wahlen in der
Börneplatz-Synagoge die Frauen übergangen worden sind. Frau Adele Meyer erklärte hierzu, sie stehe auf dem Boden der Tradition, doch sehe sie nicht ein, warum in der Frauen-Abteilung nicht Frauen die Aufsicht führen, also als Synagogenvorsteher fungieren sollen." |
Architektenwettbewerb
zur Anlage des neuen Gemeindefriedhofes (1921)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. September 1921: "Die Israelitische Gemeinde zu Frankfurt
am Main hatte vor einiger Zeit unter sechs dortigen Architekten einen
Wettbewerb zur Erlangung von Plänen für einen neuen Gemeindefriedhof in
der Nähe der Friedberger Warte ausgeschrieben. Das Preisgericht, in dem
unter anderen Professor Grässel (München) saß, trat in diesen Tagen
zusammen und erkannte Preise von je gleicher Höhe den Arbeiten der Architekten
P. Paravicini, Fr. Roeckle und M. Seckbach
zu." |
Über die neuen Friedhofsanlagen
(1925)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juni
1925: "Neue Friedhofsanlagen. Das Gemeindeblatt der
'Israelitischen Gemeinde' enthält einen Lageplan nebst Erläuterungen zu
dem voraussichtlich im Jahre 1927 zur Eröffnung gelangenden neuen
Friedhof. Er ist an der Friedberger Warte gelegen und wird im Osten von
der Homburger Landstraße, im Norden und Westen von neuen Straßenzügen,
durch die eine Verlängerung der Trambahnlinie 8 laufen wird,
begrenzt.
Gegenüber dem neuen Friedhof der Israelitischen Gemeinde liegt auf der
anderen Seite der neu anzulegenden 'Friedhofsstraße' das bereits im Jahre
1914 erworbene neue Friedhofsgelände der 'Israelitischen
Religionsgesellschaft'.
Wir geben hier eine verkleinerte Skizze des Lageplans, der links
unten der Friedhof der Israelitischen Gemeinde, rechts gegenüber denjenigen
der Synagogengemeinde Israelitische Religionsgesellschaft
zeigt." |
Über die neuen Friedhöfe der Israelitischen Gemeinde und der Israelitischen
Religionsgesellschaft (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Februar
1928: "Neue Friedhöfe. Nach langwierigen, über Jahre
sich erstreckenden Verhandlungen der beiden hiesigen jüdischen Gemeinden
mit der Stadt Frankfurt lässt sich nunmehr Sicheres über die künftige
Gestaltung des jüdischen Friedhofswesens endlich sagen. Bei der
Israelitischen Gemeinde werden die Hochbauarbeiten an dem neuen Friedhof
binnen kurzem beginnen. Der neue Friedhof umfasst 10 Hektar und grenzt an
die nördliche Mauer des städtischen Hauptfriedhofes, gegenüber dem
ehemaligen Bezirkskommando nach der Friedberger Warte zu. Dort wird auch
in unmittelbarer Nachbarschaft des Friedhofs der Israelitischen Gemeinde
der künftige Friedhof der Israelitischen Religionsgesellschaft gelegen
sein. Beide Gemeinden hatten ursprünglich Gelände an der Homburger
Landstraße erworben, mussten aber infolge der anderweitigen Pläne der
STadt Frankfurt sich mit dieser auf dem Wege des Tauschverfahrens über
eine Verlegung nach der Friedberger Warte einigen." |
Einweihung des neuen Friedhofes
anlässlich der ersten Beisetzung (1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai
1929: "Die Einweihung des neuen Friedhofes der Israelitischen
Gemeinde. Sonntag, 19. Mai wurde der neue Friedhof der
Israelitischen Gemeinde (Obere Eckenheimerlandstraße) eröffnet. Man
hatte kluger Weise die ganze Sache in die Hand der Chewraus (Hier:
Begräbnisvereine, heilige Bruderschaften) gelegt; so gab es keine
eigentliche 'Zeremonie', sondern die heiligen Vereine besorgten die
Übersiedlung nach alten geheiligten Traditionen in einer Weihe und
Andacht, wie sie dem historischen Ereignis am besten gerecht wurden. Schon
um 8 Uhr morgens fanden sich die Mitglieder der heiligen Bruderschaften
auf dem alten Friedhofe ein, machten die vorgeschriebenen Hakofaus
(Umzüge), verrichteten eine große Reihe von Psalmgebeten und auch einige
für diesen Zweck bestimmte Selichot und Mechila-Formeln
nach dem alten Übergangsritus und anderen Überlieferungen.
Inzwischen hatten sich auf dem neuen Gelände die Kohanim, die sonst nie
Gelegenheit haben, solche Pflicht auszuüben, getroffen, um das erste Grab
auszuschaufeln. Alle Beteiligten hatten bis Mittag zu fasten.
Um 11 Uhr war eine Gemeinde von vielen Hunderten auf dem neuen
Friedhofe versammelt. Hier ist alles noch unfertig und im
Werden. Die Hallen sind noch im Bau begriffen und noch nicht benutzbar,
doch zeigen jetzt schon die Linien und Ausmaße, wie geräumig und
imposant das Ganze gedacht ist. Das ungemein weite Gelände ist zunächst
mit hübschen Heckenpflanzen und kleinen Baumanlagen ausgefüllt, die der
weiten Fläche viel von der Öde und Eintönigkeit nehmen. Alles zeigt
strenge, schlichte Sachlichkeit. Zu Grabe kam Fräulein Hülsen
(eine Schwester von dem besonders um die Erhaltung des alten Friedhofes
auf dem Börneplatz viel verdienten Professor Hülsen). Alles ging dann
ohne besondere Feierlichkeit vor sich. Unter freiem Himmel vor der Halle
rezitierte Oberkantor Groß in zu Herzen gehender Weise das Chazor
Tamim, sodann bewegte sich der gewaltige Trauerzug hinter der Bahre
bis zum ersten frischen Grabe. Kaddischgebet vor der Halle und die Menge
zerstreute sich. Viele fingen dann zum alten Friedhof hinüber, wo um 12
Uhr noch eine Beerdigung stattfand. Der alte Friedhof bleibt in Benutzung,
soweit noch die Erb- und reservierten Gräber in Betracht kommen. Nach
altem Brauch musste am Sonntag und in der Nacht zu Montag auf dem neuen
Friedhof noch gewacht werden, bis am Montag ein zweites Grab zu dem ersten
kam." |
Über den Grabstein auf dem neuen Friedhof - Plädoyer für
eine Rückkehr zur Tradition (1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
28. Februar 1929: "Rückkehr zur Tradition
(Vortrag von Stadtrat May und Regierungs-Baumeister Nathan über: 'Der Grabstein auf dem Neuen Friedhof der Jüdischen
Gemeinde'.)
Der von der 'Gesellschaft für jüdische Volksbildung' veranstaltete Vortragsabend über die Gestaltung der Grabsteine auf dem
projektierten neuen Friedhof der Gemeinde wies eine stattliche Besucherzahl auf und verlief in mancher Beziehung interessant. Sehr wertvoll waren die offenen,
ehrlich empfundenen Darlegungen des Stadtrats May, der bekanntlich für ruhige, einfache Grabgestaltung auf den städtischen Friedhöfen eintritt. Er bekannte, dass die schlichte Art der jüdisch-traditionellen Grabsteine, von denen er eine Anzahl in guten Lichtbildern zeigt, immer von Neuem auch auf den Nichtjuden eine tiefe Wirkung habe und betonte vor allem das soziale Moment und das Gefühl der Gemeinschaftlichkeit, das in der jüdischen Friedhofsgestaltung zum Ausdruck gelange. Er zog eine Parallele zu der erschütternden Anlage der Gefallenenfriedhöfe, die ebenfalls die Verbundenheit durch gemeinsames Erleben aufzeige. Es sei tief bedauerlich, dass in einer späteren Zeit aus falsch verstandener Pietät die schlichte Gestaltung des Friedhofs durch überladenen Prunk, durch Verwendung protzigen Materials und kitschiger Ornamentik zerstört worden sein, dass man Anleihen bei außerjüdischen Kulturkreisen aufnahm und so die der Ruhe geweihte Stätte zum Schauplatz der Familieneifersucht und der Prunksucht machte. Insbesondere sei zu bedauern, dass die so ornamental wirkenden hebräische Schrift immer mehr verschwunden sei. Stadtrat May legte den in Frage kommenden Instanzen dringend den Rat ans Herz, sich bei der neuen Friedhofsanlage auf die altjüdische Tradition zu besinnen und den Grabstein der Überlieferung wieder einzuführen, nicht jedoch die irdischen Gegensätze auch im Tode noch zum Ausdruck zu bringen.
Regierungs-Baumeister Nathan bekannte sich ebenfalls zur Pflicht, in der Neuanlage die Tradition der alten jüdischen Friedhöfe zu wahren. Anhand von Lichtbildaufnahmen wies er nach, wie sehr auf dem jetzigen Gemeindefriedhofe der einheitliche Ausdruck einem bunten Chaos gewichen sei, insbesondere durch viele Grabmonumente der letzten Jahrzehnte ein unsozialer, gemeinschaftsfeindlicher Geist zum Ausdruck gelange. Der Redner legte alsdann die Grundsätze dar, nach denen auf dem neuen Friedhof verfahren werden soll. Eine Beratungsstelle soll die Auswahl aus den verschiedenen zugelassenen Typen erleichtern; Abweichungen, die den Gesamteindruck stören können, werden nicht mehr zugelassen werden. Dennoch ist keine öde Gleichmacherei geplant, vielmehr gestattet die neue Anordnung in weitem Rahmen viele Variationen, die sich jedoch dem Gesamtcharakter anpassen müssten.
In der folgenden Aussprache, die vom Leiter der Veranstaltung, Gemeinderabbiner Dr.
Salzberger, mit Worten der Anerkennung für die Redner und ihre Pläne eingeleitet wurde, gab Herr
Gemeinderabbiner Dr. Hoffmann seiner Befriedigung darüber Ausdruck, dass die beiden Redner von verschiedenen Gesichtspunkten aus sich zur altjüdischen Tradition bekannt hätten. In Anlehnung an die talmudischen Nachrichten über das Bestattungswesen, insbesondere an die soziale Tat des Nassi R. Gamliel, der sich für Einfachheit und Schlichtheit einsetzte, hob der Redner die Gefühlsmomente hervor, die in dieser würdigen Art des Totenkultes zum Ausdruck gelangen. Es sei eine alte Sitte, bei einem Trauerfalle nach Kräften milde Spenden für die Lebenden auszuteilen, die Bestattung jedoch so einfach wie möglich zu gestalten.
In der Aussprache wurde ferner vom Schreiber dies darauf hingewiesen, dass der Friedhof der
Israelitischen Religionsgesellschaft ein würdiges Beispiel dafür biete, wie unter Anlehnung außerjüdischer Einflüsse der von der Tradition gebotene Charakter der Ruhestätte gewahrt werden könne, ohne darum an Eindrucksfähigkeit zu
verlieren, - wie gerade in er einheitlichen Richtung und Gestaltung der Grabsteine die Gleichheit aller Menschen, die Gemeinsamkeit des jüdischen Schicksals ihren erschütternden Ausdruck finde. Auch sei zu begrüßen, dass die wünschenswerte Rückkehr zur Tradition und die bewusste Ablehnung unjüdischer Formen sich nicht nur in der Art der
Totenverehrung, sondern auch auf den Gebieten des jüdischen Einzel- und Gemeinschaftslebens durchsetzen möge." |
Gefallenen-Gedenkfeier des Reichsbundes jüdischer
Frontsoldaten (1936)
Gemeindeblatt der "Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom
Oktober 1936: "Gefallenen-Gedenkfeier des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten
Wie ströme vergossener Tränen rauschten Regenschauer von dem grauverhängten Himmel nieder und verstärkten
die wehmutsvolle Stimmung dieser Weihestunde, Trotz der Missgunst der Witterung hatten wohl 1000 alte Frontsoldaten, darunter viele Schwerkriegsbeschädigte, dann viele Kriegshinterbliebene und Frauen den weiten Weg nicht gescheut, um gemeinsam die 12 000 jüdischen Gefallenen des deutschen Heeres zu ehren. Die große, schöne und in ihrer Schlichtheit ungemein wirkungsvolle Trauerhalle des neuen Friedhofs an der
Eckenheimerlandstraße konnte mit ihren Nebenräumen die Zahl der
Erschienen kaum fassen. Vor dem Rednerpult, in einer Gruppe von Lorbeerpflanzen und beleuchtet von zwei starken Wachskerzen, ruhte auf einem Tisch ein großes Buch mit der Aufschrift
'Die jüdischen Gefallenen des deutschen Heeres 1914-1918. Ein
Gedenkbuch'. Neben diesem Sinnbild nie verlöschenden Gedächtnisses hielten mit hohen Kriegsauszeichnungen geschmückte Kameraden der Toten und, als Vertreter einer in den Anschauungen der Frontgeneration erzogenen Sportjugend, eine kleine Schar weißgekleideter Fechter die Ehrenwache. Leise Orgelklänge, die in das Schweigen er wie eins ausgerichtet in über vierzig Gliedern angetretenen Frontkämpfer strömten, leiteten über zu der Ansprache, die der
Vorsitzende der hiesigen Ortsgruppe des Reichsbundes jüdischer Frontsoldaten, Herr Dr. Felix
Kauffmann, an die Versammlung richtete. Er legte dar, wie der religiöse Gehalt dieser, zwischen den höchsten Festen des jüdischen Jahres liegenden Tage und gerade dieser, dem Gedenken des vor 2500 Jahren gefallenen Gedeljah gewidmete Fasttag zur Ehrung der Deutschland im Weltkriege auf dem Felde der Ehre Gebliebenen geeignet sei. Er zeigte an einer Briefstelle eines schon in den Septembertages 1914 gefallenen Kriegsfreiwilligen, wie diese jungen Menschen in dem blutigen Ringen jener Tage den verloren gegangenen Glauben an Gott und die Menschen wieder fanden. Der Reichsbund betrachtet es mit als seine Aufgabe, das Interesse an jüdischem Wissen und Brauchtum wachzuhalten und vorhandene Kenntnis zu vertiefen. Auf allen Gebieten sozialer Fürsorge sei er in seinem Kreise tätig; er betreue die
Kriegsopfer, die Schwerverletzten, die Kriegereltern, -witwen und -waisen, er helfe den Erwerbslosen und sorge für die körperliche Gesundung und Ertüchtigung der deutschen Jugend. So ehre er das Gedächtnis der 12 000 Helden, die in den Reihen der Überlebenden gefallen, ewig in deren Mitte bleiben sollten. Nachdem die Klänge des Trauermarsches aus Beethovens Eroica verhallt waren, ergriff der ehemalige Feldrabbiner,
Herr Dr. Salzberger, das Wort zu einer packenden Ansprache. In Sätzen, die jedem der versammelten alten Soldaten aus der Seele gesprochen waren, zeichnete er die für den jüdischen Frontkämpfer entstandene Lage. Über alle Meinungsverschiedenheiten des Tages hinweg sollten sie sich zu gemeinsamen Handeln finden, sollten für die Ehre des Judentums weiter kämpfen und für sie treu bis zum Tod stehen. Die Namen der 12 000 jüdischen Frontkämpfer seien nicht nur in die Tafeln der Synagogen und Friedhöfe, sondern unauslöschlich in die Herzen ihrer Mitkämpfer eingegraben, die ihr Andenken mit sich in die Welt nehmen würden, wenn einmal die Stunde des Abschieds für diesen oder jenen kommen sollte.
Mit tiefer Bewegung und hoher gesanglicher Kunst trug Herr Oberkantor Gross
das 'El mole rachamim'* vor, das allen ans Herz griff. Gemeinsam wurde dann das
Kaddisch-Gebet gesprochen. Nachdem in einer Minute des Schweigens die Gedanken der versammelten bei ihren gefallenen Lieben und Kameraden geweilt, schloss das gemeinsam gesungene alte Soldatenlied vom guten Kameraden die eindrucksvolle Feier." |
Vgl. ein in der Gedenkstätte Yad Vashem
gesungenes El mole
rachamim (YouTube) |
Meldung von Sterbefällen und Öffnungszeiten der Friedhöfe
(1938)
Artikel
im "Gemeindeblatt der Israelitischen Gemeinde Frankfurt" vom
November 1938: "Meldung von Sterbefällen.
Bei vorkommenden Sterbefällen ist umgehende Benachrichtigung
des Friedhofsamtes (Fernsprecher-Sammelnummer Zepp. 52041) erforderlich.
Soweit die behördlichen Formalitäten (ärztlich ausgefüllter
Todesschein, Anmeldung beim zuständigen Polizeirevier und Standesamt)
nicht von den Hinterbliebenen erledigt werden können, wird dies auf
Wunsch vom Friedhofsamt besorgt. Die Vorlage dieser Dokumente ist
Vorbedingung für die Vornahme der Beerdigung.
Öffnungszeiten der Friedhöfe. Die Friedhöfe an der Rat
Beilstraße und an der Eckenheimerlandstraße sind vom 1. November 1938
bis 15. Februar 1939 von 7.30 Uhr bis 17 Uhr geöffnet. Freitags wird eine
Stunde vor Beginn des Sabbats geschlossen. Samstag und an den jüdischen
Feiertagen sind die Friedhöfe geschlossen." |
Die Lage des Friedhofes
Eckenheimer Landstraße
238
Link zu den Google-Maps
(der grüne Pfeil markiert die Lage des Friedhofes)
Größere Kartenansicht
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum:
20.8.2012)
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Die U-Bahn-Haltestelle
"Neuer jüdischer
Friedhof" ist unmittelbar beim Eingang |
Eingangsbereich mit hebräischer Inschrift aus Psalm 116,9 (wie deutsch am
inneren
Eingang): "Wandeln werd ich vor dem Antlitz des Ewigen in den
Gefilden des Lebens". |
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Das
Foto oben in hoher Auflösung |
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Hinweistafel zur
Geschichte
des Friedhofsgebäudes |
Verschiedene
Hinweistafeln: für Kohanim,
die auf die rituelle Reinheit zu achten
haben,
sowie allgemeine Anordnungen |
Gebet
beim Eintreten in den Friedhof
(deutsch und hebräische Lautschrift links;
hebräischer Text rechts) |
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Teil des Friedhofsgebäudes -
Totenhalle |
Der innere
Eingangsbereich mit deutscher Inschrift (Psalm 116,9, vgl. oben) |
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Das
Foto oben in hoher Auflösung |
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Grabsteine für Walter
Bechhofer
(1926 Fürth - 1994) und Ilse Bechhofer
geb. Hess (1926-2002) |
Grabsteine für
Hans Meyer
(1911 Magdeburg - 1982) und Käthe Meyer
geb. Stern (1913 Altona - 1988) |
Grabsteine für
Ignaz Lipinski (gest. 1979;
Vorstandsmitglied der jüd. Gemeinde) und
Wanda Lipinski geb. Fröhlich (gest. 1983) |
Mehrere Gräber
bekannter jüdischer Persönlichkeiten im Eingangsbereich |
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Grabstein für
Justizrat Dr.
Julius Blau
(1861 - 1939) und Fanny Blau geb.
Hirschler (1870 - 1936) |
Grabsteine für
Dr. Ewald Allschoff
(1895 - 1957) und Erna Allschoff
(gest. 1964) |
Grabstein
für Franz Rosenzweig
(1886-1929) |
vgl.
Wikipedia-Artikel zu Franz Rosenzweig |
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Stein mit der
Inschrift "Zur Erinnerung an unsere Brüder und Schwestern, die durch
die Nazi-Schreckensherrschaft umgebracht worden sind, wurde hier eine Urne
mit Asche von Opfern des Konzentrationslagers Auschwitz
beigesetzt" |
Grabstein
für Oberrabbiner
Dr. Dr. Sigmund Szobel (1908-1989)
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Grabstein
für Rabbiner Dr. Arnold Lazarus
(1877-1932) und Gedenkstein für
Martha Lazarus geb. Wertheim
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Etwa
800 Grabsteine sind über den Friedhof verteilt für Personen, die in
der
NS-Zeit in Frankfurt an Suizid starben |
Grabstein
für Frieda Schloss geb. Strauss aus
Langen: "Sie starb keinen
natürlichen Tod" |
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Hauptweg
durch
den Friedhof |
Menora
am Ende
des Hauptweges |
Grabstein
mit Levitenkanne
für David Roth aus Nieder-Ohmen |
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Teilansicht
im neueren Teil mit Grabstein
für Ludwig Löwenhaupt aus Obernbreit |
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Grabstein
für Fanny Bissingen
aus Ichenhausen
(1865-1937) |
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Grabstein für
Hilda Adler geb. Löwenberg
aus Storndorf
(1868-1936) |
Grabstein
(rechts mit Symbol des Schofar)
für Moritz Mannheimer und Marianne Adler |
Grabstein
für Hermann Hennig
aus Nastätten
(1870-1940) |
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Grabsteine
für durch Suizid Umgekommene
- im Hintergrund die Friedhofsgebäude |
Teilansichten
im neuen Friedhofsteil |
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Kindergräber |
Die
Grabsteine für die durch Suizid
umgekommenen Personen stehen fast
über den ganzen Friedhof verteilt |
Teilansicht
im neuen Friedhofsteil |
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Das
Foto oben in hoher Auflösung |
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Weg durch den
neuen Friedhofsteil |
Weg
durch den neuen Friedhofsteil |
Teilansicht
im neuen Friedhofsteil |
Das
Foto oben in hoher Auflösung |
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Teilansicht
im neuen Fredhofsteil |
Teilansicht
im neuen Friedhofsteil |
Beim
Friedhofsbesuch im Sommer 2012 neueste
Gräber |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:

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