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"Synagogen im Main-Kinzig-Kreis"
Lieblos mit
Gettenbach, Niedergründau, Mittel-Gründau, Rothenbergen
(Gemeinde
Gründau, Main-Kinzig-Kreis) sowie Roth (Stadt Gelnhausen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Lieblos bestand eine kleine jüdische
Gemeinde bis 1938. Zunächst gehörten die in Lieblos und Umgebung lebenden
jüdischen Familien zur Synagogengemeinde in Meerholz.
1850 bildeten die Lieblos, Gettenbach, Roth, Rothenbergen und
Niedergründau lebenden jüdischen Familien eine eigene Gemeinde. In den
genannten Orten lebten spätestens seit Mitte des
18. Jahrhunderts jeweils einige jüdische Familien.
Relativ groß war im 18. Jahrhundert die Zahl der jüdischen Einwohner in Gettenbach.
Hier wurden 1790 92 jüdische Einwohner gezählt (34 % von insgesamt 273
Einwohnern). Damals war in Gettenbach vermutlich eine eigene Synagoge
beziehungsweise ein Betraum vorhanden. Am Ort gab es auch einen eigenen
jüdischen Friedhof.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: in Lieblos 1835 29 jüdische Einwohner, 1861 32 (3,8 % von
insgesamt 853 Einwohnern), 1885 27 (3,2 % von 853), 1895 25 (2,8 % von 888),
1905 12 (1,2 % von 1.021), in Roth 1835 16, 1861 24, 1905 9 jüdische
Einwohner (1924 gehörten die in Roth lebenden 4 jüdischen Personen zur
Gemeinde in Gelnhausen), in Gettenbach 1835 44, 1861 11, Niedergründau 1835 16,
1861 7, in Mittelgründau 1835 8 jüdische Einwohner. Jüdische
Familiennamen in Lieblos waren u.a. Adler, Frank, Heilmann, Löwenstein und
Sichel. Die jüdischen Familien lebten vom Handel (Viehhandel, Handel mit
Textilien usw.) und mehreren an den Orten
bestehenden Einzelhandelsgeschäften (u.a. eine Gemischtwarenhandlung; in Mittelgründau bestand die
jüdische Bäckerei Hecht, vgl. unten Anzeige von 1903).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule (beziehungsweise um 1870/80 auch eine Elementarschule, da die
Gemeinde 1875 einen Elementarlehrer sucht, siehe Anzeige unten) sowie ein
rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof
in Niedermittlau beigesetzt; Gettenbach hatte einen eigenen Friedhof.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde: Gefreiter August
Hecht (geb. 1.11.1872 in Mittelgründau, gest. an den Kriegsverletzungen am
19.4.1919), Jakob Grünebaum (geb. 15.1.1894 in Niedergründau, gef. 7.8.1915;
Grab auf dem Friedhof in Niedermittlau)
Um 1924, als noch acht jüdische Personen in Lieblos gezählt wurden (0,7
% von insgesamt 1.162) dazu vier in Niedergründau und vier in Roth), waren die
Vorsteher der Gemeinde Hermann Grünebaum (Niedergründau) und Salomon Adler.
Als Kultusbeamter (insbesondere als Lehrer der jüdischen Kinder) war Baruch Kleeblatt aus der Gemeinde
Meerholz auch für die zur
Liebloser Gemeinde gehörenden jüdischen Personen zuständig. Die Gemeinde
gehörte zum Rabbinatsbezirk Hanau. 1932 wird als einziger Vorsteher der
Gemeinde Hermann Grünebaum (Niedergründau) genannt.
1933 lebten noch sieben jüdische Personen in zwei Familien in Lieblos. Sie
blieben bis 1938 am Ort. Beide Familien - die vier Personen umfassende Familie
des Salomon Adler und die drei Personen umfassende Familie des Moses Löwenstein
- verzogen nach den Ereignissen beim Novemberpogrom 1938 nach Frankfurt am Main.
Von den in Lieblos geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Emma Adler geb. Birk (1870), Johanna Adler (1871
oder 1877), Martin (Meier) Adler (1885), Salomon Adler (1869), Rosalia
(Röschen) Bickhardt geb.
Frank (1868), Regina Heilberg geb. Sichel (1874), Hermine Kahn geb. Adler
(1877), Dina Löwenstein (um 1903),
Bertha Löwenstein geb. Adler (1874), Helene Löwenstein geb. Sichel (1870), Moses Löwenstein (), Tilla Trepp geb.
Adler (1907).
Aus Mittel-Gründau ist umgekommen: Franziska Grünebaum
(1879).
Bei Angabe der Ortsnamen Gettenbach und Niedergründau gibt es in
den angegebenen Listen keine Namensnennungen.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers, Kantors und Schächters 1875 /
1884 / 1885
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. März 1875: "Die
Stelle eines Elementarlehrers (unverheiratet), Vorbeters und Schächters,
ist in hiesiger Gemeinde vakant. Gehalt 250 Gulden, freie Wohnung,
Feuerung und Nebenverdienste, welche sich auf ca. 150 Gulden belaufen.
Reflektanten wollen sich baldmöglichst an den unterzeichneten Vorstand
wenden.
Lieblos, den 29. März 1875. M. Sichel." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1884: "Die
Stelle eines Religionslehrers, Kantors und Schächters dahier ist vakant,
verbunden mit einem Gehalt von 550 Mark. Reflektierende wollen sich bei
dem Unterzeichneten melden und Zeugnisse vorlegen. Der Schächterdienst
beträgt ungefähr 150 Mark, und wird nur ein lediger Mann
angenommen.
Lieblos (Kurhessen), den 21. Juli 1884.
Der Vorsteher Juda Heilmann." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1885:
"Bekanntmachung.
Die erledigte Religionslehrer- und Vorsängerstelle
bei der Synagogen-Gemeinde Lieblos mit einem fixen Gehalt von 600 Mark
jährlich nebst freier Wohnung und Heizung und einem nicht garantierten
Nebeneinkommen von ungefähr 150 Mark soll wieder besetzt werden. Bewerber
wollen ihre Gesuche nebst Abschriften der erforderlichen Zeugnisse binnen
4 Wochen anher einreichen.
Bemerkt wird, dass nur solche Bewerber berücksichtigt werden können,
welche in Preußen ihre Prüfung bestanden haben, oder bereit sind, sich
einer Prüfung zu unterziehen.
Hanau, den 28. Juli 1885. Das Vorsteheramt
der Israeliten. Dr. Koref." |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von Jacob Adler in Lieblos 1893
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. März 1893:
"Ich
suche für meinen Sohn, der die Metzgerei in Frankfurt am Main gründlich
erlernt hat, eine Stelle in religiösem Hause. Ansprüche bescheiden.
Jacob Adler, Lieblos bei Gelnhausen". |
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Anzeige von Benjamin Hecht in Mittelgründau 1903 |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1903:
"Kräftiger Junge,
welcher die Bäckerei gründlich erlernen will,
kann sofort eintreten bei
Benjamin Hecht, Mittelgründau
(Oberhessen)." |
Zur Geschichte der Synagoge
Bei der Synagoge in Lieblos handelte es sich um einen alten
Fachwerkbau (nach Angaben von Arnsberg 200 bis 300 Jahre alt). Vermutlich wurde
im 18. Jahrhundert in dem von der jüdischen Gemeinde erworbenen älteren Haus
ein Betsaal eingerichtet. Dieser hatte
acht Bänke. Auch eine Frauenempore war vorhanden.
Während Anfang des 20. Jahrhunderts noch regelmäßig etwa 25
Personen zu den Gottesdiensten kamen, war es bereits vor 1933 üblich, nur noch einmal monatlich
und an den Feiertagen Gottesdienst
abzuhalten. In den 1920er-Jahren taten sich die jüdischen Gemeinden
Hain-Gründau und Lieblos zusammen, da es an
beiden Orten kaum mehr möglich war, die zum Gottesdienst nötige Zahl von zehn
religionsmündigen Männern zu erhalten. Nach den Angaben des "Handbuches
der Jüdischen Gemeindeverwaltung" 1924/25 wurden damals abwechselnd in Mittelgründau
und Lieblos Gottesdienst abgehalten.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde in der Synagoge von
SA-Leuten Feuer gelegt, dabei ist die Inneneinrichtung verbrannt. Die Ritualien
waren bereits zuvor nach Frankfurt geschickt worden, wo sie allerdings beim
Novemberpogrom 1938 vernichtet wurden.
Nach 1945 wurde das Gebäude als Mehrfamilienwohnhaus verwendet; der
Besitzer hat mehrfach gewechselt. Beim Umbau zu einem Wohnhaus wurde in Höhe
der Frauenempore eine Zwischendecke eingezogen.
Adresse/Standort der Synagoge: Rathausstraße
2.
Fotos
(Quelle: Altaras 1988 S. 156)
Das ehemalige
Synagogengebäude
im Juni 1987 |
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Rückseite des Gebäudes |
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Das ehemalige
Synagogengebäude
im März 2009
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 22.3.2009) |
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Rückseite |
Vorderseite mit Hof zur
Rathausstraße |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Meerholz |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Meerholz sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365, 569 Geburtsregister der männlichen Juden von Meerholz (Gelnhausen) 1781 - 1837_
Geburtsregister mit Angaben zum Gewerbe der Söhne und Väter; enthält
auch Angaben zu Personen aus Hailer, Lieblos, Neuenhaßlau, Niedergründau,
Niedermittlau, Roth, Rothenbergen, Somborn https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v825440
HHStAW 365, 570 Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Meerholz (Gelnhausen) 1826 - 1851:Geburtsregister
1826 - 1841, Trauregister 1826 - 1851 und Sterberegister 1826 - 1843 ,
enthält auch Angaben zu Hailer, Lieblos, Neuenhaßlau, Niedergründau,
Niedermittlau, Roth, Rothenbergen und Somborn https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4449184
HHStAW 365, 572 Geburtsregister der Juden von Meerholz (Gelnhausen) 1832,
1847 - 1854, enthält auch Angaben zu Personen aus Hailer, Lieblos,
Neuenhaßlau, Niedergründau, Roth, Rothenbergen und
Somborn
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4101093
HHStAW 365, 571 Geburtsregister der Juden von Meerholz (Gelnhausen) 1841 - 1847,
enthält auch Angaben zu Personen aus Hailer, Lieblos, Neuenhaßlau,
Niedermittlau, Roth, Rothenbergen und Somborn https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4449185
HHStAW 365, 576 Sterberegister der Juden von Meerholz (Gelnhausen) 1843 - 1854,
enthält auch Angaben zu Personen aus Hailer, Lieblos, Neuenhaßlau,
Niedergründau, Niedermittlau, Roth, Rothenberg und
Somborn https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1900005
HHStAW 365, 998 Trauregister der Juden von Meerholz (Gelnhausen) 1852 - 1873,
enthält auch Angaben zu Personen aus Hailer, Lieblos,
Niedermittlau und Somborn https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4877443 |
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. I S. 490-491. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 156. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 136. |
| dies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007² S.
338. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen I Regierungsbezirk Darmstadt. 1995 S. 208. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 495. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Lieblos (now
part of Gruendau) Hesse-Nassau. Numbering 29 in 1835, the Jewish community also
had members in Gettenbach (44), Niedergruendau (16) and Mittelgruendau (eight).
After Kristallnacht (9-10 November 1938) the seven remaining Jews fled.
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