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Oberaula mit
Stadtteil Hausen, Schwarzenborn (Knüll) (Schwalm-Eder-Kreis)
sowie Frielingen (Gemeinde Kirchheim/Hessen, Kreis Hersfeld-Rotenburg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Oberaula bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17.
Jahrhunderts zurück. 1646 gab es zwei jüdische Haushaltungen am Ort. Bis
1671 waren es bereits vier Familien. Hundert Jahre später (1774) waren es fünf
und 1776 acht Familien. Auch in Schwarzenborn lebten mindestens seit dem 18.
Jahrhundert jüdische Familien.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: in Oberaula 1812 24 jüdische Familien, 1835 45 jüdische Einwohner, 1861 106
jüdische Einwohner (11,5 % von insgesamt 921 Einwohnern), 1871 82 (10,1 % von
811), 1885 91 (11,1 % von 823), 1895 90 (11,4 % von 788), 1905 70 (8,2 % von
857). Zur jüdischen Gemeinde gehörten auch die in Hausen, Frielingen und
Schwarzenborn lebenden jüdischen Personen: in Hausen
1835 keine, 1861 29, 1905 24, 1925 7, 1932 zwei jüdische Einwohner; in Frielingen
1835 18, 1861 22 jüdische Einwohner; in Schwarzenborn
1865 60, 1861 70, 1905 19, 1932 acht jüdische Einwohner (vgl. zu den in
Schwarzenborn zuletzt lebenden jüdischen Personen den Artikel unter
"Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne
Berichte).
An den Freiheitskriegen 1813/14 nahmen zwei jüdische Männer aus Schwarzenborn
teil: Meyer Rosenberg und Joisel Wallach.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische
Schule (Israelitische Elementarschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet angestellt war. An der Israelitischen
Elementarschule gab es 1869 18 Schüler, 1890 29, 1901 19, um 1932-33 noch etwa
zehn. An jüdischen Lehrer sind bekannt: um 1837 Benedict Hause, ab 1847 bis
nach 1869 Hirsch
Rothschild, ab 1878 Moses Brandes. Brandes konnte 1908 sein 50-jähriges
Amtsjubiläum am Ort feiern (siehe Bericht unten). Drei Jahre (um 1910?) vertrat
seine Stelle sein Sohn Leo Brandes, der dann eine Lehrerstelle in Bentschen [Zbąszyń
bei Posen, Poznań] übernahm (siehe Berichte zu seinem Tod als Soldat im
Ersten Weltkrieg unten). Letzter Lehrer war bis zu seiner Versetzung in
den Ruhestand 1933 Jacob Heilbrunn (vgl. Bericht). Die jüdische Schule wurde zum 1. April 1934
aufgelöst. Die Gemeinde gehörte zum
Rabbinatsbezirk Oberhessen mit Sitz in Marburg.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Karl
Goldschmidt (geb. 29.9.1893 in Oberaula, gef. 6.8.1915),
Max Heilbrunn (geb. 10.9.1892 in Oberaula, gef. 12.2.1917), Joseph Wallach (geb.
25.3.1887 in Oberaula, gef. 8.9.1914) und Markus Wallach (geb. 20.4.1885 in
Oberaula, gef. 30.3.1918). Außerdem ist der Sohn des Lehrers Moses Brandes -
Leo Brandes - gefallen (geb. 14.11.1882 in Oberaula, gef.
24.11.1915).
Um 1925, als 79 jüdische Einwohner gezählt wurden (7,1 % von 1.113
Einwohnern), war Gemeindevorsteher Meyer Rosenberg. Als Lehrer, Kantor und
Schochet wird Jacob Heilbrunn genannt. Er erteilte an der Israelitischen
Volksschule noch sechs Kindern den Unterricht. Ein weiteres Kind, das eine
andere Schule besuchte, erhielt nur Religionsunterricht. Zur Gemeinde Oberaula gehörten damals noch 7 in
Hausen
lebende jüdische Personen. 1932 war Gemeindevorsteher weiterhin Meyer
Rosenberg. Auch Lehrer Jacob Heilbrunn war weiter in der Gemeinde. An jüdischen
Vereinen bestanden der Israelitische Frauenverein (1932 unter Leitung von
Selma Traub, Zweck und Arbeitsgebiet: Wohltätigkeit) sowie der Israelitische
Männerverein (1932 unter Leitung von Siegmund Wallach II; Zweck und
Arbeitsgebiet: Wohltätigkeit). Im Schuljahr 1931/32 wurde die Israelitische
Volksschule weiterhin von sechs Kindern besucht. Die Zahl der in Hausen lebenden
jüdischen Gemeindeglieder war auf zwei zurückgegangen; aus Schwarzenborn
gehörten acht jüdische Personen zur Gemeinde.
1933 lebten - wie acht Jahre zuvor - noch 79 jüdische Personen in Oberaula (6,6
% von 1.197 Einwohnern). In
den folgenden Jahren sind alle auf Grund der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen (28 Personen) beziehungsweise ausgewandert. Nach den
Ereignissen beim Novemberpogrom 1938, bei dem die Synagoge geplündert
und verwüstet wurde (s.u.), entschlossen sich die am Ort noch verbliebenen
jüdischen Einwohner zum baldigen Verlassen des Ortes. Von den 1939 noch
39 jüdische Einwohnern am Ort (3,2 % von 1.231 Einwohnern) sind 15 nach
Palästina, in die USA und nach Frankreich emigriert. Die letzten jüdischen Einwohner
verließen den Ort im August 1940.
Von den in Oberaula geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Sara Blumenfeld geb.
Rothschild (1885), Bruno Goldschmidt (1825), Hermann Goldschmidt (1891), Hilde
Goldschmidt (1930), Johanna Goldschmidt geb. Apt (1897), Julius Goldschmidt
(1896), Berta Heilbrunn geb. Traub (1862), Coppel Heilbrunn (1864), Isaak
Heilbrunn (1872), Meta Heilbrunn (1883), Salomon Heilbrunn (1887), Betty Isaak
(1907), Elfriede Isaak (1929), Jakob Isaak (1921), Lina Goldine Isaak geb.
Liebermann (1880), Martin Jakob Isaak (1920), Max Marcus Isaak (1879), Moritz
Isaak (1884), Rahel Hertha Isaak (1935), Selma Isaak geb. Wallach (1888),
Siegfried Isaak (), Theodor Isaak (1914), Erna Katz geb. Traub (1907), Nanny
Katz geb. Wallach (1880), Hesekiel Katzenstein (1851), Bertha Kopinsky geb.
Rothschild (1865), Emma Löwenstein geb. Wallach (1889), Inge (Ingeborg)
Löwenstein (1924), Adele Nathan geb. Jakob (1893), Meta Nußbaum geb. Heilbrunn
(1883), Beate Oppenheim (1925), Friedrich Oppenheim (1888), Meta Oppenheim geb.
Heilbrunn (1894), Julie Pfifferling geb. Wallach (1886), Adolf Plaut (1876),
Hedwig Plaut (1902), Helene Rose geb. Wallach (1893), Siegmund Rothschild (1882),
Paula Seelig geb. Wallach (1884), Berta Sonn geb. Nagel (1888), Johanna Spiegel
geb. Rothschild (1923), Moritz Moser
Traub (1874), Sußmann Siegmund Traub (1875), Aron Friedrich Wallach (1889),
Bettina Wallach (1925), Bettina Wallach (1932), David Wallach (1886), Edith
Wallach (1931), Hermann Wallach (1883), Johanna Wallach geb. Stuchardt (1896),
Julius Isidor Wallach (1883), Meta Wallach geb. Goldmeyer (1898), Rika Wallach geb. Wallach
(1898).
Aus Hausen sind u.a. umgekommen: Betty Isaak (1907), Lina Goldine Isaak
geb. Liebermann (1880) (eine genaue Recherche ist anhand der beiden Quellen /
Listen nicht möglich, da zwischen den Orten mit Namen "Hausen"
mehrfach nicht ausreichend differenziert wird.
Aus Frielendorf sind umgekommen: Hirsch Jakob (1868), Emma Esther Os geb.
Marus (1872).
Aus Schwarzenborn sind umgekommen: Jakob Heilbrunn (1868), Jakob
Heilbrunn (1886), Hilda Mondschein geb. Heilbrunn (1881), Jenny Oppenheimer geb.
Baumann (1900), Martha Oppenheimer (1930), Martin Oppenheimer (1930), Siegfried
Oppenheimer (1894), Leopold Wallach (1885).
Zu Familie Oppenheimer siehe Bericht unten unter "Erinnerungsarbeit
vor Ort".
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
50jähriges Amtsjubiläum von Lehrer Moses Brandes (1908)
Anmerkung: Moses Brandes war vor Oberaula Lehrer in Wanfried.
Mitteilung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 14.
Februar 1908: "Oberaula. Lehrer Brandes feiert am 24. dieses
Monats sein 50-jähriges Amtsjubiläum." |
Auszeichnung für Lehrer Moses Brandes (1908)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. Februar
1908: "Oberaula. Anlässlich seines 50-jährigen
Amtsjubiläums erhielt Herr Lehrer Moses Brandes den Adler der Inhaber des
Königlichen Hausordens von Hohenzollern." |
Zum Soldatentod von Lehrer Leo Brandes, Sohn des
Lehrers in Oberaula Moses Brandes (1915)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Februar 1915: "Aus
Hessen-Nassau. Auf den Schlachtfeldern in Russland erlitt am 24.
November der Lehrer Leo Brandes aus Bentschen (nicht: Beutschen) den
Heldentod fürs Vaterland. Geboren am 14. November 1882 als Sohn des
Lehrers Moses Brandes zu Oberaula (Bezirk Kassel) besuchte er das
Lehrerseminar zu Hannover, amtierte alsdann 3 Jahre als Vertreter seines
Vaters an der öffentlichen Volksschule seiner Heimatgemeinde Oberaula
und wirkte später als Lehrer in Bentschen (Posen). Begeistert zog er in
den Kampf, schon war er wegen seiner Tapferkeit befördert worden und er
gedachte, wie er in einem seiner letzten Briefe an seine Lieben schrieb,
sich auch noch das eiserne Kreuz zu erwerben. Die Vorsehung hatte es
anders beschlossen. Ein Kopfschuss setzte seinem jungen Leben ein Ziel Nun
ruht er schon einige Wochen in seinem Heldengrabe, er, der so plötzlich
herausgerissen wurde aus seiner ihm lieben Berufsarbeit, der er sich mit
seiner ganzen Kraft, mit wahrhaft vorbildlichem Fleiße, mit großer
Gewissenhaftigkeit und Treue hingab. Wir werden ihm stets ein ehrendes
Andenken bewahren. Das Andenken an den Gerechten ist zum Segen.
H." |
Hinweis: eine Tochter von Lehrer Moses
Brandes - Johanna Brandes, geb. 10.2.1879 in Oberaula - war mit Leopold
Harris verheiratet, der 1919 Kommissarischer Polizeipräsident von
Frankfurt war, siehe bei Himbach. |
Literatur: Johanna Harris-Brandes
/ Liora Sara Bernstein: Megillat Johanna.
Weitere Informationen https://www.amazon.com/Megillat-Johanna-Harris-Brandes-ebook/dp/B0065LVQ2Y?ie=UTF8&ref_=cm_sw_r_fa_dp_orD5pb1YCFX96
Anmerkung: die Frau von Leopold Harris - Johanna geb. Brandes - verfasste
eine Biographie ihres Lebens und des Lebens ihres Mannes Leopold.
Die erste Hälfte dieser Biographie befindet sich im Institut für
Stadtgeschichte, die zweite Hälfte ist im Leo Baeck Institut.
Ursprünglich auf deutsch verfasst, wurde die Biographie in englisch
übersetzt. |
1922 wird Lehrer Jacob Heilbrunn genannt - er spricht beim Jubiläum von Lehrer Katz
in Nentershausen.
Berichte aus
dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Über den jüdischen Bäckermeister Georg Herbst in
Schwarzenborn und wie er in große Not kam (1927)
Artikel
in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Hessen und
Waldeck" vom 11. November 1927: "Vom Blatt im Brot. Eine Geschichte aus Schwarzenborn.
Keineswegs hat Nachstehendes etwas mit Schwarzenborner Streichen zu tun, über welche wir oft lächeln. Die Sache ist gar ernst, und will uns nur von der heiligen Scheu etwas berichten, mit welcher man damals Brot aß. Die Geschichte ist nicht erdacht. Wer sie nicht glauben will, fahre nach Marburg ins Staatsarchiv und lese die Akte: Kasseler Regierung Nr. 287 nach. In
Schwarzenborn lebte im Jahre 1788 der Bäckermeister Georg
Herbst, von dem die dortigen Juden das Brot bezogen und auch die Wecke. In der Familie des
Isaak Wallach fand Leib Wolf aus Schwarzenborn in einem Laib Brot ein schwarzes Blatt – angeblich ein Laubblatt. Bald erzählte man, es sei eine Wurstschale, und alle dortigen Juden stellten den Kauf von Backwaren ein. Die Sache wurde dem Landrabbiner in Kassel gemeldet und ohne den Tatbestand zu prüfen, erließ er folgende Bekanntmachung in der Synagoge durch den Lehrer
'bei Verlust des Schlachtmessers' verlesen: 'An sämtliche Judenschaft in Schwarzenborn! Es ist mir vorgebracht worden, wie ein Bäcker Brot und Weck backet und nicht koscher umgeht, wie auch gefunden ist ein Stück Fleisch, so wird den Leuten bekannt gemacht, von diesem Bäcker kein Brot zu essen und es bei ihm backen lassen, widrigenfalls sollen bestraft werden. Kassel, 23. Cheschwon 5548.
Josef Michel, Landrabbiner.' –
Der Bäckermeister fühlte sich in seiner Nahrung sehr geschädigt, denn außer den Ortsjuden kauften die zu den Märkten dort weilenden fremden Juden kein Brot mehr – und damals aßen sie doch nur Brot, dürre Wurst und Rauchfleisch. Bald erstattete der Angeschuldigte Anzeige gegen den Landrabbiner bei der Kasseler Regierung, welche den Amtmann Schantz in Raboldshausen aufforderte, den Tatbestand zu prüfen (16.9.1788). Der Bäcker bekundete, dass es ein Laubblatt, nur ein
'stückgen' gewesen; andere tückische Juden hätten dies für Wurst oder Fleisch angesehen. Leib Wolf sagte aus: er sei in Isaak Wallachs Wohnung gewesen; die Ehefrau und das Dienstmädchen fanden im Brot ein schwarzes Stückchen, das von den Anwesenden als Fleisch angesehen wurde. Er zeigte es dem Bäcker, der es wegwarf, nachdem er es für Laub erklärte; in seinem Hause sei lange Zeit keine Wurst gegessen. Aus Furcht, misshandelt zu werden und das Religionsgesetz zu übertreten, meldete er es dem Landrabbiner; auch konnte er
'wegen seiner blöden Augen' die Farbe nicht genau erkennen. Auch die Aussagen von Merle, Isaak Wallachs Frau, und Sara, das Dienstmädchen, sagten eidlich aus, sie haben nur etwas gehört, nichts gesehen, da sie mit Kuchenbacken beschäftigt waren. Man zeigte es ihnen später, und es sei einem Laubblatt ähnlich gewesen,
Nun entspann sich zwischen dem Rabbiner und der Regierung ein Kompetenzkonflikt. In einem recht geharnischten Schreiben erklärte erster, dass er allein über Zeremonialsachen zu entscheiden habe und nur nach begründeten Aussagen seine Entscheidungen treffen könne. Die Regierung hielt es wiederum für ihr Pflicht, einen Gewerbetreibenden zu schützen, zumal der Tatbestand nicht geklärt sei. – Am 8. Oktober wurde das Backverbot und die Sperre über Herbstens Bäckerei aufgehoben, und die Schwarzenbörner Juden konnten ihr Gewissen beruhigen.
L. Horwitz." |
Versammlung
der Ortsgruppe des Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens
(1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 23. Dezember 1927: "Oberaula. Am
Sonntag, den 5. Dezember, fand hier eine Versammlung des Centralvereins
deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens statt, die von fast allen
Familien besucht war. Der stellvertretende Syndikus des Landesverbandes,
Herr Erwin Baer - Frankfurt am Main gab einen eingehenden Bericht über
die politischen Verhältnisse angesichts der kommenden Reichstagswahlen.
In der Aussprache wurde besonders die Schul- und Schächtfrage erörtert
und verabredet, dass die wirkungsvollste Aufklärungstätigkeit durch die
C.V.-Monatsausgabe eine Verstärkung erhält." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Goldene Hochzeit von Manus Wallach und Rosa geb. Stern
(1929)
Mitteilung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juli 1929: "Oberaula,
8. Juli (1929). Ihre goldene Hochzeit begehen morgen in seltener Frische
Herr Manus Wallach und Ehefrau Rosa geb. Stern, dahier." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Todesanzeige für Johanna Rosenberg geb. Rosenbusch
(1931)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. November 1931:
"Nach kurzer Krankheit verschied am 22. dieses Monats meine teure
Mutter Frau Johanna Rosenberg geb. Rosenbusch. Jakob Rosenberg.
New York - Oberaula.
Die Beerdigung fand bereits in Oberaula statt." |
Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert:
Grabstein in New York für Abraham
Wallach (1847-1888) und Hannah Robinson (1836-1892), beide aus
Schwarzenborn
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in NY-Brooklyn;
der Geburtsname von Hanna Robinson wird nicht mitgeteilt.
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Grabstein
für "Abraham Wallach
Deceased.
Born at Schwartzenborn. Germany.
Sept. 7, 1847.
Died April 18, 1888". |
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Grabstein
für Hannah Robinson
Born in Schwarzenborn
Kurhessen in the Year 1836
Died on the 12th of January 1892." |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
des in Oberaula
geborenen Moritz (Moses) Wallach |
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Kennkarte (Mainz 1939)
für Moritz (Moses) Wallach (geb. 18. Mai 1915 in Oberaula),
Dekorateur,
wohnhaft in Mainz, deportiert im Mai 1940 ab Belgien in das
Internierungslager Saint Cyprien, umgekommen |
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Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betraum oder eine erste Synagoge vorhanden.
Beim Bau der Synagoge von 1842 ist vom Bau einer "neuen Synagoge" die
Rede (siehe Predigten unten). Diese neue Synagoge wurde 1837 erbaut und
mit einer deutschen Predigt des damaligen Lehrers Benedict Hause am 15.
September 1837 eingeweiht.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 30.
Januar 1842: Bekanntmachung. Bei F. Schuster in Hersfeld und
Homberg ist erschienen und durch alle Buchhandlungen zu
beziehen:
Hause, B., Drei Predigten, vorgetragen in den Synagogen zu
Sterbfritz
und Oberaula. gr. 8. broch. 7 1/2 Sgr.
- Predigt bei der Einweihung der neuen Synagoge in Oberaula.
gr. 9. br. 3 3/4 Sgr.
Immer mehr kommt die deutsche Predigt in den Synagogen in Aufnahme und
wird gewiss dazu beitragen, mehr Licht in dieselben zu bringen. Darum
ist's verdienstlich, wenn gute deutsche Predigten von jüdischen
Religionslehrern gedruckt werden, damit dieselben auch die häusliche
Erbauung befördern und beleben. Obige Predigten sind in vielen
Rezensionen sehr gerühmt worden; in denselben herrscht die reine Moral,
die über allen Sekten erhaben steht." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. November 1844: Derselbe
Text wie oben. |
Gut 100 Jahre war die Synagoge in Oberaula
Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens am Ort.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Inneneinrichtung der Synagoge
zerstört. Das Gebäude kam wenig später in Privatbesitz, wurde als Wohnhaus,
der Betraum als Abstellplatz verwendet. 1969 wurde das Gebäude
abgebrochen, da es angeblich baufällig war. Das Grundstück der früheren
Synagoge wurde eingeebnet.
Am 31. März 1984 kam es in Oberaula zu einer vielbeachteten
Protestkundgebung gegen alljährliche SS-Treffen am Ort. Damals wurden am
jüdischen Friedhof und am Standort der ehemaligen Synagoge provisorische
Gedenktafeln angebracht. Die Tafel an der Synagoge trug die Inschrift:
"Hier neben stand einst eine Synagoge. Sie wurde 1938 geplündert und
zerstört. Die jüdischen Bürger von Oberaula wurden vertrieben, gequält und
ermordet wie Millionen andere auch." Am 26. November 1989 wurde an
der benachbarten Pfarrscheune, die der Evangelischen Kirchengemeinde gehört,
eine neue Gedenktafel mit einer Abbildung der früheren Synagoge
angebracht (Text siehe bei Foto unten).
Adresse/Standort der Synagoge: Friedigeröder
Straße 68 (frühere Haintorgasse)
Fotos
(Quelle: Zeichnungen: Altaras 1994 S. 55; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum
14.8.2008)
Rekonstruktionszeichnungen
der ehemaligen Synagoge |
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Rekonstruktion des
Untergeschosses |
Rekonstruktion des
Obergeschosses |
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Rekonstruktion der
nördlichen Fassade |
Rekonstruktion der östlichen
Fassade |
Rekonstruktion der
Straßenansicht |
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Standort der Synagoge
und Gedenktafel |
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Blick auf das
unbebaute Grundstück der ehemaligen Synagoge; Text der Gedenktafel:
"In unmittelbarer Nähe stand die Synagoge der jüdischen Gemeinde -
nachfolgenden Generationen
zur Mahnung, um für Demokratie,
Völkerverständigung, inneren und äußeren Frieden
einzutreten." |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
April 2009:
In Schwarzenborn werden drei "Stolpersteine" verlegt |
Fotos rechts: Aus
Schwarzenborn deportiert:
Siegfried und Jenny Oppenheimer
mit Sohn Martin |
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Artikel von Sylke Grede in der
Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen (HNA-Online, Artikel)
vom 3. April 2009:
Gegen das Vergessen - Mit drei Stolpersteinen soll in Schwarzenborn Opfern der NS-Zeit gedacht werden.
Schwarzenborn. Martin, Siegfried und Jenny Oppenheimer: Sie starben im July 1944. Erschossen. Vermutlich bei einem Massaker in einem Wald bei Riga. Im Gedenken an die jüdische Familie aus Schwarzenborn verlegt der Künstler Gunther Demnig am kommenden Montag vor der letzten Wohnstätte der Oppenheimers drei Stolpersteine.
Gerade zehn mal zehn Zentimeter groß sind die Stolpersteine. Sie erinnern an den Verlust des Lebens, der Heimat, der Wurzeln.
"Die Welt soll wissen, was uns angetan wurde, sagt Lore Oppenheimer. Die Schwiegertochter der Oppenheimers überlebte Verfolgung und Deportation.
Seit 1947 lebt die gebürtige Hannoveranerin in New York, dort heiratete sie 1948 den aus Schwarzenborn stammenden Leo Oppenheimer.
1941 war die Schwarzenborner Familie - Siegfried Oppenheimer (geboren 1894), seine zweite Frau Jenny (geb. 1900), das gemeinsame Kind Martin (geb. 1930) und die Kinder aus der ersten Ehe Oppenheimers, Leo (geb. 1921), Julius (geb. 1923) und Marga (geb. 1925) - von Kassel aus in das Rigaer Ghetto deportiert worden...."
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war ab 8.
Oktober 2009 im Kino: Film über die
Lebensgeschichte der aus Oberaula stammenden Marga Spiegel geb.
Rothschild |
Marga
Rothschild war eine am 21. Juni 1912 in Hersfeld geborene Tochter des
Kaufmanns Siegmund Rothschild in Oberaula. Vater Siegmund Rothschild
wurde im Juli 1938 im KZ Oranienburg ermordet. Die einzige Schwester von
Marga - Johanna, geb. 23. Januar 1923, verheiratet mit Leo Spiegel aus
Ahlen, wurde später im KZ Auschwitz ermordet.
Marga lebte zunächst mit ihrer Familie in Oberaula. Ihr Physik-Studium in Frankfurt musste sie aufgrund ihrer jüdischen Abstammung nach dem 1. Semester abbrechen. Kurz darauf heiratete sie Siegmund 'Menne' Spiegel und
zog mit ihm nach Ahlen, wo ein Jahr später Tochter Karin zur Welt kam. 1940
wurden die Spiegels aus Ahlen vertrieben und flohen nach Dortmund. Auf der Flucht vor den Nazis
fanden sie 1943 Zuflucht bei münsterländischen Bauern. Wie durch ein Wunder
blieben Marga und Tochter Karin bis Kriegsende unentdeckt, auch Menne überlebte die NS-Zeit. Die Familie
zog daraufhin zurück nach Ahlen. Nach dem Tod von Menne übersiedelte Marga
1982 nach Münster, wo sie am 11. März 2014 gestorben ist (beigesetzt wie
ihr Mann im jüdischen Friedhof in Ahlen). Im Jahr 1965 erschienen ihre Erinnerungen "Retter in der Nacht".
Sie wurde u.a. ausgezeichnet mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik
Deutschland und dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen. |
Links:
Wikipedia-Artikel
zu Marga Spiegel
Website zum Firm "Unter
Bauern"
Pressebericht
über eine Filmvorführung in Gütersloh
(pdf-Datei)
Pressemitteilung
des Kommunalen Kinos in Pforzheim (pdf-Datei) |
|
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 149-150. |
| Kein Abschnitt bei Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988. |
| Ausführlich in dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 54-57. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S.
181. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 355-356. |
| Barbara Greve: Jüdisches Leben in den Dörfern Breitenbach, Hausen und Ottrau in landgräflicher und kurfürstlicher
Zeit. In: Hartwig Bambey, Adolf Biskamp, Bernd Lindenthal (Hrsg.), Heimatvertriebene Nachbarn, Bd. 2.
Schwalmstadt-Treysa 1993, S. 683-706. |
| dies.: Das Haus des Gebets. Die Synagoge der jüdischen Gemeinde Oberaula.
In: Hartwig Bambey, Adolf Biskamp, Bernd Lindenthal (Hrsg.), Heimatvertriebene Nachbarn, Bd. 2.
Schwalmstadt-Treysa 1993. S. 625-656. |
| dies.: Nur noch die Steine geben Zeugnis. Der jüdische Friedhof Oberaula.
In: Hartwig Bambey, Adolf Biskamp, Bernd Lindenthal (Hrsg.), Heimatvertriebene Nachbarn, Bd. 2.
Schwalmstadt-Treysa 1993,S. 590-613. |
| dies.: Bruchstücke. Versuch einer Rekonstruktion der jüdischen Gemeinde Oberaula bis zur Mitte des 19.
Jahrhunderts. In: Hartwig Bambey, Adolf Biskamp, Bernd Lindenthal (Hrsg.), Heimatvertriebene Nachbarn, Bd. 2.
Schwalmstadt-Treysa 1993, S. 561-589. |
| dies.: "Er wäre sogar in den Dschungel gegangen, um aus Deutschland
herauszukommen." Ein Bericht von zerbrochenen Lebenskreisen in einem nordhessischen Marktflecken und seiner Umgebung zwischen
1920 und 1942. In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde
(ZHG), Bd. 104 (1999), S. 209-236. |
| dies.: Die Familie Siegmund Wallach aus Oberaula. In: Bernd
Lindenthal (Hrsg.), Heimatvertriebene Nachbarn, Bd. 3. Schwalmstadt-Treysa 2008, S. 453-466. |
| dies.: Ein Foto – ein Brief. Bettina Wallach 1925-1942. In: Bernd
Lindenthal (Hrsg.), Heimatvertriebene Nachbarn, Bd. 3. Schwalmstadt-Treysa 2008, S. 467-472. |
| dies.: Ein Guter Ort – der jüdische Friedhof Oberaula. Forschungen zu einem Landfriedhof in Nordhessen.
In: Zeitschrift des Vereins für hessische Geschichte und Landeskunde (ZHG), Bd. 117/118 (2012/13),
S. 161–196.
Online: www.vhghessen.de/inhalt/zhg/ZHG_117_118/Greve_Friedhof.pdf. |
| dies.: Jakob Katz Katzenstein – Simon Katzenstein. Von Schwarzenborn
nach Manhattan. In: Schwälmer Jahrbuch (2008), S. 241-249. |
| dies.: Namen auf glänzenden Steinen. Die Familie
Oppenheimer aus Schwarzenborn. In: Schwälmer Jahrbuch (2010), S.
146-155. |
| dies.: Was hat Shanghai mit Schwarzenborn zu tun?
Sonjas Familiengeschichte. (Familien Kaufmann und Kaiser). In: Schwälmer
Jahrbuch (2011), S. 31-42.. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Oberaula
Hesse-Nassau. Jews lived there from the 17th century and built a synagogue in
1837. They numbered 106 (11 % of the total) in 1861 and 79 in 1933. Affiliated
with the Marburg rabbinate, they were mostly cattle traders and farmers. Two
nearby communities, Schwarzenborn (with 102 Jews in 1837) and Raboldshausen (144
in 1835) had practically vanished by 1925. On Kristallnacht (9-10
November 1938), the synagogue in Oberaula was destroyed; 61 Jews left (17
emigrating) and at least 16 perished in the Holocaust.
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