Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Übersicht: 

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Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  
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Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
   
In dem zur Markgrafschaft Baden gehörenden Rastatt lebten Juden bereits im Mittelalter. 1337/38 wird von einer Judenverfolgung berichtet. 
    
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in das 16./17. Jahrhundert zurück. 1560 werden mit den Juden Samel und Lebel erstmals Juden in Rastatt genannt. 1584 und nochmals 1620 wurden die meisten Juden der Markgrafschaft für einige Zeit ausgewiesen. 1701 und 1721 lebten jeweils fünf jüdische Familien in der Stadt. 
 
In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts gab es in der Stadt eine hebräische Druckerei, die der damalige Bruchsaler Rabbiner Pelta Epstein und sein Schwager Hirsch Moses Wormser betrieben. Später wurde diese Druckerei nach Karlsruhe verlegt.
  
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1825 61 jüdische Einwohner, 1834 89, 1845 100, 1865 158, 1875 230 (Höchstzahl), 1900 227.      
 
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Schule (auch im 19. Jahrhundert nur Religionsschule) und ein rituelles Bad. Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden zunächst in Kuppenheim beigesetzt, seit 1881 auf einem eigenen Friedhof in Rastatt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. In besonderer Erinnerung blieb Lehrer Emanuel Mayersohn, der von 1883 bis 1923 (40 Jahre) in der Gemeinde als Lehrer, Kantor und Schochet tätig war. 1827 wurde die Gemeinde dem Rabbinatsbezirk Bühl zugeteilt. 
 
Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts nahmen die jüdischen Einwohner regen Anteil an der wirtschaftlichen und industriellen Entwicklung der Stadt. 1877 wurde mit Josef Altschul erstmals ein jüdischer Einwohner in den Bürgerausschuss der Stadt gewählt; bis 1933 waren immer wieder jüdische Einwohner Bürgerausschussmitglieder oder Mitglieder der örtlichen Vereine.   
  
Um 1924, als zur Gemeinde etwa 200 Personen gehörten (1,33 % von insgesamt etwa 15.000 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Moritz Weil, Jonas Friedmann, Arnold Lion, Isak Wertheimer und Salo Bloch. Als Kantor, Lehrer und Schochet war inzwischen (und bis 1937) Hermann Translateur tätig, der auch in einigen umliegenden Gemeinden den jüdischen Religionsunterricht erteilte. 
   
1933 gehörte jüdischen Familien noch zahlreiche Handels- und Gewerbebetriebe in der Stadt. Es gab zwei jüdische Ärzte und einen Rechtsanwalt sowie eine jüdische Gastwirtschaft. Der wirtschaftlichen Bedeutung entsprach auch die vielfältige Anteilnahme der jüdischen Einwohner am öffentlichen Leben in der Stadt. Im einzelnen war in jüdischem Besitz: Lumpensortieranstalt Richard Baer (Rauentaler Straße 26), Eisenwarenhandlung Dreyfuß und Ettlinger, Inh. Julius Ettlinger (Kapellenstraße 7), Kartonagenfabrik Dreyfuß & Roos, Inh. Manfred Dreyfuß (Militärstraße 2), Manufakturwarengeschäft Alfred Durlacher (Hans-Jakobstraße 6), Manufakturwarengeschäft Julius Ettlinger (Friedrich-Ebert-Straße 11), prakt. Arzt Dr. Alfred Grünebaum (Murgtalstraße 6), Schuhhandlung Samuel Herrmann (Am Grün 11), Warenhaus Geschw. Knopf (Kaiserstraße 11), Pferdehandlung Salomon Kuppenheimer (Am Grün 25), Rechtsanwalt Arnold Lion (Bahnhofstraße 7a), Pferdehandlung Leopold und Alfred Loeb (Roonstraße 3), Fass-, Öl- und Fetthandlung Albert Maier (Am Grün 11), Viehhandlung Sally Maier und Moritz Wertheimer (Bahnhofstraße 8), Schuhhandlung 'Schuh-Zentrale' Isaak Markewitz (Kaiserstraße 15), Tabakwarengroßhandlung Moritz Mayer, Inh. Josef Julius Maier (Murgtalstraße 5), Garn- und Strickwarengeschäft Ida und Ernestine Nachmann (Kapellenstraße 9), Haushalts-, Eisen- und Kurzwarenhandlung Leopold Nachmann (Werderstraße 1), Lederhandlung Nachmann & Wachter, Inh. Karl Nachmann und Alfred Wachter, Inh. Karl Nachmann und Alfred Wachter (Kaiserstraße 27), Lebensmittelgeschäft Simon Roos (Dreherstraße 10), Hutgeschäft Simon Roos (Dreherstraße 10), Hutgeschäft Emma Simon (Kaiserstraße 1), Schuhfabrik S. Weil und Söhne OHG (Rauentaler Straße ), Möbelhandlung Julius Weinheimer (Kaiserstraße 41), Viehhandlung mit Gasthaus 'Zum Wilden Mann', Isaak Wertheimer (Schlossstraße 22).   
 
1933 lebten noch 155 jüdische Personen in der Stadt. Auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Repressalien und der Entrechtung verließ ein Großteil von Ihnen in den folgenden Jahren die Stadt. Zwei Drittel der jüdischen Bevölkerung gelang bis 1939/40 die Emigration in die USA, nach Frankreich, Palästina oder in andere Länder. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört (s.u.), jüdische Wohnungen und Geschäfte wurden geplündert und demoliert. Die jüdischen Männer wurden nach Dachau verschleppt, nachdem man auf dem Bahnhof eine Art Spießrutenlaufen mit ihnen veranstaltet hatte. Letzter Treffpunkt der jüdischen Gemeinde war nach Zerstörung der Synagoge die Wohnung des letzten Religionslehrers und Kantors Siegfried Simon. Am 22. Oktober 1940 wurden aus Rastatt 30 jüdische Einwohner nach Gurs deportiert. Von ihnen starben sechs in Gurs, je eine Person in Noe und Rivesaltes an den Folgen der Entbehrungen. Acht Deportierte konnten in die Freiheit gelangen. Die übrigen wurden in die Vernichtungslager des Ostens weiter deportiert. In Rastatt überlebte nur eine in "Mischehe" lebende jüdische Frau den Krieg.         
         
Von den in Rastatt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):   Karl Adler (1925), Oskar Altschul (1876), Clemence Blum geb. Haas (1866), Hedwig Bodenheimer (1877), Max Bodenheimer (1863), Mina Bodenheimer (1879), Frieda Breisacher geb. Maier (1869), Hedwig Bär geb. Wolf (1902), David Daube (1871), Jacques Dienstag (1878), Hedwig Dreifuss geb. Friedmann (1894) Mathilde Dreifuss geb. Nachmann (1887), Jacob Dreifuss (1880), Berthold Dreyfuss (1886), Rosa Dreyfuss geb. Eppstein (1886), Rosa Eis geb. Gumbrich (1874), Else Ettlinger (1898), Julius Ettlinger (1902), Josef Fleischer (1873), Frieda Friedmann (1895), Johanna Friedmann (1864), Elfriede Goldstrom geb. Scheuermann (1885), Nathan Herz (1857), Richard Herz (1894), Hannelore Kaufherr (1926), Ilse Kuch geb. Nachmann (1904), Martin Kuch (1907), Henriette Kuhn geb. Bakofen (1865),  Rudolf Kuhn (1887), Salomon Kuppenheimer (1865), Henriette Lindner geb. Weil (1868), Leopold Maier (1874), Leopold Maier (1880), Simon Maier (1857), Simon Maier (1870), Sophie Maier geb. Hilb (1862), Cäcilie Mayer geb. Rothschild (1866), Joseph Julius Mayer (1865), Leopold Nachmann (1873), Olga Rosenthal geb. Kuhn (1899), Therese Rothschild (1894), Herbert Manfred Samuel (1926), Hermann Samuel (1894), Johanna Schohl geb. Bodenheimer (1861), Johanna Schönberger geb. Dreyfuss (1892),  Betty Springer geb. Herz (1889), Eva Stern (1925), Emma Trier geb. Mayer (1865, "Stolperstein" in Aschaffenburg), Else (Ilse Jenny) Walter geb. Ettlinger (1906), Emma Weill geb. Bodenheimer (1868), Ella Wilhermsdörfer (1878).                           
   
   
Weitere Spuren der jüdischen Geschichte und Erinnerungsmale 
   
Vom Haus einer jüdischen Hoffaktorwarenfamilie (Poststraße 8, Vorgängergebäude) ist eine Inschriftentafel von 1703 vorhanden. Sie befindet sich im Innenhof des Heimatmuseums. 
   
An Erinnerungsmalen für jüdische Persönlichkeiten besteht ein Gedenkstein für den ehemalige Stadtrat Hugo Levi, der im April 1945 auf dem Todesmarsch zum KZ Dachau ums Leben kam (Standort im alten Friedhof, heute Patientengarten des Kreiskrankenhauses).
   
Zum Gedenken an den 60. Jahrestag der Deportation der Juden nach Gurs wurde 2000 vor dem Bahnhofsgebäude ein Gedenkstein aufgestellt.
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
   
Allgemeine Beiträge zur jüdischen Geschichte  

Publikation über "Die Ansiedlung der Israeliten in der ehemaligen markgräflichen Residenz Rastatt" von Lehrer Emanuel Mayersohn (1903) 
Anmerkung: nach Erscheinen der historischen Stadtgeschichte von C.F. Lederle im Jahr 1902 stellte Lehrer Mayersohn mit diesem Beitrag einige der darin auf die Geschichte der Juden in Rastatt bezüglichen Erkenntnisse vor.

Rastatt Israelit 21121903.jpg (67728 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Dezember 1903: "Die Ansiedlung der Israeliten in der ehemaligen markgräflichen Residenz Rastatt. Von Em. Mayersohn, Lehrer und Kantor in Rastatt.  
Die großen geschichtlichen Momente, an denen Rastatt namentlich zur Regierungszeit des Markgrafen Ludwig Wilhelm (Türkenlouis) von Baden mit seiner trefflichen Gemahlin Augusta Sibylle geb. Prinzessin von Laubenburg so reich ist, sind lange nur in den Annalen der Stadt als Kleinodien bewahrt worden und waren deshalb nur wenigen zugänglich. Seitdem im Jahre 1902 im Verlage von Hermann Greiser in Rastatt ein vom Professor C.F. Lederle auf Anregung des gemeinnützigen Vereins und der Stadtgemeinde Rastatt mit großer Hingabe gut durchgearbeitetes Werk, Rastatt und seine Umgebung, erschienen ist, wurde das Interesse an den früheren Geschicken und der Entwicklung dieser Stadt viel reger denn je. Und in der Tat bietet das Werk, einem längst gefühlten Bedürfnisse entsprungen, eine Fülle von Darstellungen
Rastatt Israelit 21121903a.jpg (189480 Byte) geschichtlicher Ereignisse, die sich in Rastatt und dessen Umgebung seit dem Mittelalter, zur Zeit der Verwüstung Badens durch die französischen Horden und um die Zeit der Türkenkriege abspielten, als auch solche von allgemeinem Interesse über die spätere Entwicklung dieser Stadt, dass man mit Recht dem werk eine kulturelle Bedeutung beimisst. 
Es soll nun nicht der Zweck dieser Zeilen sein, einen Auszug aus dem Inhalt dieses Werkes zu geben, aber es sei mir gestattet, einige Details daraus über die Ansiedlung der Israeliten in der Markgrafschaft Baden, die ersten israelitischen Familien in Rastatt, wie sie urkundlich festgelegt sind, zu entnehmen. 
Als Markgraf Ludwig Wilhelm seine Residenz von Baden nach Rastatt verlegt hatte und die ständigen Kriege den damals schon berühmt gewordenen Helden zuletzt auch mehrere Jahre in Österreich hielten, fiel seiner Gemahlin Augusta Sibylle die Ansprache zu, für den Ausbau der neuen Residenz Sorge zu tragen. Mit welch' hohem Kunstverständnis die Markgräfin dieser Aufgabe gerecht wurde, geht zur Genüge aus den noch heute bewunderten herrlichen Bauten des Schlosses, der katholischen Stadtkirche, der Einsiedlerkapelle und nicht zuletzt aus der Anlage und dem Bau des Lustschlosses 'Favorite', unweit Kuppenheim, inmitten eines kleinen Wäldchens, hervor. Die Mittel zu diesen Bauten flossen zwar reichlich aus ihren ererbten Fürstengütern Schlackenwerft in Böhmen, allein ein Teil musste auch durch Umlagen aufgebracht werden. Und da scheint die Markgräfin den Israeliten nicht besonders gewogen gewesen zu sein. Unter anderen sollte die junge Residenz mit einem würdigen Straßenpflaster versehen werden, was mit einem Aufwand von vorläufig 6.000 Gulden geschehen sollte. Um diese Summe aufzubringen, verfiel die Regierung der Markgräfin-Regentin auf ein eigenartiges Mittel, sie musste von allen in der Markgrafschaft ansässigen israelitischen Familien bezahlt werden, in der Weise, dass jede einzelne nach Verhältnis des von ihr an die Regierung zu entrichtenden Schutzgeldes daran bezahlen musste. Der geringste Betrag, der eine Familie traf - war 34 Gulden, der höchste 155 Gulden, ganz Unbemittelte wurden davon befreit. Die Familien, welche sich weiterten, ihre Betreffnisse zu zahlen, wurden aus dem Lande gewiesen. Die 6.000 Gulden reichten aber zur Vollendung der Pflasterung nicht aus, und so wurden 1750 in gleicher Weise nochmals 568 Gulden erhoben von jenen israelitischen Familien, die sich seit der ersten Verordnung 1721 in der Markgrafschaft niedergelassen hatten. Auch nach vollendeter Pflasterung blieb - angeblich zur Unterhaltung der Stadtstraßen, für die israelitischen Familien der Markgrafschaft jene drückende Last bestehen. 
Die urkundlichen Nachrichten über die Niederlassung 
Rastatt Israelit 21121903b.jpg (155087 Byte)israelitischer Familien aus dem Mittelalter sind sehr spärlich und fehlen für Rastatt sozusagen ganz. Zum ersten Male finden wir Rastatter Familien mit ihrem Namen erwähnt 1605, wo Menle und Elias an den markgräflichen Hof nach Durlach zur Verhandlung wegen Geldleistungen zur Bestreitung der Postausgaben vorgeladen waren. Einige Jahrzehnte später geben die Speyerer Kirchenvisitations-Protokolle wieder genauere Aufschlüsse, nach ihnen wohnten damals nur drei israelitische Familien in Rastatt. 1689 flohen diese bei der Zerstörung Rastatts über den Rhein, sind aber nach derselben Quelle 1700 bereits wieder zurück, und nun wird wiederholt der in Rastatt ansässige Handelsmann Nathan Schweizer als Judenschultheiß erwähnt. Zur Ortsgemeinde und zum Staat ward damals die Stellung der Israeliten eine eigenartige. Die Israeliten beziehungsweise die Familienhäupter traten in den Verband der Gemeindebürger nicht ein, hatten aber die Pflichten derselben, d.h. sie wurden zu allen bürgerlichen Leistungen in Bezug auf Wachen, Frohnden, Umlagen etc. herangezogen, sogar auf Kultusbedürfnisse der christlichen Konfessionen, dafür war ihnen der gleiche Schutz wie den Gemeindebürgern gesichert. Als Schutz- und Handelsjuden standen sie durch ihre Schutzbriefe aber nur, und zwar direkt - in Folge einer Art von Vertragsverhältnis - unter den Markgrafen, dessen Untertanen sie waren; diese Verträge waren immer nur für die einzelnen Familien geschlossen und jeweils für eine ganz bestimmte Zeit gültig. Diese Sonderstellung der Israeliten in Bezug auf Pflichten und Recht wurden noch verschärft, indem denselben 1741 sogar verboten wurde, ihren Gottesdienst in der Stadt abzuhalten; sie wurden in die Vorstand erwiesen. Über die näheren Umstände und über die weitere Entwicklung der Dinge berichtet Näheres der dritte Abschnitt des Werkes, das auch uns Israeliten einen Einblick in frühere Zeiten und Verhältnisse gewährt, und uns ermöglicht, einen Einblick zu tun in das Leben und die Kämpfe unserer Ahnen vom Mittelalter bis zur Errichtung des jetzigen Großherzogtums, womit auch der Bann, in den man die Israeliten tat, gelöst wurde und alle diesbezüglichen Ausnahmegesetze fielen."

    
    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule 
     
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1838 / 1839 / 1848 / 1855 / 1922 
Anmerkung zur Ausschreibung von 1922: nachdem Lehrer Mayersohn fast 40 Jahre in Rastatt gewirkt hatte, hatte er den Ruhestand wohl verdient: die Stelle wurde neu ausgeschrieben und mit Lehrer Hermann Translateur neu besetzt.  

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" von 1838 S. 824 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Bühl. Erledigte Schulstelle. 
Bei der israelitischen Gemeinde Rastatt ist die Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 66 Gulden nebst freier Kost und Wohnung verbunden ist (welcher Gehalt aber auch nach Maßgabe der Persönlichkeit des sich meldenden Kandidaten und auch noch dadurch bedeutend erhöht werden kann, dass mit dieser Stelle auch der Vorsängerdienst samt den davon abhängigen Gefällen in Bälde verbunden werden soll), bis zum 1. März 1839 erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer Genehmigung zu besetzen. Die rezipierten israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert, unter Vorlage der Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen sich bei der Bezirks-Synagoge Bühl zu melden. 
Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner zur Bewerbung zugelassen werden.
Bühl, den 1. November 1838. Großherzogliche Bezirks-Synagoge."  
 
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 12. Juni 1839 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Bei der israelitischen Gemeinde Rastatt ist die Lehrstelle für den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 66 Gulden nebst freier Kost und Wohnung verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit der Gemeinde unter höherer Genehmigung mit einem Subjekte zu besetzen, das nötigenfalls auch den Vorsängerdienst dabei zu versehen imstande ist. Es werden daher die rezipierten israelitischen Schulkandidaten aufgefordert, unter Vorlage der Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen sechs Wochen bei der Bezirks-Synagoge Bühl sich zu melden. Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten noch Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach erstandener Prüfung bei dem Bezirks-Rabbiner Willstätter zu Bühl zur Bewerbung zugelassen werden."   
 
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 25. November 1848 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Vakante Schulstellen. Die mit einem festen Gehalte von 150 fl., freier Wohnung und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen Gefällen verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde Rastatt ist zu besetzen. Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren Gesuchen unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel binnen 6 Wochen mittelst des betreffenden Bezirksrabbinats bei der Bezirkssynagoge Bühl in Rastatt sich zu melden. Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- und Rabbinatskandidaten können auch andere inländische befähigte Subjekte, nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbinate zur Bewerbung zugelassen werden."  
 
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 24. November 1855 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Die Schul- und Vorsängerstelle bei der israelitischen Gemeinde zu Rastatt ist vakant und soll sofort neubesetzt werden. Dieselbe ist mit einem fixen Lehrergehalte von 150 fl., ungefähr 16 fl. Schulgeld und 80 fl. Akzidenzien vom Vorsänger- und Schächterdienste, nebst schöner freier Wohnung und Beheizung des Schulzimmers, verbunden. Auch findet ein geschickter Lehrer, namentlich durch Privatunterricht in der Musik und in der französischen Sprache, hier viel Gelegenheit, obiges Einkommen bedeutend zu erhöhen.  
Außer rezipierten Kandidaten, werden auch andere befähigte Subjekte, welche sich einer Prüfung bei der Bezirksrabbiner unterziehen, zur Bewerbung zugelassen. Die desfallsigen Eingaben, nebst Zeugnissen, sind innerhalb 4 Wochen bei der Bezirkssynagoge Bühl einzureichen."     
  
Rastatt Israelit 21121922.jpg (81115 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Dezember 1922: "Wir suchen für Rastatt (Baden) per sofort oder bald einen Kultusbeamten als Lehrer, Kantor und Schochet. Seminaristisch und musikalisch gebildete Herren erhalten den Vorzug. Das Gehalt richtet sich nach der Besoldungsordnung des badischen Oberrats der Israeliten, hinzu kommen für Dezember ca. 2.500 % voraussichtliche Teuerungszulage zum Grundgehalt und Kinderzulage. Recht guter Nebenverdienst zugesichert. Auch Angebote von Bewerber ledigen Standes sind erwünscht. Meldungen mit Zeugnissen an die Bezirkssynagoge Bühl (Baden)."

    
Anzeige zur Bauakkord-Versteigerung für das neue jüdische Schulhaus (1844)    

Anzeige in der "Karlsruhe Zeitung" vom 15. März 1844: "Rastatt. (Bauakkord-Versteigerung.)
Die israelitische Gemeinde lässt am Freitag, den 29. März dieses Jahres, Vormittags 9 Uhr,
im Gasthaus zum goldenen Roß dahier in Gemeinschaft mit großherzoglicher Bezirksbauinspektion den Bau eines neuen Schulhauses, im Voranschlag von 2.300 fl., an die Wenigstnehmenden öffentlich versteigern; wozu die Liebhaber mit dem Bemerken eingeladen werden, dass sich auswärtige Steigerer mit legalen Vermögenszeugnissen auszuweisen haben.
Plan und Kostenüberschlag können täglich beim Unterzeichneten eingesehen werden.
Rastatt, den 11. März 1844. Der großherzoglich badische Synagogenrat. M. Rosenthal."  

      
Lehrer Mayersohn referiert bei einer Versammlung der jüdischen Lehrer des Rabbinatsbezirkes Bühl (1886)     

Artikel in "Die jüdische Presse" vom 9. Dezember 1886: "Bühl, 4. Dezember (Original-Korrespondenz). Jüngsten Sonntag versammelten sich hier nach vorhergegangener Einladung durch den Bezirks-Rabbiner Herrn Dr. Mayer sämtliche israelitischen Lehrer des Rabbinatsbezirks Bühl zur Abhaltung der auf diesen Tag anberaumten Konferenz. Der Herr Bezirks-Rabbiner hieß die Versammelten, denen sich auch der derzeitige Bezirksälteste Herr Dr. M. Wertheimer und Synagogenrat S. Weil dahier angeschlossen hatten, herzlich willkommen und hob den Anwesenden in wenigen, aber geistreichen Worten den Wert solcher Versammlungen für den Unterricht hervor. Hierauf erteilte derselbe dem Hauptlehrer Jacob dahier das Wort zu seinem Referate über den biblisch-geschichtlichen Religionsunterricht. ...   In der hieran anschließenden Diskussion, an welcher Hauptlehrer Lehmann aus Lichtenau, Lehrer Levy aus Rheinbischofsheim, Lehrer Maiersohn aus Rastatt und andere sich beteiligten, wurde dieser Vereinigung beigestimmt, aber auch hervorgehoben, dass in den so genannten Religionsschulen, denen für den Religionsunterricht mehr Zeit zur Verfügung steht, diese Unterrichtsgegenstände ausführlicher behandelt werden können. Hierauf sprach Lehrer Pollaschek aus Bodersweier über den Wert des Pentateuchunterrichts und hob insbesondere die Schwierigkeit hervor, die dem Lehrer hierbei dadurch bereitet wird, dass so manche Eltern diesem wichtigen Unterrichtsgegenstand so wenig Sympathie entgegenbringen. Auch von den anderen Lehrern, die an der hierauf folgenden Besprechung sich beteiligten, wurde dieser Indifferentismus tief beklagt. Herr Bezirks-Rabbiner Dr. Mayer legte jedoch in seiner Schlussrede den anwesenden Lehrern dringend ans Herz, sich hierdurch nicht stören zu lassen und ihren Obliegenheiten umso gewissenhafter nachzukommen. Im Allgemeinen glaubte der Vorsitzende den Lehrern bezüglich des geschichtlichen Unterrichts und unter Bezugnahme auf das Referat des Herrn Hauptlehrers E. Jakob den Wink geben zu sollen, dass es nicht so wohl darauf ankomme, sich bei einzelnen unerheblichen geschichtlichen Erzählungen aufzuhalten, als vielmehr durch lichtvolle Rekapitulationen des Geschichtsstoffes denselben dem Gedächtnisse der Kinder dauernd einzuprägen, mit anderen Worten dem Unterricht einen mehr intensiven als extensiven Charakter zu verleihen. Nachdem hierauf die Tagesordnung für die nächstjährige Konferenz festgestellt war, vereinigte man sich zu einem gemeinschaftlichen Mittagessen, bei welchem neben guten Speisen und Getränken auch der gemütliche Teil, Toaste, gesangliche und humoristische Vorträge nicht fehlten. Erst am späten Abend trennte man sich, mit dem Bewusstsein, einen genussreichen Tag verlebt zu haben."      

   
Vortrag von Lehrer Mayersohn über Situation der russischen Juden (1891)  

Rastatt Israelit 25061891.jpg (81029 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Juni 1891: "Rastatt. Gelegentlich des Wochenfestes nahm unser Herr Lehrer und Kantor Mayersohn die Veranlassung, in seinem Vortrage auf die russischen Zustände hinzuweisen. 
In seiner gediegenen Ansprache beleuchtete derselbe das Elend, welches gegenwärtig in Russland herrscht und jedes rechtlich denkende fühlende Menschenherz empört. Der Redner gab von diesem Elend ein überzeugendes Bild. Eine hierauf am vergangenen Sonntag vorgenommene Sammlung ergab das schöne Resultat von Mark 203. Mögen alle, welche diese Zeilen lesen, alle die ein Scherflein entbehren können, das ihrige beisteuern, um das Elend unserer russischen ausgewiesenen Glaubensgenossen zu mildern. Viel wenig, geben ein Viel. Besten Dank auch den gütigen Gebern. N.N."

    
Auszeichnung für Lehrer Emanuel Mayersohn (1894)  

Rastatt Israelit 21051894.jpg (28905 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Mai 1894: "Rastatt. Aus Anerkennung und Dankbarkeit für pflichttreue Erfüllung seines Berufes erhielt Herr Lehrer und Kantor Em. Mayersohn von den Mitgliedern der hiesigen israelitischen Gemeinde einen prachtvollen silbernen Pokal mit einer Widmung. Möge es demselben gegönnt sein, noch viele Jahre zum Nutzen und Frommen seiner Gemeinde wirken zu können."

    
30-jähriges Dienstjubiläum und Silberne Hochzeit von Kantor Emanuel Mayersohn (seit 1883 in Rastatt; 1898) 

Rastatt Israelit 17021898.jpg (146556 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Februar 1898: "Rastatt, 6. Februar (1898). Eine schöne Feier, die hier abgehalten wurde, verdient es, öffentlich bekannt zu werden. Am heutigen Tage feierte Kantor Mayersohn seine silberne Hochzeit, in Verbindung mit seinem 30jährigen Dienst-Jubiläum als Lehrer und Kantor. Schon gestern wurden ihm von Seiten der Gemeinde viele Gratulationen dargebracht; heute Vormittag begab sich die ganze Schuljugend in die Wohnung ihres Lehrers, überbrachten ein schönes Geschenk mit prachtvoll ausgeführter Adresse der Schüler, wobei eine Schülerin ein passendes Gedicht für das Jubelpaar vorgetragen, das alle Anwesende sehr rührte. Das Jubelpaar dankte in bewegten Worten. Beredtes Zeugnis von der Beliebtheit des Jubilars legen die vielen kostbaren Geschenke ab, mit welchen er von Seiten seiner Gemeinde beehrt wurde. Mittags fand in festlich dekoriertem Schulsaale in engerem Familienkreise ein Festessen statt und waren einige Bekannte und Verwandte von der Nähe und Ferne anwesend. Bei dem Mahle unterhielt man sich mit Worten der Tora. Bezirksrabbiner Herr Dr. Mayer aus Bühl traf auch während des Mahles ein, und hielt eine schöne, schwungvolle Rede über die Bedeutung der zweifachen Feier, die großen Beifall fand. Verschiedene Toaste wurden ausgebracht und hat Herr Dr. Mayer besonders hervorgehoben, welche Verdienste das Jubelpaar sich erworben, da sie selbst ohne Kinder, ein fremdes Kinder angenommen und dasselbe bisher so musterhaft erzogen; ferner betonte Herr Nachmann von hier, dass schön vor 5 Jahren die Gemeinde die Verdienste ihres Kantors anerkannte, indem sie ihm aus Achtung und Liebe einen prachtvollen silbernen Pokal widmete. Es war nur zu bedauern, dass die schönen Stunden so schnell verschwanden, aber sicher werden sie alle Teilnehmer in stets freudiger Erinnerung bleiben. Herr Mayersohn ist schon 15 Jahre hier, und möge es ihm auch gegönnt sein, sein fünfzigjähriges Dienstjubiläum und goldene Hochzeit zu feiern. Die Anhänglichkeit der Schüler und Gemeinde zu ihrem Lehrer müssen jeden Kollegen angenehm berühren."  

   
Zum Tod von Lehrer Emanuel Mayersohn (1924)    

Rastatt Israelit 10011924.jpg (93050 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Januar 1924: "Rastatt (Baden), 6. Januar (1924). Die jüdische Gemeinde Rastatt wurde durch den Heimgang ihres Lehrers Em. Mayersohn, der hier 40 Jahre amtierte, in tiefe Trauer versetzt. Der Verstorbene hat hier fast ein Menschenalter hindurch in seltener Pflichttreue seines Amtes als Lehrer, Kantor und Prediger gewaltet, hoch geehrt von allen, die ihn kannten. Sein Amtsnachfolger, Lehrer H. Translateur, widmete dem heimgegangenen Freund und Kollegen zugleich im Auftrag des israelitischen Lehrervereins für Baden, einen tief empfundenen Nachruf. Als Vertreter des Oberrates und der Bezirks-Synagoge Bühl sprach Herr Rosenfelder aus Bühl den Dank an den Verblichenen für seine Verdienste um Jugenderziehung und Judentum aus. Zuletzt sprach noch als Vertreter des Synagogenrates und der Gemeinde Herr Vorsteher M. Weil schlichte Worte des Dankes und der Trauer. Ein kaum übersehbarer Zug von Leidtragenden, Freunden und Schülern gab dem hochverehrten Lehrer und Menschenfreund das letzte Geleite. Der Verstorbene, der ein Alter von 74 Jahren erreichte und seit einem Jahre im Ruhestande lebte, hinterlässt eine Witwe mit drei unversorgten Kindern. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

    
    
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
 
  
Antijüdisches gegen Rastatter Juden in der Mitte des 19. Jahrhunderts bei Heinrich Hansjakob (dargestellt 1939)  
Anmerkung: zu dem Pfarrer und Heimatschriftsteller Heinrich Hansjakob (1837-1916) siehe Wikipedia-Artikel 'Hansjakob'     

Artikel in "Das Tagblatt vom Wochenende. Unterhaltungsbeilage des Schwarzwälder Tagblatts Villingen" vom 14. Januar 1939 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Schalomachei o waih... 
Heinrich Hansjakob und die Hebräer. 

Dass Heinrich Hansjakob, der berühmte Schwarzwälder Volksdichter, kein sonderlicher Freund der Juden war, beweist eine kleine Geschichte, die sich vor 80 Jahren, im März 1859, im Gasthaus zum 'Kreuz' in Ottersdorf bei Rastatt zugetragen hat. 
Hansjakob war damals Primaner am Rastatter Gymnasium. Einem guten Tropfen war der lebensfrohe Sohn des Schwarzwalds nicht abgeneigt. Mit Soldaten kneipte er gern, aber auch mit seinen Kameraden. Doch geben wir dem Dichter selbst das Wort.  
'Nicht lange nach der Fasnachtszeit', so berichtete er uns in seinen 'Jugenderinnerungen', 'saßen wir an einem schönen Märzen-Samstag im Nebenzimmer des Ottersdorfer Wirtshauses. Drauß' in der Stube aber hatten sich einige Rastatter Juden niedergelassen, uneingedenk des Sabattgebotes. Sie sollten es büßen. Ich schlug meinen Kameraden vor, das Lied zu singen 'Von der Sau und den Juden' mit dem Schlussreim:
 Schalomachei o waih, 
O Jud, o Jud, i Judele, 
O Judele, o Jud. Gesagt, getan! 
Ich sang den Vers und die anderen den Refrain. Sofort entstand merkliche Aufregung unter den Semiten. Einer von ihnen kam zu uns herein und 'verbat sich dieses Lied'. 'Wir singen, was uns gefällt', war die Antwort, worauf der Hebräer die Tür zumachte, um in der Stube den Gesang nicht mehr zu hören.  
Ich aber erhob mich, nahm die Tür aus den Angeln, stellte sie an die Wand, und das Judenlied brauste weiter in alle Wirtschaftsräume herein. Da trat abermals ein Sohn Israels an mich heran mit der Erklärung: 'Wir werden sofort nach Rastatt zurückkehren und uns beim Direktor des Lyzeums beklagen!' 'Tun sie das' war meine Antwort, 'und wenn Sie nicht wissen, wo er im Lyzeum wohnt, so merken Sie: Statt einer Klingel hat er einen Sauschwanz an der Tür hängen!' Ich sprach's und unter Hohngelächter zog der Jude von dannen...' 
Sie haben sich nie im Lyzeum blicken lassen, die Hebräer; sie hatten keine Lust, mit dem Sauschwanz Bekanntschaft zu machen.    -r."    

   
Gemeindebeschreibung von 1859 nach der damaligen Restaurierung und Wiedereröffnung der Synagoge am 12./13. August 1859  

Rastatt AZJ 26091859.jpg (265999 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. September 1859: "Rastatt, Ende August (1859). Die hiesige Einwohnerschaft beträgt ungefähr 12.000 Seelen, wovon die Hälfte auf die Besatzung der Bundesfestung kommt, die israelitische Gemeinde besteht nur aus 15 Familien und befindet sich somit in der bescheidensten Minderzahl. Groß aber ist das Wohlwollen, dessen sie sich von Seiten der ganzen Einwohnerschaft, und namentlich von Seiten der Gemeindebehörde zu erfreuen hat. So empfangen die israelitischen Armen, gleich den christlichen, regelmäßige Unterstützung aus der städtischen Armenkasse, so erhält die israelitische Schule, welche nur Religionsschule ist, jährlich 1 1/2 Klafter Holz aus dem Stadtwalde unentgeltlich, und ebenso der Lehrer 1/2 Klafter zu seinem Privatgebrauch. Wenn dieses allein schon den Geist der wahren Liebe und des wahren Fortschrittes bezeichnet, welcher die hiesige christliche Gemeinde und namentlich deren aufgeklärte Vorstände beseelt, so ist doch aus jüngster Zeit noch eine weit höhere Kundgebung ihres Edelsinnes erfolgt, welche die weiteste Verbreitung verdient. Es hat nämlich die hiesige israelitische Gemeinde ihre Synagoge restauriert, namentlich mit Subsellien (Bankreihen) und Chorbänken versehen, um hierdurch die Abhaltung des Gottesdienstes selbst in bessere Form zu bringen, und empfing aus diesem Anlass Beweise der aufmunterndsten Teilnahme von Seiten der christlichen Einwohnerschaft, namentlich von einem Kaufmanne eine sehr schöne Schulchan-Decke, und von der Gemeindebehörde einen Beitrag von 250 Gulden aus der Stadtkasse als freies Geschenk; dies ist aber eine Munifizenz, welche vielleicht einzig in ihrer Art dasteht. So wurde auch die Wiedereröffnung der restaurierten Synagoge allseitig mit aufrichtiger Teilnahme begleitet, nicht nur durch die Anwesenheit der achtbarsten Personen aus allen Ständen, sondern auch wieder durch verschiedene Gaben, z.B. lange weiße Wachskerzen, die einer der ersten Bürger und Geschäftsmänner zur Verwendung bei der Einweihung gesandt hatte. - Diese Wiedereröffnung fand am verflossenen Sabbath Nachmu (= 12./13. August 1859) statt und es nahm der hierzu berufene Bezirksrabbiner Schott aus Bühl Veranlassung, sowohl in der Predigt des humanen Verhaltens der städtischen Behörden und Einwohnerschaft zu gedenken, als auch nachher in Begleitung des Vorstehers, Herrn Hirsch Löw, dem Herrn Stadtdirektor Scheible, dem Herrn Stadtbürgermeister Dr. Hammer und dem Herrn Stadtdekan Buchdunger Dankbesuche abzustatten, bei welcher Gelegenheit die gedachten Herren sich auf das Wohlwollendste aussprachen, und das gute ehrenhafte Streben der hiesigen Israeliten anerkannten. 
Zum Schluss zu Diesem selbst habe ich noch mitzuteilen, dass man hier die vortreffliche Gottesdienstordnung der Gemeinde Bühl anzunehmen beschlossen, und zu diesem Zwecke einen guten Vorsänger und Lehrer in der Person des Herrn Model von Bühl engagiert, wobei die Gemeinde die bisherige Besoldung des Lehrers um 100 Gulden erhöht hat, was bei ihrer Geringzähligkeit gewiss ein großes Opfer ist. Gott möge es ihr lohnen."  

  
Festgottesdienst zum 40-jährigen Regierungsjubiläum von Großherzog Friedrich von Baden (1892)  

Rastatt Israelit 05051892.jpg (103276 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1892: "Rastatt, 2. Mai (1892). Aus Anlass des 40jährigen Regierungsjubiläums Seiner Königlichen Hoheit des Großherzogs Friedrich von baden fand am Samstag den 30. April in der hiesigen festlich geschmückten Synagoge ein Festgottesdienst statt. Nach dem zeremoniellen Eingang hielt Herr Kantor E. Mayersohn eine ergreifende Festrede, in welcher er die Bedeutung der Feier in begeisternden Worten zu würdigen verstand und besonders die tolerante Gesinnung unseres Landesfürsten hervorhob, dessen Herzen die Untertanen jeder Konfession gleich nahe stehen. 
Vom Synagogenrat wurde folgendes Telegramm abgesandt: 
Seiner Königlichen Hoheit dem Großherzog Friedrich von Baden! 
In tiefster Ehrfurcht bringt untertänigst die israelitische Gemeinde ihrem viel geliebten und allergnädigsten Landesherrn anlässlich höchstdessen Regierungsjubiläum die innigsten Glückwünsche dar. Der Synagogenrat: Simon Altschul.  
Nachstehendes Telegramm ging hierauf dem Vorsteher Simon Altschul von dem Geheimen Kabinett zu:  Herrn Simon Altschul in Rastatt! Seine Königliche Hoheit der Großherzog lässt für die Glückwünsche des Synagogenrats freundlichst danken. Im höchsten Auftrag: Sternberg."

   
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde  
Über den Lebensretter Emil Ettlinger (1903)         

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1903: "Rastatt, 6. Juli (1903). (Rettung aus Todesgefahr). In höchster Angst um einen dem Ertrinken nahen Menschen standen dieser Tage um die Mittagszeit auf der Badener Brücke eine Menge Menschen. Der in den zwanziger Jahren stehende Bäckergeselle Johann Hegele aus Bartenstein (Württemberg) hatte mit einem Hund in der Murg unterhalb der genannten Brücke gespielt, geriet dabei immer weiter in den dort ziemlich tiefen Fluss, bis er schließlich den Boden verlor und des Schwimmens unkundig, nach vergeblichen Anstrengungen, ans Ufer zu kommen, auf den Grund sank. Jetzt erst ging ein Kanonier nach, konnte aber nicht untertauchen. Nach kurzer Weile sprang Herr Emil Ettlinger den Murgdamm hinab, schnell sich der Schuhe und des Kragens entledigen, und hinein in das nasse Element. Beim zweiten Untertauchen brachte er den Leblosen in die Höhe und zog ihn anÄs Ufer, wo er sofort Wiederbelebungsversuche mit ihm anstellte, die denn auch bald Erfolg hatten. Durch das entschlossene Vorgehen des Herrn Ettlinger wurde ein blühendes Menschenleben dem Tode entrissen. 
Inzwischen hat sich der Bäckergeselle im hiesigen Spital wieder ziemlich erholt, sodass keine Gefahr für dessen Leben mehr vorhanden ist."      

 
Arthur Nachmann erhält das Eiserne Kreuz (1914)   

Rastatt Frf IsrFambl 13111914.jpg (25548 Byte)Meldung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 13. November 1914: "Rastatt. Der Reservist der Ersatzbatterie des Feldartillerieregiments 63 (Frankfurt am Main) Arthur Nachmann aus Rastatt erhielt für seine Tapferkeit vor dem Feind das Eiserne Kreuz und wurde zum Gefreiten befördert." 

   
Alfred Loeb erhält das eiserne Kreuz (1915)       

Rastatt Israelit 10061915.jpg (13367 Byte)Meldung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Juni 1915: "Rastatt, 28. Mai (1915). Alfred Loeb, Sohn des Herrn David Loeb in Rastatt (in Baden), erhielt das Eiserne Kreuz."  

    
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
Torarolle zu kaufen gesucht (1887)     

Rastatt Israelit 28111887.jpg (35546 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. November 1887: "Die Gemeinde Rastatt (Baden) sucht zum Zwecke des Privatminjans eine ganz kleine Sefer-Tora zu kaufen. Offerten nebst Probeschriften sind zu richten an den Synagogenrat daselbst."  

   
Getreidegeschäft Wertheimer & Weil sucht einen Lehrling (1890)  

Rastatt Israelit 25081890.jpg (26242 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. August 1890: "Wir suchen für unser Getreidegeschäft einen mit den nötigen Vorkenntnissen versehenen Lehrling aus guter Familie zum sofortigen Eintritt. 
Wertheimer & Weil, Rastatt."

   
Anzeige von Metzgermeister S. Bodenheimer (1898) 
  

Rastatt Israelit 05091898.jpg (23334 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. September 1898: "Ein Lehrling oder angehender Metzgerbursche kann sofort eintreten. 
S. Bodenheimer, Metzger, Rastatt, Baden."    

     

Kennkarte aus der NS-Zeit            
               
Am 23. Juli 1938 wurde durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch" galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt. 
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände: Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV: Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm. Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de       
 
 Kennkarte für den in Rastatt 
geborenen Rudolf Kaufmann
 
 Rastatt KK MZ Kaufmann Rudolf Eugen.jpg (91762 Byte)  
  Kennkarte (ausgestellt in Mainz 1939) für Rudolf Eugen Kaufmann
(geb. 30. Mai 1874 in Rastatt)     
 

   
   
   
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge         
   
Seit 1720 hielten die Rastatter Juden ihre Gottesdienste in einem Betsaal des Hauses des Daniel Kassel (Kusel) ab, der zeitweise "Judenschultheiß" war und in der inneren Stadt wohnte. Damals hatte in Rastatt und Bühl ein 1724 genannter Rabbi Isak das Amt eines Vorbeters inne.   
    
Immer wieder kam es in den folgenden Jahren zu Auseinandersetzungen um die "Judenschule", in der es offensichtlich bei Versammlungen und Diskussionen immer wieder sehr heftig und laut zuging. Die Regierung selbst wurde in den Streit um die Ruhestörungen hineingezogen. 1741 berichtete man, dass es in der Judenschule "abermahlen ein entsetzliches und ärgerliches Geschrei und Gezänk, ja vermutlich untereinander mit Schelt- und Schlaghändel" gegeben habe. Die Söhne des Daniel Kassel und des Juden Vola wurden als Haupttäter genannt. Darauf verordnete Markgraf Ludwig Georg, dass der Betsaal in Zukunft nicht mehr in der Stadt, sondern in der Vorstadt über der Brücke, das heißt jenseits der Murg (d.h. jenseits der Ankerbrücke) eingerichtet werden solle. Daniel Kassel durfte in seinem Haus fortan keine Gottesdienste mehr abhalten; die Urheber der Streitigkeiten wurden mit einer Geldstrafe belegt. Der damalige Obervogt Lassolaye von Rastatt verschärfte dieses Verbot und untersagte in Rastatt und Kuppenheim gemeinsame Andachtsübungen in einem Haus sowie den Bau einer Synagoge in der Vorstadt. So sollte es zur Einrichtung einer Synagoge "über der Brücke" erst Jahrzehnte später kommen.
         
Im Laufe der Jahre wurde wieder ein Betsaal in einem der jüdischen Häuser eingerichtet. Anfang des 19. Jahrhunderts befand er sich im Hause des Judenvorstehers Löb Simson Altschul, des Inhabers des Gasthauses "Zum goldenen Rössle".  
       
Um 1825 plante man die Einrichtung einer Synagoge in der Augustavorstadt. Dies war für die damals nur 61 Personen umfassende kleine jüdische Gemeinde ein nicht einfach zu bewältigendes Vorhaben. Dennoch gelang es nach zweijähriger Vorarbeit und auf Grund einer auf alle Gemeindeglieder verteilten Umlage, den Bau einer Synagoge in der damaligen Hildastrasse (heute Gebäude Ottersdorfer Strasse 9) zu finanzieren. Am 31. Oktober 1829 wurde das Gebäude durch den Prediger und Lehrer der jüdischen Gemeinde Heidelbergs Karl Rehfuß aus Heidelberg eingeweiht. 
      
1859 wurde die Synagoge gründlich renoviert. Die Zahl der Gemeindeglieder hatte sich seit 1825 fast verdoppelt. Bei der Renovierung wurden die bis dahin vorhandenen beweglichen Ständer (Betpulte) entfernt und Subsellien (Bankreihen) sowie Chorbänke eingebaut. Am 12./13. August 1859 (Sabbat Nachamu) konnte die Synagoge wieder eröffnet werden. Die Festpredigt hielt Bezirksrabbiner Leopold Schott aus Bühl. In einem hierzu in der "Allgemeinen Zeitung für das Judentum" erschienenen Artikel (siehe oben) wurde das damalige große Wohlwollen gepriesen, das der jüdischen Gemeinde von Seiten der ganzen Einwohnerschaft und der Gemeindebehörde zugute kam. Ein christlicher Kaufmann schenkte der Gemeinde zur Renovierung der Synagoge eine schöne Schulchan-Decke. Die Gemeindebehörde gab 250 Gulden Zuschuss. Ein anderer Bürger schenkte zur Einweihung lange weiße Wachskerzen. 1859 übernahm die Rastatter Gemeinde die "vortreffliche Gottesdienstordnung" der Gemeinde Bühl.  
  
Anzeige der jüdischen Gemeinde zum Dank für die Unterstützung der Synagogenrenovierung durch die Stadt (1859)   

  Anzeige in der "Karlsruher Zeitung" vom 20. August 1859: "Rastatt. Danksagung.
Die hiesige israelitische Gemeinde hat ihre Synagoge mit Subsellien und sonstigen Verschönerungen in den inneren Räumen ausstatten lassen, wozu der löbliche Gemeinderat der Stadtgemeinde Rastatt einen Gratialbeitrag von 250 fl. gespendet hat.
Wir können es nicht unterlassen, diesen edlen Zug von Wohltätigkeitssinn und Loyalität in öffentlichen Blättern zu verkünden, wodurch wir nicht genug unsere ganz verbindlichste Danksagung erstatten können.  Rastatt, den 18. August 1859. Der Synagogenrat. Hirsch Löw." "  

Da die jüdische Gemeinde im Laufe des 19. Jahrhunderts stark gewachsen ist (1900 hatte sie 227 Gemeindeglieder), war die erste Synagoge in den 1890er-Jahren viel zu klein geworfen. Auch zeigten sich bauliche Mängel, die nur durch einen kostspieligen Umbau hätten behoben werden können. Mehrere Jahre wurden Überlegungen zum Neubau einer Synagoge angestellt, die großenteils der frühere Vorsteher Simon Altschul (Gemeindevorsteher von 1875 bis 1899) leitete. Am 16. Oktober 1904 beschloss die Gemeinde, eine neue Synagoge nach den Plänen von Baurat Professor Ludwig Levy aus Karlsruhe zu erbauten. Die Synagoge sollte auf dem damaligen Wall der Bastion XII am Leopoldsring gegenüber dem Gefängnis entstehen (städtisches Festungsgelände beim Ottersdorfer Tor, Grundstück Leopoldring 2). Hier hatte die Stadtverwaltung der Gemeinde kostenlos Grund und Boden zur Verfügung gestellt. Architekt Prof. Levy plante einen modernen Neubau. Er hatte bereits mehrere Synagogen in ganz unterschiedlichen Stilen gebaut (Pforzheim, Baden-Baden). Die Finanzierung sollte unter anderem durch Gelder aus dem Erlös der alten Synagoge und aus Beiträgen der jüdischen Gemeinde geschehen. Die Grundsteinlegung geschah am 14. September 1905 in Anwesenheit von Bezirksrabbiner Dr. Baruch Mayer aus Bühl (Bericht siehe unten). Die neue Synagoge enthielt 152 Männerplätze, 106 Frauenplätze, 26 Plätze für Sänger und 38 für die Vorsynagoge, zusammen 322 Plätze. Auf der Estrade gegen Osten stand der Vorbetertisch, dahinter eine erhöhte Kanzel und darüber der Toraschrein. Auf der Westempore befand sich eine Sängerbühne mit Orgel. Die Baukosten wurden mit 100.000 Mark veranschlagt. Die Bauten wurden überwiegend von Rastatter Firmen ausgeführt. Nur die Steinmetzarbeiten übernahm Hofsteinmetz Albert Burrer aus Maulbronn. Neben der Synagoge wurde ein Rabbinatsgebäude erstellt. Unter Teilnahme der ganzen Bevölkerung konnte das neue Gotteshaus am 11. September 1906 eingeweiht werden.   
   
Grundsteinlegung zum Neubau der Synagoge (1905)  

Rastatt AZJ 03111905.jpg (158683 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. November 1905: "Rastatt, 26. Oktober (1905). Auch in unserer Stadt wurde nunmehr der Grundstein zum Neubau der Synagoge gelegt. Die Feier fand am 14. dieses Monats statt. Trotz des Regenwetters hatten sich auf dem Bauplatze der Synagoge außer den israelitischen Gemeindemitgliedern eingefunden: ein Vertreter des großherzoglichen Oberrats, die Bezirksältesten von Karlsruhe und Bühl, der bauleitende Architekt, der großherzogliche Bezirksvorstand, der Bürgermeister, die Mitglieder des Gemeinderats und Bürgerausschusses, sowie viele Bewohner der Stadt. Nach Begrüßung der Erschienenen durch den Vorstand der israelitischen Gemeinde, Moritz Weil, nahm der Bezirksrabbiner Dr. Mayer-Bühl die Einsegnung des Grundsteins vor und führte die ersten drei Hammerschläge aus. Weitere Hammelschläge erfolgten durch Rabbiner Dr. Appel - Karlsruhe, die beiden Bezirksältesten, den bauleitenden Architekten, Hofrat Levy, den Herrn Geheimen Regierungsrat Frech, den Bürgermeister Bräunig, die Mitglieder des Synagogenrats sowie durch das älteste männliche Mitglied der Gemeinde und den jüngsten Schulknaben. Mit Erteilung des Segens nahm dieser Akt sein Ende, und man begab sich zur Fortsetzung der Feier in den Saal zur 'Linde'. Hier hielt Bezirksrabbiner Dr. Mayer die Festrede, die auf alle Anwesenden tiefen Eindruck machte. Hierauf erfolgte die Verlesung der Urkunde. Aus dem Inhalt, der zuerst die zurzeit regierenden Fürsten, die Inhaber der Staats- und städtischen Behörden und sonstige historische Ereignisse anführt, ist zu entnehmen, dass für die neue Synagoge 322 Plätze vorgesehen sind und die Baukosten auf 100.000 Mark veranschlagt sind. Die Zahl der israelitischen Gemeindemitglieder beträgt zurzeit 54, und die Gesamtseelenzahl 226. Auf ein an der Großherzog von Baden abgesandtes Ergebenheitstelegramm traf folgendes huldvolle Antworttelegramm ein: 'Herr Moritz Weil, Rastatt! Es freut mich, dass die zur Grundsteinlegung versammelten Festgäste bei dieser Feier meiner in so freundlicher Weise gedachten. Friedrich, Großherzog.'"

  
Die Einweihung der Synagoge
(Bericht des Rastatter Tageblattes vom 12. September 1906: Auszüge zitiert bei W. Reiß s. Lit.):

"Unsere israelitischen Mitbürger begingen gestern die Einweihungsfeier der neuerbauten Synagoge. Die Stadt prangte im Fahnenschmuck und der Himmel machte ein freundliches Gesicht dazu. Es waren von auswärts viele eingeladene Gäste eingetroffen und auch von Rastatt waren aus allen Berufs- und Gesellschaftsklassen Teilnehmer und Abordnungen erschienen."
"Die Feier begann nachmittags halb 3 Uhr mit einem einfachen Abschiedsgottesdienst in der alten Synagoge. Unter Vorantritt einer Musikkapelle ging es dann nach dem neuen Gotteshaus, wobei eine Schar weißgekleideter Mädchen die Spitze des Festzuges bildete. Die ältesten Gemeindemitglieder trugen die Torarollen. Vor dem Haupttor der neuen Synagoge überreichte Herr Baurat Levy ... Herrn Geh. Reg.-Rat Frech ... den Schlüssel, der ihn an den israelitischen Gemeindevorstand Herrn Moritz Weil weitergab, worauf dieser die Öffnung des Portals vollzog. Eine große Menschenmenge wohnte dieser feierlichen Handlung bei."
"Die neue Synagoge befindet sich am Leopoldring in der Nähe der Bastion XII auf einer kleinen Anhöhe; sie ist nach dem Plan des Herrn Professor Levy aus Karlsruhe im Barockstil erbaut und wird von einem in Kupfer gekleideten Turme überragt. Der Bau, der sich in der Mitte eines großen freien Platzes erhebt, ist mit einem kunstvoll gearbeiteten Gitter eingefriedet und macht einen sehr vorteilhaften Eindruck. Am schönen Hauptportal, zu dem eine Terrasse von rotem Sandstein führt, sind in goldener hebräischer Schrift die Wort des Erzvaters Jakob angebracht: 'Wie ehrfurchtgebietend ist diese Stätte; dieses ist nichts anderes als ein Gotteshaus und dieses ist das Tor des Himmels!', An der Hauptfront ist ferner ein großes farbiges Bogenfenster eingefügt..."
"...Ist man in die Synagoge eingetreten, so erblickt man in einer großen Wölbung auf einer Estrade den aus weißem Sandstein gehauenen Altar, das Allerheiligste, der von den Gesetzestafeln gekrönt wird, die durch ein künstliches magisches Licht beleuchtet werden... Oberhalb des Allerheiligsten sind in Goldschnitt die Worte zu lesen: 'Mein Haus ist ein Haus, wo alle Völker den Namen des Herrn anrufen.' Vor dem Altar befindet sich die Kanzel und der Vorbetertisch, links der Kantorstuhl und daneben ein siebenarmiger Leuchter, den die Firma Hch. Degler Söhne gestiftet hat."
"...Für die männlichen Mitglieder der Gemeinde ist der untere Raum bestimmt, ... während die Empore den weiblichen Mitgliedern dient. An den auf beiden Seiten befindlichen Emporen sind Wandelgänge, die links für Kinder, rechts für Militär Plätze enthalten... Zur Heizung sind in den vier Ecken des Raumes Gasöfen aufgestellt worden. Durch mächtige Seitenfenster kann das Tageslicht in den Raum eindringen, und beim Gottesdienst während der Dunkelheit verbreitet ein von der Mitte der Decke herabhängender Kronleuchter mit 24 Brennern beinahe Tageshelle..."
"Die Arbeiten für die Synagoge wie für die Amtswohnung, deren Gesamtkosten sich auf etwa 108 000 M. belaufen, wurden größtenteils von hiesigen Geschäftsleuten ausgeführt, die hierdurch ein glänzendes Zeugnis ihrer Leistungsfähigkeit an den Tag gelegt haben. Das Hauptverdienst gebührt jedoch Herrn Baurat Levy aus Karlsruhe, als dem geistigen Urheber des Prachtbaues. Er hat mit dem Bau der Rastatter Synagoge sich selbst ein bleibendes Denkmal seines künstlerischen Schaffens und Könnens gesetzt".
Stichwortartig zum Ablauf der Einweihungsfeierlichkeiten sei zusammengefasst: Die gesangliche Umrahmung des "Weiheaktes" in der Synagoge geschah durch einen gemischten Chor, "in der Hauptsache Mitglieder des Gesangvereins 'Apollonia' und des evangelischen und katholischen Kirchenchors." Die Festpredigt von Bezirksrabbiner Dr. Mayer über den Text "Mein Haus soll ein Bethaus genannt werden für alle Völker", der nicht nur die neue Synagoge - wie schon zitiert - "oberhalb des Allerheiligsten" in Goldlettern schmückte, sondern auch am Eingang der alten Synagoge, in den Torbogen eingehauen, zu lesen war...

Die alte Synagoge, die 1906 verkauft wurde, ist zu einem bis heute bestehenden Wohnhaus umgebaut worden. 1982 wurde der alte Türbogen wieder freigelegt, an dem jedoch die hebräische Inschrift vermutlich in der NS-Zeit herausgeschlagen wurde. Eine Hinweistafel zur Geschichte des Hauses ist angebracht.  
    
Dr. Heinrich Heidenheimer stiftet einen Toraschreinvorhang (Parochet, 1913)   

Rastatt AZJ 22101913.jpg (28619 Byte)Mitteilung in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Oktober 1913: "Dr. Heinrich Heidenheimer, Stadtbibliothekar in Mainz, stiftete zum Andenken an Moses und Frau Rosenthal und deren Tochter Henriette Heidenheimer geb. Rosenthal der jüdischen Gemeinde in Rastatt ein prachtvoller weißseidenes Poroches nebst Schulchan und Kanzeldecke."  
  
Rastatt FrfIsrFambl 15101913.jpg (31228 Byte)Dieselbe Mitteilung wie oben im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. Oktober 1913.  

   
Die Synagoge wird geschändet (1932) 

Rastatt Israelit 24111932s.jpg (27124 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. November 1932: "Karlsruhe. Die Synagoge in Rastatt in Baden wurde in der Nacht zum 5. November mit Hakenkreuzen und unflätigen Beschimpfungen vollbeschmiert. Auch einige jüdische Häuser wurden auf die gleiche sinnige Art gezeichnet."   

In der Pogromnacht im November 1938 wurde die Synagoge am Leopoldring demoliert und niedergebrannt, kurz darauf von Pionieren gesprengt. Bei der Sprengung wurden durch die hochfliegenden Fundamentsteine die umliegenden Häuser so stark beschädigt, dass ein Gesamtschaden von 500 Mark vergütet werden musste. Der Synagogenplatz wurde eingeebnet. Die Abräumarbeiten wurden bereits am 1. Dezember 1938 abgeschlossen. Erhalten blieb nur das Kantorenhaus, an dem 1964 eine Gedenktafel für die Synagoge angebracht wurde. Das Synagogengrundstück wurde mit einem Mehrfamilienwohnhaus neu überbaut. 
   
Im ehemaligen Kantorenhaus wurde im Oktober 2010 ein Dokumentationsraum zur Erinnerung an die jüdische Geschichte in Rastatt eröffnet (siehe Pressebericht unten). 
   
   
   
Fotos           
  
1. Synagoge Ottersdorfer Straße:
Historisches Foto: 

Rastatt Synagoge a01.jpg (48990 Byte) 

Eingang zur alten Synagoge (1829-1906); Foto aus Festschrift 
1931 S. 29; hebräische Inschrift übersetzt: "Mein Haus soll ein 
Bethaus genannt werden für alle Völker"
Außenansicht siehe unten: Foto zur Einweihung der neuen Synagoge


Fotos nach 1945/Gegenwart:

Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn)
     
Rastatt Synagoge a04.jpg (85580 Byte) Rastatt Synagoge a02.jpg (59003 Byte) Rastatt Synagoge a03.jpg (77549 Byte)
Gebäude Ottersdorfer Straße 9, in dem
 sich 1829-1906 die Synagoge befand 
Eingangstür  Die Portalinschrift (vgl. Foto oben) wurde
 vermutlich in der NS-Zeit entfernt
   
     
     
Fotos 2003:
(Fotos: Hahn, 
Aufnahmedatum 16.9.2003)
Rastatt Synagoge a151.jpg (53888 Byte) Rastatt Synagoge a150.jpg (42884 Byte)
   Das Gebäude präsentiert sich in 
frisch renoviertem Zustand
Die Eingangstür  
    
     
   Rastatt Synagoge a152.jpg (96168 Byte) Rastatt Synagoge a153.jpg (65556 Byte)
   Hinweistafel zur Erinnerung an die "Alte
 Synagoge" mit Zitat der Eingangsinschrift
Die Fuge der Portalinschrift 
ist geblieben
      
     
Foto 2012: 
(Fotos: Irene Schneid-Horn,
  Aufnahmedatum 2.9.2012) 
Rastatt Synagoge 12020.jpg (123971 Byte)  
  Gegenüber 2003 unverändert   
     
     
 Fotos 2021:  
(Fotos: Hahn; Aufnahmedatum 31.5.2021) 
 
  Eingangstor mit Hinweistafel:       
     
 
   Gegenüber 2003 ist das Gebäude kaum verändert erhalten  

2. Neue Synagoge:
Historische Fotos:
(die mit *) bezeichneten aus der Festschrift von 1931 s. Lit.)

Prozession mit den Torarollen zur
 Einweihung der neuen Synagoge
am 11. Juni 1906
(Quelle: Stadtarchiv Rastatt)
Rastatt Synagoge Einweihung 010.jpg (136942 Byte)  Rastatt Synagoge 083.jpg (103741 Byte)
  Im Hintergrund ist die 
alte Synagoge
 zu erkennen
 Links: die Synagoge (Quelle: Publikation
 Einblicke... s.Lit. unten)
      
Rastatt Synagoge 001.jpg (63352 Byte) Rastatt Synagoge 003.jpg (51161 Byte) Rastatt Synagoge 002.jpg (82764 Byte)
Außenansichten der Synagoge (linkes Foto*) Innenansicht der Synagoge* 
     
Rastatt Synagoge 053.jpg (65182 Byte) Rastatt Synagoge 051.jpg (57665 Byte) Rastatt Synagoge 052.jpg (53663 Byte)
Titelblatt der Festschrift von 1931 
(s. Lit.) mit Außenansicht der 
neuen Synagoge*
Toravorhang in der Synagoge, 
gestiftet 1931 vom israelitischen 
Frauen-Verein Rastatt*
Toraschild in der neuen Synagoge, 
gestiftet 1878 von Josef Altschul*  
   
     
Rastatt Synagoge 050.jpg (34310 Byte)   Rastatt Synagoge 010.jpg (30773 Byte)
Gefallenen-Gedenktafel, 
eingeweiht 1925*  
  Unklar, um welchen Synagogenraum 
in Rastatt es sich handelt 
(kleine / Wochensynagoge?) 
    
     
Die Zerstörung der 
Synagoge 1938  
Rastatt Synagoge 011.jpg (82669 Byte)  
   Die Synagogenruine 
nach der Pogromnacht 
   

   
Fotos nach 1945/Gegenwart    

Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn)
Rastatt Synagoge 021.jpg (67157 Byte) Rastatt Synagoge 020.jpg (51194 Byte)
   Das ehemalige Wohnhaus des jüdischen
 Lehrers/Kantors neben der Synagoge 
Die am 15. Juli 1964 
angebrachte Gedenktafel 
     
Fotos 2003:
(Fotos: Hahn, 
Aufnahmedatum 16.9.2003))
Rastatt Synagoge n150.jpg (50626 Byte) Rastatt Synagoge n153.jpg (44728 Byte)
   Blick auf das ehemalige
 Synagogengrundstück 
(Gebäude Leopoldring 2) 
Das ehemalige Wohnhaus des 
jüdischen Lehrers/Kantors 
  
     
   Rastatt Synagoge n152.jpg (53008 Byte) Rastatt Synagoge n151.jpg (52000 Byte)
   Links: Wohnhaus des Lehrers/Vorsängers;
 rechts das heutige Gebäude Leopoldring 2 
Die Gedenktafel 
     
        
Fotos 2012
(Fotos: Irene Schneid-Horn,
 Aufnahmedatum: 1.9.2012)  
Rastatt Synagoge R12025.jpg (143464 Byte) Rastatt Synagoge R12026.jpg (133060 Byte)
  Das ehemalige Wohnhaus des 
jüdischen Lehrers/Kantors 
Die Gedenktafel  
  
     
 Fotos 2021:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 30.5.2021)
   
   Hinweistafel
zum "Kantorenhaus" 
 Links das "Kantorenhaus", die Synagoge stand
 rechts davon (vgl. oben) 
     
     
  "Stolpersteine" für Hermann Translateur
und die Familie Siegfried Simon und Johanna geb. Levi
(mit Kindern Wolfgang und Berthold)  
  Das "Kantorenhaus" (vgl. oben),
vor dem die "Stolpersteine" links liegen https://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine_in_Rastatt   
  Die Gedenktafel
(vgl. oben) 
   

Anmerkung (nach dem Wikipedia-Artikel s.o.=: "Im Kantorenhaus, das früher neben der Synagoge stand, lebte von 1923 bis 1933 der Kantor Hermann Translateur mit seiner Frau Ricke geb. Heimann. Er war Zielscheibe von Diffamierungen im 'Festungsboten', einer Nazi-Postille. Wahrscheinlich wegen der dauernden Anfeindungen zog er im April 1933 nach Mannheim um. 1937 wanderte er nach Palästina aus, wo er 1943 in Jerusalem starb. Sein Nachfolger Siegfried Simon lebte bis 1939 mit seiner Frau Johanna geb. Levi und den Söhnen Wolfgang und Berthold im Kantorenhaus."    

     
     
"Stolpersteine" vor dem Haus Schlossstraße 2: für Meta Stern geb. Damidt und Walter Stern sowie für
Else Wertheimer geb. Stern und Isaak Wertheimer sowie deren Söhne Julius und Myrtil   
 "Stolpersteine für Familie Spiwak
(verlegt im Juli 2020 in der Kapellenstraße)
     
     

    
    
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte  

Aktuell im Oktober 2010:  Eröffnung des ehemaligen Kantorenhaus in Rastatt als Stadtteilzentrum West mit Dokumentationsraum 
über das jüdische Leben in Rastatt um 1900
.
Mitteilung des Stadtmuseums Rastatt vom 11. Oktober 2010: "Mit der Sanierung und Öffnung des ehemaligen Kantorenhauses in Rastatt bietet sich für die Stadtgeschichte erstmals die Möglichkeit, in einem Gebäude, das einst als Wohnhaus des Lehrer und Kantors der jüdischen Gemeinde genutzt war, einen Einblick in das jüdische Leben in Rastatt zu geben. Aufgrund der eingeschränkten Platzmöglichkeiten (20qm-Raum) wurde das Thema weitgehend auf den Zeitraum um 1900 eingegrenzt. 
Kernstück der Präsentation ist eine topografische Darstellung Rastatts, in der die Häuser und Liegenschaften jüdischer Eigentümer eingetragen sind. Sie steht für die Präsenz und Integration der jüdischen Gemeinde in Rastatt, die bis in die 1920er Jahre auch gut funktionierte.
Jüdische Unternehmen trugen in dieser Zeit zum Wohlstand Rastatts bei, insbesondere nach der Entfestigung. Zwei Objekte in der Ausstellung geben Zeugnis davon: Der schöne Damensekretär des Möbelschreiners und Fabrikanten Sigmund Löw, der von 1870 bis 1879 sein Geschäft in Rastatt betrieb und der große, aus Holz geschnitzte Wegweiser der Fa. Werola, die nach dem Ersten Weltkrieg nach Rastatt kam, um hier eine Fabrik für Krepp- und Buntpapiere zu gründen, die heute noch in Rastatt produziert.
Beispielhaft herausgegriffen wurden in Text und Bild drei Biografien: Hedda Kuhn, die rechtzeitig mit ihrer Familie nach Dänemark emigrieren konnte, Josef Julius Mayer, bekannt auch als 'Mayer-Seppel' oder 'Zigarrenmayer' aus dem 'Dörfel', der im Alter von 75 Jahren nach Gurs deportiert wurde und dort starb und Lilly (besser: Lilli) Wächter* (Dokumente unten), die als 'Halbjüdin' die Shoa in Rastatt überlebte und sich nach dem Krieg stark in der Friedensbewegung engagierte.
Übergriffe und gezielte Hetzkampagnen gegen jüdische Bürger begannen in Rastatt bereits Anfang der 1930er Jahren. Zwischen 1933 und 1939 gelang es einem Teil der Rastatter Juden zu emigrieren, meist nach Frankreich, in die USA oder nach Palästina, was in der Ausstellung durch eine tabellarische Darstellung deutlich wird.
Dennoch war es einem Teil der Rastatter Juden nicht möglich, die Stadt zu verlassen. Sie wurden am 22.10.1940 in einem organisierten Massentransport in das südfranzösische Internierungslager Gurs deportiert. Das damals erstellte amtliche Verzeichnis mit den Namen der Deportierten wird in der Ausstellung mittels einer Lichtinstallation an die Wand projiziert. 
Der Dokumentationsraum zur jüdischen Geschichte Rastatts ist eine Außenstelle des Stadtmuseums. 
Das Kantorenhaus wird keine eigenen Öffnungszeiten haben und ist für Individualbesucher zu den Kontaktzeiten des Stadtteilzentrums West, dienstags von 14 bis 17 Uhr zu besichtigen.
Weitere öffentliche Führungen werden im November und Dezember angeboten, die in der Presse noch bekannt gegeben werden. 
Führungen für angemeldete Gruppen sind nach Anmeldung unter T.07222/972-8400 möglich. Die Ansprechpartnerin für den Dokumentationsraum 'Jüdisches Leben in Rastatt' im Kantorenhaus ist Museumsleiterin Iris Baumgärtner E-Mail." 
Offizielle Pressemitteilung der Stadt Rastatt zur Eröffnung des Kantorenhauses vom 18. Oktober 2010.   
        
Rastatt Kantorenhaus 023.jpg (140631 Byte) Rastatt Kantorenhaus 022.jpg (133147 Byte) Rastatt Kantorenhaus 021.jpg (191011 Byte) Rastatt Kantorenhaus 020.jpg (113743 Byte)
Das ehemalige 
Kantorenhaus 
 
    
Blick in den Dokumentationsraum: 
links die "Topografie", rechts 
Biografien jüdischer Einwohner 
     
"Topografie jüdischer Häuser 
in Rastatt" um 1900
mit Abbildungen jüdischer Häuser 
und Gewerbebetriebe  
Rechts der aus Holz geschnitzte
 Wegweiser der Fa. Werole, 
Fabrik für Krepp- und Buntpapiere,
 früher in jüdischem Besitz  
       

Dokumente zu Lilli Wächter geb. Schuster (1899 Karlsruhe - 1989 Bühl)
Fotos der Dokumente erhalten von Oliver Timm 

   
       
 Geburtsurkunde für Lilli Schuster,
Tochter von Sofie Schuster aus
Rülzheim (1899)
 Einwohnerkarte für Lilli Wächter, eingetragen als "jüdischer Mischling ersten Grades" und damit mit dem Stempel "J" für Jude/Jüdin versehen Autobiographische Notizen
von Lilli Wächter
  
 Pressebericht über Lilli Wächter
(vermutlich anlässlich ihres Todes 1989 in Bühl)
  
 
Hinweis: Am 16. April 2013 fand  eine erste Verlegung von "Stolpersteinen" in Rastatt statt 
Weitere Informationen über die Website http://www.stolpersteine-rastatt.de/   
 
 
Dezember 2016: Sessel kehrt nach über 80 Jahren wieder an jüdische Familie zurück  
Anmerkung: Dr. Alfred Grünebaum war Anfang der 1930er-Jahre in Rastatt als Allgemeinarzt und Geburtshelfer tätig; seine Praxis und Wohnung waren im Obergeschoss einer Villa in der Josefstraße. Seine Frau Ruth geb. Nachmann stammte aus Gernsbach, wo ihr Vater Emil Nachmann ein Kaufhaus betrieb. Die beiden hatten zwei Sohne Yochanan und Michael...   
Rastatt PA 22122016.jpg (160507 Byte)Artikel von Irene Schneid-Horn in den "Badischen Neuesten Nachrichten" vom 22. Dezember 2016: "
Jüdische Spurensuche. Nach 80 Jahren kehrt Sessel zur Familie zurück. 
Deutschland im Jahr 1935: Die Nürnberger Gesetze treten in Kraft. Die jüdischen Bürger werden mehr und mehr entrechtet, drangsaliert und an ihrer Berufsausübung gehindert. Wegen des Terrors der Nationalsozialisten beschließt eine junge jüdische Familie aus Rastatt, ihre Heimat zu verlassen.
Ihr gutbürgerliches Leben und einen Großteil ihrer Habe muss sie zurücklassen – unter anderem einen Ohrensessel mit geblümtem Bezug. Dieser Sessel überdauert Jahrzehnte im ehemaligen Rastatter Wohnhaus, bis der Enkel, Eyal Grunebaum, letztes Jahr zur Spurensuche in die Region kommt und das Erinnerungsstück ausfindig macht. Es hat nun in dessen Heim im kanadischen Toronto einen Ehrenplatz bekommen – am Ende einer Reise, die über 80 Jahre dauerte..."  
Link zum Artikel    
 
März 2018: Die "Stolpersteine" in Rastatt werden gereinigt   
Presseartikel von Martin Pischelsrieder in den Mitteilungen von Radio Regenbogen vom 27. März 2018: "Jugendliche setzen Zeichen gegen Rassismus
Im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus, hat die IGMG Mevlana Moschee Rastatt e.V. eine Stolperstein-Aktion veranstaltet. Rastatter Jugendliche nahmen daran teil und reinigten Stolpersteine, die als Gedenktafeln an die Opfer der NS-Zeit dienen. Die Aktion begann mit einem Vortrag. Dieser erklärte den Jugendlichen, dass sie rassistische und diskriminierende Taten nicht hinnehmen, sondern dagegen vorgehen sollen. Außerdem wurde ein Workshop angeboten. Dabei wurde die Judenverfolgung im Deutschen Reich und in Rastatt erarbeitet. Die Reinigung von 23 Stolpersteinen wurde von zwei jüdischen Bürgern mitbegleitet. Am Ende wurde vor dem Kantorenhaus über die systematische Brandstiftung der Synagoge am 10.11.1938 gesprochen. Nach der Aktion gingen die Jugendlichen zurück zur Moschee, wo gemeinsam noch gegessen und über die Aktion geredet wurde."  
Link zum Artikel     
 
März 2021: 101-jährige Israelin aus Rastatt wird wieder deutsche Staatsbürgerin 
Artikel in "Israel-Netz" vom 3. März 2021: "Vor den Nazis geflohen. 101-jährige Israelin wieder deutsche Staatsbürgerin
Nach 84 Jahren hat eine 101-jährige Israelin ihre deutsche Staatsbürgerschaft zurückerhalten. Edith Ramon aus Rastatt war 1937 vor den Nationalsozialisten ins damalige Mandatsgebiet Palästina geflohen. Auch ihren Eltern gelang rechtzeitig die Flucht. Ein in England lebender Enkel entdeckte nach dem Brexit, dass seiner Großmutter die Staatsbürgerschaft zusteht. Die Urkunde überreichte Botschafterin Susanne Wasum-Rainer am Samstag persönlich. 'Es ist eine sehr große Ehre für uns, dass Edith wieder deutsche Staatsbürgerin sein will', sagte die Diplomatin."  
Link zum Artikel    
Artikel in "Israel Heute" vom 5. März 2021: "101-Jährige erhält deutschen Pass. 17 Jahre war Edith Ramon alt, als sie vor den Nazis floh und ihre deutsche Staatsangehörigkeit verlor. Jetzt bekam sie diese, nach 84 Jahren, wieder zurück.
Als Edith Ramon im Jahr 1937 mit jungen Jahren Deutschland verließ und ihr daraufhin die Staatsbürgerschaft entzogen wurde, hätte sie sich nie träumen lassen, dass sie diese als Hochbetagte zurückerhalten würde. Edith Ramon (geborene Nachman) wurde 1920 in Rastatt geboren. Bei einem antisemitischen Angriff in den 1930ern wurde das Auto der Familie in Brand gesteckt. Der Vorfall trug dazu bei, dass sie auswanderte. Zuerst zog sie als 17-Jährige nach Eretz Israel, dann folgten später auch ihre Eltern. Im Jahr 1939 schloss sie sich der Kerngruppe der Gesher-Pioniere an und war eine der Gründerinnen des Kibbuz. Dort lernte sie ihren Mann Moshe Futerman kennen, der ebenfalls aus Deutschland kam. Gemeinsam kämpften sie mit den anderen Kibbuz-Mitgliedern für die Verteidigung des Kibbuz und halfen bei der Gründung des Staates Israel. Einer ihrer in England lebenden Enkel beschloss nach dem Brexit, Ediths Anspruch auf die deutsche Staatsbürgerschaft zu überprüfen und damit eine Art historische Korrektur für sie und alle ihre Nachkommen vorzunehmen. Edith konnte ihre Staatsbürgerschaft dank einer Änderung des deutschen Grundgesetzes wiedererlangen, die es in Deutschland geborenen Menschen, deren Staatsbürgerschaft von den Nazis zwischen 1933-1945 entzogen wurde, erlaubt, ihren Status wiederzuerlangen. Es war eine schöne Überraschung für die Großmutter, als plötzlich zwei hohe deutsche Beamte vor ihrer Tür standen und nicht nur freundlich lächelten, sondern sogar ein Geschenk mitbrachten. Die deutsche Botschafterin in Israel, Dr. Susanne Wasum-Rainer, und der deutsche Konsul, Dr. Lars-Uwe Kettner, ließen es sich nicht nehmen, sogar zu Edith Ramon nach Hause zu kommen, um ihr den Pass persönlich zu übergeben. 'Es ist eine sehr große Ehre für uns, dass Edith wieder deutsche Staatsbürgerin sein möchte und deshalb sind der deutsche Konsul und ich zu Edith in den (Kibbutz) Gesher gekommen, um ihr die Staatsbürgerschaftsurkunde persönlich zu überreichen', sagte die Botschafterin Wasum-Rainer."  
Link zum Artikel   

   
      

Links und Literatur 

Links: 

bulletWebsite der Stadt Rastatt   
bulletWebsite des Historischen Vereins Rastatt e.V. mit Seite zur Synagoge in Rastatt  
bulletWebsite der "Initiative Stolpersteine Rastatt"  www.stolpersteine-rastatt.de  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Rastatt (interner Link)    

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Rastatt 
In der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg (Hauptstaatsarchiv Stuttgart bzw. Staatsarchiv) sind die Personenstandsregister jüdischer Gemeinden in Württemberg, Baden und Hohenzollern einsehbar: https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=5632     
Zu Rastatt ist online vorhanden:    
J 386 Bü. 491 Verzeichnis der Verstorbenen 1881 - 1925  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-446710    
   
In der Website des Landesarchivs Baden-Württemberg (hier: Generallandesarchiv Karlsruhe) sind Familienregister aus badischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Amtsgerichtsbezirken) https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=12390 
Zu Rastatt ist vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
390 Nr. 4134: Rastatt, israelitische Gemeinde: Standesbuch 1814-1868  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1222935   
390 Nr. 4135: Rastatt, israelitische Gemeinde: Standesbuch 1812-1869  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=4-1222936    .   
 
Hinweis auf die Dokumentation der jüdischen Grabsteine in Baden-Württemberg des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg   
Im Bestand  https://www2.landesarchiv-bw.de/ofs21/olf/struktur.php?bestand=24368  auf der linken Seite bei "Rastatt" über das "+" zu den einzelnen Grabsteinen; es sind 106 Grabsteine dokumentiert (mit Fotos).     
Im Bestand EL 228 b I Bü. 223 finden sich zum Friedhof Rastatt Belegungspläne, Belegungslisten und eine Dokumentation Grabstein 1 bis 106  http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=2-1906713         

Literatur:   

bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 243-246. 
bulletOskar Stiefvater: Geschichte und Schicksal der Juden im Landkreis Rastatt, in: Um Rhein und Murg 5 (1963) S. 42-83.   
bulletHermann Translateur: Geschichte der Juden von Rastatt. in: Festschrift zur Feier des 25jährigen Jubiläums der Synagoge in Rastatt am 3. und 4. Oktober 1931.
bulletKlaus Schiwek: Der israelitische Friedhof an der Karlsruher Straße in Rastatt, in: Heimatbuch. Landreis Rastatt 9 (1982) S. 144ff. 
bulletWolfgang Reiß: Die neue Synagoge in Rastatt. 1906 bis 1938, in: Heimatbuch Landkreis Rastatt 10 (1983) S.107-114. 
bulletRenate Liessem-Breinlinger: Jules Wertheimer, Autobiographie eines Juden aus Baden: in Geroldsecker Land (27) 1985, S.185-196.  
bulletJoseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern - Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem 1986. S. 490--494.  
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007. 
bulletRastatt Lit 083.jpg (93085 Byte)Einblicke in die jüdische Gemeinde Rastatts. Beiträge zur Stadtgeschichte. Hrsg. von der Stadt Rastatt 2010.  
bulletMohr Lit 020.jpg (18107 Byte)Günther Mohr: "Neben, mit Undt bey Catholischen*. Jüdische Lebenswelten in der Markgrafschaft Baden-Baden 1648-1771. Böhlau-Verlag Köln u.a. 2011. 248 Seiten. ISBN 13: 978-3412207397.  Website des Verlags  mit Informationsseite zur Publikation   
Die Studie widmet sich den Lebensmöglichkeiten von Juden und Jüdinnen in der katholisch geprägten Markgrafschaft Baden-Baden und damit Fragen der ländlichen Gesellschaft und Kultur in Südwestdeutschland. Es entsteht ein neues Bild des Landjudentums in seinen vielfältigen Kontakten zur christlichen Nachbarschaft und mit einem überraschenden Selbstbewusstsein. Das Buch analysiert u.a. die Aufnahme der Juden in den Schutz, die wirtschaftlichen Aktivitäten von Juden und Christen, ihr spannungsreiches Verhältnis ­zueinander, innerjüdische Verhältnisse sowie Fragen der jüdischen Religion. Dabei stehen immer die ­wechselvollen Schicksale einzelner Protagonisten im Vordergrund.
bulletSynagogen Lit 201305.jpg (108213 Byte)Christiane Twiehaus: Synagogen im Großherzogtum Baden (1806-1918). Eine Untersuchung zu ihrer Rezeption in den öffentlichen Medien. Rehe: Schriften der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg. Universitätsverlag Winter Heidelberg 2012. 
Zur Synagoge in Rastatt S.222-227.  
bulletEberle Lit Tribunal General.jpg (72087 Byte) Eva-Maria Eberle: Tribunal Général. Kriegsverbrecherprozesse Rastatt 1946-1950. Verlag Buch Klöpfer Ottersweier 2018. ISBN: 978-3-943855-22-7. 
Inhalt: Inhalt des Buches sind die Rastatter Prozesse gegen Kriegsverbrecher in den Jahren 1946-1950. Ziel war, für tatsächlich 61 hingerichtete Kriegsverbrecher in Rastatt den jeweiligen Prozess zu finden. Das Buch beschreibt die großen Prozesse zu den Außenlagern von Natzweiler-Struthof, aber auch andere Prozesse, wie z.B. der Dora Prozess, der Leonberg-Tunnel Prozess, der Hinzert Prozess usw. Es ist die bisher einmalige Aufführung vieler in Rastatt stattgefundener Prozesse und eine aufwändige Recherche von drei Jahren. 

    
  
    


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Rastatt (in Jewish sources, Rechstatt) Baden. Jews are recorded in 1560 and following expulsions in 1584 and 1615 established a new community after 1683. Towards the end of the 17th century, the Court Jew Mattityahu Schweitzer was active on behalf of the community and his sons served as heads of the community. A Hebrew printing press operated in the 1770s and 1780s. In 1829 a synagogue was completed. The Jewish population grew to 230 in 1875 (total 12,219) and remained stable until emigration, mostly of the young, accelerated after worldwar I. Jews were regularly elected to the municipal council. A new synagogue was consecrated in 1906 and the Central Union (C.V.) and Zionist Organization opened offices in 1918 and 1924, respectively. Anti-Jewish agitations intensified in the early 1930s. In 1933, 155 Jews remained, operating 19 business establishments and two factories. After the economic boycott of 1 April 1933, Jews were banned from public places. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was set on fire (with its ruins subsequently blown up), Jewish homes and businesses were heavily damaged, and Jews were sent to the Dachau concentration camp after being viciously beaten and tormented. In 1933-40, at least 38 Jews emigrated from Germany, mostly to the U.S., France, and Palestine, and another 19 left for other German cities. In October 1942, 29 Jews were deported to the Gurs concentration camp; another ten were sent to the camps after leaving Rastatt, Twelve deportees survived the Holocaust. 
   
     

                   
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Stand: 30. Juni 2020