Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Reichshoffen (Reichshofen) (Dep. Bas-Rhin / Alsace / Unterelsass) 
Histoire juive - Jüdische Geschichte /  Synagogue / Synagoge 
  

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)  
   
In Reichshoffen bestand eine jüdische Gemeinde bis ins 20. Jahrhundert. Ihre Geschichte geht bis ins 17. Jahrhundert zurück. Erstmals werden Juden in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges genannt. Um 1613 waren es die Juden (jüdische Familienvorsteher) Beifuoß, Meyer, Lipma, Gotz, Moßen. Über die Grausamkeiten dieses Krieges, die Juden und Christen in derselben Weise betrafen, berichtete damals Ascher Lévy (1593-1635; Manuskript 1913 hg. Dr. Ginsburger). 
   
1729 lebten 20 jüdische Familien in Reichshoffen, 1784 39 Familien mit zusammen 175 Personen.
  
Im 19./20. Jahrhundert entwickelt sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1810 206 jüdische Einwohner (von insgesamt 2.346 Einwohner), 1846 250, 1848 260, 1861 233, 1870 235, 1871 243 Personen, 1888 190 (von insgesamt 2905 Einwohnern). Seit Mitte des 19. Jahrhunderts und verstärkt nach dem Krieg 1870/71 ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch Abwanderung in größere Städte oder durch Auswanderung zurück.

An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule ( von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1919 israelitische Elementarschule / jüdische Volksschule) und eine Mikwe (rituelles Bad, das in der Rue de la Fontaine / beim späteren Restaurant Jung). Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde waren ein Lehrer und ein Kantor (Vorbeter) angestellt. Letzterer war meist auch als Schochet tätig. An Lehrern werden genannt: um 1887/1888 G. Loeb, um 1892/1901 A. Levy. An Kantoren werden genannt: um 1887/1901 J. Jacob.
  
Als Gemeindevorsteher werden genannt: 1887/1901 Herr Weil. 
 
1910 wurden noch 131 jüdische Einwohner gezählt. 
  
1936 lebten noch 59 jüdische Personen in Reichshofen, von denen die meisten 1940 nach Südfrankreich deportiert wurden. 
  
Von den in Reichshofen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem): Irma Braun (1884), Mary Domb (1925), Celine Isaac geb. Levy (1900 oder 1902), Max Isaac (1902), Alfred Jacob (1881), Emile Jacob (1877), Leopold Kaufmann (1885), Flore Kern geb. Meyer (1898), Bella Lehmann (), Theodore Lehmann (1873), Palmyre Levy (1873), Albert Loeb (1884), Jean Loeb (1922), Roger Loeb (1913), Huguette Metzger (1929 oder 1931), Rene Szocht geb. Blum (), Rene Weill (1894), 

Nach 1945 kehrte ein Teil der Überlebenden nach Reichshoffen zurück. 1853 wurden 18 jüdische Einwohner gezählt. In den 1990er-Jahren lebten durchschnittlich etwa 10 jüdische Personen in der Stadt. 
      
      
Spuren der jüdischen Geschichte in der Umgebung: Zwischen Reichshoffen und Langensoultzbach gibt es - nördlich von Nehwiller an der Gemarkungsgrenze zu Windstein - eine Flur "Judenberg" https://goo.gl/maps/b843CmH6fJu (48°58'10.82"N 7°41'55.34"E). Näheres zur Geschichte des Gemarkungsnamens ist nicht bekannt. Möglicherweise war hier ein Grundstück in jüdischem Besitz (so die Überlegung bei http://reichshoffen.free.fr/Comple/Nehwiller1.html und http://reichshoffen.free.fr/Comple/Reichshoffen/Nehwiller.html).        
      
      
      
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
 
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
     
Im Dreißigjährigen Krieg - Berichte des Ascher Levy (1598-1635) aus Reichshofen  
Anmerkung: in den Memoiren des Ascher Levy wird über die schreckliche Zeit des Dreißigjährigen Krieges und ihre Auswirkungen auf die jüdischen Gemeinden u.a. in Reichshofen, Oberbronn und Niederbronn berichtet. Erstmals hat der Kantor in Balbronn Raphael Blum einen Teil der Memoiren publiziert in den Ausgaben 37-44 der "Israelitischen Wochenschrift für die religiösen und socialen Interessen des Judentums" (Magdeburg 1874). Eine wissenschaftliche Ausgabe folgte von M. Ginsburger 1913.    

Artikel in "Frankfurter Israelitisches Familienblatt" vom 10. Oktober 1913: "Die Memoiren des Ascher Levy aus Reichshofen im Elsass (1598-1635). Herausgegeben, übersetzt und mit Anmerkungen versehen von Dr. M. Ginsburger. M. 3,50, Luxus Ausgabe M. 6,-. Berlin, Louis Lamm.
Die Memoiren des Ascher Levy eines  Verwandten des Cerf Levy, des zweiten Gatten der Gluckel von Hameln, enthalten eine Fülle hochinteressanter Mitteilungen, die uns vollkommen Aufschluss geben über eine ganze Reihe von jüdischen Gemeinden und jüdischen Familien aus der Zeit vor und während des 30-jährigen Krieges, ganz abgesehen von den Angaben, die ein kulturhistorisches beziehungsweise allgemein geschichtliches Interesse beanspruchen können.
Buchprobe aus 'Die Memoiren des Ascher Levy':
Als die Stimme der Turteltaube (der Posaune) gehört wurde und die furchtbaren Tage herankamen, hatte ich die Absicht, meine Nachbarn, die Bewohner von Görsdorf, zu mir zu nehmen, damit wir hier zehn erwachsene Männer hätten. Aber mein Schwiegervater (er möge leben) wollte uns keine Torarolle geben, weder gegen Garantie noch auf ein Pfand, und zwang mich am Montagmorgen, dem ersten Tage Rosch Haschonoh (= Neujahrsfest), fast 2 Stunden vor Tagesanbruch, von Reichshofen nach Oberbronn zu gehen, um dort als Vorbeter zu fungieren.
Am Vorabend des Versöhnungstages 394 (1633) kamen vom Schwedenheere Reiterscharen und Fußsoldaten; das war die Ursache, dass ich nicht aus meinem Hause zum Gottesdienst gehen konnte; dazu kam noch, dass wir am Laubhüttenfest keine Esrog hatten und nicht in der Laubhütte wohnen konnten. Gott möge sich erbarmen."
    

  
Die Publikation der Memoiren des Ascher Levy von Raphael Blum (1874)          

Artikel in "Israelitische Wochenschrift" Nr. 37 1874 S. 309. "Feuilleton. Wilde Zeiten und milde Herzen.
Nachstehende Erzählung aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges ist im 'Univers Israelit' von Rafael Blum, Kantor zu Balbronn im Elsass, mitgeteilt. Sie ist angeblich aus einem alten Manuskript, eine Privat-Magilla, d.h. der Erzählung merkwürdiger Schicksale einer Familie oder Gemeinde, übersetzt. Der Verfasser, dessen eigenhändige Aufzeichnung Herr Blum vor sich gehabt haben will, hieß Ascher ben Elieser Hallevi, war 1597 in Deutschland geboren, kam als Kind mit seinen Eltern nach dem Elsass, lernte bei Rabbi Jakob Askenasir in Metz, besuchte die Talmudschulen in Prag, Prosnitz (
= Prostějov, heute Tschechien) und Bisenz (= Bzenec, heute Tschechien), kehrte in die Heimat zurück und heiratete am Mittwoch nach dem Wochenfeste 1622 Malka, die Tochter des Elieser Lippmann, Vorsteher der Juden zu Reichshofen, woselbst er seinen Wohnsitz nahm.
Das Manuskript, aus dem hin und wieder Sätze im Original mitgeteilt werden, ist in einem für den Geschmack um die Sprachkenntnis der deutschen Juden jener Zeit ziemlich eleganten und fließenden Hebräisch geschrieben. In einem der hier folgenden Erzählung vorangehenden Teile ist sowohl die Lebensgeschichte des Verfassers, wie einiges über die Schicksale der Juden im Elsass, besonders in Hagenau, dem Zentrum der Operationen und Kämpfe der Schweden und der Kaiserlichen in jener Gegend, kurz erzählt. Es liegt kein besonderer Grund vor, die Erzählung für erfunden und die Angaben Blum's über die alte Handschrift für erdichtet zu halten.

Das Jahr 5394 (Herbst 1633) begann für unsere Gegend unter schrecklichen Vorzeichen und Begebenheiten und drohte noch viel verhängnisvoller zu werden, als die vorhergehenden. Alles was gesät und geerntet worden war, wurde den Feinden zur Beute. 'Die Frucht deines Feldes und aller deiner Mühen wird ein Volk verzehren, welches du nicht kennst'; so haben wir es am Schluss des alten Jahres gelesen, so ging es in Erfüllung. Aber auch unser Leben war von der wachsenden Rohheit der Soldadeska täglich bedroht. Im Hause meines Schwiegervaters, hier in Reichshofen, hatten die Soldaten alles, selbst seine Kleider, geplündert; was nicht sehr sorgsam versteckt oder vergraben worden war, war mitgenommen. Zweimal habe ich mit eigener Gefahr das Leben des edlen Mannes mit Gottes Hilfe gerettet. Das Neujahrsfest war da, aber unsere in Reichshofen, Ober- und Niederbronn wohnhafte kleine Gemeinde hatte sich nach allen Richtungen hin zerstreut, Männer, Frauen und Kinder hatten sich in entlegene Orte geflüchtet, wo man vor dem Kriegsvolke sicher zu sein hoffte. Oberbronn war innerhalb 18 Tagen sechsmal geplündert worden, auf 200 Wagen und darüber hatte man alles fortgeschleppt, was beweglich war und den Plünderern in wiederholter Nachlese gefiel. Auch am Jomkippur hatten wir uns nicht zum Gebet vereinigen können, wir konnten kein Esrog für das (Laub-)Hüttenfest herbeischaffen, noch weniger war an das aufschlagen einer Laubhütte zu denken.
Am ersten Tage des Festes machten wir jedoch den Versuch, uns in der hübschen, im Hause meines Schwiegervaters gelegenen Synagoge, welche zwei Fenster nach der Straße hat und noch unversehrt geblieben war, zu versammeln. Hier in Reichshofen sind unsrer 15 Familien, und es sind unter uns fünf Talmudgelehrte,  wenn auch ich mich zu diesen rechnen darf. An unserer Spitze steht der höchst scharfsinnige Rabbi Jakob Aron aus Böhmen, ein Mann, der schon zweimal zu ansehnlichen Rabbinaten berufen worden ist, aber keine Stelle annehmen will. Er ist von Gott gesegnet und zeichnet sich durch jegliche Tugend aus. Ihm gleicht seine würdige Gattin, Sara Lea. Sein ältester Sohn, Moses, 19 Jahre alt, nimmt schon an unsern gemeinsamen Studien teil, er versieht des Vaters Geschäfte und widmet seine freien Stunden dem Talmud. Der jüngere Sohn, Selig, ist zwölf Jahre alt; eine wahre Perle, eine Zierde des Hauses aber ist die einzige Tochter, Beracha. Sie ist so gut unterrichtet, dass sie es im Pentateuch nebst Raschi und in den Propheten, Psalmen und so weiter mit jedem Kinderlehrer aufnehmen kann. Seit etwa einem Jahre ist sie an Rabbi Samuel Joseph hierselbst, einen wohlhabenden, gelehrten, auch der deutschen Schrift und des Rechnens wohl kundigen Mann, verheiratet.
Wir versammeln uns also am frühen Morgen des ersten Hüttenfesttages, Männer und Frauen. Ehe wir zur Synagoge gingen, redete uns der würdige Rabbi Jakob Aron, den wir als unseren Rabbiner betrachteten und ehren, wenn er auch Rang und Titel verschmäht, also an:
'Liebe Brüder und Schwestern! Gott sei gelobt dass ich euch noch einmal gesund beisammen sehe, Preis und Ruhm unserem ewigen Schutzherrn! Es ist recht, dass ihr, wie ich sehe, keine Feiertagskleider angelegt habt; Gott wird uns begnadigen, dass wir wieder in Freude seine Feste feiern können; für jetzt aber werdet ihr alles Wertvolle vor dem räuberischen Gelüste bestmöglichst in Sicherheit gebracht haben. Sollte jedoch einer von euch noch etwas verbergen wollen, so gehe er alsbald nach Hause. Es sind böse Gerüchte im Umlauf, und eine Ahnung sagt mir, dass wir vielleicht noch heute neue Prüfungen zu bestehen haben. Es sind Kriegerhaufen in der Nähe, welche uns schwere Requisitionen auferlegen und abermals uns berauben und auf hundert Arten quälen können, wie wir das leider schon so oft erfahren haben. Seid aber darum nicht ängstlich, fasst Mut, vertraut auf unseren gütigen allmächtigen Schirmherrn. Er wird uns bewahren und retten. Hat er uns doch schon oft gerettet. besonders vor der Pest und dem bösen Fieber, dem unlängst ja so viele Opfer gefallen sind, Durch seine Gnade sind wir ja bis jetzt wunderbar von diesen Geiseln verschont geblieben.
Also nochmals, seid ohne Furcht! Wir leben untereinander in Eintracht und Frieden, wir suchen einander in Nöten beizustehen, und darum hoffe ich, dass Gott auch uns beistehen und wieder Tage des Friedens erleben lassen wird. Frieden ist die wahre Frömmigkeit, und Frömmigkeit erzeugt Frieden und Eintracht.
'Nun wollen wir einzeln in die Synagoge gehen, lass uns verschiedene Nebengässchen einschlagen und dann durch die Hinterpforte beim Parnes (Gemeindevorsteher) eintreten. Wir werden auch in diesen Tagen der Angst und des Schreckens das Gebet abkürzen, besonders da wir dieses Jahr nicht einmal ein Esrog haben. Ach, wir müssen ja jetzt so oft unsere heiligen Pflichten versäumen, aber ein kurzes Gebet in dieser Andacht ist Gott wohlgefälliger als viele Worte ohne Andacht. (Fortsetzung folgt)." .
 
Artikel in der "Israelitischen Wochenschrift für die religiösen und socialen Interessen des Judentums" 1874 Nr. 40 S. 333 - Fortsetzung von Nr. 37: "Feuilleton. Wilde Zeiten und milde Herzen. (Wir rekapitulieren der neueingetretenen Abonnenten wegen den in Nummer 37 gegebenen Anfang der Erzählung in aller Kürze: es war im Herbst 1633, im Elsass wütete der Krieg; auch die jüdischen Gemeinden waren der Plünderung und Lebensgefahr ausgesetzt. An einen Gottesdienst am Rosch ha-Schana und selbst Jom Kippur war nicht zu denken. Die kleine in Reichshofen, Ober- und Niederbronn wohnhafte Gemeinde hatte sich nach allen Richtungen zerstreut. Da nahte das Sukkotfest, ein Esrog war nicht zu beschaffen. In Reichshofen waren etwa 15 jüdische Familien, sie versammelten sich am Morgen des ersten Sukkotfesttages beim Rabbi Jacob Aron, (der zwei Söhne, Moses und Selig, von 19 und 12 Jahren, und eine einzige, auch im Hebräischen wohlunterrichtete, seit einem Jahre an den wohlhabenden Rabbi Samuel Josef verheiratete Tochter, namens Beracha hatte); dieser sprach Ihnen Mut zu, und empfahl Ihnen, einzeln und durch verschiedene Nebengässchen und Hinterpforten nach der Synagoge zu gehen und, wenn auch ohne Esrog, die Festgebete gekürzt, aber in erhöhter Andacht zu verrichten.)"  
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Artikel in "Israelitische Wochenschrift" Nr. 41 1874 S. 341.
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Artikel in "Israelitische Wochenschrift" Nr. 42 1874 S. 349.
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Artikel in "Israelitische Wochenschrift" Nr. 43 1874 S. 357.
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Artikel in "Israelitische Wochenschrift" Nr. 44 1874 S. 365.
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Großzügige Spenden eines Herrn Bloqué aus Paris - darunter eine Bibliothek für Reichshoffen (1869)
    

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. September 1869: "Der 'Courier du Bas-Rhin' vom 28. Juli enthält folgenden Artikel datiert von Mertzviller
Herr Bloqué aus Paris, welcher schon seit mehreren Jahren viel Gutes zur Hebung des öffentlichen Unterrichts in einigen Gemeinden unseres Kantons getan, hat jüngst weitere Beweise seiner Generosität geliefert. 
Nachdem er im verflossenen Jahre den Gemeinden Niederbronn, Reichshoffen und Mertzviller populäre Bibliotheken geschenkt, hat er nunmehr auch eine solche in Gundershoffen, durch eine einmalige Sendung von 200 Bänden gestiftet. 
Außerdem hat er für die hiesige Schule (sc. Mertzviller) zwei jährliche Preise für die besten Schüler der drei Konfessionen gestiftet. Den vergangenen Sonntag hat er Darlehen von ja 100 Fr.an 25 junge Mädchen der Gemeinde verteilt. 
Ehre dem edelmütigen Manne, welcher von seinem Vermögen eine so nützliche Anwendung zu machen versteht."      

   
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  

Lehrer J. Jacob erhält eine Auszeichnung (1909)  

Reichshofen FrfIsrFambl 05111909.jpg (16346 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 5. November 1909: "Reichshofen. Lehrer J. Jacob erhielt anlässlich seines 50-jährigen Dienstjubiläums den Kronen-Orden 4. Klasse."    

   
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 

Ein Herr Bloch wird 105 Jahre alt (1868) 

Reichshofen Israelit 13051868.jpg (34654 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Mai 1868: "Paris. Der Vater des Herrn S. Bloch, Redakteur des 'Univ. isr.' (ersterer wohnt in Reichshoffen im Elsass), ist 105 Jahre alt. Derselbe erfreut sich einer vollen Gesundheit des Körpers und des Geistes und kann noch allen religiösen und gesellschaftlichen Pflichten nachkommen."      

   
Zum Tod des aus Reichshofen stammenden Kämpfers für die jüdische Orthodoxie Simon Bloch 
(geb. 1809 in Reichshofen, gest. 1879 in Paris) mit Nachruf auf seine Tochter Julienne Bloch
  

Reichshofen Alsace Israelit 16041879.jpg (141828 Byte)Leitender Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. April 1879: Simon Bloch - seine Ruhe sei Wonne - Redakteur des 'Univers Israélite'. 
Mainz, 4. April (1879). Wir haben bereits in voriger Nummer von dem Hinscheiden des bedeutenden Mannes, den unsere Überschrift nennt, berichtet. Simon Bloch, der Redakteur und Begründer des Univers Israélite, der geistvolle Schriftsteller, der mutige Vorkämpfer für das orthodoxe Judentum, ist nicht mehr. Nach langen Leiden ist er abberufen worden vom Kampfplatze, auf dem er stets und immer als ein wackerer Held gekämpft hat. 
Simon Bloch war im Jahre 1809 zu Reichshofen im Elsass geboren, und ist vor wenigen Wochen im noch nicht vollendeten 70. Lebensjahre in Paris gestorben. Er war einem langlebigen Geschlechte entsprossen; sein Vater und sein Großvater hatten das hundertste Lebensjahr überschritten; er konnte daher wie unser Vater Jakob sagen, dass im Vergleiche zu seinen Voreltern seine Lebensjahre nur wenig waren; zu dem Wenigen konnte er auch und schlimmes hinzufügen; denn inmitten seines kampfreichen Lebens trafen ihn herbe Schicksalsschläge, wir wollen nur an den frühzeitigen Tod seiner geistvollen Tochter und Mitarbeiterin Julienne erinnern. Diese hochbegabte junge Dame, deren Herz für das wahrhafte Judentum im heiligen Feuer erglühte, hat im Univers Israélite eine ganze Reihe von Briefen 'lettres d'une Parisienne' veröffentlicht, die überall den lebhaftesten Beifall hervorriefen. In wahrhaft poetische Weise verstand sie es, die hohen Vorzüge unserer heiligen Religion zu schildern, und mit scharfer Satire wusste sie die schalen Reformversuche zu geißeln. Als die berühmte Tragödin Rachel Felix starb, hatte ein Pariser Schriftsteller in seinem Berichte über den Tod derselben, ein tadelndes Wort gegen 'die Jüdin' einfließen lassen. Da veröffentlichte Julienne Bloch einen geharnischten Brief an denselben, in welchem sie in begeisternder Weise das echte jüdische Weib schilderte; als eine
Reichshofen Alsace Israelit 16041879a.JPG (261758 Byte) Versammlung französischer Rabbiner sich zu Gunsten einiger sogenannter Reformen aussprach, da verstand es Julienne Bloch, in so feiner und anmutiger Weise diese Reformversuche ins Lächerliche zu ziehen, dass sie in der Tat nicht zu Ausführung gelangten. und dieses edle, hochbegabte Mädchen, der Stolz und die Freue des Vaterherzens, starb in der Blüte der Jugend. Der Vater musste sein geliebtes Kind, der Redakteur seinen besten Mitarbeiter missen!
Drei und dreißig Jahre lang hat S. Bloch in seiner Zeitschrift unablässig für das orthodoxe Judentum gekämpft; ihm hat er seine Stellung - er war ehedem Sekretär des Zentral-Konsistoriums - geopfert; für seine Überzeugung hat er unzählige Angriffe und persönliche Beleidigungen freudig und ergebungsvoll ertragen. Er war einer der geistreichsten und liebenswürdigsten Schriftsteller unserer Zeit, der Chateaubriand des Judentums. Seine Werke La foi d'Israel und La semeine Israélite, haben bleibenden Wert. Er schrieb ein mustergültiges Französisch, war ein tüchtiger Kenner von Bibel, Talmud und Midrasch und war auch vertraut mit den Klassikern der deutschen Literatur, die er oft zitierte. Sein Tod ist für das französische Judentum ein unersetzlicher Verlust.
Ja, unersetzlich! Wir müssen uns nunmehr einer uns überaus schmerzlichen Pflicht unterziehen, der wie uns, solange Simon Bloch- seine Ruhe sei Wonne - lebte, entzogen haben, wir müssen es aussprechen, dass der Univers Israélite seiner bisherigen Tendenz untreu geworden, ja noch schlimmer, unter dem Aushängeschilde der Orthodoxie Reformen befürwortet, welche Simon Bloch - seine Ruhe sei Wonne - sein ganzes Leben hindurch mit Geist und Energie auf das Entschiedenste bekämpft hat. Wir haben bisher davon geschwiegen, weil wir hofften, der erkrankte Redakteur würde genesen und die Redaktion seiner Zeitschrift wieder übernehmen; wir wollten ihn deshalb weder materiell schädigen noch ihm auf seinem Schmerzenslager Kummer bereiten; deshalb haben wir bis jetzt geschwiegen; nun aber bindet uns keine Rücksicht mehr.  
Seit einigen Monaten hat Herr L. Wogue, grand rabbin in partibus infidelium (Anmerkung: Oberrabbiner im Gebiete der Ungläubigen. Herr W. zeichnet nämlich grand rabbin [Oberrabbiner], da er aber in Paris, seinem Wohnorte, weder als Rabbiner noch als Oberrabbiner fungiert, so haben wir wohl sein Oberrabbinat irgendwo 'da hinten bei den Heiden' zu suchen. In der katholischen Kirche gibt es bekanntlich Bischöfe in partibus infidelium, im Gebiete der Ungläubigen) die Redaktion des 'Univers Israélite' übernommen. Die Zeitschrift trägt nach wie vor das Aushängeschild: Journal des principes conservateurs du Judaïsme = Zeitschrift für die erhaltenden Grundsätze des Judentums, und dennoch befürwortet Herr W. die Abschaffung der Piutum, die Einführung des dreijährigen Zyklus beim Tora-Vorlesen, die Einführung der Orgel in die Synagoge!!! Möge Herr W. sein imaginäres Oberrabbinat in China oder Hinter-Indien aufsuchen und dort solche jüdische Orthodoxie predigen. In Europa wirft man ihn zu den Reformrabbinern! - 
Und nun noch ein ernstes Wort an Herrn L. Bloch, den Sohn des Heimgegangenen und jetzigen Eigentümer des 'Univers Israélite'! Ein Sohn ehre den Vater, es soll der Sohn das Andenken seines Vaters ehren; deshalb möge derselbe sofort die Zeitschrift, die sein unvergesslicher Vater - seine Ruhe sei Wonne - begründet hat, den unpassenden Händen des Herrn W. Wogue, Oberrabbiner in partibus infidelium, entziehen und sie anderen, passenderen Händen übergeben. Sollte sich aber, was wir nicht fürchten wollen, keine passende Persönlichkeit finden, so wäre es besser, die Zeitschrift eingehen zu lassen; solange Herr L. Wogue in ihr seine destruktiven Tendenzen als orthodoxes Judentum ausgibt, wird das Andenken des edlen Kämpfers, der den 'Univers Israélite' 33 Jahre lang ruhmvoll geleitet hat, in unverantwortlicher Weise geschmäht, entgegen dem Worte der heiligen Schrift, das das lautet: 'das Andenken des Gerechten zum Segen ist'.

  
Zum Tod des Gastwirtes Moses Reh - "Opfer seines Edelmutes" (1901)  

Reichshofen Alsace Israelit 14011901.jpg (49505 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Januar 1901: "Reichshofen (Unter-Elsass), im Januar 1901. Vor einigen Monaten entstand hier in einem Gehöft ein Brand, wobei der Nachbar, der Gastwirt Moses Reh, mutig in den Stall eindrang, um das Vieh zu retten. Hierbei fiel ein Ziegelstein herunter und verwundete ihn nicht unerheblich am Kopfe. Seitdem kränkelte Reg und konnte nur selten sein Bett verlassen. Diese Woche nun stark er, ein Opfer seines Edelmutes, im Alter von nur 37 Jahren. Er hinterlässt eine Witwe mit drei kleinen Kindern, weit und breit betrauert als Opfer seiner edlen Tat".

    
Zum Tod von Süßmann Longini ( 1911)    

Reichshofen FrfIsrFambl 20101911r.jpg (37646 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. Oktober 1911: Straßburg. ... Der dieser Tage in Reichshofen verstorbene Süßmann Longini erreichte ein Alter von 94 Jahren. Den letzten Jom Kippur hatte er noch den ganzen Tag in der Synagoge verbracht und bis zum Schluss gefastet." 

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge               
    
Eine ältere Synagoge bestand in der Rue des Juifs. Es handelte sich um ein relativ kleines Gebäude an Stelle der heutigen "Backstub" der Boulangerie Krebs. Die alte Synagoge wurde 1862 durch ein Feuer zerstört. 
 
Eine neue Synagoge war bereits 1851 in der heute noch an sie erinnernden Rue de la Synagogue erbaut worden. Se wurde durch den Architekten Albert Haas in einem maurischen Stil erbaut. Während der deutschen Besatzungszeit im 2. Weltkrieg wurde die Synagoge von Nationalsozialisten geplündert. In ihr wurden bis in die 1960er-Jahre Gottesdienste abgehalten. 1967 wurde sie geschlossen.   
  
  
 
Adresse/Standort der Synagoge:    Rue de la Synagogue, 67110 Reichshoffen    
   
   

Fotos
(Fotos der Straßenschilder Hahn, Aufnahmedatum 13.5.2004) 

Die "Judegass"   Reichshoffen Rue des Juifs 100.jpg (45066 Byte) Reichshoffen Rue de la Synagogue 100.jpg (60729 Byte)
  In der Rue des Juifs (Judegass) 
befand sich die alte Synagoge, die 
1862 abbrannte.
Straßenschild der 
"Rue de la Synagogue"
    
       
Die Synagoge     
Reichshoffen Synagogue 051.jpg (23687 Byte) Reichshoffen Synagoge 050.jpg (23568 Byte)  Reichshoffen Synagogue 195.jpg (87832 Byte)
Fotos der Synagoge (Quelle: hier anklicken  Innenansicht aus Rothé/Warschawski S. 110 
   
Fotos des Synagogengebäudes von 2011 
(Fotos: Bernhard Kukatzki) 
   
Reichshoffen Synagoge BeKu 122.jpg (90749 Byte) Reichshoffen Synagoge BeKu 121.jpg (123693 Byte) Reichshoffen Synagoge BeKu 120.jpg (70744 Byte)
Ansicht 
von Osten  
Das Gebäude 
von Süden
Portalinschrift im Bogen aus Sprüche
 31,30:"eine Frau, die den Ewigen fürchtet,
 die werde gerühmt
", darüber "im Jahr
 (5)612" (= 1851/52)   
   
     

     
      

Links und Literatur  

Links: 

bulletAllgemeine Informationen zu Reichshoffen   
bulletFranzösische Informationsseite zur Synagoge in Reichshoffen: http://judaisme.sdv.fr/synagog/basrhin/r-z/reichsho.htm  
bulletSeite zur jüdischen Geschichte von Reichshoffen: "A Reichshoffen, le peuple Juif s'etait installé depuis plus de 500 ans!"  (Bernard Schmitt)  
bulletWeitere Seite "Histoire d'une famille juive de Reichshoffen, en 1939/45 (mai 2005)"  (Bernard Schmitt)     
bulletWeitere französische Informationsseite  
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof Gundershoffen, der auch Friedhof für Reichshoffen war (interner Link)  
bulletVerzeichnis des Ministère de la culture: hier anklicken 

Literatur:  

bullet

Alsace Lit 010.jpg (67412 Byte)Michel Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire. Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992.  S. 42.110.    

      
      


 
   
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Reichshoffen  Bas-Rhin dist.  A small community was established during the 19th century, inaugurating a synagogue in 1852. In 1936, the community consisted of 59 Jews. During worldwar II, they were expelled to the south of France together with the rest of Alsac-Lorraine Jews. During the war, the synagogue was looted.   
   
    

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge  

     

 

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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020