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in Stuttgart
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- Berichte zur orthodoxen
"Israelitischen Religionsgesellschaft" (interner
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- Berichte zu einzelnen Personen aus
der jüdischen Gemeinde (interner Link)
Stuttgart (Baden-Württemberg)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt
Hier: Berichte zu den Rabbinern, Lehrern und Kultusbeamten der Gemeinde
(Hauptgemeinde - ohne Rabbiner, Lehrer und Kultusbeamte der Israelitischen
Religionsgesellschaft)
sowie Berichte zur jüdischen Schule
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Stuttgart wurden in jüdischen Periodika
gefunden. .
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
Hinweis: ein Teil der Texte dieser Seite konnte noch
nicht abgeschrieben, die Artikel können jedoch durch Anklicken der
Textabbildungen gelesen werden.
Übersicht über die Rabbiner in Stuttgart:
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Literatur zur Rabbiner
Dr. Joseph von Maier:
Siegfried Däschler-Seiler: Auf dem Weg in die bürgerliche
Gesellschaft. Joseph Maier und die jüdische Volksschule
im Königreich Württemberg. Stuttgart 1997 |
Rabbiner Dr. Moses
von Wassermann; rechts sein
Grabstein im Pragfriedhof Stuttgart - israelitischer Teil;
Quelle der Abbildungen: Joachim Hahn. Pragfriedhof -
Israelitischer Teil. Stuttgart 1992. |
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Stadt- und Bezirksrabbiner (ab 1894 ein 1. Stadtrabbiner sowie ein 2. Stadtrabbiner und Bezirksrabbinat):
- 1832 bis 1873: Rabbiner Dr. Joseph von Maier (geb. 1798 in Laudenbach, gest. 1873 in Stuttgart):
lernte an der jüdische Hochschule in Fürth, 1815 bis 1818 Hauslehrer in Küps,
danach Aufenthalt in Mainz; 1824 Studium in Heidelberg; nach bestandener
Rabbinatsprüfung in Stuttgart 1827 zunächst Hausrabbiner bei Familie Kaulla in
Stuttgart und Aufenthalt an anderen Orten; seit 1831 im württembergischen
Staatsdienst (theologisches Mitglied bei der israelitischen
Oberkirchenbehörde); von 1832 bis 1873 Bezirksrabbiner in Stuttgart.
- 1874 bis 1892: Rabbiner Dr. Moses von Wassermann (geb. 1811 in
Gunzenhausen, gest. 1892 in Stuttgart): 1835 bis 1873 Rabbiner in Mühringen,
1874 bis 1892 Bezirksrabbiner in Stuttgart und theologisches Mitglied der
Oberkirchenbehörde, Kirchenrat.
- 1886 / 1894 bis 1919: Rabbiner Dr. David Stössel (geb.
1848 in Lackenbach in Ungarn, gest. 1919 in Stuttgart): zunächst Lehrer und
Prediger in Jung-Bunzlau, 1881 Hilfsgeistlicher und Religionslehrer; 1886 bis
1893 Rabbinats-Vikar in Stuttgart; 1894 bis 1919 2. Stadt- und Bezirksrabbiner
in Stuttgart, Kirchenrat.
- 1894 bis 1922: Rabbiner Dr. Theodor Kroner (geb. 1845 in
Dyhernfurth, gest. 1923 in Stuttgart): 1869 bis 1872 Seminardirektor in Münster
i.W., 1872 bis 1883 Rabbiner in Stadtlengsfeld; 1883 bis 1885 Rabbiner in
Erfurt; 1885 bis 1893 Seminardirektor in Hannover; 1894 bis 1922 1.
Stadtrabbiner n Stuttgart und theologisches Mitglied der Oberkirchenbehörde,
Oberkirchenrat.
- 1920 bis 1922: Rabbiner Dr. Arthur Rosenzweig (geb. 1883 in
Teplitz, Böhmen, gest. 1936 in Prag): studierte in Berlin und Heidelberg; 1909
bis 1919 Rabbiner in Aussig, Böhmen, im Ersten Weltkrieg Feldrabbiner; 1920 bis
1922 2. Stadtrabbiner und Bezirksrabbiner in Stuttgart; 1926 bis 1934 Rabbiner
in Schneidemühl und Bezirksrabbiner der Grenzmark (Posen-Westpreußen); 1934
Rabbiner der Alt Schul in Prag.
- 1922 bis 1936: Rabbiner Dr. Paul Rieger (geb. 1870 in Dresden,
gest. 1939 in Stuttgart): 1896 bis 1902 Rabbiner in Potsdam; 1902 bis 1916
Rabbiner in Hamburg; 1916 bis 1922 Rabbiner in Braunschweig; 1922 bis zur
Pensionierung 1936 1. Stadtrabbiner und theologisches Mitglied der
Oberkirchenbehörde beziehungsweise des Oberrates in Stuttgart.
- 1924 bis 1928 Rabbiner Dr. Julius Cohn (geb. 1878 in Graudenz,
Westpreußen, gest. 1940 in England): studierte in Berlin und Heidelberg; 1906
bis 1915 Religionslehrer und Hilfsprediger bei der jüdischen Gemeinde Berlin;
1915 bis 1919 Rabbiner in Hoppstädten - Landesrabbiner in Birkenfeld; 1919
Rabbiner und Religionslehrer in Karlsruhe; 1924 bis 1928 2. Stadtrabbiner und
Bezirksrabbiner; 1928 bis 1939 Bezirksrabbiner in Ulm.
- 1929 bis 1939: Rabbiner Dr. Heinemann Auerbach (geb. 1880 in
Konin, gest. 1957 in Los Angeles): Studium in Freiburg i.Br. und Breslau; 1908
bis 1911 Religionslehrer in Dresden; 1911 Rabbiner in Elbing, Westpreußen; 1924
bis 1928 Rabbiner in Göttingen; 1929 bis 1939 2. Stadtrabbiner und
Bezirksrabbiner in Stuttgart; November 1938 inhaftiert; 1939 in die USA
emigriert; 1940 bis 1942 Rabbiner in Saginaw; 1942 bis 1957 Rabbiner der Bnai
Brith-Loge in Los Angeles..
Rabbiner der Israelitischen Religionsgesellschaft:
Texte auf der Seite zur
Israelitischen Religionsgesellschaft.
- 1922 bis 1925: Rabbiner Dr. Jonas Ansbacher (geb. 1879 in
Nürnberg, gest. 1967 in London): studierte in Erlangen, Zürich, Frankfurt und
Gießen; zunächst Rabbiner in Labischin, Posen; 1911 Rabbiner der
Israelitischen Religionsgesellschaft in Heilbronn, 1922 bis 1925 Rabbiner der
Israelitischen Religionsgesellschaft in Stuttgart; 1926 bis 1938 Rabbiner der
Altisraelitischen Kultusgemeinde Wiesbaden; November 1938 Internierung im KZ
Buchenwald; 1939 nach England emigriert, 1941 bis 1955 Rabbiner in Hampstead,
London, danach Ruhestand.
- 1925 bis 1939: Rabbiner Dr. Simon Bamberger (geb. 1899 in Schrimm,
Posen, gest. 1957 in Bnei Brak, Israel): Studium in Berlin und Würzburg;
1924/25 Lehrer an der Talmud-Tora-Schule in Köln; 1925 Nachfolger Rabbiner der
Israelitischen Religionsgesellschaft in Stuttgart; November 1938 Internierung im
KZ Dachau; 1939 nach Palästina emigriert; ab 1943 Schulleiter in Bnei Brak und
Rabbiner an einer Synagoge ebd.
Übersicht über die Texte:
Berichte über die Rabbiner der
Gemeinde
Rabbiner Dr. Maier nimmt an der Synodal-Versammlung von Rabbinern in Wiesbaden
teil (1837)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Juli
1837: "Heidelberg, 14. Juni (1837). Gestern ist der Dr.
Maier, Rabbiner zu Stuttgart und geistliches Mitglied der
israelitischen Oberkirchenbehörde im Königreiche Württemberg, in
Begleitung der Rabbiner Bloch aus Buchau und Dr. Wassermann
aus Mühringen, hier durchgereist, um sich nach Wiesbaden zu begeben, wo nächsten
Sonntag eine Synodal-Versammlung von Rabbinen aus verschiedenen Teilen
Deutschlands ihren Anfang nehmen wird, und zwar auf Einladung des Dr.
Geiger, Rabbiners zu Wiesbaden, in der 'Wissenschaftlichen Zeitschrift
für jüdische Theologie.' Daselbst ist auch der Zweck dieses geistlichen
Frei-Konvents angegeben: Vorbereitendes Besprechen der wichtigsten Kultus-
und Reform-Anlegenheiten, um allen gerechten Wünschen entsprechen zu
können, wenn die Landesregierungen, aufgefordert von den israelitischen
Gemeinden, solche Synoden anordnen werden, um endlich eine Angelegenheit
zu schlichten, von welcher man bis jetzt noch hier und da die bürgerliche
Gleichstellung der Israeliten abhängig gemacht." |
Rabbiner Dr. Maier wird zum "Kirchenrat"
ernannt (1837)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. August
1837: "Stuttgart, 11. Juli (1837). Seine Majestät der
König haben vermöge höchster Entschließung vom 28. vorigen Monats den
bisher provisorisch bei der israelitischen Oberkirchenbehörde
angestellten Rabbiner von Stuttgart, Dr. Maier, definitiv zum
geistlichen Mitgliede dieser Behörde mit dem Titel eines 'Kirchenrats'
und dem Range in der siebenten Stufe der Staatsdiener ernannt."
|
Anmerkungen zu einem Prospekt für das neue Gebetbuch
von Rabbiner Dr. Maier (1848)
Anmerkung: der angezeigte Prospekt des Gebetbuches dürfte teilweise -
zumindest teilweise - dasselbe beinhaltet haben wie die Anzeige in der
"Allgemeinen Zeitung des Judentums" unten.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 20.
Februar 1848: "Aus Württemberg. Es liegt vor uns ein
Prospectus zu einem neuen Gebetbuches für die öffentliche und häusliche
Andacht der Israeliten, vom Kirchenrat Maier, Rabbiner, der über
das Unternehmen in folgender Weise sich äußert: 'Der Umschwung in der
religiösen Denk- und Anschauungsweise, welcher während der letzten
Jahrzehnte in der israelitischen Gemeinde stattgefunden, hat längst den
Wunsch nach Erbauungsmitteln rege gemacht, welche dem religiösen
Bewusstsein der Gegenwart entsprechen. Ist nun auch für die Privatandacht
manches geschehen, (?) so harret doch die Synagoge bis jetzt vergeblich
einer Gebetordnung, welche ihr die rechte Weihe und würde zu geben im Stande
wäre. Ein zeitgemäßer Gottesdienst ist ein so dringendes Bedürfnis der
Zeit, dass es vielleicht nciht zu viel behauptet sein dürfte, wenn man
sagt, es sei dadurch die Erhaltung der Religion bedingt. Diesem Mangel
abzuhelfen ist die Absicht des Buches, das hiermit angekündigt wird, auf
dessen Ausarbeitung der Verfasser seit einer Reihe von Jahren die Stunden
verwendet, welche ihm seine Berufsgeschäfte übrig gelassen.'
Von einem Prospectus lässt sich freilich keine größere Bestimmtheit in
der Darlegung und Begründung des Bedürfnisses der angekündigten Erscheinung
erwarten. Hoffen wir, dass der geachtete Verfasser, dessen Studien dem
liturgischen Gebiete mit besonderer Vorliebe sich hinzuneigen scheinen, in
der Einleitung über die so allgemein hingestellten Begriffe, wie:
'religiöses Bewusststein der Gegenwart', 'zeitgemäßer Gottesdienst',
'dringendes Bedürfnis der Zeit' etc. klarern Aufschluss geben und , was
die Hauptsache ist, diesen Bedürfnissen durch das neue Gebetbuch
Befriedigung verschaffen wird." |
Anzeige
des "Gebetbuches für die öffentliche und häusliche Andacht der
Israeliten" von Rabbiner Dr. Maier (1848)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. November
1848: "Soeben ist erschienen und durch alle soliden
Buchhandlungen zu beziehen:
Gebetbuch für die öffentliche und häusliche Andacht der
Israeliten
von Kirchenrat Maier, Rabbiner.
Der Umschwung in der religiösen Denk- und Anschauungsweise, welche
während der letzten Jahrzehnte in der israelitischen Gemeinde
stattgefunden, hat längst den Wunsch nach Erbauungsmitteln rege gemacht,
welche dem religiösen Bewusststein der Gegenwart entsprechen. Ist nun
auch für die Privatandacht Manches geschehen, so harret doch die Synagoge
bis jetzt vergeblich einer Gebetordnung, welche ihr die rechte Weihe und
Würde zu geben im Stande wäre. Ein zeitgemäßer Gottesdienst ist ein so
dringendes Bedürfnis der Zeit, dass es vielleicht nicht zu viel behauptet
sein dürfte, wenn man sagt, es sei dadurch die Erhaltung der Religion bei
dem heranwachsenden Geschlechte bedingt. Diesem Mangel abzuhelfen ist die
Absicht des Buches, das hiermit angekündigt wird, auf dessen Ausarbeitung
der Verfasser seit einer Reihe von Jahren die besseren Stunden verwendet,
welche ihm seine Berufsgeschäfte übrig lassen. Ob es ihm gelungen ist,
das Bedürfnis allseitig zu befriedigen, darüber werden kompetente
Stimmen entscheiden, wozu aber nach Ansicht des Verfassers nicht sowohl
die Kritiker vom Fach als vielmehr die Gemeinden selber gehören. Diesen
Gelegenheit zu geben, sich über dieses Buch auszusprechen, ist zunächst
der Zweck dieser ersten Ausgabe, die von keinem größeren Umfange sein
wird, als gerade zu diesem Zwecke nötig ist. Die Verlagshandlung, welche
bei einer Auflage von ganz geringer Anzahl und bei einem so niedern
Preise, wie er hier gestellt ist, auf einen gewinn nicht rechnen kann,
wünscht wenigstens die Druckkosten gedeckt zu sehen, zu welchem Behufe
sie den Weg der Subskription betritt. Sie zweifelt umso weniger an einer
hinlänglichen Unterstützung des Unternehmens, als der Name des
Verfassers für den Wert des Buches bürgt.
Subskriptionspreis: auf fein Velinpapier fl. 1 48 kr. auf
feinst Velinpapier fl. 2. 24 kr
bei allen soliden Buchhandlungen.
Königliche Hofbuchdruckerei Zu Guttenberg in Stuttgart."
|
Publikation von Rabbiner Dr. Maier
(1853)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. April
1853: "In literarischer Beziehung ist auf speziell
jüdischem Gebiete vom Kirchenrat Dr. Maier die Fortsetzung
seiner jüdischen Ehegesetze im Jahrgang 1852 der Sarvey'schen
Monatsschrift für Rechtspflege erschienen. Für Württemberg haben
diese Blätter legislatorische Autorität, und diese Darstellung des
jüdischen Eherechts ist für den Richterstand Württembergs eine sehr
beeignete Belehrung. Der gelehrte Herr Verfasser hat natürlich hier mehr
als Kompilator unzugängliche Quellen populär gemacht. Die kritische
Beurteilung dieser Arbeit bleibt Männern vom Fache
überlassen." |
25-jähriges
Amtsjubiläum von Rabbiner Dr. Maier in Stuttgart (1860)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 14. Februar 1860: |
Ein
Porträt des Kirchenrates Rabbiner Dr. Maier ist erschienen (1860)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 5. Juni 1860: |
Kritisches zur Einführung der Stuttgarter Gottesdienstordnung
in den württembergischen Gemeinden (1861)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 24. September 1861: "Die Gemeinden Württembergs sind durch die
Rabbinate zur Erklärung aufgefordert worden, ob sie die neue
Gottesdienstordnung von Stuttgart für ihre Synagogen adoptieren wollen.
Allein abgesehen von den Kosten, ist nicht jede Synagoge zur Aufnahme
einer Orgel geeignet. Auch ist die Gemeinde durch fragliche
Gottesdienstweise nahezu mundtot gemacht, da Rabbiner, Vorsänger und
Orgel meistens allein in Aktivität sind, während die Gemeindemitglieder
meistens unbeteiligt erscheinen. Die Einteilung des Schmona-Esra-Gebets
(18-Bitten-Gebet), aus welchem die mittleren Benediktionen zur stillen
Andacht degradiert sind, die dreijährige Zyklus in der Weise, wie er in
Stuttgart beliebt wurde, will selbst manchem Cannstatter Badegast nicht
recht goutieren (= gefallen), da nach diesem Zyklus jede Perikope in drei
Teile geteilt, und in je drei Jahren ein Teil durchgelesen werden soll.
Man hat also am Simchas-Thora jeden Jahres nicht einen dritten Teil der
Tora, sondern den dritten Teil zu einer Sidra gelesen.
W." |
vgl. weitere Berichte auf der Seite zur
Synagoge Stuttgart |
Kritisches
zum Erscheinen des zweiten Teiles des neuen Stuttgarter Gebetbuches (1862)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Dezember
1862: "Der zweite Teil der neuen Stuttgarter Tefilla ist
jetzt auch erschienen und wurde an den jüngsten Feiertagen schon
benutzt (Anmerkung: Wir hören, dass wieder neue Orgeln in den
Synagogen Württembergs erbaut werden; ihre süßen Töne werden die
Gewissen in sanften SChlaf lullen und die mahnende Wächterstimme wird
verhallen). Der Verfasser gleicht dem Kronos, der seine eigenen Kinder
verschlingt. Im Jahre 1837 wurde das Gesangbuch zur öffentlichen und
häuslichen Gottesversehrung der Israeliten im Königreich Württemberg
herausgegeben; zwei Jahre darauf folge die Gottesdienst-Ordnung für
die Synagogen; 1848 erschien: Israelitisches Gebet- und
Andachtsbuch zum Gebrauche bei der häuslichen und öffentlichen
Gottes-Verehrung. Wir führen eine Stelle aus der Vorrede zu jenem
Andachtsbuche wörtlich an: 'Über eine andere Modifikation, das Dogma von
der Erlösung betreffend, glaube ich mich besonders aussprechen zu
müssen. Bekanntlich herrscht über die Lehre von der endgültigen
Erlösung (Geula acharona) unter den Lehrern der Synagoge keine
völlige Übereinstimmung, und die Ansichten eines Saadia und Albo
unterscheiden sich wesentlich von denen des Maimonides. Die
Auffassungsweise des letztern ist indessen orthodoxe Lehre in der Synagoge
geworden und auch bis auf die neueste Zeit geblieben. Die
wiedererwachte Bibelforschung und noch mehr die glückliche Änderung in
der bürgerlichen Stellung der Israeliten haben neuerdings wieder eine
Verschiedenheit der Meinungen hinsichtlich dieser Lehre bewirkt, sodass es
heutzutage viele fromme und rechtgläubige Israeliten - ?? - gibt,
welche die Erlösung nur in einem geistigen Sinne auffassen und darunter
den Sieg und die Ausbreitung der wahren Religion (acharona -
endgültig) eines Gottesreichs - Malchut Schaddai - und
die Herrschaft der Gerechtigkeit und Wahrheit verstehen'.
Diesem neuen Dogma zu lieb ist die 1848er Tefilla geschrieben. 1861
wurde sie in Zweiter Ausgabe ausgeboten. Doch noch in demselben Jahre
erschien die neueste Tefila bei einem neuen Verleger. Fünf Kinder hat
Kronos verschlungen; der Stuttgarter Gebets- und Andachtsbuchfabrikant hat
erst vier verehrt; doch bei seiner nüchternen Lebensweise und seinem
gesunden Appetit kann er den Kronos noch übertreffen. Das Gesangbuch
nennt er selbst in der allerneuesten Vorrade einen Missgriff; die
Gottesdienst-Ordnung von 1838 ist faktisch aufgebogen; den beiden
Gebetbüchern bei Hallberger hat der Verfasser sein neuestes, bei Metzler
entgegengestellt. Wo ist hier die Konsequenz? - Ist das Judentum ein
Versuchsfeld für reformatorische |
Gelüste,
oder gar für schriftstellerische Versuche? - In Württemberg wohnen
10.000 Juden; die Mehrzahl ist mit diesen Versuchen nicht einverstanden,
wie kann die Behörde solche billigen, ohne sich zu vergewissern, dass sie
im Sinne der Israeliten des Landes handelt? Freilich wird man erwidern,
man drängt keiner Gemeinde die neuen Gebetbücher auf. Aber man wirft
einen Zwiespalt ins Judentum, man schafft Sekten, die bis jetzt im
Judentume nicht bestanden. - Die Reformer mit offenem Visier sind ehrlich,
bekennen offen, was sie wollen, sie sind Rationalisten, aber diejenigen,
die von der wiedererwachten Bibelforschung reden, von frommen und
rechtgläubigen Israeliten, die an keinen Maschiach (Messias)
glauben, was lässt sich von ihnen sagen?" |
Auszeichnung von Rabbiner Dr. Maier mit dem
persönlichen Adel (1867)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24.
Juli 1867: "Stuttgart. Vermöge höchster Entschließung
vom 25. Juni dieses Jahres haben Seine Königliche Majestät dem Kirchenrat
Dr. Maier bei der israelitischen Oberkirchenbehörde (bekanntlich
zugleich Bezirksrabbiner hier) das Ritterkreuz Höchst Ihres Kronordens
gnädigst verliehen, womit der persönliche Adel verbunden ist. Das
Ritterkreuz des Friedrichsordens trägt er schon seit längerer Zeit. So
hat es denn der noch rüstige 72-jährige Greis im Dienste seiner Kirche
bis zum Doppelkreuz gebracht - ein seltener Schmuck eines Rabbiners!"
|
Zum Tod von Rabbiner Dr. Joseph von Maier
(1873)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. September
1873: "Ich habe Ihnen die Trauerkunde mitzuteilen, dass gestern
Abend Herr Rabbiner und Kirchenrat Dr. Joseph von Maier nach
zurückgelegtem 76. Lebensjahre nach nur eintägiger Krankheit sanft
verschieden ist. Wer die edle Persönlichkeit dieses wissensreichen und
begabten Mannes kannte, und seine große Wirksamkeit, namentlich als
geistliches Mitglied des württembergischen israelitischen
Oberkirchenrates erwägt, wird den großen Verlust ermessen, den wir durch
das Hinscheiden Maier's erleiden. Die hohe Achtung, die er genoss, und
zwar in allen Kreisen, und welche sein König durch die Verleihung
des Ordens, der zugleich in den persönlichen Adelsstand erhebt, bezeugte,
sowie, dass seine Kollegen ihn im Jahre 1841 zum Präsidenten der ersten Rabbinerversammlung
zu Braunschweig erwählten, wird dieser Kunde eine allgemeine Teilnahme
erwirken. Weitere biographische Mitteilung behalten wir uns
vor." |
Über eine Predigt von Rabbiner Dr. Wassermann zu Sukkot
(1875)
Anmerkung: der Artikel ist von einem konservativ-orthodox geprägten
Gemeindeglied verfasst und in der konservativ-orthodoxen Zeitschrift "Der
Israelit" erschienen.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27.
Oktober 1875: "Stuttgart. Es dürfte Sie, sowie die Leser
ihres geschätzten Blattes interessieren, einiges über eine Predigt zu
erfahren, die Herr Kirchenrat Dr. Wassermann am ersten Tage von Sukkot
(Laubhüttenfest) gehalten, und die bei Allen, die ich darüber gehört.
peinliches Aufsehen und Entrüstung hervorgerufen. Nach einer geeigneten
geistreichen Einleitung fährt der geehrte Rabbiner fort:
'Von Allen, die hier versammelt sind, hat wohl nicht Einer eine Sukka
(Laubhütte) (Anmerkung: diese Behauptung ist nicht einmal richtig).'
Um jedoch die etwaigen Gewissensbisse seiner Zuhörer über diese totale
Sukkohlosigkeit zu beschwichtigen, führt der hochwürdige Herr mit
großer Gelehrsamkeit aus, dass in unserer Zeit das Daran-Denken an
den Grund, Zweck und Bedeutung der Sukka und des Sukkot-Festes
vollkommen genüge, und bringt noch ferner als unumstößlichen Beweis der
Entbehrlichkeit einer Sukka den frommen König David, der seine
herrlichen Psalmen in seinem Palaste gesungen; auch zur Zeit des
babylonischen Exils sei die ganze Sukkot-Feier Jahrhunderte lang in
Vergessenheit geraten und erst von Esra wieder eingeführt
worden.
Noch schlimmer als die 'denkbare' Sukka ist der arme Feststrauß (vier
Arten) weggekommen; hierüber lässt sich der Herr Rabbiner etwa
folgendermaßen aus:
'Es gibt noch manche, die sich mit großen Kosten einen solchen
Feststrauß verschaffen, in der Meinung, hierdurch ein löbliches Werk zu
vollbringen', a
ber diese Verblendeten wissen nicht, haben vielleicht keine Ahnung davon,
dass sie nach der Behauptung des Herrn Dr. Wassermann, Rabbiner und
Oberkirchenrat zu Stuttgart, durch solches Gebaren, d.h. durch das Nehmen
und Tragen eines solchen Feststraußes, eher dazu beitragen, das Judentum
und die jüdische Religion zur Karikatur herabzuwürdigen, ja in den
Kot zu ziehen, lächerlich und gemein zu machen!
Wie dieser würdige Vorkämpfer der jüdischen Religion es mit seinen
ausgesprochenen Ansichten vereinbart, selbst mit einem solchen
Feststrauß in den Händen in der Synagoge zu erscheinen, darüber ist uns
der hochwürdige Herr die Erklärung schuldig geblieben; aber es beweist
dies jedenfalls, dass das logische Verfahren des Herrn Dr. Wassermann
nicht hinter seiner klassischen Predigt zurücksteht.
(Und noch immer keine Trennung in Württemberg? Noch immer eine
Gesetzgebung, die das ganze Württembergische Judentum einem solchen -
Kirchenrat unterstellt? Ihr Schläfer, wann, wann werdet Ihr erwachen? Was
ist gegen diese Wasser-(Mann-)Predigt des verstorbenen Maier
Stuttgart-Jerusalem? - Red.)." |
Rabbiner Dr. Wassermann erhält den persönlichen Adel
(1883)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. März 1883:
"Aus Württemberg, 6. März (1883). Am heutigen Geburtsfeste
unseres geliebten Landesvaters erhielt Kirchenrat Dr. Wassermann
das Ritterkreuz 2. Klasse der Württembergischen Krone, womit der persönliche
Adel verbunden ist. Das heutige Landesfest wurde in sämtlichen
Synagogen durch Gottesdienst und Predigt über Psalm 31,17
gefeiert." |
50-jähriges Amtsjubiläum von Rabbiner Dr.
von Wassermann
(1884)
Anmerkung: der Bericht ist aus orthodox-konservativer Sicht sehr kritisch
geschrieben.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
10. November 1884: "Stuttgart, 4. November (1884). Vor
Kurzem wurde das 50-jährige Amtsjubiläum des Herrn Kirchenrats Dr.
Wassermann dahier in hochfestlicher Weise begangen. Die Teilnahme des
Kultministers Dr. von Geßler und anderer hervorragender Christen am
Gottesdienste legte einen schönen Beweis davon ab, dass Württemberg sich
des konfessionellen Friedens in hohem Maße erfreut. Dem Gottesdienste
wohnten aber auch Israeliten an, die man sonst in demselben kaum an den
höchsten Festtagen erblickt - die Mitglieder der sattsam bekannten
israelitischen Oberkirchenbehörde, Rechtsanwalt Dr. Schmal, die Bankiers
von Pflaum und Benzinger, letzterer vielleicht aus Dankbarkeit gegen den
Herrn Jubilar, auf dessen Vorschlag Herr Benzinger, so indifferent er auch
dem Judentum gegenüber stand, ins ehrwürdige Kollegium berufen
wurde.
Herrn Dr. Wassermann wurde seitens Seiner Majestät des Königs der
Kronenorden verliehen, mit dem der persönliche Adel verbunden ist. Dem
Herrn Jubilar wurden an diesem Tage Verdienste nachgerühmt, welche er in
seiner hervorragenden Stellung, die er im württembergischen Judentum
einnimmt, sich erworben haben könnte, aber sich nicht erworben hat.
Alle Weilt weiß, dass sich das württembergische Judentum, welches unter
Dr. Maier sehr zurückgegangen, unter Wassermanns Oberleitung in keiner
Weise gehoben hat. Insolange das veraltete Institut der
Oberkirchenbehörde besteht, ist von einem Aufschwung des
württembergischen Judentums keine Rede.
Dem Jubiläum Wassermanns folgen demnächst die Jubiläen der Herrn Kantor
Eichberg und Kirchenpfleger Stern, ebenfalls zwei württembergische
Kirchenlichter im Wassermannschen Sinne. Was Wunder, wenn des großen
Philanthropen Montefiore 100. Geburtstag in der Hauptsynagoge
dahier so gut wie ohne Feier blieb. Neben den Großgeistern Wassermann,
Eichberg, Stern kann Montefiore nicht bestehen. Im orthodoxen Betsaale
dagegen fand ein feierliche Gottesdienst statt; auch erhielt Montefiore
von einer Anzahl hiesiger Gemeindegenossen auf Veranlassung des Herrn S.
D. Nördlinger hier ein Glückwunschtelegramm". |
Kritischer Nachruf auf Rabbiner Dr. von Wassermann -
aus orthodoxer Sicht (1892)
Anmerkung: Dieser Nachruf erschien in der orthodox-konservativen Zeitschrift
"Der Israelit". Eine sehr gute Beurteilung der Rolle Wassermanns in
dem Prozess gegen Professor Dr. Rohling findet sich in dem Artikel unten von
1911.
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
20. Oktober 1892: "Die letzte 'Tat' des verstorbenen Kirchenrat
Dr. von Wassermann, Rabbiner von Stuttgart.
Mainz, 19. Oktober (1892). De mortuis nil nisi bene, besagt ein altes
lateinisches Sprichwort, d.h. auf deutsch ungefähr, dass sobald jemand
einmal tot ist, man über seine schlimmen Taten den Mantel der Liebe
decken und nur noch seiner Verdienste Erwähnung tun soll. Aber wie keine
Regel ohne Ausnahme und wie ein Sprichwort nicht für alle Fälle
Gültigkeit haben kann, so ist es auch in dem vorliegenden Falle leider
nicht möglich, bei dem gestern Abend aus dem Leben Geschiedenen die
Nachsicht walten zu lassen, die man sonst an frischen Grabeshügeln zu
üben pflegt. Die Pflicht der Selbsterhaltung, die Pflicht, die wir der
Würde und dem Ansehen des Judentums schulden, gestattet uns nicht zu
schweigen. Wir müssen vielmehr gegen eine Tat, die Herr Wassermann sieben
Tage vor seinem Tode vor dem Schwurgerichte in Ulm begangen, auf das
Lebhafteste protestieren.
Das Schwurgerichte zu Ulm verhandelte am 11. dieses Monats die Anklage
gegen die Ulmer Schnellpost beziehungsweise deren Redakteur Hans Kleemann
wegen Beschimpfung der israelitischen Religionsgemeinschaft, verübt durch
die Aufnahme einer Reihe von Artikeln über jüdische Sittenlehre auf
Grund des Talmud. Die der Anklage zugrunde liegenden Sätze in der
Schnellpost lauten: 'So gemein, so gefährlich hatte man sich die
Religions- und Sittenlehre der neu gewonnenen Mitbürger doch nicht
gedacht.' - 'Wenn es schon eine sittliche sehr tiefstehende Menschenrasse
sein muss, bei welcher ein 'Talmud' das 'Heilige Buch' für die obersten
Grund- und Glaubenssätze in Religion und Moral werden konnte...' -
wodurch es nach der Anklage seine Verachtung gegen die israelitische
Religionsgesellschaft in der Form einer groben, das religiöse Gefühl der
Angehörigen dieser Gesellschaft verletzenden Schmähung kund gab. Als
Sachverständige waren beigezogen Pfarrer Bressel aus Cannstatt,
Kirchenrat Dr. Wassermann aus Stuttgart und Dr. Ecker aus Trier. Letzterer
hat es jedoch abgelehnt, ein Gutachten abzugeben.
Über seine persönlichen Verhältnisse gefragt, gibt der Angeklagte an,
er sei wegen Beleidigung durch die Presse zweimal vorbestraft, sei
evangelischer Theologe und habe im Jahre 1887 das erste Dienstexamen
gemacht; hierauf sei er nach Spanien, wo er als Vikar Dienste geleistet
habe, und seit 3 Jahren sei er Redakteur der Ulmer Schnellpost. Über die
Anklage gehört, gibt der Angeklagte an: er habe die Artikel, die ihn auf
die Anklagebank führten, verfasst. Im Verlauf des Kampfes, der sich
zwischen der Schnellpost und dem Judentum entsponnen, sei es ihm angezeigt
erschienen, über den Talmud zu schreiben, über den schon vieles
geschrieben worden sei; der Talmud sei ein Buch, das nach seiner Meinung
zu verachten sei. Er habe sich bei Verfassung der Artikel an ein Werk des
Professors Dr. Rohling gehalten, welcher den Talmud übersetzt habe, und
wenn das wahr sei, was in dem Talmud stehe, habe er sich für berechtigt
gehalten, zu sagen 'so gemein und so gefährlich'.
Der Angeklagte wurde durch die Geschworenen freigesprochen.
Die uns vorliegende Jagst-Zeitung vom 14. Oktober teilt nach den Ul.B. die
Aussagen des Kirchenrats Dr. Wassermann im Auszuge mit. Wenn dieselben
richtig wiedergegeben sind, so wird man das freisprechende Urteil der
Geschworenen begreiflich finden.
Der Himmel mag dem soeben entschlafenen Dr. Wassermann verzeihen, aber
auch den Talmud vor Freunden und Verteidigern von dem Schlage des Kirchenrats
schützen; mit seinen Feinden wird der Talmud schon fertig
werden.
Nach dem uns vorliegenden Zeitungsbericht hat Herr Dr. Wassermann vor
Gericht unter anderem deponiert: 'Die Logik des Talmud sei nicht so fest,
wie seine Moral, er enthalte viele abergläubische Sachen, Vorschriften
für Arzneien, über Zauberei usw.' Wenn Vorschriften für Arzneien
unter die abergläubischen Sachen zählen, dann befindet sich der Talmud
mit unseren Ärzten und Pharmazeuten in guter Gesellschaft. Dass es eine
Zauberei seit undenklichen Zeiten gegeben hat, wird kein
geschichtskundiger Mensch in Abrede stellen. Wäre dies nicht der Fall, so
würde die Bibel nicht an verschiedenen Stellen dagegen eifern. Da die
Bibel die Beschäftigung von Tauberei mit Todesstrafe belegt, der Talmud
aber die Auslegung des biblischen Gesetzes nach Herrn Dr. Wassermanns
eigener Angabe ist, so kann der Talmud schlechterdings das nicht lehren
und gar empfehlen, ohne sich mit sich selbst in Widerspruch zu setzen. Da
aber die Bestrafung von Zauberei einen Teil der jüdischen Gerichtsbarkeit
bildet, so mussten die jüdischen gesetzeskundigen auch mit dieser
Afterwissenschaft vertaut sein. Damit erklärt sich die Rücksichtnahme
auf Zauberei und Zauberer im Talmud. Es gilt somit der Bekämpfung des
Aberglaubens, nicht seiner Kultivierung.
Ferner sagte Herr Wassermann: 'Sobald die Juden in das Kulturleben anderer
Nationen eingetreten seien, sei der frühere Einfluss des Talmud verloren
gegangen; der Schulchan Aruch besitze keine Autorität.'
Der Schulchan Aruch muss seine Autorität bei Herrn Kirchenrat Dr.
Wassermann erst in den jüngsten Dezennien verloren haben. Im Jahre 1870 stellte
er bei der Augsburger Synode noch den Antrag, den Schulchan Aruch
abzuschaffen. (Verhandlungen der zweiten Israelitischen Synode zu
Augsburg. Berlin. Gerschel 1873. Seite 159). Ein Buch, das keine
Autorität besitz, verlohnt doch die Mühe des Abschaffens nicht. Die
Herren Synodalen haben damals Herrn Dr. Wassermann so einhellig
heimgeleuchtet, dass er es vorzog, seinen Antrag wieder zurückzunehmen.
(ibid. Seite 169). Wenn Herr Dr. Wassermann die damaligen |
Reden
seiner Gegner durchgelesen hätte, so würde er gefunden haben, dass sie
auch über den Einfluss des Talmud anders dachten, als er hier zu
Protokoll gab. - Ein Rabbiner Wassermann, der mit solcher Unverfrorenheit
noch kurz vor seinem Tode an dem Ast sägte, der ihn trug, hat sich selber
gerichtet. Er erinnert an das Wort von Zunz, das sich in seinem
Briefwechsel mit Geiger findet: 'Das Schimpfen auf den Talmud, ist der
erste Schritt zur Apostasie.'
'Es gebe wohl Geheimbücher, aber Zeuge kennt sie nicht; es werden darin
Götzendienste und Zauberei gelehrt.'
Wie kann man in solcher Weise über Bücher sprechen, die man
zugestandenermaßen nicht kennt? Die Titel dieser Bücher hätte Herr Kirchenrat
Dr. Wassermann doch wenigstens nennen müssen, damit diese neue Entdeckung
nicht Gefahr läuft, als eine Verlästerung des Judentums öffentlich
gebrandmarkt zu werden, die einem Rohling alle Ehre machen
würde!
Man sieht, wohin der fanatische Hass gegen das überlieferte Judentum
nicht nur bei den Antisemiten, sondern noch mehr bei Leuten vom Schlage
solcher Verteidiger führt. Auch dem Blindesten muss die Wahrheit
endlich einleuchten:
Man kann nicht in Synoden und Rabbinerversammlungen, auf der Kanzel und
im täglichen Leben unsere heiligen Urkunden mit Hohn und Verachtung
überschütten, und sie dann vor dem Forum eines nichtjüdischen Gerichtes
verteidigen. Wenn es einen Milderungsgrund für die Beurteilung unserer
Antisemiten gibt, so ist es das Leben und Treiben von Verteidigern des
Talmud von dem Kaliber des Kirchenrats Dr. Wassermann in
Stuttgart.
Welchen Sturm der Entrüstung die Aussage des Herrn Wassermann in ganz
Württemberg hervorgerufen, dafür bürgt noch folgende uns aus Stuttgart
zugegangene Notiz:
Die antisemitische 'Ulmer Schnellpost', angeklagt wegen ihres Artikels
'der Talmud', einem aus Rohlings 'Der Talmudjude' entnommenen Abklatsch,
hat einen merkwürdigen Verteidiger gefunden. Denn anders kann man
wohl die Aussage des israelitischen Kirchenrates Dr. von Wassermann,
ersten Rabbiners des Landes, nicht bezeichnen, als eine Rechtfertigung des
Angeklagten.
Herr Dr. von Wassermann gab nämlich folgendes Urteil über den Talmud ab:
In demselben sei von allem Möglichen die Rede; das Buch sei eigenartig,
aber ganz und gar nicht bösartig; seine Logik sei sehr anfechtbar, die
Tendenz nicht. Der Talmud habe seine Bedeutung zu 3/4 verloren. Die
Israeliten haben, als sie in die gleichen Rechte wie die anderen
Staatsbürger eingewiesen worden seien, eingesehen, dass sie mit dem
Talmud brechen müssen.
Natürlich wurde der Angeklagte hierauf freigesprochen.
Der Verteidiger des Angeklagten stellte vor der Verhandlung den Antrag,
den Kirchenrat Dr. von Wassermann als Sachverständigen nicht zu
vernehmen, da derselbe in dieser Sache befangen sei.
Eine solche Unbefangenheit des ersten Rabbinen des Landes, welcher
die bestehende israelitische Religionsgesellschaft in Württemberg vor
Beschimpfung und Verachtung, die in dem Artikel der 'Ulmer Schnellpost'
nach der Anklage enthalten waren, rechtfertigen sollte; eine solche
Unbefangenheit hatte weder der Gerichtshof, noch weniger aber der
Verteidiger des Angeklagten erwartet und erhofft.
Der Herr Dr. von Wassermann bekannte zwar offenherzig: 'Der Talmud sei
nicht bösartig; seine Logik aber sei sehr anfechtbar.' Die Logik des
Herrn Sachverständigen scheint aber auch nicht so ganz taktfest gewesen
zu sein. Wenn wenn sich die bürgerliche Gleichstellung der Juden nicht
mit dem Talmud vereinbaren lässt, und die Israeliten (Württembergs?)
eingesehen haben, sie müssten mit dem Talmud deshalb brechen, so muss der
Talmud doch bösartiger Natur sein.
Wie werden die Antisemiten jubeln über dieses sonderbare, wohl einzig
dastehende Gutachten eines Rabbiners. Aber vielleicht hat auch dieses sein
Gutes gehabt! Vielleicht entschließt sich die israelitische
Kultusbehörde Württembergs in Folge der Erfahrungen der jüngsten Zeit
an Stelle des verstorbenen Herrn Wassermann ein Mitglied zu optieren, das
etwas besser über die Werke unserer Weisen - seligen Andenkens -
denkt." |
Zum Tod von Rabbiner Dr. von Wassermann
(1892)
Anmerkung: Dieser Nachruf erschien in der liberalen "Allgemeinen Zeitung
des Judentums".
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 28. Oktober 1892: "Stuttgart, 23. Oktober
(1892). Ganz unerwartet ist am 18. dieses Monats, abends um 10 1/2 Uhr, Kirchenrat
Dr. von Wassermann an einer Herzlähmung gestorben, nachdem er noch im
Laufe des Tages seine gewohnten Berufsgeschäfte erledigt hatte. Der
Verstorbene war eine jener Naturen, die durch ihr mildes, versöhnliches
Wesen und durch ihr reiches, gründliches Wissen Jedermann Achtung
abnötigten und bei Angehörigen aller religiösen Anschauungen
Anerkennung und Verehrung fanden. Moses Wassermann wurde am 15. Juli 1811
in Ansbach geboren, wo sein Vater
Privatlehrer war; in seiner Jugend erhielt er den ersten Unterricht durch
Professor Dr. Ludwig Feuerbach, dessen Lieblingsschüler er war. Infolge
der Berufung des Vaters als Rabbiner nach Laupheim
kam der Knabe auf das Ulmer Gymnasium, nach dessen Absolvierung er die
Universität Würzburg und später die von Tübingen besuchte. 1832
promovierte er an der letzteren als Dr. phil. mit einer Dissertation
'Über die Kategorien'. 1882 wurde das Diplom honoris causa erneuert.
Nachdem Wassermann 1834 das erste Staatsexamen mit Auszeichnung bestanden
hatte, wurde ihm die Verwesung des Rabbinats Mergentheim
übertragen: von da kam er als Rabbiner nach Mühringen,
Oberamt Horb, wo er 36 Jahre lang segensreich seines Amtes waltete. Seit
1873 ist der nunmehr Entschlafene in Stuttgart mit unermüdlichem Eifer
tätig gewesen: er wurde damals der Nachfolger des Kirchenrats Dr. Maier
und hat sich in dieser Zeit große Sympathien hier erworben: seine
literarische Tätigkeit verschaffte ihm einen angesehenen Namen in der
Gelehrtenwelt. Als eine eigentümliche Fügung muss es bezeichnet werden,
dass er gerade an dem Tage starb, an welchem er vor acht Jahren sein
50-jähriges Dienstjubiläum feierte. Der Jubilar wurde damals durch eine
Ordensverleihung seitens des Königs Karl ausgezeichnet. Eine neue
Ordensauszeichnung, das Ehrenritterkreuz des Ordens der Württembergischen
Krone, wurde dem Verstorbenen im Jahre 1889 verliehen. Auch der 80.
Geburtstag im Juli des vorigen Jahres bot Veranlassung, den bei allen
Konfessionen hoch geachteten Mann in sinnigster Weise zu ehren. - Das
feierliche Leichenbegängnis fand am 21. dieses Monats statt. Zöglinge
des Waisenhauses
'Wilhelmspflege' in Esslingen eröffneten den Zug; eine zahllose
Wagenreihe beschloss denselben. Das Grab umstanden der Staatsminister des
Kirchen- und Schulwesens Dr. von Sarwey, der Kultusministerialdirektor und
Vorstand der israelitischen Oberkirchenbehörde von Finckh, Stadtdirektor
Regierungsrat Klaiber, der Amtsverweser des Stadtvorstands Dr. Schall mit
zahlreichen Mitgliedern der bürgerlichen Kollegien, die Armendeputation
des Gemeinderats, der der Verstorbene als fleißiges Mitglied angehört
hatte, Vertreter der Geistlichkeit der evangelischen und katholischen
Konfession, die Vorstände mehrerer höherer Lehranstalten und hiesiger
Vereine, zahlreiche Rabbiner des Landes und Mitglieder des israelitischen
Lehrervereins usw. Nachdem der Synagogen-Männerchor die Grabesfeier mit
einem hebräischen Grabgesang eröffnet hatte, hielt Rabbiner Stössel (nicht:
Stötzel) von hier die Gedächtnisrede. Nach dem Geistlichen legte
Kultusministerialdirektor von Finckh namens der israelitischen
Oberkirchenbehörde einen Lorbeerkranz auf das frische Grab und rief dem
verewigten Kollegen Worte des Abschieds nach. Noch sprachen und legten
Kränze nieder Rabbiner Herz von Göppingen
namens der Rabbiner des Landes, Privatier Goldschmidt, Vorstand der Wilhelmspflege
Esslingen, namens dieser, Fabrikant Esslinger hier namens der hiesigen
israelitischen Wohltätigkeitsvereine, Lehrer Stern namens der
israelitischen Lehrer des Landes. Die sehr umfangreiche Feier schloss mit
dem von Chor gesungenen und einem Posaunendoppelquartett der Prem'schen
Kapelle begleiteten Chorale 'Seele, was betrübst du dich!'". |
Zum
100. Geburtstag des 1892 verstorbenen Rabbiners Dr. von Wassermann (1911)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. Juli
1911: "Zum Andenken an den Kirchenrat Dr. Moses von
Wassermann. Von Dr. Adolph Kohut. Ein geadelter jüdischer
Kirchenrat! ... Das klingt wie ein Märchen aus alten Zeiten. wir haben
geadelte und baronisierte jüdische Bankiers, Großgrund- und
Rittergutsbesitzer, wir haben Rabbiner mit dem Professorentitel, aber die
Erhebung eines Rabbiners in den Adelsstand grenzt an ein Wunder und doch
gab es in der guten alten Zeit derartige anachronistische Ereignisse!
Freilich nicht in Preußen, wohl aber in Württemberg. In jenem Staate,
der einst als der Hort des Antisemitismus galt, ist schon längst die
Scharte der Vergangenheit ausgewetzt worden. Dieser von dem König Carl
von Württemberg in den Adelsstand erhobene Ober-Rabbiner hieß Moses
Wassermann, geboren vor einem Jahrhundert, den 14. Juli 1811 und gestorben
den 18. Oktober 1892. Jahrzehnte hindurch hat dieser sowohl als
Kanzelredner wie als Dichter und Schriftsteller gleich hervorragende Mann
das Rabbinat in verschiedenen Städten seines württembergischen
Vaterlandes verwaltet. Seine seelsorgerische wie literarische Tätigkeit
blieb auch von Allerhöchster Seite nicht unbeachtet und man betrachtete
es im Schwabenland gleichsam als eine selbstverständliche Sache, dass
auch der König die Verdienste des Stuttgarter jüdischen Kirchenrats
durch die Verleihung des Adels anerkannte.
In der Tat zählte Kirchenrat Dr. Moses von Wassermann zu jenen idealen
Rabbinern, die in Wort und Schrift, durch ihre Lehren und Taten und ihre
ganze Lebensführung die allgemeine Verehrung und Liebe nicht allein ihrer
eigenen Glaubensgenossen, sondern auch der Anhänger anderer Konfessionen,
kurz aller derjenigen sich erwarben, die je mit ihnen in Berührung
traten. Daher konnte mit Fug und Recht am 23. Oktober 1892 anlässlich des
Trauergottesdienstes in der Synagoge der Rabbiner Dr. Stössel in
Stuttgart am Grabe des Verblichenen von ihm sagen: 'Von Liebe zu seiner
Gemeinde war er erfüllt. Ihr Wachstum machte ihm Herzensfreude, auch wenn
die Last der Arbeit dadurch größer wurde. Wenn er die Wahrnehmung
machte, dass sie religiös erstarke, fühlte er sich glücklich, wie ihn
der religiöse Verfall, wo immer er ihn bemerkte, tief betrübte. Er war
bereit, den Samen der Tugend und Gottesfurcht in die Herzen unserer Jugend
zu pflanzen, damit er daselbst hundertfältige Frucht trage, da wo es
galt, den Frieden der Gemeinde zu wahren und zu erhalten, unsere
Wohltätigkeitsanstalten zu fördern und Ratschläge zu erteilen. Immer
und überall konnte man auf seinen Beistand rechnen. Wo ein
menschenfreundliches Werk unternommen wurde, wo es sich darum handelte,
das Ansehen unserer Gemeinde und Glaubensgemeinschaft nach außen zu
heben, dem Namen Israels Glanz zu verschaffen und ihn vor Schmähung und
Verkleinerung zu wahren, da setzte er die ganze Kraft seiner
Persönlichkeit und seines Einflusses ein. Kein Weg war ihm da zu mühsam
und zu beschwerlich. Die Heiligung des göttlichen Namens war ihm das
wichtigste Gebot der Israeliten, wie die Entweihung des göttlichen Namens
in seinen Augen als die größte Versündigung eines Israeliten galt.
Immer war er auf seinem Posten mit seinem ganzen Können und mit seinem
kräftigen Wollen. Tatkräftig und energisch wie er war, ließ er den Mut
nicht sinken und ließ sich die Berufsfreudigkeit nicht rauben auch da, wo
Widerwärtigkeit ihm die Freude am Beruf hätte nehmen können... Seine
religiöse Überzeugung ruhte auf dem festen Grund des reinen geläuterten
Gottesglaubens, den er sich gesichert hatte durch fleißiges Forschen in
der heiligen Schrift, durch aufmerksame Beobachtung des göttlichen Ganges
im Leben der Völker, wie im Leben der einzelnen und endlich durch
fleißiges und ernstes Nachdenken über die Wege der Vorsehung. Diese
Stärke des Glaubens hatte ihm auch Lebensfreudigkeit und eine Heiterkeit
der Lebensanschauung verschafft, um die ihn gar viele beneiden durften.
Wenn die Stürme des Lebens über sein Haupt dahin brausten, wenn Leid und
Ungemacht seine Seele umdüsterte, da blieb er kräftig und stark,
ungebeugt und aufrecht stehen und ließ den Mut nicht sinken.'
Moses Wassermann war ein Meister des Wortes, ein Kanzelredner allerersten
Ranges. Jede Salbaderei, jede salbungsvolle und weitschweifende Predigt
und jede Phrasendrescherei war ihm in tiefster Seele zuwider. Der begabte
Dichter, phantasievolle Erzähler und Virtuose der Form war auch auf der
Kanzel ein Poet durch und durch. Seine Worte waren durchströmt von einem
reinen, lauteren Glauben, der auf dem Grunde fester Überzeugung ruhte.
Dabei bediente er sich, wie der schon genannte Rabbiner Dr. Stössel in
seiner Rede am Grabe des Dahingeschiedenen ausführte, einer kernigen,
frischen ungekünstelten und oft schmucklosen Sprache, da er in seiner
kräftigen Natur jeder Künstelei und Verschwommenheit, jeder Geziertheit
und Unnatur abgeneigt war. Seine Ermahnungen drangen oft in ihrer Schärfe
und Wahrhaftigkeit in die Herzen der Zuhörer und seine Tröstungen
richteten die gebeugten Gemüter auf.
Ein geistlicher und geistiger Führer in des Wortes edelster Bedeutung war
Wassermann. Daher erfreute er sich auch als Mensch der allgemeinsten
Hochachtung. Einem anziehenden Charakterbilde des Verewigten, entworfen
unmittelbar nach dessen Tod, entnehmen wir nachstehende Sätze: 'Von
heiterer Gemütsart und gesunder Lebensanschauung, unerschöpflich in
geistvollen und sinnigen Worten, vermochte er es in früher Jugend schon
einen Kreis von Freunden sich zu verschaffen, die ihm Treue bewahrten bis
an das Grab und wohl über dieses hinaus. Der persönliche Verkehr mit ihm
war anregend, belebend, und wie ein Weiser der Vorzeit wusste er eine
Fülle von Tatsachen herbeizuholen, und für jedes Ereignis hatte er ein
ähnliches aus alter Zeit in Bereitschaft. Von rührender Bedürfnislosigkeit,
mit wenigem genügsam, Feind eines jeden überflüssigen Aufwandes,
fühlte er sich am wohlsten in einem mit Haurat aus alter Zeit versehenen
Zimmer. Mit seinem ganzen Sinn wurzelte er in der Vergangenheit, und in
der Auffrischung der Geschehnisse aus alter Zeit verjüngte er sich
selbst. Von besonders wohltuender Gemütsinnigkeit war sein Familienleben.
|
Hier
entfaltete sich die ganze Kraft seines Glaubens. Man musste ihn in seinem
Hauswesen beobachten, um das fast patriarchalische Verhältnis zwischen
ihm und seinen Kindern und Enkeln wahrzunehmen. In seinem Hause gab es
einen rühmlichen Wettkampf in gegenseitiger Erfreuung und in Erweisung
von Liebesdiensten.'
War es daher nicht ganz natürlich, dass der hochbegabte Dichter, der
ausgezeichnete Kanzelredner und der edle, charaktervolle Mann von aller
Welt hochgeschätzt wurde und dass sein vorbildliches Wirken zur Ehre und
zum Segen auch der Juden Württembergs gereichte? Einer gemäßigten
Reform im Judentum huldigend, hatte er alle Zeit den Mut der Überzeugung,
die es ihm zur Pflicht machte, nach links und nach rechts seine Meinung
offen und freimütig zu bekennen, die ihn aber auch nicht abhielt, die
gewissenhafte Überzeugung Andersdenkender zu achten und ihre Empfindungen
zu schonen. Keinen Fanatismus kennend und jedem zelotischen Eifern und
jeder Verketzerungswut in der tiefsten Seele abhold, predigt er
fortwährend Frieden, Duldung und Menschlichkeit. Ein leuchtendes Muster
strengster Pflichterfüllung, die ihm sein ganzes Leben hindurch eigen
war, kannte er keine Selbstsucht und keine eigenen selbstischen
Interessen, sondern war stets darauf bedacht, das Wohl seiner Gemeinde und
die Ehre Israel zu fördern und seinem König und seinem Vaterlande ein
getreuer Diener zu sein. Bezeichnend für ihn und sein wohltätiges Wirken
war ein Ausspruch in der Rede des Rabbiners Herz in Göppingen, worin im
Namen der Rabbiner Württembergs bekundet wurde, dass auch sämtliche
israelitischen Gemeinden des Schwabenlandes den allezeit wahren Hüter,
Wächter und Pfleger der heiligen Interessen des israelitischen
Gemeinwesens aufs tiefste betrauern, habe er doch allen Rabbinern sowie
Gemeinden des Landes stets Liebe, Wohlwollen und Freundlichkeit in vollem
Maße entgegengebracht. Die Lehre der Wahrheit sei in seinem Munde gewesen
und Trug sei nicht gefunden auf seinen Lippen. In Friede und Geradheit
habe er gewandelt und viele von der Sünde zurückgebracht. Besonders
leuchtend sei seine liebevolle Duldung gegen Andersdenkende gewesen, die
in echter aronidischer Friedensliebe immer ausgleichend und versöhnend
auf die Gegensätze und auseinandergehende Richtungen einzuwirken gesucht
habe.
M. Wassermann war als Sohn des Rabbiners Salomon Wassermann in Ansbach (nicht:
Laupheim) geboren und von seinem Vater zum Studium der
mosaischen Theologie [...falsche Angabe] bestimmt. Wassermann
senior stand mit Ludwig Feuerbach in freundschaftlicher Beziehung.
Ich habe in meinem Werke über den berühmten Philosophen (Anmerkung:
Ludwig Feuerbach, sein Leben und Werke nach den besten, zuverlässigsten
und zum Teil neuen Quellen geschildert von Dr. Adolph Kohut. [Leipzig
Fritz Eckardt Verlag 1909, Seite 30ff]) über diese Berührungen
zwischen dem jugendlichen Denker und Rabbiner Wassermann näheres
mitgeteilt. Dieser alte Salomon Wassermann, der Vater des späteren
Kirchenrats Dr. von Wassermann, unterrichtete Ludwig Feuerbach im
Hebräischen. Interessantes erfahren wir über Rabbi Salomon Wassermann
aus einem Brief des hervorragenden Juristen Anselm Ritter von Feuerbach
an seine Freundin Elisa von der Recke vom 29. März 1823. Dort heißt
es unter anderem:
'Für das Geschenk mit des edlen Friedländers (Anmerkung: es ist David
Friedländer, der Aufklärungsschriftsteller, hier gemeint)
neuestem Werkchen, das ich demnächst in meinem Nutzen verwenden werde,
danke ich herzlichst. Seltsam, dasselbe war kaum angekommen, als ein
Kandidat des hiesigen Rabbineramts, ein im Geiste Friedländers gebildeter
Jude, hoher Verehrer Ihres Freundes, meine Protektion gegen die Kabalen
eines talmudischgläubigen Schullehrers bei hiesiger Judengemeinde anrief.
Ich machte ihn sogleich mit Friedländers neuester Schrift bekannt, auf
welche er sehr begierig war. Wir haben hier mehrere Juden dieser Art,
denen ich mehrmals schon äußerte: 'Ihr Glaube sei echteres Christentum
als dasjenige, welches Katholiken und Lutheraner
bekennen'.
Durch diesen Unterricht bei dem Genannten wurde der junge Gymnasiast Moses
Wassermann auch mit Ludwig Feuerbach bekannt, und aus dieser Bekanntschaft
entwickelte sich allmählich eine innige Freundschaft, die bis zum Ableben
des großen Denkers währte und sich bei vielen Anlässen betätigt.
Kirchenrat Wassermann, auch als Causeur (Unterhalter) eines
glänzenden Rufes sich erfreuend, erzählte mir einst einen äußerst
liebenswürdigen Zug aus dem Leben seines Freundes Ludwig Feuerbach. Als
dieser eines Tages mit einer hebräischen Aufgabe nicht zurecht kommen
konnte, habe er, Moses Wassermann, die Schwierigkeiten zu bewältigen geholfen.
Zum Dank dafür erbot sich Ludwig Feuerbach, seinem israelitischen Freund
lateinischen Unterricht zu erteilen. Der Vorschlag wurde angenommen und
erregte in Ansbach ein gewisses Aufsehen, da der junge Rabbinersohn der
erste Jude war, der dort das Lateinische erlernte. Wenn er zu seinem
Freunde ging, wurde er zuweilen von Gassenbuben angefallen und geprügelt.
Eines Tages erkrankte der so misshandelte jüdische Jüngling an den
Folgen der auf diese Weise erhaltenen Schläge und bekam das Nervenfieber,
das damals noch als ansteckend galt. Keiner von den Schul- und
Glaubensgenossen des Rabbinersohns wagte den Kranken zu besuchen. Nur
Ludwig Feuerbach, obwohl von Ansteckungsfurcht nicht frei, fand sich beim
ihm ein, weil er, wie er ausdrücklich sagte, es für seine Pflicht hielt,
zu kommen. Dieser Unterricht im Lateinischen seitens Ludwig Feuerbachs hat
mehrere Jahre gedauert und soll hierüber ein dem Schüler ausgestelltes
Zeugnis noch vorhanden sein.
Von Ansbach trat Wassermann in das Gymnasium von Ulm über. Dann
bezog er die Universität zu Würzburg, wo |
er
ein Lieblingsschüler des gelehrten Rabbi Bing war. Von Würzburg ging er
nach Tübingen. Wie ich schon früher in dieser Zeitung mitteilte,
zählte er zu den Lieblingsschülern Ludwig Uhlands in Tübingen.
Aus den von mir seinerzeit veröffentlichten Briefen Ludwig Uhlands an den
jungen Kandidaten der Philosophie und Theologie sieht man, dass der
gefeierte Poet mit lebhaftem Interesse die literarischen Leistungen des
jungen Studenten verfolgte. |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. Juli
1911: "Zum Andenken an den Kirchenrat Dr. M. von
Wassermann. Von Dr. Adolph Kohut. II.
Wassermann nahm während seiner Studienzeit an der Tübinger Universität
bei Uhland ein Privatissimum im Verein mit einigen anderen von dem Dichter
besonders ausgezeichneten Studierenden. In jene Zeit fällt eine hübsche
Anekdote, die ich der Tochter Wassermanns, Frau Amalie Kaufmann in Stuttgart,
verdanke und die der alte Herr mit großer Vorliebe zu erzählten
pflegte. Ludwig Uhland fragte eines Tages den jungen Studenten
'Wassermann, machen Sie auch Gedichte?' 'Gewiss, Herr Professor', war die
prompte Antwort. 'Bringen Sie sie mir doch einmal mit.' Nachdem der
Aufforderung Folge geleistet worden und Uhland die Gedichte durchgelesen
hatte, sagte er in seiner |
trockenen
Weise: 'Lieber Wassermann, nehmen Sie Ihre Gedichte, packen Sie sie alle
gut zusammen und legen Sie sie in den hintersten Winkel Ihrer Tischlade
(Schreibtische gab es damals bei den Tübinger Studenten noch nicht). Wenn
dann viele Jahre herum sind, nehmen Sie ihre Poesie wieder hervor und
lesen sie durch.'
Das genügte - denn niemand hat jene Gedichte je zu Gesicht bekommen. Im
übrigen dauerten die Beziehungen des Schülers zu seinem Lehrer fort.
Ersterer besuchte ihn häufig, wenn ihn Amtsgeschäfte nach Tübingen,
welche STadt zu seinem Rabbinat (sc. von Mühringen aus) gehörte,
führten.
Überdies verband Wassermann eine herzliche Freundschaft mit der damals
gefeierten schwäbischen Schriftstellerin Ottilie Wildermuth, die gleichfalls
in der wunderbar gelegenen Musenstadt am Neckar oder besser gesagt am
Nesenbach wohnte.
Trotzdem oder vielmehr weil die Eltern Wassermanns in einem kleinen
unscheinbaren Schwarzwalddorf die schönsten und glücklichsten Jahre
ihres Lebens verbrachten - Mühringen
liegt eine Stunde von Nordstetten,
dem Geburtsorte Berthold Auerbachs - gab er sich alle Mühe, seine
Beziehungen zu ehemaligen namhaften Studiengenossen oder bekannten
schwäbischen Geistern aufrecht zu erhalten. So verkehrte er viel mit Hermann
Kurz, war bekannt mit Eduard Mörike, Gustav Schwab, J. G. Fischer,
Friedrich Theodor Vischer (Schartenmaier), Fr. Notter und wie
alle die übrigen hervorragenden Zeitgenossen heißen. Eine innige
Freundschaft verband ihn auch mit dem Pfarrer Wilhelm Pressel. Seiten wird
man noch eine solche aufrichtige, treue Zuneigung treffen, wie derjenige
war, die die Geistlichen zweier Konfessionen füreinander
empfanden.
Moses Wassermann erwarb sich in Tübingen den Doktortitel. 1834 erhielt er
seine erste Anstellung als Rabbiner in Mergentheim,
kam aber schon nach kurzer Zeit in gleicher Eigenschaft nach Mühringen,
von wo er nach dem Ableben des Kircherats von Maier in Stuttgart im
Herbst 1873 als dessen Nachfolger nach der Hauptstadt Württembergs
berufen wurde. Im ganzen Schwarzwaldkreis war Dr. Wassermann eine
bekannte, allgemein geachtete und beliebte Persönlichkeit, von allen
Konfessionen hochgeschätzt. Die Sympathie und Verehrung für ihn
bekundeten sich auch anlässlich seines 25-jährigen Dienstjubiläums in
Mühringen. Aus der Umgebung waren die Bezirksbeamten, Rittergutsbesitzer
und Freunde jedes Glaubens herbeigeeilt und hatten in zahlreichen Reden
und Trinksprüchen des schönen Zusammenlebens in Frieden und Eintracht
gedacht. Insbesondere wurde von dem evangelischen Pfarrer Dr. Menz aus
Bierlingen die universelle Begabung, die wissenschaftliche Bildung,
die Rednergabe, die schriftstellerische Tätigkeit und die wohlwollende
Humanität des geistreichen Gesellschafters mit warmen Worten geschildert
und dem Schmerz über das Scheiden des beliebten Seelsorgers nach
39-jähriger segensreicher Wirksamkeit beredt Ausdruck gegeben. Der
Gefeierte dankte in bewegten Worten, auf den allgemeinen Fortschritt
hinweisend, der es ermöglicht habe, dass sich zum Abschied eines
Rabbiners außer verschiedenen Geistlichen anderer Konfession auch noch
mehrere Vertreter des Adels eingefunden hätten. Stets war das Verhältnis
Wassermanns zu seinen Gemeinden und speziell zu seinen Pfarrkindern in
seinem früheren Bezirk im Schwarzwald ein überaus inniges und
herzliches. Das musste man eigentlich miterlebt haben, um die richtige
Beurteilung und Würdigung dafür zu finden. Diese Anhänglichkeit,
Zuneigung und Ehrfurcht und dieses felsenfeste Vertrauen, verbunden mit
der aufrichtigsten, hingebendsten Verehrung einerseits und dagegen diese
warme Empfindung, Teilnahme am Geschick jedes einzelnen, die
Opferwilligkeit, selbst mit Hinansetzung der eigenen Person und deren
Interessen, ein solches Verhältnis wird niemals wiederkommen. Wie schon
hervorgehoben, genoss er nicht allein bei den Israeliten eine
außerordentliche Verehrung, und war er nicht nur ein Freund, Berater und
Helfer in allen möglichen und unmöglichen Nöten, sondern auch bei den
Christen des ganzen Oberamts Horb, dessen 'Inventarstück' er sich mit
stolzer Freude gern nannte, stand er in hohem Ansehen. Wir wollen bei
diesem Anlass noch hinzufügen, dass es hauptsächlich seinem
tatkräftigen, energischen, eigentlich bei einem Rabbiner bisher noch nie
dagewesenen Eingreifen zuzuschreiben ist, dass im Jahre 1848 die im
Schwarzwald herrschenden Tumulte, namentlich auch die Exzesse, gegen die
Juden, auf ihren Herd (den Ort Baisingen)
sich beschränkten und dadurch unsagbares Unheil verhütet
wurde.
In hohem Grade zeigte sich diese allgemeine Liebe, deren der einfache und
schlichte Geistliche sich zu erfreuen hatte, anlässlich seines 80. Geburtstages
und 50-jährigen Amtsjubiläums, das in nah und fern mit einer seltenen
Herzlichkeit gefeiert wurde. An der Spitze der Beglückwünschungen stand
König Karl von Württemberg, der in einem Kabinettschreiben in
huldvollsten Ausdrücken gratulierte. Auch seitens der Staats- und
städtischen Behörden wurden ihm die glänzendsten Auszeichnungen
zuteil.
Noch kurz vor seinem Tode trat Kirchenrat Dr. von Wassermann in dem Antisemitenprozess
contra Professor Dr. Rohling zu Ulm, wo er als Sachverständiger und
Zeuge vernommen wurde, hervor. Diese interessanten Darlegungen vor Gericht
über den Talmud wurden viel vermerkt, und sie verdienen gerade jetzt
einem weiten Leserkreise bekannt zu werden. Er führte unter anderem aus,
er seit 82 Jahre alt, 70 Jahre seines Lebens habe er sich mit dem Talmud
beschäftigt, der seine Domäne sei. Er halte sich also für einen
befähigten Beurteiler. Sein hohes Alter, das ihn bald vor eine höhere
Richterstelle rufen werde, werde ihn wohl vor jeder Anfechtung seines
Bestrebens, die Wahrheit zu sagen, bewahren. Der Talmud, ein Werk von
zwölf starken Folianten, dessen Kenntnisse sich anzueignen ein
Menschenleben im entferntesten nicht ausreiche, sei nicht ein eigentliche
Gesetzbuch, sondern mehr ein Sprechsaal, in welchem über alle mögliche
und nur nur über Glaubenssachen Ansichten ausgetauscht, Fragen
aufgeworfen und beantwortet werden. Dies Werk habe zu seiner Abfassung
über 100 Jahre gebracht und sei in stetem Fluss geblieben. Die Verfasser
seien zu einem großen Teil nicht Schriftgelehrte, sondern vielfach auch
Handwerker und Leute aus dem Volke gewesen. Anfechtbar am Talmud sei
höchstens die Logik, seine Moral sei eine schwärmerische, eigenartige,
aber durchweg gutartige. Wie schon die Personen der Verfasser ergeben, sei
nicht alles darin Erhaltene als einen wirklichen inneren Wert darstellend
zu bezeichnen. Neben vielem Sinn sei auch mancher Unsinn darin, aber die
Moral sei eine durchaus unanfechtbare, sie enthalte nichts sittlich
Verwerfliches. Als die Israeliten andere Recht bekamen, ließen sie die
talmudische Richtung auch formell hinter sich. Der Talmud habe seit 100
Jahren seine Geltung zu Dreiviertel vollständig verloren. Der 'Schulchan
Aruch' habe nie Gesetzeskraft gehabt, sein, Wassermanns, Antrag bei der
Augsburger Synode im Jahre 1869, den 'Schulchan Aruch' zu erweitern, sei
einstimmig abgelehnt worden, weil dieser keine Autorität besitze, also
auch nicht zu revidieren sei. Es gäbe ganze israelitische Gemeinden, in
denen auch nicht ein Angehöriger je einmal einen Talmud auch nur zu
Gesicht bekommen habe. Zu einzelnen der von Rohling ausgehobenen Stellen
übergehend, wies er nach, dass es sich um absichtliche |
oder
unabsichtliche Textauslassungen, falsche Übersetzungen usw. handle, da
die Stellen richtig übersetzt meist entgegengesetzten Sinn gaben und
törichterweise aus dem Zusammenhang gerissen seien. Ebenso könnte man
Friedrich Schiller als Verteidiger des Diebstahls ausgeben, weil die Worte
'Und wer's nie getan, der stehle' bei ihm vorkommen, wenn man sie aus dem
Zusammenhang herausreiße.
Wassermann führte in seinem Gutachten noch aus, dass er die in den
letzten 100 Jahren gedruckten israelitischen Religionsbücher zur
Gerichtsstelle mitgebracht habe. Aus denselben gehe deutlich hervor, dass
die bezüglich der Nächstenliebe die gleichen Grundsätze wie die
christlichen Religionsbücher enthalten.
Der Vorsitzende des Gerichtshofes nahm Veranlassung, mehrere Stellen
verlesen zu lassen, und die Richter konnten sich überzeugen, dass die
israelitischen Religionsbücher jeden Nebenmenschen ohne Unterschied des
Glaubens und der Stellung als den Nächsten zu betrachten und zu lieben
befehlen, und dass es eine Erfindung sei, dass nach der jüdischen
Religion Andersgläubige anders behandelt werden müssten und dürften als
die Angehörigen der eigenen Konfession. Speziell in Württemberg seien
die israelitischen Schulen und die in ihnen gebrauchten Religions-,
Sprach- und Lesebücher der Schulaufsicht des Staates und der christlichen
Ortsgeistlichen unterstellt. Der Eid sei für jeden Juden streng bindend.
Solange noch die geistliche Belehrung über den Eid stattgefunden habe,
sei dies ausdrücklich jedem Schwörenden vorgehalten und die
Ungültigkeit der Mentalreservation eingeschärft worden. Eine
Religionsvorschrift, die den falschen Eid Andersgläubigen gegenüber
zuließe, gebe es im Judentum nicht. Alle derartigen Behauptungen
gehörten in das Reich des Märchens. Es braucht wohl nicht erst
ausdrücklich hervorgehoben zu werden, welch tiefen Eindruck nicht nur auf
das Richterkollegium, sondern in ganz Württemberg und weit über die
Grenzen dieses Landes hinaus auf jedermann das mit ruhiger und vornehmer
Würde abgegebene Gutachten des Kirchenrats den verleumderischen
Behauptungen des Professors Dr. Rohling gegenüber hervorrief.
Wie die Kanzelreden Wassermanns, so zeichneten sich auch seine belletristischen
Schriften bzw. Romane und Novellen durch edle Diktion, philosophischen
Gedankengang und außerordentliche Gestaltungskraft aus. Er war
Mitarbeiter an zahlreichen Zeitschriften, Jahrbücher und Almanachen. So
schrieb er zum Beispiel für das Jahrbuch Achawa (Leipzig, C. L. Fritsche,
Jahrgang 1865) eine höchst fesselnde und entzückende Skizze, betitelt 'Achtet
die Kinder der Armen' (Seite 339ff). Man kann ihn unseren besten
Ghettodichtern und Familienschriftstellern des deutschen Judentums in der
zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts beizählen. Was ihn besonders
auszeichnet, ist seine treue Charakterzeichnung, sein feiner
psychologischer Sinn, sein graziöser Humor und die Wahrhaftigkeit, die
jede Zeile von ihm atmet. Er karikiert nie, malt nicht grau in grau und
vermeidet jede Sensation. Schicht, einfach und ungekünstelt gibt sich der
Dichter, und der Leser fühlt sich ungemein behaglich bei der Lektüre der
aus dem Volks- und bürgerlichen leben entnommenen Stoffe. Die Figuren,
die er uns vorführt, sind nicht Schemen und Schatten, sondern Fleisch von
unserem Fleisch. Ein realistischer Schilderer ersten Ranges, versteht er
es, über alles einen poetischen Schimmer auszubreiten.
In all seinen Erzählungen und Novellen wählte er eine moralische
Tendenz; es waltet ein ästhetischer Gedanke vor, ohne dass jedoch diese
lehrreichen Momente gar zu sehr in den Vordergrund
treten.
Die hervorragendsten und bedeutsamsten belletristischen Schöpfungen
des Verfassers, die samt und sonders jüdische Themata behandeln, sind die
beiden Romane 'Die Mädchen von Chaibar' (Stuttgart, J.B.
Metzlersche Buchhandung 1859), die der Verfasser unter dem Pseudonym
Orientalis herausgegeben und 'Judah Touro', ein Gentleman
semitischer Abstammung' (2 Bände, Stuttgart und Leipzig, Eduard
Hallberger 1877).
In dem ersteren Roman spielt das arabische Judentum zu Muhammeds
Zeiten die Hauptrolle. Man merkt es der phantasie- und geistvollen
Handlung nicht an, dass der Verfasser gewissenhafte geschichtliche und
kulturgeschichtliche Studien gemacht und aus arabischen, hebräischen und
sonstigen Geschichtsquellen geschöpft hat. Eine besondere Sorgfalt hat er
dem Stifter des Islam, seinen Lehren, namentlich aber seinem Charakter und
Wesen gewidmet. Auch die Schilderung der weiblichen Gestalten, der
lieblichen, hochherzigen sowie der leidenschaftlichen und dämonischen,
gelingt dem Dichter ganz außerordentlich. Augenscheinlich hat er tiefe
Blicke in das Herz des Weibes getan. Sehr plastisch tritt aber in erster
Linie die Erscheinung Mohammeds hervor.
Neben diesen größeren Romanen schuf Wassermann auch Novellen
interessanten allgemeinen Inhalts aus dem gesellschaftlichen Leben, die
von hohem Reiz sind und von der außerordentlichen Fabulierungskunst des
Verfassers Zeugnis ablegen. Nur selten unterbricht er den Fluss der
Handlung durch Reflexionen. Geschieht dies jedoch, so ist alles, was er
sagt, von tiefer Bedeutung. So lesen wir zum Beispiel in einem
Novellenbuch, betitelt 'Wahre Liebe' (Stuttgart, Verlag von W. Kitzinger,
1864) in Bezug auf Heinrich Heine: 'Ich weiß nicht ob Sie Heines Schriften
näher kennen. Den Klerikern der neueren Zeit werden sie als eine Art 'Gottseibeiuns'
geschildert und aufs höchste verpönt, wir Geistlichen der älteren
Schule sind gefeit gegen den bösen Zauber solcher infernalischen
Lektüre.'
Es wäre sehr zu wünschen, wenn anlässlich des Säkulartages Wassermanns
eine Gesamtausgabe seiner ebenso gediegenen wie interessanten Schriften
erscheinen würde. Die schöngeistige Literatur im allgemeinen und die
Volks- und Jugendliteratur im besonderen würde dadurch in sehr
dankenswerter Weise bereichert
werden." |
Ausschreibung der beiden Rabbinatstellen (1893)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
27. März 1893: |
|
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 7. April
1893: |
Rabbiner Dr.
Theodor Kroner soll Nachfolger von Rabbiner Dr.
von Wassermann werden (1893)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
14. Dezember 1893: "Stuttgart. Wie ich von gut
unterrichteter Seite höre, ist die Wahl des Herrn Seminardirektors Dr.
Kroner in Hannover zum Nachfolger des im vorigen Jahre verstorbenen
Kirchenrats und Rabbiners Dr. von Wassermann so gut wie gesichert.
Herr Dr. Kroner hat auf Wunsch und Einladung der Israelitischen
Oberkirchenbehörde und des Israelitischen Kirchenvorsteheramtes am 4.
dieses Monats vor denselben einen Probevortrag gehalten, und durch diesen
sowohl, als auch durch seine Persönlichkeit ganz außerordentlich
befriedigt. Der gute Ruf, der Herrn Dr. Kroner vorausgeht, lassen hoffen,
dass durch dessen Anstellung der religiöse Sinn in Stuttgart und in ganz
Württemberg wieder mehr geweckt und gehoben werde."
|
Rabbiner Dr. Theodor Kroner wird theologisches Mitglied der
Israelitischen Oberkirchenbehörde ("Kirchenrat")
(1894)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. Januar 1894: "Stuttgart. Der 'Staatsanzeiger für
Württemberg' meldet heute unter den amtlichen Dienstnachrichten: 'Seine
Majestät der König haben am 2. Januar dieses Jahres allergnädigst
geruht, die erledigte Stelle des theologischen Mitgliedes der
Israelitischen Oberkirchenbehörde in Stuttgart dem Seminardirektor Rabbiner
Dr. Kroner in Hannover unter Verleihung des Titels eines Kirchenrats
mit dem Rang auf der VII. Stufe der Rangordnung zu übertragen.' Ferner:
'Durch Verfügung des königlichen Ministeriums des Kirchen- und Schulwesens
vom 2. dieses Monats ist auf die Stelle des ersten Rabbiners an der
israelitischen Kirchengemeinde Stuttgart der Seminardirektor Dr. Kroner in
Hannover ernannt worden.'
Die Richtigkeit unseres neulichen Berichtes hat sich sonach bestätigt;
wir gratulieren Herrn Dr. Kroner hiermit und wünschen, dass die
Hoffnungen, welche die württembergische Judenheit an seine Berufung auf
die obigen verantwortungsvollen Ämter knüpft, sich nach jeder Richtung
hin ganz und voll erfüllen mögen. -
Dem Titel 'Kirchenrat' gegenüber begegnet man außerhalb Württembergs
sehr oft einer irrigen Auffassung und zwar glaubt man, die Stuttgarter
Gemeinde lege ihrem Rabbiner den Titel Kirchenrat bei, um damit das
Jüdische, das im Titel 'Rabbiner' liegt, zu erwischen und sich den
christlichen Gebräuchen anzuschmiegen. Dem ist aber nicht so und wir
haben darum, um dies aufzuklären, den obigen königlichen Erlass
wörtlich wiedergegeben. In Württemberg ist nämlich das Judentum den
anderen Konfessionen gesetzlich gleichgestellt. Wie es nun eine
evangelisch und katholische Oberkirchenbehörde gibt, so gibt es auch eine
israelitische. In diese Oberbehörde, welcher die religiösen
Obliegenheiten sämtlicher Gemeinden des Landes anvertraut sind und welche
von einem höheren Beamten präsidiert wird, werden die Mitglieder
derselben vom Könige auf Lebenszeit berufen und das theologische Mitglied
führt den Titel Kirchenrat. - Hieraus mögen die Leser des 'Israelit'
erkennen, welche Verantwortung das Amt eines Kirchenrates in sich birgt
und wie das Wohl der jüdischen Interessen dieses Landes in seine Hand
gegen ist. Möge der neue 'Kirchenrat' die heiligen Pflichten seines
Berufes ganz erfüllen." |
Zum Dienstantritt von Rabbiner Dr. Theodor Kroner (1894)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
16. April 1894: "Aus Württemberg, 1. April (1894). Heute
tritt Dr. Kroner, bisher Direktor des israelitischen Lehrerseminars in
Hannover, sein Amt als israelitischer Oberkirchenrat und Rabbiner in
Stuttgart an. Seine Ernennung zum Oberkirchenrat ist von den
württembergischen Israeliten mit ungeteilter Freude begrüßt worden; der
Oberkirchenbehörde, welche diese Wahl vorgeschlagen und dem Ministerium,
das sie bestätigt hat, wird von den Israeliten Württembergs darum der
wärmste Dank entgegengebracht. Rabbiner Dr. Kroner ist in allen Kreisen
der deutschen Israeliten wohl bekannt und wegen seines festen und
zielbewussten Charakters allseitig hoch geschätzt und geachtet. Man hofft
von ihm, dass er viele Zweige der seiner Oberleitung unterstellten
Verwaltung mit neuem kräftigen Leben erfüllen wird. Möge ihm und dem
Lande sein Eintritt in den württembergischen Staatsdienst zum Glücke
gereichen und möge er allezeit eine reiche und gesegnete Wirksamkeit
entfalten." |
Rabbiner
Dr. Theodor Kroner referiert in Berlin über "Jud Süß" (1902)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 7. November 1902: |
Zum
Tod von Bezirksrabbiner Dr. David Stössel (1919)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 21. März 1919: "Stuttgart. Bezirksrabbiner Dr. Stössel ist
nach fast 40-jähriger Tätigkeit in hiesiger Gemeinde - 70 Jahre alt -
verschieden." |
Einführung
von Rabbiner Prof. Dr. Arthur Rosenzweig (1920)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 6. Februar 1920: |
Mitgliederversammlung des Vereins württembergischer Rabbiner
in Stuttgart (1921)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 24. Juni 1921: "Stuttgart, im Juni (1921). Am
30. und 31. Mai tagte hier die ordentliche Mitgliederversammlung des Vereins
württembergischer Rabbiner, die ganz im Zeichen der neuzuregelnden
israelitischen Kirchenverfassung in Württemberg stand. Die israelitische
Landeskirchenversammlung, die am 23. Mai von dem Kultusministerialpräsidenten
Dr. von Bälz eröffnet worden war, hatte die Aufgabe, der
israelitischen Religionsgemeinschaft Württembergs eine neue
Kirchenverfassung zu geben. Der Rabbinerverein, der durch seinen
Abgeordneten Dr. Berlinger (Hall) in dieser Landesversammlung
vrrtreten war, bedauerte die Änderung der ganzen Stellung des
württembergischen Rabbiners. Bisher von der Staatsregierung angestellt
und besoldet, kraft seiner Stellung zum Vorsitzenden des
Gemeindevorstandes berufen, rückt der Rabbiner in die Stellung eines
Gemeindebeamten herab, besoldet aus den Mitteln der Gemeinde und der
Zentralkirchenkasse, und kann nur durch Wahl zum Gemeindevorsitzenden
berufen werden. Es wurde angeregt, die Wünsche und Forderungen der
Rabbiner in einer Denkschrift niederzulegen und der
Landeskirchenversammlung zu übergeben. Bei der Besprechung des
Religionsunterrichtes an der Grundschule und Volksschule, über welche Fragen
Rabbiner Dr. Beermann (Heilbronn) ein vorzügliches Referat
ausgearbeitet hatte, entwickelte sich eine eingehende Debatte, die von der
Wichtigkeit des dem Rabbiner besonders am Herzen liegenden Themas beredtes
Zeugnis ablegte. Auch die von Rabbiner Dr. Schlesinger (Buchau)
besprochene Frage der Aufsicht des Religionsunterrichts war von
allgemeinem Interesse. Ein von Rabbiner Dr. Schweizer (Horb)
gehaltener halachischer Vortrag über die Qualität der Zeugen bei
Trauungen, Ehescheidungen und Chalizoh und das Recht des Mesadder
Kiduschin, die Zeugen zu bestimmen, beschloss in würdiger Weise die
diesjährige Tagung des württembergischen
Rabbinervereins." |
Rabbiner Dr. Kroner wird in den Ruhestand versetzt
(1921)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juli
1921: |
Ausschreibung der Stelle des I. Stadtrabbiners
(1921)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Juli
1921: |
Rabbiner Dr. Rieger wird zum
I. Stadtrabbiner
gewählt (1922)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 23. Februar
1922: |
Zum Tod von Rabbiner Dr. Kroner
(1923)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25.
Oktober 1923: "Rabbiner Dr. Kroner - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen. Stuttgart, 21. Oktober (1923). Dieser
Tage starb hier Oberkirchenrat Dr. Kroner, langjähriger Rabbiner
von Stuttgart und Landrabbiner von Württemberg. Kroner war ein guter
Kenner des jüdischen Schrifttums und von Gesinnung konservativ. Seine
Wirksamkeit in der neologen Stuttgart Gemeinde dürfte ihm manchen
Seelenkonflikt eingebracht haben; er war stolz darauf, manches ins einer
Gemeinde in jüdischer Beziehung erreicht, vieles verhindert zu haben.
Doch konnte die dabei an den Tag gelegte Genügsamkeit keinen befriedigen.
Persönlich ein Mann von lauterem Charakter und großem
Wohltätigkeitssinne, genoss er großen Wert darauf, mit der von seiner
Gemeinde losgelösten Religionsgesellschaft freundschaftliche Beziehungen
zu pflegen." |
Zum ersten Todestag von Rabbiner Dr. Paul Rieger
(1940)
Artikel
im "Jüdischen Nachrichtenblatt Berlin" vom 12. Juli 1940:
"Rabbiner Dr. Paul Rieger seligen Andenkens (das 'Israel' auf Grund der nationalsozialistischen
Gesetzgebung). Zur ersten Wiederkehr seines Todestages am 10.Juli 1940. Am 4. Juli hätte er sein 70. Lebensjahr vollendet, und sicherlich hätte ihm, wenn er diesen Tag erlebt hätte, nicht nur die jüdische Gemeinde in Stuttgart gehuldigt, in der er zuletzt amtierte, sondern auch aus den jüdischen Gemeinden in Potsdam, Hamburg und Braunschweig wären ihm Glückwünsche zugegangen – denn sein Wirken ist auch in diesen Gemeinden unvergessen. Und zu diesen Glückwünschen hätten sich Grüße und Beweise der Liebe, der Verehrung und Dankbarkeit aus allen Erdteilen gesellt, denn wer Riegers Schüler gewesen ist, wer je zu seinen Füßen gewesen ist, wer einmal zu diesem wissenden Manne in engere Beziehung getreten ist, wird die Eindrücke, die er von ihm empfing, niemals vergessen. Nun deckt ihn ein Jahr bereits die Erde. Aber nachdem es ihm nicht gegeben war, das 70. Lebensjahr zu vollenden, ist es umso mehr die Pflicht der jüdischen Gesamtheit, eben in diesen Tagen noch einmal seiner in Dankbarkeit zu gedenken, des Rabbiners, der seinen Gemeinden ein wahrer Leiter war, des Lehrers, an dessen Lippen seine Schüler hingen, der für das stritt, was er für wahr und recht erkannte, und der, wie auch seine jüdischen Gegner anerkannten, für das von ihm als wahr und recht Erkannte auch einzustehen bereits war, des Mannes, der mit beredtem Wort und in formvollendeter Darstellung für das Recht eintrat und das Unrecht im jüdischen Bezirk bekämpfte – und nicht zuletzt des jüdischen Wissenschaftlers, der, noch ein Jüngling fast, ein Werk von solcher Reihe schuf, dass sein Name in der jüdisch-wissenschaftlichen Welt fortleben wird. Wir gedenken seiner in Ehrerbietung und Dankbarkeit und wir segnen sein Andenken, das erst mit unserm Leben erlöschen wird. Dr. Nathan (Israel)
Nathan." |
Berichte
zu den Lehrern und weiteren Kultusbeamten der jüdischen Gemeinde
Vorsänger
Moritz Eichberg wirbt für seine
Schülerpension (1838)
Anmerkung: Über den 1807 in Bad Mergentheim geborenen und jahrzehntelang in
Stuttgart tätigen Lehrer und Kantor Moritz Eichberg hat Rolf Hofmann ein
Familienblatt erstellt: "Family
Sheet Moritz Eichberg of Bad Mergentheim + Stuttgart" (eingestellt als
pdf-Datei)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. September
1838: |
In
Stuttgart gibt es keine israelitische Konfessionsschule (1860)
Anmerkung: in Stuttgart gab es nicht - wie in fast allen größeren
jüdischen Landgemeinden - eine öffentliche jüdische Konfessionsschule.
Auffassung in der Stuttgarter Gemeinde war wohl, wie berichtet wird, dass
"die Amalgamation der israelitischen Schüler mit den christlichen"
sich "auf das soziale Leben wohltätig" auswirken würde.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Dezember
1860): "Mit der Eröffnung der Stuttgarter neuen Synagoge werden wir
auch einen neuen Stuttgarter Minhag (hier: Liturgie) erhalten. Das
neue von Herrn Kirchenrat Maier verfasste und zusammengetragene Gebetbuch
ist schon im Drucke fertig. Bei Gelegenheit der Einweihung der Stuttgarter
Synagoge werden wir, so Gott will, darauf zu sprechen kommen. Eines aber
können wir jetzt schon nicht verschweigen und zwar, dass die Stuttgarter
israelitische Gemeinde nicht in dem Maße für den Jugendunterricht in den
jüdischen Religionsschriften sorgt, wie es bei so großen Opfern für den
Synagogenbau zu erwarten wäre. Zwar besteht eine Religionsschule, aber
dieselbe kann ihre Aufgabe unter den gegebenen Umständen unmöglich
bewältigen. Nach dem Gesetze müsste die politische Stadtgemeinde den
Israeliten Stuttgarts eine Volksschule errichten und die Lehrer bezahlen.
Nun besuchen allerdings die israelitischen Kinder meistens höhere
Bildungsanstalten; wenn aber eine Volksschule errichtet würde, könnte
ein tüchtiger Lehrer die israelitischen Kinder in den Elementarfächern
bis zum 10ten Jahre unterrichten und dabei im Hebräischen einen
tüchtigen Grund legen; und auch für die ältern Schüler könnte der
Unterricht nutzbarer werden. Herr Kirchenrat Maier wird es als
Prüfungskommissär der israelitischen Schulen erfahren haben, dass, was
den Unterricht im Hebräischen betrifft, auf dem Lande mehr als in der
Residenz geleistet wird. Zwar wird entgegengehalten, eine
Konfessionsschule nähre den Sondergeist und die Amalgamation der
israelitischen Schüler mit den christlichen wirke auf das soziale Leben
wohltätig. Das ist aber unrichtig, denn es gibt einen Sondergeist,
der gehegt werden muss, und der ist das spezifische religiöse
Bewusstsein, und wird dieses nicht gepflegt, so entsteht der laxe
Indifferentismus, an dem unser Zeitalter im Allgemeinen krankt. Will man
den Mut der religiösen Überzeugung dem Kinde anerziehen, so muss man
auch das konfessionelle Element pflegen. Mit den Konzessionen an das
soziale Leben hat das Judentum schon manches Edlere seiner besseren
Individualität verloren. Das Judentum kann nur durch seine Schulen
erhalten werden, die prachtvollen Tempel allein, Predigt, Orgel und
Chorgesang werden es nicht gegen die Verflachung seiner religiösen Idee
schützen". |
Tagung des Israelitischen Lehrervereines in Stuttgart
(1873)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. September
1873: |
Anzeige einer Publikation für israelitische
Volksschulen von Lehrer J. Weil (1873)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 23. Dezember 1873: |
Anzeige des Israelitischen Knaben-Pensionats von
Lehrer Salomon Abraham (1882)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 29. März 1882: |
Konferenz der Israelitischen Lehrer Württembergs
(1883)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Oktober
1883: |
60-jähriges Dienstjubiläum von Kantor Moritz
Eichberg und 35-jähriges Ortsjubiläum von Sekretär Stern
(1885)
Anmerkung: Über den 1807 in Bad Mergentheim geborenen und jahrzehntelang in
Stuttgart tätigen Lehrer und Kantor Moritz Eichberg hat Rolf Hofmann ein
Familienblatt erstellt: "Family
Sheet Moritz Eichberg of Bad Mergentheim + Stuttgart" (eingestellt als
pdf-Datei)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar
1885: |
Ausschreibung
der (2.) Kantorstelle (1885)
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. Juni 1885: |
Kritik an der langsamen Arbeit der Israelitischen
Oberkirchenrates bei der Besetzung der 2. Kantorstelle (1885)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
8. Oktober 1885:
|
Versammlung der israelitischen Lehrer und Vorsänger Württembergs in Stuttgart (1887)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. August
1887: |
|
Versammlung
der israelitischen Lehrer und Vorsänger Württembergs in Stuttgart (1888)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23.
August 1888: |
25-jähriges Dienstjubiläum von Kantor Emil
Gundelfinger (1888)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. Dezember 1888: |
25-jähriges
Amtsjubiläum von Synagogenverwalter Mannheimer (1889)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. April
1889: |
Versammlung der
israelitischen Lehrer und Vorsänger Württembergs in
Stuttgart (1890)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. August
1890: |
Werbung von Schächter Hirsch Jakob für die
Geflügelhandlung von M. Kaufmann (1891)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
25. Juni 1891: |
Plenarversammlung des "Unterstützungsvereins
israelitischer Lehrer und Vorsänger Württembergs"
(1901)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 3. Juni 1901: |
|
Die Barmizwahknaben müssen keinen Zylinderhut mehr
tragen - Karl Kahn wird als Kantor verpflichtet (1903)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 30.Januar 1914: |
40-jähriges Dienstjubiläum von Kantor Emil Gundelfinger
(1903)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 4. Dezember 1903: |
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Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
10. Dezember 1903: |
Eine Deputation des israelitischen Lehrervereins wird
durch Minister Dr. von Weizsäcker empfangen
(1904)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17.
Februar 1904: |
Lehrer
und Kantor Emil Gundelfinger tritt in der Ruhestand
(1910)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. März
1910: |
25-jähriges
Ortsjubiläum von Oberkantor Jakob Tennenbaum (1911)
Anmerkung: Jakob Tennenbaum (geb. 1854, gest. 1921): kam 1886 nach Stuttgart;
trat durch eigene Kompositionen hervor, leitete den Synagogechor; unter ihm
erlebte die Stuttgarter Synagogenmusik eine Blütezeit.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. Mai
1911: |
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Foto von Oberkantor
Jakob Tennenbaum (1911)
(erhalten von Suzanne Hecker, USA) |
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50-jähriges
Jubiläum des "Vereins israelitischer Lehrer und Vorsänger in
Württemberg" (1913)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 10. Januar 1913: |
Ausschreibung von Stellen an der jüdischen Schule (1934)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
4. Januar 1934: |
Eröffnung der jüdischen Schule zum 1. April 1934
(1934)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
8. Februar 1934: |
Ausschreibung einer Lehrerstelle für die jüdische
Schule (1934)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1.
November 1934: |
Plädoyer für jüdische Schullandheime von Wolf Berlinger
(1935)
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
September 1935: |
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Beitrag der Lehrerin an der Jüdischen Schule Alice
Oppenheimer "Eine Mutter erzählt ihren Kindern die Bibel"
(1936)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
13. Februar 1936: |
Lehrer Felix David rettet einen Jungen vor dem
Ertrinken (1936)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 2. Juli 1936: |
Ausschreibung einer Lehrerstelle in der Jüdischen
Schule Stuttgart (1937)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
10. Juni 1937: |
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