Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Unterfranken"
Traustadt (Gemeinde
Donnersdorf, VG Gerolzhofen, Kreis
Schweinfurt)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Traustadt bestand - vermutlich bis um 1900 - eine
jüdische Gemeinde.
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 wurden für Traustadt 14 (seit
1825 15) Matrikelstellen für die damals anwesenden jüdischen Familien
festgeschrieben (bereits mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Enssel
Hirsch (Schmusen), Feifel Strauß (Schnitthandel), Haium Reinstein (Schlachten),
Isaac Hirsch sen. (Schlachten und Viehhandel), Isaac Hirsch jun. (Schlachten und
Viehhandel), Israel Hirsch (Viehhandel) Joseph Hirsch (Viehhandel und
Schlachten), Jud Bachmann (Schmusen und Schlachten), Löb Weiss (Schmusen),
Pfeuffel Wolf (Schmusen), Seckel Uhlfelder (Branntweinbrenner, Schmusen und
Feldbau), Simon Goldstein (Schnitt- und Spezereihandel), Wolf Goldstein
(Schnitt- und Spezereihandel), Wolf Hirsch (Viehhandel), Aron Bachmann
(Leinenweberei, Matrikelstelle seit 1825).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, einen Raum
für den Unterricht der Kinder und vermutlich auch ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden
auf dem jüdischen Friedhof in Gerolzhofen
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Ein - allerdings
nicht namentlich bekannter - jüdischer Schullehrer wird erstmals im
Zusammenhang mit der Erstellung der Matrikellisten 1817
genannt. Zeitweise wurde wohl die Traustadter Gemeinde durch den Lehrer von
Gerolzhofen mitbetreut: 1863/65 sammelte
der Lehrer Israel Schüler (aus Gerolzhofen) Kollekten in Traustadt ein ("Der
Israelit" vom 14.1.1863; 13.9.1865). Um 1869 wird als Lehrer in Traunstein Isaak
Halesci (Haletzky) genannt ("Der Israelit" vom 21.4.1869 und 11.8.1869).
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner
ständig zurück. 1892 waren nach den Angaben des Statistischen Jahrhuches des
Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes noch fünf jüdische Familien am Ort, 1893
wieder acht Familien, 1895/1899 sieben Familien, 1903 noch 13 jüdische Einwohner (von
insgesamt 420 Einwohnern) in drei Haushaltungen.
In Spendenlisten zwischen den 1860er- und den 1890-Jahren in der Zeitschrift
"Der Israelit" werden aus Traustadt unter anderem genannt: Michael
(Miguel) Hirsch, J. (Jette?) Hirsch, Helena (Lena) Hirsch, Judas Goldstein, Sara
Goldstein, M. Reinstein.
Als Gemeindevorsteher werden genannt: Rudolph Hahn (1869), Michael
(Miguel) Hirsch (1876), Judas Goldstein (1889), B. Heß (1903).
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Abraham Marx (geb.
10.8.1884 in Gerolzhofen, vor 1914 in Traustadt wohnhaft, gef.
29.4.1917).
Unter den letzten jüdischen Einwohnern waren die Schwestern (?) Sophie und
Amalie (Babette) Hirsch, die seit etwa 1930 im Würzburger Heim in der
Dürerstraße 20 lebten. Sophie Hirsch (geb. 4. November 1856 in Traustadt) ist
am 8. August 1931 in Würzburg gestorben. Amalie (Babette) Hirsch wurde am 23. September
1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo sie am 8. Dezember 1942
umgekommen ist.
Von den in Traustadt geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Amalie (Babette)
Hirsch (1860).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Berichte zu
einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod von Jette Hirsch (1902)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Oktober 1902:
"Gerolzhofen, 6. Oktober (1902). Am
Sabbat ki Sowau verstarb
plötzlich in dem nahen Zeilitzheim,
die hochgeehrte Frau Jette Hirsch seligen Andenkens, im Alter von
86 Jahren. Die Verschiedene war erst vor kurzem mit ihrem Manne von Traustadt
zu ihrem Sohne, Herrn Lehrer Hirsch, übergesiedelt, um daselbst ihren
Lebensabend zu beschließen. Dieselbe erfreute sich bis zu ihrem
Lebensende einer körperlichen und staunenswerten geistigen Frische. Durch
ihren fröhlichen Humor und durch ihre trefflichen weiblichen
Eigenschaften war sie bei Jedermann sehr beliebt. Auch diejenigen Vorzüge,
die eine wackere Frau schmücken, waren bei der Heimgegangenen
vereinigt. Ihre Hand bricht Brot dem Armen, und ihre Hände streckt sie
aus dem Dürftigen. Mit ihrem Manne führte sie ein mustergültiges,
uneigennütziges Eheleben - Gutes und nicht Böses alle Tage ihres
Lebens und ihren Kindern war sie eine zärtliche, aufopfernde Mutter. Und
milde Lehre ist auf ihrer Zunge.
Möge die Verblichene für die Hinterbliebenen und für uns Alle ein rechter
Fürsprecher sein vor dem Throne des richtenden Königs, sodass wir
eingeschrieben werden: im Buch des Lebens, des Segens und des
Friedens.".
|
Zum Tod von Simon Hirsch (1903)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. August 1903: "Gerolzhofen,
24. August (1903). Vorigen Donnerstag Jom Kippur Katan, am Erew
Rosch-Chodesch Elul (sc. der Erew Rosch Chodesch Elul war am Sonntag,
23. August 1903), wurden hier von der Chebra Kadischa, welche gerade
vollzählig versammelt war, die irdischen Überreste des Herrn Simon
Hirsch von Traustadt, der ein Alter von 87 Jahren erreicht
hatte, zu Grabe getragen. Der Verlebte hatte seine letzten Ruhetage bei
seinem Sohne, Herrn Lehrer Hirsch in Zeilitzheim,
beschlossen. Obwohl seines Standes Kaufmann, bekleidete er doch ein
Menschenalter hindurch das wichtige Amt der Schechita mit größter
Gewissenhaftigkeit und zur Ehre von Gottes Gebot (ehrenamtlich) fungierte
er auch als Baal Tokea (Schofarbläser). Mit ihm ist ein seltener Schatz
wertvoller Erfahrung begraben, eine Fülle lichtvoller Klugheit, ein Leben
voll köstlichen Humors, verbunden mit eisernem Fleiße und Entsagung, die
er sich selbst auflegte, sodass wir wie letzthin in unserem
Wochenabschnitte sagen: 'ein Land, dessen Steine Eisen' (5. Mose
8,9). Sein Erdreich, wo er sich sanft zur Ruhe gebettet, birgt Edelsteine
des eisernen Fleißes, des eisernen Willens und der eisernen Tatkraft, 'und
aus seinen Gebirgen wirst du Kupfer hauen' (ebd.) und aus seinem
Grabeshügel leuchtet das funkelnde Metall des Verstandes und der Einsicht
hervor! Unsere Weisen sagen: Lese nicht 'Steine', sondern ihre 'Erbauer';
das sind die Guten und Frommen, die den sittlichen Aufbau der Welt
fördern und 'von ihren Bergen leuchtet es wie Eisen' und die sich
gegenseitig schärfen, anfeuern und begeistern in allem Guten und
Edlen.
Am Grabe dankte des Verstorbenen Sohn, Herr Lehrer Hirsch, im Namen
der Familie und nahm den letzten Abschied von seinem teuren Toten,
während Herr Lehrer Kissinger, Frankenwinheim,
schon im Sterbehause des Verblichenen ehrend gedachte. Das Andenken an
den Frommen ist zum Segen. L.G." |
90. Geburtstag der aus Traustadt
stammenden Hannchen Rosenblatt geb. Bachmann in Frankfurt (1926)
Anmerkung: Hannchen geb. Bachmann ist am 6. Januar 1836 in Traustadt geboren.
Sie heiratete 1877 in Burghaslach den
Witwer Seligmann Hirsch Rosenblatt, der in erster Ehe verheiratet war mit
Rebecca (Rika) geb. Guckenheimer (geb. 19. März 1823 in Burghaslach, gest. 19.
April 1876 ebd.). Seligmann starb in Burghaslach am 18. November 1895; er war
ein Urgroßvater von Ruth Lapide geb. Rosenblatt (siehe Seite zu
Burghaslach.
Genealogische Informationen: Einstieg zum Beispiel über Seligmann Hirsch
Rosenblatt
https://www.geni.com/people/Seligmann-Rosenblatt/6000000023035759844 .
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Januar 1926: "Eine
Neunzigjährige.
Am 6. Januar begeht in geistiger und körperlicher Frische das älteste
Mitglied der israelitischen Religionsgesellschaft (sc. Frankfurt),
Frau Hannchen Rosenblatt, ihren 90. Geburtstag. In Traustadt
(Unterfranken) geboren, verbrachte sie in ihrer Jugend mehrere Jahre in
Amerika und sodann in Frankfurt im Hause ihres Schwagers, des Rabbi E. M.
Schüler - das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen, später wurde
sie die Gattin des Herrn H. Rosenblatt - seligen Andenkens - in
Burghaslach. Nach dessen Ableben zog
es die Greisin wieder nach Frankfurt, wo sie seit vielen Jahren im Kreise
ihrer Verwandten (Familie Schwarz, Thüringer Straße 23) lebt. Innige
Frömmigkeit - kein Wetter hält sie vom Besuche des Sabbatgottesdienstes ab
-, unermüdlicher Fleiß, Hilfsbereitschaft und eine in diesem Alter kaum
wieder zu findende Lebensfreudigkeit sichern ihr die höchste Verehrung ihrer
Verwandten und Freunde. Möge ihr eine recht sonniger Lebensabend beschieden
sein." |
Zur Geschichte der Synagoge
Über die Geschichte der Synagoge in Traustadt liegen nur
wenige Informationen vor. Nach einer Recherche von Elisabeth Böhrer im
Staatsarchiv Würzburg (Mitteilung
vom 19.1.2021) wurde das Gebäude von der jüdischen Gemeinde (als Eigentümerin
ist "Die Judenschaft" eingetragen) 1829 erworben und nach der Schließung
der Synagoge und dem Verkauf des Gebäudes (1906) als
Wohnhaus genutzt.
Adresse/Standort der Synagoge: Zu den
Weinbergen 6
Fotos
Es sind noch keine
Fotos zur ehemaligen Synagoge beziehungsweise zur jüdischen Geschichte in
Traustadt vorhanden;
über Zusendungen und Hinweise freut sich der
Webmaster der "Alemannia Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. |
|
|
|
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1992² S. 126. |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 134. |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|