Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Uttrichshausen (Gemeinde Kalbach, Kreis Fulda )
Jüdische Geschichte / Synagoge
    
(erstellt unter Mitarbeit von Michael Mott, Fulda)

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde 
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
bullet Begräbnisse auf dem jüdischen Friedhof in Altengronau  
bulletLinks und Literatur   

   

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde         
   
In Uttrichshausen bestand eine kleine jüdische Gemeinde bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts. 1913 wurde sie aufgelöst.   
   
Bereits im 17./18. Jahrhundert lebten Juden am Ort. Erstmals werden in der Zeit des Dreißigjährigen Krieges (1633/1641) anlässlich von Erbstreitigkeiten zwischen dem Grafen von Hanau und dem Hochstift Fulda Juden am Ort erwähnt. Nach 1720 verzog von Uttrichshausen nach Brückenau Isaak Sißel, um sich dort als einer der ersten nach der Ausweisung der Juden 1671 aus dem Hochstift Fulda niederzulassen. Vielleicht waren bereits seine Vorfahren im Hochstift Fulda oder in Brückenau ansässig gewesen. 1734 kaufte der "Jud mosch" ein Haus vom "Süssel Jud" in Uttrichshausen. Aus dem 18. Jahrhundert liegen zahlreiche weitere Erwähnungen jüdischer Einwohner am Ort vor.         
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1818 sieben jüdische Familien (genannt werden vier Familien Katz und je eine Familie Goldstein, Goldschmidt und Levi), 1835 68 jüdische Einwohner (von insgesamt 853 Einwohnern), 1840 70 (von insgesamt 1006 Einwohnern), 1861 61, 1875 59, 1885 acht jüdische Häuser mit zehn Familien, 1893 34 jüdische Einwohner (in sieben Familien), 1894 37 (in acht Familien), 1896 35 (in acht Familien), 1897 39 (in acht Familien), 1898 40 (in acht Haushaltungen), 1899 48 (in neun Haushaltungen), 1901 45 (in acht Haushaltungen), 1903 46 (in neun Haushaltungen; von insgesamt 800 Einwohnern; 1905 35.
 
An Einrichtungen bestanden eine kleine Synagoge und ein Schulraum für den Unterricht der Kinder. Ein eigener Lehrer war wahrscheinlich zu keiner Zeit vorhanden. 1879 wurde gemeinsam mit Heubach ein Lehrer angestellt, der seinen Wohnort in Heubach hatte (siehe Ausschreibung der Stelle unten). Das "Statistische Jahrbuch des Deutsch-Israelitischen Gemeindebundes" von 1887 notiert dann auch (S. 14; ebenso 1889 S. 28), dass der Religionsunterricht der jüdischen Kinder in Uttrichshausen durch Lehrer David Albrecht von Heubach erteilt wurde. 1892 waren es sieben jüdische Kinder in Uttrichshausen, die inzwischen durch Lehrer Jakob Rothschild aus Heubach unterrichtet wurden (1894/1898 sechs Kinder,1899 acht Kinder, weiterhin durch Jakob Rothschild unterrichtet).  
 
Die Toten der jüdischen Gemeinde wurden in Altengronau beigesetzt. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Hanau. Die Beziehungen zwischen Heubach und Uttrichshausen waren allerdings nicht so eng, da es beispielsweise kaum eheliche Beziehungen zwischen den beiden Orten gegeben hat, wie Johanna Rau in der "Geschichte der jüdischen Gemeinde Heubach" hervorhebt. 
 
Als Gemeindevorsteher wird um 1892/1903 genannt: S. Sondheimer.
  
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts sind mehrere jüdische Familien von Uttrichshausen verzogen (nach Fulda, Neuhof und Flieden). Im Jahr der Auflösung der Gemeinde 1913, als noch 23 Personen der Gemeinde angehörten, war Vorsteher der Gemeinde Samuel Goldmeier (dies nach der Angaben des "Handbuches der jüdischen Gemeindeverwaltung" von 1924/25).
     
Die meisten jüdischen Einwohner haben wohl noch in den 1920er-Jahren Uttrichshausen verlassen. In der NS-Zeit konnten mehrere der jüdischen Einwohner in die USA, nach England oder nach Palästina/Israel emigrieren.  
  
Von den in Uttrichshausen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Flora Bähr geb. Katz (1894), Louis (Lazarus) Goldmeier (1874), Nathan Goldmeier (1879), Frieda Gottlieb geb. Sondheimer (1883), Frieda Heß geb. Katz (1903), Benny Katz (1892), Lina Katz (1900), Max Katz (1895), Paula Katz (1898), Sara Kaufmann geb. Katz (1888), Selma Rosenthal (1889), Hannchen Strauß geb. Katz (1896), Paula Wahlhaus geb. Goldmeier (1897).     
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben 
Hinweis auf einen Bericht zur Auflösung der Gemeinde (1913)    
Anmerkung: Jahrgang 1913 der Zeitschrift "Der Israelit" ist online leider nicht zugänglich, daher konnte der Artikel in compactmemory  http://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/nav/index/title/ nicht eingesehen werden. 

Aus den "Mitteilung des Gesamtarchivs der Deutschen Juden" 1914 S. 186: Hinweis auf "Uttrichshausen... Bericht über die Auflösung der Gemeinde (Der Israelit LIV nr. 38 S. 9)."     

 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1879 - gemeinsam mit Heubach

Uttrichshausen Israelit 17091879.jpg (80370 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1879: "Bekanntmachung
Die israelitische Religionslehrerstelle zu Heubach und Uttrichshausen ist erledigt. Der Wohnsitz des Lehrers ist in Heubach und hat derselbe wöchentlich zweimal in dem 1/2 Stunde entfernten Uttrichshausen Religionsunterricht zu erteilen. Bewerber im dieser Stelle wollen ihre Meldungsgesuche mit der erforderlichen Zeugnissen versehen, binnen drei Wochen bei unterzeichneter Stelle einreichen. Gehalt 600 Mark nebst freier Wohnung und 1 1/2 Klafter Holz jährlich und ansehnlichen Nebeneinkünften.  
Hanau, den 4. September 1879. Königliches israelitisches Vorsteheramt. Hamburger."     

    
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde     
Zum Tod des aus Uttrichshausen stammenden langjährigen Gemeindevorstehers in Neuhof David Sondheimer (1928)   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. Dezember 1928: "Neuhof bei Fulda, 1. Dezember (1928). Einen schweren, unersetzlichen Verlust hat unsere kleine Gemeinde erlitten. Unser Gemeindeoberhaupt, unser langjähriger Führer Sondheimer ist nicht mehr. Am verflossenen Donnerstag unternahm der noch im besten Mannesalter, allerdings schon länger leidende Mann, eine Geschäftsreise nach seinem Geburtsorte Uttrichshausen. Ahnungslos und wohlgemut betrat er die nächste Bahnstation Kerzell, um nach vollbrachtem Tagewerk wieder zu seiner Familie heimzukehren. Da ereilte ihn jäh der Tod. Was Herr Sondheimer für unsere Gemeinde bedeutete, wird man erst mit der Zeit wahrnehmen. Er war es, der nach dem frühen Ableben des allverehrten Lehrers Kaufmann Rothschild - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen - mit Umsicht und Geschick die Leitung der führerlosen Gemeinde in die Hand nahm und auf Weitererhaltung der religiösen Bräuche und Satzungen bedacht war. Trotz schwerster Kämpfe ließ er sich niemals bereden, von dem geraden Weg der Pflicht abzugehen. 
Um den plötzlich Verstorbenen klagt eine liebende Gattin nebst vier noch unversorgten Kindern. Welch großer Beliebtheit sich der so jäh Dahingeschiedene allenthalben erfreute, das konnte man aus dem Leichenbegängnis erkennen. 
Von nah und fern hatten sich zahlreiche Freunde und Verehrer des Dahingeschiedenen eingefunden, um dem treuen Freunde die letzte Ehre zu erweisen. 
Die Beteiligung seitens der Gemeinde, auch der christlichen Bevölkerung war eine allgemeine. 'Ein Mensch gleich in seinem Leben der strahlenden am Horizont auf- und niedergehenden Sonne'. Das war der Text der Trauerrede des Lehrers Weinberg in Flieden, worin er der andächtig lauschenden Trauergemeinde den Lebensgang und das segensreiche Wirken des Heimgegangenen schilderte. 
Im Auftrage des Herrn Provinzialrabbiners Dr. Cahn in Fulda dankte der Herr Kreisvorsteher Dr. Herz, Fulda dem dahingeschiedenen treuen Mitarbeiter für die der Gemeinde und der Jüdischkeit geleistete Mitarbeit. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."      

     
     
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen 
Anzeige der Bäckerei Lazarus Goldmeier II. (1898)              

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Mai 1898: "Suche für meine Schabbat und Feiertag geschlossene Bäckerei einen Lehrling, unter sehr günstigen Bedingungen.
Lazarus Goldmeier II., Uttrichshausen bei Fulda."     

   
Anzeige der Metzgerei Meier Katz (1900)     

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. September 1900:
"In meiner Sabbat und Festtagen streng geschlossenen Metzgerei, kann ein starker Junge braver Eltern unter günstigen Bedingungen in die Lehre treten.
Meier Katz, Uttrichshausen
, Station Neuhof, Reg.-Bezirk Kassel."     

    
    
 
    
Zur Geschichte der Synagoge  
        
   
1813 erwarben die jüdischen Familien im Bereich der alten Wasserburg das Haus Nr. 87 und richteten darin eine Synagoge ein. Bis in die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg wurden Gottesdienste abgehalten.
 
Nach Auflösung der jüdischen Gemeinde und der Synagoge 1913 kamen der Tora-Schrank und eine Tora-Rolle an das "Gumpertz'sche Siechenhaus" nach Frankfurt am Main (Röderbergweg 62-64); zur Geschichte dieser Einrichtung: https://www.juedische-pflegegeschichte.de/gumpertzsches-siechenhaus-1888-1941-juedische-pflege-fuer-die-aermsten-der-armen-im-frankfurter-ostend/.  
   
Eine Torarolle und ein Tora-Schrank aus der Synagoge in Uttrichshausen kommen nach Frankfurt (1913)    

Mitteilung im "Rechenschaftsbericht des Vereins 'Gumpertz'sches Siechenhaus' und der 'Minka von Goldschmidt-Rothschild-Stiftung" (Frankfurt) 1913 S. 25: "Für die Anstalts-Synagoge wurden gestiftet: ...  
Von der Israelitischen Gemeinde Uttrichshausen, durch Herrn Lehmann David, eine Sefer Thora (Tora-Rolle) mit Mäntelchen (Tora-Umhüllung) und ein Tora-Schrank."   

Das Gebäude der ehemaligen Synagoge in Uttrichshausen wurde zu einem Wohnhaus umgebaut und blieb auch nach 1945 erhalten, bis es Anfang des Jahres 2000 abgebrochen wurde.     
      
      
Adresse der (abgebrochenen) Synagoge: Talbrückenstraße 6.       
      
      
Fotos  

Es sind derzeit noch keine Fotos zur jüdischen Geschichte in Uttrichshausen vorhanden; über Hinweise und Zusendungen 
freut sich der Webmaster der "Alemannia Judaica"
; Adresse siehe Eingangsseite.  
     

     
     
Begräbnisse auf dem jüdischen Friedhof Altengronau - "Haus der Ewigkeit" auch für Juden aus Uttrichshausen 
(Beitrag von Michael Mott / Fulda im September 2021; mit Fotos von Michael Mott)     

Die Bestattungen der jüdischen Mitbürger der Synagogengemeinde des geschichtsträchtigen Rhönortes Uttrichshausen Gemeinde Kalbach/Rhön im Süden des Landkreises Fulda, fanden auf dem Israelitischen Bezirks-, Verbands- oder Sammelfriedhof in Altengronau (heute: Gemeinde Sinntal im Main-Kinzig-Kreis, Hessen) statt, der 1661/1662 (Akte von 1671) eingerichtet worden war. Für den "Judentotenhof" gab es einen eigenen Vorsteher. Malerisch über dem Tal der Schmalen Sinn auf dem Grauberg südöstlich, traditionsgemäß außerhalb der Ortschaft, am Waldrand gelegen, diente er mehreren Gemeinden als Begräbnisplatz, darunter auch aus dem benachbarten Bayern. Auf diesem knapp 9.000 Quadratmeter großen eindrucksvollen Bergfriedhof befinden sich 1.491 erfasste Grabstätten aus der Zeit zwischen 1691(1684?) und 1937. Er ist ein Besuch wert, und ist einer der schönsten der rund 300 jüdischen Friedhöfe in Hessen; manche sagen, er vermittele ein Gefühl der Ewigkeit.
Dieser israelitische Totenhof, dessen Grabsteine nicht wie üblich geostet, sondern nach Süden ausgerichtet sind, ist für Juden ebenso bedeutsam wie die Synagoge. Hier finden sich 59 Grabsteine (Mazewa), die aufgrund von Grabsteininschriften oder schriftlichen Nachrichten, Uttrichshausen zugeordnet werden können.
Der älteste Grabstein ist der von Jetle, Frau des Jonas ha-Levi, Tochter des Rabbi Löb Unna seligen Angedenkens, die am 3. April 1700 verstorben war. Der jüngste Grabstein ist im jüngeren Friedhofsteil (seit 1875) zu finden und betrifft das Grab von Meier Goldmeier, Sohn des Simon Goldmeier, geboren um 1841, verstorben am 27. Februar 1908.
Es sind natürlich mehr als 59 jüdische Personen von Uttrichshausen auf dem Friedhof bestattet, auch eingedenk der Anzahl von jüdischen Mitbürgern, wie beispielsweise in den Jahren 1835, wo bei 853 Einwohnern, 68 jüdischen Glaubens waren oder 1885, wo das Dorf 811 Bewohner zählte, wovon 47 Juden (23 männlich, 24 weiblich) waren, die in acht Wohnungen lebten (an Gebäuden waren zehn jüdisch).
Familienangehörige wurden auch in Familiengräbern beigesetzt, dabei wurde auf dem Grabstein, der erst nach einem Jahr nach dem Tode aufgestellt wird, zumeist kein weiterer Hinweis angebracht; Kinder und Rabbiner und andere geehrte Personen wurden in vielen Fällen an besonderen Plätzen begraben. Manche Verstorbene begrub man jedoch ohne Grabstein auf einem besonderen Gräberfeld, so ledige Personen und im Wochenbett verstorbene Frauen. Besonders auffällig sind fehlende Grabsteine für die hohe Anzahl von verstorbenen Kindern. Finanzielle Hintergründe dürften wohl auch eine Rolle gespielt haben. Die Grabstellen dürfen nicht aufgelöst und neu vergeben werden.
17-mal taucht der Name "Katz" auf, neun mal Goldmeier, vier mal Goldschmidt, ebenfalls vier mal Goldstein und vier mal Löw.
Zwei jüdische Mitbürger aus Uttrichshausen, bei denen auch der Ort auf den Grabsteinen genannt wird, sind auf anderen Friedhöfen bestattet worden, einmal Löb Heß (1880) in Weyhers, wohnhaft in Schmalnau (Arije, Sohn des Benjamin Seew aus Uttrichshausen) sowie Jeanette Friedberger, geborene Kahn (1884) in Hanau, Wohnort Hanau, geboren in Uttrichshausen (Witwe Frau Scheinele, 74 Jahre, Ehefrau des ehrbaren Baruch (Bernhard) Friedberger, Schneidermeister; Tochter von Isaac Kahn und der Clara geb. Abraham).
Angemerkt sei noch, dass ein Moses Katz aus Uttrichshausen, als Musketier im 2. Thüringischen Infanterie-Regiment Nr. 32, 1. Kompagnie, im deutsch-französischen Krieg 1870/71 am 2. Dezember 1870 schwer verwundet und am 7. Dezember im Lazarett von Poupry (Département Eure-et-Loir, Frankreich) verstorben ist.

Auch Grabsteine erzählen Geschichte:
Manchen Grabsteinen kann man auch Informationen über die jüdische Gemeinde entnehmen:
* Kind Naftali Moses (Mosche), gest. 23. Juni 1738, Sohn des Rabbi Samuel (Schmuel), Uttrichshausen.
* Moses (Mosche), gest. 9. Dez. 1803 als "Greis". In der Inschrift heißte es: "er liebte die Gemeinde und beschnitt die "Lieblinge" zu Ehren des Schöpfers".
* Samuel (Schmuel) Katz, geb. etwa 1765, gest. hochbetagt am 24. Jan. 1851, Sohn des Moses Mosche) Kohen, wird in der Inschrift seines Grabsteines als "Vorbeter" bezeichnet.
* Meier Goldschmidt (Me´ir ha-Levi), Thoraschreiber, geb. etwa 1778 gest. 26. Jan. 1844, Sohn des Bendit Goldschmit und der Ester geb. Meier aus Lendsfelt; wird auf seinem Grabstein als Schreiber von Thorabüchern bezeichnet, auf seinem Grabstein befindet sich die Darstellung einer Levitenkanne.
* Simon (Schimon) Goldstein, Thoraschreiber, geb. etwa 1781 verst. 27. Mai 1845; wird auf seinem Grabstein als Studierer und Schreiber von Thorabüchern bezeichnet.
* Moses (Mosche) Goldstein; Vorbeter ("An Neujahr und am Versöhnungstag betete er am Vorbeterpult"), gest. 24. Jan. 1877, Sohn des Simon Goldstein und der Beile Goldschmidt.
* Auf dem Grabstein des Säuglings Joseph Katz (1881), Sohn des Metzgers Isaak (Jizchak) (Katz) ha-Kohen und der Fanni Rothschild geboren in Groß-Umstadt, wird Uttrichshausen als "heilige Gemeinde" bezeichnet, das gleiche auch bei ihrem 2 ½ jährigen Sohn Leobold (Löw), gest. 1884.
  
*Auf einer ganzen Reihe von Grabsteinen finden sich Darstellungen von "segnenden Händen". Sie sagen dem Betrachter, dass hier ein Angehöriger des Priesterstammes der Kohen ruht. Die Kohanimfamilie in Uttrichshausen nahm den Namen Katz an. Der Krug oder das Kännchen oder der Becher sind das Zeichen für die niedere Priesterkaste der Leviten. Ihr Ahnherr ist Levi, einer der zwölf Söhne Jakobs. Die levitische Familie in Uttrichshausen hieß Goldschmidt.

Nachfolgende die Liste von Grabdenkmälern auf denen Darstellungen von "segnenden" Priesterhänden" zu finden sind (männliche Personen), dabei sei angemerkt, dass dies nur diejenigen sind, bei denen sich das Oberteil des Grabsteines erhalten hat. Die Grabnummern beziehen sich auf die Aufnahme und kartographierte Karte der Grabsteine:
1) Grab Nr. 69 Löw K"tz aus Uttrichshausen, gest. 27.11.1796
2) Grab Nr. 565 Izik, Sohn des J. Katz, aus Uttrichshausen, gest. 4.3.1846 [Isaak Katz, 73 Jahre]
3) Grab Nr. 867 Jizchak, Sohn des Schmuel ha-Kohen, aus Uttrichshausen, gest. 6.4.1870 [Isaak Katz, Sohn des Samuel Katz und der Jend geb. Goldstein, Witwer, 75 Jahre]
4) Grab Nr. 974 Löw, Sohn des Isaak ha-Kohen, ein Kind, aus Uttrichshausen, gest. 23.11.1884 [Leobold Katz, Sohn des Isaak Katz und der Fanni geb. Rothschild, aus Groß-Umstadt, 2 1/2 Jahre]
5) Grab Nr. 988 Jehuda, Sohn des Me'ir ha-Kohen, aus Uttrichshausen, gest. 2.11.1890, 7 Jahre [Leobold Katz, Sohn des Maier Katz und der Karoliena geb. Goldschmidt von Heubach, 8 Jahre]
6) Grab Nr. 638 Mosche, Sohn des Jehuda Katz, aus Uttrichshausen, gest. 5.8.1844 [Moses Katz, 63 Jahre]
7) Grab Nr. 840 Nathan, Sohn des Schmuel K"tz, aus Uttrichshausen, gest. 27.1.1868 [Nathan Katz, Mann der Fanni Lefi, 62 Jahre]
8) Grab Nr. 962 Anschel, Sohn des Isaak ha-Kohen, ein Junge, aus Uttrichshausen, gest. 5.2.1881
9) Grab Nr. 1172 Jechiel, Sohn des Mosche ha-Kohen, aus Uttrichshausen, gest. 30.1.1895
10) Grab Nr. 992 Scholem, Sohn des Isaak ha-Kohen, ein Kind, aus Uttrichshausen, gest. 5.3.1891
Anm.: Die Angaben in eckigen Klammern aus den Sterberegistern Uttrichshausen.


Im Judentum werden die Toten möglichst schon an ihrem Sterbetag, spätestens am nächsten Tag, bestattet, denn erst dann kann die Seele den Körper nach jüdischem Glauben verlassen. Die Juden von Uttrichshausen hatten ihre Toten über eine Strecke von etwa 25 Kilometern bis zum Friedhof in Altengronau zu transportieren. Dabei ging es über Berg und Tal; wie mühsam und strapaziös dies war, kann man heute nur erahnen, dabei durfte noch nicht einmal eine einzige Ruhepause eingelegt werden, wie dem Berichterstatter von Nachkommen Uttrichshäuser Juden berichtet wurde. Nach den Einträgen in den Sterberegistern kam es aber auch vor, dass die Bestattung erst zwei Tage nach dem Ableben erfolgte. Wegen der Möglichkeit des Scheintods ist seit dem 19. Jahrhundert eine Frist von 48 Stunden bis zur Beisetzung vorgeschrieben, seitdem gilt "weltliches Gesetz vor der Religion".
   
Hauptquellen: 
- Jüdische Grabstätten: https://www.lagis-hessen.de/de/subjects/idrec/sn/juf/id/5522 
- Familienregister aus Uttrichshausen: siehe die unten angegebenen Quellen.    

Der Israelitischen Verbands- oder Sammelfriedhof in Altengronau Gemeinde Sinntal im Main-Kinzig-Kreis (Hessen) wurde 1661/1662 eingerichtet. Zu den jüdischen Gemeinden die hier ihre Toten bestatteten gehörte auch Uttrichshausen. Hier die Eingangspforte zum Friedhof mit seinen 1.491 erfassten Grabstätten und das 1856 wiedererrichtete Taharahaus, das einen Stein für die rituelle Leichenwaschung, sowie einen Raum der Chewra Kadischa (Beerdigungsbrüderschaft) beherbergt.     

  
   
links Grabstein Grab Nr. 638: Mosche, Sohn des Jehuda Katz, aus Uttrichshausen, Viehhändler, gest. 5. August 1844 [Moses Katz, 63 Jahre], bestattet am 7. August (geb. etwa 1781).
     

 

Grabstein Grab Nr. 840: Nathan, Sohn des Schmuel K"tz, aus Uttrichshausen, gest. 27. Januar 1868, 62 Jahre, bestattet 29. Januar (geb. etwa 1806). Nathan Katz (Schumacher) war verheiratet mit Fanni Lefi (Levy). Katz wird in den Standesregistern gelegentlich unter Bemerkungen, von fremder Hand eingetragen, auch als Musikant bezeichnet.
Ungewöhnliche Darstellungen: auf Vorderseite: segnende Priesterhände, Schale und Levitenkanne, an den Seitenrändern Rundsäulen; auf der Rückseite: oben drei nicht sicher zu deutende Objekte, in der Mitte möglicherweise eine Sanduhr (Stundenglas), die beiden äußeren eventuell Zangen.
Inschrift Vorderseite (Übersetzung der hebräischen Inschrift):   

Hier ruht
[einer, der] "rechtschaffen wandelte und Recht tat"1,
mit ganzem Herzen diente er seinem Schöpfer
und war friedliebend bis zu seinem Tod.
"Er war reinen Herzens und hatte unschuldige Hände"2
Mit einem reinen Herzen und mit unschuldigen Händen ging er hin-
auf in den Himmel: Nathan, Sohn des Samuel Katz,
Uttrichshausen. Gestorben am Montag, den 3.
Schewat, und begraben am Dienstag [5]628 n.d.k.Z.
Seine Seele sei eingebunden im Bunde des Lebens.
1) Ps. 15, 2  2) Ps. 24, 4.

 

 

 

 

  Michael Berney aus Kfar Jedidia/Israel (1908 - 1991), dessen Mutter Frida Katz aus Uttrichshausen stammte (* 1877, Haus-Nr. 103, später Nr. 92, + 1953/Israel) mit Sohn Giora Ende August 1982 auf dem jüdischen Friedhof in Altengronau auf der Suche nach Grabstätten der Familie Katz. Michael Berney wanderte, nach landwirtschaftlicher Ausbildung auf dem jüdischen Lehrgut Rodges (Kibbuz) bei Fulda, 1929 nach Israel aus . 
Aus der Vielzahl von Informationen können wir uns ein recht gutes Bild über die jüdische Gemeinde Uttrichshausen machen. Es wird von Gemeindevorstehern, Vorbetern, Vorsängern und Lehrern berichtet, auch von Thorarollenschreibern, einem "Beschneider", einem Musikant (Schofarbläser?) erfahren wir, Nachrichten über Betsaal, Religionsschule und Synagoge, über jüdische Wohnplätze, berufliche Tätigkeiten und familiäre Ereignisse und weiteres mehr. So kann an erkennen, dass die jüdische Gemeinde gut aufgestellt war, nicht reich, eben eine kleine Landgemeinde am Rande der Rhön. 

    
      

  
Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Kalbach mit Unterseiten zu Uttrichshausen 
bulletWikipedia-Artikel  https://de.wikipedia.org/wiki/Uttrichshausen    

Quellen:  

Hinweis auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Uttrichshausen 
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs (innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar: 
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41              
Zu Uttrichshausen sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):    
HHStAW 365,851   Geburtsregister der Juden von Uttrichshausen  1837 - 1853  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290103      
HHStAW 365,853   Trauregister der Juden von Uttrichshausen  1837 - 1866  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v290104     
HHStAW 365,854   Sterberegister der Juden von Uttrichshausen  1838 - 1863     https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v5135983               
HHStAW 365,852   Geburtsregister der Juden von Uttrichshausen  1854 - 1889, enthält auch Angaben zu Personen aus Neuhof  https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3031409       
HHStAW 365,855   Sterberegister der Juden von Uttrichshausen   1865 - 1890   https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1900019   
Anm.: In den reformierten/evangelischen und katholischen Kirchenmatrikeln von Uttrichshausen finden sich keine Tauf-, Heirats- und Sterbeeintragungen von jüdischen Mitbürgern.
     

Literatur:  

bulletPaul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang - Untergang - Neubeginn. 1971. Bd.  I S. 364-365 (unter Heubach)  
bulletKein Artikel in Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945? 1988 und dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994.   
bulletJohanna Rau: Geschichte der jüdischen Gemeinde Heubach. Online zugänglich
bulletFulda Lit 140.jpg (118420 Byte)Juden in Deutschland und 1000 Jahre Judentum in Fulda
hrsg. von Michael Imhof.  Zukunft Bildung Region Fulda e. V. 
Erschienen im Michael Imhof Verlag Petersberg 2011.  
24 x 30 cm, 440 Seiten, 700 S/W und 200 Farbabbildungen, Hardcover. ISBN 978-3-86568-673-2 
(D) 44,00 €   CHF 62,90  (A) 45,25 €   
Zu Uttrichshausen Beitrag von Michael Imhof S. 374.    
bulletMichael Mott: Jüdische Gemeinde Uttrichshausen. In: "Buchenblätter", Fuldaer Zeitung, 60. Jahrg., Nr. 13 vom 20. Mai 1987, S. 51, 52.
bulletders.: In Vergessenheit geratene Zeitzeugen – Beispiel: Synagoge in Uttrichshausen. In: Fuldaer Zeitung, Nr. 37 vom 13. Februar 1992, S. 14.
bulletders.: "Ehemalige Synagoge wurde abgerissen / Einstiger jüdischer Kultusbau in Uttrichshausen war schon seit dem Ersten Weltkrieg kein Gotteshaus mehr", in: Fuldaer Zeitung, Nr. 52 vom 2. März 2000, S. 12. 

   
Hinweis auf familiengeschichtliches Werk  

Nathan M. Reiss 

Some Jewish Families 
of Hesse and Galicia 
Second edition 2005 
http://mysite.verizon.net/vzeskyb6/  
Reiss Lit Titel 010.jpg (44676 Byte) Reiss Goldschmidt usw 010.jpg (68557 Byte)
   In diesem Werk eine Darstellung zur Geschichte der jüdischen Familien Goldschmidt, Hess und Levi-Kann in Heubach, Sterbfritz, Uttrichshausen und Züntersbach ("The GOLDSCHMIDT, HESS and LEVI-KANN Families of Heubach, Sterbfritz, Uttrichshausen, and Züntersbach" S. 143-170) ( Nachkommen bis um 2000) mit zahlreichen Abbildungen u.a.m.      

      

n.e.    

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

                                             

 

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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020