Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Unterfranken"
Bad Brückenau (Kreis
Bad Kissingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Es besteht eine weitere Seite
mit Texten zur jüdischen Geschichte in Stadt
und Bad Brückenau
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In (Bad) Brückenau bestand eine jüdische Gemeinde bis
1938/42. Ihre Entstehung geht in die zweite Hälfte des 19.
Jahrhunderts zurück, doch gab es bereits im 16./17. Jahrhundert
einige jüdische Familien in der Stadt, die eine Gemeinde gebildet haben. 1524 bis 1527 wird mehrfach "Jud
David von Brückenau" genannt, danach ließ er sich in Zeitlofs
nieder. In den folgenden Jahrzehnten werden jeweils mehrere Familien genannt
(seit 1558 Jud Mosche aus Ilmenau in Brückenau; seit 1561 Jud Salomon von
Brückenau Hoffaktor der Gräfin Helene von Pfalz-Simmern / Hanau; 1588 Jud Irmoldt aus
Brückenau u.a.m.). 1576 lebten sieben oder acht jüdische Familien in der
Stadt. Um 1600 dürften es acht bis zehn Familien gewesen sein, die bei einer
geschätzten Zahl jüdischer Einwohner von etwa 500 ungefähr 10 % der
Bevölkerung ausmachten. Auf die jüdische Ansiedlung in der Zeit des 16./17.
Jahrhunderts dürfte die noch in der Stadt bestehende "Judengasse" zurückgehen.
Zu Beginn des 17. Jahrhunderts bestand die jüdische Gemeinde aus etwa 11
Haushaltungen. Die jüdischen Haushaltsvorstände lebten überwiegend vom Handel
mit "Kram mit Ellen und Gewicht", Silber- und Goldwerk, Pferden, Fellen
und Lederwerk, teilweise vom Fruchthandel. Die Gemeinde hatte an Einrichtungen eine Synagoge (Betraum, s.u.), eine Schule und
einen Friedhof sowie einen Lehrer
beziehungsweise Vorbeter. 1671 wurden die
Juden aus der Stadt wie im ganzen Hochstift Fulda vertrieben (nur fünf Familien
durften damals in Fulda, eine in Neuhof verbleiben).
Einige der Brückenauer Familien zogen vermutlich nach Züntersbach,
Unterriedenberg oder Geroda und fanden dort
eine neue Heimat.
Eine neue jüdische Niederlassung entstand seit dem 18. Jahrhundert. Seit den 1720er-Jahren
konnten wiederum einige jüdische Personen in der Stadt wohnen. Zwei der ersten
waren aus Uttrichshausen (Isaak Sißel) und Weyhers (Heyum Levi) zugezogen. In
der Folgezeit werden weitere Juden in der Stadt genannt, die auch Hausbesitzer
beziehungsweise Mitbesitzer geworden sind. 1763 waren drei Familien in der
Stadt; 1789 vier Familien, die des Hejum Joseph, David Samuel, Meyer Löb und
des Meyer Levi. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts blieb die Zahl der
jüdischen Einwohner klein: 1803 waren vier jüdische Familien in der Stadt:
Löb Feibel, Schneegold, Meyer Hirsch und Meyer Levi. Beim letztgenannten
handelte es sich um den "Judenlehrer". Die Familien lebten vom
Warenhandel, Viehhandel und kleinem Schnittwarenhandel. Auf Grund der durch das
bayerische Matrikelgesetz festgelegten Zahl der jüdischen Familien pro Ort durften
bis 1867 nur drei bzw. vier Familien in Brückenau
leben. 1817 waren die drei in der Matrikelliste festgehaltenen Familien
(mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Joseph David Cahner (Waren- und
Viehhandel), Jendelge, Witwe von Feibel Mosbacher (Viehhandel), Maier Löb
Sommer (kleiner Schnittwarenhandel und Schlachten).
Seit der Aufhebung des Matrikelparagraphen (1861) entwickelte sich die Zahl
der jüdischen Einwohner wie folgt: 1867 19 jüdische Einwohner (1,2 % von
insgesamt 1.571), 1880 55 (3,3 % von 1.654), 1900 114 (7,0 % von 1.627), 1910
124 (5,9 % von 2.098). Jüdische Familien sind in dieser Zeit u.a. von Züntersbach, Leichtersbach,
Schondra, Geroda und Schmalnau zugezogen.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde in der Stadt
Brückenau einen Betsaal (bis 1913), dann eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule, ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war ein
Religionslehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schächter fungierte. Bei anstehenden Neubesetzungen
wurde die Stelle immer wieder ausgeschrieben (vgl. Ausschreibungstexte unten). In
besonderer Erinnerung blieben die Lehrer David Lehmann (von 1877 bis
1922 in Brückenau, siehe ausführlicher Nachruf auf
Textseite), Samuel Gundersheimer (von 1922 bis 1939 in
Brückenau). Die Gemeinde gehörte bis 1892/93 zum Bezirksrabbinat Gersfeld,
danach zum Rabbinatsbezirk Bad
Kissingen.
Im Bereich von Bad Brückenau war das Hotel Kaufmann (s.u.) Mittelpunkt des
religiösen Lebens. Es verfügte auch über eine schön eingerichtete
Haussynagoge, in dem über Jahrzehnte während der Kursaison wie auch in der
Stadtsynagoge täglich Gottesdienste abgehalten wurden.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Emil
Goldschmidt (geb. 2.2.1897 in Züntersbach,
gef. 27.4.1918). Sein Name steht auf dem Kriegerdenkmal der Stadt (neu aufgestellt
vor dem alten Rathaus). Außerdem sind gefallen: Gefreiter Willy Frank
(geb. 24.12.1883 in Brückenau, vor 1914 in Würzburg wohnhaft, gef.
6.9.1918), Ernst Maßmann (geb. 2.7.1896 in Brückenau, vor 1914 in
Bamberg wohnhaft, gef. 21.7.1915) und Raphael Adler (geb. 8.8.1892 in
Brückenau, vor 1914 in Zeitlofs
wohnhaft, gef. 24.11.1924).
|
Für das Leben in der Kurstadt Bad Brückenau waren für jüdische Kurgäste die
drei streng rituell geführten Hotels von zentraler Bedeutung: im Bereich von Bad
Brückenau die Hotels der Familien Kaufmann (seit 1876) und Strauss (seit 1900,
zuvor Hotel Kullmann), im Bereich der Stadt Brückenau das
Central-Hotel von Julius Schuster (seit 1923).
Um 1924, als zur Gemeinde 128 Personen gehörten
(damals wurden separat Ort Brückenau mit 120 und Bad Brückenau mit 8
jüdischen Einwohnern gerechnet; 5,3 % von insgesamt etwa 2.393), waren die
Vorsteher der Gemeinde Nathan Grünebaum und Max Goldschmidt. Lehrer, Kantor und
Schochet war Samuel Gundersheimer. Er unterrichtete an der Israelitischen
Volksschule damals 10 Kinder. 1932 waren die Gemeindevorsteher Salomon
Stern (1. Vors.) und Max Goldschmidt (2. Vors.). Lehrer und Kantor war weiterhin
Samuel Gundersheimer; er betätigte sich auch als Schriftführer des
Gemeindevorstandes. Im Schuljahr 1931/32 unterrichtete er acht jüdische Kinder
in der Israelitischen Volksschule, dazu erteilte er 16 Kindern der Gemeinde den
Religionsunterricht. An jüdischen Vereinen gab es den Wohltätigkeitsverein Chewro
(gegründet 1924; 1932 unter Leitung von Abraham Grünebaum mit 40 Mitgliedern;
Zweck und Arbeitsgebiet: Unterstützung
Hilfsbedürftiger).
1933 lebten 117 jüdische Personen in Bad Brückenau (4,8 % von 2.462
Einwohnern), dazu 14 in Wernarz . Auf Grund der sofort einsetzenden Folgen des
wirtschaftlichen Boykottes, der zunehmenden Entrechtung und der
diskriminierenden Maßnahmen verließen alsbald viele Gemeindeglieder die Stadt.
Nur mit großer Mühe konnten bis Aufgaben der Gemeinde weitergeführt werden.
1936 besuchten noch 15 Schüler die jüdische Volksschule, darunter auch Kinder
aus Zeitlofs und Unterriedenberg.
Bis 1940 verzogen 95 jüdische Einwohner aus Brückenau in andere deutsche Orte
(u.a. 58 nach Frankfurt am Main, acht nach Fulda, je drei nach Hamburg und
München, 39 wanderten aus (13 in die USA, sieben nach Südafrika, fünf nach
Palästina, drei nach England und einer nach Holland). Beim Novemberpogrom
1938, der sich in Bad Brückenau am 10. November 1938 während des ganzen
Tages ereignete, wurde die Synagoge durch Brandstiftung stark beschädigt (siehe unten),
auch das jüdische Schulhaus wurde schwer beschädigt, das Mobiliar zerstört.
Die jüdischen Hotels der Stadt wurden durch SS- und SA-Leute vollständig
demoliert. Die noch in der Stadt befindlichen jüdischen Männer wurden
festgenommen und in das KZ Dachau verbracht. Nach ihrer Rückkehr ging die Zahl
der jüdischen Einwohner vollends schnell zurück (Anfang 1939 42, Ende Juli
1939 noch 13). Die letzten sieben jüdischen Einwohner wurden bei den
Deportationen 1942 in Vernichtungslager des Ostens abtransportiert.
Von den in Bad Brückenau geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Max Adler (1894),
Wilhelmine Binheim geb. Kaufmann (), Hedwig Böhm geb. Frank (1883,
"Stolperstein" in Kronach), Bertha
Ehrenreich (), Bernhard Frank (1898), Ferdinand Fröhlich (1898),
Herbert David H. Fröhlich (1932), Selma Fröhlich geb.
Goldschmidt (1901), Ludwig Goldschmidt (1923), Max Goldschmidt (), Sibylle Goldschmdt (), Ida Hecht (1906), Ricka Vera Hecht (1867),
Rita Hecht (1893), Recha Heilbrunn geb. Frank (1878), Emilie Heimann geb.
Strauß (1874), Jakob Jacob
(1869), Hermine Kahn geb. Adler (1877), Isfried Kahn (1910), Siegfried Kamm
(1880), Josef Kaufmann (1872), Sara Kaufmann geb. Goldschmidt (1877), Sigmund
Kaufmann (1877), Helene Königsberger geb. Binheim (1899), Clara Leyens geb. Heller (1888),
Josef Löwenstein (1893), Armin Meyer (), Erna Erika Meyer (1916), Recha Meyer
(), Mirjam (Marianne) Nußbaum
(1888), Ilse Judith Schönfärber (1935), Martha Schönfärber geb. Kaufmann
(1901), Berta Spier (1876), Karolina Stern (), Mathilde Stern (), Siegmund Stern
(), Moses Stern
(1881), Rosa Strauss geb. Stern (1905), Siegfried Strauss (1881), Susi Strauss (1926),
Walter Strauss (1928), Klara Tannenwald (1891), Lothar Tannenwald (1894),
Theodor Vanderwart (), Regina Vanderwart (), Dora Zeller geb.
Oppenheimer (1885), Moritz Zeller (1885), Reni Zeller (1926).
Hinweis:
Dem jüdischen Leben in Bad Brückenau hat der jüdische Schriftsteller und
Nobelpreisträger Samuel Josef Agnon (1888-1970, Foto links) ein Denkmal in seiner Kurzgeschichte
Ben
Schtei Arim (Zwischen zwei Städten) gesetzt. Allerdings erscheint Brückenau
hier unter dem Namen Katzenau. |
Zur Geschichte der Synagoge und
Betsäle
Die Synagoge in der Stadt Brückenau
Die erste Synagoge beziehungsweise einen Betsaal gab es
bereits Ende des 16. Jahrhunderts, also etwa zehn jüdische Familien in
der Stadt lebten. 1628 bat die Judenschaft - bereits mitten in der
Zeit des Dreißigjährigen Krieges - "um Belassung in dem Gebrauch ihrer
Synagoge und Schule", nachdem in dieser Zeit die Zahl der jüdischen
Familien im Hochstift Fulda stark reduziert werden sollte. Mit der Ausweisung
der Juden aus Brückenau 1671 endete auch das gottesdienstliche
Leben.
Die im 18. Jahrhundert zuziehenden jüdischen Familien besuchten die
Gottesdienste in Unterriedenberg und Züntersbach.
1763 ist allerdings davon die Rede, dass die jüdischen Familien in einem
Privathaus eine Schule eingerichtete hätten, "die sie wie eine Synagoge zu
ihren Ceremonien gebrauchen". Allerdings hatte die jüdischen Familien dazu
noch keine Erlaubnis, 1767 musste diese "geheime Synagoge" aufgehoben
werden. 1769 erhielt Heyum Joseph das Recht, einen Privatandachtsraum zu
betreiben. Dieser Raum blieb offenbar mehrere Jahrzehnte der Betraum der
jüdischen Familien in der Stadt. 1817 wird über die Synagoge in Brückenau
bereichtet: "Diese Synagoge besteht bloß in einem Zimmer". Da die
Zahl der jüdischen Familien bis um 1867 klein blieb, wird es bei einem
einfachen Betraum als Synagoge geblieben sein.
Beim Stadtbrand 1876 wurde das Haus mit dem bisherigen Betraum (Synagoge)
zerstört. 1878 wurde von Emanuel Cahner ein Bauplatz für den Neubau
einer Synagoge erworben, doch ist auf diesem Grundstück keine Synagoge erstellt
worden. Auf Grund der Spenden zum Neuaufbau der Gemeinde nach dem Stadtbrand
waren zwar 15.000 Mark für einen Synagogenbau vorhanden. Doch wurde mit dem
Geld "nur" das Gebäude Unterhainstraße 24 gekauft, in dem die
jüdische Schule und ein Betraum eingerichtet wurden. Im Betsaal hatte es 1896
16 Plätze im Männerbereich, 19 im Frauenbereich.
Nach
1900 wurden Forderungen nach einem repräsentativen Synagogenneubau laut. 1907 konnte
eine Landeskollekte in den bayrischen jüdischen Gemeinden durchgeführt werden.
Der Neubau selbst konnte nach längeren Vorplanungen 1911/13 errichtet
werden.
Kollekte zum Bau einer neuen Synagoge (1907)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. März 1907: "Brückenau, 11. März
(1907). Der israelitischen Kultusgemeinde Brückenau ist zur teilweisen
Aufbringung der Mittel für den Neubau einer Synagoge in Brückenau eine
Landeskollekte in den Synagogen bewilligt worden." |
Der Neubau einer Synagoge wird
geplant (1909)
Meldung
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Dezember 1909: "Brückenau
(Unterfranken), 28. November (1909). Die hiesige Kultusgemeinde plant den
Neubau einer Synagoge. Die Gesamtkosten für das geprüfte und
festgestellte Projekt betragen 40.000 Mark für den Neubau und 6.000 bis
8.000 für die Inneneinrichtung." |
Kosten der neuen Synagoge
(1913)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 25. Juli 1913:
"Brückenau. Mit einem Kostenaufwand von 40.000 Mark hat die hiesige
israelitische Kultusgemeinde aus eigenen Mitteln, nachdem ihr die
nachgesuchte staatliche Subvention wiederholt versagt worden war, eine
neue Synagoge erbaut." |
Die neue Synagoge konnte am 28. August 1913 eingeweiht werden.
Bei der Einweihung waren zahlreiche Repräsentanten des öffentlichen Lebens
anwesend. Bürgermeister Reinwald versprach den Schutz der Synagoge durch die Stadt.
Synagogeneinweihung (1913)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 29. August
1913: "Brückenau. Die Synagogeneinweihung ist in schönster Weise
verlaufen. Ansprachen hielten Vorsteher Nathan Grünebaum,
Distriktsrabbiner Dr. Bamberger und Bürgermeister Reinwald." |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 5. September
1913: "In Brückenau fand dieser Tage die Synagogeneinweihung
statt, die in schönster Weise verlaufen ist. Ansprachen hielten der
Distriktsrabbiner Dr. Bamberger und Bürgermeister
Reinwald." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. September 1913: "Brückenau,
19. September (1913). Der langgehegte Wunsch der Gemeinde Brückenau nach
einer neuen Synagoge ging nun in Erfüllung. Nachdem wiederholte Gesuche
um Gewährung von Zuschüssen aus Staatsmitteln wegen Mangel eines
vordringlichen Bedürfnisses abgelehnt worden waren, entschloss sich die
Gemeinde, aus eigenen Mitteln eine neue Synagoge zu erbauen. Ein neben der
alten Synagoge befindlicher Bauplatz konnte käuflich erworben werden;
nach nicht ganz sechsmonatiger Bauzeit steht der Bau, mit einer hübschen,
das Städtebild zierenden Kuppel vollendet da. Am 28. August nachmittags 3
Uhr versammelten sich vor der alten Synagoge die Ehrengäste mit den
Mitgliedern der Gemeinde. In feierlichem Zuge ging's von der alten in die
neue Synagoge, an deren Pforte der Gemeindepräses Nathan Grünebaum eine
Ansprache hielt, dankend der Mitwirkung der Staats- und Gemeindebehörden
gedenkend. Nachdem in poetischer Weise Fräulein Rosa Lion die Schlüssel
zur Synagoge übergeben, königlicher Bezirksamtmann Freiherr von Ruffin
namens der Staatsbehörde, Bürgermeister und Landrat Reinwald namens der
Stadt zum Neubau Glück gewünscht und auch fernere Fürsorge zugesichert
hatten, erfolgte durch Distriktsrabbiner Dr. Bamberger, Kissingen, die
Eröffnung der Synagogenpforte. Unter Gesang zur Begrüßung des
Gotteshauses fand der Einzug statt, dem sich die üblichen Zeremonien
anschlossen. Das Städtchen hatte zu der Feier reichen Flaggenschmuck
angelegt." |
Die
Betsäle in den Hotels Kaufmann und Strauß in Bad Brückenau
Neben der Synagoge gab es in den jüdischen Hotels Kaufmann und Strauß je einen eigenen
Betsaal bzw. eine Privatsynagoge. Das Hotel Kaufmann war 1876, das Hotel
Strauß 1900 eröffnet worden, beide Hotels wurden
streng rituell geführt und waren Treffpunkt orthodoxer Kurgäste. 1909 wurde im
Betsaal des Hotels Kaufmann mit
einem besonderen Fest eine neue Torarolle eingeweiht.
Anzeigen der jüdischen Hotels und Berichte über das religiöse Leben siehe
auf der Textseite, besondere den "Badebrief"
von 1928 Teil 2.
Einweihung einer Torarolle
im Betsaal des Hotels Kaufmann (1909)
|
Bericht in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juni 1909: "Bad Brückenau, 30. Mai
(1909). Am ersten Tag von Schawuot (Wochenfest) fand im festlich geschmückten
Saale des Hotel Kaufmann die Einweihung einer Torarolle (Sefer Tora) statt, die vom Inhaber, Herrn Kaufmann zum Andenken an
seine Mutter gestiftet und der Privat-Synagoge des Hauses übergeben
wurde." |
In der NS-Zeit gab es alsbald Einschränkungen des
gottesdienstlichen Lebens. Im Juli 1936 wurde die Abhaltung von Gottesdienstes
in den Hotels unter Hinweis auf das Vorhandensein einer Synagoge in der Stadt
behördlich verboten. Das Bezirksrabbinat bemühte sich vergeblich um die
Aufhebung dieser Verfügung und wies darauf hin, dass der Weg zu Synagoge für
die zumeist alten und kranken Hotelgäste zu beschwerlich sei.
Am 10. November 1938 wurden die Brückenauer Synagoge und das jüdische Schulhaus nach 0.30 Uhr von Männern des SA-Sturms Brückenau in Brand gesetzt und schwer beschädigt.
Der NSDAP-Kreisleiter von Brückenau/Hammelburg, Hermann Heinritz, der auch SA-Sturmführer in Brückenau war, soll eigenhändig – kurz nach dem fernmündlichen Erhalt des Pogrombefehls Goebbels durch die Gauleitung Würzburg - nach Mitternacht in der Pogromnacht (9./10. November 1938) das Feuer im Innenraum der Synagoge mit einem petroleumgetränkten Heubündel entfacht haben.
Die Brückenauer Synagoge stand nun stundenlang in Flammen und brannte bis in die Morgenstunden des 10. November 1938. Das gesamte Inventar und alle Kultgeräte wurden vernichtet. Die Fenster barsten und im Laufe des Pogromtages stürzte auch das Dach ein.
Während die Synagoge in Flammen stand, demolierten Männer des SA-Sturms Brückenau schon in der frühen Nacht des Pogromtages jüdische Geschäfte, Hotels, Häuser und Wohnungen in barbarischer Weise. Auswärtige Schläger und Männer der SS suchten im weiteren Tageslauf die jüdischen Familien ein zweites Mal heim. Die SA-Sturmführer der Region - Hermann Heinritz (Brückenau), Karl Hartmann (Hammelburg) und Emil Otto Walter (Bad Kissingen) - hatten sich telefonisch darauf verständigt, dass sie ihre Sturmverbände nicht nur am eigenen Ort, sondern auch "ortsvertauscht" einsetzen.
Quellennachweis: Spruchkammer Hammelburg, Akten von Männern der SA und des NSKK Hammelburg; Staatsarchiv Würzburg;
www.mainpost.de, 08.11.2013, Bad Brückenauer Synagoge brannte vor 75 Jahren; Claudia Roth: Parteikreis und Kreisleiter der NSDAP unter besonderer Berücksichtigung Bayerns, Schriftenreihe zur Bayerischen Landesgeschichte, Band 107, Volkach 1997.
Nach 1945 wurde das Synagogengebäude mit einem Großteil des erhaltenen Mauerwerks in ein Wohn- und Geschäftshaus
umgebaut. Auch das unweit davon befindliche ehemalige Schulhaus ist erhalten und
wurde zu einem Geschäftshaus umgebaut.
Adresse/Standort der Synagoge: Synagoge Alter
Schlachthofweg / Schule Unterhainstraße 24
Fotos
(Pläne aus U. Debler, s.Lit. S. 152; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 31.5.2007)
Die "Judengasse" |
|
|
|
Die
"Judengasse" dürfte an die jüdische Ansiedlung im 16./17.
Jahrhundert erinnern |
|
|
Pläne für den
Synagogenbau 1912/13 |
|
|
|
|
Südseite |
Nordseite |
Ostseite |
|
|
|
|
|
|
Grundriss des Erdgeschosses |
Grundriss auf Höhe der Empore |
Westseite |
|
|
|
|
|
|
Historische Fotos der
Synagoge
(Quelle: links aus Pinkas Hakehillot s.Lit.
S. 432; rechts aus U.
Debler S. 150 mit
Angabe: Foto: Kalmund) |
|
|
|
Die 1913 eingeweihte
Synagoge |
|
|
|
|
|
Foto der Synagoge
(Quelle: W. Weigand, Minden) |
|
|
|
|
|
|
|
|
Die zerstörte
Synagoge
(Quelle: W. Weigand, Minden) |
|
|
|
Auf dem Foto ist
rechts die Ruine der ehemaligen Synagoge erkennbar |
|
|
|
Enthüllung einer
Gedenktafel am 4. April 2001 |
|
|
|
vgl. dazu den Presseartikel
unten |
|
|
|
|
Reste des Gebäudes der
ehemaligen
Synagoge |
|
|
|
|
Gedenktafel |
|
|
|
|
|
|
Das
ehemalige Synagogengebäude von Westen. Erhalten ist der Rundturm, in dem
sich der Aufgang zur Frauenpore befand (vgl. Pläne oben)
|
Gebäude der ehemaligen
jüdischen Schule
unweit der Synagoge - im 1. Stock befand
sich bis 1913
der alte Betsaal |
|
|
|
Gedenktafel am Alten Rathaus
(Fotos: Cornelia Mence) |
|
|
|
|
|
Die am 8.
November 2008 am Alten Rathaus in Bad Brückenau angebrachte Gedenktafel
erinnert "an die Brückenauer jüdischen Bürger, die während des
nationalsozialistischen Terrors in den Jahren 1933-1945 deportiert und
ermordet wurden". Namentlich genannt werden: Max Adler, Wilhelmine
Binheim, Hedwig Böhm, Bertha Ehrenreich, Bernhard Frank, Ferdinand, Selma
und David Herbert Fröhlich, Ricka Fröhlich, Max, Sybille und Ludwig
Goldschmidt, Nathan und Regina Goldschmidt, Ricka Vera und Ida Hecht,
Recha Heilbrunn, Emilie Heimann, Hermine und Isfried Kahn, Siegfried Kamm,
Josef und Sara Kaufmann, Helene Königsberger, Armin, Recha und Erika Erna
Meyer, Gidda Oppenheimer, Irma Reis, Martha und Ilse Judith Schönfärber,
Bertha Spier, Siegmund und Mathilde Stern, Karoline Stern, Walter Strauß,
Klara und Lothar Tannenwald, Theodor und Regina Vanderwart, Max, Dora und
Reni Zeller. |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
April 2001: Enthüllung
einer
Gedenktafel am ehemaligen Synagogengebäude am 4. April 2001 |
Artikel von
Ralf Ruppert in der "Saale-Zeitung" im April 2001: "Gedenken an die
Synagoge..."
Zum Lesen bitte die
Textabbildung anklicken |
|
Artikel
"Nur 25 Jahre Gotteshaus": Zum Lesen bitte die Textabbildung
anklicken |
|
Juli
2016: Erinnerungen an die jüdische
Geschichte im Rahmen der Bezirkskulturtage |
|
Innerhalb der Unterfränkischen Kulturtage in Bad Brückenau: Führung
zum jüdischen Leben - Exkursion "Auf den Spuren von S.J. Agnon"
unter Leitung von Kreisheimatpflegerin Cornelia Mence am 13. Juli
2016 |
Artikel von Ulrike Müller in der "Saale-Zeitung" vom 15. Juli
2016: "Jüdische Orte gestern und heute. Führung. Im Rahmen
der Unterfränkischen Kulturtage wanderte eine Gruppe vom Staatsbad in die
Stadt. Viele Gebäude erzählen bis heute von der jüdischen Geschichte -
auch wenn die Juden selbst aus dem Altlandkreis verschwunden
sind..."
Link
zum Artikel |
|
|
|
Dezember
2017/Februar 2018: In Bad Brückenau
werden "Stolpersteine" verlegt |
Artikel in inFranken.de vom 4.
Dezember 2017: "BAD BRÜCKENAU Gedenken. Termin für die Stolpersteine steht
Mit der Aktion von Schülern des Franz-Miltenberger-Gymnasiums soll an ermordete Juden erinnert werden.
Am 23. Februar ist es endlich so weit: Das P-Seminar 'Jüdisches Leben in Bad Brückenau-Erinnerung, Mahnung und Auftrag' der Oberstufe des Franz-Miltenberger-Gymnasiums erreicht einen bedeutenden Meilenstein: In der Bad Brückenauer Ludwigsstraße werden die ersten acht Stolpersteine zum Gedenken an jüdische Mitbürger, die unter der Herrschaft der Nationalsozialisten ermordet wurden, gesetzt. Bei dem Projekt der Stolpersteine handelt es sich um ein länderübergreifendes Projekt des Künstlers Gunter Demnig. Vor jedem Haus, in dem jüdische Bürger lebten, die zur Zeit des NS-Terrors deportiert und ermordet wurden, soll eine im Pflaster eingelassene Messingplatte mit biografischen Daten an die Opfer erinnern. Der Gedanke, der dahinter steht, ist den im Konzentrationslager zu Nummern degradierten Menschen ihren Namen und ein Stück ihrer Würde zurückzugeben. Aktuell wurden im Rahmen dieser Aktion rund 63000 Steine in 21 Ländern verlegt. Nun also auch in Bad Brückenau:
'Diese zunächst auf acht Steinen dargestellten Biografien stellen kein Nein zu den übrigen jüdischen Schicksalen in Bad Brückenau dar', führt der Seminarleiter Dirk Hönerlage aus. Man wolle initiativ tätig werden, die Arbeit des Seminars sei nicht als abgeschlossenes Projekt zu betrachten, da es noch weitere deportierte und in den Todeslagern ermordete Bürger aus Bad Brückenau gibt.
Auf die Fragen, warum zunächst nur acht Steine verlegt werden sollen, und weshalb genau diese acht Schicksale ausgewählt wurden, können die Schüler Rede und Antwort stehen. Man habe sich bei der Auswahl der Biografien an den Quellen orientiert. Bei den ausgewählten Biografien verfüge man über gesicherte Quellen, die fehlerloses Arbeiten ermöglichen würden.
Doch das ist nicht das einzige Projekt, das von den Schülern um den Seminarleiter Dirk Hönerlage umgesetzt wird.
'Das Seminar beschränkt sich nicht nur auf die Nazizeit', erklärt mir Fabian Meißner,
'es gab auch Zeiten in Bad Brückenau, in denen das Zusammenleben zwischen Juden und Nichtjuden gut geklappt hat'. So entsteht unter anderem seminarintern eine Broschüre, die versucht, ein umfassendes Bild des jüdischen Lebens in Bad Brückenau zu zeichnen. Diese soll in einer Auflage von 500 bis 1000 Stück gedruckt werden.
'Die Broschüre ist bewusst nicht zu wissenschaftlich gehalten, so können engagierte Schüler diese für ein Referat verwenden, aber auch Kurgäste sollen die Möglichkeit haben, sich über jüdisches Leben in Bad Brückenau informieren zu können', führt der Seminarleiter Dirk Hönerlage den Gedanken hinter der Broschüre aus. Daneben soll als Begleitschrift zur Stolpersteinverlegung ein begleitendes Programmheft entstehen, in welchem unter anderem die Biografien der jüdischen Opfer des Nazi-Regimes zu finden sind. Unterstützt wird das Seminar dabei von einer Fülle an Sponsoren wie Firmen, Kirchen und der Stadt Bad Brückenau.
Aber wie kam es überhaupt zu einer solchen Fülle an Projekten? Die Antwort lässt sich in der Findungsphase des Seminars finden.
'Viele der anfangs 13 Teilnehmer hatten Wissenslücken über das jüdische Leben in Bad Brückenau. Also haben wir zunächst bewusst jüdische Orte aufgesucht, um Hintergrundwissen zu schaffen, wie den Friedhof in Altengronau oder das Shalom-Haus in Würzburg. Quasi hinfahren um zu erfahren', führt Dirk Hönerlage aus. Aus diesen vielfältigen Eindrücken entstanden dann die Projekte.
Auch wenn das Praxisseminar bereits im Januar 2018 enden wird, ziehen die Schüler bei der Stolpersteinverlegung alle an einem Strang. Beeindruckend ist das Engagement der Schüler im Rahmen des Seminars. Keiner drückt sich vor den noch anstehenden Aufgaben. So müssen neben den anderen Projekten zum Beispiel noch Paten für die ersten acht Stolpersteine bestimmt werden, Einladungsschreiben formuliert werden und ein Programm für die Stolpersteinverlegung ausgearbeitet werden. Allerdings ist die Arbeit des Seminars weder am 31. Januar noch mit der Erstverlegung am 23. Februar beendet: Es gilt, die Fackel der Erinnerung an die nächste Generation weiterzugeben."
Link
zum Artikel |
|
Artikel von Johannes Schlereth
in der "Saale-Zeitung" (infranken.de) vom 24. Februar 2018: "Erinnerung.
Stolpersteine gegen das Vergessen nun auch in Bad Brückenau. Stolpersteine
erinnern jetzt auch in Bad Brückenau an ehemalige jüdische Mitbürger, die
während der NS-Zeit deportiert und ermordet wurden.
'Vergesst nur nicht!', appelliert der 1944 in Auschwitz ermordete
Peter-David Blumenthal-Weiss in einem Gedicht an die Nachwelt. Dieser Appell
wurde von den Jugendlichen des Projektseminars 'Jüdisches Leben in Bad
Brückenau-Erinnerung, Mahnung und Auftrag' gehört und in Zusammenarbeit mit
der Stadt sowie dem Künstler Gunter Demnig durch eine Erstverlegung von acht
Stolpersteinen in der Brückenauer Innenstadt in die Tat umgesetzt.
Stolpersteine gibt es mittlerweile in ganz Europa. Es handelt es somit um
Europas größtes dezentrales Mahnmal, bei dem vor jedem Haus, in dem jüdische
Bürger lebten, die zur Zeit des NS-Terrors deportiert und ermordet wurden,
eine im Pflaster eingelassene Messingplatte mit biografischen Daten an die
Opfer erinnern soll. Hierdurch soll den zu Nummern degradierten Menschen ein
Stück Würde zurückgegeben werden. Die ersten beiden Steine in Bad Brückenau
wurden im alten Schlachthofweg verlegt. Den Beginn der Verlegung markierten
Worte von der Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks, die betonte 'Stolz auf
das Engagement der Jugendlichen zu sein'. Knapp 100 Anwesende wohnten dem
Ereignis bei, darunter Vertreter aus der Politik, wie der stellvertretende
Landrat Alfred Schrenk, dem öffentlichen Dienst, wie der Polizei, aber auch
an der Thematik interessierte Bürger der Stadt Bad Brückenau. Die Stellen im
Trottoir waren bereits im Voraus durch den Bauhof der Stadt Bad Brückenau
präpariert worden. Während der Verlegung der Steine wurde von Schülern des
Praxisseminars die Biografie des Ermordeten vorgetragen. Auch der Künstler
äußerte sich kurz dahingehend, dass es 'noch immer keine Routine' für ihn
sei. Eine musikalische Darbietung mit anschließender Gedenkpause schloss
sich an, bevor die Gruppe sich in die Ludwigsstraße aufmachte, um weitere
Steine zu verlegen. Ungeachtet der kalten Temperaturen dünnte sich die
Menschenmenge die der Verlegung beiwohnte nicht aus. Die Erstverlegung
endete mit Dankworten des Praxisseminars an alle Unterstützer des Projektes
im Rathaus, Bauhof, Paten, finanzielle Unterstützer, aber auch an die
Musiker sowie an Gunter Demnig. Seminarleiter Dirk Hönerlage nutzte die
Gelegenheit, um Worte des Dankes an alle Beteiligten zu richten und betonte,
dass die Jugendlichen es geschafft haben, 'mit viel Einsatz eine nachhaltige
Erinnerungskultur in Bad Brückenau zu etablieren'. Es sei eine Wegmarke
gesetzt worden; diese gebe nun die Richtung an, in die der Weg fortgeführt
werden müsste, so Hönerlage. Wie die Fackel der Erinnerung an die nächste
Generation weitergegeben wird, ist jedoch noch nicht klar. 'Der Stein wurde
vom Seminar ins Rollen gebracht, jetzt gilt es ihn am rollen zu halten',
betonte Hönerlage. So bestehen aktuell die Möglichkeiten, dass sich auch in
den nächsten Abiturjahrgängen ein Praxisseminar zum jüdischen Leben bilden
könnte, oder aber die Stadt oder Interessierte sich der Stolpersteine oder
einer Patenschaft annähmen, so Brigitte Meyerdierks und Dirk Hönerlage. Der
Verlegung schloss sich ein Empfang bei Kaffee und Kuchen im Rathaus an. Der
Tenor der Anwesenden bezüglich der Erstverlegung war durchweg positiv. So
betonte Margerita Huppmann-Fronczek, die der Veranstaltung als Gast
beiwohnte: 'Es war sehr würdevoll und die Jugendlichen haben ein sehr gutes
Konzept gehabt'. Auch die Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks war von dem
Praxisseminar begeistert: 'Vor allem das Engagement der Schüler hat uns im
Stadtrat nachhaltig beeindruckt'. Auch die Hauptakteure des Nachmittages
waren gänzlich mit sich und ihrer Arbeit zufrieden, wie beispielsweise Sarah
Hofmeister aus dem Praxisseminar, die betonte, dass man gemeinsam Höhen und
Tiefen erlebt habe, sich der Einsatz jedoch letztlich 'echt gelohnt' habe."
Link zum Artikel |
Anmerkung: Die Steine wurden
verlegt: Alter Schlachthofweg 22 für 'Matzenbäckerei ' Siegmund und Mathilde
Stern; Ludwigstraße 31 für 'S. Tannenwald Söhne Bankgeschäft/Manufakturwaren
- Allgemeine Verkaufsstelle der Preußen-Südd. Klassenlotterie' - Lothar und
Klara Tannenwald; Ludwigstraße 20 für Modegeschäft 'Spieri' - Berta Spier;
Ludwigstraße 24 für 'Bankgeschäft Gebrüder Zeller'- Max, Dorothea und Reni
Zeller.
Broschüre zu der "Stolperstein"-Verlegung
(eingestellt als pdf-Datei): Bad Brückenauer Stolpersteine.
1. Stolperstein-Verlegung Freitag, 23. Februar 2018.
|
|
November 2018:
In Bad Brückenau sollen weitere
"Stolpersteine" verlegt werden |
Artikel von Rolf Pralle in der "Saale-Zeitung"
(inFranken.de) vom 16. November 2018: "Stolpersteine. Erinnerung hat
keine Grenzen
Die Verlegung von Stolpersteinen im vergangenen Februar soll keine einmalige
Aktion bleiben. Darüber sind sich die Bad Brückenauer Initiatoren und
engagierte Bürger einig.
'Es soll immer weiter gehen', sagte Dirk Hönerlage beim Treffen eines
offenen Arbeitskreises. In einem zweiten Schritt werde das Projekt nun aus
der Schule hinaus getragen und auf eine breitere Basis gestellt. Denn
entstanden war die Idee, auf eindrucksvolle Weise an jüdische Mitbürger zu
erinnern, am Franz-Miltenberger Gymnasium. Unter der Leitung des
Studiendirektors hatten sich seit September 2016 Jugendliche im Rahmen eines
anderthalbjährigen Seminars mit der Thematik 'Erinnerung - Mahnung -
Auftrag' auseinander gesetzt. 'Wir wollen darüber nachdenken, welche Opfer
der Gewaltherrschaft wir als nächstes mit einem Stolperstein würdigen',
skizzierte Hönerlage die Aufgaben für die kommenden Monate. Damit verbunden
sind dann erneut intensive Recherchen, Fragen zur Übernahme von
Patenschaften sowie die Vorbereitung einer angemessenen Feier. Denn die
Mitwirkung am 'größten dezentralen Denkmal der Welt', das seinerzeit der
Kölner Künstler Gunter Demnig ins Leben gerufen hat, folgt einem genau
vorgeschriebenen Prozedere. 'Wir können Stolpersteine nur für diejenigen
Personen setzen, deren biographische Daten wir exakt verifiziert haben',
betonte Hönerlage. Damit war die Richtung für das Arbeitsgespräch
vorgegeben, an dem 2. Bürgermeister Jürgen Pfister (PWG), Kulturbüroleiter
Jan Marberg, der evangelische Pfarrer Gerd Kirchner sowie die ehemalige
Schülerin Sarah Hofmeister und die aktuelle Gymnasiastin Melissa Witzke
teilnahmen. Dass der Arbeitskreis zum Auftakt nur in überschaubarer Runde
tagte, lag allein an der momentan grassierenden Erkältungswelle. Etliche
Interessenten, die ihre Mitwirkung für die Zukunft signalisiert haben,
mussten das Treffen krankheitsbedingt kurzfristig absagen. Trotzdem könne
man laut Hönerlage auf einer soliden Basis aufbauen. Denn schon jetzt gibt
es etliche Bürger, die bereits Patenschaften für die Stolpersteine
übernommen und ihren Obolus von 120 Euro bezahlt haben, bei der ersten
Aktion aber nicht berücksichtigt werden konnten. Ihr gespendetes Geld sei
momentan treuhänderisch auf dem Konto des Schulvereins 'sicher geparkt',
machte der Studiendirektor deutlich. Er erinnerte bei dieser Gelegenheit
daran, dass die Erstverlegung der symbolträchtigen Quader Anfang des Jahres
auch über die Grenzen Bad Brückenaus hinaus auf enorme Resonanz gestoßen
sei. Jürgen Pfister als Vertreter der Stadt zeigte sich erfreut darüber,
dass bereits jetzt eine weitere würdevolle Veranstaltung geplant werde. So
könne in einem relativ kurzen Abstand erneut in einem angemessenen Rahmen
auf das Schicksal der ehemaligen jüdischen Mitbürger, die während der
NS-Zeit deportiert und ermordet wurden, aufmerksam gemacht werden. Als
Termin für die dann zweite Stolperstein-Verlegung fasste der Arbeitskreis
den August 2019 ins Auge. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass auch
Gunter Demnig zu diesem Zeitpunkt nach Bad Brückenau kommen kann. Sarah
Hofmeister wird sich deswegen umgehend mit dem Künstler in Verbindung
setzen. Die nun anstehenden Recherchen, an denen weitere interessierte
Bürger jederzeit noch mitwirken können, folgen einem bewährten Schema. Denn
bereits im Vorfeld der ersten Aktion hatte Hönerlage einen Merkzettel
entworfen, der die umfangreiche Arbeit wesentlich erleichtert. In dem Papier
ist nicht nur die einheitliche Vorgehensweise festgehalten, sondern es wird
auch auf Quellen in Büchern und Broschüren sowie im Internet verwiesen.
Darüber hinaus existiert ein Namensregister. Außerdem gibt es eine Liste der
Häuser, deren Umfeld für die Verlegung von Stolpersteinen infrage kommt.
Dafür hatte sich der Geschäftsleiter der Verwaltung im Rathaus, Michael
Worschech, intensiv mit historischem Kartenmaterial und alten Akten
beschäftigt.
Nähere Informationen zum Thema Stolpersteine allgemein und über eine
konkrete Beteiligung am neu installierten Arbeitskreis gibt es im
Franz-Miltenberger-Gymnasium, bei der Stadt Bad Brückenau sowie im
Kulturbüro."
Link zum Artikel |
|
Juli 2019:
Zweite Verlegung von
"Stolpersteinen" in Bad Brückenau |
Artikel in der "Saale-Zeitung" (inFranken.de) vom
30. Juni
2019: "Gedenken. Stolpersteine erinnern ans Schicksal von Bad Brückenauer
Juden. In der zweiten Marge wird unter anderem an Hermine Kahn und ihre
Tochter Irma gedacht.
Zum zweiten Mal werden am 4. Juli in Bad Brückenau Stolpersteine verlegt.
Dazu lädt die Stadt Bad Brückenau alle Bürger ein. Nach der Verlegung von
acht Stolpersteinen im Frühjahr 2018 gab es schnell Interesse von
Privatpersonen, als Paten weitere Steine zu stiften, und so begannen ab Ende
2018 die Vorbereitungen für eine zweite Runde. Dazu hatte sich der
Arbeitskreis Stolpersteine gegründet, ein Zusammenschluss des
Franz-Miltenberger-Gymnasiums, des städtischen Kulturbüros sowie
Privatpersonen. Unter Federführung von Gymnasiallehrer Dirk Hönerlage, der
mit seinem damaligen P-Seminar die erste Verlegung initiiert hatte, wurden
acht weitere Schicksale von Brückenauer Juden, die unter dem Terror des
Nationalsozialismus ums Leben kamen, recherchiert und die zweite Verlegung
vorbereitet. Die Verlegung beginnt um 14.30 in der Kissinger Straße 11,
wo dem Schicksal von Hermine Kahn und ihrer Tochter Irma gedacht
wird. Im Anschluss wird vor der Ludwigstraße 31 dem Schicksal von
Karoline Tannenwald gedacht. Als dritter Ort des Gedenkens fungiert die
Ludwigstraße 18, wo für die Familie Fröhlich, bestehend aus Selma,
Ferdinand und deren Sohn Herbert David, Stolpersteine verlegt werden. Im
Anschluss steht ein Bus für den Transfer ins Staatsbad bereit. Dort wird in
der Wernarzer Straße 7 den ehemaligen Hotelbesitzern Sara und
Josef Kaufmann gedacht. Die Steine werden Gunter Demnig, dem
initiierenden Künstler hinter den Stolpersteinen, selbst verlegt. Nach
Abschluss der Verlegung sind alle Teilnehmenden zu einem Empfang ins Café
Carpe Diem und dem angrenzenden Sonnenplateau im Staatsbad eingeladen.
Weitere Informationen beim Kulturbüro, Tel. 09741 / 804 55, oder unter
kulturbuero@bad-brueckenau.de."
Link zum Artikel |
Artikel von Ulrike Müller in der
"Saale-Zeitung" (inFranken.de) vom 8. Juli 2019: "Erinnerung. Bad
Brückenau: Acht Stolpersteine verlegt
Der Künstler Gunter Demnig verlegt acht weitere Stolpersteine in der Stadt.
Das Projekt haben einst Schüler des Franz-Miltenberger-Gymnasiums
angestoßen.
An einer Straßenecke eröffnete Zweiter Bürgermeister Jürgen Pfister (PWG) am
Donnerstag die zweite Verlegung von Stolpersteinen in Bad Brückenau. Er
begrüßte Gunter Demnig, den Künstler, der mit seiner Idee inzwischen bereits
mehr als 70.000 Erinnerungssteine für jüdische Bürger in Europa geschaffen
und verlegt hat. Bürgermeisterin Brigitte Meyerdierks (CSU) weilte bei einem
Termin in Bad Kissingen, stieß aber später zu der Runde. Josef Schuster,
Vorsitzender des Zentralrats der Juden in Deutschland, schickte ein
Grußwort. Seine Vorfahren stammen aus Bad Brückenau. Es kamen sicherlich
etwa 80 Menschen zur Verlegung - darunter etliche Schüler des
Franz-Miltenberger-Gymnasiums. Sie hatten sich dafür eingesetzt, dass sich
Bad Brückenau am größten dezentralen Mahnmal für die Opfer der Schoah (der
hebräische Ausdruck für Holocaust) beteiligt.
Ergriffene Stille. "Alle jüdischen Mitbürger waren in Brückenau
gesellschaftlich integriert und anerkannt, bis die Nationalisten sie ab 1933
aus der Mitte der Gesellschaft rissen", sagte Pfister. Acht Schicksale habe
der Arbeitskreis nachgezeichnet, die "Erinnerung, Mahnung und Auftrag"
seien. Während der Künstler die Steine einsetzte, lasen Schüler die
einzelnen Biografien vor, es herrschte ergriffene Stille unter den Zuhörern.
Erstaunlich viel ist belegt. In akribischer Arbeit haben Heimatpflegerin
Cornelia Mence und der frühere Pfarrer Ulrich Debler das Leben vieler
jüdischer Bürger rekonstruiert. Der Arbeitskreis "Jüdisches Leben in
Brückenau" am Gymnasium konnte auf diese Vorarbeit zurückgreifen. Manche
Puzzleteile fügte der inzwischen entstandene Arbeitskreis "Stolpersteine"
noch hinzu - zum Beispiel den von Irma Kahn.
Ehemalige Schülerin ermordet. Das Schicksal des in Brückenau zur
Schule gegangenen jüdischen Mädchens war lange ungewiss. Erst kürzlich
gelang es, die Umstände ihres Todes zu klären. "Im Frühjahr 2019 hatten wir
Geburtsdatum und Schulzeit erfahren, dann einen alten Schülerbogen im Archiv
entdeckt", berichtete Dirk Hönerlage vom Gymnasium. Inzwischen ist klar: Die
junge Frau kam in eine Nervenheilanstalt und wurde im Rahmen des
nationalsozialistischen Euthanasieprogramms Aktion T4 ermordet. So ist es
kein Zufall, dass das Franz-Miltenberger-Gymnasium den Stein für die
ehemalige Schülerin stiftete. Wer eine Patenschaft für weitere Stolpersteine
übernehmen möchte, kann sich ans städtische Kulturbüro im Alten Rathaus oder
das Gymnasium wenden.
An diese jüdischen Mitbürger erinnert die Stadt Bad Brückenau:
Hermine Kahn wohnte in der Kissinger Straße 11. Ihr Mann Abraham Kahn
führte ein Geschäft für technische Öle, Fette und Lacke. Er starb im Jahr
1927 mit 49 Jahren. Aufgrund der Repressionen zog sie im Jahr 1939 nach
Frankfurt Main. Der Arbeitskreis Stolpersteine geht davon aus, dass Hermine
Kahn nach ihrer Deportation aus Frankfurt ermordet wurde.
Irma Kahn war die Tochter von Hermine und Abraham Kahn. Im Jahr 1930
machte sie ihren Abschluss am so genannten Progymnasium und gehörte zur
ersten Abschlussklasse. 1934 zog sie nach Frankfurt Main, kam später in die
Landesheilanstalt Weilmünster bei Limburg und wurde dort am 25. April 1940
im Rahmen des Euthanasieprogramms ermordet.
Familie Fröhlich lebte in der Ludwigstraße 18. Der Vater führte das
Schuhhaus J. Adler in der Ludwigstraße. Mit Frau und Sohn siedelte er im
Jahr 1939 nach Frankfurt Main um. Die Familie wurde am 25. November 1941 in
Kowno im heutigen Litauen ermordet.
Karoline Tannenwald lebte in der Ludwigstraße 31. Sie stammte aus
Würzburg und heiratete in eine Bad Brückenauer Bank- und Manufakturfamilie
ein. Die Familie verließ die Stadt nicht. Vermutlich erst 1942 erfolgte die
Zwangsübersiedlung nach Würzburg. Für die Deportation in ein
Konzentrationslager war sie wohl zu schwach. Nach Recherchen starb sie einen
Tag nach ihrem 80. Geburtstag im Jahr 1943.
Josef und Sara Kaufmann führten das Hotel Kaufmann in der Wernarzer
Straße 7 im Staatsbad. Die Gestapo führte 1937 eine Razzia durch, aufgrund
derer das Hotel ein Jahr später schließen musste. Auch das Ehepaar Kaufmann
wurde gezwungen, 1942 nach Würzburg umzusiedeln. Von dort folgte die
Deportation ins Konzentrationslager Theresienstadt. Josef Kaufmann wurde am
10. August 1943 ermordet, seine Frau am 26. Dezember."
Link zum Artikel
Broschüre zu den "Stolperstein"-Verlegung (eingestellt als pdf-Datei):
Bad Brückenauer Stolpersteine.
2. Stolperstein-Verlegung Donnerstag, 4. Juli 2019. |
|
Juli 2020:
Dritte Verlegung von
"Stolpersteinen" |
Artikel von Stefan W. Römmelt in
der "Jüdischen Allgemeinen" vom 24. Juli 2020: "Bad Brückenau. Erinnern
in Unterfranken.
Der vergangene Sonntag war ein besonders emotionaler Tag für
Zentralratspräsident Josef Schuster. Anlässlich der dritten Verlegung von
'Stolpersteinen' in Bad Brückenau durch den Künstler Gunter Demnig war
Schuster in die nordbayerische Heimat seiner Vorfahren gekommen. 'Wie
vielleicht einige von Ihnen wissen, hat meine Familie bis zur Schoa hier in
Bad Brückenau gelebt, wo mein Großvater unweit des heutigen Verlegungsortes
Unterhainstraße 25 das ›Central Hotel‹ geführt hat. Mein seliger Vater David
Schuster wurde in der Ludwigstraße 4 geboren.' So erklärte Schuster, warum
er an diesem Vormittag an der Zeremonie in der fränkischen Kleinstadt, rund
80 Kilometer von Würzburg entfernt, teilnahm.
NS-REGIME. Schuster erinnerte sodann an die auf den Stolpersteinen
genannten jüdischen Bad Brückenauer, die dem NS-Regime zum Opfer fielen:
Max, Sybilla und Ludwig Goldschmidt, Paula Spier, Bernhard Frank, Theodor
und Regina Vandewart. Die Lebensgeschichten der ehemaligen Bad Brückenauer
endeten tragisch: in Fort IX außerhalb Rigas, im Vernichtungslager Majdanek
oder an unbekanntem Ort. 'So ist das Andenken an die sieben Bad Brückenauer
Bürger auch ein besonders emotionaler Tag für mich, denn in Bad Brückenau
sind auch meine, meiner Kinder und meiner Enkel Wurzeln', sagte Schuster.
Diese Wurzeln waren in der NS-Zeit vorübergehend gekappt: In einer 2010
veröffentlichten Biografie über David Schuster schreibt der Würzburger
Historiker und Journalist Roland Flade über die Umstände der Emigration der
Familie Schuster nach Palästina: 'Die Gestapo wollte Julius Schuster und
seinen Sohn durch ständigen Druck und durch grausame Behandlung so weit
bringen, dass sie ihren Brückenauer Besitz, vor allem das ›Central Hotel‹,
für einen geringen Betrag verkauften.'
Verkaufsklausel Nachdem sich Vater und Sohn lange dem Druck der
Nationalsozialisten widersetzt hatten, gelang es ihnen, in die
Verkaufsverträge die Klausel aufnehmen zu lassen, dass der Verkauf erst nach
der Auswanderung der Familie gültig würde. Laut Flade bemerkte David
Schuster später: 'Das Hotel hat uns das Leben gerettet.' Die Entlassung aus
dem KZ Buchenwald am Abend des 16. Dezember 1938 habe sein Vater immer als
seinen zweiten Geburtstag bezeichnet, erzählt Schuster. Nach dem Ende des
Zweiten Weltkriegs erhielten die Schusters, die nach Palästina emigriert
waren, ihren Bad Brückenauer Besitz zurück. Da das Eigentum in der Rhön von
Palästina aus nur schwer zu verwalten war, kehrte David Schuster 1956 nach
Deutschland zurück und holte seine Frau Anita und den damals zweijährigen,
1954 in Haifa geborenen Sohn Josef nach. Der Rest ist eine Geschichte – in
Würzburg, Bayern und Deutschland. Das Projekt liege ihm am Herzen, weil sich
vor allem junge Menschen engagieren, sagt Schuster. Eine Erfolgsgeschichte
sind auch die Stolpersteine, befindet der heutige Zentralratspräsident Josef
Schuster. 'So ist mit Ihrem großen Engagement und vielen hilfreichen Paten
in der Bevölkerung und in Zusammenarbeit mit Gunter Demnig dieses großartige
und zugleich berührende Projekt zustande gekommen, das mir sehr am Herzen
liegt. Nicht zuletzt deshalb, weil junge Menschen es angestoßen haben',
lobte Schuster das Engagement des Bad Brückenauer 'Arbeitskreises
Stolpersteine' und der zahlreich vertretenen Jugendlichen. Das Gedenken
gewinne in einer Zeit, in der es nur noch wenige Überlebende der Schoa gibt,
die berichten können, was ihnen, ihren Familien und den Juden Europas
geschehen ist, noch mehr an Bedeutung.
Erinnerungskultur Der Arbeitskreis ist aus einem von Dirk Hönerlage,
Geschichtslehrer am örtlichen Franz-Miltenberger-Gymnasium, geleiteten
Projektseminar 'Jüdisches Leben in Brückenau' hervorgegangen. Hönerlage
dankte sichtlich erfreut 'den Bürgern, die sich mit der so wichtigen
Erinnerungskultur identifizieren und sie mittragen und durch ihre
Anwesenheit würdigen – zivilgesellschaftliches Engagement, das gegen das
Gift des Hasses und des Antisemitismus zu Felde zieht'. An der Verlegung der
Stolpersteine, des 'größten dezentralen Mahnmals der Welt', wie sie in der
Broschüre Jüdisches Leben in Brückenau bezeichnet werden, nahmen auch der
Erste Bürgermeister der Stadt Bad Brückenau, Jochen Vogel, und der Bad
Kissinger Landrat Thomas Bold teil. Auch Bad Brückenaus sollte im
Deportationsdenkmal Würzburg mit einem Gepäckstück vertreten sein, regt
Josef Schuster an. Die Erinnerungskultur sei für die Gegenwart besonders
bedeutsam, betonten beide. 'Es liegt an uns allen, dass die Geschichte
präsent bleibt und wir ein Augenmerk darauf haben, damit so etwas nie wieder
geschehen kann', sagte Vogel.
Tradition Landrat Bold wies auf die lange Tradition der jüdischen
Gemeinden im Landkreis Bad Kissingen hin, die dessen Geschichte über viele
Jahrhunderte geprägt haben. 'Ich finde es toll, dass die Abiturienten das
Thema im Seminar zur Studien- und Berufsorientierung aufgegriffen haben',
lobte Bold. 'Tragen wir alle dazu bei, dass diese schrecklichen Ereignisse
der 30er- und 40er-Jahre sich nicht wiederholen!' 'Künftig werden
Spaziergänger, Alte und Junge, Schulkinder und Geschäftsleute an diesen
kleinen goldfarbenen Stolpersteinen vorübergehen und die Inschriften mit
Geburtsdaten und – soweit bekannt – Todesdaten und den Namen der Ermordeten
ihrer ehemaligen Nachbarn lesen', sagte Schuster. Um diese wenigen Daten
eines ganzen Lebens überhaupt lesen zu können, müssten sie sich
hinunterbeugen. 'Wer das tut, zollt mit dieser Verbeugung den ehemaligen Bad
Brückenauern Respekt und ihrem Andenken Ehre.' 'Gemessen an der Zahl der
sechs Millionen ermordeten Juden in Europa gibt es noch viele Gedenksteine
zu verlegen. Aber ich freue mich über jeden Stolperstein, der zu ihrem
Andenken verlegt worden ist und verlegt werden wird.'
Deportationsdenkmal Schuster verwies in diesem Zusammenhang auf ein
anderes, ebenfalls dezentrales Mahnmal – den jüngst eröffneten Würzburger 'DenkOrt
Deportationen' (vgl. Jüdische Allgemeine vom 25. Juni). 'Vor dem
Hauptbahnhof sollen in absehbarer Zeit einmal 109 Gepäckstücke stehen, eines
für jeden Ort in Mainfranken, aus dem Juden deportiert wurden. Hunderte
Gepäckstücke, übereinandergeworfen, Koffer, Bündel, Taschen, herrenlos
zurückgelassen, während ihre Besitzer verjagt, verschleppt und in den Tod
deportiert worden sind.'
Bad Brückenau ist im Deportationsdenkmal noch nicht vertreten. Von den 109
Städten, Dörfern und Gemeinden Unterfrankens mit jüdischen Gemeinden vor
1939 hätten bislang 55 ihre Teilnahme zugesagt. 'Die Heimatstadt meiner
Großeltern, Bad Brückenau, ist bisher leider noch nicht dabei', sagte
Schuster und fragte, an Bürgermeister Jochen Vogel gewandt: 'Wäre dieser
Tag, lieber Herr Vogel, geeignet, darüber nachzudenken, ob Bad Brückenau
nicht auch zu den 109 unterfränkischen Orten gehören sollte, die auf diese
Weise ihrer ehemaligen Bürgerinnen und Bürger gedenken?'"
Link zum Artikel |
Vgl. Artikel in nr.de vom 19.
Juli 2020: "Neue Stolpersteine in Bad Brückenau mit Josef Schuster
verlegt..."
Link zum Artikel
Broschüre zu der "Stolperstein"-Verlegung (eingestellt als pdf-Datei):
Bad Brückenauer Stolpersteine.
3. Stolperstein-Verlegung Sonntag, 19. Juli 2020 (überarbeitete
Version vom Januar 2024). |
|
Oktober 2021:
Vierte
Verlegung von "Stolpersteinen" |
Am 27. Oktober 2021 fand die
vierte Verlegung von Stolpersteinen in Bad Brückenau statt. Verlegt wurden
Gedenksteine in der Schlossstraße 14 (vor dem Pflegeheim Schloss Römershag)
für Julie Nordschild und Therese Wittekind sowie vor dem Gebäude Wernarzer
Straße 8 (Staatsbad) für Emilie Heimann, Siegfried Strauß sowie Hanna,
Martha, Susi und Evelyn Strauß. |
Broschüre zu der "Stolperstein"-Verlegung
(eingestellt als pdf-Datei): Bad Brückenauer Stolpersteine.
4. Stolperstein-Verlegung Mittwoch, 27. Oktober 2021. |
|
Juli 2022:
Fünfte Verlegung von
"Stolpersteinen" |
Am 1. Juli 2022 fand die fünfte
Verlegung von Stolpersteinen in Bad Brückenau statt. Verlegt wurden
Gedenksteine in der Müllersgasse 8 für Ricka Hecht und Ida Hecht, Sinntor 6
für Flora Zeller, in der Unterhainstraße 19 für Nathan und Regina
Goldschmidt, in der Unterhainstraße 16 für Sara Fröhlich und Ricka Fröhlich,
in der Ludwigstraße für Recha Heilbrunn. |
Broschüre zu der "Stolperstein"-Verlegung
(eingestellt als pdf-Datei): Bad Brückenauer Stolpersteine.
5. Stolperstein-Verlegung Freitag, 1. Juli 2022.
|
|
September 2023:
Sechste Verlegung von
"Stolpersteinen" |
Am
29. September 2023 fand die sechste Verlegung von Stolpersteinen in Bad
Brückenau statt. Verlegt wurden Gedenksteine im Alten Schlachthofweg 22 für
Recha Stern und in der Ludwigstraße 24 für Gitta Oppenheimer.
Dazu Artikel von Steffen Standke in der "Main-Post" vom 29. September 2023:
"Bad Brückenau: Stolpersteinverlegung auf ganz andere Art..."
(pdf-Datei)
|
Broschüre zu der "Stolperstein"-Verlegung
(eingestellt als pdf-Datei): Bad Brückenauer Stolpersteine.
6.
Stolperstein-Verlegung Freitag, 29. September 2023.
|
Presseberichte: |
Artikel
von Steffen Standke in der "Saale-Zeitung" vom 20. Oktober 2023: "Die
doppelte Rückkehr der Zellers..." |
Artikel
von Dominik Siebert in der "Main-Post" vom 19. Oktober 2023: "Ruth, die
letzte jüdische Schülerin...'" |
|
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 273-275. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 37-38. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 431-433.
|
| Ulrich Debler: Die jüdische Gemeinde in Bad
Brückenau. In: Würzburger Diözesangeschichtsblätter. Bd. 66 2004. S.
11-212.
Der Autor (geb. 1941 in Stuttgart, Pfarrer in verschiedenen
unterfränkischen Gemeinden), von dem zahlreiche weitere Beiträge zur
jüdischen Geschichte im unterfränkischen Bereich stammen, ist im November
2005 im Alter von erst 63 Jahren verstorben.
|
| Cornelia Binder und Michael (Mike) Mence: Last Traces /
Letzte Spuren von Deutschen jüdischen Glaubens im Landkreis Bad Kissingen.
Schweinfurt 1992. |
| dieselben: Nachbarn der Vergangenheit / Spuren von
Deutschen jüdischen Glaubens im Landkreis Bad Kissingen mit dem Brennpunkt
1800 bis 1945 / Yesteryear's Neighbours. Traces of German Jews in the administrative district of Bad Kissingen focusing on the period
1800-1945. Erschienen 2004. ISBN 3-00-014792-6. Zu beziehen bei den
Autoren/obtainable from: E-Mail.
Info-Blatt
zu dieser Publikation (pdf-Datei). |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 97. |
| Lebensgeschichte und Lebenswerk des 1910 in Bad Brückenau
geborenen David Schuster:
Alexander von Papp: Ein fränkisch-jüdisches Leben im 20.
Jahrhundert - Zum 100. Geburtstag von David Schuster. In: Frankenland.
Zeitschrift für fränkische Landeskunde und Kulturpflege. Verlag
Frankenbund Website www.frankenbund.de.
Heft 4. August 2011 S. 284-295.
Mit Genehmigung des Verfassers und des Verlages online
eingestellt (pdf-Datei). |
| Dirk Hönerlage (Projektleiter): Jüdisches Leben in
Brückenau. Ein geschichtlicher Abriss in sechs Kapiteln. Erarbeitet vom
P-Seminar "Jüdisches Leben in Brückenau", Franz-Miltenberger-Gymnasium Bad
Brückenau. 2018.
Eingestellt als pdf-Datei. |
| Broschüren zu den "Stolperstein"-Verlegungen (jeweils
eingestellt als pdf-Datei): Bad Brückenauer Stolpersteine. 1. Stolperstein-Verlegung Freitag, 23. Februar 2018;
2. Stolperstein-Verlegung Donnerstag, 4. Juli 2019;
3. Stolperstein-Verlegung Sonntag, 19. Juli 2020;
4. Stolperstein-Verlegung Mittwoch, 27. Oktober 2021:
5. Stolperstein-Verlegung Freitag, 1. Juli 2022;
6.
Stolperstein-Verlegung Freitag, 29. September 2023.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Brueckenau Lower Franconia.
Jews are mentioned in the late 16th century. The modern community was founded in
the mid-19th century by Jews from Zuentersbach in Prussia. The synagogue and talmud
torah were destroyed in a fire in 1876 that left most of the Jews homeless.
A new synagogue was built in 1913 and a Jewish public school was opened in 1924.
Brueckenau was a Jewish health resort with three kosher hotels and summer camps
for children. The Jewish population grew from 55 in 1880 to 114 in 1910 (total
1.627). With the Nazi economic boycott in 1933 the wealthier Jews began to leave.
On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue was burned and
nearly all jewish men were sent to the Dachau concentration camp. In all, 29
Jews emigrated in 1933-40 (13 to the United States) and 95 left for other German
cities, including 58 to Frankfurt. The last seven Jews were deported to Izbica
in the Lublin district (Poland) and the Theresienstadt ghetto in 1942.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|