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Wonfurt (Kreis
Haßberge)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Wonfurt bestand eine jüdische Gemeinde bis 1920. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 16. Jahrhunderts zurück. Im Bereich des
"Judenhofes" wurden zwischen 1550 und 1600 von der
Ortsherrschaft der Freiherren von Fuchs Reihenwohnhäuser mit vier Eingängen
für insgesamt 12 jüdische Familien erstellt.
Im Laufe des 17. und 18. Jahrhunderts nahm die Zahl der jüdischen Familien zu. 1817
wurden 24 Familien in die Matrikelliste aufgenommen, die allesamt Schutzbriefe des
Freiherren von Seckendorf innehatten. Die Familien legten sich damals neue
Familiennahmen zu: Adler, Fischer, Frank, Friedmann, Grapf, Grünewald, Haas,
Handelsmann, Haßlacher, Herrmann, Kaufmann, Klein, Krapf, Mahler, Neuburger,
Rau, Rauh, Reich, Rosenbaum, Rosenfelder, Rosenthal, Schloß, Schüller, Straus.
Die Haushaltsvorsteher verdienten den Lebensunterhalt als Viehhändler,
Schlächter, Schmuser, Schnitthändler, Kleiderhändler, sonstiger Waren- und
Kleinhandel.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl der jüdischen
Einwohner wie folgt: 1813 90 jüdische Einwohner, 1825 104, 1867 104, 1875
109, 1890 89 (in 26 Haushalten), 1892 21 Haushaltungen, 1897 82 jüdische
Einwohner in 20 Familien), 1900 62 jüdische Einwohner, 1905 43, 1910 9.
Im Bereich des Judenhofes
lagen auch die Einrichtungen der Gemeinde wie Synagoge, Schule, koschere
Metzgerei und rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof
in Kleinsteinach beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde
war zeitweise ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter
(Kantor) und Schochet tätig war. Um 1856/1870 war als Lehrer Moses Schloss tätig, über den
einige Beschwerden wegen Vernachlässigung des Religionsunterrichtes in den
Quellen vorliegen. Um 1875 wird als Lehrer N. Eschwege genannt, um 1881 Lehrer
Emanuel Hahn, um 1887/1892 Viktor Gottlieb, ab 1893 Lippmann Stein (s.u.,
unterrichtete auch in Schonungen), um 1897
Lehrer K. Ochsenmann, um 1898 W. Friedmann. 1892 waren 14 Kinder in der
Religionsschule der Gemeinde zu unterrichten, 1897/1898 noch acht Kinder.
Die jüdische Gemeinde gehörte zum Rabbinatsdistrikt Niederwerrn
/ Schweinfurt.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1882/1884 S. Reich,
um 1892/1893 N. M. Schloß, um 1897 S. Reich, um 1899/1901 Michael Mahler
(zunächst als 2. Vorsitzender).
Auf Grund des starken Rückgangs der jüdischen Einwohner seit Ende des 19.
Jahrhunderts wurde die Gemeinde 1920 aufgelöst.
Von den in Wonfurt geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jeanette Dillenberger geb. Schloss (1853), Hermann Frank
(1893), Moritz Frank (1895), Rina Gottlieb (1886(, Heinrich Grausmann (1870),
Lina Hamburger geb. Reich (1865), Ida Heimann geb. Frank (1890), Laura Heinemann
geb. Neuburger (1875), Jenny Jean geb. Reich (1883), Olga Jean geb. Reich
(1880), Klara Krapf (1869), Albert
Nussbaum (1890), Doreth Nussbaum geb. Klein (1860), Ludwig (Louis) Nussbaum (1887), Rosa
Rosenthal geb. Reich (1874), Julius Schloss (1884), Emma Stein geb. Reich
(1870), Arthur Strauß (1886).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Lehrer- und Vorbeterstelle 1882 / 1892 / 1899 / 1901
Aus den Ausschreibungstexten gehen auch die damaligen
Vorsteher der Gemeinde - S. Reich (1882) und Michael Mahler (1892 / 1901) - hervor.
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Dezember 1882:
"In hiesiger Gemeinde wird am 1. Januar (1883) die Religionslehrer-,
Kantor- und Schochetstelle vakant und soll baldigst wieder besetzt werden.
Das jährliche Einkommen beträgt 1.400 Mark. Seminaristisch gebildete
Bewerber wollen ihre Zeugnisse an den Unterzeichneten einsenden.
Wonfurt bei Haßfurt, 10. Dezember 1882. S. Reich, Vorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1892:
"Ausschreiben. Nachdem die hiesige Lehrer-, Kantor- und
Schechita-Stelle vakant geworden, soll solche womöglich bis 1. Juni
laufenden Jahres wieder besetzt werden.
Fixer Gehalt 600 Mark, Entschädigung für Holz 120 Mark,
Schechita-Erträgnis mindestens 250 Mark, Nebenakzidenzien 400 Mark.
Die betreffenden Reflektanten wollen ihre Zeugnisse sowohl vom
königlichen als auch vom israelitischen Seminar längstens bis 15. Mai
anher gelangen lassen. Wonfurt, 20. April 1892. Die Kultusverwaltung:
Schloß. M. Mahler." |
Auf diese Ausschreibung hin wurde vermutlich
der unten genannte Lehrer Lippmann Stein als Lehrer, Kantor und
Schochet angestellt. da er 1895 nach Fürth wechselte.
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Oktober 1899:
"Die hiesige Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle
ist in Erledigung gekommen. Fixer Gehalt 500 Mark, nebst 50 Mark für
Holz; schöner Wohnung. Schächterfunktion und Nebenverdienste circa 400
Mark. Ledige Bewerber werden nur berücksichtigt. Reflektanten wollen
ihre Zeugnisse bis 10. November anher einsenden.
Wonfurt, den 16. Oktober 1899. Michael Mahler,
Kultusvorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. Februar 1901:
"Die hiesige Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterfunktion ist
in Erledigung gekommen. Der fixe Gehalt inklusive Vergütung von Holz,
beträgt Mark 550 nebst freier Wohnung. Die Schächtfunktion und Nebenverdienste
ca. Mark 400. Ledige Bewerber wollen ihre Gesuche nebst Zeugnisabschriften
bis 20. Februar (1901) einsenden.
Wonfurt in Bayern, 14. Februar. Michael
Mahler, Kultusvorstand." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juli 1901:
"Die hiesige Religionslehrer-, verbunden mit Vorbeter- und
Schächterfunktion ist in Erledigung gekommen und soll demnächst
wieder besetzt werden. Der fixe Gehalt beträgt inklusive Vergütung für
Holz Mark 550. Die Schechita und Nebenverdienste ca. Mark 400, nebst
schöner freier Wohnung. Ledige Bewerber wollen ihre Gesuche nebst
Zeugnisse an den Unterfertigten einsenden.
Wonfurt bei Haßfurt, 15. Juli.
Michael Mahler, Kultusvorstand." |
Zum Tod des Lehrers Lippmann Stein (1928 in Fürth, Lehrer in Wonfurt vor 1895
Artikel
in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 15. Januar 1928:
"Fürth. Schon wieder haben wir den Verlust eines Kollegen zu
beklagen. Unser Vereinsmitglied, Studienrat Lippmann Stein, ist am
Donnerstag, dem 1. Dezember 1927, im 57. Lebensjahre durch einen
Schlaganfall jäh aus dem Leben gerissen worden. Stein wirkte mehrere
Jahre als Religionslehrer in Wonfurt bei Haßfurt, übernahm 1895 das
Häberleinsche Mädcheninstitut und wurde, als dasselbe an die Stadt
überging, als Lehrer dieser Schule mit übernommen. Seit einigen Jahren
befand er sich wegen eines Kehlkopfleidens im Ruhestand. Bei der
Beerdigung sprachen nach dem Rabbiner Dr. Behrens der Oberstudiendirektor
des Lyzeums, Dr. Frank, Rechtsanwalt Dr. Stahl für die Loge und Lehrer
Gutmann für den Lehrerverein. Dem Heimgegangenen soll in unseren Reihen
ein treues Gedenken bewahrt bleiben." |
Beerdigung von Lehrer Moritz Hammelburger (1927,
Lehrer in Wonfurt nach 1895)
Bericht
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 20. Oktober 1927:
"Hassfurt.
Unter einer beispiellosen Beteiligung seitens aller Kreise der Bevölkerung
unseres Städtchens wurden heute die sterblichen Überreste unseres
teueren, unvergesslichen Lehrers Moritz Hammelburger seligen Andenkens,
der nach einem schweren ärztlichen Eingriff im Vorjahre und nach
monatelangem, schwerem Krankenlager in Würzburg, zum Schmerze seiner
Familie, seiner Gemeinde, seiner Freunde verstorben ist, zu Grabe
getragen.
Der Beerdigung in Kleinsteinach ging eine Trauerfeier in der Synagoge
in Hassfurt voraus, die einen erhebenden Verlauf nahm:
Der Gesangverein Hassfurt, mit trauerumflorter Fahne, war vollzählig in
der Synagoge erschienen und widmete dem verblichenen Mitgliede als
Einleitung der Trauerfeier und dann noch beim Abschied auf dem Wege zum
Grabe erhebenden Gesang. Herr Oberkantor Eschwege aus
Würzburg sang einen
durch eine besondere Einlage mit dem Akrostichon des Verblichenen
erweiterten El mole rachamim in zu Herzen gehender Trauerweise. Es folgte die
Trauerrede des Distriktrabbiners Dr. Stein, der in Anlehnung an den Vers
aus Psalm 101: 'Meine Augen sind auf die Treuen auf Erden gerichtet,
dass sie bei mir wohnen mögen; wer in Unschuld wandelt, darf mich
bedienen', ein Bild des Wesens und Charakters dieses vortrefflichen
Lehrers und Beamten, dieses herrlichen Menschen und Jehudi entwarf, der
aus den Quellen unserer heiligen Lehre trinkend und andere daraus tränkend
zu einem Verbreiter der Tora wurde, wie selten einer, der in strenger
Pflichterfüllung auf allen Sparten seiner Wirksamkeit dem Ideale
zustrebte. Ausdrücklich lehnte es der Redner ab, ein Lebensbild zu
entwerfen, weil dasselbe mit der Aufrollung der Geschichte der
Kultusgemeinde Hassfurt während 41 Jahren identisch gewesen wäre und
dazu der Rahmen der Betrachtung und der gegebenen Zeit nicht ausreicht.
Wohl aber wies er darauf hin, dass Hammelburger nicht nur in Hassfurt als
Religionslehrer, Schochet und Vorbeter wirkte, sondern auch in Zeil,
Ebelsbach,
Wonfurt,
Obereuerheim, während des Krieges auch in
Schonungen, dass er lange Jahre an den Mittelschulen in
Haßfurt den
Religionsunterricht und den Schreibunterricht erteilte, als Leiter von
Handelskursen und kaufmännischer Wissenschaft auch der weiteren Öffentlichkeit
diente. Herr Siegfried Lonnerstädter, als zweiter Kultusvorstand, brachte
die Gefühle des Dankes und der Verehrung und das Gelöbnis dauernden
Gedenkens der Gemeinde zum Ausdruck. Mit warmen Worten dankte der Rektor
der Realschule für die der früheren Lateinschule und jetzigen Realschule
geleisteten Dienste. Die Gefühle des Israelitischen bayerischen
Lehrervereins brachte Herr Lehrer Hellmann (Würzburg) zum Ausdruck. Der
Vorstand des Gesangvereins gelobte im Namen seiner Sangesbrüder dem
Verblichenen ein ehrendes Andenken.
Am Grabe in Kleinsteinach
verbreitete sich der Distriktsrabbiner noch in warmen Worten über das
herrliche Familienleben und legte dar, wie seiner Tränensaat in der
Familie, in der Schule, in der Gemeinde eine herrliche´, freudige Ernte
entsprossen ist. Mit tiefer Wehmut nahmen wir von dem frischen Grabhügel
Abschied, der die irdische Hülle eines seltenen Mannes birgt, der für
die Ewigkeit gearbeitet hat, bei dem Gottesfurcht und Toratreue in idealer
Verbindung für die Gesamtheit glückliche Erfolge erzielt hat. |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Ergebnis einer Kollekte (1869)
Anmerkung: regelmäßig wurden in den jüdischen Gemeinden Kollekten für die
unterschiedlichsten Zwecke durchgeführt. Über das jeweilige Ergebnis wurde in
jüdischen Periodika berichtet. Hier das Ergebnis einer Spendensammlung "für
unsere dürftigen Glaubensbrüder an der russischen Grenze".
Mitteilung
in "Der Israelit" vom 10. Februar 1869: "Wonfurt: Durch Moses Schloß:
Salomon Reich 1 fl. 30 kr., Moses Wahler 48 kr., Heinemann Baum 1 fl.,
Nathan Reich 1 fl. 45 kr., Moses Reich 1 fl. 45 Kr., Niem Reich 1 fl.,
Lazarus Frank 1 fl., Elias Klein 24 kr., Feidel Klein 18 kr., Veigele Klein
18 kr., Wolf Krapf 12 kr., David Rosenthal 24 kr., Kalman Schloß 18 kr., Löb
Fleischhacker 12 kr., Teichel Haas 30 kr., Moses Schloß, Lehrer 2 fl. 24 kr.,
Marx Rosenbaum 12 kr., Überschuss 11 kr. (12 Wochen). Summa 14 fl. 11 kr." |
Spendenaufruf für ein mittelloses
Gemeindemitglied (1895)
Anmerkung: mit Lehrer B. Stein wird Lippmann Stein gemeint sein, der um
1893/1897 als Lehrer in Wonfurt tätig war.
Anzeige
in "Der Israelit" vom 18. Februar 1895: "Edle Menschenfreunde.
Ein hiesiger achtbarer Bürger, der alt und mittellos ist, und für eine
kranke Tochter, sowie für eine alte Schwester zu sorgen hat, wurde durch den
berüchtigten Haßfurter Kreditvereinskrach* an den Ruin seiner Existenz
gebracht. Binnen kurzer Zeit soll sein letztes Hab und Gut veräußert werden,
wenn nicht rasche Hilfe seitens wohltätiger Glaubensgenossen gewährt wird.
Möge jeder ein Scherflein dazu beitragen, um diesen schwergeprüften,
würdigen und verschämten Mann nicht in dieser schrecklichen Jahreszeit von
Haus und Hof verjagen zu lassen.
Die ergebenst Unterzeichneten nehmen jeden Unterstützungsbeitrag dankend in
Empfang.
Wonfurt, im Februar 1895. S. Reim, Kultusvorstand, B. Stein,
Lehrer.
Den Inhalt dieses Unterstützungsgesuch ist bestätigt und bittet dringend um
rasche Hilfe.
Dr. S. Stein, Distriktsrabbiner, Schweinfurt."
*) vgl. Artikel in der Main-Post vom 4.1.2007: "Wahrlich keine
Erfolgsgeschichte..." (Link) |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Lebenslauf des aus Wonfurt stammenden Lehrers Wolf Strauß (Lehrer in Kleinheubach)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1865:
"Nekrolog. Tauberbischofsheim, im November (1865). Am 26. Oktober
wurden die irdischen Reste des, auch in weiteren Kreisen bekannten,
Lehrers Strauß aus Kleinheubach bei Aschaffenburg zu Grabe bestattet.
Gestatten Sie mir, geehrtester Herr Redakteur, als ehemaliger Schüler des
nun Verstorbenen, in Ihrem geschätzten Blatte einige Mitteilungen über dessen
Lebensverhältnisse zu geben. Lehrer Strauß war im Jahre 1800 in Wonfurt
bei Bamberg geboren. In der frühesten Jugend schon wurde er von seinem
Vater zum Studium der Tora angehalten.
Noch als junger Knabe übergab ihn zu diesem Ende sein Vater der Jeschiwa
zu Burgpreppach, wo er seine Zeit nur dem Studium des Talmuds widmete.
Hier verweilte er einige Jahre. Um jedoch auch in den pädagogischen
Fächern einige Kenntnisse zu erlangen, verließ er die dortige Anstalt
und siedelte nach Würzburg über. Bei dem weitberühmten Rabbi Abraham
Bing seligen Angedenkens setzte er sein Torastudium fort, besuchte jedoch
zugleich das dortige christliche Schullehrer-Seminar. Seine gediegenen
Kenntnisse im Talmud erleichterten ihm das Studium der
Profanwissenschaften, sodass er sich bald im Seminar vor allen Andern
auszeichnete. Seine erste Stelle nach dem Austritte aus dem Seminar, an
der er auch bis an sein Ende verblieb, war Kleinheubach. Seine Kenntnisse,
aber vorzüglich sein religiöses Leben, erwarben ihm bald in der ganzen
Umgegend einen guten Ruf, sodass man ihm die Erziehung vieler Zöglinge
aus Bayern, Baden und Hessen anvertraute.
Wenn auch seine Stelle zu den besser dotierten zählte, so blieb er
dennoch von Nahrungssorgen nicht verschont. Eine schwere Krankheit, zu
deren Heilung er ein Bad in Hessen gebrauchen musste, verschlimmerte seine
materielle Lage, ein Umstand, der ihm seiner Familie wegen unsägliche
Kümmernisse bereitete. Wurde er aber auch von des Lebens Schicksalen noch
so sehr heimgesucht, so nahm er dennoch Alles ohne Murren an. Stets
tröstete er sich mit den Worten Hiobs: 'Der Name des Herrn sei
gepriesen'.
Kaum wieder genesen, traf ihn ein anderer Schlage; seine ihm teure Gattin
starb und hinterließ ihm 7 unmündige Kinder. Schwer lasteten auf ihm die
Nahrungssorgen, noch viel schwerer die Sorge, seine 6 Söhne einem
ordentlichen Berufe zu widmen; es gelang ihm jedoch mit Gottes Hilfe, 5
Söhne in angemessenen Ämtern fungieren zu sehen.
Später vermählte er sich zum zweiten Male, es wurden ihm aus dieser Ehe
noch 2 Kinder geboren. Wenn er auch während dieser Ehe seine pekuniären
Verhältnisse sehr erbesserte, so war doch seine Freude mit Leid gemischt.
Mehrere Male erkrankte seine Frau, wodurch seine Kräfte nicht wenig in
Anspruch genommen wurden. Kaum war aber durch ärztliche Mittel auch
diesem Übel abgeholfen, als er oft geprüfte Mann schwer erkrankte. Groß
waren seine Leiden und lange lag er auf dem Schmerzenslager, bis er am 26.
Oktober seinen Geist aushauchte. Allgemein bedauert und betrauert von
seiner Gemeinde, wie von Allen, die ihn kannten, insbesondere von seinen
Zöglingen, die einen so teuren Lehrer an ihm verloren haben. Er
hinterlässt eine Frau und vier noch unversorgte Kinder. Seine Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens. Rothschild." |
Zum Tod von Nathan Reich (1884)
Anzeige
in "Der Israelit" vom 5. Juni 1884: "Nekrolog. (Unlieb verspätet).
Wonfurt, am 26. Mai 'der Ausgang (= Tod) eines Gerechten von diesem
Ort schafft Eindruck'. Die tiefe Wahrheit dieser Worte musste auch
unsere Gemeinde erkennen, als sie am 20. Ijar (5644), den 15. Mai
(1884) dieses Jahres die irdischen Reste des Herrn Nathan Reich zur letzten
Ruhe brachte. Auch mit ihm ... - sein Hingehen hat auch uns einer
seltenen Zierde beraubt und eine nur zu fühlbare Lücke zurückgelassen. Herr
Reich war noch einer jener Wenigen, die mit vollem und aufrichtigen Herzen
dem echten Judentum zugetan sind. Lange Zeit stand er als Vorstand an der
Spitze unserer Gemeinde und hat während der ganzen Zeit mit Treue und
Gewissenhaftigkeit zu seiner eigenen und zur Ehre der Gemeinde seines Amtes
gefaltet. Wohl stießen manchmal seine Anordnungen auf Widerstand und
Hindernisse, allein seine unerschütterlich Beharrlichkeit und Ausdauer
ließen ihn stets als Sieger aus dem Kampfe hervorgehen. Wie im Hause und in
seiner Gemeinde, war er auch draußen im Verkehr mit Fremden und
Nichtisraeliten. Nie konnte man ihn im Geschäfte einer Unrichtigkeit
beschuldigen. Er wusste es, dass ein guter Name über alles geht und war
deshalb bestrebt, überall sich und seinem Glauben Ehre zu machen und zu
zeigen, dass auch das Judentum die strengste Gewissenhaftigkeit und
Redlichkeit fordert. Es war daher eine natürliche Folge, dass der
Verstorbene bei allen, die ihn kannten, geehrt und geachtet war und
allgemeiner Beliebtheit sich erfreute.
Dies zeigte sich hauptsächlich bei seinem feierlichen Leichenkondukte. Jeder
eilte herbei, Keiner wollte es sich nehmen lassen, dem frommen Biedermann
die letzte Ehre zu erweisen. Alles war tief ergriffen und fühlte den herben
Verlust, den wir erlitten.
(Hebräisch und deutsch:) 'Gefallen ist die Krone unseres Hauptes',
rief die Familie, darf die Gemeinde rufen! Doch der Mensch muss Gottes weise
Vorsehung anerkennen, seinem unerforschlichen Willen sich fügen. So mögen
auch die trauernde Gattin, die tiefbetrübten Kinder und Enkel mit uns in dem
Gedanken Trost finden, dass der Verblichenen den Zweck seines Lebens
vollkommen erkannt und demgemäß erfüllt hat. Der Allmächtige, der seine
Frommen nie außer Acht lässt, hat auch diesem Edlen seine Gunst und Gnade in
hohem Maße zugewendet und ihn schon hienieden genießen lassen. Bei steter
Gesundheit erreichte er ein Alter von nahezu 78 Jahren, sah alle seine
Kinder bestens versorgt und in guten Verhältnissen lebend und hatte das
seltene Glück, vor einigen Jahren an der Seite seiner geliebten Gattin seine
silberne Hochzeit feiern zu können.
Sicher weilt er nun in jenen lichten Höhen, im Kreise der verklärten
Geister, um mit diesen den wohlverdienten Lohn eines tugendhaften Lebens
reichlich entgegen zu nehmen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens. " |
Zum Tod von Karoline Reich (1890)
Artikel in "Der Israelit" vom 27. Januar 1890: "Wonfurt. Wiederum hat
der Tod eine schmerzliche Lücke gerissen in die Reihe der wahrhaft frommen
Frauen. Am Heiligen Schabbat dem 26. Tevet (= 18. Januar 1890)
verschied hier Frau Karoline Reich, eine wackere Frau im
schönsten Sinne des Wortes. Die verblichenen war eine Zierde und ein Segen
für Ihre Familie, wie für ihre Gemeinde. Tora, Gottesdienst und
Wohltätigkeit, diese drei Grundpfeiler der Welt im Großen, sie waren die
Grundsäulen ihrer Welt im Kleinen; an der Tora Gotteslehre hatte die
Dahingeschiedene herzliche Freude und Jedermann, insbesondere aber die
Toralernenden, wusste sie zu achten und zu ehren.
Mit besonderer Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit lag sie dem Gebete, sowie
allen religiösen Pflichten ob, Wohltätigkeit in Rat und Tat übte sie nach
Kräften.
Geduldig, ganz Ihrer frommen Lebensart entsprechend, trug sie ihr Leiden,
bis der Tod ihr nach nicht ganz 79-jähriger Lebenszeit die Erlösung von
allen Erdenqualen brachte. Möge der Dahingeschiedenen in der Welt 'des
Guten' der Lohn für Ihre guten Handlungen in reichstem Maße zuteil werden
und mögen die um sie trauernden Kinder, Enkel und Urenkel Trost finden in
dem Bewusstsein (hebräisch und deutsch): 'Das Andenken des Frommen
wird stets ein gesegnetes bleiben'. G." |
Zur Geschichte der Synagoge
Die Geschichte der Synagoge der jüdischen Gemeinde im
Judenhof dürfte in die Zeit um 1600 zurückgehen. Wie oft das Gebäude
umgestaltet, neu gebaut oder renoviert wurde, ist nicht bekannt. Bis 1920 war
das Gebäude Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens in Wonfurt.
Nach Auflösung der jüdischen Gemeinde 1920 kamen die Ritualien aus der
Synagoge kamen nach Haßfurt, wo in der
Synagoge u.a. ein oder mehrere Torawimpel aus Wonfurt sowie das Totengedenkbuch
dieser Gemeinde von 1774 aufgewahrt wurden. Beim Novemberpogrom 1938 wurden die
Ritualien zerstört, das Totengedenkbuch war im August 1934 dem Verband der
Bayerischen Israelitischen Gemeinden in München übergeben worden.
Adresse/Standort der Synagoge: Fuchshof -
Hauptstraße 28f
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 9.4.2007)
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Der ehemalige
"Judenhof", später "Fuchshof" mit den heute schön
renovierten Häusern |
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Das Gebäude der ehemaligen
Synagoge (Hauptstraße 28f) |
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Andernorts entdeckt |
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Grab im jüdischen
Friedhof Bad Kissingen für
Salomon Reich (geb. 22. Mai 1833 in
Wonfurt,
gest. 12. Juli 1908 in Bad Kissingen) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Stein: Jüdisch-geschichtliche Zeugnisse. Bewährte
Persönlichkeiten aus den Memorbüchern von Hassfurt, Wonfurt, Kleinsteinach.
In: Nürnberg-Fürther Israelitisches Gemeindeblatt Jahrgang 12. 1932. S.
129-130. |
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 313 (unter Haßfurt). |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 129. |
| Cordula Kappner: Aus der jüdischen Geschichte des
heutigen Landkreises Hassberge. Kg. Landratsamt Hassberge. Haßfurt 1998. |
| dies. '...die sind dann einfach fortgekommen...'. -
Jüdische Bürger im Landkreis Haßberge. Haßfurt 1995 (Manuskript). |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Würzburg 2008. S. 147. |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|