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Avenches (Canton
de Vaud; dt. Wiflisburg, Kanton Waadt)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Avenches bestand im 19./20. Jahrhundert eine jüdische
Gemeinde. Die ersten jüdischen Personen ließen sich 1826 in der Stadt
nieder. Dabei handelte es sich zunächst um Pferdehändler, die in der Folgezeit
für das von der Pferdezucht und der Landwirtschaft geprägte wirtschaftliche
Leben in der Region von Bedeutung waren. Zahlreiche andere Familien zogen in der
Folgezeit nach. Sie stammten fast durchweg aus elsässischen jüdischen
Gemeinden (Artikel unten von 1847: "Juden von elsässischem Schrot und
Korn"), deren "patriarchalische Gastfreundschaft" 1847
gelobt wurde (s.u. Artikel).
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich wie
folgt: 1847 27 jüdische Familien, um 1870 Höchstzahl von 260 jüdischen
Einwohnern in Avenches (14 % der Gesamteinwohnerschaft), danach Rückgang: 1917
74 jüdische Einwohner, 1950 nur noch zwei jüdische Familien. Die Abwanderung
vollzog sich auf Grund der Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage auf dem
Land. Insbesondere nach Bern und Lausanne zogen zahlreiche der
Familien.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule und
ein rituelles Bad (im Untergeschoss der Synagoge). Zur Besorgung religiöser
Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als
Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. unten Ausschreibungen der Stelle von 1893
und 1901; mit der Ausschreibung von 1904 wurde nur noch ein Vorbeter und
Schochet gesucht).
Unter den Lehrern wird B. Taube genannt (Lehrer um 1877/1878). Der Lehrer wohnte
in einer Wohnung im Erdgeschoss der
Synagoge.
Auf Grund der zurückgegangenen Zahl der jüdischen Einwohner konnten bereits
seit den 1930er-Jahren keine Gottesdienst mehr in der Synagoge abgehalten
werden. Die Gemeinde wurde aufgelöst.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1893 / 1901 / 1902 / 1904
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1893: "Die
Religionslehrer- und Chasan-Stelle dahier ist vakant und wieder zu
besetzen. Bevorzugt wird ein Elsässer. Nicht verheiratet oder nur mit
kleiner Familie. Derselbe muss befähigt sein, im Deutschen und
Hebräischen zu unterrichten. Tag des Eintritts wird später bestimmt.
Meldungen erbittet
Nathan Bloch, Vorstand, Avenches
(Schweiz)." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1901:
"In der hiesigen Gemeinde ist per 1. März 1902 die Stelle eines
unverheirateten Chasan und Lehrer, (event. auch ohne
Familie) mit einem festen Jahresgehalt von Frcs. 1200 frei. Lehrergehalt
wird extra bezahlt. Bewerbungen sind zu richten an
den Vorstand der israelitischen Gemeinde.
Leopold Levy-Bloch, Avenches, Schweiz, Marchand de Chveaux." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Dezember 1902:
"Die Gemeinde Avenches (Schweiz) sucht einen unverheirateten
Chasan und Schochet.
Fixes Gehalt 1.200 Frcs. Schächten wird extra vergütet. Reflektanten
belieben sich an den Präsidenten der israelitischen Gemeinde zu
wenden.
Leopold Levy." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. April 1904:
"Wir suchen einen unverheirateten Chasan
(Kantor) mit einem fixen Gehalt von 1.300 Francs, ohne das Einkommen aus
der Schechita. Der Eintritt kann sofort erfolgen.
Leopold Levy, Präsident, Avenches
(Schweiz)." |
Anzeigen des jüdischen Lehrers Taube
(1877/1878)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. März 1877: "Ein
israelitisches Mädchen aus der französischen Schweiz, welches Deutsch
und Französisch spricht, sucht zum 15. April dieses Jahres einen Platz
als Dienstmädchen in einer kleineren Familie in der Schweiz oder in deren
Nähe. Gute Referenzen stehen zur Seite. Reflektierende wollen sich
gefälligst wenden an den Beauftragten. B. Taube, Religionslehrer
in Avenches (Schweiz). |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Juni 1878: "Schochet-Gesuch.
Auf 4-5 Wochen suche ich zur Stellvertretung einen Schochet, der
auch das Vorbeten versehen kann.
B. Taube, ministre officiant, Avenches (Schweiz). |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Es gibt "nicht viel Berichtenswertes" aus
Avenches (1847)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. Januar 1847:
"Avenches, eine Gemeinde von ungefähr 27 Familien, das alte
römische Aventicum mit seinen Ruinen zu deutsch Wiflisburg, bietet nicht
viel Berichtenswertes dar; wohl aber verdient die patriarchalische
Gastfreundschaft dieser Juden von elsässischem Schrot und Korn der
Erwähnung." |
Statistik der jüdischen Einwohner 1917
Artikel im "Jüdischen Jahrbuch der Schweiz" von 1917 S. 220: Es
werden angegeben an jüdischen Einwohnern:
"Kanton Zürich: Zürich 5212, Winterthur 133, Bülach
24;
Baselstadt 2452;
Genf 2236;
Kanton Bern: Bern 1062, Biel 413, Delsberg 75, Burgdorf 50, Langental
32, Laufen 27, Thun 27;
Kanton Waadt: Lausanne 989, Vevey 127, Yverdon 102, Montreux 96, Avenches
74, Nyon 64, Morges 40, Mondon 32, Cossonay
24". |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige von Josef Bloch (1887)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1887:
"Einige junge Leute, welche die französische Sprache zu erlernen
wünschen, finden koschere Kost und Logis bei
Josef Bloch, Boucher, Avenches, Canton de Vaude,
Suisse". |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst wurde vermutlich ein Betraum in einem Privathaus
eingerichtet, später wurde ein größerer Raum zur Einrichtung einer Betlokals
angemietet.
Um 1850 bemühte sich die Gemeinde um den Bau einer Synagoge. Doch sollte
es noch einige Jahre dauern, bis die Gemeinde im Februar 1863 den
Kaufvertrag für ein Wohnhaus außerhalb der Stadtmauern unterzeichnen konnte,
das zu einer Synagoge umgebaut wurde. Der Gemeinderat der Stadt erteilte im
November 1864 die Ausführung der Baupläne. Erstellt wurde eine Synagoge mit
120 Plätzen, je sechzig Frauen- und Männersitze. Die feierliche Einweihung der
Synagoge war am 4. August 1865 in Anwesenheit zahlreicher lokaler
Prominenz durch Rabbiner Moise Nordmaqnn und den Genfer Rabbiner Prof. Joseph
Wertheimer.
Auf Grund der Abwanderung der jüdischen Familien wurden bereits in den
1930er-Jahren keine Gottesdienst mehr in der Synagoge
abgehalten.
Ende 1957 wurde das Synagogengebäude abgebrochen. Das Grundstück wurde
für den Betrag von 4.000 Franken verkauft, womit die Abbruchkosten bezahlt
waren. Die rituellen Gegenstände wurden den Gemeinden Bern und Lausanne
übergeben.
1979 wurde ein Gedenkstein auf Grund einer Initiative des ehemaligen
Archivars von Avenches Yoland Gottraux aufgestellt. Der Stein trägt die
Inschrift: "Hier erhob sich die Synagoge der israelitischen Gemeinschaft.
Die ersten Juden ließen sich 1826 in Avenches nieder. Die Gemeinschaft zählte
bis zu 250 Mitglieder und löste sich im Laufe der Jahre langsam auf. Oktober
1979."
Adresse/Standort der Synagoge: Derrieres
les Terreaux - Chemin des Terreaux
Fotos
(Quelle: die historische Karte aus der Sammlung Hahn; die drei historischen Aufnahmen aus dem Buch
von Ron Epstein-Mil s. Lit. S. 95.97; neuere Aufnahmen: Hahn, Aufnahmedatum
27.8.2008)
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| C. Lauener: La communauté juive d'Avenches:
organisation et intégration (1826-1900). 1993. |
| Ron
Epstein-Mil: Die Synagogen der Schweiz. Bauten zwischen Emanzipation, Assimilation und
Akkulturation.
Fotografien von Michael Richter
Beiträge zur Geschichte und Kultur der Juden in der Schweiz. Schriftenreihe des Schweizerischen Israelitischen Gemeindebunds, Band 13.
2008. S. 94-97 (hier auch weitere Quellen und
Literatur) |
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