Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Eichstätt (Kreisstadt, Oberbayern)
Jüdische Geschichte / Betsaal

Übersicht: 

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Hinweis auf die mittelalterliche jüdische Geschichte (1842)    
Beitrag zur Geschichte des 16. Jahrhunderts  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde 
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen     
bulletZur Geschichte der Synagoge / des Betsaales   
bulletFotos / Darstellungen   
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte 
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
    
Mittelalter. In Eichstätt bestand eine jüdische Gemeinde bereits im Mittelalter. Erstmals wird 1292 ein Eichstätter Jude genannt, danach wird Eichstätt im Zusammenhang mit der Judenverfolgung des Jahres 1298 erwähnt. Nach einer Überlieferung wurden die Juden der Stadt damals verbrannt, nach einer anderen Überlieferung "nur" vertrieben. Wenige Jahre nach dieser Verfolgung gab es wiederum Juden in der Stadt, die zunächst dem Reich unterstellt waren. 1307 überließ jedoch König Albrecht dem Bischof Philipp von Eichstätt die Juden seiner Bistums. Dieser hatte im folgenden Jahr 49 Pfund Einnahmen von den Eichstätter Juden. 1310 wird Salman von Eichstätt genannt, bei dem die Herzöge Rudolf I. und Ludwig IV. von Oberbayern verschuldet waren. Während der Judenverfolgung in der Pestzeit 1348/49 wurden auch in Eichstätt Juden verfolgt. Am 12. November 1349 verzieh Bischof Albrecht "den Auflauf und all die Handlung ... an den Juden von dem Pöbel zu Eichstätt, deren etliche erschlagen wurden, wobei auch einige Christen zu Schaden kamen, ... gegen den Willen der ehrbaren Bürger". Die jüdischen Familien lebten vor allem in der "Judengasse" (Thurmer-Gasse, heute Turmgasse).
   
In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts lebten wieder einige Juden in der Stadt (genannt 1380, 1398, 1403 und 1409). Nach Eichstätt benannte Juden lebten in Augsburg (1407), Nürnberg, Prag und Regensburg (1475/76), Rothenburg ob der Tauber (um 1450) und Winzenheim/Elsass (1499/1500). 1445 erließ der Eichstätter Bischof Johann III. von Eich (1445-1464) den Befehl zur Vertreibung der Juden aus dem gesamten Hochstift und ordnete wenig später für Juden, die das Hochstift besuchsweise betraten, das Tragen von Abzeichen an. 
   
An Einrichtungen ab es im Mittelalter eine Synagoge und ein jüdischer Friedhof (an Stelle des 1536 angelegten Westenfriedhofes im Morden der Stadt unweit des Westentores, Westenstraße/Ulrichsteig). Der Friedhof wird 1423 genannt und nach Vertreibung der Juden aus Eichstätt abgeräumt.
    
    
19./20. Jahrhundert. Zur Entstehung einer neuen jüdischen Gemeinde kam es erst wieder gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Nachdem seit ca.  1860 erstmals seit dem Mittelalter jüdische Personen in der Stadt zuziehen konnten, entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: (1811/12 zwei jüdische Einwohner), 1867 27 (0,3 % von insgesamt 8.051 Einwohnern), 1880 40 (0,5 % von 7.489), 1900 49 (0,6 % von 7.701). Die jüdische Gemeinde nannte sich in Eichstätt "Israelitische Betgesellschaft". 
 
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde einen Betsaal und einen Raum für den Religionsunterricht  (s.u.). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt. Er war - nach der Ausschreibung von 1907 - auch für den Religionsunterricht der jüdischen Kinder am Gymnasium, an der Realschule und im Arbeitshaus Rebdorf tätig. Zugleich wirkte er als Schochet und Vorbeter. Vermutlich erster jüdischer Lehrer war - spätestens seit 1868 (davon noch als Herz Schaalmann in Ellingen) - Hermann Schaalmann. Er war verheiratet mit Fanny geb. Samfeld, eine Tochter des Lehrers Samuel Samfeld (vgl. Giebelstadt). Schaalmanns Nachfolger war ab 1903 der auch zur Beisetzung Schaalmanns 1904 genannte Lehrer Emil Goldschmitt (vgl. unten die Ausschreibung  der Stelle von 1903, die nach der Zurruhesetzung Schaalmanns erfolgte; auf Grund der nächsten Ausschreibung von 1907 war Goldschmitt nur drei Jahre in Eichstätt tätig). Nachfolger Goldschmitts wurde ab 1908 Maier Strauß.  
Die in Eichstätt verstorbenen jüdischen Personen wurden in Pappenheim (u.a. Lehrer Hermann Schaalmann 1904 und Hilya Guttentag 1930) und Thalmässing beigesetzt. 
 
Um 1924
waren die Vorsteher der damals 34 Personen umfassenden Betgesellschaft Max Dachauer und Siegmund Marx. Als Religionslehrer und Schochet war weiterhin Maier Strauß angestellt (auch noch 1932). Er erteilte 1924 zwei Kindern den Religionsunterricht (1932 ein Kind). Die jüdische Gemeinde wurde vom Rabbinat Nürnberg aus betreut. 1932 waren die Vorsteher der Gemeinde weiterhin Siegmund Marx (1. Vors.) und Hermann Dachauer (2. Vors.); als 3. Vorsitzender ist Albert Schimmel genannt. 
 
Jüdischen Familien beziehungsweise Gewerbetreibenden gehörten einige für das wirtschaftliche Leben der Stadt nicht unbedeutende Geschäfte, insbesondere das Kaufhaus von Sallo Guttentag auf dem Domplatz und die Getreidehandlung der Brüder Schimmel. Sallo Guttentag war seit 1903 in Eichstätt (zur Familiengeschichte siehe unten). Bereits in der Sylvesternacht 1922 wurde die Fassade seines Geschäftes mit Hakenkreuzen besudelt. 
 
1933 wurden noch 27 jüdische Einwohner gezählt (0,6 % von insgesamt 8.029 Einwohnern). Am 8. Juli 1935 wurden Egon Guttentag und Paul Freymann, die das Geschäft von Sallo Guttentag inzwischen übernommen hatten, in "Schutzhaft" genommen. Im Frühjahr 1936 verließen die Familien Guttentag und Freymann auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts und dem Zwang zur "Arisierung" ihres Kaufhauses die Stadt. Im Herbst 1938 war nur noch die Familie Schimmel in der Stadt. Beim Novemberpogrom am 10. November 1938 zogen der Kreisleiter und etwa ein Dutzend SA-Leute in die Pfahlstraße, um die Tür der Brüder Schimmel aufzubrechen und diese festzunehmen. Das Haus wurde noch am selben Tag versteigert. Zwei der drei Brüder Schimmel verließen noch am selben Tag fluchtartig die Stadt. Der dritte Bruder folgte einen Monat später. Am 8. Dezember 1938 gab die Regierung von Mittelfranken bekannt, Eichstätt sei "judenfrei". 
 
Von den in Eichstätt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Else Bernd (1901), Paula Bravmann geb. Pappenheimer (1887), Mathilde (Milly) Dachauer geb. Feuchtwanger (1879), Walter S. Dachauer (1909), Frieda Epstein geb. Dachauer (1899), Berta Haas geb. Salomon (1892), Katharina Katz geb. Schlossberger (1890), Ella Lehmann geb. Götter (1857), Bernhard Löw (1886), Julie Östreicher (1900), Marie Reis geb. Pappenheimer (1883), Berta Schimmel (1876), Friedrich Schimmel (1888), Ludwig Schimmel (1881), Wilhelm Schimmel (1884), Marie Weil geb. Löw (1888), Jette Winter geb. Löw (1875).     
Anmerkung: Im Gedenkbuch werden die Angehörigen der Familie Schimmel nicht genannt. 
   
Von November 1946 bis 1949 bestand ein Lager von jüdischen Displaced Persons in Eichstätt. Es war an verschiedenen Standorten in Eichstätt untergebracht (Jägerkaserne und frühere Landwirtschaftsschule). Das Lager hatte religiöse Einrichtungen (Synagoge, Religionsschule, Koschere Küche, Jeschiwa, Mikwe) und kulturelle Einrichtungen (KIndergarten, Volksschule, Berufsschule). 21 in der Zeit des Bestehens des Lagers Verstorbene Displaced Persons wurden im jüdischen Friedhof in Ingolstadt beigesetzt.       
Weitere Informationen siehe Angaben im DP-Internetlexikon www.after-the-shoah.org: Seite zu Eichstätt  und in der Website www.talmud-thora.de: Seite zu Eichstätt.     
         
         
        
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
    
Hinweis auf die mittelalterliche jüdische Geschichte (1842)         

Eichstaett BY AZJ 01101842.jpg (69914 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. Januar 1842: "Die Juden, überall Unterkommen suchend (sc. nach der Judenverfolgung 1348/49), haben  sich auch im vormaligen Hochstifte Eichstätt angesiedelt, sind aber aus der Residenzstadt Eichstätt, wo sie eine Synagoge hatten, schon 1445 vertrieben worden. Viel später haben sie sich in Herrieden aufgehalten. Dort werden in der Nähe des königlichen Rentamtsgebäudes noch jetzt einige Häuser als ehemalige Judenhäuser bezeichnet, auch befindet sich auf dem Judenbegräbnisplatze zu Bechhofen noch der Grabstein einige in Herrieden gestorbenen Juden. Die Akten der Stadtpfarrei Herrieden weisen nach, dass über 100 Jahre vor ihrer Vertreibung Israeliten in Herrieden wohnten."    

    
Beiträge zur Geschichte des 16. Jahrhunderts 
 
Erinnerung an einen angeblichen Ritualmord in Tittingen und Eichstätt (1903)     

Eichstaett Israelit 26111903.jpg (343677 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. November 1903: "Ein neu entdecktes Gutachten Andreas Osiander's gegen den Ritualmord..."  
(zum Lesen des Artikels bitte Textabbildungen anklicken)    
Eichstaett Israelit 26111903a.jpg (263017 Byte) 

   
"Das 'Judenbüchlein' eines protestantischen Geistlichen gegen die Ritualmordbeschuldigung der Juden" (Beitrag von Rabbiner Dr. Adolf Eckstein, 1927)      

Eichstaett Bayr GZ 09021927a.jpg (306385 Byte)Artikel in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 9. Februar 1927.  
Noch nicht ausgeschrieben - bei Interesse Artikel anklicken. 
Eichstaett Bayr GZ 09021927b.jpg (313769 Byte) 

       
       
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  

Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers, Schächters und Vorbeters (1903)    

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Juli 1903: "Die Stelle als 
Religionslehrer, Schächte rund Vorbeter 
ist per 1. September laufenden Jahres zu besetzen. Fixum Mark 800.- Bezüge für Erteilung des Religionsunterrichts am königlichen Gymnasium, königliche Realschule und königliches Arbeitshaus Rebdorf ca. Mark 320.- Sonstige Nebenbezüge. - Meldungen mit Zeugnisabschriften belegt, sind unter Angabe der persönlichen Verhältnisse zu richten an de Vorstand 
A. Löw 
der Israelitischen Betgesellschaft Eichstätt
(Bayern)."     

 
Zum Tod des Lehrers Hermann Schaalmann (1904)     

Eichstaett FrfIsrFambl 06051904.jpg (28912 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. Mai 1904: "Eichstätt (Bayern). Am 13. April verschied nach längerem Leiden Herr Lehrer Schaalmann, ein weit über den Kreis seiner Gemeinde hinaus wegen seiner tiefen Religiosität und der Lauterkeit seines Charakters geschätzter Mann."  
 
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Mai 1904: "Eichstätt (Bayern). Wiederum hat der Schnitter Tod eine Lücke in unsere Reihen gerissen. Am 13. April (28. Nissan) verschied, nach längeren Leiden, unerwartet schnell, Herr Lehrer Hermann Schaalmann dahier. Die Kunde von seinem Ableben hat nicht nur seine Familie, sondern auch seine Gemeinde und seine zahlreichen Freunde in tiefe Trauer versetzt. War er ja ein Mensch von seltener Herzensgüte und jeder, der ihn zu kennen Gelegenheit hatte, musste sich zu ihm hingezogen fühlen. Seiner Gemeinde war er nicht nur Lehrer, sondern auch Führer und in allen seinen Obliegenheiten, galten ihm pünktlichste Pflichterfüllung als Devise seines Handelns. War ihm auch nur ein kleiner Wirkungskreis überlassen, mit umso größerer Intensität hat er denselben gepflegt. Seinem Einflusse war es vor Allem zu danken, dass das kleine Gemeindewesen Eichstätts mit allen religiösen Institutionen bis auf heute sich erhalten hat.  
Unübertroffen jedoch steht sein Bild vor uns, wenn wir sein Leben mit dem Maßstab allgemeiner Menschlichkeit und wahrer Religiosität messen. Selbst von anspruchlosester Bescheidenheit, war ihm kein Opfer zu groß, wenn es galt, Menschennot und Menschenelend zu lindern. Sein Wohl tun vollzog sich meistens nicht vor dem Auge der Öffentlichkeit, sondern wählte jenen geheimen Weg, der aufrichten will, ohne dabei zu verletzen. Kein Bedürftiger, kein Gedrückter verließ seine Schwelle, ohne lindernden Trost, wie ihn nur aufrichtige Teilnahme spenden kann, gefunden zu haben. Ebenso herzlich, wie sein Verhältnis zu den Menschen, so aufrichtig und ungeheuchelte waren seine Beziehungen zu seinem Schöpfer. Alle Säulen unseres hehren Glaubens erfreuten sich seiner Pflege. Seine Religiosität war nicht ein Aushängeschild unlauterer Gesinnung, sondern der Ausdruck seines Biedersinnes und seines gottergebenen Gemüts. Es ist ein anderes, mitten in einer frommen Umgebung sich in der von unserer heiligen Religion vorgezeichneten Bahn zu bewegen, ein anderes, unbekümmert um die modern fortschrittlichen Ansichten der Mitwelt, das Banner traditionellen Judentums hochzuhalten. Es gehört eben die Überzeugungstreue und die Glaubensstärke eines Schaalmann dazu, um aus diesem Kampfe als Sieger hervorzugehen.  
Es ist eigentlich überflüssig, darauf hinzuweisen, dass Herr Lehrer Schaalmann geschmückt mit der (hebräisch und deutsch:) Krone des guten Namens, von hinnen schied. Aus einem solch pflichtgemäßen Verhalten resultiert Ehre und guter Name von selbst. Bedürfte     
Eichstaett Israelit 02051904a.jpg (96870 Byte)es aber noch eines Beweises, welcher Beliebtheit und Verehrung der Dahingeschiedene sich in allen Kreisen der Bevölkerung zu erfreuen hatte, er wäre reichlich erbracht durch die zahlreiche Beteiligung an seinem Leichenbegängnisse und die seinen Hinterbliebenen bekundete Teilnahme. Aus Nah und Fern waren Freunde, Bekannte und Verwandte herbeigeeilt, um durch die Begleitung des Toten dem Verewigten die letzte Ehre zu erweisen. Seine sterblichen Reste wurden auf den Friedhof zu Pappenheim überführt. Von einem Hesped (Trauerrede) musste des Rosch Chodesch wegen Abstand genommen werden. Herr Lehrer Goldschmitt aus Eichstätt sowie ein Schwiegersohn des Verblichenen beschränkte sich darauf, die Verdienste des Dahingeschiedenen in einigen Strichen zu zeichnen.   
Um den Dahingeschiedenen trauern eine Witwe und sechs Kinder (vier Söhne, zwei Töchter), die dank seiner mustergültigen Erziehung zu frommen Jehudim herangereift sind.  
Möge Gott seinen Hinterbliebenen Trost spenden und ihn in jenen lichten Höhen den Lohn seines reichen Wirkens finden lassen. Sein Andenken wird aus unserer Mitte nicht weichen, denn 'wer dem Besten seiner Zeit genug getan, der hat gelebt für alle Zeiten.' Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens. 
Anmerkung: die Tochter Sophie geb. Schaalmann war in Bad Kissingen verheiratet mit Arthur Grünebaum, vgl. Informationen auf Textseite.    

  
Zum Tod der Lehrerswitwe Fanny Schaalmann (1908)  

Anmerkung: Fanny Schaalmann geb. Samfeld war eine Tochter von Lehrer Samuel Samfeld, vgl. zu Giebelstadt

Eichstaett Israelit 02041908.jpg (76170 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1908: "Eichstätt (Bayern), 20. März (1908). Einen schmerzlichen Verlust haben wir leider zu beklagen. Am 15. März verschied unerwartet schnell Frau Fanny Schaalmann, die Gattin des bereits vor vier Jahren heimgegangenen Lehrers Hermann Schaalmann, im Alter von 63 Jahren. Die edle Frau verdient es, in diesen Blättern rühmend genannt zu werden. Festes, unerschütterliches Gottvertrauen, redliches Streben nach dem Guten, sowie Offenheit und Geradheit der Gesinnung, bildeten die Charakterzüge dieser Frau, die Grundlage für ihr Tun und Lassen. Mit äußerster Gewissenhaftigkeit und wahrer Seelenfreude diente sie ihrem Schöpfer und betätigte sich auf dem Gebiete der Nächstenliebe. Von der Wertschätzung und hohen Achtung, die die Verstorbene überall genoss, legte die starke Beteiligung an der Beisetzung beredtes Zeugnis ab. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."    

    
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers, Schächters und Kantors 1907  

Eichstaett Israelit 07111907.jpg (95149 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. November 1907: "Ab 1. Januar 1908 ist dahier die Stelle des Religionslehrers, Schächters und Kantors neu zu besetzen. Dieselbe ist dotiert: 1. Mit einem festen Jahresgehalte von Mark 700.- nebst freier Dienstwohnung. 2. Mit einem Nebeneinkommen von circa Mark 330.- für Erteilung des Religionsunterrichts am königlichen Gymnasium, an der königlichen Realschule und im königlichen Arbeitshause Rebdorf. 3. Mit sonstigen Einkünften von beiläufig Mark 500.-
Hierzu wird bemerkt, dass für die ad 2. und 3. bezeichneten Einkünfte keine Garantie geleistet wird und dass bei dem Mangel eines Kosthauses die Unterhaltung eigener Küche notwendig erscheint. - Bewerber wollen ihre mit Zeugnissen belegten Gesuche bis spätestens 22. November in Vorlage bringen bei dem Vorsitzenden der Israelitischen Betgesellschaft Eichstätt (Bayern.)."

      
       
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde  
Zur Geschichte der Familie Guttentag 

(Quelle: Joachim Hahn: Jüdisches Leben in Esslingen. Geschichte, Quellen und Dokumentation. Esslinger Studien. Schriftenreihe Band 14. 1994. S. 255-256).

Sallo (Saly) Guttentag und Hilya geb. Koppel

Um 1900 lebte der Kaufmann Sallo Guttentag für einige Jahre in Esslingen. Er ist am 14. November 1874 in Antonienhütte bei Kattowitz (Ostoberschlesien, seit 1921 polnisch) als Sohn des Gleiwitzer Kaufmanns Adolf (Abraham) Guttentag und der Fanni geb. Krämer geboren. Am 29. Juni 1898 hat er in Ulm Hilya geb. Koppel geheiratet. Sie ist am 8. Mai 1870 in Goray bei Schwein an der Warthe (heute Skwierzyna/Polen, ehemals Posen-Westpreußen) als Tochter des Ephraim Koppel und der Philippine geb. Graupe geboren. Ihr Vater war Kaufmann in Regensburg bei Graudenz (seit 1920 polnisches Gebiet). Vermutlich kurz nach der Heirat hat sich das Ehepaar Guttentag in Esslingen niedergelassen, wo auch zwei Kinder geboren sind, die beiden anderen kamen später in Eichstätt zur Welt:
bulletTilli, geb. 1, Mai 1899 in Esslingen; heiratete am 21. Juni 1921 in Eichstätt Robert Baum, Kaufmann in München (Sohn Walter geb. 1925, gest. 1929). Von 1925 bis 1934 wohnte die Familie Baum in Ingolstadt, von wo sie nach München verzog; 1938/39 emigrierte sie nach Chile, wo Robert Raum starb; Tilli (auch Tilly) lebte seit 1959 in London;
bulletMeta, geb. 8. März 1902 in Esslingen; sie war vom Mai 1924 bis Juli 1925 in Aschaffenburg, dann wieder in Eichstätt wohnhaft und heiratete am 30. April 1931 Paul Freymann, Kaufmann aus Frankfurt (Sohn Heinz 1935 geb. in München; verh. seit 1960 in London); die Familie Freymann emigrierte 1937 nach Südafrika; sie lebt seit 1960 in London, von wo Meta 1984 zu Besuch nach Eichstätt kam;
bulletRosa, geb. 10. Februar 1904 in Eichstätt; heiratete am 1. Juli 1929 Hirsch Ehrenlieb, Kaufmann in Breslau; sie zog 1929 nach Berlin und lebte seit 1939 in London (noch 1961);
bulletEgon, geb. 1. November 1907 in Eichstätt; er war später Kaufmann in Eichstätt, heiratete 1934 in Nürnberg Irmgard Cohn und starb 1981 an einem Herzschlag in Johannesburg/Südafrika, wo die Witwe danach noch lebte und ebenfalls 1984 zu Besuch in Eichstätt weilte.

Saly Guttentag übernahm nach 1900 in Esslingen das Kurz-, Weiß- und Wollwarengeschäft von Hermann Robert in der Pliensaustraße 35 als eine Filiale der Firma H. Tietz & Co. Nachfolger Ulm (Vorgänger von "Hertie"). Die Familie Guttentag wohnte 1900 in Esslingen in der Martinstraße 3, 1903 in der Pliensaustraße 44. Dann zog sie nach Eichstätt, wo Sallo ein Textilgeschäft betrieb (Textilhaus/Kaufhaus Guttentag, Domplatz 2, seit 1911 Domplatz 5). Es war Familienbesitz (seit 1931 fungierten als Teilhaber Egon Guttentag und der Schwiegersohn Paul Freymann) bis zur "Arisierung" Anfang 1936. 1930 war Hilya Guttentag in Weißenburg in Bayern gestorben; sie fand auf dem jüdischen Friedhof in Pappenheim ihre letzte Ruhestätte. In der Zeit nach 1933 hatte die Familie Guttentag durch den wirtschaftlichen Boykott des Geschäfts erheblichen Schafen erlitten. Nichtjüdische Kunden wurden von Parteigängern fotografiert und ihre Namen veröffentlicht. Im Juli 1935 wurden Egon Guttentag und Paul Freymann in "Schutzhaft" genommen, 1936 konnten sie nach Südafrika auswandern. Egon Guttentag war im Mai 1961 noch einmal zu Besuch in Deutschland. 

   
Das Kaufhaus Guttentag in Eichstätt
 (Gemälde und Foto aus Familienbesitz) 
GUTTENTAG-KAUFHAUS-GEMAELDE.jpg (33320 Byte) GUTTENTAG-KAUFHAUS-FOTO.jpg (44151 Byte)   

   
Auszeichnungen jüdischer Persönlichkeiten durch den Prinzregenten, darunter für den aus Eichstätt stammenden Maler Edmund Harburger (1895)    
Hinweis: der Maler Edmund Harburger (siehe Wikipedia-Artikel zu ihm) wurde fälschlich immer wieder - auch hier in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" als jüdischstämmig bezeichnet. Seine Vorfahren waren jedoch katholisch.    

Fuerth AZJ 11011895.jpg (86706 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Januar 1895: "Fürth, 4. Januar (1895). Anlässlich des Neujahrsfestes verlieh der Prinzregent eine größere Anzahl von Auszeichnungen. Darunter befinden sich folgende an Glaubensgenossen verteilte: Den Titel Justizrat erhielt der Rechtsanwalt Herr Heinrich Hahn in Nürnberg, den Titel Kommerzienrat empfing der von hier (Fürth) gebürtige frühere Fabrikant und jetzige Privatier Herr Heinrich Berolzheimer in Nürnberg und Herr Kaufmann Ludwig Metzger, Inhaber der Firma S. Guldmann in Nürnberg, den Titel eines Königlichen Professors Herr Maler Harburger in München. Edmund Harburger, der uns in den 'Fliegenden Blättern' so lebenssprudelnde, köstliche Gestalten vorzuführen pflegt, ward es an der Wiege nicht gesunden, dass er Maler werden werde. Zu Eichstätt am 4. April 1846 geboren, widmete er sich als junger Mann nämlich zuerst dem Baugeschäft und sattelte erst mit 20 Jahren um. Die Kritik zählt ihn gegenwärtig zu den hervorragendsten Vertretern der deutschen Genremalerei.".          

  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Verlobungsanzeige von Helene Marx und Leopold Desser (1923)    

Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 31. Januar 1924:  
"Helene Marx  -  Leopold Desser. Verlobte.  
Eichstätt
- Nürnberg.  Dezember 1923".      

        
Verlobungsanzeige von Else Dachauer und Alfred Bernd (1924)     

Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins") vom 13. März 1924: 
"Else Dachauer - Alfred Bernd. Verlobte. 
Eichstätt
(Bayern)  Koblenz   Februar 1924."    

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge / des Betsaals     
    
Im Mittelalter stand die 1454, 1480 und vorher genannte Synagoge in der Turmgasse ("Thurmer-Gasse", mittelalterliche "Judengasse"), eingetragen auf einem Stadtplan von 1817.   
 
Die "Jüdische Betgesellschaft" des 19. Jahrhunderts hatte einen Betsaal seit 1880 im Haus Westenstraße 2, das der Lehrer Hermann Schaalmann am 20. Februar 1880 erworben hatte. 1903 wurde ein Betsaal im ersten Stock des Hauses Pfahlstraße 45 eingerichtet (sog. Pappenheimer-Haus). Wie lange in dem Betsaal nach 1933 noch Gottesdienste abgehalten werden konnten, ist nicht bekannt. Möglicherweise wurde der Betsaal schon 1933 geschlossen; die Gottesdienst wurden danach noch in der Wohnung des Lehrers Maier Strauß in der Westenstraße abgehalten. 

Das Gebäude Pfahlstraße 45 blieb erhalten. Es wird gewerblich und für Wohnungen genutzt. Eine Gedenk- oder Hinweistafel ist nicht vorhanden.  
   
   
Adresse/Standort der SynagogePfahlstraße 45   
  
  
Fotos     

Fotos werden noch erstellt (vgl. unten bei Links); über Zusendungen freut sich der Webmaster von "Alemannia Judaica", 
Adresse siehe Eingangsseite.
 
     

    
   
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

November 2014: Verlegung von "Stolpersteinen" in Eichstätt angeregt     
Artikel von Eva Chloupek im "Donau-Kurier" (Eichstätter Kurier) vom 24. November 2014: "Hauptausschuss unterstützt das Vorhaben eines GG-Projektseminars zum Gedenken an die NS-Opfer. "Stolpersteine" vor jüdischen Häusern
Eichstätt
. Mit 'Stolpersteinen' soll früheren Wohn- und Wirkungsstätten von Juden in Eichstätt gedacht werden. Der Hauptausschuss unterstützt das Vorhaben eines Projektseminars des Gabrieli-Gymnasiums einstimmig. Den Beschluss darüber hat nun der Stadtrat am Donnerstag zu fassen.
Die Einstimmigkeit im Hauptausschuss war nicht selbstverständlich, denn 'Stolpersteine', wie sie der Künstler Gunter Demnig in verschiedenen Städten zum Gedenken an jüdische Mitbürger, die dem Terror der NS-Zeit zum Opfer gefallen sind, initiiert hatte, hatten in anderen Städten durchaus Kritik ausgelöst. Oberbürgermeister Andreas Steppberger hat in der Ausschusssitzung aus einem Schreiben des Zentralrats der Juden in Deutschland zitiert, das diese Kontroverse aufgreift. Die GG-Schüler hatten sich an den Zentralrat mit der Bitte um eine Einschätzung gewandt, Geschäftsführer Daniel Botmann hatte geantwortet und erklärt, dass es auch unter den Juden in Deutschland keine einheitliche Meinung dazu gebe. 'Die ehemalige Präsidentin des Zentralrats, Charlotte Knobloch, lehnt die Aktion ab. Sie befürchtet, dass auf diese Weise die Würde der Opfer sozusagen erneut mit Füßen getreten würde. Man muss diese Auffassung ebenso respektieren wie die gegenteilige Meinung des amtierenden Zentralratspräsidenten Dieter Graumann, der in diesem Projekt die Möglichkeit sieht, an die Judenverfolgung im Alltag zu erinnern.' Botmann erläutert weiter, dass es auch unter den Angehörigen der Opfer unterschiedliche Meinungen gebe. 'Häufig wird von den Familien jedoch angeführt, dass es wichtiger sei, überhaupt an einer Stelle an die Angehörigen zu erinnern, da es vielfach für diese Menschen nicht einmal einen Grabstein gibt.' Konkret schlägt die Projektgruppe sechs Standorte in Eichstätt vor: in der Luitpoldstraße 14, wo die Familie Dachauer lebte (heutiger Eigentümer: Dominik Müller), in der Marktgasse 3/Gabrielistraße 4, wo Rosa Loew lebte (heutige Eigentümerin: Hedwig Sporer), Marktplatz 2, wo Max und Flora Liebmann lebten (heutiger Eigentümer: Josef Böhm), Pfahlstraße 17, 19 und 21, wo Wilhelm Schimmel lebte (heutige Eigentümerin: Walburga Eberlein), Am Graben 21, wo Salomon und Julie Hönlein lebten (heutiger Eigentümer: Herbert Peppenauer), und Domplatz 5, wo das Geschäft von Salomon Guttentag gewesen ist (heutige Eigentümerin: Volksbank-Raiffeisenbank eG). Wolfgang Wollny (Grüne), der das Projekt als Lehrer am GG auch betreut, erklärte, die Stolpersteine sollten in Kooperation mit dem Künstler Gunter Demnig nahe an der Hauswand gesetzt werden. Sie sollen die Größe eines Pflastersteins haben und in den Boden vor den Häusern der vertriebenen Juden eingelassen werden. Die Oberfläche besteht aus Messing und enthält die eingravierten Daten. Die Kosten liegen bei 120 Euro pro Stein plus der Künstlerkosten, die Wollny nicht näher nannte. Für die Übernahme der Kosten werden noch Sponsoren gesucht. Die Eigentümer seien informiert, bis auf einen hätten sich alle mit einer positiven Reaktion zurückgemeldet, sagte Wollny. Er betonte auch, dass die Eigentümer nicht betroffen seien, da die Steine auf öffentlichen Grund, nämlich auf den Gehsteigen, verlegt werden sollen. Der Eichstätter Gesprächskreis Christentum – Judentum unterstützt das 'Stolpersteine'-Projekt, auch der Hauptausschuss will das Gedenken an die jüdischen Mitbürger in Eichstätt fördern, und empfahl dem Stadtrat daher einstimmig, das Projekt ebenfalls zu unterstützen."  
Link zum Artikel 
 
Dezember 2014: Der Gemeinderat der Stadt stimmt der Verlegung von "Stolpersteinen" zu  
Artikel von Marco Schneider im "Donau-Kurier" (Eichstätter Kurier) vom 1. Dezember 2014: "Erinnerungen an jüdische Mitbürger könnten im Mai verlegt sein – Wolfgang Wollny: "Hoher Zuspruch". Stadtrat stimmt Stolpersteinen zu
Eichstätt.
Die von einem Projektseminar des Eichstätter Gabrieli-Gymnasiums (GG) geplanten 'Stolpersteine' zur Erinnerung an jüdische Mitbürger in der Domstadt können verlegt werden: Der Stadtrat hat sich am Donnerstag einstimmig für das Projekt, das die Schüler der Oberstufe zusammen mit dem Künstler Gunter Demnig verwirklichen wollen, ausgesprochen – ohne große Diskussion. Die GG-Schüler hatten fast zwei Stunden in der Stadtratssitzung ausgeharrt, bis ihr Tagesordnungspunkt an der Reihe war. Oberbürgermeister Andreas Steppberger zeigte sich erfreut 'über die positive Resonanz', die das Vorhaben in der Öffentlichkeit hervorrufe. Von der hatte zuvor Wolfgang Wollny (Grüne) berichtet, dass es seit dem Bericht im EICHSTÄTTER KURIER einen 'hohen Zuspruch' gegeben habe. Der habe sich auch finanziell niedergeschlagen. 'Wir sind zuversichtlich, dass wir die Stolpersteine umsetzen können', so Wollny, der als Lehrer am GG das P-Seminar begleitet. Spenden, darauf verwies Wollny ausdrücklich, könnten über das Konto des GG-Fördervereins überwiesen werden (Sparkasse Eichstätt, BLZ 721 513 40, Kontonummer 15 628, Betreff: Stolpersteine). Auf Nachfrage von Gerhard Nieberle (SPD) erklärte Wollny, dass Künstler Demnig, der ähnliche Objekte bereits in mehreren Städten realisiert hat, ungefähr drei Monate zur Fertigung benötige. 'Man könnte Ende Mai mit einer Enthüllung rechnen', sagte Wollny. Günther Köppel (FW) lobte die Initiative der GG-Schüler nochmals ausdrücklich. 'Das ist kein Denkmal, das irgendwo steht und das man vergisst.' Auch wenn es kontroverse Diskussionen auslöse – wie berichtet hat auch der Zentralrat der Juden zu diesem Thema keine einheitliche Meinung – sei die Befürwortung des Projekts 'ein Votum für ein lebendiges Nach-Denk-Mal'. Den einstimmigen Beschluss quittierte das Gremium selbst mit Applaus.
Realisiert werden sollen die Steine vor der Luitpoldstraße 14 (Familie Dachauer), Marktgasse 3/Gabrielistraße 4 (Rosa Loew), Marktplatz 2 (Max und Flora Liebmann), Pfahlstraße 17, 19 und 21 (Wilhelm Schimmel – hier gehört lediglich Haus Nr. 21 Walburga Eberlein, die beiden anderen Häuser sind entgegen unserem Bericht in anderem Eigentum), Am Graben 21 (Salomon und Julie Hörnlein) sowie Domplatz 5 (Salomon Guttentag)."
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2015 bis 2016 wurden in Eichstätt folgende "Stolpersteine" für frühere jüdische Einwohner verlegt
Am 27. Mai 2015:  Domplatz 5 für Salomon Guttentag (geb. 1874);  Luitpoldstraße 14  für Hermann Dachauer (geb. 1869 in Thalmässing), Emilie Dachauer geb. Feuchtwanger (geb. 1881 in Sulzbürg);  Luitpoldstraße 16  für Rosa Marx geb. Bermann (geb. 1875 in Berolzheim), Siegmund Marx (geb. 1874 in Biebrich), Marktgasse 3 für Rosa Löw geb. Sämann (geb. 1873 in Ullstadt), Marktplatz 2  für Max Liebmann (geb. 1868 in Steinach a.d. Saale), Flora Liebmann geb. Steinacher (geb. 1872 in Neustadt a.d. Aisch). 
Am 2. November 2016: Am Graben 21 für Hans Haenlein (geb. 1909), Julie Haenlein geb. Landauer (geb. 1878 in Gerabronn), Rosa Haenlein (geb. 1906), Salomon Haenlein (geb. 1871 in Pappenheim); Westenstraße 1 für Else Dachauer geb. Bernd (geb. 1901 in Eichstätt), Dr. Frieda Dachauer verh. Epstein (geb. 1899 in Eichstätt), Julie Dachauer verh. Oestreicher (geb. 1900 in Eichstätt), Sabine Dachauer (geb. 1878 in Treuchtlingen), Walter Dachauer (geb. 1909 in Eichstätt). 
Vgl. Wikipedia-Artikel  https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Eichstätt     
Artikel im "Eichstätter Kurier" vom 28. Mai 2015: "Verbeugung vor den Eichstätter NS-Opfern
Eichstätt.
1933 waren 27 jüdische Mitbürger in Eichstätt registriert, Ende 1938 war es kein einziger mehr. Mit 'Stolpersteinen' wird jetzt auch in der Stadt Eichstätt an jüdische Bürger erinnert, die Opfer des NS-Regimes geworden sind.
Eichstätt: Verbeugung vor den Eichstätter NS-Opfern
Manchen der jüdischen Mitbürger Eichstätts gelang angesichts des Rassenwahns in Deutschland unter der Herrschaft der Nationalsozialisten im 'Dritten Reich' die Flucht, andere wurden deportiert und ermordet, von einigen fehlt jede Spur. Schüler des P-Seminars 'Stolpersteine' am Gabrieli-Gymnasium haben es sich zur Aufgabe gemacht, das Gedenken an Eichstätter Juden im Stadtbild wachzuhalten und haben gemeinsam mit dem Künstler Gunter Demnig dessen Aktion 'Stolpersteine' jetzt auch nach Eichstätt gebracht. Nach zweijähriger Vorarbeit wurden nun am Mittwoch sieben Steine an fünf Standorten in der Innenstadt gesetzt. In über 500 Städten in Deutschland gibt es bereits solche 'Stolpersteine', Eichstätt ist nun die erste in der Region. Die Aktion ist in einigen Städten durchaus umstritten – bekanntlich wird in München derzeit kontrovers darüber diskutiert, auch im Zentralrat der Juden in Deutschland gehen die Meinungen auseinander. Die ehemalige Vorsitzende Charlotte Knobloch gilt als entschiedene Gegnerin dieser Aktion, ihr Amtsnachfolger Dieter Graubmann hatte sich 2014 auf eine Anfrage der Stadt Eichstätt positiv geäußert. Der Stadtrat hatte sich daraufhin im November 2014 einstimmig dafür ausgesprochen. Oberbürgermeister Andreas Steppberger würdigte nun bei der Verlegung der Steine am Mittwoch die 'vorbildliche und nachahmenswerte Initiative' der Schüler. Steppberger teilt die Auffassung des Künstlers Gunter Demnig: 'Wer den Namen des Opfers lesen will, muss sich herunterbeugen. In diesem Moment verbeugt er sich vor ihm.' Auch Landrat Anton Knapp lobte die Bedeutung der Aktion 'wider das Vergessen'.
Die wohl wichtigste Zustimmung zu diesem Projekt kam jedoch von John Dachauer (60) und seiner Schwester Ellen Kaplan, geborene Dachauer (55). Die Enkel von Hermann und Emilie Dachauer waren für diese Aktion eigens aus den USA angereist (siehe eigenen Beitrag). Während ihrem Vater Simon Dachauer die Flucht in die Vereinigten Staaten gelungen war, sind ihr Großvater Hermann 1942 im KZ Theresienstadt und ihre Großmutter Emilie 1944 im KZ Auschwitz zu Tode gekommen. Als Gunter Demnig vor deren früherer Wohnstätte in der Luitpoldstraße 14 zwei Steine verlegte, zeigten sich beide sichtlich gerührt. John Dachauer sagte auf englisch: 'We are very happy to have this stones placed', er sei also überaus glücklich, dass diese Steine hier nun gesetzt seien. Dieser Tag sei 'one of the highlights in my life', einer der Höhepunkte seines Lebens. Der erste Eichstätter 'Stolperstein' war zuvor Salomon Guttentag gewidmet, der mit seinem Sohn Egon und seinem Schwiegersohn Paul Freymann am Domplatz 5 ein Kaufhaus geführt hatte, das bereits 1922 erstmals mit Hakenkreuzen besudelt und ab 1933 boykottiert wurde. 1936 beugten sich die Guttentags dem Druck, verkauften das Kaufhaus am Domplatz und wanderten nach Südafrika aus, wo Salomon Guttentag 1961 gestorben ist. In der Marktgasse 3 platzierte Gunter Demnig einen 'Stolperstein' zum Gedenken von Rosa Löw. Sie und ihr Mann lebten hier über 40 Jahre, bevor beide 1934 nach München fliehen mussten. 1938 starb ihr Mann in München, Rosa Löw wurde 1942 nach Treblinka deportiert und dort ermordet. Am Marktplatz 2 lebte das Ehepaar Max und Flora Liebmann, bevor sie 1936 nach Würzburg kamen. Von dort wurde Max Liebmann 1942 nach Theresienstadt verschleppt, wo er 1943 starb. Flora Liebmann ereilte das gleiche Schicksal, sie starb ein Jahr vor ihrem Mann in Theresienstadt. Der letzte Stein dieser Aktion wurde in der Pfahlstraße 17 gesetzt. Er erinnert an Wilhelm Schimmel, der 1939 verhaftet und wegen Devisenverbrechens zu Zuchthaus verurteilt worden war. 1942 wurde er der Gestapo übergeben, sein weiteres Schicksal ist unbekannt. Als Vertreterin der Diözese verwies Claudia Grund auf die die Bedeutung dieser Steine: 'Sie erinnern daran, zu was Menschen fähig waren und fähig sind. Sie erinnern an das Unfassbare, an die Diskriminierung, Diffamierung, Verfolgung und Ermordung von Menschen wegen ihres Glaubens.' Brun Appel vom Gesprächskreis Judentum – Christentum hatte das Projekt unterstützt und bemerkte nun: 'Diese ersten Steine müssen durch weitere ergänzt werden.'" 
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September/November 2015: Künftig sollen in Eichstätt Gedenkveranstaltungen zum Jahrestag der Pogromnacht 1938 stattfinden  
Artikel von Eva Chloupek im "Eichstätter Kurier" vom 30. September 2015: "Städtische Gedenkfeier geplant
Eichstätt
. Am 9. November dieses Jahres soll es erstmals ein städtisches Gedenken an die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus geben.
Der Kulturausschuss greift mit seinem Beschluss dazu die Anregung des Eichstätter Gesprächskreises Christentum-Judentum auf. Die sogenannte Reichspogromnacht am 9. November 1938 markiert den Übergang von der Diskriminierung der deutschen Juden seit 1933 zur systematischen Verfolgung, die knapp drei Jahre später in den Holocaust mündete, der 9. November ist deshalb bundesweit ein stiller Gedenktag. Bisher gab es in Eichstätt dazu keine öffentliche Gedenkveranstaltung. Der Gesprächskreis Christentum-Judentum, vertreten durch Thomas Henke, will nun mit seiner Anregung die Aktion 'Stolpersteine' des Gabrieli-Gymnasiums weiterführen. Oberbürgermeister Andreas Steppberger lobte diese Anregung. Steppberger sah die Aktion 'Stolpersteine', mit denen eine Projektgruppe des Gabrieli-Gymnasiums zusammen mit dem Künstler Gunter Demnig im Mai an ehemalige jüdische Bürger Eichstätt nicht als 'Abschluss, sondern Anfang eines Gedenkens'. 1933 waren in Eichstätt 27 jüdische Bürger gemeldet, Ende 1938 war es kein einziger mehr. Die Schüleraktion erinnert nun an fünf Wohnhäusern mit 'Stolpersteinen' an sieben frühere jüdische Bürger. Weitere Stolpersteine sind möglich. Am 18. Oktober ist eine Führung zu den 'Stolpersteinen' geplant. Noch in dieser Woche soll sich eine Arbeitsgruppe zusammenfinden, die die Gedenkveranstaltung für 9. November planen wird."  
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Links und Literatur

Links:  

bulletWebsite der Stadt Eichstätt  

Literatur:  

bulletGermania Judaica I,1 S. 192-194; III,1 S. 290-291.
bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 170-171.
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 296.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 263-264.

Ahnenreihen - Familienblätter: 

Hinweis: Die nachstehenden Ausarbeitungen zu jüdischen Familien in Eichstätt wurden von Rolf Hofmann im Rahmen der Forschungsinitiative "Harburg Project" recherchiert.    
Kontaktadresse: Rolf Hofmann, HarburgProject@aol.com      
Familienblätter:  
Familienblatt Sallo Guttentag von Antonienhütte und Esslingen und Eichstätt   
Familienblatt Wilhelm Steinacher von Uehlfeld + Neustadt + Eichstätt    
Familienblatt Moritz Tabor von Pappenheim + Eichstätt   

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Eichstaett  Bavaria. Jews are known from the late 13th century. They were killed or expelled in the Rindfleisch massacres of 1298 but renewed the settlement soon after. They again suffered in the Black Death persecutions of 1348-49 and were expelled in 1445, returning only in the early 19th century. In 1900, the Jewish population was 49 (total 7.701), dropping to 27 in 1933. By 1938 all the Jews had left.   
         
          

                   
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Stand: 30. Juni 2020