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Fürth (Mittelfranken)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Hinweis: bitte besuchen Sie auch die von Gisela Naomi
Blume erstellte Website:
www.juedische-fuerther.de
(Internetarchiv 2014)
Zu Fürth finden sich bei www.alemannia-judaica.de
derzeit
Ansonsten verweisen wir auf weitere Informationen über
folgende Links:
Texte zur Geschichte der Synagogen in Fürth
aus jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts
Über die ältesten Einrichtungen der jüdischen Gemeinde
in Fürth (kurzer Bericht von 1936)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16.
September 1936: "1582 wohnten 200 jüdische Seelen in Fürth.
1607 bestand ein jüdischer Friedhof. 1616 wurde die Haupt- oder Altschul
erbaut. Diese Synagoge hatte mancherlei wechselvolle Schicksale. Im
Schwedenkrieg wurde sie in einen Pferdestall verwandelt. Feuer suchte sie
wiederholt heim. 1680 schlug der Blitz ein. Bereits 1697 musste eine
zweite Synagoge - die Kahalschul - erbaut werden. Schon 1640 bestand ein
Judenspital". |
Hauptsynagoge
Die Einrichtung einer Orgel in der Synagoge wurde genehmigt (1848)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. März 1848: "Aus Bayern, 2. März (1848). Der
Vorstand der israelitischen Kultusgemeinde zu Fürth hat auf sein Ansuchen
von dem Kultusministerium die Erlaubnis zur Aufstellung einer Orgel
in der dortigen großen Synagoge, der sogenannten Altschule, erhalten. Die
gegebene Genehmigung hat zwei erfreuliche Seiten: 1) berechtigt
dieser spezielle Fall zu dem Schlusse, dass jetzt - wie gern die Partei
des Zionswächters es sich und anderen verhehlen möchte - ein ganz
anderer, freierer und besserer Geist bei den obersten Verwaltungsbehörden
rücksichtlich der Reform des Judentums walte, als dies in dem letzten
Jahrzehnt der Fall gewesen; 2) dürfen wir uns der Hoffnung hingeben, es
habe im Allgemeinen eine liberale und duldsame Gesinnung gegen die
Synagoge oder deren öffentliche Stellung im Staate Platz gegriffen. Das
Ministerium Wallerstein selbst war es, welches vor ungefähr 15 Jahren auf
die intolerante Anklage der protestantischen Generalsynode den Rabbinen
das Tragen eines Baretts und weiten Chorrockes untersagte. Und auf welche
Gesetz stützte sich dieses Verbot? Auf den § 25 des Religionsedikts,
welcher wörtlich lautet: 'Den Privatkirchengesellschaften ist aber nicht
gestattet, sich der Glocken oder sonstiger Auszeichnungen zu bedienen,
welche Gesetze oder Gewohnheit (sic!) den öffentlichen Kirchen angeeignet
haben.' Ließe sich nicht und vielleicht mit noch größerem Rechte und
geringerer Sophistik aus diesem Gesetze das Verbot einer Orgel in der
Synagoge ab- |
leiten?
Die Orgel wurde gestattet und wir freuen uns mit diesem Beweise einer
freisinnigern Gesinnung gegen die Synagoge umso inniger, als nach den
Berichten politischer Zeitungsorgane das erwähnte Religionsedikt einer
Umarbeitung unterworfen werden soll und dann hoffentlich manches die
Synagoge drückende und herabwürdigende Gesetz aufgehoben werden mag. Der
Staat muss zur Einsicht kommen, dass die religiös-sittliche Wirksamkeit
innerhalb der Synagoge vielfältig gestört und gelähmt ist, so lange das
Judentum nur als eine geduldete Privatkirchengesellschaft ohne alle
korporative Rechte betrachtet und behandelt wird. - Wenn wir nicht
zweifeln, dass der Vorstand des Fürther Kultusvereins in baldiger Zeit
zur Aufstellung der Orgel in dortiger Synagoge Anstalt treffen werde, so
möge man uns den Wunsch nicht verargen, es möchte endlich einmal für
bessere Erbauung und Belehrung der Synagogengemeinde durch Einführung
deutscher Gebete und öfteres Predigen Sorge getragen werden. Unter dem
Ministerium Abel stand in Fürth auf Antrage der Ultra-orthodoxen der
Einführung deutscher Gebete wie jeder liturgischen Reform überhaupt der
höchste Befehl entgegen, dass der status quo aufrecht zu halten sei.
Möglich, dass während dieser Periode dem Rabbiner Dr. Löwi auch die
Lust zu predigen vergangen sei. Dem ist abgeholfen und es ist höchste
Zeit, dass dem deutschen Elemente in dem Kultus ein weiterer Boden
bereitet werde. In einer so zahlreichen Gemeinde wie Fürth, in welcher
der bei Weitem größte Teil sich der Reform anhänglich zeigt und die
Gegner der Reform ihre eigenen Synagogen besuchen, sollen das ganze Jahr
nur 10-15 Predigten gehört werden, obwohl die Gemeinde in dem Rabbinen
einen anerkannten Redner besitzt und dem Rabbinen in der Person des
Talmudlehrers Heidegger ein Gehilfe beigegeben ist.! Es muss wiederum
dahin kommen, wie es in alten Zeiten seit Esra's Tagen Sitte war, dass in
allen Synagogen sabbatlich ein Vortrag gehört werde, damit die Belehrung
nie zurückstehe, und dass Gebete in der Landessprache eingeführt werden.
Freilich muss dann der Gottesdienst auf andere Weise abgekürzt werden,
wozu aber die gesetzlichen Mittel gegeben sind. Genug für heute über
diese Materie! - Seitens des Fürther Magistrats soll, wie nicht anders zu
erwarten stand, ein sehr günstiger Bericht über die politische und
bürgerliche Stellung der Juden ab- |
gegeben
worden sein. Übrigens hat die dortige Gemeinde ihre Wünsche und
Vorschläge in sehr umfassender Darstellung auch unmittelbar den
Ministerien vorgelegt. - Auch das Landgericht Werneck in Unterfranken soll
sich sehr human ausgesprochen haben. Dagegen soll leider der Bericht des
Landgerichtes Sulzbach in der diesseitigen Pfalz sehr intolerant lauten.
Der Referent dieses Gerichtes, der nie Etwas umsonst - tut, hatte auch
hier seine guten Gründe. Männer dieses Schlags verlieren Nichts bei dem
Fortbestand der Exzeptionsgesetze für Juden. Besser - denken diese Herren
- der Jude gebe recht, als dass ihm Rechte gegeben
werden..." |
In der Hauptsynagoge wurde eine Orgel aufgestellt
(1851)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 15. Dezember 1851: "Aus Mittelfranken, Ende November
(1851). Seit den letzten Festtagen befindet sich in der Hauptsynagoge zu Fürth
eine Orgel, bei deren erstmaligen Gebrauche Rabbiner Dr. Löwi ein
sehr erhebendes deutsches Weihegebet verrichtet haben soll. Die dortigen
Gemeindewahlen sind ganz im Sinne und nach dem Willen der Fortschrittspartei,
die dabei mit vieler Umsicht verfahren, ausgefallen. Der neue Vorstand
soll mit allerlei Planen bezüglich der Leistungen in Synagoge und Schule
schwanger gehen. - Auch bayerische Israeliten, die Häuser Heilbronn
und Hechinger in Fürth, sind von der Preisjury der Londoner
Industrieausstellung mit Medaillen für Glasarbeiten bedacht
worden." |
In der Hauptsynagoge soll eine "rechte" Orgel
aufgestellt werden (1852)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 22. März 1852: "Aus Bayern, Anfangs März (1852). Aus der
Hauptsynagoge zu Fürth ist die Orgel oder eigentlich das Elodikon (=
Harmoniuminstrument) - denn das war es nur - weil die
Gemeindebevollmächtigten den Ankauf nicht genehmigten, wieder entfernt
worden. Sie wollen eine rechte Orgel, zu deren Aufstellung es jedoch an
Raum, wenngleich nicht an Mitteln fehlen wird. Denn durch die
Übersiedlung reicher Landbewohner dorthin wachsen die Einnahmen an und
der Wohlstand ist dort an sich in erfreulicher Zunahme. Gelegenheitlich
will ich erwähnen, dass die dortige Gemeinde ganz nach dem allgemeinen
Gemeindeedikt organisiert und von den Behörden behandelt wird, während
alle anderen israelitischen Kultusgemeinden sich selbst überlassen und
von unten und oben rein willkürlich behandelt werden. Man weiß
schlechterdings nicht, was Rechtens ist. - Die Kantor- und
Religionslehrerstelle wird Herrn Ebert aus Bayreuth zuteil werden, auf den
es von vornherein allseitig abgesehen war, und er ist ihrer würdig. Nur
hätten die Fürther vielen anderen Bewerbern Mühe und Kosten ersparen
sollen.
Bezüglich des Güter- und Unterhandels dabei hat die Regierung von
Schwaben und Neuburg ein neues beschränkendes Reskript erlassen, das die
von Unterfranken zur Nachachtung bekannt gab. In der nächsten Zeit muss
die allerhöchste Stelle in einem vorkommenden Fall die Frage auf dem
Administrativwege definitiv entscheiden.
Die von gewisser Seite bei der allerhöchsten Stelle angeregte und
mehreren Rabbinen zur Begutachtung vorgelegte Frage: ob die
Religionslehrer künftig ein Seminar besuchen sollen? ist von vielen
derselben entschieden bejaht worden. Die Bambergers werden sie
verneinen...
In den Kammerverhandlungen fiel kürzlich, freilich aus dem Munde einer
gewissenlosen Persönlichkeit, unerwidert von zwei Abgeordneten jüdischen
Glaubens, in bekanntem verächtlichen Sinn, der Ausdruck
'Judenwirtschaft', welche die Landbewohner mit zu Grunde richte. Wir
meinen, man sollte nie ungerügt das Wort Jude gleichbedeutend mit
Betrüger etc. oder gar im Gegensatz zu Christ gebrauchen lassen. Die
Allgemeine Zeitung des Judentums hat mit Riessers 'Juden' hier Bahn
gebrochen. .." |
In Fürth bestehen sechs Synagogen (1866)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. August
1866: "Fürth (Bayern), im August (1866). Zu meinem
jüngsten Berichte über die hiesige Waisenanstalt habe ich Folgendes zu
ergänzen: Abschnitt auf Seite zur Geschichte der Waisenanstalt
wiedergegeben.
Zum Synagogenwesen übergehend, bemerkte ich, dass der Andacht
sechs israelitische Gotteshäuser offen stehen, wovon die Hauptsynagoge,
gleichzeitig der Sitz des Herrn Rabbiners und dessen Substituten, und die
Spital-Synagoge ihren Gottesdienst in ziemlich neolo0ger Weise und mit
Weglassung der Piutim verrichten, während die übrigen nach orthodoxem
Ritus beten. Durch die bedeutende Vermehrung der hiesigen Gemeinde in
Folge der Erleichterung in der Ansässigmachung und der damit verbundenen größeren
Anzahl von Heiraten ergab sich die Notwendigkeit zur Erweiterung der
Hauptsynagoge. Diese Umgestalten wurde denn auch im ausgedehnten Maße
vorgenommen, und mit einem Kostenaufwande von circa 50.000 Gulden ein
prachtvolles, auch in seinem Innern in jeder Hinsicht stattliches Gebäude
hergestellt, welches jedoch mehrere architektonische Mängel, die sich
teils erst während des Baues herausstellen, aufzuweisen hat, und unter
welchen besonders hervorzuheben, dass dasselbe ziemlich finster ist; im
Winter muss man sich sogar bei Abhaltung des Morgen-Gottesdienstes des
Gaslichtes bedienen. Ich will jedoch diese Gehler übergehen, denn sie
verschwinden gegen den Hauptfehler, es fehlt der Synagoge an - Besuchern.
Außer bei den nicht allzu häufigen Predigten des Herrn Dr. Löwi, die
wegen allgemein bekannter feuriger Beredsamkeit, verbunden mit einem
schönen Vortrage, viele Besucher anlocken, ist das Gottesdaus nur noch an
den höheren Festtagen gut besetzt; an gewöhnlich Sabbaten sind die
Besucher der 324 Männer- und 310 Frauen-Sitze
fassen- |
den
Synagoge recht spärlich vorhanden, und an Wochentagen finden sich fast
nur Trauernde und gedungenes Minjan darin. Diese Teilnahmslosigkeit so
bald eintreten zu sehen, hätte man bei der am 15. September
vorigen Jahres feierlichen und wahrhaft glänzenden Einweihung nicht
vermutet, als vor einer dicht gedrängten, aus allen Konfessionen
bestehenden Menschenmasse unter zahlreicher Beteiligung sämtlicher
Gerichts- und Magistratsbehörden, der Geistlichkeit und sonstiger
Honoratioren, Herr Dr. Löwi die später dem Drucke übergebene
Einweihungspredigt hielt, und die erhebenden Klänge von Musik und Gesang,
sowie die herrliche Gasbeleuchtung von circa 300 Flammen die Begeisterung
der Anwesenden hervorriefen.
Doch, nicht der pompöse, erhabene Weiheakt, nicht der prächtige Tempel.
nicht der schöne Chorsang, nicht der klangvolle erhebende Vortrag des
Kantors, nicht die Ausschmückung mit aller Pracht und Glorie beredte
Predigt - kurz Alles, was die moderne Synagoge bietet - vermag den Zweck
des Gotteshauses zu erreichen, sondern in der Tat wird ein Gottestempel
erst dann erhebend sein, wenn er besucht ist, wenn Männer, Frauen,
Greise, Kinder seine Räume füllen, die Alle einstimmig und andächtig
Ihre Gebete, zum Throne Gottes aufsteigen lassen die Alle ihren Dank an
seinen Altären niederlegen in Tagen der Freude, ihren Grab dort
ausschütten in Stunden der Betrübnis, bald den Gesang von ihren Lippen,
bald die Träne aus ihrem Auge fließen lassen, und sich in gottergebenem
Gemüte zur Andachtsstätte herangezogen fühlen: 'nicht mit Macht noch
mit Gewalt, sondern durch meinen Geist habe ich gesprochen, der Herr
Zebaoth.
Die Eröffnung der längere Zeit geschlossenen Eissig-Schule durch
Veranlassung der Herrn Isaac David Heumann (Tachauer), eines Mannes, der
durch seine innige, ungeheuchelte Frömmigkeit, unerschütterliche
Glaubenstreue, unbegrenzte Wohltätigkeit und seine Gastfreundschaft
überall die größte Achtung genießt, wurde in ihrem geschätztem Blatte
früher Erwähnung getan. Möge der Allgütige diesen würdigen Mann
unserer Gemeinde, für deren Wohl er Tag und Nacht rastlos arbeitet, noch
viele Jahre erhalten. S.H." |
Trauergottesdienst für den verstorbenen König Ludwig I. in der Hauptsynagoge
(1868)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1868:
"(Fürth). In der hiesigen Haupt-Synagoge fand am 19. März ebenfalls
ein feierlicher Trauergottesdienst für den verstorbenen König Ludwig I.
von Bayern statt, welcher mit einem einleitenden Gesang begann, worauf
dann Herr Kantor Ebert ein gut gewähltes, passendes Solo rezitierte, und
Herr Dr. Levi die Trauerpredigt hielt. S.H." |
Der Einbau einer Orgel in die Hauptsynagoge ist
entschieden (1872)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 1. Oktober 1872: "Fürth, 23. September (1872). Die seit
längerer Zeit schwebende Frage wegen Einführung der Orgel in hiesiger
Hauptsynagoge (Altschul) ist nunmehr zu Gunsten derselben entschieden
worden. Man hatte aus Opportunitätsgründen davon abgesehen, aus
Gemeindemitteln die Kosten aufzubringen; diese würden von einem hierzu
bereits konstituierten Komitee gedeckt werden. Die Orgel wird bis
künftigen Pessach aufgestellt werden. Somit wäre der Gottesdienst, zu
dessen Verherrlichung an Feiertagen bisher Chor mit Musikbegleitung
mitwirkte, ein geregelter, den Ansprüchen der Zeit entsprechender, ohne
dass dabei zu befürchten wäre, dass durch die Einführung dieses
Instruments ein größerer Zwiespalt zwischen den beiden Parteien, eine
Gefahr für die Einheit der Gemeinde entstehen werde, welche Gefahr bei
etwaiger Anschaffung der Orgel aus Gemeindemitteln nicht unwahrscheinlich
hätte sein können.
Unsere Gemeinde hatte dieser Tage einen schmerzlichen Verlust um ein
würdiges Gemeindeglied. Herr Dr. Carl Feust, Regierungsadvokat und
Ritter des Verdienstordens vom heiligen Michael erster Klasse, verstarb im
74. Lebensjahre. Derselbe, einer der ersten jüdischen Rechtsanwälte in
Bayern, war wegen seiner eminenten Kenntnisse und der Makellosigkeit und
Größe seines Charakters eine auch in weiteren Kreisen hochgeschätzte
Persönlichkeit. Ein Beweis, in welchem hohen Ansehen der Verblichene in
allen Kreisen hiesiger Bevölkerung stand, war die zahlreiche Beteiligung
an seinem Leichenbegängnisse, dem auch die Spitzen der städtischen und
königlichen Behörden in Amtstracht beiwohnten. In der von Herrn Dr.
Neubürger, dem Substituten des Herrn Rabbiners Dr. Löwy, gehaltenen
Leichenrede wurden gleichfalls die Verdienste des Dahingeschiedenen
genugsam gewürdigt, und so viel mir aus zuverlässiger Quelle bekannt
ist, wir ein ausführlicher Nekrolog Feust's demnächst
erscheinen.
Von den zur Verteilung gelangenden Kriegsdenkmünzen für Zivilpersonen
kamen drei an den Zweighilfsverein in Erlangen, darunter eine an
Universitätsprofessor Dr. Herz, welche wegen seines inzwischen erfolgten
Ablebens an dessen Erben ausgehändigt wird." |
Die neue Orgel in der Hauptsynagoge wird eingeweiht
(1873)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. Mai 1873:
"Fürth, im April (1873). In Nummer 40 der Allgemeinen Zeitung
des Judentums von 1872 berichtete ich über die Einführung der Orgel in
hiesiger Hauptsynagoge. Freitag, den 11. dieses Monats erklangen nun zum
ersten Male die Töne derselben beim öffentlichen Gottesdienste, und
siehe da - die Synagoge ist nicht nur nicht eingestürzt, sondern war
vielmehr sowohl an diesem Vorabende des Pessach, als auch an den beiden
folgenden Festtagen, stärker als je um diese Zeit gefüllt. Ob dieser
Frequenz eine Dauer zu prognostizieren ist, wird erst die Zeit lehren
müssen, wir sind nicht allzu optimistisch dafür gestimmt.
Besonderes Verdienst um die zur Erweckung religiöser Gefühle und zur
Verherrlichung des Gottesdienstes dienende Orgel hat sich der Mitvorstand,
Herr Bernhard Ullmann, erworben, durch dessen rastlose Tätigkeit die
schon so lange schwebende Orgelfrage einem gedeihlichen Ziele zugeführt
wurde. Herr Substitut Dr. Neubürger benützte diese Gelegenheit, um
demselben und Allen, die das Werk gefördert haben, in der am ersten Tage
des Pessach gehaltenen Predigt gebührenden Dank zu zollen, und sprach
dann anknüpfend in sehr gelungener Weise über 'die gedankliche
Durchdringung des Judentumes mit der fortgeschrittenen Entwicklung der
Neuzeit', besonders betonend, dass der Kultus des Idealen die Hauptaufgabe
der Religion sei, und es Aufgabe der Jetztzeit wäre, diese große,
schwierige Arbeit zu vollziehen. Redner will den ewigen Lehr- und
Sittengehalt des Judentums mehr gepflegt und gefördert wissen, bezeichnet
ihn als dessen Wesen und Ziel, statt, wie dies vielfach geschieht, zur
Erhaltung desselben die unbedingte Beobachtung von Zeremonien etc. zu
betonen. Die am zweiten Tage des Pessach gehaltene Predigt schloss sich
der ersten würdig an, und handelte von der 'Wiedereinführung der
Grundlagen früherer Zeit im öffentlichen Gottesdienste.'
Man wird nun jetzt mit Reform des Letzteren hier vorgehen müssen. In
unserer Zeit hat sich in religiöser Anschauung und in ihrer
Geschmacksrichtung Großes verändert, und so muss auch der Kultus
notwendig andere Formen annehmen, um für die Beteiligten den rechten
Ausdruck ihrer Überzeugung darzubieten. Verkürzung des Gottesdienstes
und Verbindung der hebräischen mit der Landessprache im Letzteren werden
die leitenden Grundsätze sein müssen, von denen man dabei auszugehen
hat, und wir hoffen von unseren strebsamen Vorständen, dass sie in diesem
Sinne wirken werden, und dadurch zwischen den Ideen, die sich innerhalb
des Judentumes in der Gegenwart immer mehr Raum schaffen, und der
wirklichen Erscheinung des Judentumes, die Übereinstimmung und den
Zusammenhang auch in hiesiger Gemeinde immer mehr
herstellen." |
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 15. Januar 1884: "Fürth, 31. Dezember 1883). Um
in die hiesige Hauptsynagoge zu gelangen, muss man eine Vorhalle
passieren, durch welche der Eingang in das eigentliche Gebäude führt. An
dieser Vorhalle ist ein Opferstock angebracht, der dieser Tage, so
diebesfest er auch schien, von ruchloser Hand erbrochen und des Inhalts
beraubt worden ist. Die Leerung erfolgt gewöhnlich um die Chanukka-Zeit,
als Inhalt ergab sich bisher etwa einige hundert Mark. Der gleiche Betrag
dürfte auch diesmal in die Büchse von Wohltätern gelegt worden und den
Dieben, die selbst vor der Heiligkeit des Ortes nicht zurückschreckten,
in die Hände gefallen sein." |
Die Hauptsynagoge wird wieder eingeweiht
(1925)
Artikel
in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 1. Mai 1925: "Fürth
in Bayern. Nach umfangreichen Erneuerungsarbeiten konnte die Hauptsynagoge
am ersten Pessachtage wieder ihrer Bestimmung übergeben werden. Nach
Einbau der Zentralheizung ist die gesamte Inneneinrichtung einer überaus
verständnisvollen Renovierung unterzogen worden. Die Leitung lag in den
Händen des Architekten Kohler, der sich seiner Aufgabe mit
großem Geschicke entledigt hat. Die Farbengebung ist sorgfältig abgetönt.
Estrade, Kanzel und heilige Lade haben besonders wirksame Gestaltung erhalten,
und die Orgel hat ebenfalls reichere Modulationsfähigkeit empfangen. Am
ersten Pessachtage erstrahlte die Synagoge im vollen Glanze ihres neuen
Schmuckes. Mächtig durchbrausten die Klänge der Orgel die weiten Räume,
und der auf der Grundlage des Nürnberger Gebetbuches reorganisierte
Gottesdienst verfehlte seines tiefen Eindruckes nicht. Künstler und
Mitarbeiter, Kantor, Chor und Organist verdienen hohe Anerkennung für ihr
Werk. Besonders groß aber ist das Verdienst der Gemeindeverwaltung,
die unter großen Opfern, unter liebevoller Hingebung an ihre Aufgabe, ein
bleibendes Denkmal durch dieses Werk sich errichtet hat. Dem Dank über
diese schöpferische Tat, über diese bedeutsame Stunde in der Geschichte
der Gemeinde Fürth halt die Textpredigt des Rabbiners Dr. Behrens
am 1. Pessachtage." |
Klaus-Synagoge
Zur Geschichte der Klaus-Synagoge (1867)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Dezember
1867: "Fürth. Wir haben letzthin angedeutet, dass uns Notizen
über die Stiftung der hiesigen Claus-Synagoge vorliegen und schreiten
nunmehr zu deren Veröffentlichung, die nicht ohne allgemeines Interesse
sind, zumal nur wenige hievon unterrichtet sein dürften. Der Gründer der
'Claus-SynagogenÄ war Rabbi Bermann Fränkel, rabbinisch Gelehrter und
Kabbalist, gestorben 5476 (1676) - der die Rabbinate Schnaittach und
Schwabach bekleidete, - welch' letzterem alle jüdischen Gemeinden der
früheren Markgraftums Ansbach, außer Fürth, einverleibt waren; jedoch
in Fürth wohnte und als Vorstand und Lehrer der hiesigen Talmudschule
sowie als Rabbinats-Vereser fungierte. Hebräischer Titel: Aw Bet Din
- Vorsitzender des Rabbinatsgerichtes - und Vorstand der Jeschiwa.
Fränkel war mit dem Besitze irdischer Güter reich begabt und im
Gegensatze zu der heutzutage unter der Menschheit so sehr verbreiteten
Ansicht, dass im Reichtum allein der Adel des Menschen liege, für die
Fortbildung des Geistes und des Herzens, für das Wohl der menschlichen
Gesellschaft sehr bedacht, indem er nicht nur den Unterhalt vieler
Talmudschüler bestritt, sondern sich es angelegen sein ließ, auch in
Zukunft Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit zu befürworten. Er
stiftete zu diesem Zwecke ein geräumiges Haus, errichtete daselbst eine
Synagoge nebst Wohnung für den Vorsänger und Diener, und stiftete in der
Synagoge selbst mehrere Torarollen, kostbare Vorhänge, prachtvolle
silberne Ritualien und dann noch ein besonderes Zimmer als Beth
Hamidrasch. Gleichzeitig setzte er ein bedeutendes Kapital aus mit der
Bestimmung, aus den Zinsen die Gebäude zu unterhalten, einen Vorsänger
und Diener anzustellen, und Licht nebst Heizung für die im Beth
HaMidrasch Studierenden herbeizuschaffen. Bis etwa zum Jahre 1837 sind
daselbst in der Tat weder die Lichter bei Nacht erloschen, noch war
während des Winters der Ofen erkaltet. Es ist dies auch die einzige
Stiftung, welche in den bekannten Vorfällen der 30er-Jahre nicht
geschlossen wurde, und ist dies nur der energischen Verwendung eines
Urenkels des Stifters, Rabbi Wolf Hamburger - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen zuzuschreiben, welcher sich mit
außerordentlicher Mühe und Entschiedenheit für den Fortbestand der
'Claus-Synagoge' verwendete, und auch die dazu gehörige Bibliothek
wesentlich bereicherte. letztere ist jedoch seit jüngster Zeit sehr
defekt geworden. Ich ergreife diese Gelegenheit, Herrn Rabbiner
Neckarsulmer, welcher mich bei meinen bezüglichen Forschungen
bereitwilligst unterstützte, meinen aufrichtigsten Dank zu zollen und
zugleich dessen Vorträge näher zu erwähnen, welcher derselbe seit ca.
3/4 Jahr in der 'Claus-Synagoge' hält. Diese sind exegetischen,
religiösen und sittlichen Inhalts, basiert auf die mosaisch prophetischen
Grundlehren, deren praktische Anwendung auf das Leben sie erörtern, hie
und da von der Hagada getragen. Es ist bereits in hiesigen Zeitungen
dieser Vorträge unter Ermunterung des bisherigen Strebens rühmlichst
erwähnt worden, und indem ich auch an dieser Stelle die denselben
gebührende Vollste Anerkennung hiermit ausspreche, glaube ich, besonders
dabei hervorheben zu sollen, dass Herr Neckarsulmer ohne alle schriftliche
Notiz in einem nur in Gedanken gefassten Entwurf frei vorträgt. Möge es
diesem würdigen Priester im Dienste der Menschheit und der
Nächstenliebe, den nur innerer Herzensdrang dazu bewegt, das Salböl der
Weihe auszugießen, vergönnt sein, noch viele Jahre mit einem Herzen voll
edler Pläne und gottgefälliger Vorsätze seine Kräfte diesen edlen
Zwecken zu widmen. S.H." |
Fotos
Rathaus
mit Hinweistafel |
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Im Rundgang
"Orte der Verfolgung und des Gedenkens" wird beim Rathaus darauf
hingewiesen: "Während der NS-Zeit diente
das Rathaus als
Koordinationsstelle für antijüdische Maßnahmen. Von hier aus
organisierte Stadtrat Hans Sandreuther die 'Arisierung'
und
Zwangsverkaufsbeurkundungen von rund 570 Liegenschaften in Fürth und
Umgebung zu 10 % des Einheitswertes.
Städtische Bedienstete verwerteten
die persönliche Habe der deportierten Fürther Juden zugunsten des Reichs
und versorgten
Theater, Altersheim und Wohlfahrt mit günstigen
Einrichtungsgegenständen". |
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Helmstraße mit
Erinnerungen
an die jüdische Geschichte |
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Blick in die Helmstraße,
links das Geburtshaus
von Jakob Henle (s.u.) |
Spur einer Mesusa an einem
ehemals jüdischen Wohnhaus |
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Gedenktafel am
Geburtshaus von
Jakob Henle
in der Helmstraße 9
vgl. zu seiner Person
Artikel
bei Wikipedia |
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Hinweistafel:
"In diesem Hause wurde der große Anatom und Lehrer Robert Kochs
Professor Jakob Henle am 19. Juli 1809 geboren.
Er starb am 13.5.1885 in
Göttingen".
Henle war Sohn einer angesehenen jüdischen Kaufmannsfamilie in Fürth. Er
war Professor für Anatomie und Physiologie seit 1840 in Zürich,
1844 in
Heidelberg, 1852 Göttingen (hier Leitung des Instituts für Anatomie,
zahlreiche Veröffentlichungen).
Das KfH-Dialysezentrum Fürth ist nach
ihm benannt: "Jakob-Henle-Haus". |
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Erinnerung
an die Ermordeten einer
jüdischen Familie in der Maxstraße 5
(Foto: Wolf-Dieter Gutsch) |
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Text der Tafel: "Im Gedenken an Bewohner der Maxstraße 5. Simon Höchster
(*8.10.1890, Mainstockheim), der im
Ersten Weltkrieg diente und am 8.5.1922 an den Folgen von Kriegsverletzungen
in Fürth verstarb. Martha Höchster geb. Seeberger (*11.2.1893
Gunzenhausen), Witwe von Simon
Höchster (*6.2.1892, Mainstockheim)
und Babette Paula Höchster geb. Ichenhäuser (*28.2.1897 Fürth). Sie wurden
am 24.3.1942 nach Izbica (Polen) deportiert und ermordet." |
Das
jüdische Museum |
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Das Jüdische
Museum schräg gegenüber dem Rathaus mit Cafe und jüdischer
Buchhandlung. |
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Der
"Schulhof" - bis 1938 Zentrum des jüdischen Gemeindelebens in
der Stadt |
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Zwischen
Mohren- und Königstraße lag mehr als 400 Jahre lang des Zentrum des
jüdischen Lebens in Fürth. Der ursprünglich mit einer Mauer umgebene
Schulhof umfasste vier Synagogen, Talmudlehrhäuser,
ein rituelles
Schlachthaus und Ritualbäder. Beim Novemberpogrom 1938 wurden drei der
Synagogen niedergebrannt, die vierte demoliert. Bis Ende 1939 wurden die
Ruinen beseitigt. Nach 1945 verkam das Grundstück zu einem
Schuttabladeplatz und wurde schließlich zu einer Parkfläche umgestaltet.
In den 1980 wurden Wohnungen auf dem Gelände erbaut.
Seit 1986 erinnert
das Denkmal des japanischen Bilderhaus Kunihiko Kato an den zerstörten
Schulhof. |
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Die ehemalige
Israelitische Waisenanstalt
Weiteres siehe Unterseite |
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Zur
Geschichte der Israeltischen Waisenanstalt siehe Unterseite. |
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Eingangsportal |
Hinweistafel:
"Gegründet 1763 -
Neu erbaut 1868 - Erweitert 1884" |
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Das Gebäude
der ehemaligen
Buchdruckerei von
Albrecht Schröder
in der Rosenstraße 12 |
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Bereits
seit Ende des 17. Jahrhunderts gab es eine erste hebräische Druckerei in
Fürth (1691 von Josef ben Salomon Fromm gegründet).
Von 1737 bis 1868
bestand die Druckerei von Vater und Sohn Zirndorfer. Um 1868 übergab
Itzig Zirndorfer seine Druckerei an Albrecht Schröder
(zunächst in der
Schindelgasse 10, später - siehe Foto oben) in der Rosenstraße 12.
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Das Gebäude
der ehemaligen
Israelitischen Realschule
in der Blumenstraße 31
Weiteres siehe Unterseite
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Die
Jüdische Realschule (später Israelitische Bürgerschule) wurde 1862
gegründet.
1939 wurde sie zwangsweise geschlossen. Seit 1945 befinden sich in dem
Gebäude
Wohnungen und Büros der Israelitischen Kultusgemeinde Fürth (IKG
Fürth).
Auf dem Foto rechts ist die Mesusa rechts der Eingangstüre zu
sehen. |
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Im
jüdischen Museum |
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Modell
der 1617 erbauten und 1938 zerstörten Fürther Hauptsynagoge |
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Mittelalterliche
Funde: Holzteller aus
dem jüdischen Viertel in Nürnberg;
Dreibeingefäß aus Bad Windsheim und
Damenschuh aus Nürnberg |
Grabstein
aus Rothenburg ob der Tauber
(1275; Leihgabe des Reichsstadtmuseums
Rothenburg ob der Tauber)
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Wiener
Memorbuch der Fürther
Klaus-Synagoge. Wien und Fürth
1633-1932
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Tora-Aufsätze
(Rimmonim) |
Tora-Zeiger (Jadim)
aus dem
19. Jahrhundert |
Hebräische
Taschenkalender aus Fürth,
Rödelheim und Sulzbach
(18. und 19.
Jahrhundert) |
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Im
Hintergrund Besamim-Büchsen,
Hawdala-Kerzen, Kiddusch-Becker,
darunter Berches-Teller |
Rinder-Schächtgerät
aus Eisen
(um 1925) - aus einer
Zirndorfer Metzgerei |
Einzelblatt
eines Machsor (Gebetbuch)
aus dem 15. Jahrhundert (aus
der Genisa Reckendorf) |
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Machsor
(Gebetbuch) für das
Laubhüttenfest (Sulzbach 1836) mit
Darstellung des Hochana-raba-Umzuges |
Urkunde
zur Verleihung des
Ehrenbürgerrechts an
Heinrich Berolzheimer (1904) |
Kommerzienrat
Heinrich Berolzheimer
(1836 - 1906), bekannter Fürther
Unternehmer, großzügiger Stifter |
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Historische
Laubhütte im Museumsgebäude - das Dach ließ sich zu Fest öffnen,
um im
Freien sitzen zu können |
Charakteristische
Sabbat-Lampe |
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Der
Tora-Schrank (um 1950) mit den von den "Löwen Judas"
flankierten Gebotstafeln stand in der privaten Betstube des Rabbiners
David Spiro.
Der Toravorhand trägt die Inschrift "Geschenk des unverheirateten
Jizchak Hillel Feuer aus Brooklyn zum Gedenken an die Seele
seines Vaters
Nachum Arieh, Sohn des Zeh, sein Andenken sei zum Segen, gestorben am 8.
Nissan (5)712)" (= 3.4.1952) |
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Die Mikwe im Keller
des
Gebäudes |
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Einzelne Presseberichte
November
2009: Bericht über Henry
Kissinger, die jüdische Geschichte in Fürth und das jüdische
Museum |
Artikel von Andreas Steibel in den "Stuttgarter
Nachrichten" vom 27. November 2009 (Artikel):
"Damals in Fürth. Heinz war ein begeisterter Fußballspieler. Er bolzte und grätschte und versäumte kein einziges Spiel seiner Mannschaft. Selbst als er auswanderte in ein fernes Land, wo Fußball keine Rolle spielte, ließ er sich mit den aktuellen Ergebnissen seiner Jugendmannschaft versorgen. Pünktlich jeden Montag mussten sie auf dem Schreibtisch liegen und noch heute, mit über 85 Lebensjahren, schlägt sein Herz höher, wenn der Verein in Deutschland wieder einmal gespielt hat.
Die Geschichte von Heinz, dem Fußballfan, wäre wohl eine unter vielen geblieben, wäre aus ihm in Amerika nicht Henry, der Außenminister, geworden: Henry Kissinger, Nobelpreisträger und Sohn jüdischer Eltern, musste im Juli 1938 mit seiner Familie die geliebte Heimatstadt Fürth verlassen. In den USA brachte er es bis an die Spitze der Weltpolitik, in Fürth immerhin zum Ehrenbürger und Ehrenmitglied der Spielvereinigung, die ihm vor zehn Jahren eine Dauerkarte auf Lebenszeit schenkte. Henry Kissinger ist der berühmteste aller Juden aus Fürth, aber beileibe nicht der einzige, der es im Leben zu etwas gebracht hat. Leopold Ullstein, der Verleger, Jakob Wassermann, der Schriftsteller, Adolph Ochs, der Gründer der New York Times: Sie alle haben in Fürth an der Pegnitz ihre Wurzeln. Hier, im Schatten der großen Reichsstadt Nürnberg, war im Mittelalter und in der frühen Neuzeit eine der größten jüdischen Gemeinden Süddeutschlands entstanden.
Den Schatten des großen Nachbarn haben die Fürther nie ganz verdrängen können. Erst kürzlich hat ihnen im direkten Duell der 1.F.C. Nürnberg wieder einmal den Aufstieg in die erste Liga vermasselt, und deshalb muss Henrys Spielvereinigung eine weitere Saison in der zweiten Spielklasse ausharren. Zweitklassig sind die Fürther auch im touristischen Vergleich: Während die Besucher zu Hunderttausenden in die Nürnberger Altstadt strömen, verlieren sich in Fürth nur ein paar wenige. Erst vor gut zehn Jahren haben sie in der immerhin rund 120.000 Einwohner zählenden Stadt ein Fremdenverkehrsamt gegründet.
Fast überall liegt Nürnberg eine Nasenlänge vorn, nur in der jüdischen Geschichte nicht. 1499 warf der Nürnberger Magistrat die letzten jüdischen Bürger aus der Stadt und untersagte ihnen die Ansiedlung für Jahrhunderte. Erst 1850 sollte das Verbot wieder aufgehoben werden. In Fürth hatte sich derweil längst eine lebendige jüdische Gemeinde gegründet, die zu Spitzenzeiten ein Drittel der Einwohner ausmachte. Es waren gebildete Juden, wohlhabende Juden. "Hier", sagt Daniela Eisenstein, "war das jüdische Beverly Hills."
Daniela Eisenstein ist Direktorin des Jüdischen Museums Mittelfranken. Vor zehn Jahren wurde es in Fürth eröffnet, in einem alten jüdischen Bürgerhaus, in dem noch eine Laubenhütte und ein traditionelles jüdisches Ritualbad erhalten sind. Das Bad liegt im Keller, neun Meter unter der Erde und ist noch heute mit glasklarem Grundwasser gefüllt. Das Reinigungsritual war zentraler Bestandteil des jüdischen Lebens, die große Anzahl der Mikwe genannten Bäder Ausdruck des hohen Lebensstandards der Juden in Fürth. Das Jüdische Museum ist eine wichtige Station auf dem Weg durch das jüdische Fürth. Die Altstadt ist nicht groß, das meiste bequem zu Fuß zu erreichen, der Jüdische Friedhof kaum zehn Gehminuten entfernt. Er ist ein dichter Wald aus alten Bäumen und verwitterten Grabsteinen. Manche stehen schräg, andere ineinander verkeilt, ein paar wenige in geordneter Reih. Die, die in Reihe stehen, wurden nachträglich so platziert, nachdem die Nazis sie abräumen ließen. Von 20.000 Fürther Grabsteinen waren nach dem Holocaust noch 6.000 übrig, 300 Jahre jüdischer Friedhofsgeschichte wären in zwölf Jahren NS-Herrschaft beinahe ausgelöscht worden.
Völlig ausgelöscht haben die Nazis das Zentrum des jüdisch-geistigen Lebens in der Stadt. Dort, wo heute ein Brunnen aus den achtziger Jahren plätschert und eine schmucklose Wohnsiedlung mit Betonbalkonen steht, gab es einst vier Synagogen. In der Hauptsynagoge war eine der bedeutendsten Talmudhochschulen Deutschlands, die Buchdruckerei zählte zu den Besten im Lande. In der Progromnacht am 9. November 1938 brannten die Nazis alles bis auf die Grundmauern nieder: In der Jahrhunderte lang von Toleranz geprägten Stadt Fürth sollte es den Juden nicht besser gehen als in jeder schäbigen Nazihochburg im Reich.
Als die Hauptsynagoge brannte, waren die Kissingers schon nicht mehr da. Im Juli 1938 waren sie nach Amerika emigriert. Der Vater, ein bekannter Lehrer, hatte Berufsverbot bekommen und die Mutter Angst, dass alles noch schlimmer werden würde. Sie behielt Recht: Zwölf Mitglieder der Familie sollten die Nazi-Zeit nicht überleben, der Vater in der neuen Heimat nie richtig heimisch werden. Als man Walther Kissinger, den Bruder Henrys; in einem Interview einmal fragte, wie er es damals empfunden habe, als jüdische Kinder plötzlich nicht mehr mit ihren deutschen Freunden spielen durften, schwieg er und bat schließlich, das Gespräch abbrechen zu dürfen.
In der Hallemannstraße 2 singen sie heute wieder in hebräischer Sprache. Wer an einem Samstag vorbeispaziert, kann hören, wie dort der Sabath gefeiert wird. Hinter einer unscheinbaren Sandsteinfassade liegen die Räume der einzigen Synagoge, die die NS-Zeit überstanden hat. Die dichte Bebauung und die Angst vor einem Übergriff der Flammen haben ihre Zerstörung verhindert. 200 Mitglieder zählt die jüdische Gemeinde Fürth inzwischen wieder, 1945 waren es nicht einmal mehr 20 gewesen.
Das Gemeindezentrum ist ein paar Häuser weiter in der ehemaligen jüdischen Realschule. Auch Heinz-Henry hatte dort gepaukt, mit mittelmäßigem Erfolg wie so viele Geistesgrößen, deren Begabung sich nicht an Schulnoten ablesen lässt. Im Hauseingang der israelitischen Gemeinde sind zwei Gedenktafeln angebracht: eine für die Opfer des Holocausts und eine für die Gefallenen des Ersten Weltkriegs. Hunderte Fürther Juden hatten tapfer und patriotisch für Deutschland gekämpft und sich im Laufe des 19. Jahrhunderts weitgehend in das bürgerliche Leben integriert.
Das Leben in Fürth war lange Zeit ein anderes als das in Nürnberg: Eine kuriose dreigeteilte Herrschaft bestimmte die Stadt, ihre Besitzungen waren aufgeteilt zwischen Nürnberg, Bamberg und Ansbach. Das Kompetenzgerangel bot vielen eine Chance, unter anderem eben den Juden, die von den Bamberger und Ansbacher Herren gezielt angesiedelt worden waren, um die Stadt wirtschaftlich voranzubringen und den Konkurrenzkampf mit Nürnberg bestehen zu können.
Das hatte funktioniert, und die Liste der Schenkungen Fürther Juden an ihre Stadt ist lang: Die Kinderklinik der Stadt ging aus einer jüdischen Stiftung hervor und die erste Leihbibliothek für die Allgemeinheit ebenfalls. Im sogenannten Berolzheimerianum ist heute die Comödie Fürth untergebracht, deren Betreiber in der Rolle von "Waltraud und Mariechen" einem älteren Fernsehpublikum bundesweit bekannt sind.
Der prächtige gelbe Jugendstilbau des Berolzheimerianums ist das krasse Gegenteil des Hauses in der Marienstraße 23. Hier, über der hässlichen Fassade eines gerade geschlossenen Tatoo-Studios, wurde am 27.Mai 1923 Heinz Alfred Kissinger geboren. Kein Hinweisschild erinnert an ihn, "Gedenktafeln", so die etwas
eigenwillige Begründung der Stadt Fürth, gebe es erst für Tote.
Kann sein, dass die Gedenktafel Kissingers noch lange nicht gebraucht wird. Seine Eltern wurden 95 und 97 Jahre alt, und er selbst macht mit 86 noch einen außerordentlich frischen Eindruck. Gut möglich, dass er demnächst mal wieder in Fürth auftaucht. Um einer der zahlreichen Einladungen der Stadt zu folgen oder um seine Spielvereinigung anzufeuern. Fürth in der ersten und Nürnberg in der zweiten Liga, dagegen hätte auch Lokalpatriot Henry garantiert nichts einzuwenden.
Info
Rundgänge auf den Spuren der jüdischen Geschichte gibt es bei der Stadt Fürth (Touristinformation, Telefon 09 11 / 2 39 58 70, www.fuerth.de/tourismus) oder beim Verein Geschichte für alle (Telefon 09 11 / 30 73 60,
www.geschichte-fuer-alle.de). Der Verein hat in der Reihe "Historische Spaziergänge" auch einen Band herausgegeben über die "Geschichte der Juden in Fürth" (Katrin Bielefeldt, 6,80 Euro).
Das Jüdisches Museum Franken in Fürth fasst die gesamte Regionalgeschichte der Juden in Fürth und Umgebung zusammen (Tel. 0911 / 77 05 77,
www.juedisches-museum.org, geöffnet Dienstag bis Sonntag, Königstraße 89). Die lohnenswerte Ausstellung wurde erst jüngst überarbeitet. Das Museum hat Außenstellen in Schnaittach (geöffnet Samstag und Sonntag) und Schwabach (nur nach Vereinbarung)." |
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Oktober 2020:
Die Fürther alte Synagoge ("Altschul")
kann nun virtuell besichtigt werden |
Artikel von Jochen Jörg in der "Main-Post"
vom 27. Oktober 2020: "Würzburg. Virtueller Rundgang durch die Synagoge.
Die VR-Brille erlaubt ein beinah hautnahes Erlebnis der virtuellen Welt.
Das Jüdische Museum Fürth präsentiert eine Virtual-Reality-Anwendung der
Synagoge 'Altschul' als Dauerinstallation, die den Besuchern Einblicke in
das jüdische Leben vor dem Zweiten Weltkrieg vermittelt. In Zusammenarbeit
mit dem bundesweit einzigartigen Studiengang Geovisualisierung (https://geo.fhws.de/studium/bachelor-geovisualisierung)
an der Hochschule Würzburg-Schweinfurt sowie dem Lehrstuhl für Judaistik der
Otto-Friedrich-Universität Bamberg ist es gelungen, die in der
Reichsprogromnacht 1938 vollständig zerstörte Synagoge digital zu
rekonstruieren und eine derzeit einmalige, multimediale und interaktive
Virtual-Reality-Anwendung (VR) zu realisieren, informiert die Hochschule in
einer Pressemitteilung. Neben einer akribischen Rekonstruktion der
Architektur stand die multimediale Wissensvermittlung jüdischen Lebens im
Mittelpunkt des Projekts. Mit der VR-Brille können die Besucher des Fürther
Museums nun die Synagoge virtuell mittels Teleportation begehen und dabei
mit informellen Exponaten interagieren. Textliche und bildliche
Informationen erläutern wichtige Bestandteile jüdischen Lebens und Glaubens,
wie die Thora-Rolle oder das Shofar-Horn. Durch auditive Elemente wie
Synagogalmusik, Chorgesänge oder ein Hörbuch zur 'Rolle der Frau im
Judentum' wird zusätzlich der Grad der Immersion (des 'Eintauchens') in die
virtuelle Welt erhöht. Die VR-Anwendung stellt gerade für die Zielgruppe der
jüngeren Besucher des Jüdischen Museums Fürth ein ideales Medium der
Wissensvermittlung dar und liefert eine Grundlage für weitere virtuelle
Begehungen musealer, kulturhistorischer Erlebnisräume, heißt es in der
Mitteilung weiter. Bereits in Planung seien eine virtuelle Begehung des
umliegenden Synagogenhofes mit weiteren Haupt- und Nebengebäuden und die
Erforschung der historischen Anlage, so Stefan Sauer (Fachlehrer im
Studiengang Geovisualisierung). Die VR-Anwendung wird ab Mai 2021 in die
Dauerausstellung des Jüdischen Museums Franken in Fürth (https://www.juedischesmuseum.org)
integriert und kann anschließend von Interessierten genutzt werden."
Link zum Artikel |
Einzelne Literaturhinweise zu Fürth - eine
Übersicht ist noch zu erstellen
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Michael Müller: Seligman Bendit & Söhne - Spiegelglas- und
Fensterglas-Fabriken. Aufstieg und Niedergang einer jüdischen
Unternehmer-Familie der Fürther Spiegelglas-Industrie.
2006. Als
pdf-Datei hier einzusehen. |
| "Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band II:
Mittelfranken.
Erarbeitet von Barbara Eberhardt, Cornelia Berger-Dittscheid,
Hans-Christof Haas und Angela Hager, unter Mitarbeit von
Frank Purrmann und Axel Töllner. Hg.
von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz.
Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und
herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern, Teilband 2: Mittelfranken. Lindenberg im Allgäu 2010.
Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu.
ISBN 978-3-89870-448-9. Abschnitt zu Fürth S. 266-333
(mit Literaturübersicht). |
| Hans-Peter
Süss: Jüdische Archäologie im nördlichen Bayern. Franken und
Oberfranken. Verlag Dr. Faustus Büchenbach 2010 (Reihe: Arbeiten zur
Archäologie Süddeutschlands Band 25). Zu Fürth S. 64-68. |
| Internet Archiv Leo Baeck Institute New York / Berlin:
Nürnberg-Fürther Israelitisches Gemeindeblatt (Nürnberg 1921-1938)
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