Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia
Judaica
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und
bestehende) Synagogen
Übersicht:
Jüdische Kulturdenkmale in der Region
Bestehende
jüdische Gemeinden in der Region
Jüdische
Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur
und Presseartikel
Adressliste
Digitale
Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Hessen"
Zur Übersicht
"Synagogen im Kreis Waldeck-Frankenberg"
Mengeringhausen (Stadt
Bad Arolsen, Kreis Waldeck-Frankenberg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Mengeringhausen bestand eine jüdische
Gemeinde bis nach 1933. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. Doch lebten vermutlich bereits im 16. Jahrhundert Juden in der
Stadt, da für diese Zeit die Flurbezeichnung "Am (oder beim)
Judenkirchhof" für ein Grundstück in der Nähe des Burgtores überliefert
ist.
Im 18. Jahrhundert wurden Juden seit 1767 in der Stadt aufgenommen.
1760/70 lebte der Schutz- und Handelsjude Abraham Marcus (aus Arolsen)
am Ort. 1769 kam der Schutzjude Esaias Abraham dazu, 1772 Moses Heinemann. An
Stelle des 1799 verstorbenen Joseph Moses Neuburg kam Selig Meyer aus Volkmarsen
nach Mengeringhausen.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1826 19 jüdische Einwohner, 1847 21, in der zweiten Hälfte des 19.
Jahrhunderts vier bis fünf jüdische Familien, 1900 21 jüdische Einwohner (1,5 % von insgesamt
1.442 Einwohnern), 1905 33, 1910 24 (1,7 % von 1.400). Die jüdischen
Familien lebten vom Handel mit Textilien, Düngemitteln, Früchten, Tierfellen
und Kolonialwaren. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eröffneten
mehrere von ihnen Läden und Handlungen am Ort: so hatte Jakob Schwerin ein vor
1900 gegründetes Geschäft mit Futter- und Düngemitteln, Manufakturwaren sowie
Lebensmitteln.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule; 1874 fünf schulpflichtige Kinder, 1876/1878 vier Kinder), ein
rituelles Bad und ein Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war zeitweise ein jüdischer Lehrer
am Ort, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. die
Ausschreibungen der Stelle unten). 1848 wird Lehrer Heilbrun genannt, der sich
damals für Reformen im gottesdienstlichen Leben der Gemeinde engagierte (siehe
Bericht unten). Die Gemeinde gehörte zum Provinzialrabbinat Oberhessen mit Sitz
in Marburg.
Die jüdischen Familien waren im Leben der Stadt und im Vereinsleben
weitestgehend integriert. Der bereits genannte Jakob Schwerin (Kriegsteilnehmer
von 1870-1871) war viele Jahre (bis zum seinem Tod 1913) Vorsitzender des
Kreis-Kriegervereins; seine Frau betätigte sich aktiv im Roten Kreuz. Der Sohn
Max Schwerin war einige Jahre Mitglied des Gemeinderates am Ort (gest. 1934).
Beim sogenannten Freischießen, dem größten Heimatfest des Waldecker
Landes, waren die Mitglieder der jüdischen Gemeinde - bereits seit Mitte des
19. Jahrhunderts - stets zahlreich beteiligt.
Um 1924, als zur Gemeinde 17 Personen gehörten (1,2 % von 1.506), waren die
Gemeindevorsteher Hermann Schwerin und Josef Löwenstern. 1932 war
Gemeindevorsteher Max Schwerin. Als Religionslehrer der im Schuljahr 1931/32
vier jüdischen Kinder der Gemeinde kam regelmäßig Lehrer Moritz Goldwein aus
Korbach nach Mengeringhausen.
1933 lebten noch 23 jüdische Personen in Mengeringhausen (in sieben
Familien). In
den folgenden Jahren ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Zwei Familien Schwerin
verzogen 1936 nach Köln; die Familie Katz emigrierte in die
USA. 1938 wurden noch acht jüdische Einwohner gezählt. Das Manufaktur-
und Tabakwarengeschäft von Menko Löwenstern, das seit seinem Tod (vor 1930)
von der Tochter Erna und ihrem Mann Julius Löwengrund (aus Rimbeck bei Warburg)
betrieben wurde, wurde beim Novemberpogrom 1938 durch Nationalsozialisten
überfallen und verwüstet. Das Ehepaar Löwengrund verzog mit dem 14-jährigen
Sohn Heinz Werner nach Mülheim an der Ruhr, von wo sie deportiert
wurden.
Von den in Mengeringhausen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Salomon (Sally)
Blumenthal (1873), Arnold Rolf Elsbacher (1931), Frieda Elsbacher geb. Lebensbaum
(1898), Irmgard Elsbacher (1927), Betty Emanuel (1874), Carl Salomon Emanuel
(1874), Hilda Hilda Löwenheim geb. Löwenstern (1894), Erna Löwengrund geb. Löwenstern (1893), Julius Löwengrund (1893),
Heinz Werner Löwengrund (1924), Hilde (Hilda) Löwenheim geb. Löwenstern (1894), Else Oppenheim geb.
Löwenstern (1900), Erna Schwerin (1892), Ernestine Schwerin geb. Rapp (1894), Frieda
Schwerin (1890), Hermann Schwerin (1886), Ilse Schwerin (1921), Paul Salomon Schwerin
(1886).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeines
Beitrag "Die Juden in Waldeck" (erschien
1929)
Anmerkung: Beitrag zur Geschichte der Juden in Bad
Arolsen, Bad Wildungen, Korbach,
Landau, Mengeringhausen, Rhoden,
Sachsenhausen, Züschen
sowie Eimelrod und Höringhausen.
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 12. April 1929: "Die Juden in
Waldeck. (Zum Ende des ehemaligen Fürstentums).
Wir entnehmen dem 'Israelitischen Familienblatt' nachstehenden
interessanten Artikel: Am 1. April fand in Arolsen
die feierliche Vereinigung des Freistaates Waldeck mit Preußen statt. Das
kleine Ländchen wird ein Bestandteil der Provinz Hessen-Nassau. Waldeck
zählt unter seinen 58.000 Einwohnern etwa 550 Juden. Aus dem Kreise der
Waldecker Juden der weiteren Welt bekannt geworden ist der Dichter
Heinrich Stieglitz. Seine Werke sind heute vergessen. Seine Frau
Charlotte aber entriss seinen Namen der Vergessenheit. Um ihn der
Schwermut seines Gemüts, das unter seiner dichterischen Schwäche litt,
zu entreißen, und in der Hoffnung, dass ein starker Schmerz heilend und
kräftigend auf sein Gemüt einwirken werde, gab sie sich den Freitod.
Diese Tat, die das damalige 'Junge Deutschland' aufwählte, wurde von
Gutzkow, dem Verfasser des 'Uriel Akosta', behandelt in seinem Roman: 'Walpurg,
die Zweiflerin'.
Die Anzahl der waldeckischen Juden hat sich seit der Freizügigkeit stetig
verringert. Sie wanderten aus, da sie anderwärts bessere
Verdienstmöglichkeiten hatten und nicht so sehr die Zurücksetzung
merkten wie in diesem engen Bezirk, auch durch Bildungsmöglichkeiten
entschädigt wurden. Das religiöse Leben war in Waldeck bis auf einige
Ausnahmen nie sehr rege. In der Hauptstadt Arolsen
konnte es sogar geschehen, dass vor hundert Jahren fast die ganze Gemeinde
dem Taufwasser zum Opfer fiel. Die Nachkommen der damaligen Juden gehören
heute zu den ersten Familien des Landes. Etwas regeres Leben blüht heute
in den beiden Gemeinden Wildungen
und Korbach, wo je ein Lehrer amtiert. Arolsen,
Mengeringhausen, Rhoden und Sachsenhausen
sind kleine Gemeinden, die infolge ihrer geringen Seelenzahl nur mit
großer Mühe sabbatlichen Gottesdienst abhalten können.
Religionsunterricht wird in diesen Gemeinden nicht erteilt; falsche
Sparsamkeit lässt es nicht zu. Dieser Mangel an Verantwortungsgefühl ist
wohl auch die Ursache, dass der Korbacher
Jakob Wittgenstein bei seinem Tode 1890 sein gesamtes Vermögen von
600.000 Mark seiner Vaterstadt vermachte, aber der Synagogengemeinde nur
einige tausend Mark, und ihr nicht einmal den geringsten Einfluss auf die
Verwaltung des errichteten Altersheims gestattete. Auch von dieser Familie
sind einige Glieder in der Welt, wenn auch getauft, zu Ansehen gelangt.
Soll doch der erste Bundespräsident von Österreich, Hainisch, von
dieser Familie abstammen. Ferner ist ein Wittgenstein der Begründer der
österreichischen Erzindustrie. Ein anderer, namens Paul, war, trotzdem er
nur den linken Arm hatte, ein so hervorragender Pianist, dass sogar
Richard Strauß für ihn Partituren schrieb. In Sachsenhausen
hat ein nach Amerika ausgewanderter Jude Bloch ein Schwesternheim
errichtet, aber die jüdische Gemeinde übergangen. Welchen Segen hätten
diese beiden Gemeinden mit diesen Legaten für alle Religionen stiften
können!
Die beiden Gemeinden Eimelrod und Höringhausen,
die zu dem nunmehrigen preußischen Verwaltungsgebiet Waldeck kommen,
gehörten bisher zu Hessen-Nassau. In beiden, besonders in
letzterer, |
herrschte
stets ein reges religiöses Leben. Beide bedürfen dringend der Hilfe,
damit ihre Synagogen nicht ganz zerfallen. Eimelrod
hat deshalb vom Landesverband einen sehr reichen Zuschuss erhalten.
Weshalb Höringhausen nicht
bedacht wurde, fragt sich dort jeder. Vielleicht hat der Landesverband
doch noch ein Einsehen und hilft der Gemeinde.
Über die Geschichte der Juden in Waldeck ist wenig bekannt. Die meisten
Nachrichten schlummern noch zerstreut in den Archiven. In früheren Zeiten
durften nur in den Orten Züschen und Landau
Juden wohnen. Die Hauptstadt besteht erst seit zwei Jahrhunderten. Sie ist
die Geburtsstadt des erwähnten Dichters Stieglitz, sowie der berühmten
Ärzte Marcus und Stieglitz. Auch die Nachkommen des Marcus gehören heute
dem Christentums an. In Korbach muss es
schon früh Juden gegeben haben. Darauf weist der Name eines alten Adelsgeschlechts
namens 'Judenhertzog'. 1480 erklärte das 'Freigericht unter der
Windmühle' zu Korbach einen Juden zu
Frankfurt, den Juden dieser Stadt und der Umgebung in die Acht. Sie
sollten mit ihm 'weder essen noch trinken, weder mit ihm gehen noch
stehen, weder mit ihm sprechen noch singen, nicht mit ihm kaufen noch
verkaufen, wuchern oder suchen, keinerlei Verhandlungen mit ihm haben,
weder heimlich noch offenbar, auch nicht mit ihm in die Schule, in die
Synagoge oder Tempel, überhaupt nicht mit ihm in ein Haus gehen.' Ebenso
tat der Freigraf zu Landau alle Juden zu Gelnhausen
in die Acht, 'nach rechtem altem Herkommen der kaiserlichen freien
heiligen und heimlichen Gerichte', weil sie ungehorsam gewesen
wären.
Auch früher schon waren die Juden mit den Femgerichten in Berührung
gekommen. 1738 durften sie nur in Züschen,
und etwas später auch in Arolsen
wohnen. 1788 war aber der Widerstand gegen die Juden so stark geworden,
dass der Fürst den Landständen versprechen musste, einem Juden nicht
eher einen neuen Schutzbrief zu geben, bis die Judenschaft im Lande bis
auf 20 ausgestorben sei. Auch der Judeneid kommt in dieser Zeit in Waldeck
vor. Trotz aller Beschränkungen haben sich die Juden doch in anderen
Orten Wohnrecht erhalten. An den Freiheitskriegen nahmen sie teil. Nachdem
schon 1804 der Leibzoll aufgehoben war, folgte 1814 das sogenannte
Organisationsedikt. In diesem wurden ihnen alle Rechte der übrigen
Staatsbürger zugebilligt. Als sie aber in Korbach
das Bürgerrecht verlangten, erhob sich seitens der Stadt und der
Bürgerschaft ein heftiger Widerstand. Der Fürst Georg Heinrich, ein
vorurteilsloser, gerecht denkender Herr, setzte aber ihre Aufnahme zu
Bürgern durch. Dieser Fürst gab ihnen auch im Jahre 1834 das
Judengesetz, das den etwas merkwürdig anmutenden Titel führt: 'Gesetz
über die Gemeinheiten der Juden'. Es gilt auch heute noch, denn es war in
Waldeck Regierungsgrundsatz, die Juden unbehelligt zu lassen, wenn auch
sie von der Regierung nichts verlangten. Das Gesetz ist aber von Segen
gewesen. Der Austritt aus der Gemeinde ist nur mit einem gleichzeitigen
Austritt aus der Religion möglich. Sonst muss jeder Waldecker Jude einer
Synagogengemeinde angehören. Ein Versuch der jüdischen Gemeinde Korbach,
der Regierung die Lasten der Lehrerbesoldung aufzubürden, scheiterte, da
die Regierung damals sogar mit militärischer Exekution drohte. Es ist
daher den beiden Gemeinden nicht zu verdenken, wenn sie auf den Anschluss an
Preußen allerlei Hoffnungen setzen und hoffen, dass die Lasten, die sie
bisher allein getragen, etwas erleichtert werden. Mögen sie in ihren
Hoffnungen nicht enttäuscht werden. Max Gottlieb." |
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1873 / 1874 /
1876 / 1877 / 1904
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. März 1873:
"Die Lehrer und Kantorstelle in hiesiger Gemeinde ist von Ostern
dieses Jahres an zu besetzen. Hierauf Reflektierende wollen sich unter
Beifügung ihrer Zeugnisse baldigst an unterzeichneten Vorstand wenden.
Gehalt bei freier Wohnung und Heizung eventuell bis 300 Thaler.
Mengeringhausen in Waldeck, den 19. Februar 1873. Der Vorstand der
israelitischen Gemeinde Mengeringhausen. J. Meyer. Louis
Emanuel." |
|
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 12. Mai 1874:
"In der hiesigen jüdischen Gemeinde ist die Stelle des
Religionslehrers und Vorbeters sofort zu besetzen. Gehalt nebst freier
Wohnung und Heizung bis 250 Thaler jährlich. Bewerbungen um diese
dienstlich sehr bequeme Stelle, da nur fünf schulpflichtige Kinder für
jetzt zu unterrichten sind, nimmt entgegen der Vorstand Louis Emanuel.
J. Mayer.
Mengeringhausen in Waldeck, den 1. Mai 1874". |
|
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. Februar 1876:
"Pro 1. April dieses Jahres ist die hiesige Lehrer- und
Kantorstelle zu besetzen. Gehalt 750 Mark pro Jahr bei freier Wohnung
mit Heizung nebst Bett und erforderlichen Möbeln. Da nur circa 4
schulpflichtige Kinder sind, der Dienst sehr leicht ist und viele freie
Zeit übrig lässt, so ist ein lohnender Nebenerwerb sicher, wenn der
betreffende Kandidat auch in Französisch, Englisch und Lateinisch
Unterricht erteilen kann. Selbstgeschriebene Meldungen nimmt entgegen der
jüdische Gemeindevorstand G. Emanuel. J. Meyer.
Mengeringhausen (Fürstentum Waldeck), den 9. Januar
1876". |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Mai 1876:
"Pro 1. Juli dieses Jahres ist die hiesige Lehrer- und
Kantorstelle zu besetzen. Gehalt 750 Mark pro Jahr bei freier Wohnung
mit Heizung nebst Bett und erforderlichen Möbeln. Da nur circa 4
schulpflichtige Kinder sind, der Dienst sehr leicht ist und viele freie
Zeit übrig lässt, so ist ein lohnender Nebenerwerb sicher, wenn der
betreffende Kandidat auch in Französisch, Englisch und Lateinisch
Unterricht erteilen kann. Selbstgeschriebene Meldungen nimmt entgegen der
jüdische Gemeindevorstand G. Emanuel. J. Meyer.
Mengeringhausen (Fürstentum Waldeck), den 7. Mai
1876." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Oktober 1877:
"Die Stelle als Religionslehrer, Vorbeter und Schochet in unserer
Gemeinde soll mit dem 1. Januar 1878 anderweitig durch einen verheirateten
Mann besetzt werden. Jährliches Gehalt 900 Mark, eventuell bei
gesteigerter Leistungsfähigkeit 1.000 Mark neben freier Wohnung. Der
Nebenverdienst durch die Schechitah wird 150 Mark bringen. Der Dienst ist
sehr leicht, da die Gemeinde klein ist und nur ungefähr 4 schulpflichtige
Kinder da sind. Selbstgeschriebene Meldungen, unter Einreichung betr.
Zeugnisse und kurzer Berichterstattung des Lebenslaufs, nimmt entgegen
der jüdische Gemeindevorstand G. Emanuel. J. Meyer.
Mengeringhausen (Fürstentum Waldeck), den 3. Oktober
1877." |
|
Ausschreibung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 9. September 1904:
"Mengeringhausen (Waldeck). Religionslehrer, Vorbeter und Schächter.
Einkommen 1.300 bis 1.400 Mark." |
Erfolgreiche zweite Dienstprüfung von Lehrer Gustav
Crohn (Kron) am Lehrerseminar in Kassel (1902)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 10. November 1902: "Kassel, 2. November (1902). Am
Donnerstag voriger Woche war am hiesigen israelitischen Lehrerseminar die
zweite Prüfung beendet. Diese hatte in jeder Hinsicht ein gutes Ergebnis,
denn alle sieben Lehrer, die sich prüfen ließen, bestanden. Es waren die
Herren: Abt aus Gesecke in Westfalen, Crohn aus Mengeringhausen in
Waldeck, Heilbronn aus Hora in Westfalen, Levi aus Salzkotten
in Westfalen, Oppenheim aus Wehrda
in Hessen, Pineas aus Frankfurt am Main, Plaut, Lehrer in Rybnik
in Oberschlesien.
Das Königliche Provinzial-Schulkollegium in Kassel gestattet fast ohne
Ausnahme Lehrern anderer Bezirke, hier die Prüfung abzulegen. In der
schriftlichen Prüfung war den neueren Bestimmungen gemäß nur eine
Arbeit zu schreiben. 'Haus und Schule' lautete das Thema. Lehrproben
waren: 1) Belsazar; 2) Frau Hütt; 3) der Stechheber; 4) der Zahlenkreis
über 1000 hinaus; 5) die Schulstäbe; 6) Knabe und Vogel; 7) Gustav Adolf
- ein Lebensbild.
Da sämtliche Lehrproben zur Zufriedenheit ausfielen, erhielt kein
Kandidat eine zweite. Recht eingehend wurde mündlich geprüft, sowohl in Geschichte,
Pädagogik, Psychologie, Didaktik und Methodik der einzelnen Fächer. Zum
ersten Male hatten die jungen Lehrer nachzuweisen, in welchem
Lieblingsfache sie sich fortgebildet und welches wissenschaftliche Werk
sie beim Studium benutzt hatten. Zur Orientierung sei Folgendes erwähnt:
1) Geschichte des 19. Jahrhunderts, 2) Mathematische Geographie, 3) die
zweite Blüteperiode in der deutschen Literatur, 4) die Elektrizität und
so fort. Ein Gegenstand, der schon im Seminar eingehend behandelt wurde,
z.B. 'ein Drama Schillers', wird als wissenschaftliche Fortbildung für
nicht genügend angesehen. Auch diese Prüfung bewies, dass die Ausbildung
jüdischer Lehrer keineswegs eine minderwertige ist und die
Staatsbehörden werden sich wohl bald entschließen müssen, die
jüdischen Seminare den christlichen gleichzustellen, da gleiche
Pflichten, gleiche Rechte erfordern. Die Prüfungskommission bildeten
folgende Herren: Provinzial-Schulrat Otto, Geheimer Regierungs- und Schulrat
Sternkopf, Landrabbiner Dr. Prager, Seminardirektor Dr. Lazarus
und Seminarlehrer Katz." |
|
Hinweis: während seines Militärdienstes in
Arolsen war Gustav Kron um 1902/05 in Mengeringhausen als Lehrer, Kantor und
Schochet tätig. Informationen zu ihm bei Harmuthsachsen.
Vgl. Französische Seite
zu Gustav Kron. |
Aus dem
jüdischen Gemeindeleben
Reformen im gottesdienstlichen Leben (1848)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Januar 1848:
"Aus dem Fürstentum Waldeck, 20. Dezember (1848). Auch in
unserem kleinen Fürstentum beginnt ein regeres Leben die Synagoge zu
ergreifen. Seit zwei Jahren hat die Gemeinde zu Adorf
Chorgesang eingeführt, überhaupt möglichst den Zeitforderungen genügt.
Freilich erhob sich damals auch in Adorf der Ruf des Unwillens über den
Chorgesang; aber wie schnell er sich eingewöhnt, ersieht man daraus, dass
an den vergangenen hohen Festen sogar deutsche Choralgesänge, z.B. am
Versöhnungsfeste das Lieb von Stein 'o Tag des Herrn' mit
Violinbegleitung vorgetragen wurden. So hat auch die Gemeinde zu Mengeringhausen
auf Veranlassen ihres Lehrers Herrn Heilbrun den 3-jährigen Zyklus der
Tora eingeführt, und bemüht sich derselbe durch allsabbatliche gottesdienstliche
Vorträge das religiöse Bewusstsein umzugestalten und auf die Höhe der
Gegenwart zu erheben. Mögen diesem Beispiele der beiden genannten
Gemeinden die anderen bald nachfolgen, die Piutum durch die Predigt
ersetzen, und hierzu geeignete Lehrer erwerben. Da diese im hiesigen Lande
wenig Kinder zu unterrichten haben, so können sie ihre Muße am Besten
hierauf verwenden, umso mehr, da für die Landleute nicht sowohl
glänzende Reden, als einfache, schmucklose Sprache angemessen
ist.
Was die bürgerlichen Verhältnisse der Juden hier im Waldeck'schen
betrifft, davon kann ich Ihnen noch nichts erhebliches mitteilen. Es
genießt der jüdische Handwerker und Ökonom fast dieselben Reste wie
sein christlicher Mitbruder; übrigens vermutet man jetzt allgemein, da
vor Kurzem ein Seelenregister über die Juden im ganzen Lande aufgenommen
worden ist, dass nunmehr die bürgerlichen Verhältnisse derselben bald
verbessert werden sollen." |
Zur Geschichte der Synagoge
Ein Betraum war seit Ende des 18. Jahrhunderts in einer
gemieteten Stube auf der Burg vorhanden.
In den 1840er-Jahren konnte die jüdische Gemeinde einen Betraum in einem
angemieteten Haus (des Philipp Emde) in der Hinteren Straße 5 einrichten. In
dem Haus befand sich der Betraum, die Lehrerwohnung und vermutlich auch ein
Schulraum. In dieser Zeit war der Minjan (10 zum Gottesdienst notwendige jüdische
Männer) vor allem durch die Teilnahme von Gottesdienstbesuchern aus Arolsen
gesichert, da damals in Arolsen kein Betraum in Benutzung war.
Um 1854 wurde die Synagoge in dem 1842 erbauten Haus Hintere Straße 20
eingerichtet. Das Gebäude war von vier Gemeindemitgliedern gekauft und an die
israelitische Gemeinde zu gottesdienstlichen Zwecken verpachtet worden. Es
handelt sich um ein zweigeschossiges Fachwerkhaus in der Ortsmitte unterhalb der
Dorfkirche. Der Betsaal lag im Erdgeschoss mit Eingang am süd-östlichen
Giebel; die Frauenempore im Obergeschoss war durch den Treppenaufgang in der
Mittelzone zu erreichen.
Wie lange nach 1933 noch Gottesdienste in dem Gebäude abgehalten wurden,
ist nicht bekannt. Im November 1937 kam das Gebäude durch Verkauf des
letzten lebenden der drei Eigentümer - Hermann Schwerin - in den Besitz einer
nichtjüdischen Familie, die es zur Wohnung und Schusterwerkstatt umbauen
ließ.
1985 wurde das Gebäude unter Denkmalschutz gestellt. Es wird bis zur
Gegenwart als Wohnhaus verwendet.
Adresse/Standort der Beträume/Synagogen: Betstube
um 1800 in der Burg in der Mengeringhäuser Landstraße; danach Synagoge in der
Hinteren Straße 5; von 1854 bis nach 1933 in der Hinteren Straße 20.
Fotos:
(Quelle: Altaras s.Lit. S. 1988 S. 68)
Das Gebäude der
ehemaligen
Synagoge |
|
|
|
Das Gebäude steht seit
1985 unter Denkmalschutz |
|
|
|
|
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Bad Arolsen
mit umliegenden Orten: Helsen, Külte, Landau, Massenhausen, Mengeringhausen,
Nieder-Waroldern, Rhoden, Vasbeck, Wrexen |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Bad Arolsen sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,1 Gräberverzeichnis des
jüdischen Friedhofs Arolsen (Helsen), aufgenommen von dem Lehrer Moritz
Goldwein aus Korbach im Sommer 1938 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v5319758
enthält 108 hebräische und deutsche Grabinschriften sowie eine Skizze
zur Lage des jüdischen Friedhofes. Darin auch eine hebräische Inschrift
auf einem Toramäntelchen in Mengeringhausen.
HHStAW 365,2 Personenstandsregister der Juden von
Arolsen 1834 - 1842 (1857-1858) Trauregister 1834 -
1840 Sterberegister 1834 - 1842 - enthält auch Helsen - sowie
Geburtsverzeichnis der Kinder von den Eheleuten Carl Alsberg und Johanna
geb. Baruch aus Arolsen 1857 - 1858 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1030569
HHStAW 365,435 Personenstandsregister der Juden von
Arolsen 1859 - 1866: enthält Geburts- und Sterberegister der Juden
von Helsen, 1859 - 1866, Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Mengeringhausen,
1861 - 1866, Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Rhoden, 1859
- 1866, Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Landau, 1859 -
1866, Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden von Arolsen, 1859
- 1866; Geburtsregister der Juden von Vasbeck, 1861, Geburtsregister der
Juden von Helmighausen https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4250801
HHStAW 365,15 Personenstandsregister der Juden von
Arolsen 1859 - 1875: enthält Geburtsregister 1859 - 1875,
Trauregister 1859 - 1875, Sterberegister 1859 - 1875 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289737
HHStAW 365, 16 Personenstandsregister der Juden von
Arolsen 1867 - 1875: enthält Geburts-, Trau- und Sterberegister,
darin auch Helsen, Külte, Landau, Massenhausen, Mengeringhausen,
Nieder-Waroldern, Rhoden, Wrexen
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2126643
|
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd.II S. 69-70. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 68. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 66. |
| dies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007 S.
184. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand
(Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S.
208-210. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 510. |
| Michael Winkelmann: "Auf einmal sind sie
weggemacht". Lebensbilder Arolser Juden in 20. Jahrhundert. Hrsg.
Gesamthochschule Kassel 1992. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Mengeringhausen
(now part of Arolsen) Hesse. Established around 1800, this small
Jewish community numbered 21 in 1847 and 1925. Most of the Jews left (some
emigrating) before 1938.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|