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Sachsenhausen (Stadt
Waldeck, Kreis Waldeck-Frankenberg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Sachsenhausen bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. Nach 1770 waren drei jüdische Familien am Ort. Präzise Zahlen
jüdischer Einwohner liegen zu Sachsenhausen nicht vor. Zwischen 1771 und der
NS-Zeit finden sich 24 verschiedene Namen von Familien in der Stadt. Die Familien
Bloch, Hirsch, Jacob und Liebmann lebten über mehrere Generationen in
Sachsenhausen.
1802 gab es vier jüdische Familien in Sachsenhausen, 1874 waren es 16 jüdische Familien.
Die jüdischen Familien lebten vom Handel mit Vieh, Fellen, Getreide, Töpfer-
und Bäckereiwaren. Es gab auch mehrere jüdische Handwerker (Metzger, Seiler,
Schlachter, Färber, Blechschmied, Kalkbrenner, Schuhmacher). In der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts wurden von jüdischen Gewerbetreibenden /
Kaufleuten mehrere Handlungen und Läden am Ort eröffnet.
Zur jüdischen Gemeinde gehörten auch die in Waldeck
lebenden jüdischen Personen (um 1905: 10 Personen), dazu auch die wenigen in Netze,
Nieder-Werbe und Meineringhausen lebenden
jüdischen Personen.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule),
ein rituelles Bad und ein Friedhof. Zur
Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl. Ausschreibung der Stelle
unten). Unter den Lehrern ist aus den 1830er-Jahren ein Lehrer Hellborn bekannt,
der sich wegen seiner vorbildlichen erzieherischen Tätigkeit Verdienste erworben
hatte.
Im Ersten Weltkrieg ist aus der Gemeinde gefallen: Julius Weiler (geb.
8.10.1885 in Sachsenhausen, vor 1914 in Korbach wohnhaft, gef. 17.7.1915).
Um 1924 gehörten zur Gemeinde noch 45 Personen (Angabe nach dem Handbuch
der jüdischen Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege 1924). Im
"Führer" von 1932 gibt es keine Angaben zu
Sachsenhausen.
Die jüdischen Familien waren im Leben der Stadt weitestgehend integriert.
Etliche jüdische Einwohner gehörten den örtlichen Vereinen an. Eine in die USA
ausgewanderte Familie stellte im Jahr 1906 der Stadt Sachsenhausen ein Haus als
Stiftung zur Verfügung mit dem Zweck, dort eine Kleinkinderschule einzurichten
("Bloch'sche Stiftung"). Die jüdischen Gewerbebetriebe schafften auch
für viele nichtjüdische Einwohnern der Stadt Arbeitsplätze. Sehr beliebt war
der praktische Arzt Max Liebmann, der bereits 1932 in die USA
emigrierte.
In den Jahren nach 1933 - damals gab es noch neun jüdische Familien in
Sachsenhausen - ist ein Teil der
jüdischen Gemeindeglieder auf Grund der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts,
der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert (aus Sachsenhausen drei in
die USA, fünf nach Argentinien, drei nach Palästina. Beim "reichsweiten
Boykott" am 1. April 1933 richteten sich gewaltsame Aktionen u.a. gegen die
Gaststätte Loeb in Netze, die von etwa 20 bis 30 Nationalsozialisten gestürmt
wurden. Der Wirt und die anwesenden Gäste wurden verprügelt und teilweise
schwer verlässt. Die zu Hilfe gerufene Polizei weigerte sich, am Tatort zu
erscheinen. Beim Novemberpogrom 1938 wurden jüdische Männer
verhaftet, mindestens einer wurde in das KZ Buchenwald verschleppt. Die letzten jüdischen Einwohner
wurden aus Sachsenhausen in die Vernichtungslager deportiert. Am Ort überlebte
der völlig mittellose und auf die Hilfe und den Schutz von Mitbürgern
angewiesene Moritz Mildenberg (gestorben Januar 1945).
Von den in Sachsenhausen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Ilse Bloch (1894), Kurt
Bloch (1904), Lina Bloch geb. Kleinstrass (1881), Lina Bloch (1901), Martha
(Marta) Bloch (1897), Siegmund Süssel Bloch (1861), Betti Blumenthal (1928),
Elfriede Blumenthal (1930), Meta Blumenthal geb. Weiler (1890), Emma Hirsch (), Werner
Jacob (1908).
Anmerkung: die Recherche ist in den angegebenen Listen sehr schwierig, da es noch andere
Orte "Sachsenhausen" mit jüdischen Einwohnern gegeben hat und in den
Listen nicht ausreichend differenziert wird.
Anmerkung: die Recherche ist in den angegebenen Listen sehr schwierig, da es noch andere
Orte "Sachsenhausen" mit jüdischen Einwohnern gegeben hat und in den
Listen nicht ausreichend differenziert wird.
Aus Netze sind umgekommen: Georg Loeb (1882) und Gustav Loeb
(1882).
Aus Waldeck sind umgekommen: Erna Lapidas geb. Loewenstein (1884),
Salomon Levi (1868).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeines
Beitrag "Die Juden in Waldeck" (erschien
1929)
Anmerkung: Beitrag zur Geschichte der Juden in Bad
Arolsen, Bad Wildungen, Korbach,
Landau, Mengeringhausen,
Rhoden, Sachsenhausen, Züschen
sowie Eimelrod und Höringhausen.
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 12. April 1929: "Die Juden in
Waldeck. (Zum Ende des ehemaligen Fürstentums).
Wir entnehmen dem 'Israelitischen Familienblatt' nachstehenden
interessanten Artikel: Am 1. April fand in Arolsen
die feierliche Vereinigung des Freistaates Waldeck mit Preußen statt. Das
kleine Ländchen wird ein Bestandteil der Provinz Hessen-Nassau. Waldeck
zählt unter seinen 58.000 Einwohnern etwa 550 Juden. Aus dem Kreise der
Waldecker Juden der weiteren Welt bekannt geworden ist der Dichter
Heinrich Stieglitz. Seine Werke sind heute vergessen. Seine Frau
Charlotte aber entriss seinen Namen der Vergessenheit. Um ihn der
Schwermut seines Gemüts, das unter seiner dichterischen Schwäche litt,
zu entreißen, und in der Hoffnung, dass ein starker Schmerz heilend und
kräftigend auf sein Gemüt einwirken werde, gab sie sich den Freitod.
Diese Tat, die das damalige 'Junge Deutschland' aufwählte, wurde von
Gutzkow, dem Verfasser des 'Uriel Akosta', behandelt in seinem Roman: 'Walpurg,
die Zweiflerin'.
Die Anzahl der waldeckischen Juden hat sich seit der Freizügigkeit stetig
verringert. Sie wanderten aus, da sie anderwärts bessere
Verdienstmöglichkeiten hatten und nicht so sehr die Zurücksetzung
merkten wie in diesem engen Bezirk, auch durch Bildungsmöglichkeiten
entschädigt wurden. Das religiöse Leben war in Waldeck bis auf einige
Ausnahmen nie sehr rege. In der Hauptstadt Arolsen
konnte es sogar geschehen, dass vor hundert Jahren fast die ganze Gemeinde
dem Taufwasser zum Opfer fiel. Die Nachkommen der damaligen Juden gehören
heute zu den ersten Familien des Landes. Etwas regeres Leben blüht heute
in den beiden Gemeinden Wildungen
und Korbach, wo je ein Lehrer amtiert. Arolsen,
Mengeringhausen, Rhoden
und Sachsenhausen sind kleine Gemeinden, die infolge ihrer geringen
Seelenzahl nur mit großer Mühe sabbatlichen Gottesdienst abhalten
können. Religionsunterricht wird in diesen Gemeinden nicht erteilt;
falsche Sparsamkeit lässt es nicht zu. Dieser Mangel an
Verantwortungsgefühl ist wohl auch die Ursache, dass der Korbacher
Jakob Wittgenstein bei seinem Tode 1890 sein gesamtes Vermögen von
600.000 Mark seiner Vaterstadt vermachte, aber der Synagogengemeinde nur
einige tausend Mark, und ihr nicht einmal den geringsten Einfluss auf die
Verwaltung des errichteten Altersheims gestattete. Auch von dieser Familie
sind einige Glieder in der Welt, wenn auch getauft, zu Ansehen gelangt.
Soll doch der erste Bundespräsident von Österreich, Hainisch, von
dieser Familie abstammen. Ferner ist ein Wittgenstein der Begründer der
österreichischen Erzindustrie. Ein anderer, namens Paul, war, trotzdem er
nur den linken Arm hatte, ein so hervorragender Pianist, dass sogar
Richard Strauß für ihn Partituren schrieb. In Sachsenhausen
hat ein nach Amerika ausgewanderter Jude Bloch ein Schwesternheim
errichtet, aber die jüdische Gemeinde übergangen. Welchen Segen hätten
diese beiden Gemeinden mit diesen Legaten für alle Religionen stiften
können!
Die beiden Gemeinden Eimelrod und Höringhausen,
die zu dem nunmehrigen preußischen Verwaltungsgebiet Waldeck kommen,
gehörten bisher zu Hessen-Nassau. In beiden, besonders in
letzterer, |
herrschte
stets ein reges religiöses Leben. Beide bedürfen dringend der Hilfe,
damit ihre Synagogen nicht ganz zerfallen. Eimelrod
hat deshalb vom Landesverband einen sehr reichen Zuschuss erhalten.
Weshalb Höringhausen nicht
bedacht wurde, fragt sich dort jeder. Vielleicht hat der Landesverband
doch noch ein Einsehen und hilft der Gemeinde.
Über die Geschichte der Juden in Waldeck ist wenig bekannt. Die meisten
Nachrichten schlummern noch zerstreut in den Archiven. In früheren Zeiten
durften nur in den Orten Züschen und Landau
Juden wohnen. Die Hauptstadt besteht erst seit zwei Jahrhunderten. Sie ist
die Geburtsstadt des erwähnten Dichters Stieglitz, sowie der berühmten
Ärzte Marcus und Stieglitz. Auch die Nachkommen des Marcus gehören heute
dem Christentums an. In Korbach muss es
schon früh Juden gegeben haben. Darauf weist der Name eines alten Adelsgeschlechts
namens 'Judenhertzog'. 1480 erklärte das 'Freigericht unter der
Windmühle' zu Korbach einen Juden zu
Frankfurt, den Juden dieser Stadt und der Umgebung in die Acht. Sie
sollten mit ihm 'weder essen noch trinken, weder mit ihm gehen noch
stehen, weder mit ihm sprechen noch singen, nicht mit ihm kaufen noch
verkaufen, wuchern oder suchen, keinerlei Verhandlungen mit ihm haben,
weder heimlich noch offenbar, auch nicht mit ihm in die Schule, in die
Synagoge oder Tempel, überhaupt nicht mit ihm in ein Haus gehen.' Ebenso
tat der Freigraf zu Landau alle Juden zu Gelnhausen
in die Acht, 'nach rechtem altem Herkommen der kaiserlichen freien
heiligen und heimlichen Gerichte', weil sie ungehorsam gewesen
wären.
Auch früher schon waren die Juden mit den Femgerichten in Berührung
gekommen. 1738 durften sie nur in Züschen,
und etwas später auch in Arolsen
wohnen. 1788 war aber der Widerstand gegen die Juden so stark geworden,
dass der Fürst den Landständen versprechen musste, einem Juden nicht
eher einen neuen Schutzbrief zu geben, bis die Judenschaft im Lande bis
auf 20 ausgestorben sei. Auch der Judeneid kommt in dieser Zeit in Waldeck
vor. Trotz aller Beschränkungen haben sich die Juden doch in anderen
Orten Wohnrecht erhalten. An den Freiheitskriegen nahmen sie teil. Nachdem
schon 1804 der Leibzoll aufgehoben war, folgte 1814 das sogenannte
Organisationsedikt. In diesem wurden ihnen alle Rechte der übrigen
Staatsbürger zugebilligt. Als sie aber in Korbach
das Bürgerrecht verlangten, erhob sich seitens der Stadt und der
Bürgerschaft ein heftiger Widerstand. Der Fürst Georg Heinrich, ein
vorurteilsloser, gerecht denkender Herr, setzte aber ihre Aufnahme zu
Bürgern durch. Dieser Fürst gab ihnen auch im Jahre 1834 das
Judengesetz, das den etwas merkwürdig anmutenden Titel führt: 'Gesetz
über die Gemeinheiten der Juden'. Es gilt auch heute noch, denn es war in
Waldeck Regierungsgrundsatz, die Juden unbehelligt zu lassen, wenn auch
sie von der Regierung nichts verlangten. Das Gesetz ist aber von Segen
gewesen. Der Austritt aus der Gemeinde ist nur mit einem gleichzeitigen
Austritt aus der Religion möglich. Sonst muss jeder Waldecker Jude einer
Synagogengemeinde angehören. Ein Versuch der jüdischen Gemeinde Korbach,
der Regierung die Lasten der Lehrerbesoldung aufzubürden, scheiterte, da
die Regierung damals sogar mit militärischer Exekution
drohte.
Es ist daher den beiden Gemeinden nicht zu verdenken, wenn sie auf den
Anschluss an Preußen allerlei Hoffnungen setzen und hoffen, dass die
Lasten, die sie bisher allein getragen, etwas erleichtert werden. Mögen
sie in ihren Hoffnungen nicht enttäuscht werden. Max Gottlieb."
|
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet
1858 / 1872
Anzeige
in der Zeitschrift "Jeschurun" vom März 1858:
"Die Gemeinde Sachsenhausen, im Fürstentum Waldeck bei
Arolsen, sucht zum 1. Mai dieses Jahres einen tüchtigen Lehrer, Vorsänger
und Schächter gegen einen fixen Gehalt von 130 bis 149 Thaler und
übliche Nebenakzidenzien. Reflektierende, die sich über ihre
Fähigkeiten und insbesondere über ihren echt-religiösen Charakter
ausweisen können, wollen sich baldigst in frankierten Briefen wenden an Levi
Bloch, Vorsteher I." |
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Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. Januar 1872: "Die Gemeinde Sachsenhausen
im Fürstentum Waldeck sucht auf den 8. Mai dieses Jahres einen
israelitischen Lehrer. Er muss die Qualifikation eines Religions-Lehrers,
Vorbeters und Schächters haben. Gehalt 150 Thaler, zahlbar in
vierteljährlichen Raten, nebst Neben-Akzidenzien von nicht unerheblichem
Betrage. Reflektanten haben sich mit ihren Zeugnissen an den
Unterzeichneten zu wenden.
Der Vorsteher: Levi Bloch." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Bernhard Löwenstern (Bericher Mühle) sucht einen Elementarlehrer für seine Kinder
(1870)
Anmerkung: Es handelt sich um den Handelsmann Bernhard Löwenstern I (geb.
13. März 1827 in Meineringhausen, gest. 15. Mai 1910 in Korbach) aus
Korbach.
Er war in den 1870er-Jahren Betreiber der Bericher Mühle. Bei den Kindern
(insgesamt hatten Bernhard Löwenstern und seine Frau Johanna geb. Löwenstern
13 Kinder) wird es sich um die Söhne Hermann und Louis Löwenstern gehandelt
haben (Quelle: Gedenkportal Korbach, http://www.gedenkportal-korbach.de/71-80.html#nr71
sowie Hinweis von einem Ururenkel von Bernhard Löwenstern - Stefan Kaltenbach -
vom 12.6.2013). Die
Bericher Mühle besteht heute nicht mehr; sie ist seit 1914 im Edersee
(Edertalsperre) im Bereich des jetzigen Mündungsbereiches der Werbe
versunken.
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 4. Oktober 1870:
"Ich suche zum baldigen Eintritt, für den Elementarunterricht meiner
Kinder, namentlich für 2 Knaben von 10-12 Jahren, einen Hauslehrer,
jüdischer Konfession, der womöglich auch Sprach- und Musikunterricht
erteilt. Salair bei freier Station bis zu 150 Thalern. Offerten nebst
Zeugnisse bitte mir baldigst einzusenden.
Bericher Mühle bei Bad Wildungen, im September 1870. B. Löwenstern." |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst waren Beträume in jüdischen Privathäusern
vorhanden (erwähnt in den Jahren 1781, 1786, 1796, 1801, 1812 und 1831).
Um 1860 bestand der Wunsch zum Bau einer neuen Synagoge. Ein
geeignetes Grundstück konnte gefunden werden. Für den Bau zeichnete
Kreisbaumeister Brumhard aus Bad Wildungen die Pläne. Die Finanzierung wurde
mit Hilfe von Spenden aus der Gemeinde, über Kollekten in anderen Gemeinden
sowie über die Aufnahme von Krediten geregelt werden. Als Baumaterial der im
Jahr 1863 erstellten Synagoge wurde u.a. Abbruchmaterial der Stadtmauer
verwendet. Die Fertigstellung der Synagoge wurde mit einem dreitägigen Fest
gefeiert, darunter auch Musik und Tanz auf Schaumburgs Saal. Als
Einweihungsdatum gilt der 1. November 1863 (vgl. Hinweis in den Quellen
unten).
Bei der Synagoge handelte es sich um ein für den Ort ausgesprochen
repräsentatives Gebäude, ein stattlicher, zweigeschossiger Massivbau in
Bruchsteinmauerwerk mit vorwiegend romanischen Stilelementen. Die verwendeten
Stilelemente fasst Thea Altaras nach dem vorhandenen Foto (s.u.) wie folgt
zusammen: "Traufseitig im Erdgeschoss große, breite Rundbogenfenster der
Synagoge, schmale, kleine Rundbogenfenster der Empore im Obergeschoss, die in
einem rhythmischen Fries aus Rundbögen und Halbsäulen, einer Blendgalerie,
angeordnet sind. Eine rhythmische Fenster-Säulenreihe zwischen dem Dachgesims
und dem umlaufenden, hochliegenden Gurtgesims, Ecklisenen aus Quadern, mit
kleinen Türmchen als Abschluss. In Mittelachse des Schaugiebels großes Portal
mit dreifacher Gewändeprofilierung aus Dreiviertelstäben, dessen Bogenfläche
über dem Gurtgesims verglast ist und von einer Blendarkade umgeben, gleich einer
großen Halbrosette der Mittelpunkt des Giebels wird. Die hochrechteckige
Sprossenteilung der Glasfläche hat ihre Fortsetzung im breiten Rundbogenfries
über der trapezbogigen, zweiflügeligen Eingangstüre".
1938 wurde die Synagoge - noch vor dem Novemberpogrom - von der
jüdischen Gemeinde aufgegeben und verkauft. Der neue Besitzer verwendete sie
als Baustofflager. Er bekam die Auflage, das Gebäude so umzubauen, dass es
nicht mehr als Synagoge erkennbar war. Später bekam er die Auflage, das
Gebäude abzureißen. Doch wurden beide Pläne nicht ausgeführt. 1944 wurde das
Gebäude als Vorratslager für die Lebensmittelversorgung des Militärs
verwendet.
Nach 1945 mussten Sachsenhäuser Bürger die eingeworfenen Fensterscheiben
reparieren. 1949 kaufte die neue katholische Gemeinde am Ort das bereits seit
1947 von ihr genutzte Gebäude und
verwendete es bis 1960 als Kirche. Als die neue katholische Kirche 1959/60
erbaut und eingeweiht wurde, stand die ehemalige Synagoge zunächst leer. Was die
Nationalsozialisten in der Kriegszeit nicht erreichten, schaffte die
Straßenbauverwaltung 1962: das Gebäude wurde
abgerissen, um
an seiner Stelle eine Straßenkreuzung anzulegen.
1991 wurde an einer Bruchsteinmauer am Synagogengrundstück eine Gedenktafel
angebracht.
Adresse/Standort der Synagoge: Korbacher
Straße
Fotos
(Quelle für Plan und Foto der Kirche: Günter Lorenz, Twistetal
Ober-Waroldern, Webmaster von www.ober-waroldern.de);
historische Fotos auf der Website von www.synagoge-voehl.de,
dort Beitrag aus der Festschrift von 1995 unten; historisches Foto links auch
bei Altaras s.Lit. 1988 und 2007; neuere Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 8.4.2010)
Das Synagogengebäude - als
Kirche
genutzt (Kreuz statt Gebotstafeln
auf dem Giebel)
in den 1950er-Jahren |
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Die ehemalige Synagoge wurde
noch in den 1950er-Jahren zur Anlage
einer Straßenkreuzung abgebrochen |
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Katholische Kirche St. Bonifatius |
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Durch den Bau der neuen
katholischen Kirche wurde das Synagogengebäude nicht mehr gebraucht;
es
wurde zur Anlage der Straßenkreuzung abgebrochen |
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In der Kirche befindet sich
der Türsturz aus der ehemaligen Synagoge mit Inschrift: "Haus
Jakob, lasst uns wandeln im Lichte von ihm" (Jesaja 2,5) |
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Tafel mit Erläuterungen in der Kirche |
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Synagogenstandort
mit Denkmal |
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Blick auf das Synagogengrundstück |
Bruchsteinmauer mit Gedenktafel |
Die Gedenktafel (Inschrift s.u.) |
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Ansicht von der
Wildunger Straße |
Ansicht
Freienhagener Straße |
Plan der jetzigen Straßenführung mit
Eintragung des Synagogengebäudes |
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Inschrift: "Den jüdischen Opfern der faschistischen Gewaltherrschaft
zum Gedenken, die ihre Synagoge aufgeben mussten, aus ihrer Heimat
vertrieben, verschleppt und ermordet wurden. An dieser Stelle befand
sich die im Jahre 1863 von Kreisbaumeister Brumhard erbaute Synagoge der
jüdischen Gemeinde. In Sachsenhausen gab es von 1771 bis 1945 jüdische
Einwohner. Bis zu 13 Familien wohnten ständig am Ort. Seit 1870 wanderten
viele nach Amerika aus. 1938 wurde die Synagoge verkauft. Von 1947 bis
1960 diente das Gebäude der hiesigen sich in den Jahren nach dem zweiten
Weltkrieg hier neu gründenden katholischen Gemeinde als Gotteshaus, wurde
1960 von der Straßenbauverwaltung gekauft und später im Zuge der
Straßenerweiterung abgerissen. Über der Tür zu Sakristei der neuen
katholischen Kirche ist der Türsturz der ehemaligen Synagoge eingesetzt.
Er trägt die hebräische Inschrift: 'Haus Jakob, kommt, lasst uns wandeln
im Lichte von Ihm' (Jes. 2,5). |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde
Sachsenhausen |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Sachsenhausen sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,758 Geburts-, Trau- und Sterberegister der Juden
von Sachsenhausen 1787 - 1858: enthält jüdisches
Geburtsregister 1787 - 1858, jüdisches Trauregister 1841 -
1858, jüdisches Sterberegister 1838 - 1856; enthält auch Angaben
zu Personen aus Meineringhausen, Netze, Nieder-Werbe, Nieder-Wildungen und
Waldeck; enthält auch einen Hinweis auf den Bau einer massiven Synagoge
vor dem unteren Tor an der Chaussee in Sachsenhausen durch die jüdische
Gemeinde und die Einweihung derselben am 1. November
1863 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v2379138
HHStAW 365,759 Geburtsregister der Juden von
Sachsenhausen 1859 - 1875 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v5319778
HHStAW 365,761 Sterberegister der Juden von Sachsenhausen
1859 - 1875, 1891; enthält auch Angaben zu Personen aus Nieder-Werbe
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3732269
HHStAW 365,760 Trauregister der Juden von
Sachsenhausen 1863 - 1875 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3031404
|
Literatur:
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 242-243. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. 69. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. 66-68. |
| dies.: Neubearbeitung der beiden Bände. 2007 S.
100.185-186. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirk Gießen und Kassel. 1995 S.
222. |
| 175 Jahre jüdische Mitbürger. In: Sachsenhausen -
750 Jahre Stadtrechte. Beiträge zu Geschichte und Gegenwart. Hrsg. vom
Magistrat der Stadt Waldeck - Festausschuss 750 Jahre Sachsenhausen. Korbach
1995. S. 91-97. Online
einsehbar in der Website des Förderkreises "Synagoge Voehl" e.V.
|
(Hinweis: durch Verwechslung im Pinkas Hakehillot und
in der Encyclopedia of Jewish Life mit dem niedersächsischen
Sachsenhagen gibt es dort keine Beiträge zu Sachsenhausen)
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|