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Bad Wildungen (Kreis
Waldeck-Frankenberg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem früher zur Grafschaft, dann zum Fürstentum und schließlich zum
ehemaligen Freistaat Waldeck gehörenden Bad Wildungen bestand eine jüdische
Gemeinde bis 1938/39. Ihre Entstehung geht in das 19. Jahrhundert zurück, doch
lebten bereits in den Jahrhunderten davor immer wieder jüdische Personen am
Ort.
Bereits im 15. Jahrhundert lebten einzelne Juden in der Stadt: 1424/25
sowie 1427/28 werden Juden genannt.
Danach gibt es erst im 18. Jahrhundert wiederum Nachweise für Juden in
der Stadt. Zunächst lebten nicht mehr als zwei bis drei jüdische Familien in der
Stadt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1802 drei jüdische Familien am Ort, 1826 29 jüdische Einwohner,
1847 24 (1,2 % von insgesamt 1.980 Einwohnern), 1871 66 (3,0 % von 2.180), 1880
77 (3,3 % von 2.340), 1895 60 (1,8 % von 3.237), 1905 111, 1910 119 (3,0 % von
3.960). Eine jüdische Gemeinde konnte 1877 begründet werden.
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Max Rosenbusch (geb.
12.9.1889 in Bad Wildungen, gef. 10.3.1916). Außerdem sind gefallen: Gefreiter
Emanuel Höxter (geb. 9.11.1887 in Bad Wildungen, vor 1914 in Kassel wohnhaft,
gest. in Gefangenschaft am 21.8.1917) und Unteroffizier Martin Samuelson (geb.
24.12.1889 in Bad Wildungen, vor 1914 in Lehrte wohnhaft, gef. 19.10.1914).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Religionsschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.
Für die teilweise aus fernen Ländern nach Bad Wildungen kommenden jüdischen
Kurgäste gab es zwei streng koscher geführte Hotels: das "Hotel
Germania" von Gerson Krittenstein (gestorben 1928, siehe Todesanzeige
unten) in der Hufelandstraße 12 und das "Palasthotel" von
Berthold Baruch in der Brunnenallee 29. Das Hotel Baruch war von Joseph
Baruch (1837-1905) eröffnet worden. Dessen Vater Feibel Baruch war aus Mansbach
zugezogen. Hoch angesehen (vgl. Anzeige unten von 1903) war der Geheime Sanitätsrat
und Kreisphysikus Dr. Marc; nach ihm wurde eine Straße in Bad Wildungen benannt
(1938 durch die Nationalsozialisten in Goecke-Straße umbenannt; heute besteht
zur Erinnerung an den Arzt ein Dr. Marc-Turm).
Um 1924, als zur Gemeinde 152 Personen gehörten (2,8 % von
insgesamt 5,396 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Adolf Hammerschlag,
Sally Hirsch und Leopold Marx. Als Lehrer und Vorbeter war Jonas Hecht tätig.
Er erteilte damals 12 Kindern der Gemeinde Religionsunterricht. An jüdischen Vereinen
bestanden der Wohltätigkeitsverein ("Humanitätsverein") Chewra
Gemilus Chesed (gegründet 1902; 1924 unter Leitung von Isaak Hirsch mit 28
Mitgliedern; 1932 unter Leitung von Jonas Hecht mit 32 Mitglieder; Zweck und
Arbeitsgebiet: Unterstützung Hilfsbedürftiger und Kranker), der Israelitische
Frauenverein (Chebro Hanaschim, Frauenverein für wohltätige Zwecke,
gegründet 1879; 1924 unter Leitung von Mathilde Katz mit 20 Mitgliedern, 1932
unter Leitung von Frau I. Katz mit 30 Mitgliedern; Zweck und Arbeitsgebiet:
Unterstützung Hilfsbedürftiger und Kranker) und der Jüdische Jugendbund
(1924 unter Leitung von Jonas Hecht mit 20 Mitgliedern). 1932 waren die
Gemeindevorsteher Sally Hirsch (1. Vors.), Leopold Marx (2. Vors.) und Max
Oppenheimer (3. Vors.). Lehrer Jonas Hecht unterrichtete im Schuljahr 1931/32 14
Kinder in Religion.
1933 lebten 150 jüdische Personen in etwa 35 Familien in Bad Wildungen.
In den folgenden Jahren ist ein Teil der jüdischen Gemeindeglieder auf Grund
der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Entrechtung und der
Repressalien weggezogen beziehungsweise ausgewandert. Ein erster Anschlag wurde
am 3. Februar 1933 auf das Haus des Kaufmanns Katz am Eselspfad verübt. Im März
1933 wurden alle männlichen Wildunger Juden über 16 Jahre zu einem Marsch
durch die Stadt gezwungen, bespuckt und zum Teil als "Mörder"
beschimpft. Der Marsch begann im Kurviertel und führte entlang der Brunnenallee
zur Altstadt. In den folgenden Jahren hielten sich die Nationalsozialisten am
Ort mit Rücksicht auf die ausländischen Kurgäste mit antijüdischen Aktionen
etwas zurück. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge zerstört
(s.u.). Jüdische Geschäfte und Wohnungen wurden überfallen, geplündert und
zerstört, jüdische Personen teilweise schwer misshandelt. Die meisten jüdischen
Männer wurden wenig später in das KZ Buchenwald verschleppt. Ende November 1938 wurden die letzten 40 jüdischen Einwohner in Sammelunterkünfte
nach Kassel zwangseingewiesen und von dort 1941/42 in drei Transporten in
Vernichtungslager verschleppt.
Von den in Bad Wildungen geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rosalie Bachmann geb.
Baruch (1880), Berta Bär (1867) Hedwig Bär (1865), Liselotte Sophia Bär
(1929), Berthold Baruch (1877), Ferdinand Baruch (1871), Friedel (Feidel)
Baruch (1886), Klara Baruch geb. Flörsheim (1894), Ruth Baruch (1930), Helene
Berger geb. Bachrach (1870), Salomon Buchheim (1884), Arthur Flörsheim (1890),
Gisela Flörsheim (1888), Manfred Flörsheim (1903), Herta A, Frank geb. Hirsch
(1930), Rosel Grüneberg geb. Oppenheimer (1892), Siegmund Gutheim (1878),
Anschel Hammerschlag (1856), Edgar Hammerschlag (1922), Hermann Hammerschlag
(1894), Inge Hammerschlag (1931), Irene Hammerschlag geb. Vöhl (1903), Max
Hammerschlag (1889, Julia Hirtz (1900), Rika Höxter (1884), Sabine Isaak geb.
Flörsheim (1897), Rieka Jungheim (1891), Betti Katz geb. Plaut (1872), Ilse
Katz (1920), Iwan Katz (1933), Jakob Katz (1897), Johanna Katz geb. Leopold
(1886), Salomo(n) Katz (1871), Selma Katz geb. Mansbach (1905), Sofie Katz geb.
Krittenstein (1906), Lina Krittenstein geb. Marx (1878), Helene Külsheimer
(1874), Berta Leiser geb. Lion (1888), Leopold Leiser (1876), Ruth Leiser
(1923), Salomo(n) Levi (1868), Sara Levi geb. Katz (1871), Ella Löwenstern
(19805), Max Löwenstern (1867), Röschen Löwenstern geb. Samuel (1879),
Guste(l) Mannheimer (1898), Herbert Mannheimer (1927), Isaak Mannheimer (1885),
Lane (Laura) Mannheimer (1938), Marga (Margarethe) Mannheimer (1921), Eva Marx
(1879), Leopold Marx (1877), Max Marx (1906), Sidonie Meyer geb. Hirsch (1907),
Friedel Rotschild geb. Katz (1902), Isaak Samuel (1876), Edith Tobias (1921),
Erna Tromp geb. Goldschmidt (1913), Jenny Wallach (1857), Babette Wasservogel
geb. Fürstenheim (1867), Guido Willinger (1908), Käte Wolf geb. Hammerschlag
(1883).
Nach 1945 bestand für zwei bis drei Jahre eine kleine jüdische Gemeinde, überwiegend
aus Displaced Persons, die jedoch nach 1947/48 wieder die Stadt verließen.
Seit November 2006 wurden in bislang fünf Verlegungsaktionen
insgesamt 80 "Stolpersteine" zur Erinnerung an die Opfer der
NS-Zeit aus Bad Wildungen verlegt. Zwei weitere "Stolpersteine" sollen
nach Stand der Forschungen noch verlegt werden (vgl. unten Presseartikel vom
Januar 2018).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Allgemeines
Beitrag "Die Juden in Waldeck" (erschien
1929)
Anmerkung: Beitrag zur Geschichte der Juden in Bad
Arolsen, Bad Wildungen, Korbach,
Landau, Mengeringhausen,
Rhoden, Sachsenhausen,
Züschen sowie Eimelrod
und Höringhausen.
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 12. April 1929: "Die Juden in
Waldeck. (Zum Ende des ehemaligen Fürstentums).
Wir entnehmen dem 'Israelitischen Familienblatt' nachstehenden
interessanten Artikel: Am 1. April fand in Arolsen
die feierliche Vereinigung des Freistaates Waldeck mit Preußen statt. Das
kleine Ländchen wird ein Bestandteil der Provinz Hessen-Nassau. Waldeck
zählt unter seinen 58.000 Einwohnern etwa 550 Juden. Aus dem Kreise der
Waldecker Juden der weiteren Welt bekannt geworden ist der Dichter
Heinrich Stieglitz. Seine Werke sind heute vergessen. Seine Frau
Charlotte aber entriss seinen Namen der Vergessenheit. Um ihn der
Schwermut seines Gemüts, das unter seiner dichterischen Schwäche litt,
zu entreißen, und in der Hoffnung, dass ein starker Schmerz heilend und
kräftigend auf sein Gemüt einwirken werde, gab sie sich den Freitod.
Diese Tat, die das damalige 'Junge Deutschland' aufwählte, wurde von
Gutzkow, dem Verfasser des 'Uriel Akosta', behandelt in seinem Roman: 'Walpurg,
die Zweiflerin'.
Die Anzahl der waldeckischen Juden hat sich seit der Freizügigkeit stetig
verringert. Sie wanderten aus, da sie anderwärts bessere
Verdienstmöglichkeiten hatten und nicht so sehr die Zurücksetzung
merkten wie in diesem engen Bezirk, auch durch Bildungsmöglichkeiten
entschädigt wurden. Das religiöse Leben war in Waldeck bis auf einige
Ausnahmen nie sehr rege. In der Hauptstadt Arolsen
konnte es sogar geschehen, dass vor hundert Jahren fast die ganze Gemeinde
dem Taufwasser zum Opfer fiel. Die Nachkommen der damaligen Juden gehören
heute zu den ersten Familien des Landes. Etwas regeres Leben blüht heute
in den beiden Gemeinden Wildungen
und Korbach, wo je ein Lehrer amtiert. Arolsen,
Mengeringhausen, Rhoden
und Sachsenhausen sind kleine
Gemeinden, die infolge ihrer geringen Seelenzahl nur mit großer Mühe
sabbatlichen Gottesdienst abhalten können. Religionsunterricht wird in
diesen Gemeinden nicht erteilt; falsche Sparsamkeit lässt es nicht zu.
Dieser Mangel an Verantwortungsgefühl ist wohl auch die Ursache, dass der
Korbacher Jakob Wittgenstein bei
seinem Tode 1890 sein gesamtes Vermögen von 600.000 Mark seiner
Vaterstadt vermachte, aber der Synagogengemeinde nur einige tausend Mark,
und ihr nicht einmal den geringsten Einfluss auf die Verwaltung des
errichteten Altersheims gestattete. Auch von dieser Familie sind einige
Glieder in der Welt, wenn auch getauft, zu Ansehen gelangt. Soll doch der
erste Bundespräsident von Österreich, Hainisch, von dieser
Familie abstammen. Ferner ist ein Wittgenstein der Begründer der
österreichischen Erzindustrie. Ein anderer, namens Paul, war, trotzdem er
nur den linken Arm hatte, ein so hervorragender Pianist, dass sogar
Richard Strauß für ihn Partituren schrieb. In Sachsenhausen
hat ein nach Amerika ausgewanderter Jude Bloch ein Schwesternheim
errichtet, aber die jüdische Gemeinde übergangen. Welchen Segen hätten
diese beiden Gemeinden mit diesen Legaten für alle Religionen stiften
können!
Die beiden Gemeinden Eimelrod und Höringhausen,
die zu dem nunmehrigen preußischen Verwaltungsgebiet Waldeck kommen,
gehörten bisher zu Hessen-Nassau. In beiden, besonders in
letzterer, |
herrschte
stets ein reges religiöses Leben. Beide bedürfen dringend der Hilfe,
damit ihre Synagogen nicht ganz zerfallen. Eimelrod
hat deshalb vom Landesverband einen sehr reichen Zuschuss erhalten.
Weshalb Höringhausen nicht
bedacht wurde, fragt sich dort jeder. Vielleicht hat der Landesverband
doch noch ein Einsehen und hilft der Gemeinde.
Über die Geschichte der Juden in Waldeck ist wenig bekannt. Die meisten
Nachrichten schlummern noch zerstreut in den Archiven. In früheren Zeiten
durften nur in den Orten Züschen und Landau
Juden wohnen. Die Hauptstadt besteht erst seit zwei Jahrhunderten. Sie ist
die Geburtsstadt des erwähnten Dichters Stieglitz, sowie der berühmten
Ärzte Marcus und Stieglitz. Auch die Nachkommen des Marcus gehören heute
dem Christentums an. In Korbach muss es
schon früh Juden gegeben haben. Darauf weist der Name eines alten Adelsgeschlechts
namens 'Judenhertzog'. 1480 erklärte das 'Freigericht unter der
Windmühle' zu Korbach einen Juden zu
Frankfurt, den Juden dieser Stadt und der Umgebung in die Acht. Sie
sollten mit ihm 'weder essen noch trinken, weder mit ihm gehen noch
stehen, weder mit ihm sprechen noch singen, nicht mit ihm kaufen noch
verkaufen, wuchern oder suchen, keinerlei Verhandlungen mit ihm haben,
weder heimlich noch offenbar, auch nicht mit ihm in die Schule, in die
Synagoge oder Tempel, überhaupt nicht mit ihm in ein Haus gehen.' Ebenso
tat der Freigraf zu Landau alle Juden zu Gelnhausen
in die Acht, 'nach rechtem altem Herkommen der kaiserlichen freien
heiligen und heimlichen Gerichte', weil sie ungehorsam gewesen
wären.
Auch früher schon waren die Juden mit den Femgerichten in Berührung
gekommen. 1738 durften sie nur in Züschen,
und etwas später auch in Arolsen
wohnen. 1788 war aber der Widerstand gegen die Juden so stark geworden,
dass der Fürst den Landständen versprechen musste, einem Juden nicht
eher einen neuen Schutzbrief zu geben, bis die Judenschaft im Lande bis
auf 20 ausgestorben sei. Auch der Judeneid kommt in dieser Zeit in Waldeck
vor. Trotz aller Beschränkungen haben sich die Juden doch in anderen
Orten Wohnrecht erhalten. An den Freiheitskriegen nahmen sie teil. Nachdem
schon 1804 der Leibzoll aufgehoben war, folgte 1814 das sogenannte
Organisationsedikt. In diesem wurden ihnen alle Rechte der übrigen
Staatsbürger zugebilligt. Als sie aber in Korbach
das Bürgerrecht verlangten, erhob sich seitens der Stadt und der
Bürgerschaft ein heftiger Widerstand. Der Fürst Georg Heinrich, ein
vorurteilsloser, gerecht denkender Herr, setzte aber ihre Aufnahme zu
Bürgern durch. Dieser Fürst gab ihnen auch im Jahre 1834 das
Judengesetz, das den etwas merkwürdig anmutenden Titel führt: 'Gesetz
über die Gemeinheiten der Juden'. Es gilt auch heute noch, denn es war in
Waldeck Regierungsgrundsatz, die Juden unbehelligt zu lassen, wenn auch
sie von der Regierung nichts verlangten. Das Gesetz ist aber von Segen
gewesen. Der Austritt aus der Gemeinde ist nur mit einem gleichzeitigen
Austritt aus der Religion möglich. Sonst muss jeder Waldecker Jude einer
Synagogengemeinde angehören. Ein Versuch der jüdischen Gemeinde Korbach,
der Regierung die Lasten der Lehrerbesoldung aufzubürden, scheiterte, da
die Regierung damals sogar mit militärischer Exekution
drohte.
Es ist daher den beiden Gemeinden nicht zu verdenken, wenn sie auf den
Anschluss an Preußen allerlei Hoffnungen setzen und hoffen, dass die
Lasten, die sie bisher allein getragen, etwas erleichtert werden. Mögen
sie in ihren Hoffnungen nicht enttäuscht werden. Max Gottlieb."
|
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1884 /
1885
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1884: "Die
hiesige Lehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle ist vakant und den 1.
Oktober dieses Jahres zu besetzen. Das Einkommen beträgt Mark 600 fix, außerdem
Nebenverdienst der Schechitah usw. 4-500 Mark. Hauptsächlich ein guter
Vorbeter wird gewünscht. Geeignete Bewerber wollen sich an den
unterzeichneten Vorstand wenden. Nur unverheiratete geborene Deutsche
werden berücksichtigt.
B. Baruch in Bad Wildungen." |
|
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juni 1885: "Die
hiesige Lehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle ist vakant und mit dem 1.
Oktober dieses Jahres zu besetzen.
Das Einkommen beträgt Mark 600 fix, außerdem Nebenverdienst der
Schechitah usw. 4-500 Mark. Geeignete Bewerber wollen sich an den
unterzeichneten Vorstanden wenden. B. Baruch, Bad Wildungen." |
Schwierigkeiten bei der Besetzung der Stelle des Lehrers und Schochet (1885)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Juni 1885: "Wildungen.
Durch großen Zuzug aus aller Herren Länder ist Bad Wildungen zu einer
zahlreichen jüdischen Gemeinde geworden. Bis vor ungefähr 5-6 Jahren
wurde der israelitischen Schuljugend von einem geprüften Lehrer des
Nachbarlandes wöchentlich 2mal Religionsunterricht erteilt; der
Gottesdienst von einem dazu fähigen Mitgliede der Gemeinde geleitet und
die Schechita von einem pflichtgetreuen, von orthodoxen Rabbinen
geprüften Schochet versehen.
Der neue Vorstand hatte die an sich gute Idee, einen Lehrer, der
zugleich Schochet ist, zu engagieren, hat sich aber nicht dazu
verstanden, sich einem der benachbarten Rabbinate anzuschließen, obgleich
zwei Inhaber von Rabbinatssitzen sich bereit erklärten, die Aufsicht über
die Gemeindeinstitutionen unentgeltlich zu übernehmen. Es haben sich in
Folge dieses ganz eigentliche Verhältnisse gestaltet. Die Stelle, welche
stets mit 600 Mark fixen Gehalt und 4-500 Mark Nebenverdienste aus der
Schechitah ausgeschrieben wird, war schon mehrmals von Lehrern besetzt,
die aber, weil sie sich nicht ernähren konnten, dieselbe bald wieder
verlassen haben.
Die meisten und besten Metzgermeister behalten nämlich den seit 20 Jahren
pflichtgetreuen und vertrauenswürdigen alten Schochet und nur einige
wenige Metzger lassen bei dem quest. Lehrer schächten. Diese Verhältnisse
sind umso trauriger als Wildungen Badeort ist und die Badegäste hiervon
keine Kenntnis haben.
Gegenwärtig ist die Stelle wieder zur Besetzung ausgeschrieben.
Möchte doch der Vorstand im Interesse der Gemeinde diesem traurigen
Zustande ein Ende machen, und veranlassen, dass die Gemeinde sich einem
Rabbinate anschließe, sodass alle Gemeindeinstitute, also auch die Schechita
unter strenger Aufsicht gestellt werden, und bis dies geschehen, das frühere
Verhältnis eintreten lassen." |
Zum Tod von Lehrer und Prediger Salomon
Kronenberg (1905)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 26. Mai 1905: "In Wildungen ist der frühere Lehrer
und Prediger Salomon Kronenberg im 71. Lebensjahre nach langem
Leiden gestorben." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Spende der jüdischen Kurgäste (1911)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. September
1911: "Wildungen. Veranlasst durch einen jüngst vorgekommenen
Fall, haben die anwesenden jüdischen Kurgäste 1.000 Mark gestiftet,
damit beim Tode armer Kurgäste sämtliche jüdischen Vorschriften
beobachtet werden." |
Über die Geschichte der "Judenquelle" in Bad Wildungen (Bericht von
1921)
Hinweis: die
Geschichte der "Judenquell" dürfte nicht weiter als in das 19. Jahrhundert
zurückgehen, da erst dann in Nieder-Wildungen die Kurgastzahlen enorm anstiegen
(Hinweis von J. Grötecke, Bad Wildungen).
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. August 1921: "Die Steine
der Unweisen. Bad Wildungen, August 1921.
Im ehemaligen Fürstentum Waldeck quillen aus mehreren reizvollen
Talschluchten des Kellerwaldes eine Anzahl Brunnen, die der leidenden
Menschheit von unschätzbarem Werte sind. Es sind die Quellen von Bad
Wildungen. Ihr Wasser wird zu Trink- und Badekuren verwendet und darum in
den Kurpark und in die Badeanstalten des Ortes geleitet. Den Kurgästen,
die nicht nur aus allen Teilen Deutschlands, sondern auch aus den übrigen
europäischen Staaten und aus Amerika von den Ärzten hierher geschickt
werden, um Heilung von Blasen- und Nierenleiden zu finden, sind am besten
die Helenen-, die Georg Viktor- und die Königsquelle bekannt. Dagegen
kennt kaum einer den Judenbrunnen, dessen Wasser den Bäderbassins
zugeleitet wird, obwohl er im Kurpark dicht neben dem Musiktempel
entspringt und mit einer künstlerisch-schönen Bronzefigur geschmückt
ist. Hören wir denn die Sage, die von der Entstehung seines Namens
'Judenbrunnen' erzählt wird.
Vor Hunderten von Jahren zog ein armer jüdischer Hausierer durch
das Tal der Eder und kam auch in die Nähe der Stadt Nieder-Wildungen. Da
wollte er einen Bach überschreiten. Als er eine Stelle suchte, wo dies
bequem möglich war, sah er von ungefähr, wie an einer Stelle das Wasser
sprudelte. Er schöpfte mit einem Becher davon, und sieh, es war von
besonderem Wohlgeschmack. Wie Perlen, so stieg es vom Grunde des Gefäßes zur
Oberfläche hin, und ein seltenes Wohlgefühl durchzog bald den ganzen Körper
des von mancherlei Leiden gequälten Mannes. Da dankte er aus vollem Herzen
dem Allmächtigen, 'für alles, was er erschaffen, um damit das Leben zu
erhalten', und wo er in der Nähe Bekannte und Freunde hatte, erzählt er
ihnen von dem wundertätigen 'Saur-Born'
bei Wildungen. Nach und nach verbreitete sich so die Kunde unter den Juden
der Gegend, und bald erkannten sie die heilkräftige Wirkung des Wassers
bei Gries- und Steinleiden. Viele Kranke pilgerten regelmäßig zu der
Quelle im Bache und fanden durch den Genuss des Wassers Linderung und
Heilung.
Nicht für die Dauer konnte der übrigen Bevölkerung der Besuch
dieser Quelle durch die Juden verborgen bleiben. Man glaubte ihnen nicht
den Grund, den sie dafür angaben, und als einer durch den übermäßigen
Genuss des Wassers erkrankte, da hieß es bald, die Juden hätten es
vergiftet. Viele reiche Juden wurden daraufhin ergriffen und eingekerkert.
Nur die Armen, die zur Quelle gekommen waren, ließ man laufen.
Die Angehörigen der Unglücklichen gingen zum Rabbi und fragten um
Rat. Der fromme Weise antwortete ihnen: 'Wohl tun rettet vom Tode'.
Da nahmen sie von ihren Reichtümern, und überall, wo Not und
Elend war, spendeten sie mit vollen Händen.
Der Graf von Waldeck, vor den die Angelegenheit gekommen war, ließ das
Wasser untersuchen, und seine Heilkraft wurde bestätigt. Da wurden die
Eingekerkerten freigelassen. Die Quelle erhielt eine schöne Fassung und
wurde von da ab 'Judenbrunnen' oder 'Wiesenquelle' genannt.
Viele, viele Jahre sind seitdem vergangen. Heute strömen alljährlich
Tausende von Leidenden zu den Heilquellen und unter ihnen eine große
Anzahl von |
von Juden.
Ein großes Hotel hat sich unter Aufsicht eines Rabbiners gestellt und
bietet auch den Frömmsten die Möglichkeit, hier zu leben. Eine herrliche
Synagoge erhebt sich in der Stadt, und was bisher noch dem gewissenhaften
Jehudi fehlte, wird gegenwärtig auch eingerichtet. Aber viele, vielleicht
die meisten der jüdischen Besucher des Bades verschmähen jüdische
Speisehäuser. Sie suchen in den großen Hotels Unterkunft und
Verpflegung, meiden das Gotteshaus und mischen sich nur am Brunnen unter
ihre Glaubensgenossen. Aber gerade dort und in den Promenaden und bei
festlichen Veranstaltungen erkennt der Judenhass das Objekt, auf das er
sich richtet, und zwar nicht zum wenigsten an dem übertriebenen, mit
aller Unvernunft zur Schau getragenen Luxus.
Wenn all die Edelsteine und Perlen, die ihre Träger verunzieren, den
vielen Unglücklichen geopfert werden möchten, von denen die Zeitungen
berichten, welche Menge von Elend könnte da gelindert werden! Wie
angebracht wäre heute des weisen Rabbis weises Wort denen gegenüber, die
hierher kommen, um die Steine zu verlieren, die sonst ihr Leben begrenzen,
und sich indes törichterweise mit Steinen beladen, die ihnen neue Leiden
verursachen können! Aber – es gibt wenig Weise, und man hört nicht
gern auf sie.
Doch wollen wir mit den besten Hoffnungen unseren Brief schließen.
Vielleicht nächstens noch mehr davon! H.E."
|
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde sowie zu
Kurgästen
Zum Tod von Baron von Rothschild
aus Paris (1903)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. Juli 1903:
"Wildungen, 21. Juli (1903). Der hier zur Kur weilende Baron
von Rothschild aus Paris ist, wie die 'Korbacher Zeitung' mitteilt,
gestorben. Die Leiche wurde nach dort überführt." |
Zum Tod von Rabbi Jakob Katz aus Sager (Litauen)
(1922)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Oktober 1922: "Rabbi Jakob
Katz aus Sager (Litauen) – das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen. Bad Wildungen, 22. Oktober
(1922). Im Alter von nur
58 Jahren starb am Jom Kippur in
Bad Wildungen Rabbiner Jakob Katz, Rabbiner in Sager, einer mittleren
Stadt Litauens. Er war nach Deutschland zur Kur und Erholung gekommen und
wurde nun leider viel zu früh, auch ein Opfer des Krieges, zur ewigen
Ruhe abgerufen. Mit ihm ist einer der großen Rabbinen des Ostens
dahingegangen, ein Mensch von sittlicher Reinheit und jüdischer Größe,
die sich in seiner Bescheidenheit verbarg, aber allen, die mit ihm bekannt
und ihm näher getreten waren, offenbar wurde. Er litt es nicht, dass man
viel von ihm sprach und von seinen großen Wohltaten in seiner Gemeinde
und in seinem größeren Wirkungskreise wussten nur die wenigstens etwas.
In seiner Jugend hat Rabbi Jakob Katz – seligen Andenkens – auf
den berühmten Jeschiwaus in Wolosin und Slabotke (Kowno) gelernt, war
einer der besten Schüler des großen Rabbi Itzel Petersburger und erhielt
Semicho (Approbation zum Rabbiner) von Rabbi Jizchok Elchonan Spektor.
Nachdem er eine Zeitlang die Leitung der Jeschiwo des Rabbi Hirschel in
Slabotke inne gehabt, wurde er als Rabbiner nach Kliko (Litauen) berufen
und von dort aus nach seiner letzten Wirkungsstätte in Sager.
Bei der Beisetzung am Mittwoch, den 12. Tischri, sprach am Grabe
Worte tiefer Trauer Rabbi Schmuel Fried (Dajan in Wilna), der zur Zeit in
Wildungen zur Kur weilte. Von Frankfurt am Main waren Rabbi Mausche
Schneider, Rabbi Mausche Karpel und Rabbi Benzijon Bermann, die Leiter der
Schneiderschen Jeschiwo herbeigeeilt, um dem großen Lehrer warm
empfundene, voll Schmerz und Trauer erfüllte Nachrufe zu widmen. Das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen."
|
Goldene Hochzeit von Viehhändler
Levy Jungheim mit Ehefrau geb. Marx (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. August 1927: "Wildungen,
8. August (1927). Am 15. August begeht der Viehhändler Levy Jungheim und
Ehefrau geb. Marx in seltener Rüstigkeit die goldene Hochzeit." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 12. August 1927: "Wildungen. Am 15.
August feiern Herr Levy Jungheim und Ehefrau, geb. Marx, die Goldene
Hochzeit. An großen Ehrungen von allen Seiten wird es dem allseits
beliebten Ehepaar nicht fehlen. Wir wünschen ihm einen weiteren
glücklichen
Lebensabend." |
Dr. Jacob Levy besteht in Berlin die Assessorprüfung
(1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 8. April 1927: "Kassel. Herr Dr.
Jacob Levy aus Bad Wildungen bestand in Berlin die
Assessorprüfung." |
85. Geburtstag von Jacob Mannsbach I (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. März 1928: "Bad
Wildungen,
1. März (1928). Seinen 85. Geburtstag beging in größter körperlicher Rüstigkeit
und geistiger Frische Herr Jacob Mannsbach I von hier." |
Hoher muslimischer Besuch im jüdischen
Hotel Germania (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1928: "Bad
Wildungen, 29. Juni (1928). Im Hotel Germania, dem einzigen unter
Aufsicht stehenden jüdischen Hotel Wildungens, weilt zurzeit ein hoher
Gast: Generalfeldmarschall Abdul Rachmann Khan aus Afghanistan, einer der
Begleiter des Königs Amanullah, der auf seiner Reise von einer
Nierenkrankheit befallen wurde und unseren Badeort zu seiner Heilung
aufgesucht hat. Als streng religiöser Mohammedaner, dem bekanntlich durch
den Islam der Genuss von Schweinefleisch untersagt ist, sieht er sich
veranlasst, nur im jüdischen Hotel Wohnung zu nehmen. In seiner Umgebung
fühlt er sich außerordentlich wohl und hat durch die Vermittlung eines
Dolmetschers mit einigen Gästen engere Bekanntschaft geschlossen. Für
die jüdische Religion und die jüdischen Gebräuche zeigt er ein
lebhaftes Interesse. Häufig wohnt er den im Hotel stattfindenden
Gottesdiensten bei. Die Wildunger Tageszeitung hat die Anwesenheit des
hohen Gastes mehrfach gewürdigt." |
|
Artikel in der "Jüdischen
Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 6. Juli 1928: "Bad Wildungen. Der
Feldmarschall im jüdischen Hotel. In dem streng rituell geführten
'Hotel Germania' (Besitzer Krittenstein) weilt zur Zeit als Fast der
Generalfeldmarschall Abdul Rachman Khan aus Afghanistan, einer der
Begleiter des Königs Amanullah, der auf seiner Reise von einer Nierenkrankheit
befallen wurde und Wildungen zu seiner Heilung aufgesucht hat. Als streng religiöser
Mohammedaner, dem bekanntlich durch den Islam der Genuss von
Schweinefleisch untersagt ist, sah er sich veranlasst, in einem jüdischen
Hotel Wohnung zu nehmen. In seiner Umgebung fühlt er sich
außerordentlich wohl und hat durch die Vermittlung seines Dolmetschers
mit einigen Gästen engere Bekanntschaft geschlossen. Für die jüdische
Religion und die jüdischen Gebräuche zeigt er ein lebhaftes Interesse.
Häufig wohnt er den im Hotel stattfindenden Gottesdiensten
bei." |
70. Geburtstag von Mathilde Katz
geb. Lissauer (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1928: "Wildungen,
25. Juni (1928). Ihren 70. Geburtstag beging in größter Rüstigkeit Frau
Mathilde Katz geb. Lissauer dahier." |
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Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 22. Juni 1928: "Wildungen. Frau Mathilde
Katz geb. Lissauer, feiert am 24. Juni ihren 70. Geburtstag.
Sie ist Vorsteherin des hiesigen israelitischen Frauenvereins und feiert
ihren Geburtstag in geistiger und körperlicher
Frische." |
Auszeichnung für Isidor Oppenheimer (1928)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 14. September 1928: "Bad Wildungen.
Herrn Isidor Oppenheimer wurde von Seiten der Bundesleitung des
Reichsbanners durch die Ortsgruppe Bad Wildungen, eine Urkunde überreicht
in Anbetracht seiner regen Interessen und Treue für
Schwarz-Rot-Gold." |
80. Geburtstag von Levi Hougheim (1929)
Anmerkung: Nachname unklar, vermutlich verschrieben für Jungheim.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Februar 1929: "Bad
Wildungen, 20. Februar (1929). Seinen 80. Geburtstag beging in bester
körperlicher Rüstigkeit und geistiger Frische Levi Hougheim aus Zwesten." |
Zum 80. Geburtstag von Isaak Katz I. (1929)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April 1929: "Wildungen,
5. April (1929). Seinen 80. Geburtstag beging in körperlicher Rüstigkeit
und geistiger Frische Herr Isaak Katz I dahier." |
75. Geburtstag von Adolf Hammerschlag (1931)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 17. April 1931: "Bad Wildungen. Herr Adolf
Hammerschlag feierte am Sonnabend, den 11. dieses Monats, in
körperlicher und geistiger Frische seinen 75. Geburtstag. In
uneigennütziger Weise stellte sich Herr Hammerschlag stets in den Dienst
der israelitischen Gemeinde, in der er 44 Jahre als Vorstandsmitglied,
davon 21 Jahre als Vorsteher, segensreich gewirkt hat. In Anerkennung
seiner großen Verdienste hat die israelitische Gemeinde Herrn
Hammerschlag an seinem Ehrentag zum Ehrenvorsitzenden
ernannt." |
50-jähriges Jubiläum des Kaufhauses der Firma Adolf
Hammerschlag sowie Goldene Hochzeit von Adolf Hammerschlag und seiner Frau
(1931)
Artikel in der "Jüdischen
Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und Waldeck" vom 6. November
1931: "Bad Wildungen. Das Kaufhaus der Firma Adolf
Hammerschlag beging am 1. November sein goldenes Jubiläum. Vor 50
Jahren wurde das Geschäft vom Vater des jetzigen Inhaber, Herrn Adolf
Hammerschlag, eröffnet und bis zur Übertragung auf die jetzigen Inhaber,
die Herren Max und Hermann Adolf Hammerschlag, von ihm geführt. Mit
diesem Geschäftsjubiläum feiert der Gründer der Firma mit seiner Gattin
die goldene Hochzeit."
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Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
Anzeigen des Kurz-, Galanterie- und Spielwarengeschäfte A. Bachrach (1901 /
1902)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April 1901: "Lehrstelle.
Suche ein junges Mädchen, für mein Kurz-, Galanterie- und
Spielwaren-Geschäft, bei freier Station im Hause.
A. Bachrach, Bad Wildungen." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 9. Oktober 1902: "Lehrstelle.
Für mein Kurz-, Galanterie- und Spielwaren-Geschäft suche per sofort
ein Lehrmädchen. Sabbat und Feiertage frei. Freie Station und
Familienanschluss.
A. Bachrach, Bad Wildungen." |
Öffentliche Danksagung des
Kurgastes Marcus Schnitzer aus Oswiecim / Auschwitz (1903)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 25. September
1903: "Öffentliche Danksagung! Aus Dankbarkeit und im
Interesse der leidenden Menschheit fühle ich mich verpflichtet, hiermit
dem Herrn Dr. Marc, Königlicher Geheimer Sanitäts-Rat und
Kreisphysikus zu Bad Wildungen öffentlich meine Danksagung
auszusprechen.
Seit vier Jahren an einem sehr schmerzhaften Blasensteinleiden
laborierend, habe ich vor zwei Jahren durch einen berühmten Wiener
Professor die Operation vornehmen lassen. Die Narkose zeigte jedoch so
bedenkliche Symptome der Gefahr, dass der Professor nach Entfernung eines
Teiles der Steine auf die Fortsetzung verzichten musste. Dadurch wurde
mein Leiden natürlich nicht behoben.
Auf den Rat des Herrn G. Wendriner, Direktor der Oberschlesischen
Schmalspurbahn, Beuthen, reiste ich am 18. August dieses Jahres nach
Wildungen. Herr Dr. Marc nahm keine Narkose vor, sondern machte
Cocaineinspritzungen und während des Gespräches mit mir, was die
Operation binnen sechs bis sieben Minuten beendet, ohne dass ich das
Gefühl davon hatte. Ich erfuhr erst davon, als er mir die zerkleinerten
Steine, etwa 60 in Erbsengröße und darüber, vorzeigte. Die Operation
war um 6.30 früh erfolgt und um 3 Uhr Nachmittags verließ ich das Bett
mit voller Bewegungsfreiheit.
Meinen geehrten Ratgebern, wie auch dem Assistenten Herrn Beh meinen tief
gefühlten Dank. Marcus Schnitzer, Oswiecim." |
Anzeigen des Palast-Hotels Baruch (1901 / 1903 / 1904 /
1928) und des Hotels "Germania" (1925 / 1928
/ 1929)
Links:
Das Palast-Hotel Baruch (© Sammlung Grötecke) |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1901:
"Für mein neues Hotel, eines der feinsten jüdischen Deutschlands,
suche ich für die Saison eine durchaus perfekte
Köchin
oder Küchenchef gegen hohen Gehalt, sowie auch eine zweite
Köchin.
H. Baruch,
Bad Wildungen". |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. April 1903:
"Bad Wildungen. Palast-Hotel Baruch.
Koscher. 45 Zimmer und Salons; Hochelegant und modern
eingerichtet. In unmittelbarer Nähe der Bäder und Trinkquellen.
Einziges jüdisches Hôtel am Platze." |
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Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. April 1904:
"Bad Wildungen. Koscher Palast Hôtel Baruch I. Ranges. - Einziges
jüdisches Hôtel am Platze." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Juni 1925: "Bad Wildungen.
Hotel Germania, Marx.
Hufelandstraße. Erstklassige, kurgemäße Verpflegung. Telegramm
Germaniahotel. Telefon 37."
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Anzeigen
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Juli 1928:
"Bad Wildungen - streng koscher. Hotel Germania Marx.
Fernspr. 37. Vollständig renoviert. Telegramm-Adresse: Germaniahotel.
Sämtliche Zimmer mit fließendem kaltem und warmem Wasser sowie
Zentralheizung und Lichtsignalen. Auto-Garage. Das Hotel liegt 2 Minuten
von Quellen, Kurpark und Bädern. Erstklassige kurgemäße Verpflegung.
Besitzer: G. Krittenstein."
Bad Wildungen. Palast-Hotel Baruch. Größtes und ältestes
jüdisches Hotel am Platze. Streng koscher. Fließend kaltes und
warmes Wasser, Zentralheizung. Man verlange Prospekt. Besitzer B.
Baruch." |
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Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Mai 1929: "Bad
Wildungen. Hotel Germania – Marx. Vollständig renoviert. Sämtliche
Zimmer mit fließendem kaltem und warmem Wasser. Zentralheizung und
Lichtsignalen Autogarage. Das Hotel liegt 2 Minuten von den Quellen,
Kurpark und Bädern. Erstklassige kurgemäße Verpflegung. Besitzer G.
Krittenstein." |
Todesanzeige für Gerson Krittenstein
(gest. 1928)
Bei Gerson handelte es sich um den Hotelbesitzer des Hotels
Germania Marx. Er war Schwiegersohn des Hotel-Gründers Marx.
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Januar 1929: "Plötzlich und
unerwartet verschied am 24. Dezember mein innigstgeliebter Mann, unser
herzensguter Vater, Bruder und Schwiegersohn Gerson Krittenstein im Alter
von 51 Jahren. Bad Wildungen, 30.12.1928. Im Namen der trauernden
Hinterbliebenen:
Lina Krittenstein geb. Marx.
Die Beerdigung hat bereits stattgefunden." |
Hochzeitsanzeige für Carl Jungheim und Hedi Jungheim
geb. Schmidt (1928)
Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 10. August 1928:
"Carl Jungheim - Hedi Jungheim geb. Schmidt
beehren sich, ihre Vermählung bekannt zu geben. Trauung Sonntag, den 12.
August, 1/2 1 Uhr, Hotel Emanuel, Kassel, wozu wir Verwandte und Bekannte
herzlich einladen.
Bad Wildungen Kaltennordheim
(Rhön)." |
Anzeige des koscheren Restaurants / der Pension Leopold
Rosenbusch (1931)
Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 30. Januar 1931:
"Bad Wildungen. Empfehle meinen
Koscher Mittagstisch und Pension.
Leopold Rosenbusch Mittelstraße, Lindenstraße - Ecke 1.
Stock." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine erste Synagoge wurde 1890 in einem bis 1850 als
Waisenhaus genutzten (1704 gebauten) Gebäude in der Hintergasse/Hinterstraße eingerichtet (heutige
Adresse: Waisengasse 1, vorher Hinterstraße 14). Bis zur
Einweihung der neuen Synagoge fanden in diesem Haus die Gottesdienste der
Gemeinde statt. Das Gebäude beziehungsweise der Betsaal war nur gemietet und
nicht im Besitz der jüdischen Gemeinde.
Nachdem die Zahl der jüdischen Einwohner um 1900 stark angestiegen war,
entschloss sich die Gemeinde - mit finanzieller Hilfe durch wohlhabende
Kurgäste - zum Bau einer neuen Synagoge.
Eine neue Synagoge wird gebaut
(1913)
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. August 1913: "Bad
Wildungen. Unsere Gemeinde, welche bisher nur einen gemieteten Betsaal
hatte, baut jetzt eine neue Synagoge. Zu den 50.000 Mark betragenden
Kosten haben reiche Kurgäste namhafte Beihilfen geleistet." |
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Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19.
September 1913: "Die Gemeinde Bad Wildungen, welche bisher nur einen
gemieteten Betsaal zur Abhaltung des Gottesdienstes besitzt, baut
demnächst eine neue Synagoge. Zu der Bausumme von 50.000 Mark haben
reiche Kurgäste namhafte Beiträge geleistet. Auf das erlassene
Preisausschreiben sind sechs Projekte von Architekten
eingelaufen." |
Die neue Synagoge wurde im Sommer
1914 fertiggestellt. Als Festtage zur Einweihung war das Wochenende 7.-9.
August vorgesehen. Doch entfiel die Einweihungsfeier auf Grund des
Kriegsbeginnes und sollte "in einer späteren Zeit nach Beendigung der
Kriegswirren" stattfinden. Nach einem Bericht des Israelitischen
Familienblattes Hamburg vom 2. Oktober 1914 wurde die Synagoge dann jedoch am
jüdischen Neujahrstag 1914 (21./22. September 1914) eingeweiht.
Bei der Synagoge handelte es sich um einen Rundbau mit großer Kuppel, der in
der Synagogenarchitektur dieser Jahre eine gewisse Vorrangstellung hatte: die
Bauten in Offenbach, Regensburg, Mainz, Essen und Görlitz zeigten ebenfalls
diese Richtung.
Die Synagoge von Bad Wildungen fand vor allem Beachtung wegen ihrer Glasmalereien,
die "in ihrer Darstellungsintensität weit über das bisher üblich
hinausgegangen zu schein schienen. In symbolischen Darstellungen waren in sechs
Fenstern die sechs Schöpfungstage wiedergegeben und im oberen Teil des ebenfalls
fast kreisrunden Hauptraums die zwölf Stämme Israels..." (Hammer-Schenk I
S. 488).
Elf Jahre nach der Einweihung der Synagoge wird von einem versuchten Einbruch in
das Gebäude berichtet:
Versuchter Synagogeneinbruch
(1925)
Artikel in
der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 23. Oktober 1925: "Bad
Wildungen. (Versuchter Synagogeneinbruch.) Ein Einbruch in die
Synagoge wurde versucht. Drei Burschen wollten in die Synagoge eindringen,
wurden aber von dem Sohn des Lehrers der Jüdischen Gemeinde bemerkt.
Dieser schlug Lärm, worauf die Spitzbuben die Flucht ergriffen und
unerkannt entkamen." |
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge durch Brandstiftung
völlig zerstört und wenig
später abgebrochen. Die Feuerwehr war beim Brand der Synagoge anwesend,
schützte jedoch nur die umliegenden Gebäude.
Nach 1945 wurde von der vorübergehend nach Bad Wildungen (aus dem Ghetto
Theresienstadt ) zurückgekommenen Selma Hammerschlag die Initiative ergriffen,
den Synagogenplatz würdig herzurichten und einen Gedenkstein zu errichten.
Geplant war "eine begrünte und mit schmalen Wegen versehene Anlage".
Die Stadt gab jedoch 1953 das Grundstück zur Bebauung frei; dabei wurde der 1946
errichtete Gedenkstein auf den jüdischen Friedhof versetzt. Dieser
Gedenkstein hat die Inschrift "Zum ewigen Gedenken an die Opfer der
Israelitischen Gemeinde Bad Wildungen, die in den Jahren 1933-1945 ihr Leben in
KZ-Lagern qualvoll lassen mussten. In Liebe gewidmet von den
Überlebenden. An dieser Stelle stand die jüdische Synagoge, die in
der Schreckensnacht am 9. November 1938 zerstört wurde."
1985 wurde von der Stadt in einer Mauernische auf der gegenüberliegenden
Straßenseite weit unterhalb des ehemaligen Synagogenstandortes eine Gedenkplatte
angebracht. Die Inschrift lautet: "Zum Gedenken an die Synagoge der
jüdischen Gemeinde Bad Wildungen, zerstört am 9. November 1938, und an unsere
jüdischen Mitbürger, die in verhängnisvoller Zeit deutscher Geschichte
umkamen oder ihre Heimat verlassen
mussten."
Adressen/Standorte der Synagoge: alte
Synagoge: im Waisenhof (Waisengasse 1); neue Synagoge: Im
Dürren Hagen 11
Fotos
(Quelle: sw-Fotos mit (A): Arnsberg S. 206; sw-Foto mit
(G) aus einem Artikel von J.
Grötecke in der Waldeckischen Landeszeitung vom 7.11.2008; Fotos der Fenster:
links aus The Encyclopedia of Jewish Life beim Artikel zu Bad Wildungen s.u.;
rechts aus Pinkas Hakehillot s.Lit. beim Artikel zu Bad Wildungen; Farbfotos:
Hahn, Aufnahmedatum 8.4.2010)
Die alte Synagoge (von 1890
bis 1911) in
einem Teil des bis 1850 als Waisenhaus
genützten Gebäude |
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Gebäude der alten Synagoge
(A) |
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Das ehemalige Waisenhaus /
zeitweise
Synagoge vom Innenhof aus gesehen |
Hinweistafel
am Gebäude: "Waisenhof. Gestiftet von Juliane Elisabeth von Waldeck,
genannt 'Gräfin Cuylenburg'. Zweitältestes Waisenhaus Deutschlands und
bis 1830 als solches genutzt. Das Gebäude wurde zwischen 1695 und 1702
errichtet. Die offizielle Stiftung erfolgte 1704, doch bereits 1695 wird
von einem Waisenhaus im Hause der Gräfin berichtet. 1840 ging das
Gebäude in Privatbesitz über. Von 1877 bis 1881 beherbergten 2 Räume
den ersten Kindergarten der Stadt. Von 1890 bis 1911 wurde ein Teil des
Gebäudes als Synagoge genutzt." |
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Die neue Synagoge,
eingeweiht 1914 |
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1914 eingeweiht -
1938
zerstört (A) |
Blick auf Bad
Wildungen
mit der Synagoge (G) |
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Die berühmten Glasfenster
der Synagoge,
1938 mit der gesamten Synagoge zerstört |
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In symbolischen Darstellungen waren in sechs
Fenstern die sechs Schöpfungstage wiedergegeben und im oberen Teil des ebenfalls
fast kreisrunden Hauptraums die zwölf Stämme Israels.
Weitere Fotos der Synagoge siehe Website www.vor-dem-holocaust.de |
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Gedenken an die Synagoge |
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An der Stadtmauer
erinnert unterhalb des Synagogenstandortes eine einfache Gedenktafel an
die ehemalige Synagoge mit dem Text: "Zum Gedenken an die Synagoge
der jüdischen Gemeinde Bad Wildungen, zerstört am 9. November 1938, und
an unsere jüdischen Mitbürger, die in verhängnisvoller Zeit deutscher
Geschichte umkamen oder ihre Heimat verlassen mussten. Die Bürger der
Stadt Bad Wildungen. 1985". |
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Erinnerung an den
Kaufmann Nehemias Heinemann |
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"Nehms
Gässchen" ist nach dem jüdischen Kaufmann Nehemias Heinemann
benannt. |
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"Stolpersteine"
in Bad Wildungen
(zufällige Auswahl - Häuser in der Brunnenstraße) |
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Stolpersteine vor dem
Haus Brunnenstraße 36 |
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Stolpersteine für
Sidonie Meyer geb. Hirsch (1907), Hertha Amalie Frank geb. Hirsch (1903)
und Helene Berger geb. Bachrach (1870) |
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Neun Stolpersteine
vor dem Haus Brunnenstraße 13 |
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Stolpersteine für
Rieka Jungheim (1891), Erna Tromp geb. Goldschmidt (1913), Dr. Arthur
Flörsheim (1880), Manfred Flörsheim (1903), Sabine Isaak geb. Florsheim
(1897), Gisela Flörsheim (1890), Felix Baruch (1887), Klara Baruch geb.
Flörsheim (1894) und Ruth Baruch (1930) |
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Stolpersteine vor den
Gebäuden Brunnenstraße 20/22 |
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Stolpersteine für
Adolf Hammerschlag (1856), Hermann Hammerschlag (1894), Inge Hammerschlag
(1931) und Irene Hammerschlag geb. Vöhl (1903) |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
Weitere Berichte siehe auf der Website www.synagoge-voehl.de:
Index:
Presseartikel und Veröffentlichungen zu Bad Wildungen
März
2007: Aktion
"Stolperstein" - zweite Verlegung |
Artikel in der "Waldeckische Landeszeitung" vom 5. März 2007: Zweiter Durchgang der Aktion "Stolpersteine" in Bad Wildungen
- Erinnerungen, von den Füßen poliert.
BAD WILDUNGEN (szl). Am Samstagvormittag war der Künstler Gunter Demnig zum zweiten Mal in Bad Wildungen unterwegs, um Stolpersteine vor den Häusern ehemaliger jüdischer Mitbürger zu verlegen. Die Aktion der Bad Wildunger Initiative Stolpersteine wird von Vereinen, Schulen, Kirchen, Parteien, Firmen und Privatpersonen gesponsert. Auch ehemalige Bad Wildunger Juden, die den Holocaust überlebt haben, und jüdische Neubürger unterstützten die Aktion.
Sie begann am Samstag vor dem Haus Brunnenallee 13. Es ist das Haus mit den meisten Steinen - neun an der Zahl. Mitglieder der Familien Flörsheim und Baruch kamen in Konzentrationslagern ums Leben. In der Brunnenallee 7 betrieb das Ehepaar Epelbaum das "Central-Kino", die Familie floh in die Schweiz, der in Bad Wildungen geborene Sohn Felix besuchte vor zwei Jahren seine Geburtsstadt und unterstützt die Aktion Stolpersteine.
In der Brunnenallee 36 wurden drei Stolpersteine verlegt für drei deportierte Wildunger Juden, je zwei Steine liegen jetzt am Dürren Hagen 2 und am Eselspfad 3 und je einen Stein brachte Demnig in der Hufelandstraße 12 und am Kirchplatz 11 ein. Weitere Steine wurden in der Brunnenallee 23 platziert. Von hier wurde 1942 Babette Waservogel nach Theresienstadt und weiter nach Treblinka deportiert. Margarethe Kaufmann aus der Brunnenfeldstraße 1 ist in Theresienstadt gestorben. In der Poststraße 1 liegen seit Samstag Stolpersteine zum Andenken an Berta und Hedwig Baer, die 1940 auf der Flucht den Tod fanden. Vor den Häusern Lindenstraße 12 und 20 wird an die Mitglieder der Familien Mannheimer und Löwenstein erinnert.
Beim Rundgang zu den verlegten Stolpersteinen am Samstagabend waren auch Schülerinnen und Schüler der Ense-Schule mit ihrer Lehrerin Jutta Wiesemann dabei, die drei Steine gespendet haben. Steffi Wörmann und Maximilian Ziske hatten die Schicksale der jüdischen Familien Rosen-Epelbaum und Mannheimer recherchiert und berichteten den Teilnehmern des Rundgangs davon.
Am Vorabend der zweiten Verlegung von Stolpersteinen in Bad Wildungen berichtete der Kölner Aktionskünstler Gunter Demnig (59) im Jugendhaus von verschiedenen Projekten und den Anfängen der Stolpersteine. Als er 1980 Assistent im Fachbereich Kunst der Kasseler Hochschule wurde, machte er bald bundesweit auf sich aufmerksam. Er wollte eine Verbindung von Akademie zum Museum schaffen und lief 818 Kilometer von Kassel nach Paris, schob ein fahrbares Gerät vor sich her, mit dem er auf dem Weg
'Duftmarken" setzte. Zwei Jahre später spulte er einen Faden in gerader Linie - wiederum zu Fuß - von Kassel nach Venedig, verband die documenta mit der Biennale.
1985 zog Demnig nach Köln, wo er 1990 die erste Gedenktafel für Sinti und Roma gestaltete. Den ersten Stolperstein verlegte er 1990 vor dem Kölner Rathaus. Inzwischen wurden es 11.000 in Deutschland, Österreich und Ungarn. Demnig: "Anfangs habe ich gedacht, die 'Stolpersteine' bleiben immer ein konzeptionelles Kunstwerk, das nicht zu realisieren ist". Jetzt werden überall, wo die Steine verlegt sind, "die Erinnerungen durch die Füße der Passanten immer wieder blank poliert". Von den Stolpersteinen wurden 50 zerstört und wieder erneuert. Der Künstler: "Damit kann ich leben - und mit den zwei Morddrohungen in sieben Jahren auch". |
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Links:
Artikel in der "Waldeckischen Landeszeitung" vom 22. Oktober
2008: "Ohne Tritt kein Glanz".
Zum Lesen bitte Artikel anklicken. |
Aus
dem Artikel links: "... In Bad Wildungen wurden die Stolpersteine
November 2006, im März 2007 und im April 2008 verlegt. Insgesamt 75
Steine erinnern nun in der Badestadt an alle ehemaligen jüdischen
Einwohner, die während der NS-zeit deportiert und ermordet wurden. In Bad
Wildungen griff Heimatforscher Johannes Grötecke diese Initiative auf.
Neben Vereinen, Schulen, Kirchengemeinden, Parteien, Banken und Kliniken
seien es vor allem Privatpersonen, die das Projekt durch ihre Spenden
realisiert haben. Es war eine mühsame Arbeit, das Schicksal aller 75
Opfer des NS-Regimes in Bad Wildungen aufzuarbeiten. Für alle diese Opfer
gibt es nun auch Stolpersteine vor deren Häusern in der Altstadt, an der
Brunnenallee, an Hufeland- und Brunnenfeldstraße. Grötecke: 'Die
Stolpersteine sollen die Erinnerung wach halten, eine Mahnung an junge
Generationen sein und Nachfahren nun endlich einen Platz bieten, wo sie
ihrer Vorfahren gedenken können'." |
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Dezember
2009: Auszeichnung für Heimatforscher
Johannes Grötecke |
Artikel (sch) in der "Waldeckischen Allgemeinen" vom 12.
Dezember 2009 (Artikel
online HNA.de):
"Korbach/Waldeck. Ehrenbrief des Landes für Heimatforscher Johannes Grötecke
Geschichte der jüdischen Mitbürger im Dritten Reich in Bad Wildungen erforscht
Bad Wildungen. Seit über 20 Jahren erforscht Johannes Grötecke der Geschichte der jüdischen Mitbürger im Dritten Reich in Bad Wildungen. Für seinen unermüdlichen ehrenamtlichen Einsatz überreichte ihm am Mittwoch der Bad Wildunger Bürgermeister Volker Zimmermann namens des Hessischen Ministerpräsidenten Roland Koch und Landrat Helmut Eichenlaub den Ehrenbrief des Landes Hessen.
Schon als Schüler am Bad Wildunger Gustav-Streseman-Gymnasium setzte der heute 42-jährige Heimatforscher mit dem Thema auseinander, recherchierte und interviewte Zeitzeugen. Johannes Grötecke, heute Lehrer an der Theodor-Heuss-Schule in Homberg/Efze, zählt zu den Initiatoren der Bad Wildunger Stolpersteine.
Er bietet Führungen an, ist Autor zahlreicher Veröffentlichungen, pflegt Kontakte zu ehemaligen jüdischen Bürgern der Badestadt und deren Familien und ist Mitinitiator des Projektes Heimat über Einwanderer in Bad Wildungen. Ferner befasste sich der Geehrte intensiv mit dem Wiederaufbau der Edersee-Sperrmauer durch Zwangsarbeiter. (sch)" |
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Februar
2012: Ein weiterer
"Stolperstein" soll noch verlegt werden
Siehe Artikel
in HNA-Online vom 22. Februar 2012: "Ein Stolperstein fehlt noch". |
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Oktober
2013 - Januar 2014: Ausstellung "Ein
Himmel voller Sterne - Synagoge Bad Wildungen - eine Spurensuche" |
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Links: Einladungskarte zur
Ausstellung
im Stadtmuseum Bad Wildungen vom 27. Oktober 2013 bis 9. Januar
2014.
Eine Ausstellung zum 75. Jahrestag der Reichspogromnacht.
Stadtmuseum Bad Wildungen Lindenstraße 9 Tel.: 05621 -
73666
Dienstag - Sonntag 14-17 Uhr |
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September
2014: Weitere
"Stolpersteine" werden in der Stadt verlegt |
Artikel in der
hna.de vom 4. September 2014: "Bewegender Moment für jüdische Familie
Vier Stolpersteine vor Bad Wildunger Wohnhaus verlegt.
Bad Wildungen. Vor dem ehemaligen Wohnhaus einer jüdischen Familie in der Bad Wildunger Bahnhofstraße verlegte der Kölner Bildhauer Gunter Demnig am Donnerstag vier weitere seiner so genannten Stolpersteine. Für die Nachkommen Gary, Lana, Paulette und Hella Buchheim ein bewegender Moment..."
Link
zum Artikel |
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Januar
2018: In Bad Wildungen sollen weitere
"Stolpersteine" verlegt werden |
Artikel in
lokalo24.de vom 6. Januar 2018: "Initiative will weitere Stolpersteine in Bad Wildungen verlegen-
Um zwei weitere Erinnerungssteine für im 2. Weltkrieg verfolgte Stadtbürger des Kölner Künstlers Gunter Demnig installieren zu können, bittet die Initiative
'Bad Wildunger Stolpersteine' um Spenden.
Bad Wildungen. 80 Stolpersteine liegen schon im Stadtgebiet, um an das Leid ehemaliger Einwohner jüdischen Glaubens in der NS-Zeit zu erinnern. Für zwei weitere Personen sollen demnächst Steine verlegt werden.
Seit 2006 wurden die Steine in fünf Etappen vom Kölner Künstler Gunter Demnig verlegt. Zuletzt geschah dies 2014 auf Initiative der Familie Buchheim aus den USA, deren Vorfahren in der
'Kaffeemühle' (Bahnhofstraße) lebten.
Nun stieß Heimatforscher Johannes Grötecke auf interessante Details zum letzten Lehrer der örtlichen jüdischen Gemeinde. Bislang waren dessen Name und Schicksal unbekannt und eine der letzten großen offenen Fragen zum Schicksal der Juden von Bad
Wildungen. 'Ich war ergriffen, als ich auf diese neue Spur stieß', so der Mitinitiator der lokalen Stolpersteine.
'Die Recherchen laufen noch, aber schon jetzt ist klar, dass das Schicksal dieser Familie dramatisch
war.' So zog der Lehrer mit seiner Frau erst wenige Wochen vor der Pogromnacht nach Bad Wildungen und wurde später zwei Mal in ein Konzentrationslager deportiert.
Zur Finanzierung dieser Steine und weiterer Projekte ruft die Initiative zu Spenden auf. Auf Wunsch kann eine Spendenbescheinigung ausgestellt werden. Die Bankverbindung lautet: Stolpersteine Bad Wildungen, IBAN: DE 32 5235 0005 0002 7920 34."
Link
zum Artikel |
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April
2018: Besuche von Nachkommen früherer
jüdischer Familien in Bad Wildungen |
Artikel von Johannes
Grötecke in der "Waldeckischen Landeszeitung" vom 25. April
2018: "Stolpersteine erinnern an Vorfahren. Zeitzeugen aus USA und Kanada erzählen in Bad Wildungen vom Schicksal ihrer Familien
Bad Wildungen. Erzählungen, die unter die Haut gingen: Zeitzeugen aus den USA und Kanada erzählten im Jugendhaus vom Schicksal ihrer jüdischen Familien.
'Obwohl sie uns alle umbringen wollten, haben wir die Nazis überlebt. Das ist unser
Sieg!', sagt Gershon Willinger. Der Kanadier ist jüdischen Glaubens und hat als Kind die Konzentrationslager Westerborg, Bergen-Belsen und Theresienstadt überlebt.
Neben ihm steht Richard Oppenheimer aus den USA, dessen Familie mütterlicherseits (Mannheimer) in Bad Wildungen in der Linden- und Mittelstraße lebte. Beide berichteten vor interessierten Bürgern im Jugend- und Kulturzentrum Spritzenhaus vom Schicksal ihrer Familien.
In der Badestadt erinnern heute sieben 'Stolpersteine' an die fast komplette Ermordung dieser beiden Familien. Gershon Willinger wurde als Kleinkind bei einem Bauern in Amsterdam versteckt.
'Ich habe meine Eltern, die kurze Zeit später im KZ Sobibor starben, nie kennengelernt. Ich wusste nie, woher ich komme und was das Wort Eltern
bedeutet', sagt der 75-Jährige. Wie durch ein Wunder überlebte er in einer Gruppe mit 50 Kindern unbekannter Herkunft die KZs. Aber es blieben Folgen: Er war verhaltensauffällig, körperlich zurückgeblieben, und bis heute kämpft seine Schwester, die ebenfalls versteckt wurde, mit den Folgen der NS-Zeit. Richard Oppenheimer erfuhr vom Schicksal seiner Familie erst nach dem Tod seiner Mutter Erika Mannheimer, als er deren Tagebuch aus der Kriegszeit fand. Sie hatte mehrere KZs und als eine von Wenigen den sogenannten Todesmarsch von KZ-Häftlingen bei großer Kälte und Hunger überlebt.
Spurensuche im Stadtarchiv und beim Internationalen Suchdienst. Während Lina Mannheimer, die Großmutter des 68-Jährigen, nach dem Krieg in Bad Wildungen bleiben wollte, drängte ihre Tochter zur Auswanderung in die USA. Denn sie wollte nicht länger in dem Land der Massenmörder leben.
Weil große Teile der Familie gewaltsam entrissen wurden, suchen Oppenheimer und Willinger nun intensiv nach Spuren ihrer Vorfahren. Während ihres Besuchs in Bad Wildungen waren sie im Stadtarchiv und beim Internationalen Suchdienst in Bad Arolsen, trafen sich mit Zeitzeuginnen und sprachen vor Schulklassen.
Gershon Willinger wünscht sich, dass auch für seine Mutter ein Stolperstein verlegt wird.
'Da ich nicht weiß, was mit den sterblichen Resten meiner Eltern geschehen ist, sind Stolpersteine für mich fast wie ein Grab. Durch die Steine wären meine Eltern endlich wieder
vereint', so der Kanadier. Die örtliche Initiative versucht derzeit, diesen Wunsch zu erfüllen. Im September werden weitere Stolpersteine verlegt."
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zum Artikel |
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August 2018:
Neue Website online:
https://stolpersteine-badwildungen.de/ |
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September
2018: Weitere Verlegung von
"Stolpersteinen" in Bad Wildungen |
Artikel von Johannes
Grötecke in der "Waldeckischen Landeszeitung" vom 30. September 2018: "Zum
sechsten Mal verlegt der Künstler Gunter Demnig Steine in der Badestadt.
Sechs neue Stolpersteine erinnern in Bad Wildungen an vertriebene und
ermordete jüdische Mitbürger
Bad Wildungen. Die Pogromnacht vom 9.11.1938 war der Tiefpunkt jüdischen
Lebens auch in der Badestadt. Im Vorfeld des 80. Jahrestages verlegte der
Künstler Gunter Demnig aus Alsfeld neue Steine. Es war die sechste Verlegung
in Wildungen seit 2006. Alle sechs Steine erinnern an Personen, deren Leben
die von den Nazis so genannte Reichskristallnacht radikal veränderte. Ihre
Schicksale konnten erst durch intensive Archiv-Recherchen in Deutschland,
Frankreich, Israel, Litauen und Polen dokumentiert werden.
Der letzte jüdische Lehrer von Bad Wildungen. Bis vor kurzem
unbekannt war der Name des letzten Lehrers der jüdischen Gemeinde: Elias
Godlewsky zog mit seiner Frau Lucie sechs Wochen vor der Pogromnacht in
die Synagoge am Dürren Hagen. Er stammte aus
Hirschaid, seine Frau aus dem
schlesischen Lüben. Das Paar hatte drei Kinder. Godlewsky entsprang einer
Familie orthodoxer Lehrer, arbeitete in mehreren jüdischen Gemeinden in
Bayern (Amberg,
Nördlingen,
Fürth) und kam über Kattowitz und Berlin
nach Kassel, wo er 1924 bis 1936 als
Lehrer wirkte. Am Tag nach dem Pogrom 1938 wurde er mit knapp 20 Wildunger
Juden ins KZ Buchenwald deportiert, nach drei Wochen entlassen und floh 1939
nach London. Nach dem Krieg emigrierte er nach New York, wo er 1953 verarmt
und chronisch krank mit 73 Jahren starb.
In den Selbstmord getrieben. Zwei Stolpersteine sind Julius und Isaak
IV. Katz aus der Lindenstraße 25 gewidmet. Vater Isaak, der aus
Mandern
stammte, war Kaufmann und wurde 'Fett-Katz' genannt, weil er Öle, Fette,
Därme, Häute und Felle vertreib. Er zählte zu den wenigen Juden, die nach
der Pogromnacht in der Stadt geblieben waren, im November 1939 aber aus der
Stadt gewaltsam vertrieben wurden. Bad Wildungen galt jetzt als 'judenfrei'.
Immerhin wurde ihm gestattet, zu seiner Tochter Frieda nach
Eisenach zu
ziehen, wo er nur ein halbes Jahr später starb. Sein Sohn Julius, Jahrgang
1910, war ebenfalls Kaufmann und wurde Ende August 1939 an der Ederbrücke
bei Wega tot gefunden. Zeitzeugen berichten übereinstimmend, er sei aufgrund
der Verfolgungen so verzweifelt gewesen, dass er sich das Leben genommen
habe.
Gestorben in Buchenwald. Aron Stern, geboren 1872 in
Langenschwarz
bei Fulda, besaß einen Laden- und Reisegeschäft für Manufakturwaren und war
'Mäkler mit Landesprodukten im Kleinen, Häutehändler im Kleinen,
Baumwollenzeugkrämer und Verkauf von Fleisch im Kleinen', so seine
Gewerbeanmeldung. Zudem war Stern Schächter der jüdischen Gemeinde in seinem
Wohnort Schlitz, später lebte er in
Bad Nauheim. Seine Frau Rickchen war
bereits 1935 gestorben. Das Paar hatte drei Töchter. 1937 zog er nach Bad Wildungen und wohnte in der Hinterstraße 51. Nach der Pogromnacht wurde er
ins KZ Buchenwald deportiert, wo der Diabetiker am 18.11.1938 mit 66 Jahren
starb. Dort kam übrigens auch Max Marx aus der Kornstraße 4 ums Leben.
Symbol der Zusammenführung eines ermordeten Ehepaares. Der letzte Stein
wurde für Edith Helene Willinger verlegt. Zwar lebte die Dortmunderin nie in
Bad Wildungen, aber ihr Mann Guido arbeitete hier als Koch im 'Palasthotel'
der Familie Baruch. Für ihn wurde bereits ein Stein verlegt. Daher war es
der ausdrückliche Wunsch seines Sohnes Gershon Willinger aus Kanada, mit
einem Stein für seine Mutter seine Eltern, die beide 1943 im KZ Sobibor
ermordet wurden, symbolisch wieder zusammenzuführen. Dem Wunsch entsprach
Gunter Demnig sofort."
Link zum Artikel |
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Oktober 2019:
Vortrag über das Schicksal zweier
jüdischer Familien aus Bad Wildungen |
Artikel in der "Waldeckischen
Landeszeitung" vom 9. Oktober 2019: "Richard Oppenheimer und Gershon
Willinger berichten im 'Theater am Bunker'. Schicksale zweier jüdischer
Wildunger Familien.
Bad Wildungen – Richard Oppenheimer am 5. und Gershon Willinger am 6.
November berichten jeweils ab 19.30 Uhr im 'Theater am Bunker' vom Schicksal
ihrer Familien während der Nazizeit. Sie erzählen auch von der Aufarbeitung
dieser Vergangenheit und wie sie und ihre Familien damit umgehen.
Oppenheimer und Willinger waren schon mehrfach in Bad Wildungen,
Stolpersteine in der Badestadt erinnern an das Leben, an das Leid und die
Ermordung ihrer Angehörigen. Ein Gespräch mit Richard Oppenheimer im
Frühjahr des Jahres hat maßgeblich die Arbeit des 'Thespis-Karren' zum
Theaterabend 'Paradies Heimat' beeinflusst. Richard Oppenheimer ist
Nachfahre der Familie Mannheimer aus Bad Wildungen. Sein Großvater war
Viehhändler und lebte mit seiner Frau Lina und drei Kindern in der
Lindenstraße 12: Nach der Pogromnacht 1938 wurde er vorübergehend in das
Konzentrationslager Buchenwald deportiert und ein Jahr später mit der ganzen
Familie nach Kassel abgeschoben. Damit galt die Badestadt im Nazi-Jargon als
'judenfrei'. Während des Zweiten Weltkrieges wurden große Teile der Familie
ermordet. Allein die Großmutter Lina und Mutter Erika haben überlebt,
kehrten kurzfristig nach Bad Wildungen zurück und wanderten in die USA aus.
Richard Oppenheimer wurde 1950 in New York geboren.
Gershon Willinger war zweieinhalb Jahre alt, als der Krieg ausbrach, hatte
bereits seine Eltern verloren und selbst in drei Konzentrationslager
überlebt. Seine schweren Verletzungen machte er später zu seinem Lebensthema
und arbeitete als Sozialarbeiter mit traumatisierten Jugendlichen in Kanada.
Sein Vater Guido war Mitte der 1930 Jahre als Koch im damaligen Bad
Wildunger Palasthotel der Familie Baruch in der Brunnenallee 29 angestellt.
Später floh er mit seiner Ehefrau Edith Helene ins niederländische
Amsterdam, wo ihn die Nazis aufspürten und deportierten.
Der Eintritt zu beiden Veranstaltungen ist frei, Spenden für die Aktion
Stolpersteine werden erbeten. Anmeldungen werden erbeten im 'Buchland' unter
Telefon 05621 9674743 oder per mail an
lesen@buchland-bw.de."
Link zum Artikel |
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April/Oktober 2020:
Im Herbst 2020 werden weitere
"Stolpersteine" verlegt
Siehe auch
https://stolpersteine-badwildungen.de/
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Artikel von Johannes
Grötecke in der "Waldeckischen Landeszeitung" vom 21. April 2020: "Aktion
wird im Herbst fortgesetzt. Bald mehr als 100 Wildunger 'Stolpersteine'
Für Oktober des aktuellen Jahres ist die Verlegung zehn neuer
'Stolpersteine' zur Erinnerung an jüdische Opfer der NS-Zeit aus Bad
Wildungen geplant.
Im Herbst werden in Bad Wildungen neue Stolpersteine verlegt. Neue
Erkenntnisse aus Archiven ermöglichen das Gedenken an weitere NS-Opfer
Der genaue Verlege-Termin der Wildunger Stolpersteine mit Künstler Gunter
Demnig steht noch nicht fest
Bad Wildungen – Das teilt das Team um Gunter Demnig mit. Der Künstler
aus Alsfeld bettet seit einem Vierteljahrhundert diese Steine in ganz Europa
in Wege und Straßen ein. Für die Badestadt ist es die achte Aktion, mit der
die Gemeinschaft der Wildunger Stolpersteine im Straßenpflaster auf mehr als
100 steigt. Diese hohe Zahl geht zurück auf die Öffnung mehrerer Archive in
den letzten Jahren, die Recherchen zu bislang unbekannten Personen und
Schicksalen möglich machte, an die mit den Wildunger Stolpersteinen erinnert
wird. Hinzu kommen neue Perspektiven der Forschung, die sich etwa vermehrt
der sogenannten Binnenwanderung von Juden widmet. Nach dem Erlass
der'Nürnberger Gesetze' 1935 zogen viel Juden in deutsche Großstädte oder zu
Verwandten. Sie hofften, dort mehr Schutz zu finden. Das galt etwa auch für
Dora Vöhl. Sie zog zu ihrer Tochter Irene Hammerschlag in der Brunnenstraße.
Ein anderes Beispiel ist Adolf Katz, der Hertha Samuel aus der Kornstraße
heiratete. Zudem gedenkt man verstärkt der Juden, die nach der Wildunger
Pogromnacht 1938 in das Konzentrationslager Buchenwald deportiert oder Ende
1939 endgültig aus Bad Wildungen vertrieben wurden. So musste der
Textilhändler und Geschäftsinhaber Jakob Berentz als letzter noch in der
Stadt lebender Jude Ende November Bad Wildungen verlassen. An welchem Tag
genau die neuen Wildunger Stolpersteine verlegt werden, steht noch nicht
fest. Wer die Aktion finanziell unterstützen möchte, kann dies tun durch
eine Spende auf folgendes Sparkassenkonto:
Spendenaktion Stolpersteine (Kontoinhaber), IBAN: DE 32 5235 0005 0002
7920 34. Seit eineinhalb Jahren ist das Wildunger
Stolperstein-Projekt auch im Internet zu finden."
Siehe
https://stolpersteine-badwildungen.de/ Broschüre zu den
Stolpersteinen in Bad Wildungen siehe unten (Literaturübersicht mit
Download-Möglichkeit). |
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November / Dezember 2021:
Ausstellung "Blickwechsel"
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Die Ausstellung
"Blickwechsel" ist vom 14. November bis zum 15. Dezember 2021 in der
Wandelhalle von Bad Wildungen zu sehen. Im Mittelpunkt stehen Fotografien
der letzten 100 Jahre, die Alltag und Integration der Juden im Weltbad
Wildungen ebenso zeigen wie die Verfolgungen der NS-Zeit, das Überleben und
den Neuanfang nach dem Krieg. Über 25 Autoren haben sich in Fotos
hineinversetzt, sozusagen den Blick gewechselt und ihre Gedanken zu den
Bildern kreativ aufs Papier gebracht. Die Autoren stammen aus Deutschland,
Israel und den USA.
Ausstellungskatalog
(Hrsg. Städtische Museen Bad Wildungen): "Wenn
man die Augen zumacht, denn sieht man nichts" (eingestellt als
pdf-Datei). |
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Hinweis
auf online einsehbare Familienregister der jüdischen Gemeinde Bad
Wildungen |
In der Website des Hessischen Hauptstaatsarchivs
(innerhalb Arcinsys Hessen) sind die erhaltenen Familienregister aus
hessischen jüdischen Gemeinden einsehbar:
Link zur Übersicht (nach Ortsalphabet) https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/llist?nodeid=g186590&page=1&reload=true&sorting=41
Zu Bad Wildungen sind vorhanden (auf der jeweiligen Unterseite zur
Einsichtnahme weiter über "Digitalisate anzeigen"):
HHStAW 365,830 Geburtsregister der Juden von Bad Wildungen
1833 - 1858; enthält auch Bergheim, Mandern,
Wellen
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289739
HHStAW 365,834 Sterberegister der Juden von Bad
Wildungen 1841 - 1848; enthält auch Bergheim,
Mandern, Wellen
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1674996
HHStAW 365,832 Trauregister der Juden von Bad Wildungen 1848 -
1858; enthält auch Bergheim, Mandern,
Wellen https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v1030570
HHStAW 365,835 Sterberegister der Juden von Bad Wildungen 1859
- 1875 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4101076
HHStAW 365,831 Geburtsregister der Juden von Bad
Wildungen 1859 - 1876 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v3031372
HHStAW 365,833 Trauregister der Juden von Bad Wildungen 1865 -
1875 https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v4607206
HHStAW 365,836 Abschrift des Gräberverzeichnisses des jüdischen
Friedhofs in Bad Wildungen, angefertigt im März 1943 durch Hans
Oppenheimer aus Kassel 1888 - 1938
https://arcinsys.hessen.de/arcinsys/detailAction?detailid=v289717
|
Literatur:
| Germania Judaica III,2 S. 1646. |
| Paul Arnsberg: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Anfang -
Untergang - Neubeginn. 1971. Bd. II S. 403-406. |
| ders.: Die jüdischen Gemeinden in Hessen. Bilder -
Dokumente. S. 206. |
| Thea Altaras: Synagogen in Hessen. Was geschah seit
1945? 1988 S. |
| dies.: Das jüdische Rituelle Tauchbad und: Synagogen in
Hessen. Was geschah seit 1945 Teil II. 1994. S. |
| Studienkreis Deutscher Widerstand (Hg.):
Heimatgeschichtlicher Wegweiser zu Stätten des Widerstandes und der
Verfolgung 1933-1945. Hessen II Regierungsbezirke Gießen und Kassel. 1995 S.
211-212. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany Volume
III: Hesse - Hesse-Nassau - Frankfurt. Hg. von Yad Vashem 1992
(hebräisch) S. 384-386. |
| Harold Hammer-Schenk: Synagogen in Deutschland.
Geschichte einer Baugattung im 19. und 20. Jahrhundert. 2 Bände Hamburg
1981.
|
Veröffentlichungen von Johannes Grötecke (Auswahl):
| Bäder-Antisemitismus in Bad Wildungen. In:
Rundbrief Nr. 26 des Vereins zur Förderung der Gedenkstätte und des
Archivs Breitenau. Kassel 2007. S. 46-48. Online
zugänglich als pdf-Datei (mit Fotos zum
"Judenmarsch" im März 1933). |
| ders.: Spurensuche. Ein Rundgang über den jüdischen
Friedhof in Bad Wildungen. Bad Wildungen 2003. |
| ders.: Stadtrundgang. Juden und NS-Zeit in Bad Wildungen.
Bad Wildungen 2005. |
| ders. (Redaktion): Broschüre: "Hier wohnte... - Stolpersteine in Bad
Wildungen". Ein Kunstprojekt von Gunter Demnig. Bad Wildungen. Erschien
seit 2007 in mehreren Auflagen. Redaktion: Johannes Grötecke.
Auflage von 2021
mit allen von 2006 bis 2020 verlegten Stolpersteinen:
Broschüre als Datei eingestellt (pdf-Datei) |
| ders.: Bad Wildunger Juden und ihre Schicksale 1933-1945. In: Waldeckischer Geschichtsverein (Hg.), Geschichtsblätter für
Waldeck Bd. 77/1989 S. 245-275. |
| ders.: Nationalsozialismus in Bad Wildungen. In: Magistrat der Stadt Bad Wildungen
(Hg.): Die Geschichte von Stadt und Bad Wildungen. Bad Wildungen 1992. S. 175-194. |
| ders.: Die Geschichte der jüdischen Gemeinde in Bad
Wildungen. In: Yad Vashem (Hg.): Encyclopaedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust
(Pinkas Hakehillot),. Germany Vol. III. Jerusalem 1992 S. 384-386. |
| ders.: Bad Wildungen und das Edertal im Nationalsozialismus. Ergebnisse und Erfahrungen einer regionalgeschichtlichen Spurensuche (1. Beitrag der Vortragsreihe
"Das Stresemann-Gymnasium und seine Ehemaligen"). Bad Wildungen 1998. |
| ders.: "Stolpersteine" in Bad Wildungen - Bietet das Projekt neue Möglichkeiten für Gedenkkultur, Geschichtsvermittlung und
Geschichtsdidaktik? In: Geschichtsblätter für Waldeck. Bd. 95/2007. S. 127-143. |
| ders.: Der Aufstieg der NSDAP 1918 bis 1933 am Fallbeispiel Bad Wildungen. Dargestellt anhand der
"Geschichte der Ortsgruppe Bad Wildungen der Nationalsozialistischen Deutschen
Arbeiterpartei". In: Geschichtsblätter für Waldeck, Bd. 96/2008. S. 147-153. |
| ders.: Zur Geschichte der jüdischen Kurgäste von Bad Wildungen - dargestellt am Beispiel der Sage vom
"Judenbrunnen". In: Geschichtsblätter für Waldeck, Bd. 98/2010. S. 26-38. |
| ders.: "Erziehung nach Auschwitz": Der Koffer von Selma Hammerschlag aus Bad Wildungen, seine Geschichte und pädagogischen
Einsatzmöglichkeiten. In: Geschichtsblätter für Waldeck, Bd. 100/2012. S. 87-97. |
| ders.: "Es war eine liebevolle Familie, die glücklich und in Frieden lebte, bis Hitler an die Macht
kam". Ehemalige Bad Wildunger Juden und ihre Kinder im Interview. Begleitheft zur Ausstellung, Bad Wildungen 2012.
Online
zugänglich als pdf-Datei. |
| ders.: "Erlösung von den deutschen Bestien!". Das Schicksal der Familie Mannheimer aus Bad
Wildungen. In: Marion Lilienthal, Karl-Heinz Stadtler, Wilhelm Völcker-Janssen
(Hg.):
"Auf Omas Geburtstag fahren wir nach P.". Die gewaltsame Verschleppung von Juden aus Waldeck-Frankenberg
1941/42. Korbach 2013 S. 147-156 (gemeinsam mit Richard Oppenheimer). |
| ders.: Zeitzeugen und Expertenbefragungen. In: Francois Beilecke, Rudolf Messner, Ralf Weskamp (Hg.), Wissenschaft inszenieren. Perspektiven des wissenschaftlichen Lernens für die gymnasiale
Oberstufe. Bad Heilbrunn 2014 S. 171-180. |
| ders.: "Sklaven im Stacheldraht". Das Tagebuch der Erika Mannheimer aus Bad Wildungen, die als Jüdin das Ghetto von Riga und die KZs Kaiserwald und Stutthof
überlebte. In: Geschichtsblätter für Waldeck. Bd. 102/2014 S.105-128.
Online
zugänglich als pdf-Datei. |
| ders.: Die Familie Hirsch aus Bad Wildungen. In: Auschwitz – Ort der Vernichtung, Förderkreis
'Synagoge in Vöhl', o.O. 2016. S. 34-42. |
| ders.: Bad Wildungen in der NS-Zeit. Neue Forschungsergebnisse zur Verfolgung von
'Volksfeinden' und zur sogenannten
Entnazifizierung. In: Geschichtsblätter für Waldeck. Bd. 104. S. 97-152. Online
zugänglich als pdf-Datei.
|
| ders.:
Ein
Himmel voller Sterne - Synagoge Bad Wildungen - eine Spurensuche. Begleitheft
zur Ausstellung. Hrsg.: Arbeitsgemeinschaft Synagoge Bad
Wildungen. Städtische Museen Bad Wildungen - VHS Bad Wildungen. 2013.
|
| ders.: 15 Jahre "Stolpersteine" in Bad Wildungen. Ein
Beispiel für Erinnerungs- und Gedenkarbeit zur lokalen NS-Judenverfolgung.
In: Geschichtsblätter für Waldeck. Band 109. 2021. S. 101-132.
Online zugänglich als pdf-Datei.
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Bad Wildungen Hesse-Nassau. A
community was not established there until 1866, numbering 77 (over 3 % of the
total) in 1880: Contributions from Jews visiting the local spa helped to build a
synagogue center (1914). During the Weimar Republic, there were four Jewish
hotels (two kosher) and the community - affiliated with the rabbinate of Kassel
- numbered 152 (1925). As a result of the Nazi boycott from 1933 the Jewish
population declined. On Kristallnacht (9-10 November 1938), SA troops
looted and destroyed the synagogue in a murderous pogrom. Of the 150 Jews living
there in 1933, 76 left (52 emigrating) and the remainder (67) were expelled by
the end of 1939. At least 50 perished in the Holocaust.
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