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im Elsass"
Odratzheim
(Dep. Bas Rhin / Alsace / Unterelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Odratzheim bestand eine - zeitweise relativ große -
jüdische Gemeinde bis in die 1930er-Jahre. Ihre Entstehung geht in die Zeit des
17./18. Jahrhunderts zurück. 1784 wurden bereits 39 jüdische Familien
mit zusammen 181 Personen gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie
folgt: 1807 208 jüdische Einwohner, 1846 221, 1861 167, 1870 182, 1910
57.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule (zeitweise jüdische Elementarschule/Volksschule, um
1889) und ein rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
ein Lehrer angestellt, der zugleich auch als Vorbeter und Schochet tätig
war. Um 1844 wird Lehrer H. J. Vogel genannt, um 1887/89 Lehrer Bloch, dazu als
Kantor Herr Meyer, um 1892 und nach 1908 Lehrer Salomon Weil
(siehe Berichte unten) sowie weiter um 1892 Herr Meyer als Kantor (in
Verzeichnissen um 1894/98 Lehrer Simon; um 1896/98 als Kantor Herr Heymann). Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat
Westhoffen.
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1887/89 S. Lévy, um
1892/1898 Herr Bloch, um 1899 A. Levy.
Von den jüdischen Vereinen werden genannt: um 1905 ein
Männer-Wohltätigkeits-Verein unter Leitung von M. Kintsburger und ein
Frauen-Wohltätigkeitsverein unter Leitung von Frau Bloch.
1936 wurden noch 13 jüdische Personen in Odratzheim gezählt.
Diejenigen, die in den folgenden vier Jahren nicht den Ort verlassen
beziehungsweise emigrieren konnten, wurden unter der deutschen Besatzung 1940
nach Südfrankreich deportiert.
Von den in Odratzheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Berthe (Berthlda)
Blum (1858), Simon Hinfeld (1892), Jonas Levy (1886), Jules Levy (1886), Minette
Levy (1885), Myriam (Melanie) Levy (1888), Anna Meyer (1877), Rose Rosenwald
(1854), Rene Schwartz (1898), Albert Weil (1880), Alexandre Weil
(1882).
Nach 1945 kehrten nur wenige jüdische Personen nach Odratzheim zurück.
1953 wurden vier jüdische Einwohner gezählt.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Lehrer H.J. Vogel führt die Konfirmation durch
(1844)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Juni 1844:
"Straßburg, im Mai (1844), Im Elsass findet eine jede
Maßregel, die nicht von anno 1500 sich herschreibt, und wenn ihr Nutzen
und Wert obenauf liegt, entschiedenen Widerstand, der sich erst mit der
Zeit überwinden lässt. Bald sind es die Gemeinden, bald die Rabbinen,
welche sich entgegensetzen. So enthält der Courr. du Bas-Rhin folgenden
Artikel:
Odratzheim. - Die israelitische Gemeinde von Odratzheim
(Bezirk von Wasselnheim) kann sich
nur zu dem Eifer Glück wünschen, welchen der israelitische Lehrer H. J.
Vogel für die moralische und religiöse Erziehung sowie für den
Unterricht der seiner Leitung anvertrauten Kinder entfaltet. Da der Herr
Rabbiner von Westhofen sich jüngst geweigert hatte, zur Konfirmierung der
Kinder von Odratzheim zu schreiten, ordnete der Herr Großrabbiner zu
diesem Behufe den Herrn Vogel ab, welcher sich dieses Auftrages mit ebenso
viel Talent als Ergebenheit entledigte. n einer Rede, welche von der
ganzen Gemeinde mit lebhaftem Vergnügen angehört wurde, hob er die
Vorteile hervor der neuen vom Herrn Großrabbiner ergriffenen Maßregeln,
um den Religionsunterricht der israelitischen Kinder zu sichern, und die
Jugend dieses Kultus in das Niveau der Ideen und der Bedürfnisse des
Jahrhunderts zu setzen.
Das vom Lehrer von Odratzheim gegebene Beispiel verdient als ein wichtiger
Schritt zur Verwirklichung der Verbesserungsideen bezeichnet zu werden,
welches das israelitische Konsistorium fortzupflanzen sucht.
- Merkwürdig närrisch sind die Lügen, welche die französischen
Zeitungen namentlich über deutsche Zustände fabrizieren. Obgleich unsere
deutschen bereits einen hohen Grad von Ausbildung erreicht haben, so
kommen sie doch den französischen noch lange nicht gleich. Der Courr. du
Bas-Rhin vom 11ten enthält eine Korrespondenz über die 'Reformierten' in
Frankfurt am Main, die höchst lächerlich ist. Die 'Reformierten' werden beschuldigt,
'in ihrer religiösen Formel politische Tendenzen zu bergen, welche revolutionär
und für den Staat verderblich sind' (!!), 'die ganze Angelegenheit ist
vor den deutschen Bund gebracht' (!!), 'zwei Drittel der Gemeinde gehören
dazu' ff." |
Lehrer und Kantor Salomon Weil kommt aus Balbronn nach Odratzheim (1908)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1908:
"Odratzheim, 20. Dezember (1908). Nach fünfmonatlicher Vakanz
wurde die hiesige Kantorstelle wieder besetzt. Der einzige Bewerber,
(trotzdem die Stelle 13-1400 Mark einträgt) Herr Salomon Weil aus Balbronn,
wurde gewählt. Die hiesige jüdische Gemeinde war noch vor ca. 25 Jahren
eine der größten frömmsten und musterhaftesten Gemeinden des Elsass,
sie umfasste 60-70 Familien, während sie heute kaum einen Minjan zählt.
Auch die Nachbar-Gemeinde Scharrachbergheim
war vor noch nicht allzu langer Zeit eine prächtige jüdische Gemeinde.
Hier wohnen nur noch drei Familien. Trotzdem ist noch kein Heiliger
Schabbat vorübergegangen, ohne Gottesdienst mit Minjan, nämlich durch
Hinzuziehung der Fehlenden aus Nachbargemeinden gegen Vergütung. In
Scharrachbergheim versieht schon seit 30 Jahren ein Privatmann, Herr M.
Bloch, die Stelle als Kantor. C.L." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Leopold Levy
(1900)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. August 1900: "Am
24. dieses Monats (sc. Juli 1900) starb in Odratzheim bei Wasselnheim,
Elsass, der älteste und geachtetste Mann des Ortes, Herr Leopold Levy
seligen Andenkens, der das hohe Alter von 84 Jahren erreicht hat. Der
Verstorbene war ein frommer und gottesfürchtiger Toragelehrter
(wörtlich: Sohn der Tora), dessen Streben war, sein Wissen und Können
zum Nutzen und zur Belehrung seiner Glaubensgenossen in Odratzheim
und im benachbarten Scharrachbergheim zu verwerten. Jeden Schabbat hielt
er in genannten Ortschaften religiöse Vorträge, für welche er keine
Belohnung beanspruchte, sondern rein zur Ehre Gottes, trotzdem seine
pekuniären Verhältnisse manches zu wünschen übrig ließen. Mögen
dessen in Odratzheim wohnhaften zwei Söhne die Lebensweise ihres frommen
Vaters sich zum Muster und Vorbild nehmen, damit sie dazu beitragen - das
Andenken an den Gerechten ist zum Segen." |
Zur Geschichte der Synagoge
Die Synagoge in Odratzheim wurde um 1730 erbaut. Anfang
des 19. Jahrhunderts reichte sie für die größer werdende Gemeinde nicht mehr
aus. Man entschloss sich zu einer Erweiterung, die um 1819 durchgeführt
wurde.
Bis Anfang der 1930er-Jahre war die Synagoge Mittelpunkt der jüdischen
Leben am Ort. Unter der deutschen Besatzung wurde das Gebäude in Brand gesetzt.
1941 wurde sie der politischen Gemeinde übereignet. 1968 wurde das Gebäude an
einen Privatmann verkauft, der sie als Scheune
verwendete.
Seite einiger Zeit ist das ehemalige Synagogengebäude
renoviert und wird zu kulturellen Zwecken verwendet. Äußerlich sind die
Rundbogenfenster an den Traufseiten und der Okulus an der Giebelseite als
Erinnerungen an die Zeit als Synagoge erhalten geblieben.
Adresse/Standort der Synagoge: Rue d l'èglise
Fotos
Die ehemalige
Synagoge
von Odratzheim in den 1980er-Jahren
(Quelle: Rothé / Warschawski
s. Lit. S. 105) |
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Die ehemalige
Synagoge
nach der Restaurierung
(Quelle: Wikipedia-Artikel s.u.) |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
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Michel
Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire.
Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. S. 105.
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