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im Elsass"
Scharrachbergheim
(Gemeinde Scharrachbergheim-Irmstett, Dep. Bas-Rhin / Alsace / Unterelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Scharrachbergheim bestand eine jüdische Gemeinde bis
ungefähr zur Zeit des Ersten Weltkrieges. Ihre Entstehung geht in die Zeit des
18. Jahrhunderts zurück. 1784 wurden 21 jüdische Familien mit zusammen
108 Personen gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1807 113 jüdische Einwohner , 1846 70, 1861 101, 1870 105, 1888 55, 1892
49 (in 13 Familien), 1910 36.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Religionsschule und ein rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war
zeitweise im 19. Jahrhundert ein Lehrer am Ort.
Nachdem die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder zurückgegangen war, wurde der
Religionsunterricht durch einen auswärtigen Lehrer erteilt. So hielt um 1889/1892 Lehrer Leopold von
Odratzheim den Religionsunterricht der
jüdischen Kinder aus Scharrachbergheim. Das Dienst des
Vorbeters (Kantors) wurde ehrenamtlich versehen. 1928 wurde von Moise Bloch berichtet
(siehe Bericht unten), dass er 60 Jahre lang, also seit 1868
ehrenamtlicher Vorbeter in der Synagoge war. Als Synagogendiener wird 1892/1896
M. Levy genannt.
Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat in Romanswiller bzw. nach dessen Auflösung zum Bezirksrabbinat
in Marmoutier (nach 1910
Saverne).
Als Gemeindevorsteher werden genannt: um 1888 G. Levy, um 1889/1896 J.
Levy.
1936 wurden nur noch vier jüdische Einwohner in Scharrachbergheim
gezählt.
Von den in Scharrachbergheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem): In der Liste von Yad Vashem werden keine
Personen aus "Scharrachbergheim" genannt, einige der nachstehend
genannten jedoch unter fehlerhaft geschriebenen Ortsangaben oder unter anderen
Ortsnamen.
Auf der Seite http://judaisme.sdv.fr/histoire/shh/deportes/brhin7.htm
finden sich die folgenden Namen von Deportierten aus Scharrachbergheim: Albert
Bloch (1888), Gaston Bloch (1926), Henri-Ernest Bloch, René Goldenberg, Joseph
Levy, Renée Levy geb. Dreyfus, Nicole Levy, Fanny May, Simon May, Suzanne May
geb. Blum, Solange May.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Die jüdische Gemeinde besteht nur noch aus drei Familien (1908)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Dezember 1908:
"Odratzheim, 20.
Dezember (1908). Nach fünfmonatlicher Vakanz wurde die hiesige
Kantorstelle wieder besetzt. Der einzige Bewerber, (trotzdem die Stelle
13-1400 Mark einträgt) Herr Salomon Weil aus Balbronn,
wurde gewählt. Die hiesige jüdische Gemeinde war noch vor ca. 25 Jahren
eine der größten frömmsten und musterhaftesten Gemeinden des Elsass,
sie umfasste 60-70 Familien, während sie heute kaum einen Minjan zählt.
Auch die Nachbar-Gemeinde Scharrachbergheim war vor noch nicht allzu langer
Zeit eine prächtige jüdische Gemeinde. Hier wohnen nur noch drei
Familien. Trotzdem ist noch kein Heiliger Schabbat vorübergegangen, ohne
Gottesdienst mit Minjan, nämlich durch Hinzuziehung der Fehlenden aus
Nachbargemeinden gegen Vergütung. In Scharrachbergheim versieht schon
seit 30 Jahren ein Privatmann, Herr M. Bloch, die Stelle als Kantor. C.L." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Leopold Levy (Odratzheim, 1900)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. August 1900: "Am
24. dieses Monats (sc. Juli 1900) starb in Odratzheim bei Wasselnheim,
Elsass, der älteste und geachtetste Mann des Ortes, Herr Leopold Levy
seligen Andenkens, der das hohe Alter von 84 Jahren erreicht hat. Der
Verstorbene war ein frommer und gottesfürchtiger Toragelehrter
(wörtlich: Sohn der Tora), dessen Streben war, sein Wissen und Können
zum Nutzen und zur Belehrung seiner Glaubensgenossen in Odratzheim
und im benachbarten Scharrachbergheim zu verwerten. Jeden
Schabbat hielt er in genannten Ortschaften religiöse Vorträge, für
welche er keine Belohnung beanspruchte, sondern rein zur Ehre Gottes,
trotzdem seine pekuniären Verhältnisse manches zu wünschen übrig
ließen. Mögen dessen in Odratzheim wohnhaften zwei Söhne die
Lebensweise ihres frommen Vaters sich zum Muster und Vorbild nehmen, damit
sie dazu beitragen - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen." |
Zum Tod von Moise Bloch (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Februar 1928: "Scharrachbergheim,
27. Januar (1928). Am 27. Januar wurden die irdischen Reste des Moise
Bloch zur letzten Ruhe gebracht. In seinem 82. Lebensjahre ist ein Mann
dahingegangen, dessen Leben und Wirken wir noch lange verspuren werden als
in einer Zeit und einem Lande, das arm ist an Männern von solcher
Glaubensstärke, gepaart mit wahrer Menschenliebe. Welche Achtung er sich
bei seinen Mitmenschen erwarb, zeigte sich bei dem imposanten
Leichenbegängnis. Mit aller Kraft trat er für die Wahrheiten des
Judentums ein und wich auch nicht um Haaresbreite vom Althergebrachten. Am
Freitag wurde der Verblichene zur ewigen Ruhe gebettet. Den Oraun (Sarg)
trug man in die hellerleuchtete Synagoge, an die Stätte, wo der
Verblichene ein Menschenalter hindurch, während 60 Jahre als freiwilliger
Schliach Zibbur (Vorbeter) gewirkt hat. Nach Psalmengesängen des Herrn
Kantor Schwarzfuchs - Bischheim hielt
Herr Rabbiner Dr. Bloch, Barr, die Trauerrede und entwarf in markigen
Worten ein Lebensbild des Verstorbenen. Herr Kantor Kauffmann - Obernai,
ein Neffe des Verstorbenen und Herr Kantor Schwarzfuchs - Bischheim
beschlossen die Trauerfeier mit weiteren Psalmengesängen. Man sah in der
Synagoge auch den greisen protestantischen Pfarrer, Herrn Heyden." |
Zum Tod von Caroline Bloch geb. Roos
(1929)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. April 1928:
"Scharrachbergheim, 31. März (1929). Nachdem erst vor Jahresfrist
ihr frommer Gatte im Tode ihr vorausgeeilt war, hauchte nun auch Frau
Caroline Bloch geb. Roos, im 75. Lebensjahre am Purim ihre reine Seele
aus. Noch am Vorabende bat sie, man möge ihr aus dem Buche Esther
vorlesen, traf alsdann die letzten Anordnungen und ruhig und still, wie
sie lebte, ist sie in die ewigen Gefilde eingegangen. Der
Wohltätigkeitssinn dieser frommen Frau kannte keine Grenzen, wo es zu
helfen, zu raten und taten galt, stand sie an erster Stelle. Zedoko übte
sie im Stillen in reichem Maße und wo ihre eigenen Kräfte zu gering
waren, war sie bemüht, andere heranzuziehen. Und noch kurz vor ihrem
Heimgang bangte sie und zagte sie sich für eine Familie, die ihr
besonders am Herzen lag! Im Verein mit ihrem heimgegangenen Gatten erzog
sie ihre Kinder im Geiste unserer heiligen Tora. Aus Nah und Fern
(darunter zahlreiche Nichtjuden) waren sie herbeigeeilt, um dieser
tugendhaften Frau die letzte Ehre zu erweisen und mit Recht konnte Herr
Rabbiner Dr. Bloch in seiner ergreifenden Rede darauf hinweisen, dass die
Verblichene zu den Nesche Chajil (wackeren Frauen) zu zählen sei, die
leider immer seltener werden. Sie möge in Frieden ruhen und Gott
möge den trauernden Hinterbliebenen seinen gütigen Trost spenden. Ihre
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Über den aus Scharrachbergheim stammenden
Rabbiner Lazare Bloch (1813-1888)
Lazare Bloch (geb. 1813 in Scharrachbergheim,
gest. 1888 in Sarre-Union): erhielt seine Ausbildung bei Juda Lévy in
Quatzenheim; 1851 interimistisch Rabbiner in
Ribeauvillé, 1857 Seelsorger
für die 60 Internatsschüler am kaiserlichen Gymnasium in
Colmar;
Religionslehrer in Colmar, 1867-68 interimistisch Groß-Rabbiner in
Colmar; 1871 Rabbiner in Seppois-le-Bas, September 1881-1888 Rabbiner in
Quatzenheim. |
Zur Geschichte der Synagoge
Zur Geschichte der Synagoge liegen nur wenige keine Informationen
vor. Über den unten stehenden Link ist ein Beitrag von Camille Bloch
erreichbar, in dem sich Erinnerungen an die ehemalige Synagoge finden. In dem
oben stehenden Bericht zum Tod von Moise Bloch wird berichtet, wie sein Sarg vor
der Beisetzung in die hell erleuchtete Synagoge des Ortes gebracht
wurde.
1908 wird berichtet, wie trotz der zurückgegangenen Zahl der jüdischen
Familien am Ort (es gab nur noch drei jüdische Familien in
Scharrachbergheim) jeden Schabbat Gottesdienste abgehalten wurden. Freilich
musste man sich bereits damals durch auswärtige jüdische Männer behelfen, um
den Minjan (Zehnzahl der jüdischen Männer zum Gottesdienst zu erreichen).
Adresse/Standort der Synagoge: unbekannt
Fotos
Es sind noch keine
Fotos zur jüdischen Geschichte in Scharrachbergheim vorhanden;
über
Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster der "Alemannia
Judaica";
Adresse siehe Eingangsseite. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Michel
Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire.
Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992.
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