Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Unterfranken"
Pfarrweisach (Kreis
Hassberge)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Pfarrweisach bestand eine jüdische Gemeinde bis Mitte
des 19. Jahrhunderts. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./18. Jahrhunderts
zurück. Zunächst konnten sich nur einzelne jüdische Personen/Familien
niederlassen: 1535 wird in Pfarrweisach unter dem Schutz der Dorothea von
Thüngen und des Endres von Stein ein Jude Kerpflin genannt, der gemeinsam mit
einem anderen Juden auf dem Weg zur Frankfurter Frühjahrsmesse war, als sie bei
Hanau von Reitern überfallen und ausgeraubt wurden. Danach erfahren wir erst
1669 wieder von einem Schutzjuden aus Pfarrweisach, der durch einen der Ortsherren
Hans Wilhelm vom Stein aufgenommen worden war. Um 1690 lebten am
Ort drei jüdische Familien (des Joseph, Schimmel und Mayer), die mit den
Familienangehörigen wohl bereits eine kleine Gemeinde bilden.
Im 18. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Familien zu: 1740 ist von 14
jüdischen Familien die Rede, 1748 von zwölf, nämlich vier erthalschen, sieben
altensteinischen und einem liechtensteinischen Untertanen. Ende des 18.
Jahrhunderts waren sogar 17 jüdische Familien am Ort.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1801 gab es neun jüdische Haushaltungen, 1817 13 jüdische
Haushaltungen, 1825 66 jüdische Einwohner, 1828 62, 1867 19, 1871 zehn.
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Pfarrweisach auf
insgesamt 13 Matrikelstellen die folgenden jüdischen Familienvorstände
genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Seligmann Pfeufer
Heuchelbach (Viehhändler), Goetzel Hirsch Ehrmann (Viehhändler), Pfeufer
Hirsch Weinberg (Viehhändler), David Seligmann Heuchelbach (Viehhändler),
Israel Goetzel Ehrmann (Viehhändler), Moses Michel Mayländer (Lehrer),
Sußmann Michel Mayländer (Viehhändler), Aron Jacob Friedländer
(Warenhändler), Aron Moises Gutmann (Warenhändler), Jacob Abraham Friedlich
(Viehhändler), Bela, Witwe von Moses Frank (Warenhändler), David Moises
Ehrlich (Warenhändler), Abraham Levi Straßburger (Kleiderhändler). Die
jüdischen Familien waren damals im Besitz von Schutzbriefen, die von
den unterschiedlichen Herrschaften ausgestellt waren (die meisten von den
Gutsherren/Freiherren von Altenstein, einzelne von den Herren von Künitz, der
Hochfürstlichen Regierung Würzburg und der Großherzoglichen Landesdirektion
Würzburg).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde einen Betraum oder eine
Synagoge (s.u.), einen Schulraum für den Unterricht der Kinder (vermutlich im
Betraum) und ein
rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof
in Ebern beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war -
zumindest zeitweise in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts - ein Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Erstmals wird -
mit der Matrikelliste 1817 (s.o.) - als Lehrer Moses Michel Mayländer
genannt. Sein Nachfolger war Samson Wolf (nannte sich später mit
Familiennamen Sulzbacher; genannt im Nachruf für seinen Sohn Jacob
Sulzbacher, geb. 1809 in Sulzbach, aufgewachsen später in Pfarrweisach, siehe
Bericht unten). Samson Sulzbacher dürfte bis um 1830 Lehrer in Pfarrweisach
gewesen sein. 1832 wurden die jüdischen Schulen in Pfarrweisach und
Kraisdorf
wohl zusammengelegt (mit Sitz in Kraisdorf).
Die Zahl der jüdischen Einwohner ging nach der Mitte des 19. Jahrhunderts durch
Ab- und Auswanderung schnell zurück. In einer Kollektenliste der jüdischen
Gemeinde wurden 1865 in der Zeitschrift "Der Israelit" in Pfarrweisach noch
genannt: 1865 Isaak Ehrmann, Salomon Ehrmann, Samuel Frank, Hirsch Weinberg,
Joseph Ehrlich, S. Kaufmann. Um 1870 werden in Kollektenlisten noch Salomon
Ehrmann und Hirsch Weinberg genannt. 1883 lebten nur noch der Witwer
Sussmann Kaufmann und seine Haushälterin sowie der Metzger Hirsch Weinberg,
seine Frau und sein Sohn am Ort. Wenig später war Sussmann Kaufmann der letzte
jüdische Einwohner von Pfarrweisach (in Kollektenliste im "Israelit" vom
15.7.1886 letztmals genannt). 1885 erreichte Sussmann Kaufmann die
förmliche Auflösung der Gemeinde. Er war zuletzt der jüdischen Gemeinde
Kraisdorf zugeteilt, starb am 7. Juni 1887 und wurde in
Ebern beigesetzt. Mit seinem Tod endete die
jüdische Geschichte in Pfarrweisach.
Von den in Pfarrweisach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): in den angegebenen
Listen finden sich keine Namen aus Pfarrweisach.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und Vorbeter
Lebensgeschichte des Lehrers Jacob
Sulzbacher (geb. 1809 in Sulzbach,
gest. 2. Dezember 1868 in
Kirchheimbolanden)
Anmerkung: Jacob Sulzbacher war der Lehrer des jüdischen Lehrers in
Pfarrweisach Samson Wolf (Sulzbacher), der nach 1817 und mindestens bis um 1830 in
Pfarrweisach als Lehrer tätig war. Sein Sohn Jacob lernte in
Memmelsdorf, dann
Burgpreppach und schließlich an der
Lehrerbildungsanstalt in Würzburg. Zunächst war
er an verschiedenen Gemeinden jeweils kurzzeitig Lehrer, u.a. in
Obrigheim, wo er seinen erblindeten Bruder
unterstützte, dann von 1834 bis 1866 bzw. 1868 in
Kirchheimbolanden.
Artikel
in "Der israelitische Lehrer" vom 23. Dezember 1868: "Jacob Sulzbacher
ist tot, entrissen den liebenden Kindern, den zahlreichen Freunden. Wir
standen weinend an seinem Grabe; die endblätterten Bäume, die winterliche
Natur rings um uns her schien mit uns zu trauern. Doch über Berg und Tal,
über Bäume, Gräber und Leichensteine hinweg glänzte ein heller Sonnenstrahl
und spiegelte sich in unseren Tränen, dass sie wie Perlen, wie Tautropfen
erglänzten; - die Liebe stirbt nicht.
Die Liebe lebt ewig. Sie ist das Wahrzeichen der Menschheit, der
Unsterblichkeit. 'Die Lehrer werden erglänzen wie der Strahl des Himmels
und die Viele zur Gerechtigkeit führten, wie die Sterne immer da und ewig'.
(Daniel 12,3, hebräisch und deutsch).
So wollen wir denn in diesen Zeilen dem heimgegangenen Freunde ein Denkmal
unvergänglicher Liebe, heiliger und erhebender Erinnerung an sein Sterben
und Wirken im Leben setzen; uns zum Troste, Allen ein leuchtendes Vorbild.
'Ich bin' - so schrieb der Verblichene in den uns vorliegenden
Aufzeichnungen aus den letzten Monden seines Lebens - 'am 9. Februar 1809 zu
Sulzbach in der bayerischen
Oberpfalz geboren, woselbst mein Vater seligen Andenkens, damals noch Samson
Wolf genannt, Unterkantor war. Er war selbst in
Sulzbach geboren, Sohn des
gedachten Wolf und der Frau Rachel geb. Katzenellenbogen. Diese war
die älteste Tochter des berühmten Gelehrten Naphtali Hirsch
Katzenellenbogen*, weiland Pfalzrabbiners zu Mannheim, und soll nach den
vielen Erzählungen meines seligen Vaters eine sehr fromme, geistreiche Frau
gewesen sein'.
Nach einem Stammbaum (sefer hajuchasin), der sich in den Händen der
Kinder unseres seligen Freundes befindet, gehören dieselben demnach der
hochberühmten und ehrwürdigen Familie Katzenellenbogen an, die ihren
Ursprung bis auf jenen Saul Wahl, der Rabbiner zu Brisk (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Saul_Wahl) und, der
vielbekannten Sage nach, eine Nacht Wahlkönig von Polen war (sc.
man lese das herrliche: 'Mendel Gibbor' von Bernstein: 'Wir sinnen von
Königlichem Geblüt') und weiter auf Rema (Rabbi Moses Isserles
https://de.wikipedia.org/wiki/Moses_Isserles), Raban (Rabbi
Elieser ben Natan
https://de.wikipedia.org/wiki/Elieser_ben_Nathan_aus_Mainz) und Eljakim
aus dem
Geschlechte Raschis (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Raschi) zurücklenkt, welcher Familie
bekanntlich auch Gabriel Rieser (vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Gabriel_Riesser) und die edlen Montefiore
(vgl.
https://de.wikipedia.org/wiki/Moses_Montefiore) angehören.
Einige Jahre nach der Geburt unseres Sulzbacher zog der Vater nach
Pfarrweisach; dort war er Lehrer, Vorsänger und Schächter. Da aber die
Erträgnisse der Stelle nicht ausreichten, die Familie zu ernähren - es waren
vier Söhne und eine Tochter da - so beschäftigte sich Samson Sulzbacher auch
damit, Privatbibliotheken, die verkäuflich waren, aufzuspüren, anzukaufen,
die wertvolleren Werke von Kennern ausscheiden zu lassen und die übrigen zu
Tüten zu verarbeiten, bei welcher Fabrikation eigene Kinder und Schüler
gemeinschaftlich beschäftigt und auch zugleich unterrichtet wurden. Unseren
Jakob aber, welcher, weil er Fähigkeit verriet, zur Tora bestimmt wurde, tat
der Lehrer der Vater nach Memmelsdorf,
zwei Stunden von Pfarrweisach, wo damals ein guter Talmudlehrer und auch schon
eine gute deutsche Schule sich befand. Der kleine, kluge und zutunliche
Junge, welcher von seinem 11. bis 13. Jahre dort weilte, war allgemein
beliebt, machte gute Fortschritte in den deutschen Schul-, sowie auch in den
hebräischen und talmudischen Kenntnissen, und offenbarte auch schon
musikalische Befähigung. Von seinem 13. Jahre an war er etwa zwei Jahre lang
in Burgpreppach, anderthalb Stunden
von Pfarrweisach, um das Talmudstudium fortzusetzen, und auch hier mit gutem
Erfolg. Im 20. Jahre seines Lebens kam er ins
Seminar nach Würzburg. Dort war dazu mal eine Zeit des regsten
Emporstrebens. Eine Reihe vorzüglicher Jünglinge, von denen viele später und
auch noch jetzt als Männer segensreich wirken in verschiedenen Berufen,
studierte auf der Universität oder suchte sich auf dem Seminar zum Lehramt
vorzubereiten. Es war eben die neue Zeit mit ihren äußeren und inneren
Umwandlungen, die die jüdischen Jünglinge jener Epoche zur kräftigsten
Entfaltung ihrer Geisteskräfte anregte. Von dem Geist dieser Zeit genährt,
trat Sulzbacher als Lehrer in die Schule, wirkte zuerst in einigen kleineren
Gemeinden Unterfrankens, dann als Gehilfe bei seinem, auch in Gott ruhenden,
erblindeten Bruder, dazumal Lehrer in
Obrigheim in der Pfalz, und wurde alsdann vor 34 Jahren als Lehrer und
Kantor nach Kirchheimbolanden
berufen. Hier wirkte er, bis vor etwa zwei Jahren zunehmende Schwäche und
Kränklichkeit ihn mahnte, das schwierige Amt niederzulegen. Die Regierung
sendete ihm einen Gehilfen, und als die Kränklichkeit nicht abnahm,
versetzte sie ihn in huldvollster Weise in den wohlverdienten Ruhestand. Die
Pension trug teilweise der Staat, teilweise der Lehrerpensionsfonds. Er
hätte sich nun in Ruhe seines Lebens erfreuen mögen. Aber die Vorsehung
hatte es anders beschlossen.
Sulzbacher war vermählt mit einer Cousine, Regine Schwarz aus
Sulzbach, ebenfalls aus der
obengenannten berühmten Familie. Die Ehe war eine gottgesegnete, bis der Tod
dieses herrliche Band vor nun sechs Jahren löste. Von fünf Kindern - vier
Söhnen und einer Tochter - ging ihm der Jüngste - ein hoffnungsvoller, zum
Lehramte vorgebildeter Jüngling von 21 Jahren - am 5. Juni 1866 im Tode
voraus. Nur durch die ausdauerndste und hingebenste Pflege der liebenden
Tochter und einer ebenso liebevollen verwaisten Nichte - die in seinem Hause
reichen Ersatz für Eltern- und Geschwisterliebe gefunden hatte und diese
Liebe in edelster Weise erwiderte - konnte der schwächliche Körper so lange
erhalten werden. Nach langem, in den letzten Monaten hoffnungslos gewordenen
Leiden, hauchte er im Arme seiner liebenden Kinder in der Nacht nach dem 2.
Dezember seine edle Seele aus, nachdem er noch fast unmittelbar vor seinem
Tode einem verwandten Knaben Unterricht erteilt hatte.
An seinem Leichenzuge beteiligten sich neben den Gliedern der israelitischen
Gemeinde und den sämtlichen Lehrern des Kreises, die Professoren der
Lateinschule mit ihren Schülern, die Mitglieder des städtischen
Liederkranzes und ein großer Zug von Leidtragenden aus allen, auch den
besten, Kreisen und Ständen der |
Bürgerschaft,
die Beamten und so fort. An seinem Grabe sangen der Liederkranz vereint mit
den Lehrern und die jüdischen Schülerinnen. Herr Dr. Rothschild aus
Alzey war von den Hinterbliebenen berufen,
am Grabe zu sprechen und er sprach mit gewohnter Beredsamkeit und in
tiefergreifendster Weise, indem er das Feld der Ehre, auf dem dieser
Kämpfer gefallen, verglich mit jenem Felde, auf welchem Blut gesäet und
Tränen geerntet werden. Er zeichnete den edlen Jakob, der mit
finsteren Mächten gekämpft in der Nacht und dem es nun tagte, wie er war im
Leben: als Lehrer, als Vater, als Mensch.
Noch eine Scholle Erde auf seinem Sarge - dann zogen wir heim, um einen
herrlichen Freund ärmer.
Sulzbacher war ein ausgezeichneter Lehrer, voll ausdauerndsten
Berufseifers, ausgerüstet mit hingebendster Begeisterung, mit einem reichen
Fond von Kenntnissen auf allen einschlägigen, besonders aber auf dem
jüdischen Gebiet; voll unwandelbarer Treue und wahrer Hillel'scher Sanftmut,
Geduld und Bescheidenheit, mit einem reichen Herzen voll Liebe. So sehr
seine Kräfte abnahmen - er konnte nicht sein ohne praktische Beschäftigung
in seinem Berufe, und wie er bis jetzt in die letzten Tage und Stunden
seines Lebens zu unterrichten strebte, so liebte er auch fortbildende
Studien, wissenschaftliche, ernste, pädagogische Unterhaltung. Noch im
jüngsten Sommer, als ich zum letzten Male das Glück genoss, ihn zu sehen,
sprach er mit Begeisterung von Raschi, den er in jenen Tagen eifrig
studierte. Alles Neue im Leben der Schule, auf dem Gebiet der Erziehung und
des Unterrichts regte ihn an, suchte er zu prüfen, und er handelte stets nur
nach festen, klaren und anerkannten Prinzipien. Sein Unterricht zeichnete
sich durch sinnreiche Anordnungen aus, und er verstand es, trotz seiner
unvergleichlichen Sanftmut, oder gerade wegen derselben, die Herzen der
Kinder zu fesseln, die ihm eine unbegrenzte Ehrerbietung zollten, sodass er
eigentlich nie strenge disziplinarische Mittel anzuwenden hatte.
Er war ein ganzer Lehrer; die Berufstreue war ihm so sehr Lebens- und
Gewissensache, dass er schon darum in nichts sich ein liest, als was direkt
darauf Bezug hatte; in der Beschränkung lag für ihn die Freiheit, die
intensivste Wirksamkeit.
Er war ein liebender Gatte, ein edler, vortrefflicher Vater. Seinen
Kindern gab er die trefflichste Erziehung und sie hingen ihm an mit
musterhaftester Kindesliebe, mit unbegrenzter Verehrung. Bei der Kunde von
seiner Todesnähe eilte sein Sohn von Paris herbei - und traf leider erst
eine halbe Stunde nach der Beerdigung ein. Das reiche, durch den Hauch der
Bildung und die geistige Regsamkeit ausgezeichnete Familienleben übte einen
beglückenden Zauber auf jeden aus, der es kennenzulernen Gelegenheit
hatte.
Sulzbacher war ein vortrefflicher Mensch, voll unvergleichlicher Herzensgüte, voll tiefen Gemüts. Wohl kein lebendes Wesen ist je von
ihm mit Wissen oder vorsätzlich gekränkt oder beleidigt worden. Im
Gegenteil! Wenn wir auch im Geiste dessen, dem wir dieses Denkmal der Liebe
weihen, Vergangenes unberührt lassen, so wissen wir doch, dass so manche
Unbill und Ungerechtigkeit nur allzu tief sein Gemüt verwundete; und dennoch
ließ er alles über sich ergehen, ohne sich und seinem Berufe untreu zu
werden. Er verbarg den Schmerz, den die Undankbarkeit der
Menschen in seinem Gemüte erregte, in seinem Herzen und war gütig und
liebevoll gegen Alle, nach wie vor.
Diese Liebe, diese Treue, diese edlen
Eigenschaften des Geistes und Herzens gewannen ihm die Hochachtung und
Zuneigung aller derer, die ihn kannten. Die Bürger Kirchheims brachten ihm
eine unbegrenzte Hochachtung und Verehrung entgegen. Insbesondere aber
liebten und verehrten ihn seine Kollegen, für welche er stets und überall
ein treuer Freund und wo er nur konnte ein Helfer in der Not war.
Er war ein
Mann, der mit klarem denkenden Geist die Gegenwart und, was ihr Not tut,
erkannte; der aber auch mit seinem ganzen großen Herzen, mit heilige
Begeisterung das Judentum umfasste, dass er wie wenige unserer Zeit kannte
und liebte. Mit rührender Anhänglichkeit war er den edleren religiösen
Gebräuchen
zugetan und bedauerte lebhaft den Indifferentismus und den Verfall des
religiösen Lebens. Ja er war Einer von den edlen Männern unserer
Übergangsperiode, der mit der ganzen Kraft des Wissens und Geistes das Neue
erkannte, den Fortschritt anstrebte, aber mit ebenso edlem Eifer und
rührender Gemütstiefe den bedeutungsvollen Eigentümlichkeiten des jüdisch-religiösen Lebens zugetan war und blieb. Er hatte ein
jüdisches Herz.
Solch
einen treuen redlichen Freund haben wir verloren! Rings um uns lichten
sich die Reihen, und der Männer aus jener Zeit, welche mit Wissen und
Charakter zu kämpfen für die neue Zeit ausgerüstet waren, werden immer
weniger. Wer wird mit starker Kraft und frischem Mut die ausgestreute Saat
schützen und - die Zeit der Ernte schauen?
Was Sulzbacher mir und wohl auch
seinen übrigen näheren Freunden war, die ich hier nicht nenne, die aber am
Schlage ihres Herzens fühlen, wen ich meine vermag ich nicht auszusprechen.
Wir - ich und noch ein Anderer - hatten ihn spät gefunden. Nur
tiefe und ernste
Motive bilden den Grund für Freundschaften, die auf der Höhe des Lebens
geschlossen werden. Aber umso köstlicher sind diese Blumen auf unserem
ernsten Lebenswege. Sie werden ein Talisman bleiben für unser ganzes Leben.
Ja, in unserem Herzen steht ein Denkmal für dich, dass nicht schwinden wird,
solange wir hier weilen auf Erden. Schlafe wohl, teurer Freund, edler
Genosse. Deinem Wirken ist ein unvergänglicher Lohn beschieden. Unter den
Besten und Edelsten, die ihrer Pflicht voll genügt haben hier im Leben, wird
stets und immerdar von denjenigen, die dich kannten, der Name genannt
werden: Jakob Sulzbacher!".
Anmerkungen:
- Naftali
Hirsch Moses Katzenellenbogen (geb. ca. 1715
Schwabach,
gest. 1800 Mannheim; Sohn des Rabbiners Moses): studierte in Frankfurt,
1741-1763 Rabbiner für den Tauber-Neckar-Kreis des Deutschen Ordens mit Sitz
in
Mergentheim, 1763-1800 Landesrabbiner der Kurpfalz mit Sitz in
Leimen/Heidelberg,
zugleich 1763-68 Hausrabbiner bei Hoffaktor Aron Elias Seligmann in
Leimen,
1768 verlegte er den Amtssitz als Landesrabbiners nach Mannheim, hier
gleichzeitig Oberrabbiner an der Klaus, entfaltete eine reiche Lehr- und
Forschungstätigkeit (insbesondere zum Talmud).
|
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Ergebnis einer Gemeindekollekte
(1865)
Anmerkung: in jüdischen Gemeinden wurde regelmäßig für die
unterschiedlichsten Zwecke gesammelt. Die Ergebnisse der Kollekten wurden häufig
in jüdischen Periodika bekanntgegeben.
Mitteilung
in "Der Israelit" vom 22. November 1865: "Durch
Distriktsrabbiner J. G. Adler in Burgpreppach, in Pfarrweisach
gesammelt: Isaak Ehrmann 10 fl., Salomon Ehrmann 3 fl. 20 kr., Samuel Frank
3 fl. 20 kr., Hirsch Weinberg 5 fl. 20 kr., Joseph Ehrlich 3 kr., S.
Kaufmann 2 fl., Hanna Hauchenberg in
Schweinshaupten 24 kr., von Ungenannten bei der Hochzeit des K.
Reichenberg von Altenstadt 39 kr., Raphael Neumann in
Kleinsteinach 1 fl., Nathan Adler
daselbst 1 fl., Samuel Lichtenstädter daselbst 30 kr., Challa-Geld von Frau
Friedmann in Schweinshaupten 1
fl. 12 kr., desgleichen von Frau Julius Schloß daselbst 1 fl. 30 kr.,
desgleichen von Frau Samuel Kaufmann in
Altenstein 3 f. 40 kr., Frau Isaak Ehrmann in Pfarrweisach 2 fl.
30 kr., ungenannt in Burgpreppach 7
fl., zusammen 46 fl. 15 kr."
|
Pfarrweisach in der Liste der
"nicht mehr bestehenden jüdischen Gemeinden" (1903)
Aus
einem Artikel in "Blätter für jüdische Geschichte und Litteratur" Nr.1 1903
S. 12: "Unterfranken:
Altenstein (k. Bezirksamt Ebern),
Kraisdorf (k. Bezirksamt Ebern),
Pfarrweisach (k. Bezirksamt Ebern),
Mechenried (k. Bezirksamt Hassfurt),
Marktsteft (k. Bezirksamt
Ochsenfurt), Segnitz (k. Bezirksamt
Ochsenfurt)." |
Zur Geschichte der Synagoge
Ein Betraum bzw. eine Synagoge war um 1800 vorhanden. Das
"Judenbethaus" enthielt die Synagoge, einen Schulraum und die Mikwe. Nach einer
Beschreibung durch den königlichen Distriktskommissariat vom 30. April 1817: "Die
Synagoge bestehet in ein 2stöckiges Haus von Ziegelwänden, sie umfasste im
ersten Stock den Betsaal, betrennt für Männer und Frauen, und im Erdgeschoss die
Lehrerwohnung mit Stube, Kammer und Küche, es seit vorher ein Bauernhaus gewesen
und müsse von der Judenschaft unterhalten werden."
Mit Urkunde vom 7. September 1885 verkaufte der letzte jüdische Einwohner in
Pfarrweisach Sussmann Kaufmann die lange schon ruinöse Synagoge (Wohnhaus Nr. 32
"Judenschule mit Stall und Hofraum"). Der Kaufpreis wurde erst bei
Wegzug bzw. Tod des Verkäufers fällig und sollte der Talmud-Thora-Schule in
Burgpreppach zugutekommen. Das Gebäude wurde abgebrochen. Auf dem
Grundstück wurde eine Scheuer erstellt (stand bis 1970 als "alte Scheuer"). Seit
1980 steht ein Wohnhaus (Familie Stöhr) auf dem Grundstück.
Adresse/Standort der Synagoge: Hier heute Wohnhaus
(Stöhr)
Fotos
Ortsplan
Pfarrweisach mit Eintragung
der ehemaligen jüdischen Wohnhäuser
(aus einer Studienarbeit von
Julia Mutzenbach
Link) |
|
|
Die
früheren jüdischen Häuser nach heutiger Adresse: Bahnhofstraße 3 (Nr.
10): Wohnhaus der Familie Ehrlich; Bahnhofstraße 4 (Nr. 19): Werkstatt und
Wohnhaus Familie Frank (Warenhändler/Schneidermeister und Kappenmacher),
Bahnhofstraße 5 (Nr. 11): Wohnhaus der Familie Strassburger (Kleider- und
Viehhändler); Bahnhofstraße 6 (Nr. 17): ehemaliges jüdisches Wohnhaus;
Bahnhofstraße 7 (Nr. 12): unbekannte jüdische Bewohner; Bahnhofstraße 8 (Nr.
16): Wohnhaus der Familie Lämmlein - Isaak Sulzbacher / Süssmann Kaufmann
(Bahnhofstraße 12 (Nr. 14): unbekannte jüdische Bewohner (1748);
Hauptstraße 10 (Nr. 29): Wohnhaus eines Lehrers (1748), Hauptstraße 14 (Nr.
27): Metzgerei und Wohnhaus Familie Weinberg; Hauptstraße 16 (Nr. 26):
ehemaliges jüdisches Wohnhaus; Pfarrgasse 18 (Nr. 32): Synagoge, Mikwe und
Lehrerwohnung, ebd. (Nr. 33): Wohnhaus Familie Mayländer (Viehhändler);
Lohrer Straße 1 (Nr. 55): Wohnhaus Familie Gutmann (Warenhändler); zwischen
Lohrer Straße 2 und der Hauptstraße: Wohnhaus Familie Friedlich
(Viehhändler); Lohrer Straße 3-5 (Nr. 56): Bauernhaus Familie Strassburger;
Lohrer Straße 6 (Nr. 57): Bauernhaus Familie Ehrmann; Am Steiner Heid 7 (Nr.
59): Wohnhaus des altensteinischen Schutzjuden Moses Mayer (1748).
|
|
|
|
Blick auf das
Wohnhaus Nr. 33, das an
der Stelle der früheren Synagoge steht
(Foto: Volker Kuhn) |
|
|
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 103; 1992² S. 112. |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S. 108. |
| Stefan Rohrbacher: Steine auf dem Paradies. Der
jüdische Friedhof zu Ebern. Hrsg. Bürgerverein Ebern 1897 e.V. im Jahr 2016.
Online einsehbar (pdf-Datei). |
| Volker Kuhn:
Die
Juden in Pfarrweisach. Eingestellt als pdf-Datei. |
n.e.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|