Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Steinsfurt (Stadt Sinsheim, Rhein-Neckar-Kreis) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge  
 
Bitte besuchen Sie auch die Website des Vereins Alte Synagoge Steinsfurt e.V. 
www.synagoge-steinsfurt.org 
   

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Weitere Dokumente   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen 
- Hier Fotos vom Frühjahr 2019   
bullet Berichte zur Renovierung der ehemaligen Synagoge  
bulletLinks und Literatur   

       

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde     
   
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhundert zur Kurpfalz gehörenden Steinsfurt bestand eine jüdische Gemeinde bis 1937. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück. Erstmals wird 1572 eine jüdische Familie mit zusammen fünf Personen am Ort genannt. 1659 waren keine jüdischen Personen am Ort. 
  
Hinweis: der in einzelnen Darstellungen als erster namentlich bekannter "jüdische" Einwohner Isaak Wolf (genannt 1688) war Christ, seine beiden Heiraten und die Taufen seiner Kinder sind im reformierten Kirchenbuch verzeichnet.  
    
1803 waren vier jüdische Familien am Ort; 1807 sind die Brüder Löw Feis Weil und Moses Feis Weil Schützbürger in Steinsfurt. Im 19. Jahrhundert entwickelt sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1825 35jüdische Einwohner, 1832 42, 1836 45, 1839 43, 1864 62, 1871 höchste Zahl mit 83 Personen, 1875 80, 1880 69, 1885 58, 1890 61, 1895 62, 190061, 1905 58, 1910 55. 
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof bei Waibstadt beigesetzt (Anmerkung: in Sinsheim lassen sich keine Beisetzungen aus Steinsfurt nachweisen). Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe unten Ausschreibung der Stelle von 1850). Die Gemeinde wurde 1827 dem Rabbinatsbezirk Sinsheim zugeteilt.  
  
Die Steinsfurter Juden erwarben sich ihren Lebensunterhalt überwiegend mit Vieh- und Landesproduktenhandel. 
 
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Julius Weil (Sohn von Moritz Weil), Fritz Weil (Sohn von Samuel Weil) und Julius Weil (Sohn von Sigmund Weil). Ihre Namen finden sich in einer historischen Gedenkinschrift in der (ehemaligen) Synagoge sowie auf der Gedenktafel der Gemeinde für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges.  
Hinweis: nicht unter den Gefallenen des Ersten Weltkrieges war Ludwig Freudenthaler, der erst 1929 an einem Schlaganfall gestorben ist.   
  
1925 wurde von Hermann Weil (s.u.) eine Haushaltsschule gestiftet. Am Haus Alte Friedhofstraße 4 befindet sich seit 1984 eine Gedenktafel für den Stifter. 
  
Um 1924, als zur jüdischen Gemeinde noch 49 Personen gehörten (3,5 % von insgesamt etwa 1.400 Einwohnern; nach Volkszählungsergebnis von 1925 waren es noch 36 Personen), waren die Vorsteher der Gemeinde Samuel Weil, Sigmund Weil, L. Freudenthaler und Adolf Weil. Den Religionsunterricht der jüdischen Kinder erteilte Lehrer Herz aus Ittlingen. Den Religionsunterricht der Kinder an den höheren Schulen erteilte Lehrer Maier Rosenberger aus Sinsheim. An jüdischen Vereinen gab es den Israelitischen Männerverein (1924 unter Leitung von Samuel Weil, 1932 unter Leitung von Adolf Weil) und den Israelitischen Frauenverein (1924 unter Leitung von Babette Weil). 1932 waren die Gemeindevorsteher Samuel Weil (1. Vors.), Adolf Weil (2. Vors.) und Gustav Weil (3. Vors.). Als Kantor, Religionslehrer und Schochet kam Lehrer Arthur Auerbacher aus Sinsheim regelmäßig nach Steinsfurt. Im Schuljahr 1931/32 hatte er noch drei jüdischen Kindern den Religionsunterricht zu erteilen.      
  
Zur jüdischen Gemeinde in Steinsfurt gehörten 1924 auch die sechs noch in Rohrbach lebenden jüdischen Personen; die Rohrbacher Gemeinde war bereits 1906 aufgelöst worden; nach 1925 wurden die Rohrbacher jüdischen Einwohner der Sinsheimer Gemeinde zugeteilt.    
  
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Handels- und Gewerbebetrieben im Besitz jüdischer Familien / Personen sind bekannt: Holz- und Baustoffhandlung Moritz Eichtersheimer (Ansbachstraße 30), Viehhandel und Althandel Max Kahn (Steinfurter Straße 27), Handelsmann Adolf Weil (Lerchenneststraße 7), Händler Aron Weil (Steinsfurter Straße 28), Viehhandlung und Metzgerei Gustav Weil (Dickwaldstraße 1), Viehhandlung Hugo Weil (Steinsfurter Straße 38), Viehhandlung Josef Weil (Lerchenneststraße 2, abgebrochen), Viehhandlung und Landwirtschaft Karl Weil (Steinsfurter Straße 21), Getreide- und Futtermittelhandlung Siegfried Weil (Steinsfurter Straße 29).  
   
1933 lebten noch 32 jüdische Personen in Steinsfurt. Sie konnten rechtzeitig vor Beginn der Deportationen nach Nord- und Südamerika auswandern.  
  
Von den in Steinsfurt geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Ida Bierig geb. Weil (1873), Johanna Richheimer geb. Weil (1895), Bertha Ullmann geb. Weil (1863), Lina Weil (1872).   
       
       
       
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
       
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer      
   
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers (1850)       

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom  11. September 1850 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Die mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind, und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen Gefällen verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde Steinsfurt, Synagogenbezirks Sinsheim, ist zu besetzen. Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren Gesuchen unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen sechs Wochen mittelst des betreffenden Bezirksrabbinats bei der Bezirkssynagoge Sinsheim sich zu melden. 
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder Rabbinats-Kandidaten können auch andere inländische befähigte Subjekte nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner, zur Bewerbung zugelassen werden"    

 
40-jähriges Dienstjubiläum des Lehrers Ferdinand Hanauer (1908)   

Steinsfurt FrfIsrFambl 11091908.jpg (14539 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. September 1908: "Steinsfurt in Baden. Lehrer Ferdinand Hanauer begeht am 14. dieses Monats sein 40jähriges Dienstjubiläum". 
Lehrer Hanauer wird u.a. 1899 genannt bei der Trauerfeier für Rabbiner Dr. Hillel Sondheimer in Heidelberg

    
    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Die jüdischen Gemeindeglieder sind zur Teilnahme an den Gemeindeversammlungen verpflichtet (1898) 
    

Steinsfurt AZJ 21101898.jpg (86258 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. Oktober 1898: "Ganz besonders interessant ist aus den Mitteilungen aus der Praxis des Großherzoglichen Oberrats die folgende über den Zwang zur Teilnahme an Gemeindeversammlungen. Nach § 4 der Geschäftsordnung für die Versammlungen der israelitischen Gemeinden und Gemeindevertretungen vom 25. Oktober 1895 (Verordnungsblatt Seite 92) sind die zur Teilnahme an Synagogenratswahlen berichtigten Mitglieder der israelitischen Gemeinde Steinsfurt zum Erscheinen bei den ordnungsmäßig anberaumten Gemeindeversammlungen verpflichtet. Die Erfüllung dieser Verpflichtung kann durch Anordnung und Ausspruch von Geldstrafen gemäß § 31 P. des Strafgesetzbuches erzwungen werden. der Synagogenrat in Steinsfurt ist daher zu veranlassen, eine weitere Gemeindeversammlung zu berufen und das dortige Bürgermeisteramt um Androhung einer Geldstrafe von drei Mark gegen jedes nicht erscheinende Gemeindemitglied zu ersuchen."    

   
Unfug gegen jüdische Bewohner des Ortes (1925)   

Steinsfurt JuedlibZtg 02011925.jpg (27853 Byte)Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom 2. Januar 1925: "Steinsfurt bei Sinsheim. Während eines Balles wurden den israelitischen Bewohnern durch Verstopfen des Schlüssellochs die Türen versperrt, ferner wurde ein Stall angezündet. Für die Ergreifung der Täter wurden von der Staatsanwaltschaft 300 Mark ausgesetzt."

   
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde       
Moses Weil von Steinsfurt - bisher Lehrer in Grombach - wird Lehrer in Rohrbach (1849)      

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 27. Oktober 1849 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Die durch das Ableben des Hauptlehrers Karl Kaufmann erledigte, nach erfolgender Erledigung des Vorsängerdienstes mit diesem zu vereinigende Hauptlehrerstelle an der öffentlichen israelitischen Schule in Rohrbach bei Sinsheim, wurde dem Schulkandidaten Moses Weil von Steinsfurt, dermaligem Religionsschullehrer und Vorsänger bei der israelitischen Gemeinde Grombach, übertragen."        


Loeb Weil hat sich nicht zur Musterung für das Militär gemeldet (1851)     

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 1. April 1851 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):  "Sinsheim. [Die ordentliche Konskription pro 1850 betreffend.] 
Beschluss

Nachstehende Konskriptionspflichtigen, welche in der Aushebungstagfahrt ausgeblieben sind, und sich der öffentlichen Aufforderung vom Dezember vorigen Jahres ungeachtet bis jetzt nicht gestellt haben, werden unter Verfällung in die Kosten, ein jeder zur Zahlung einer Geldstrafe von 800 fl. verurteilt, und des badischen Staatsbürgerrechts verlustig erklärt: 
darunter: Nr. 12: Loeb Weil von Stensfurt.  
Dies wird den Verurteilten auf diesem Wege bekannt gegeben und um Fahndung auf dieselben gebeten.
Sinsheim, den 21. März 1851. Großherzogliches Bezirksamt."   


Zum Tod von Leopold Weil (1917)   

Steinsfurt AZJ 09031917.jpg (57393 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. März 1917: "Aus Steinsfurt (Baden) wird berichtet. unser langjähriges Synagogenratsmitglied Herr Leopold Weil von hier wurde zur letzten Ruhe auf dem Verbandsfriedhofes in Waibstadt bestattet. Herr Lehrer Hanauer von hier hielt die Trauerrede. Herr Bürgermeister und Reichstagsabgeordneter Rupp aus Reihen war mit vielen Bürgern erschienen, ebenso aus seinem Heimatorte Bürgermeister und Gemeinderäte, um ihn die letzte Ehre zu erweisen."

   
Über den Getreidehändler Hermann Weil (1868-1927)     

Hermann Weil (1868 Steinsfurt - 1927 Frankfurt am Main), Getreidehändler, 1888-1907 in Buenos Aires, danach in Frankfurt a am Main; seine Firma "Weil Hermanos & Cie." beherrschte nach 1900 für einige Jahre den Weltgetreidemarkt (mit eigener Schiffscharterfirma); Weil stiftete Millionenbeträge für zahlreiche wohltätige Zwecke; er wurde Ehrenbürger der Stadt Frankfurt a.M. und Ehrendoktor der Universität Frankfurt a.M.; Weil wurde in einem Mausoleum beim jüdischen Friedhof Waibstadt beigesetzt.   
Erinnerungen in Steinsfurt und Umgebung: Gebäude der Haushaltsschule (s.o.) mit Gedenktafel; "Hermann-Weil-Weg" (Waldweg am Ortsausgang in Richtung Adersbach), hier auch die "Hermannsruh" und die nach dem Vater von Hermann Weil benannte "Josephsruhe".     

     
     
Weitere Dokumente 
    
Postkarte an Kaufmann 
Moses Weil in Steinsfurt (1904) 
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
 Kirchheim/Ries)
Heilbronn Dok 110a.jpg (109883 Byte) Heilbronn Dok 110.jpg (128225 Byte)
   Die Karte wurde aus Heilbronn vermutlich von einem Angehörigen der Familie Weil am 23. April 1904 nach Steinsfurt geschickt: "Meine Lieben! Eben wollte nach Steinsfurt fahren, aber ich bin bei der lieben Hedwig geblieben... Ich komme nächsten Montag auf einige Stunden zu Euch. Alles andere mündlich. Gruß und Kuss..."

     
     
     
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge      
   
In einem Bericht von 1803 "Zur Kenntnis des Landes, Beschreibung aller Orte der Amtskellerei Hilsbach" wird über die Juden in Steinsfurt berichtet: "Vier Judenfamilien leben im Ort, welche nach Rohrbach in die Schule gehen, weil hier keine Synagoge ist". Damals gab es offensichtlich noch keinen Betsaal am Ort. Ein solcher wurde erst in den folgenden Jahrzehnten eingerichtet, als die Zahl der jüdischen Einwohner zugenommen hatte (1825 35 Personen). Dieser erste Betsaal ("Judenschule") befand sich bis 1893 im Haus Lerchenneststraße 2, dem damaligen Anwesen von Josef Weil. Das Gebäude besteht nicht mehr. An seiner Stelle wurde ein Gebäude der Sparkasse errichtet. 
   
Obwohl gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder bereits zurückging, entschloss sich die Gemeinde nach 1890 zum Bau einer neuen Synagoge. Der alte Betsaal im Anwesen des Leopold Weil entsprach wohl nicht mehr den Anforderungen der Zeit. 1892 konnte man ein geeignetes Grundstück an der Adersbacher Straße erwerben. Anfang 1893 stellte der Synagogenrat Steinsfurt beim Großherzoglichen Bezirksamt Sinsheim den Antrag auf Genehmigung des Baus eines israelitischen Bethauses. Die Finanzierung des Baues sollte durch Abhaltung einer Lotterie erfolgen. Zur Verlosung kamen Gold- und Silberwaren und sonstige Gebrauchsgegenstände im Wert von 2.556 Mark. Es kamen 4.000 Lose – einschließlich 400 Freilose – das Stück zu 1 Mark zur Ausspielung. Die Ziehung der Gewinne musste unter Aufsicht eines Notars vorgenommen werden, außerdem mussten drei sachverständige Bürger zugegen sein. Der Synagogenrat schlug hierfür Ratschreiber Würfel, Waisenrichter Fischer und Kaufmann G. Brecht vor. Mit dem Erlös aus dem Verkauf der Lose und weiteren Spenden jüdischer Bürger (auch aus Übersee) konnte der Bau der Synagoge bestritten werden. 
  
Am 10. August 1893 konnten die Bauarbeiten vergeben werden. Den Plan zum Synagogenbau hatte der Kreisbaumeister Anton Dick aus Hoffenheim entworfen (Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe 277 Nr. 8248, Bauantrag der jüdischen Gemeinde; Hinweis vom 13.9.2013 von C. Flothow). Er entwarf ein etwa neun Meter breites und zwölf Meter langes Gebäude mit einer angebauten Nische für den Toraschrein. Am 25. September 1893, dem ersten Tag des Laubhüttenfestes, wurde die feierliche Grundsteinlegung vorgenommen, zu der Lehrer Hanauer die Rede hielt. Am 13. Juli 1894 konnte die Synagoge eingeweiht werden. In einer feierlichen Prozession wurden die Torarollen vom bisherigen Betsaal zur neuen Synagoge gebracht. Zwei Tage lang wurde in Steinsfurt gefeiert. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde in der Synagoge ein Ehrenmal mit den Namen der im Ersten Weltkrieg aus der jüdischen Gemeinde Gefallenen angebracht.  Über die Einweihung berichtete die Zeitschrift "Der Israelit":  

Steinsfurt Israelit 26071894.jpg (66700 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Juli 1894: "Steinfurt (Baden). Die kleine jüdische Gemeinde dahier feierte am letzten Freitag die Einweihung ihrer neu erbauten Synagoge. Die Festlichkeit verlief in allen Teilen würdig und erhebend. Mit Recht konnte Herr Rabbiner Dr. Sondheimer aus Heidelberg in seiner Festpredigt hervorheben, wie alle Bewohner Steinsfurts ohne Unterschied des Glaubens in seltener Einmütigkeit durch Beflaggen der Häuser und Beteiligung an der Feier wetteiferten. Sowohl der katholische als auch der evangelische Geistliche des Dorfes waren unter den Ehrengästen."

Über 40 Jahre diente die Steinsfurter Synagoge als gottesdienstliches Zentrum der Gemeinde. Auf Grund der nach 1933 schnell zurückgehenden Zahl der jüdischen Gemeindeglieder wurde am 25. Oktober 1938 das an der früheren Adersbacher Straße liegende Synagogengebäude (heute Dickwaldstraße 12) an eine in der Nachbarschaft lebende Familie verkauft; die Auflassung erfolgte am 10. Juli 1939. Von dieser Familie war 1892 das Grundstück für den Synagogenbau gekauft worden.  Beim Novemberpogrom 1938 blieb das Gebäude unversehrt, da sich der neue Besitzer gegen eine Inbrandsetzung wehrte. Allerdings wurden jüdische Häuser schwer beschädigt und einige jüdische Einwohner misshandelt. Bei Kriegsende 1945 ist das Dach der ehemaligen Synagoge beschädigt worden und musste neu gerichtet werden. Das Synagogengebäude wurde in der Folgezeit bis 1967 als Lager für landwirtschaftliche Produkte verwendet. 
   
Seit den 1970er-Jahren befand sich das ehemalige Synagogengebäude in einem immer schlechter werdenden Bauzustand. Hochwasserschäden, ein undichtes Dach trugen hierzu wesentlich bei. Der Grundstein von 1893 blieb erhalten, wurde jedoch – vermutlich bereits 1938 - aufgebrochen und ausgeraubt. Das Gefallenendenkmal im Inneren wie auch die farbige Bemalung der Wände blieben erhalten. Am 11. Juni 1992 wurde unter dem Vorsitz des damaligen Ortsvorstehers Richard Herbold von 17 Bürgern aus Steinsfurt und Umgebung der Verein "Alte Synagoge Steinsfurt e.V." gegründet. Der Verein machte sich zur Aufgabe , die Synagoge zu erhalten und einer sinnvollen Nutzung zuzuführen. Bis 1996 wurde von den Eigentümern das Synagogengebäude dem Verein zur Verfügung gestellt. 1996 wurde es jedoch wieder neu verpachtet. Da am Ort kein Bedarf für eine öffentliche Nutzung des Gebäudes vorhanden ist, lag dem Verein "Alte Synagoge Steinsfurt e.V." jedoch weiterhin daran, in der ehemaligen Synagoge einen Ort der Begegnung, eine Gedenkstätte und ein überregionales Dokumentationszentrum einrichten.  
  
Im Frühjahr 2007 konnte ein Pachtvertrag zwischen den Verein "Alte Synagoge Steinsfurt e.V." und der Stadt Sinsheim abgeschlossen werden. Damit waren die rechtlichen Voraussetzungen für eine Sanierung des Gebäudes gegeben. 2015 konnte die Innenbemalung der ehemaligen Synagoge restauriert werden (siehe Presseartikel unten). Am 10. November 2018 wurde der Synagogenplatz als Gedenkplatz für die Opfer des Nationalsozialismus eingeweiht.   
    
    
    
Fotos 

Historische Ansichtskarte 
(Quelle: Sammlung Hahn)  
Steinsfurt Synagoge 1600.jpg (340995 Byte) Steinsfurt Synagoge 1600b.jpg (165049 Byte) Steinsfurt Synagoge 1600a.jpg (39958 Byte)
  Die Ansichtskarte von Steinsfurt wurde am 3. November 1898 von Steinsfurt nach Helmstadt verschickt. Auf der Karte sind außer der Synagoge an Steinsfurter Motiven zu sehen: die Mühle, der Reisbrunnen, die Restauration, der Bahnhof und die Zufluchtstätte Friedrichs des Großen. Rechts Ausschnittvergrößerung: die Synagoge in Steinsfurt.    
     
Historisches Fotos 
(Quelle: Sammlung Realschule 
Waibstadt: hier anklicken
Steinsfurt_Synagoge_100.jpg (25247 Byte)
    Synagoge Steinsfurt (Aufnahmejahr nicht bekannt)
           
Fotos um 1985 (Fotos: Hahn)       
Steinsfurt Synagoge 001.jpg (86218 Byte) Steinsfurt Synagoge 002.jpg (96639 Byte) Steinsfurt Synagoge 003.jpg (76638 Byte)
Ansicht der Synagoge von der
 Dickwaldstraße  
Seitenansicht
 (von Süden)  
Der Grundstein 
von 1893  
     
Fotos Oktober 1988 (Fotos: Hahn)   
Steinsfurt Synagoge 187.jpg (73715 Byte) Steinsfurt Synagoge 181.jpg (70566 Byte) Steinsfurt Synagoge 185.jpg (58015 Byte)
Die ehemalige Synagoge   Die Eingangtüre  
    
Steinsfurt Synagoge 180.jpg (50239 Byte) Steinsfurt Synagoge 182.jpg (59592 Byte) Steinsfurt Synagoge 183.jpg (42121 Byte)
Der Grundstein von 1893. Wie das Foto rechts zeigt, wurde er aufgebrochen 
und ausgeraubt.  
Die Erinnerung an die im Ersten Weltkrieg
 gefallenen jüdischen Gemeindemitglieder  
   
Steinsfurt Synagoge 184.jpg (68752 Byte) Steinsfurt Synagoge 186.jpg (48804 Byte) Steinsfurt Synagoge 188.jpg (98940 Byte)
Ausmalungen im Bereich des 
früheren Toraschreines  
Bemalungen der 
Synagogendecke  
Pflanzen breiten sich im (!)
 Synagogengebäude aus  
              
Fotos 2001: 
Fotos aus der Sammlung der Realschule Waibstadt zur Dokumentation 
des schlechten baulichen Zustandes der ehemaligen Synagoge
   
Steinsfurt Synagoge 101.jpg (101671 Byte)  Steinsfurt Synagoge 102.jpg (93847 Byte) Steinsfurt Synagoge 107.jpg (28022 Byte) 
 Synagoge von 
der Dickwaldstraße  
Hinweistafel    Rechter Fassadenteil 
mit Zerfallserscheinungen 
  
     
Steinsfurt Synagoge 103.jpg (25336 Byte)  Steinsfurt Synagoge 106.jpg (26946 Byte)  Steinsfurt Synagoge 105.jpg (27110 Byte) 
 Eingangstüre  Rechter Fassadenteil mit 
starken Mauerrissen 
 Rechter Fassadenteil mit 
senkrechtem Maurerriss 
   
     
Steinsfurt Synagoge 104.jpg (25462 Byte) Steinsfurt Synagoge 108.jpg (28353 Byte)    
Seitenfenster    Schäden im Inneren an der Decke 
durch eingedrungenes Wasser  
   
  
              
Fotos 2004:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 7.7.2004)  
    
Steinsfurt Synagoge 180.jpg (72670 Byte) Steinsfurt Synagoge 183.jpg (61070 Byte) Steinsfurt Synagoge 182.jpg (61207 Byte)
Der Ostteil des 
Gebäudes   
Die Fassade zur 
Dickwaldstraße  
Der Grundstein von 1893, der im 
November 1938 aufgebrochen wurde  
     
Steinsfurt Synagoge 184.jpg (64418 Byte) Steinsfurt Synagoge 181.jpg (57757 Byte)    
Die ehemalige Synagoge von Nordwesten   Eingangsportal      
           
Modell der ehemaligen Synagoge, erstellt von Schüler/innen 
der Realschule Waibstadt 
 
   Steinsfurt Synagoge 190.jpg (59310 Byte) Steinsfurt Synagoge 191.jpg (77799 Byte)
   Modell der ehemaligen Synagoge  
       
 Vor Beginn der Restaurierung am Tag des offenen Denkmals 
10. September 2006 
  
Steinsfurt Synagoge 96105.jpg (99522 Byte) Steinsfurt Synagoge 96104.jpg (101684 Byte)  Steinsfurt Synagoge 96101.jpg (61852 Byte)
Die ehemalige Synagoge im Abendlicht    Für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges  
   
Steinsfurt Synagoge 96103.jpg (48579 Byte) Steinsfurt Synagoge 96102.jpg (75404 Byte) Steinsfurt Synagoge 96100.jpg (64490 Byte) 
Originale Deckenbemalungen    Bemalung im Bereich des Toraschreines  
       
     
Ende 2007: die Restaurierung 
hat begonnen 
(Fotos erhalten von Siegfried Bastl, 
Realschule Waibstadt)  
Steinsfurt Synagoge 200712b.jpg (69106 Byte) Steinsfurt Synagoge 200712a.jpg (76002 Byte)
  Das Dach wird erneuert 
     
Fotos vom Frühjahr 2012 
(Fotos: Hahn)  
   
Steinsfurt Synagoge 2012031.jpg (205541 Byte) Steinsfurt Synagoge 2012032.jpg (217413 Byte) Steinsfurt Synagoge 2012033.jpg (204078 Byte)
Blick von Norden/Nordwesten  Blick von Westen auf das Eingangsportal Blick von Südwesten 
Das Foto oben in hoher Auflösung   Das Foto oben in hoher Auflösung  Das Foto oben in hoher Auflösung 
     
Steinsfurt Synagoge 2012034.jpg (156011 Byte) Steinsfurt Synagoge 2012035.jpg (123455 Byte) Steinsfurt Synagoge 2012036.jpg (106472 Byte)
Das Eingangstor 
mit Hinweistafel 
Blick zum Bereich des 
früheren Toraschreines 
Gedenkinschrift für die Gefallenen 
und Erinnerungstafel Familie Weil 
 Das Foto oben in hoher Auflösung   Das Foto oben in hoher Auflösung  Das Foto oben in hoher Auflösung  
     
Steinsfurt Synagoge 2012037.jpg (164569 Byte) Steinsfurt Synagoge 2012038.jpg (141456 Byte) Steinsfurt Synagoge 2012039.jpg (95394 Byte)
Erinnerungstafel für die im Holocaust
 ermordeten Angehörigen der Familie 
Weil - angebracht beim Weil-
 Familientreffen im April 2009  
Gedenkinschrift "Zum ehrenden 
Andenken "1914/18 der im Weltkrieg
 gefallenen Krieger" aus der jüdischen
 Gemeinde Steinsfurt 
 Deckenbemalung 
Das Foto oben in hoher Auflösung 
     
     
Fotos vom Frühjahr 2019
(Fotos Christhard Flothow)
   
Blick von Westen auf die ehemalige Synagoge Innenansicht Blick über den Synagogenplatz
     

  
  
Berichte zur Renovierung der ehemaligen Synagoge  
Bericht im "Staatsanzeiger für Baden-Württemberg" vom 11. Juli 2008     

Steinsfurt PA 11072008.jpg (161488 Byte)Artikel im "Staatsanzeiger" vom 11. Juli 2008: "Die alte Synagoge in Steinsfurt wird für 185.000 Euro saniert - Spende und Änderung der Baupläne ermöglichten die Rettung des Denkmals" - 
zum Artikel: bitte links anklicken.   
 
Mai 2015: Die Wandbemalung wird restauriert   
Artikel in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 8. Mai 2015: "Sinsheim-Steinsfurt: Wandbemalung der alten Synagoge wird restauriert. Wichtiges Zeugnis der Geschichte: Erinnerungsstätte für jüdische Kultur
Sinsheim-Steinsfurt. (q) Die alte Synagoge in Steinsfurt hat 1938 die Reichskristallnacht und auch die letzten Kriegstage vor 70 Jahren unbeschadet überstanden. So ist sie zum historischen Zeugnis der Geschichte der Juden in Baden-Württemberg geworden..."   
Link zum Artikel    
 
Oktober 2015: Gedenkveranstaltung zum 75. Jahrestag der Deportation nach Gurs 
Artikel in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom Oktober 2015: "Sinsheim gedenkt der Deportierten: 'Die Erinnerung und Mahnung sind stets wichtig'
Mit einer Gedenkfeier in der alten Synagoge wurde zum 75. Jahrestag der Deportation der Juden aus der Region nach Gurs gedacht - Ausstellung noch bis 8. November geöffnet
Sinsheim-Steinsfurt.
(abc) Eine Veranstaltungsreihe anlässlich der Deportation Badischer Juden in das französische Vernichtungslager Gurs vor 75 Jahren fand jetzt mit einer Gedenkfeier in der Alten Synagoge (Dickwaldstraße) einen ihrer Höhepunkte. Die Volkshochschule, die 'Denkmal Aktiv AG' des Wilhelmi-Gymnasiums, das Spielmobil Kraichgau sowie nicht zuletzt der Trägerverein des 1893/94 direkt am Goldbach errichteten Gebäudes erinnerten damit an den Abtransport jüdischer Mitbürger aus der Region auf den Befehl des damaligen Gauleiters Wagner am 20. Oktober 1940. Gestaltet worden war die gut besuchte Veranstaltung von Schülern des Gymnasiums unter der Schirmherrschaft von OB Jörg Albrecht, der zwischen etlichen Text- und Liedbeiträgen auch ein Grußwort sprach. 'Man kann solche Dinge nicht oft genug in Erinnerung rufen', legitimierte das Stadtoberhaupt die Veranstaltungsreihe nochmals und lobte alle Beteiligten für die mehr als gelungene Gedenkfeier. Neben dem Erinnern sei es ihm zufolge auch wichtig, immer wieder zu mahnen, damit sich die damaligen Geschehnisse nicht wiederholen mögen. Das Lob des Oberbürgermeisters galt allen voran der Schuldekanin Jutta Stier, die den Nachwuchs seit vielen Jahren dafür begeistere, die deutsch-jüdische Geschichte aufzuarbeiten. Ihr sprach auch der Direktor des Wilhelmi-Gymnasiums, Thomas Gißmann, ausdrücklichen Dank aus und rief alle Anwesenden dazu auf, gemäß Deutschlands kollektiver Verantwortung, Menschen anderer Nationalitäten und Glaubensrichtungen mit Toleranz und Achtung zu begegnen. Diese Botschaft wurde auch in den Beiträgen der vorwiegend weiblichen Mitglieder der 'Denkmal Aktiv AG' deutlich, wobei diese zunächst auf die Geschichte der Deportation eingingen. Dann stellten sich die Jugendlichen einzeln vor und verrieten dem Publikum, warum sie sich selbst mit dem Thema Deportation beschäftigen. Das Gedicht 'Was nun?' gab einen Ausblick in die Zukunft, ehe die hiesigen Denkmäler der Judenverfolgung (u.a. der Gedenkstein anstelle der ehemaligen Synagoge in Hoffenheim) aufgezählt wurden. Nach musikalischer Überleitung - ebenfalls durch Schülerinnen des Wilhelmi-Gymnasiums - war 'Gedenken und denken und aktiv werden' gefragt ehe mit 'Gegen das Vergessen' nochmals an den Sinn und Zweck der Veranstaltung erinnert wurde. Das Schlusswort gehörte der Schuldekanin, die darauf hinwies, dass der gastgebende Verein 'Alte Synagoge Steinsfurt' stets Unterstützung brauche, um das besagte Gebäude zu erhalten. Zwar hätten mittlerweile der Boden sowie die Elektroinstallation erneuert werden können, doch gebe es auch sonst noch jede Menge zu tun. Wer sich davon selbst überzeugen möchte, kann das ehemalige jüdische Gotteshaus an jeden Sonntag bis einschließlich 8. November von 14 bis 17 Uhr besichtigen - inklusive einer Ausstellung von Bildern und Texten zum Thema, die bis dahin dort gezeigt wird. Die Veranstaltungsreihe '75 Jahre Deportation der Juden aus Baden nach Gurs' geht am heutigen Mittwoch um 9.30 Uhr mit der Vorführung des Films 'Elzer' im Citydome Sinsheim weiter und am Montag, 9. November, um 17 Uhr mit einer Gedenkfeier auf dem Synagogenplatz in der Kernstadt zu Ende."  
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Januar 2019: Veranstaltung zum Holocaust-Gedenktag 
Artikel von Jutta Stier in "sinsheim-lokal.de" vom 25. Januar 2019: "27.Januar 2019 – Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus / Holocaustgedenktag
Im Jahr 1996 wurde der 27.Januar in Deutschland von dem damals amtierenden Präsidenten Roman Herzog zum 'Gedenktag an die Opfer des Nationalsozialismus' erklärt. Seitdem wird am 27.Januar, dem Jahrestag der Befreiung des KZ und Vernichtungslagers Ausschwitz durch die Rote Armee 1945, in Deutschland an alle Opfer des Nationalsozialismus gedacht. Im November 2018 wurde in Steinsfurt neben der ehemaligen Synagoge in der Dickwaldstrasse ein Ort des Gedenkens für die Opfer des Nationalsozialismus errichtet. Für jede Opfergruppe wurde im Boden des Platzes eine Gedenkplatte eingelassen. An diesem besonderen Ort soll nun in Zukunft an alle Opfer erinnert werden. 2019 ist der Gedenktag in Baden-Württemberg erstmals den Menschen gewidmet, die wegen ihrer gleichgeschlechtlichen Liebe und Sexualität ausgegrenzt und verfolgt wurden. Dies haben Schülerinnen der 'denkmal aktiv AG' des Wilhelmi-Gymnasiums in Kooperation mit dem Verein 'Alte Synagoge Steinsfurt' besonders aufgegriffen und eine Gedenkfeier vorbereitet. Die Bevölkerung ist dazu herzlich eingeladen.
Sonntag, den 27.Januar 2019, 18.30 Uhr, Platz neben der Synagoge (Synagogenplatz) in Steinsfurt."
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Juli 2019: Feier zum 125. Jahrestag der Einweihung der Synagoge  
Einladung zur Feier "125 Jahre Synagoge in Steinsfurt - Herzliche Einladung. 
Vor 125 Jahren wurde die Synagoge am 13. Juli 1894 in Anwesenheit der Bürgerschaft von Steinsfurt eingeweiht. Über das zweitägige Einweihungsfest konnte man dies lesen: "Die ... jüdische Gemeinde ... feierte am letzten Freitag die Einweihung ihrer neu erbauten Synagoge. Die Festlichkeit verlief in allen Teilen würdig und erhebend. Mit Recht konnte Herr Rabbiner Dr. Sondheimer aus Heidelberg in seiner Festpredigt hervorheben, wie alle Bewohner Steinsfurts ohne Unterschied des Glaubens in seltener Einmütigkeit durch Beflaggen der Häuser und Beteiligung an der Feier wetteiferten. Sowohl der katholische als auch der evangelische Geistliche des Dorfes waren unter den Ehrengästen."  
Genauso möchten wir dieses Jubiläum begehen. Wir laden in die Synagoge Steinsfurt ein:
Samstag, den 13. Juli 2019, 19.30 Uhr 'Begegnungen - Erzählungen und Lieder. Konzert des Künstlerduos Corinna und Bernhard Lorenz (Märchenerzählerin und Musiker).
Sonntag, den 14. Juli 2019, 15.00 Uhr "Kurzweilige Festrede bei Kaffee und Kuchen". Ebenso wie vor 125 Jahren kommt der Rabbiner aus Heidelberg, Herr Pawelczyk-Kissin, in die Synagoge.  Feiern Sie mit uns, herzlich   Jutta Stier.  Weitere Informationen: www.synagoge-steinsfurt.org."   
 
Artikel von Tim Kegel in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 11. Juli 2019: "Sinsheim-Steinsfurt. Alte Synagoge ist ein Schmuckstück der Erinnerungskultur.
Vor 125 Jahren wurde sie eingeweiht - Fest am Samstag und Sonntag.
Sinsheim-Steinsfurt. Die ehemalige Synagoge in der Dickwaldstraße ist aus dem Ortsbild nicht wegzudenken. Vieles hat sich in den vergangenen Jahren um sie herum getan. Heute steht sie als Kleinod, von allen Seiten sichtbar, am Synagogenplatz. Am Wochenende jährt sich die Einweihung zum 125. Mal.
Dr. Christhard Flothow, Historiker und Kassier des Vereins 'Alte Synagoge Steinsfurt', führt ums Gebäude: Mit der in Teilen noch an den Wänden hängenden Haustechnik, dem frei im Raum stehenden emaillierten Kohlenofen und der feinen Schablonenmalerei an der Decke gibt es Momente, in denen das gerade mal zimmergroße Häuschen wie ein Loft im Vintage-Stil anmutet: Karg, sonderbar und doch anheimelnd. Wo der Zahn der Zeit genagt hat, das soll man erkennen. Nur sorgt der Verein dafür, dass das Nagen aufhört. Oder zumindest nachlässt.
Restauratorin Silke Böttcher - eine ausgewiesene Expertin, der es sogar gelungen ist, eine Synagoge in Rohrbach zum Wohn- und Arbeitshaus ihrer Familie umzunutzen - kümmert sich unter anderem darum. 'Als wir hier reinkamen', erinnert sich Flothow, 'hing die Decke in Fetzen und bröselte runter.' Manchmal seien Vereinsmitglieder in den Raum gekommen 'und dann lag da wieder ein Stück'. Der Vorbesitzer, der die Räumlichkeiten zwar 'zum Glück' nicht veränderte, ungeschickterweise aber Landwirtschaftsbedarf wie Dünger oder Rattengift in der Synagoge lagerte, sorgte nachhaltig für ungünstige Feuchtigkeitswerte vom Fundament übers Mauerwerk bis ins Dach, das noch dazu undicht war. Ein Teil des Bauwerks war in den sumpfigen Steinsfurter Auen-Lehm hinabgesackt. Mit speziellen Bindern und Kanülen wurden die sich lösenden Putzstücke unterspritzt und dadurch abgefangen; aufwendig wurde der Riss im Gebäude ausgebessert. Hinzu kommen viele Dutzend weitere Kleinarbeiten, aber auch ein neues Dach. Gut 15 Jahre und geschätzte 200.000 Euro später, ist die Alte Synagoge ein Schmuckstück der Erinnerungskultur.
Die reich verzierte Decke gilt als einzigartig. Noch nicht geklärt ist, warum die damalige jüdische Gemeinde in Steinsfurt die Stirnseite des Gebäudes, vor der einst ein Schrank mit den Tora-Rollen gestanden hat, mit einem barock anmutenden Vorhang bemalen ließ. Zumal, wie Flothow meint, der Schrein 'mit Sicherheit mit einem echten Vorhang' verhängt gewesen sein muss.
Das spärlich nur mit einigen Stapelstühlen und einem Pult möblierte Gebäude - kürzlich mit einem Vorplatz versehen - steckt voller Details, die auf eine wechselvolle Geschichte deuten. Das silberne Kästchen am Türrahmen ist eine 'Mesusa', ein kleiner Behälter, der eine Schriftrolle mit Worten des Propheten Mose enthält. 'Nach Rücksprache mit einem Rabbiner' habe man sich dazu entschieden, die Mesusa im Hausinnern anzubringen, sagt Flothow, 'da sie sonst vielleicht nicht lange hängen würde'. Gegenüber stehen Bleistiftnotizen am Portal - Zahlenreihen, Dreisätze, einfache Rechnungen: Die Notizen des Vorbesitzers des Gebäudes, der Kaufmann war.
Vor 125 Jahren wurde dieses Gebäude eingeweiht: am 13. Juli 1894. Über das zweitägige Einweihungsfest berichtete nicht nur der örtliche Landbote, sondern auch die in Frankfurt erscheinende Zeitung 'Der Israelit': Rabbiner Dr. Sondheimer war extra aus Heidelberg angereist, und hob in seiner Festpredigt hervor, wie 'alle Bewohner Steinsfurts ohne Unterschied des Glaubens in seltener Einmütigkeit durch Beflaggen der Häuser und Beteiligung an der Feier wetteiferten. Sowohl der katholische als auch der evangelische Geistliche des Dorfes waren unter den Ehrengästen.' Der Bericht von damals, sagt Vorsitzende Jutta Stier, habe den Verein nun dazu animiert, das 125. Jubiläum mit einem zweiten Einweihungsfest zu begehen.
'Begegnungen - Erzählungen und Lieder' heißt es am Samstag, 13. Juli, um 19.30 Uhr bei einem Konzert mit dem Künstlerduo Corinna und Bernhard Lorenz. Die Märchenerzählerin entführt die Zuhörer mit unbekannten Geschichten und Märchen für Erwachsene in eine andere Welt. Dazu spielt Musiker Bernhard Lorenz selten gehörte Volkslieder und Eigenkompositionen. Der Eintritt beträgt 12,50 Euro. Der Stadtrabbiner von Heidelberg, Janusz Pawelczyk-Kissin, besucht am Sonntag, 14. Juli, - ähnlich wie vor 125 Jahren - die Synagoge. Er wird nach den Grußworten der Gäste eine kurzweilige Festrede halten. Die Feierstunde mit Rundgängen und geselligem Beisammensein findet um 15 Uhr statt."
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Oktober 2019: Bürgerpreis 2019 der Denkmalstiftung Baden-Württemberg geht an den "Verein Alte Synagoge Steinsfurt e.V."
Anmerkung: Es gibt mehr als 90000 Kulturdenkmale in Baden-Württemberg, und die Denkmalstiftung Baden-Württemberg in Stuttgart fördert viele davon. 2019 erhielt der Verein "Alte Synagoge Steinsfurt e.V." den Bürgerpreis. Im Schreiben der Denkmalstiftung an den Verein heißt es: "Damit würdigt die Stiftung Ihren vorbildlichen Einsatz für den Erhalt und die Restaurierung der alten Synagoge Sinsheim-Steinsfurt als Denkmal jüdischen Lebens. Beispielhaft haben Sie darüber hinaus mit Schulen sowie den Städten und Gemeinden in der Region mit Ausstellungen, Vorträgen, Lesungen und Konzertveranstaltungen ein öffentliches Bewusstsein für die jüdische Vergangenheit im Kraichgau geschaffen.
Der Preis ist mit 5000 € dotiert. Das Geld ermöglicht es dem Verein, den nächsten Abschnitt bei der Restaurierung der Synagoge abschließen.
Artikel von Berthold Jürriens in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 16. Oktober 2019: "Attentat von Halle trübt die Freude. Alte Synagoge Steinsfurt erhält Bürgerpreis der Denkmalstiftung..."
(zum Lesen bitte Abbildung des Artikels anklicken).
Artikel in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 17. Oktober 2019: "Lebendiger Ort der Erinnerung..."
(zum Lesen bitte Abbildung des Artikels anklicken) 
Artikel in "Denkmalstimme 4 2019" der Denkmalstiftung Baden-Württemberg S. 4+9+10: "Bürgerpreis 2019 für die Restaurierung der ehemaligen Synagoge Steinsfurt". Eingestellt als pdf-Datei

  
  
Hinweis auf den Verein "Alte Synagoge Steinsfurt e.V." 

Steinsfurt P 201205.jpg (74779 Byte)Der Verein "Alte Synagoge Steinsfurt e.V." wurde am 13. Juni 1992 gegründet. Er setzt sich seitdem für den Erhalt des ehemaligen jüdischen Bethauses ein. Der Verein hat in der Folgezeit das Synagogengebäude, das 30 Jahre als Lager benutzt wurde, ausgeräumt und die Außenanlage gesäubert. Jährlich wurde eine kulturelle Veranstaltung durchgeführt; am "Tag des offenen Denkmals" fanden Führungen statt. 2008 wurden Renovierungsarbeiten aufgenommen; das Gebäude wird mit Unterstützung der Denkmalstiftung Baden-Württemberg restauriert.  
Alte Synagoge Steinsfurt e.V. Vorsitzende Jutta Stier  Kurpfalzstraße 131  74889 Sinsheim  Mail bzw. verein[et]synagoge-steinsfurt.org     
Links: Faltprospekt des Vereins "Alte Synagoge Steinsfurt e.V.", erhältlich über o.g. Adresse. 
Internet: www.synagoge-steinsfurt.org    

      
       

Links und Literatur 

Links: 

bulletWebsite der Stadt Sinsheim 
bulletWebsite des Vereins Alte Synagoge Steinsfurt e.V.  www.synagoge-steinsfurt.org  
bulletWebsite der Realschule Waibstadt: Spurensuche "Juden im Kraichgau" 
bulletOrtschronik (mit jüdischer Geschichte) von Hans Appenzeller in der Website der Ortschaft Steinsfurt, -  Übersichtsseite dieser Website  
bullet"Runder Tisch" zur Zukunft der ehemaligen Synagoge am 17. Juni 2003: hier anklicken  


Literatur:  

bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 264.
bulletWilhelm Bauer: Die ehemalige  jüdische Gemeinde von Sinsheim. 1985.
bulletHans Appenzeller: Die jüdische Gemeinde Steinsfurt: Geschichte der Familie Weil. 1989. 
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007.
bulletSynagogen Lit 201305.jpg (108213 Byte)Christiane Twiehaus: Synagogen im Großherzogtum Baden (1806-1918). Eine Untersuchung zu ihrer Rezeption in den öffentlichen Medien. Rehe: Schriften der Hochschule für jüdische Studien Heidelberg. Universitätsverlag Winter Heidelberg 2012. 
Zur Synagoge in Steinsfurt: S. 36-38.    

     
    

                   
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Stand: 18. Mai 2020