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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Grombach (Stadt Bad Rappenau,
Kreis Heilbronn)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Grombach bestand eine jüdische Gemeinde vom 17./18.
Jahrhundert bis 1937. 1657 und 1723 werden jeweils vier jüdische Familien in
Grombach genannt. Darunter war 1723 ein Rabbiner Moses mit seiner Frau Clara.
1776/77 waren 29 jüdische Einwohner im Ort.
Die Zahl der jüdischen Einwohner entwickelte sich im 19. Jahrhundert wie
folgt: 1825 48 jüdische Einwohner (6,5 % von insgesamt 744 Einwohnern), höchste
Zahl jüdischer
Einwohner 1855 mit 70 Personen erreicht (8 Prozent der Einwohnerschaft),
1875 41 (5,3 % von 778), 1887 53, 1894 48 (in zehn Familien; insgesamt 736
Einwohner), 1900 44 (6,5 % von 679), 1910 38 (5,8 % von 658). Die Juden Grombachs lebten hauptsächlich vom Vieh- und
Getreidehandel. Sie nahmen regen Anteil am öffentlichen Leben und engagierten
sich in den örtlichen Vereinen.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule und ein rituelles Bad. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der
Gemeinde war zeitweise ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und
Schochet tätig war (vgl. unten die Ausschreibung der Stelle von 1837). Unter den
Lehrern wird u.a. genannt: bis 1849 Lehrer Moses Weil, um 1870/1887
Ferdinand Hanauer aus Steinsfurt. 1892
waren 14 Kinder in der Religionsschule der Gemeinde zu unterrichten, 1893 13. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Heinsheim
beigesetzt. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Sinsheim.
In den 1890er-Jahren gehörten auch die in
Ehrstädt noch lebenden jüdischen Einwohner (1892 12 Personen in drei
Familien mit dem Vorsteher H. Oestreicher) zu jüdischen Gemeinde Grombach.
Gemeindevorsteher waren: um 1888/89 H. Goetter, um 1892/1894 H. Goetter,
D. Strauß und M. Frank; um 1904 Josef Strauß.
An jüdischen Vereinen bestand ein Israelitischer Wohltätigkeitsverein (um
1898 unter Leitung von H. Faller).
Im Ersten Weltkrieg fiel aus der jüdischen Gemeinde Siegmund Straus
(geb. 9.3.1893 in Grombach, gef. 20.11.1914).
Um 1925 (damals wurden noch 31 jüdische Einwohner gezählt,
d.h. 2,1 % von ca. 1.500 Einwohnern) waren die Vorsitzenden der jüdischen
Gemeinde Josef Straus und L. Kirchheimer. Lehrer Maier Rosenberger aus Sinsheim
unterrichtete die damals noch fünf schulpflichtigen jüdischen Kinder in
Religion. An jüdischen Vereinen gab es vor allem den Männerwohltätigkeitsverein, um 1932 unter Leitung von Josef Straus. Als
Vorbeter war Isak Federgrün tätig. Er war bis nach 1933 zugleich Inhaber
eines kleinen Lebensmittelladens mit Kurzwarenhandel.
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Handelsbetrieben im Besitz
jüdischer Familien sind bekannt: die schon genannte Kurzwarenhandlung von Isak Federgrün
(Ortsstraße 63), Getreidehandlung Emanuel und Lehmann Kirchheimer
(Eisenbahnstraße, gegenüber Bahnhof), Bürstenmacher Siegfried Kirchheimer
(Ortsstraße 31), Lebensmittelgeschäft Julius Strauß (Ortsstraße 47).
1933 lebten noch 20 jüdische Personen am Ort. Auf der zunehmenden
Entrechtung und der Repressalien sowie der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts
verließen mehrere der jüdischen Einwohner in der Folgezeit den Ort, verzogen
in andere Städte oder wanderten aus. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die
Synagoge zerstört (siehe unten), gleichfalls das Geschäft von Julius Strauß.
Die letzten sechs in Grombach verbliebenen jüdischen Einwohner wurden am 22.
Oktober 1940 nach Gurs deportiert.
Von den in Grombach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch Gedenkbuch Baden-Württemberg):
Clara Asch geb. Strauss (1872), Trude Baer
geb. Kirchheimer (1905), Isak Federgrün (1876), Rosalie Federgrün (1909), Ella
Heiligenbrunn geb. Götter (1890), Joseph Heiligenbrunn (1890), Trude Heinemann
geb. Kirchheimer (1905), Frieda Hönlein geb. Götter (1886), Fritz Kirchheimer
(1899), Dora Kirchheimer (1903), Trude
Kirchheimer siehe Trude Baer geb. Kirchheimer, Heinrich Strauss (1875),
Frieda Straus (1876), Johanna (Hannchen) Straus (1887), Berthold Strauss (1888),
Dora Strauss geb. Kirchheimer (1903), Hatty (Henriette) Strauß (1861), Heinrich
Strauss (1875), Ida
Strauss geb. Zwang (1875), Julius Strauss (1887), Margot Strauss (1920), Martha
Straus (1919), Salli Strauss (1899), Rosalia de Vries geb. Federgrün (1909),
Lina Weis geb. Straus (1873).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers und
Vorsängers (1837 / 1849 / 1854)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" von 1837 S. 1062 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Erledigte
Stelle.
Bei der israelitischen Gemeinde Grombach ist die Lehrstelle für
den Religionsunterricht der Jugend, mit welcher ein Gehalt von 55 fl.
nebst freier Kost und Wohnung, sowie der Vorsängerdienst samt den davon
abhängigen Gefällen verbunden ist, erledigt, und durch Übereinkunft mit
der Gemeinde unter höherer Genehmigung zu besetzen. Die rezipierten
israelitischen Schulkandidaten werden daher aufgefordert, unter Vorlage
ihrer Rezeptionsurkunde und der Zeugnisse über ihren sittlichen und
religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen sich bei der Bezirkssynagoge
Sinsheim zu melden. Auch wird bemerkt, dass im Falle weder Schulkandidaten
noch Rabbinatskandidaten sich melden, andere inländische Subjekte nach
erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden.
Sinsheim, den 13. November 1837.
Großherzogliche Bezirks-Synagoge." |
|
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 24. November 1849 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Die mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen
Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen
Gefällen, verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde
Grombach, Synagogenbezirks Sinsheim, ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei diesseitiger Bezirkssynagoge sich
zu melden. Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
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Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 25. März 1854 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Die mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen
Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind,
einem Aversum ferner von 15 fl. für den zu erteilenden weltlichen
Unterricht, und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen
Gefällen, verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde
Grombach, ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen, unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen, mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats, bei der Bezirkssynagoge Sinsheim sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinatskandidaten, können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden." |
Moses Weil von Steinsfurt - bisher Lehrer in Grombach -
wird Lehrer in Rohrbach (1849)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 27. Oktober 1849 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen):
"Die durch das Ableben des Hauptlehrers Karl Kaufmann
erledigte, nach erfolgender Erledigung des Vorsängerdienstes mit diesem
zu vereinigende Hauptlehrerstelle an der öffentlichen israelitischen
Schule in Rohrbach bei Sinsheim,
wurde dem Schulkandidaten Moses Weil von Steinsfurt,
dermaligem Religionsschullehrer und Vorsänger bei der israelitischen
Gemeinde Grombach, übertragen."
|
Berichte aus dem
Gemeindeleben
Die Gemeinde geht der Auflösung entgegen
(1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Dezember 1929: "Obergimpern
(Baden). Unsere Gemeinde teilt auch das Los aller Landgemeinden und
steht vor ihrer Auflösung. Eine Familie ist diese Woche wieder
weggezogen, andere werden folgen. Vor dem Kriege war hier noch eine
stattliche religiöse Gemeinde, wo Schabbos und Feiertage noch streng
gehalten wurden; das hat sich auch noch bis heute bei den noch ansässigen
Familien bewahrt. Obergimpern ist eine der ältesten Gemeinden der
Umgegend; die schöne zweistöckige Synagoge, welche mitten im Orte steht,
wurde im Jahre 1805 von den damaligen Gemeindemitgliedern unter großen
Opfern erbaut. Nach dem Kriege wurde sie neu restauriert und sind schon
einige Jahre ohne Minjan. Auch unsere Nachbargemeinden
Wollenberg,
Siegelsbach,
Rappenau, Grombach, alle vor dem Kriege noch stattliche
Gemeinden, stehen vor ihrer Auflösung. In Obergimpern haben die Juden
neben ihrem Geschäft noch größere Landwirtschaft selbst betrieben und
haben in der Arbeit den anderen Bauern nicht
nachgegeben." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Über den aus Grombach stammenden Rabbiner Dr. Alexander
Stein
Der
bedeutendste Sohn der jüdischen Gemeinde Grombach war Rabbiner Dr. Alexander
Stein (geb. 1843 in Grombach, gest. 1914 in Karlsruhe; Zeitungsartikel links
aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24.7.1867). Er lernte in
Heilbronn und Karlsruhe und erwarb 1866 nach Studien in Breslau den
philosophischen Doktorgrad an der Universität Halle. Bereits im Alter von 24
Jahren wurde er auf Empfehlung des Breslauer Seminardirektors Dr. Frankel Gemeinderabbiner
in Worms und hatte von 1867 bis 1910 dieses Amt inne. Ihm kommen große
Verdienste beim Aufbau der jüdischen Gemeinde in Worms zu. Er war anerkannt bei
den Orthodoxen wie Liberalen und stand in gutem Verhältnis zu den politischen
und kirchlichen Gremien der Stadt Worms. Anlässlich seiner Zurruhesetzung 1910
erhielt er durch den Großherzog die Krone zum Ritterkreuz 1. Klasse Philipps
des Großmütigen und wurde zum Ehrenrabbiner ernannt. |
Vgl. Wikipedia-Artikel
https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_Stein_(Rabbiner) |
Zum
Tod des aus Grombach stammenden Rabbiner Dr. Alexander Stein (1914)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 27. Februar 1914: "Ehrenrabbiner Dr. Alexander Stein
Im Alter von über 70 Jahren starb in vergangener Woche in Karlsruhe der
Träger dieser seltenen Auszeichnung, welche ihm seine Gemeinde Worms
als Dank für seine segensreiche, mehr als vierzigjährige Tätigkeit beim
Ausscheiden aus dem Amte vor vier Jahren verliehen hatte. Aufsehenerregende
Nachrichten werden in dieser langen Amtsperiode wohl kaum über diesen still
und ruhig seine Pflicht erfüllenden Mann in die Öffentlichkeit gelangt sein.
Denn wenn irgend jemand, so hat er sein Leben lang den Spruch der
Väter hochgehalten, dass man die Lehre nicht als Krone zum Prunken und nicht
als Scheit zum Graben missbrauchen solle. Seinem bescheidenen Wesen und
seinem vornehmen Charakter lag jede Spur von Eitelkeit und Ruhmsucht fern;
wo er auf leeres Prunken und eitles Sichgroßtun stieß, erweckte ihm solche
Beobachtung ein herzliches, fröhliches Lachen. In Geist und Wissen sich in
berechtigter Weise hervorzutun, fehlte es ihm freilich nicht. In Grombach
in Baden geboren, war er schon im Gymnasium, das er zu Karlsruhe
absolvierte, ein trefflicher Schüler und erwarb sich die besondere Zuneigung
des Oberrats Altmann, bei dem er sich für das theologische Studium
vorbereitete. Im Breslauer Seminar, das er alsbald bezog, genoss er die
allgemeine Gunst seiner Lehrer und Kommilitonen. Fränkel, zu dessen Schülern
er noch zählte, gestattete dem noch nicht Vierundzwanzigjährigen noch vor
seiner offiziellen Entlassung aus dem Seminar das Rabbinat der altberühmten
Wormser Gemeinde anzunehmen. In einer Seminarpreisarbeit über die
Fortbildung der hebräischen Sprache in der Mischna, hatte er das Zeugnis von
seiner wissenschaftlichen Befähigung abgelegt, ein schweres Augenleiden, das
sich frühzeitig einstellte und ihm Schonung gebot, ließ ihn freilich später
nicht mehr zu wissenschaftlichen Arbeiten gelangen. Umso eifriger wandte er
sich der praktischen Amtstätigkeit |
zu;
seine schlichte, aber herzliche und eindringliche Art der Rede und seine
überaus große Milde und Güte gewannen ihm bald aller Herzen. Er war die
Verkörperung des Hillelschen1
Wortes: 'Sei von den Schülern Arons2,
liebe den Frieden und gehe ihm nach, liebe die Menschen und führe sie sanft
zur Lehre hin.' Auch seine religiöse Parteistellung war so beschaffen; sie
kannte keine Schroffheit und kein Extrem. Er war ein aufgeklärter Geist und
sich seiner Aufgabe, als liberaler Theologe in einer liberalen Gemeinde und
in einem modernen Gotteshause zu wirken, wohl bewusst. Aber jeder Fanatismus
nach links und nach rechts war ihm zuwider. In der religiösen Praxis hielt
er sich darum gern von allen Extremen fern und vertrat als eine der
sympathischsten und liebenswürdigsten Gestalten die gute alte Zeit der
Breslauer Schule. Eigenartig war das Verhältnis seiner eigenen Schüler zu
ihm. Alle liebten und verehrten ihn, selbst diejenigen, die seine Güte und
Milde für ihre Schwächen ausnutzten; die Verständigen aber hatten einen
feinen Sinn dafür, dass ein Mann von Wissen und Charakter vor ihnen stand,
und wurden von früh auf seine treuen und anhänglichen Freunde. Einer dieser
treuesten und anhänglichsten war der unvergessene Max Loeb in
Mainz, der dem treuen Lehrer beim Abschied
noch in seiner gewohnten begeisterten und begeisternden Weise des Dankes und
der Verehrung darbrachte. Auch ich rühmte mich voll freudigen Stolzes des
Wormser Ehrenrabbiners als meines Lehrers und Gönners, dem ich
unverlöschliche Dankbarkeit bewahre. Als Dr. Stein vor vier Jahren mit
Rücksicht auf seinen Gesundheitszustand sein Amt niederlegte, zeigte es
sich, wie fest seine Gemeinde mit ihm verwachsen war; es war ein Abschied
wie von einem Vater. Auch die Behörden, bei denen er höchstes Ansehen
genoss, selbst der Großherzog zeichnete ihn in ehrenvollster Weise aus, der
letztere verlieh ihm das Ritterkreuz 1. Klasse mit der Krone. In Karlsruhe,
der Stadt seiner Jugend, wollte der in Ehren Verschiedene seinen Lebensabend
verbringen und sich der schönen Erinnerung an die einstige Tätigkeit freuen.
Seine Familie umgab ihn dort mit treuester Fürsorge. Ganz besonders
beglückte es ihn, dass zwei seiner Schwiegersöhne, Dr. Grünfeld,
Augsburg und Dr. Levi5,
Krefeld, angesehene und verehrte deutsche Rabbiner sind. Mit regstem
Interesse verfolgte er weiter die lebhaften geistigen Bewegungen, die gerade
seit den letzten Jahren die deutsche Judenheit erfüllen, mit freudiger
Teilnahme empfing er noch am 1. Oktober v.(origen) J.(ahres) die zahlreichen
Glückwünsche seiner Verehrer zu seinem 70. Geburtstage. Nun ist er rasch
dahingegangen und noch einmal wurden an seinem Grabe all die Stimmen der
Liebe laut, die von dem reichen Segen sprachen, den er in Familie und
Gemeinde ausgestreut hatte. Ein Rabbiner der modernen Zeit war Dr. Alexander
Stein und doch an Wissen, Gottesfurcht, Charakter, Wirksamkeit vollauf
würdig mit der ersten Reihe der trefflichen Männer zu stehen, die den
Rabbinatssitz der berühmten Gemeinde Worms je geziert haben. Möge sein Name
gleich der ihrigen allezeit zum Segen fortbestehen! Max Freudenthal4."
Anmerkungen: 1zu Hillel:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hillel
2 zu Aron:
https://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_(biblische_Person)
3 zur Breslauer Schule:
https://de.wikipedia.org/wiki/J%C3%BCdisch-Theologisches_Seminar_in_Breslau
4 zum Verfasser des Beitrages
Rabbiner Max Freudental:
https://de.wikipedia.org/wiki/Max_Freudenthal
5 zu Rabbiner Dr. Levi,
Oberrabbiner in Krefeld:
https://de.wikipedia.org/wiki/Joseph_Levi |
Über den aus Grombach stammenden
Lehrer L. Faller (zu seinem Tod 1889; war Lehrer in Wertheim von 1842 bis
1885)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 24. Oktober 1889:
"Man schreibt aus Wertheim, 23. September (1889). Gestern früh starb
hier im hohen Alter von 80 Jahren der pensionierte Lehrer L. Faller.
Gebürtig aus Grombach, Amt Sinsheim,
kam er im Jahre 1842 hierher zu Versehung der israelitischen
Religionsschule, der er volle 43 Jahre, bis zu seiner vor vier Jahren
erfolgten Zurruhesetzung vorstand, nachdem er bereits fünfzehn Jahre
andere Stellen bekleidet hatte. Im ganzen war er 58 Jahre lang im Schuldienste
tätig. Weit und breit wurde der Verstorbene wegen seines heiteren,
humorvollen Wesens gekannt und geachtet. Vor einem Jahre wurde er vom
Schlage gerührt und seitdem kränkelte er und nur der treuen Pflege
seiner Familie gelang es, sein Leben zu fristen. Ein zweiter Anfall, den
er vor wenigen Tagen erlitt, führte zur allmählichen Auflösung. Eine
zahlreiche, in den geachtetsten Verhältnissen lebenden Nachkommenschaft
sowie viele Freunde beweinen den Hingang des wackeren Mannes." |
Besuch der badischen
Großherzogin in Bad Rappenau mit Ehrung für die Frau des Gemeindevorstehers
Joseph Strauß (1903)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. August 1903: "Rappenau
(Baden), 25. August (1903). Vor mehreren Tagen weilte Ihre
Königliche Hoheit die Großherzogin von Baden in unserer Mitte. Dieselbe
besuchte die Ausstellung weiblicher Schülerarbeiten der Bezirksgemeinde.
Zu den Ehrendamen, die sich in dem betreffenden Saale aufzustellen hatten,
wurden auch zwei geachtete, jüdische Frauen des Bezirkes zugezogen,
nämlich die Frau des Gemeindevorstehers Joseph Strauß von Grombach
und Frau Götter von Ehrstädt, mit
denen sich die hohe Fürstin in der huldvollsten Weise unterhielt und sich
nach manchen Verhältnissen interessevoll erkundigte. W." |
Anzeigen
Vorbeter für Jom Kippur gesucht (1911)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. August 1911:
"Vorbeter
für Jomkippur gesucht. Offerten mit Preis an
Vorstand der
Israelitischen Gemeinde Grombach in Baden." |
Anzeige vom Simon Strauss (1916)
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 5. Mai 1916:
"Ich suche für meinen Sohn im Alter von 15 Jahren mit Vorkenntnissen
der Manufakturwarenbranche per sofort passende Lehrstelle.
Süddeutschland bevorzugt.
Simon Strauss, Grombach (Baden)." |
Zur Geschichte des Betsaals /der Synagoge
Nachdem bereits in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts die Zehnzahl religionsmündiger
jüdischer Männer am Ort erreicht wurde, wird ein Betzimmer in einem der
jüdischen Häuser eingerichtet worden sein. Dies war für die größer werdende
Gemeinde im 19. Jahrhundert jedoch keine Dauereinrichtung.
1831 richteten die Gemeindevorsteher ein Gesuch an die Staatsregierung in
Karlsruhe mit der Bitte, eine Kollekte zur Finanzierung eines Synagogenbaus zu
genehmigen. Die Durchführung der Kollekte wurde am 7. Juli 1831 vom Großherzoglichen
Ministerium des Innern genehmigt, jedoch mit der Auflage verbunden, baldmöglichst
einen Finanzierungsplan zum Bau einer Synagoge in Grombach vorzulegen. Fünf
Jahre später konnte eine Kostenberechnung und ein Bauplan des Landesbaumeisters
Wind aus Heidelberg vorgelegt werden. Die Gemeinde plante, im Synagogenbau
zugleich ein Schulzimmer sowie eine kleine Wohnung für den Vorbeter
einzurichten. Der für den Bau vorgesehene Betrag von 2.519 Gulden überstieg
jedoch noch immer das Vermögen der jüdischen Gemeinde in Grombach, zumal der
preisgünstigste Handwerker 400 Gulden mehr als zunächst veranschlagt für die
Bauausführung haben wollte.
So konnte man erst 1840 mit dem Bau beginnen, nachdem Zimmermeister Christian
Dietz & Söhne aus Kirchardt und Maurermeister Martin Stier & Konsorten
aus Berwangen versprachen, zusammen nicht mehr als 2.750 Gulden für die
Erstellung der Synagoge zu verlangen. Die Gemeinde hatte bis dahin eine Summe
von 2.400 Gulden gesammelt; für das fehlende Kapital war eine Kreditaufnahme nötig.
Wie beabsichtigt, wurden im Synagogengebäude auch ein Schulzimmer und die
Lehrerwohnung untergebracht.
So hatte die relativ kleine jüdische Gemeinde Grombach für den Bau ihrer
Synagoge große finanzielle Opfer aufbracht. Auch in späteren Jahren wurde mit
Hilfe von Spenden das Gotteshaus renoviert und in würdigem Zustand bewahrt.
Leopold Strauß in Grombach stiftete 1891 einen wertvollen Toramantel und seine
nach Baltimore in den Vereinigten Staaten ausgewanderten Brüder A. und B. Strauß
stifteten 1892 einen prachtvollen Vorhang für den Toraschrein.
In der Pogromnacht im November 1938 wurde die Synagoge von einem auswärtigen
SA-Trupp verwüstet. Eigentlich sollte das Gebäude angezündet werden. Auf
energischen Protest von Jakob Appenzeller ("Badischer Hof"-Wirt),
dessen Scheune unmittelbar an die Synagoge angrenzte, ließen die SA-Leute von
diesem Vorgaben ab, zerschlugen aber die Inneneinrichtung des Gebäudes, zerstörten
mit Äxten den Dachstuhl und demolierten die Wohnung des Vorbeters und
Synagogendieners Isak Federgrün.
Die Synagogenruine stand bis 1963 und wurde schließlich für den Neubau des
Rathauses (heute örtliche Verwaltungsstelle in der Ortsstrasse 63) abgebrochen.
Erhalten blieb nur der Stein vom Türsturz der Synagoge mit einem hebräischen
Zitat aus Jesaja 56,7, der sich bei der Kapelle von Schloss
Neuhaus befindet. Die Übersetzung des Steines lautet: "Mein Haus soll
ein Bethaus für alle Völker genannt werden" (mit Jahreszahl nach jüdischem
Kalender für 1840).
Fotos
Historische Fotos:
|
|
Die Grombacher Synagoge um
1935 (Ausschnitt aus
einer Luftaufnahme von Nordwesten) |
Die zerstörte Synagoge von
Grombach kurz vor
dem Abbruch (Aufnahme W. Kosian) |
|
Inschrift auf dem
Türsturz der ehemaligen Synagoge Grombach, aufbewahrt bei der Kapelle des
Schlosses Neuhaus.
Zitat aus Jesaja 56,7: "Mein Haus soll ein Bethaus
für alle Völker genannt werden" |
Abbildungen in:
Hans Appenzeller, Geschichte... s. Lit. S. 36.39. |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Foto um 1985 und 2002:
(Foto links: Hahn) |
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Die örtliche Verwaltungsstelle in
Grombach auf dem
Grundstück der
ehemaligen Synagoge |
dasselbe Motiv 2002
(Quelle: hier
anklicken) |
|
Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 113-114. |
| Wolfram Angerbauer/Hans Georg Frank: Jüdische Gemeinden in
Kreis und Stadt Heilbronn. S. 80-83. |
| Hans Appenzeller: Geschichte der jüdischen Gemeinde
Grombach, in: Bad Rappenauer Heimatbote. Heimatgeschichtliche Beilage des
Mitteilungsblattes. Jg. 7 Dezember 1995. S. 33-40. |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 293-294. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Grombach Baden.
Jews settled temporarily during the Thirty Years War (1618-48), founding a
permanent settlement in the 18th century, that numbered 40-50 Jews throughout
the 19th century (about 6 % of the total). The number dropped to 20 by 1933,
with the Jews gradually forced to liquidate their businesses under the economic
boycott. Eight left for other cities in southern Germany, in 1933-1939. The
synagogue was burned on Kristallnacht (9-10 November 1938), and seven of
the last eight Jews were deported to the Gurs concentration camp on 22 October
1940.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|