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Der frühere Betsaal in
Bremgarten |
Juden in Bremgarten
von Werner Meyer (verfasst um 1990)
Ansiedlung im
Mittelalter
Im Mittelalter war Bremgarten freie Reichsstadt und besaß das Privileg,
Juden aufzunehmen (1). Dies erklärt, weshalb von 1415-1420 in Bremgarten,
wie in Zürich, für Juden die gleiche Eidesformel (2)
(z.B. vor Gericht) gültig
war, die wie folgt lautete: "Daz da etc. ein warheit sie, also helf die
der Gott, der hymel vnd erd, löb vnd gras, berg und tal und alle ding
geschaffen hat; vnd also helf dir ... die Gott der herr gab Moyses uf dem berg
Synay; vnd also die der hochwirdig herr Adonay."
Als 1423 die Juden aus Zürich vertrieben wurden, ließ sich die
Familie der Witwe Hänlin, genannt nach ihrem verstorbenen Mann Smaria die
Smaryin, in der freien Reichsstadt Bremgarten, die zur Judenaufnahme
(Judenprivileg) berechtigt war, nieder. 1425 zog "der Smaryeten
Tochter" mit ihrem Manne von Bremgarten nach Köln; da aber dort um diese
Zeit gerade eine Judenverfolgung stattfand, sind sie wohl bald wieder nach
Bremgarten zurückgekehrt. (3) 1431 wird ein jüdischer Friedhof in Zürich vor dem
Lindentor bei dem Wolfbach deshalb erwähnt, weil von den auswärtigen Juden nur
diejenigen von Bremgarten, Mellingen und Rapperswil dort beerdigt werden
dürfen. (4)
Der Dissertation von Dr. Eugen Bürgisser, unter dem Titel "Geschichte
der Stadt Bremgarten im Mittelalter", entnehmen wir auch einen Artikel
über die Juden, der wie folgt lautet:
"Eine besondere Schicht innerhalb der städtischen Kaufmannschaft
bildeten die Juden. Wir besitzen verhältnismäßig viele Zeugnisse über die
mittelalterliche Judenschaft Bremgartens. 1348 ist von einer 'fron Belen, die
Jüdin von Bremgarten' die Rede. Der Bremgarter Jude Loew machte 1428 und 1438
in Zürich gegen dortige Bürger Geldforderungen geltend, die von Darlehen
herrühren mochten. Am 4. Dezember befahl König Sigmund den süddeutschen und
schweizerischen Städten, darunter auch Bremgarten, dem Unterlandvogt von
Schwaben beim Einzug des goldenen Opferpfennigs und der halben Judensteuer
behilflich zu sein. Nach alter Sitte sandten die Juden jedem neugesalbten Kaiser
ein Ehrengeschenk, um sich von neuem des Reiches Gunst zu erbitten. Dies taten
auch die Juden von Bremgarten und Mellingen, als König Sigmund Kaiser wurde.
Dafür bestätigte er ihnen am 24. Februar 1434 ihre Privilegien und versprach,
sie während der nächsten zehn Jahre nicht mit außerordentlichen Steuern zu
beschweren und auch ihren Schuldnern keinen Nachlass zu verleihen. Kaiser
Sigmund erhöhte noch seine Gunst, indem er am 12. März desselben Jahres den
Juden von Zürich, Schaffhausen, Winterthur, Bremgarten und Mellingen die
Privilegien der Augsburger Juden verlieh. Dafür erhielt er von ihnen ein
Ehrengeschenk von 1.000 Gulden. Bisweilen auftretende judenfeindliche Regungen
unter der städtischen Bevölkerung wurden vom Rate, dem der Judenschutz
übertragen war, energisch unterdrückt. Von Zeit zu Zeit hatten die Juden ihre
Aufenthaltsbewilligung zu erneuern und dabei ein Schirmgeld zu entrichten.
Der Rat suchte einen zu großen Andrang der Juden an den Jahrmärkten zu
verhindern, indem er 1642 beschloss, an diesen Tagen eine besondere Judensteuer
zu erheben."
1481 beansprucht Bremgarten auf der Tagsatzung neben andern Rechten
auch das Judengeleit. (5)
Johann Caspar Ulrich, Pfarrer am Fraumünster in Zürich, veröffentlichte im
Jahre 1768 ein Buch unter dem Titel: "Sammlung jüdischer Geschichten,
welche sich mit diesem Volk in dem 13. und folgenden Jahrhunderten bis 1760 in
der Schweiz von Zeit zu Zeit zugetragen." Darin finden wir folgende Angaben
(siehe abgebildete Seite links): "Bremgarten (lat. Bremocartum) betreffend, welches an dem
Wasser Rüss liegt, hatte, eben wie ein großer Theil des benachbarten
Bader-Biets, viele Juden. Es ist aber im Archiv zu Bremgarten, welches in Rauch
aufgegangen, nicht das Mindeste zu finden, wie ich von guter Hand, darüber
berichtet bin. Anno 1537 steht im Badischen Abscheid 5.18 Jud David von
Bremgarten haltet an um den Eydgenössischen Schutz. Man sihet hieraus, dass
auch nach der Reformation Juden in Bremgarten gewesen."
Dieser Juden David übte den Beruf eines Heilkundigen (Arztes) aus. Um von der
Tagsatzung das erbetene freie Geleit zu erhalten, musste die Gemeinde für David
ein Leumundszeugnis ausstellen, worin David ehrbares Verhalten bezeugt wird. (6)
In
den Rats-Manualen der Stadt Bremgarten finden wir u.a. folgende Eintragungen:
"Am Samstag vor Judica (17. März 1537) erscheint David Jud vor
den Räten und begehrt weiterhin Schutz und Schirm. David sei schon drei Jahre
hier ansässig. David wird gegen ein jährliches Schirmgeld von 5 Goldgulden
weiter hier verbleiben, so er keinen Klagen Anlass gebe". (7)
"12. April 1537: Schon früher hatte der Rat den Jungwalther Huber mit dem
Turm bestraft, weil er beim Juden eingerochen war und dessen Laubhütte
zerstört hatte. Trotz der dafür geleisteten Urfehde verfolgten dessen Freunde
den Juden weiterhin, sodass der Rat sie bereits einmal verwarnen musste. Nun
geschah dies zum zweiten mal, da der Rat nicht eines Juden wegen einen Bürger
strafen wollte. Sollte aber die Warnung erfolglos sein, so würden sie künftig
an Leib und Gut gestraft."
"22. März 1539: Schultheiß und Rat gestatten David, dem Juden, weiterhin
in der Stadt zu bleiben, wenn er sich so verhalte wie bisher. Des Wuchers halb
wird er nicht geschützt. Kündigungsfrist für den Aufenthalt 1 Jahr. Der Jude
bezahlt jährlich 5 Gulden Schirmgeld. - 1573 verpflichtet sich Nathan Jud von
Rapperswil, der nach Bremgarten ziehen will, zu jährlich 5 Gulden Schirmgeld".(8)
1560, unter der Anschuldigung des Ritualmordes, wurde von der
Geistlichkeit die Vertreibung der Juden gefordert. Diesem Ansinnen wurde weder
von den Räten noch von der Bevölkerung nachgekommen, sondern die Stadt nahm
weiterhin Juden auf und gewährte ihnen Schutz und Schirm. - 1585 wird von Schultheiß
und Rat zu Bremgarten zwischen Salman Jud zu Bremgarten und einem Einwohner zu
Adlikon zu Gunsten des ersteren entschieden, der mit seinem Vater Jacob und
seiner Schwester Böli in Bremgarten lebte. (9)
Ab ca. 1600 sind dann keine Juden mehr in Bremgarten wohnhaft
gewesen.
Emanzipation
Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts gelang es nach und nach, eine
jüdische Gemeinde aufzubauen. Dies war nicht leicht, denn die Bundesverfassung
von 1848 krankte zu Ungunsten der Juden an einem inneren Widerspruch. Gemäß
Art. 4 dieser Verfassung waren alle Untertanenverhältnisse und Vorrechte
aufgehoben und alle Schweizer vor dem Gesetze gleich erkört worden. Dem standen
aber Art. 41, 44 und 48 entgegen, die die freie Niederlassung, die freie
Ausübung des Gottesdienstes und die Gleichheit vor den Gesetzen den
Angehörigen der christlichen Konfession vorbehielten. 1863, 1866 respektive
1874 wurden dann die inkrimierenden Gesetze aufgehoben und die Schweizer Juden
genossen Rechtsgleichheit mit den übrigen Schweizer Bürgern. Vor 1863 war
daher für Juden ein Domizilwechsel vom argauischen Kleinen Rat
bewilligungspflichtig (Gewährung für zwei Jahre, jedoch erneuerbar) und mit erheblichen
Schwierigkeiten verbunden. Um dies zu illustrieren, möge der nachstehende
Protokollauszug des Aargauischen Kleinen Rates (Regierungsrat) dienen:
22. Juni 1852: "Das Bittgesuch des Hebräers Samuel Meier von Lengnau um
Gestattung des Aufenthaltes in der Gemeinde Wohlen behufs Errichtung eines
Tuchwarengeschäftes wird behufs vorerstlicher Einvernahme der Bezirks- und
Gemeinde-Behörden und späterer Berichtserstattung anher an das
Polizeidepartement gewiesen."
9. Juli 1852: "Auf den von dem Polizeidepartement und seinem
diesbezüglichen Amtsberichte vom 8.d. vorgetragenen Gründen wird der Israelite
Samuel Meier mit seinem eingereichten Gesuch um Erteilung einer
Aufenthaltsbewilligung auf die Gemeinde Wohlen zum Zwecke der Errichtung einer
Tuchwarenhandlung abgewiesen und Petent hiervor durch das Bezirksamt Muri, wo derselbe
sich aufhält, unter anzeuge an das Polizeidepartement, verständigt."
31. März 1853: "Vermittelst Vortrag vom 30.d. hinterbringt die
Polizeidirektion ihr Gutachten über das Gesuch des Hebräers Samuel Meier von
Lengnau, ihm Behufs Gründung eines Ellenwarengeschäftes eine
Aufenthaltsbewilligung auf die Gemeinde Villmergen erteilen zu wollen. - Da in
der Gemeinde Villmergen drei und in dem nahe gelegenen Wohlen ebenfalls mehrere
Ellenwarengeschäfte bestehen, somit dem Bedürfnis nach solche Geschäften
hinreichend begegnet ist, so wird antragsgemäß beschlossen: Samuel Meier von
Lengnau sei mit seinem Gesuche abgewiesen. Eröffnung an die Polizeidirektion,
an welche die Berichtsbeilagen zurückgehen."
18. October 1854: "Vernommen wird das Gutachten der Polizeidirektion vom
17.d. über das Gesuch des Samuel Meier von Lengnau, ihm den Aufenthalt
in der Gemeinde Bremgarten um so mehr... gestatten zu wollen, als der
dort ansässige Israelit Braunschweig fortziehen werde. Aus vorgetragenen
Gründen wird antragsgemäß beschlossen: es sei dem Samuel Meier der
Aufenthalt in Bremgarten zu gestatten, sobald Braunschweig von dort fortgezogen
sein werden
Kenntnis an die Polizeidirektionbehufs vorläufiger Eröffnung unter
Rückstellung der Berichtsbeilagen".
Neben diesen Protokollauszügen sind verschiedene Niederlassungsgesuche von
Samuel Meier sowie auch Vernehmlassungsschreiben der angewählten Gemeinden im
Aargauischen Staatsarchiv aufbewahrt worden. Die Begründung, welche Samuel
Meier (respektive der Verfasser J. Rey) für eine Niederlassungsbewilligung als
wichtig erachtete, lässt sich am Beispiel des nachfolgende aufgeführten
Bewerbungsschreibers für die Gemeinde Wohlen bestens dokumentieren.
An tit Landammann u. Kleinen Rath des hohen Cantons Aargau
Niederlassungsbewilligungsgesuch für Samuel Meier in Lengnau
Hochgeachteter Herr Landammann! Hochgeachtete Herren Regierungsräte!
Wenn § 17 der bestehenden Staatsverfassung das Recht der freien Niederlassung
jedem Kantons und Schweizerbürger zusichert, sofern er die gesetzlichen
Vorschriften erfüllt, so ist hiermit gewiss ein großer Schritt zur endlich
Realisierung des Grundsatzes der Freiheit und Gleichheit im Kanton Aargau
geschaffen, und es dürfen sich auch die Bürger der Judengemeinden, an der Hand
dieses Grundgesetzes und im Vertrauen auf die allgemein sich immer mehr und mehr
Geltung verschaffenden Prinzipien der Rechtsgleichheit, der sicheren Hoffnung
hingeben, dass bei einer Revision der fraglichen Gesetze über Aufenthaltsbewilligung
en auch sie von den lästigen Ausnahmebestimmungen werden befreit werden.
Inzwischen liegt es wohl unzweifelhaft schon jetzt im Willen der hohen Regierung
überall da die Härte des Gesetzes zu mildern und besonders da das Recht
der freien Niederlassung auch den Bürgern de jüdischen Glaubens zukommen zu
lassen, wo dieselben den offenbaren Beweis leisten, dass sie, soviel in ihren
Kräften steht, alles aufbieten, um nicht nur die gleichen Rechte wie ihre
Mitbürger zu erwerben, sondern auch die gleichen Pflichten und Anforderungen
des Staates, soweit sie die bürgerliche Einrichtung betreffen, zu erfüllen.
Petent, dessen Vater schon vor Jahren von der hohen Regierung die Erlaubnis der
Niederlassung in Muri zum Behuf eines dort zu errichtenden Warenmagazins
erhielt, hat nun, angekommen auf einem Alter, wo er sich selber durchbringen
soll, sein Augenmerk auf die Gemeinde Wohlen gerichtet, in welcher sich für ihn
die günstigsten Auspizien zur Errichtung eines Tuchwarengeschäftes gezeigt.
Ohne auf statistische Notizen dieses Dorfes einzugehen, wird wohl Niemand
bezweifeln, dass bei einer Bevölkerung von dritthalbtausend Seelen, bei einem
Verkehr, der an Lebhaftigkeit seinesgleichen im Kanton sucht, die Gründung
eines zweiten Tuchwarengeschäftes sicher keine überflüssige genannt werden
kann. Wie denn überhaupt gerade Wohlen selbst den Beweis geliefert hat, dass Konkurrenz
nicht sowohl dem Handel und der Industrie schadet, als im Gegenteil gerade
dieselbe fördert und auf eine solche Stufe der Vervollkommnung bringt, wie sie
dieselbe ohne Konkurrenz niemals erlangt hätte.
Im Vertrauen auf diese angeführten Momente, im Vertrauen besonders auf
den geneigten Willen der Behörden, den Staatsangehörigen, welche ein redliches
Streben ihr Auskommen auf eine den Zwecken des States entsprechende Weise zu
erwerben gezeigt haben, allen Schutz und Hülfe angedeihen zu lassen, - im
Vertrauen endlich auf die beigefügten Zeugnisse und Bescheinigungen wiederholt
Bittsteller noch einmal sein Gesuch: "Es möchte hochdenselben gefallen,
ihm die Bewilligung der Niederlassung in der Gemeinde Wohlen, behufs eines
daselbst zu errichtenden Tuchwarengeschäftes, erteilen".
Mit Versicherung vollkommener Hochachtung und Ergebenheit:
Lengnau, d. 17. Juni 1852 Samuel Meier
Eingesehen und empfohlen
Zurzach, 21. Juni 1852 Der Bezirksamtmann
Frey
Wie aus dem früher erwähnten Protokollauszug des Aargauischen
Regierungsrates ersichtlich ist, hat die Gemeinde Wohlen das Aufnahmegesuch
angeblich aus wirtschaftlichen Gründen ("genügend Ellenwarengeschäfte am
Platze") abschlägig beantwortet. Immerhin fügte Wohlen in seiner Antwort
an, das "...sofern wirklich wider sein Erwarten einem Juden eine
Niederlassungsbewilligung ertheilt werden sollte, er (der Gemeinderat)
gegenwärtigen Petenten einem Andern vorziehen würde". Diese ablehnende
Haltung Juden gegenüber findet sich auch in den Vernehmlassungen anderer
Gemeinden, aus denen die nachfolgenden Zitate stammen:
"...Herr Amtmann Josef Weibel, Muri, möchte die Verbreitung der Juden
im Canton nicht begünstigen, weil er kein Judenfreund sein und die Überzeugung
habe, dass ihre Verbreitung kein Heil bringe".
"..., dass gegen entschieden ausgesprochenen Willen einer Gemeinde,
dieselbe nicht zur Aufnahme von Juden gezwungen werden soll".
Für das Gesuch zur Niederlassung in Bremgarten lautet der Bericht vom 17.
Oktober 1854 des Polizeidirektors an den Regierungsrat im Wortlaut wie folgt:
Der Polizei-Direktor des Kantons Aargau an den tit. Regierungsrat
Samuel Meier von Lengnau kommt bei Ihnen mit dem Gesuch ein, ihm den
Aufenthalt in Bremgarten zu gestatten und zwar um so sehr, als der dort
ansässige Israelit Braunschweig fortziehen werden.
Der Gemeinderat von Bremgarten sagt:
a. Ist kein Bedürfnis vorhanden, dass sich derselbe in Bremgarten niederließe.
Bremgarten hat Handelsleute genug bei dem allgemein gesunkenen Verdienste.
b. Braunschweig ist nicht fortgezogen, und hat seine Handlung noch nicht
eingestellt.
Das Bezirksamt erklärt sich mit der Ansicht des Gemeinderates einverstanden und
beantragt Abweisung. Es bemerkt indessen, Benedikt Braunschweig ziehe
fort.
Da Bremgarten eine Stadtgemeinde, eine der besten Gemeinden ist, und nach
Weggehen des Braunschweig, dort kein Israelit sich mehr aufhalte, so beantrage:
Es sei dem Samuel Meier Aufenthalt in Bremgarten zu gestatten, sobald
Braunschweig von dort weggegangen sein wird.
Der Polizeidirektor Joh. Hegnauer
|
Fotografie um 1910: Mitte
Samuel Jakob Meier 1828-1918, Gründer und erster Präsident der Israelit.
Cultusgemeinde Bremgarten. - Links sitzend: Sophie Meier geb. Bodenheimer
1843-1921, aus Ettlingen bei Karlsruhe stammend, zweite Ehefrau von S. J.
Meier. - Rechts: Karl Meier (spätere Schreibweise: Carl Meyer) 1884-1961
(jüngster Sohn von S. J.Meier), diente der Israelitischen Cultusgemeinde
über 20 Jahre als Präsident. |
Israelitische
Cultusgemeinde
Gemeindegründung - Lehrer -
Unterricht
Offensichtlich mit den gleichen Schwierigkeiten wie Samuel Meier
ließen sich in den fünfziger und frühen sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts weiter
vereinzelte jüdische Familien, alle aus Lengnau stammend, in Bremgarten nieder
und gründeten die "Israelitische Cultusgenossenschaft". Diese
Gemeinschaft richtete am 10. Mai 1865 an den Gemeinderat Bremgarten ein Gesuch
um Überlassung eines Zimmers für den jüdischen Religionsunterricht. Dem
Gesuch wurde, laut Gemeinderatsprotokoll, entsprochen und ein Lokal im ehemaligen
St. Klarakloster zur Benutzung überlassen. Vermutlich diente dieses
Unterrichtszimmer auch als Betlokal für den Gottesdienst. Erster Lehrer und
wohl auch Vorbeter war Julius Weil aus Sulzburg, welcher bis 1873 im Dienste der
Gemeinde stand. Vom Nachfolger von Lehrer Weil wissen wir nur zufolge einer
Beschwerde des Bremgarter Polizeidieners. Dieser verklagte Samuel Meier, der
einem jüdisch-polnischen Flüchtling, ohne Deponierung seiner Schriften, über
ein Jahr Gastrecht in seiner Wohnung gewährt haben soll. Von 1876-1889 versah
ein Herr Jankulewitz das Amt des Vorbeters und Lehrers, um dann als Kultusbeamter
nach Zürich zu übersiedeln. Das Jahr 1890 nennt Heinrich Glaser aus Wien als
jüdischen Gemeindefunktionär (siehe Anzeige unten). Ab 1892 oblag für zehn Jahre
Wilhelm
Silberstein aus dem polnischen Czumpier die geistliche Betreuung der
Israelitischen Cultusgemeinde Bremgarten. Herr Silberstein verstarb 1910 in
Bremgarten und liegt auf dem jüdischen Waldfriedhof Endingen/Lengnau begraben.
1912-1915 ist Cantor Grünwald im Amt. Ihm folgte 1915-1916 Eugen Adler aus
Düsseldorf. -
Einer der markantesten Lehrerpersönlichkeiten war der im Jahre 1919 in den
Dienst der Gemeinde tretende Heinrich Goldring. Herr Goldring hat während
zwanzig Jahren seines Wirkens einer ganzen Generation die religiöse Grundlage
vermittelt. Daneben verstand er es, den Gottesdienst, auch dank seiner
vortrefflichen Stimme, zu besonders erbaulichen Andachtsstunden werden zu
lassen. Anfangs des Zweiten Weltkrieges, im Jahre 1939, zogen sich Herr Goldring
und Gattin in den Ruhestand zurück und übersiedelten zu ihrem Sohne nach
Chicago/USA. -
Die Nachfolge von Herrn Goldring trat im Jahre 1940 Herr Moritz Sobol aus Basel
an. Herr Sobol, Absolvent von der "Ecole rabbinique de Paris", brachte
mit seiner geschulten Stimme einen sehr weihevollen Gottesdienst zustande.
Daneben unterrichtete er mit viel Liebe und Hingabe die jüdische Jugend.
In den Aufgabenbereich von Herrn Sobol fiel aber auch die Betreuung
verschiedener Flüchtlingslager rund um Bremgarten. In Zusammenarbeit mit Frau
Berty Wyler haben er und seine Gattin unermüdlich an der Verbesserung des Loses
unserer verfolgten Mitbrüder und -Schwestern gearbeitet und sich in den Herzen
Vieler ein bleibendes Denkmal gesetzt. Während dieser Kriegsjahre war auch die
Bremgarter Synagoge meistens zu klein, da die Flüchtlinge den Gottesdienst sehr
oft und gern besuchten. Herr Sobol versah von 1940-1951 seine segensreiche
Tätigkeit, um dann an die jüdische Gemeinde von St. Louis (Elsas) berufen zu
werden. Nachfolger von Moritz Sobol wurde Dr. Chiel Zwierzynski aus Gent. Dr.
Zwierzynski verfügt über ein enormes Wissen, das er in seinen Predigten
weitergab. Sein Zentralanliegen in seinen Betrachtungen war die soziale
Gerechtigkeit, und er verstand es, dieses Thema immer wieder von einer andern
Seite her zu beleuchten. Mit dem Jahre 1954 löste Herr Dr. Zwierzynski sein
Anstellungsverhältnis auf und widmete sich in Genf nur noch der Publizistik.
Seither hab es keinen regelmäßig durchgeführten Gottesdienst mehr. Dies
deshalb, weil das hiefür vorgeschriebene Quorum von mindestens zehn erwachsenen
Männern (Minjan) nicht mehr gewährleistet war. Von nun an wurde nur noch an
den allerhöchsten Feiertagen (Neujahr und Versöhnungstag) und an den
Barmitzwa-Feiern (Barmitzwa = Fest der religiösen Volljährigkeit von Knaben)
das Betlokal beansprucht. Dank der Anwesenheit von auswärtigen Besuchern konnte
die Minjanvorschrift erfüllt werden. Wenig später war auch dies nicht mehr
möglich, weshalb die Bremgarter Juden die Synagoge in Baden besuchen. - Für
den Religionsunterricht wurde, solang schulpflichtige Jugend anwesend war, eine
erfahrene Lehrkraft aus Zürich engagiert.
Betlokale
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Vorderer Teil des Betlokals
(Männerabteilung), erhöhtes
Vorbeterpult (Almemor); an der
Wand vorne
Mitte: Toraschrein,
Ewiges Licht, Chanukkaleuchter
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Geöffneter Toraschrein: Drei
mit Mänteln umhüllte Torarollen.
Die beiden Rollen in der Mitte und
rechts sind mit Schild und Zeiger
(Jad) versehen; unten zwei
Aufsteckkronen für die Torarolle.
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Detailaufnahme des
Toraschreines mit Vorhang
(Parochet) in Weiß für das
Neujahrsfest und
den
Versöhnungstag, Krone und die beiden hebräischen Buchstaben
Kaf und
Taf. Darüber, flankiert
von zwei Vögeln, Doppeltafeln
mit jeweils den
hebräischen Anfangsbuchstaben
der Zehn Gebote. |
Detailaufnahme
von: Ewiges Licht (Ner Tamig), Achtarmiger Leuchter für das Chanukkafest.
Grüne Tafel mit hebräischem Text in Gold, übs.: "Wie schön sind
deine Zelte Jaakob, deine Wohnungen, Jisrael" (4.Mose 24,5) -
"An jeglichem Ort, wo ich meinem Namen ein Gedächtnis stifte, werde
ich zu dir kommen und dich segnen" (2. Mose 20,21) - "Höre
Jisrael, der Ewige, unser Gott, ist ein einiges ewiges Wesen" (5.
Mose 6,4) - "Ich habe den Herrn allezeigt vor Augen" (Psalm
16,8) |
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Für Bethaus oder Betlokal existieren verschiedene Ausdrücke. Die
gebräuchlichsten sind: Synagoge (griechisch) = Versammlung, Beth Haknesset
(hebräisch) = Versammlungshaus, oder Beth Tefila (hebräisch) = Haus des
Gebetes. Wie eingangs erwähnt muss sich das erste Betlokal in einem Zimmer des
damaligen Schulhauses (des früheren St. Klaraklosters) befunden haben. Nächste
Stationen waren das ehemalige Wietlisbachhaus (ehemals "Gasthof zum
Kreuz") in der Unterstadt und später das ehemalige "Restaurant
Flora" (jetzt Regionales Altersheim, Zugerstrasse). Um die Jahrhundertwende
verlegt die Israelitische Cultusgemeinde das Betlokal an den heutigen Standort
Antonigasse 14. Der oberste Stock dieses Hauses, mit freier Aussicht auf die
wunderschöne Reusslandschaft, beherbergt die Andachtsstätte der Bremgarter
Juden. In einem Saal, welcher die ganze Front einnimmt, befindet sich an der
östlichen Begrenzung der Thora-Schrein (Aron Hakodesch) zum Aufbewahren der
Thorarollen. Über dem Schrein selbst stehen zwei Tafeln, auf denen die ersten
zwei Worte von jedem einzelnen der zehn Gebote in hebräischen Buchstaben
verzeichnet sind; sie sollen an die zwei steinernen Tafeln erinnern, die Moses
auf dem Berg Horeb im Sinai empfing. Links und rechts des Thoraschreins hängt
je eine große grüne Tafel, auf welchen in kunstvoller goldener Schrift
Bibeltexte geschrieben stehen. Die ganze Thoralade wird von einem Vorhang
(Parochet) verhüllt, der aus Feingewebe oder Samt besteht. Den Vorhang ziert
eine Stickerei, die eine Krone und die beiden hebräischen Buchstaben
"Kaf" und "Taf" wiedergibt. Sinnbildlich stellt die Krone
die Thora dar, und die beiden erwähnten Buchstaben bedeuten "Keter
Tora", d.h. Krone des Gesetzes. An den Feiertagen finden wir Vorhänge von
jeweils unterschiedlicher Farbe. Gewöhnlicht entspricht der Vorhang vor der
Lade in seiner Farbe der Decke auf dem Lesepult des Vorbeters und den Hüllen
der Thora-Rollen. Die weiße Vorhangfarbe ist für das Neujahrsfest (Rosch HaSchana),
und den Versöhnungstag (Yom Kippur) reserviert, während Purpur am
Überschreitungsfest (Pessach), am Wochenfest/Offenbarung am Sinai (Schawuoth)
und am Laubhüttenfest (Sukkot) verwendet wird. Auf jeder Thorarolle (Sefer
Hathora = Buch des Lehre) sind in hebräischer Schrift die Fünf Bücher Moses
(Bibel) von Hand auf Pergament aufgeschrieben. Die einzelnen Pergamentblätter
werden, wenn sie fertig geschrieben sind, aneinander befestigt und bilden so
einen langen Streifen. man windet diesen auf hölzerne Walzen, deren Griffe oben
und unten hervorragen. Die Thorarollen werden mit einem Band gesichert und mit
einem Stoffmantel, meist in der Farbe des Vorhanges, umhüllt. Das Ganze wird
noch verziert mit einem an einer Kette hängenden Brustschild, einem silbernen Fingerzeiger
(Jad) und an den oberen Griffen mit zwei Kronen, die an das Gesetz als Krone
erinnern sollen.
Aus der Thora liest man jeden Sabbat einen Abschnitt vor, so dass nach
einem Jahr die gesamt Thora durchgenommen worden ist. .- Rechts vom Thoraschrein
brennt in einer Lampe das Ewige Licht (Ner Tamid), eine Erinnerung an das ewige
Licht am siebenarmigen Leuchter im Tempel zu Jerusalem.
Vor dem Thoraschrein ziehen sich über die ersten zwei Drittel des Saales
Pultreihen, in deren Mitte das erhöhte Vorbeterpult (Almemor) steht. Diese
Sitzgelegenheiten sind den Männern, als dem tragenden Teil des Gottesdienstes,
vorbehalten. Für die Frauen ist der letzte Saaldrittel reserviert.
Beerdigungswesen
Obwohl die Gemeinde immer sehr klein war, hatte sie dennoch eine separate,
auf eigene Statuten aufgebaute Organisation für den Sterbefall unterhalten.
Diese Institution nennt sich "Heilige Vereinigung" (Chevra Kadischa).
Da im Tode Standesunterschiede verschwinden sollen, wird jeder Verstorbene, in
gleiche weiße Gewänder gekleidet, in einem ganz einfachen, aus rohen Brettern
hergestellten Sarg bestattet. Entgegen landläufiger Meinung ist es streng
verboten, dem Sarg irgend etwas beizufügen oder "dem Toten etwas
mitzugeben". Die jüdische Religion erlaubt auch nicht die Aufgebung von
Grabstätten. Alle Menschen haben ein Anrecht auf das Stück Erde, so sie zur
Ruhe gebettet wurden, bis zum Tage der Auferstehung.
Bis ins Jahr 1939 wurden die Verstorbenen der jüdischen Gemeinde Bremgarten
im alten ehrwürdigen Friedhof Endingen/Lengnau
beerdigt. Abdankungsworte wurden
sowohl in Bremgarten, wie auch auf dem jüdischen Friedhof Endingen/Lengnau
gesprochen. Je nach Örtlichkeit fand die schlichte Trauerfeier entweder vor dem
Wohnhaus des Verstorbenen oder auf dem Schulhausplatz in Bremgarten statt. Nach Würdigung
des Dahingeschiedenen und nach dem Trauergebet wurde der von Pferden gezogene
Leichenwagen langsam in Bewegung gesetzt. Die teilnehmende Bevölkerung
begleitete zum endgültigen Abschied das Leichengefährt eine gute Strecke
entlang der Zürcherstrasse zur Stadt hinaus. Bei der eigentlichen Bestattung in
Endingen/Lengnau waren dann nur noch die Trauerfamilie und die engsten Freunde
anwesend. Vom Jahr 1939 an war es leider, trotz langwieriger, sich bis ins Jahre
1945 hinziehender Verhandlungen, nicht möglich, den Beerdigungsvertrag mit der
Jüdischen Gemeinde Endingen zu erneuern. Eine neue Beerdigungsvereinbarung
konnte daraufhin mit der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich eingegangen
werden. Da die Transportmöglichkeit für die Bevölkerung problemlos ist, wird
seit diesem Wechsel die ganze Abdankung mit anschließender Beerdigung direkt
auf dem israelitischen Friedhof Friesenberg in Zürich durchgeführt.
Perspektive
Der Mitgliederbestand der Jüdischen Gemeinde wird leider stetig kleiner und beträgt
heute dreizehn Personen (acht ortsansässige, drei auswärtige Vollmitglieder,
zwei Doppelmitglieder). Trotz dieser betrüblichen Tatsache hält die
Minigemeinde zusammen.
In interessierten Kreisen wird gegenwärtig darüber diskutiert, ob im Kanton
Aargau auch für jüdische Religionsgemeinschaften die öffentlich-rechtliche
Anerkennung, wie diese die Katholiken und Protestanten genießen, angestrebt
werden soll. Sofern es möglich wird, für die Juden Rechtsgleichheit zu
erlangen, wäre für die im Kanton wohnenden Juden eine der drei jüdischen
Gemeinden Baden, Bremgarten oder Endingen zuständig. Im Bezirk Bremgarten,
speziell Mutschellen und Umkreis, haben sich eine Anzahl Juden niedergelassen,
die aber größtenteils Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Zürich sind. Im
Falle der öffentlich-rechtlichen Anerkennung könnte daher Bremgarten auf den
dringend nötigen Mitgliederzuwachs hoffen. Diese gewünschte Reaktivierung ließe
sich umso eher bewerkstelligen, da wichtige Teile der Gemeindeinfrastruktur noch
intakt sind. Vor allem steht ein einfaches, aber würdiges und
volleingerichtetes Betlokal zur Verfügung. Hier an diesem Ort haben während
der vergangenen 125 Jahre jüdische Menschen in Andacht gebetet, haben Trauernde
Trost und Hoffnung gesucht, sind Ehen geschlossen und Familienfeste gefeiert
worden.
Flüchtlinge
und Internierte während des Zweiten Weltkrieges
Bereits vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges fanden jüdische Flüchtlinge
Asyl in unserem Lande. Die ersten beiden Flüchtlingslager in der Umgebung von
Bremgarten wurden auf dem "Hasenberg" und im "Geißhof" für
jüdische Österreicher errichtet. Der damalige Lagerleiter auf dem Hasenberg,
Albert Räber (nachmaliger Großrat), hat seinen Bericht, woraus der
nachstehende Auszug übernommen wurde, bereits 1977 in den Badener
Neujahrsblättern veröffentlicht.
Lager Hasenberg (schriftlicher Bericht von Albert Räber)
"Gegen starken Widerstand - es gab auch Antisemitismus in der Schweiz -
wurde im Herbst 1938 das Heim Hasenberg der Israelitischen Kultusgemeinde
Zürich für die Unterbringung von Flüchtlingen aus Wien zur Verfügung
gestellt. Damit war das Ferienheim hineingestellt in das unmenschliche Geschehen
jener grauenvollen Zeit. Menschen verschiedener Art und Ausbildung -
Goldschmiede, Künstler, Schauspieler, Ärzte, Zeichner, Modeschöpfer - ein
Mosaik verschiedenster Berufe - waren auf engstem Raum, im schlecht heizbaren
Haus zusammengedrängt. Der Kontakt nach außen war minim. Er beschränkte sich
fast nur auf die Glaubensgenossen und jüdischen Schweizer, die wirklich
großartige Leistungen von Solidarität erbrachten. Die meisten Schweizer
vermieden es, mit diesen Ausgestoßenen in Berührung zu kommen. Dem Schreiber
dieses Berichtes, der damals das Ferienheim leitete und betreute, wurde mehrmals
von biederen Eidgenossen gesagt, was er da tue, sei höchst gefährlich und in
keiner Weise neutral. Er möge sich vorsehen, denn beim Endsieg werde er das
gleich Schicksal erleben, wie diese Flüchtlinge, deren Ende ja vorauszusehen
sei. Dass die braune Brut, die Nazimacht, allerdings bis in den hintersten
Winkel unseres Landes zu dringen versuchte, wurde augenfällig, als plötzlich
unter den Insassen dein Spitzel entlarvt wurde. Allmonatlich wurden diese
gehetzten Menschen von der eidgenössischen Fremdenpolizei n einem Brief darauf
aufmerksam gemacht, dass sie unser Land so bald als möglich zu verlassen
hätten. Sie mussten in einem Antwortschreiben angeben, was sie im Laufe der
Monats getan hätten, um ihre Weiterreise zu fördern. Einmal kam an einem Abend
ein Autobus, der 28 der Heimbewohner mitnahm, und sie in der Nacht, im
Streuverfahren, an der französischen grenze absetzte, wo sie versuchten,
illegal nach Frankreich durchzukommen, um dann geheim nach Palästina
auszuwandern. Von dieser Expedition kamen nur zwei wieder zurück. Den andern
gelang das Abenteuer, weil es offenbar gut vorbereitet und möglicherweise
abgesprochen war.
1940, nach der Besetzung von Frankreich durch die Deutschen, kam ein neuer Strom
von Flüchtlingen über unsere Südgrenze. Für diese Leute wurden überall
militärisch bewachte Auffanglager eingerichtet. 164 fast ausschließlich
jüdische Flüchtlinge wurden im Hasenberghaus einquartiert. Sie waren von
unserer Bevölkerung total isoliert. Haus und Areal waren von der Ortswehr
besucht.
Als im Dezember 1944 im Ferienheim das jüdische Lichterfest mit dem
christlichen Weihnachtsfest gleichzeitig und gemeinsam gefeiert wurden, waren
achtzehn Nationen vertreten. Etwa zwölf verschiedene Muttersprachen wurden
angegeben, wobei vor allem die endlos herumgeschobenen jüngeren jüdischen
Menschen in keiner der verschiedenen Sprachen richtig zuhause waren. Neben
jüdischen Orthodoxen (streng frommen), gab es Freidenker, fünf verschiedene
christliche Bekenntnisse und drei Mohammedaner. Der äußere schwer Druck
brachte sie zusammen und einte über alle religiösen Bekenntnisse hinweg".
Als Ergänzung zur vorstehenden Veröffentlichung gab mir Albert Räber
am 8.3.1988 noch folgendes zu Protokoll:
"Nach dem Kriege habe einer dieser 28 an der französischen Grenze abgesetzten
Flüchtlinge namens Schwarz bei ihm vorgesprochen und weitere Einzelheiten über
die sehr gefährliche und abenteuerliche Flucht berichtet. Demnach habe sich die
Flüchtlingsgruppe in Hyeres bei Toulon auf ein Schiff eines griechischen
Reeders zur Fahrt nach Palästina begeben. Auf hoher See habe der Kapitän das
Schiff anhalten lassen und die Weiterfahrt von der Bedingung abhängig gemacht,
dass sämtlicher mitgeführter Schmuck auszuhändigen sei. In dieser Notlage
hatten die Passagiere keine andere Wahl, als sich dieser Forderung zu fügen. -
In einiger Entfernung vor der Küste von Haifa wurden die Leute dann in
Rettungsbooten gegen den Hafen gefahren, um schließlich die restliche Distanz
im Wasser watend zurückzulegen."
Tätigkeitsbericht von Moritz und Hanny Sobol-Lande.
Moritz Sobol, Vorbeter und Religionslehrer, war während der kritischen Jahre
bei der Israelitischen Cultusgemeinde Bremgarten angestellt und hat in
freundlicher Weise am 21. September 1987 von seinen Erlebnissen folgenden
Bericht verfasst:
"Mit dem Eintreffen der belgischen Flüchtlinge im Jahre 1941 wurde
das Lager 'Hasenberg' erneut eröffnet. Zum damaligen Zeitpunkt war dieses Lager
nur von jüdischen Flüchtlingen bewohnt. Die Betreuung dieses Lagers wurde
durch die jüdische Gemeinde Bremgarten besorgt, und zwar von den jüdischen
Kommandanten Gustav Wolf aus Baden und René Meyer aus Zürich/Bremgarten sowie
einigen nichtjüdischen Kommandanten. Die Insassen konnten das Lager nur unter
Aufsicht von Militär verlassen und waren des öfteren auch in Bremgarten. Die
Bevölkerung hat sie sehr gut aufgenommen. Es waren auch Kinder mit ihren Eltern
im Lager. Diese Kinder wurden dann in jüdischen Familien untergebracht.
Etwas später wurde in Unterlunkhofen ('Geißhof') ein Arbeitslager für
Flüchtlinge eröffnet; darunter waren sehr viele jüdische Emigranten. Diese
haben die Straße gebaut, welche später für das Militär bestimmt war. - Im Jahr
1941 fand im Hause der Familie Sobol in Bremgarten eine Hochzeit eines
Emigranten-Ehepaares (Rosenberg) statt, an welcher die ganze jüdische Gemeinde
teilnahm. Das Ehepaar konnte nach dem Krieg in die USA auswandern, und wir
stehen noch immer in Kontakt mit ihm.
Im Jahre 1943 kamen am Erew Pessach (Vorabend des jüdischen Pessachfestes)
Flüchtlinge aus Italien, und so mussten wir in Zürich Mazzoth (ungesäuerte
Brote) organisieren, um die Flüchtlinge zu versorgen. Auch das Essen haben wir
ihnen gebracht.
Ein weiteres Lager befand sich im Waisenhaus (St. Klarakloster) in der
Unterstadt. Unter den Flüchtlingen war auch Adriano Olivetti, bekannt von den
Schreibmaschinen. Die Flüchtlinge konnten das Lager nur unter Begleitung
verlassen; sie kamen mit militärischer Begleitung auch zum Gottesdienst in die
Synagoge.
Es gab noch weitere Internierungslager im Kanton, welche von Bremgarten aus
betreut wurden, wie z.B. "Eichberg" bei Seengen, Riniken, Gebenstorf.
Diese Internierten konnten in ihrem Bezirk einen Beruf ausüben; einige waren
Schneider oder Schuhmacher u.ä. Mit einigen dieser Flüchtlinge haben wir noch
heute Kontakt."
Eine weitere Zeitzeugin, Frau Trudy Kramer-Erb, Tochter des früheren Gastwirtehepaares
auf dem Hasenberg, erinnert sich noch gut an die vielen Begegnungen mit
Flüchtlingen und Internierten. Sie erzählt u.a., wie eines Abends müde und
abgehetzte, misstrauisch umherblickende jüdische Flüchtlinge auf dem Hasenberg
eintrafen. Die Gruppe bestand aus Männern, Frauen, Knaben und Mädchen im Alter
von acht Tagen bis 1 Jahren. Mit dabei war eine Frau mit einem acht Tage alten
Kind, das auf der Flucht ohne ärztliche Hilfe geboren wurde. - Eine andere
jüdische Flüchtlingsfrau erzählte Frau Kramer folgende Geschichte.: Mein Mann
und ich mit unserer drei Jahre alten Tochter lebten in Deutschland. Eines Tages
brachte ein Gestapomann den Befehl, dass wir innerhalb von zwei Stunden unsere
Wohnung zu verlassen hätten. Mit zwei Koffern beladen, wurden wir in einen
Güterwagen gesteckt. So fuhren wir ohne Sitzgelegenheit drei Tage und Nächte.
Als der Wagen geöffnet wurde, waren wir in Südfrankreich, wo man uns in ein
großes Konzentrationslager brachte. Unsere Familie wurde sofort getrennt. Mein
Mann wurde einer andern Baracke zugeteilt, als ich mit meiner Tochter. Das
Nachtlager bestand aus nassem Stroh mit Papierfetzen. Nach einigen Wochen bekam
mein Mann so schweres Fieber, dass er wegen fehlender ärztlicher Hilfe daran
gestorben ist. Bald darauf wurde auch meine Tochter von diesem Fieber erfasst
und ist ebenfalls, mangels Medikamenten, verschieden. Von diesem Moment an
konnte ich nicht mehr im Lager weiterleben und bin deshalb geflohen. Die Flucht
ist mir gelungen, doch stehe ich mit meinem Schmerz ganz allein in dieser Welt.
Lager Bremgarten
Der Standort des Flüchtlingslagers in Bremgarten war das ehemalige St.
Klarakloster. Frau Ruth Hirt-Wyler, Tochter der damaligen Betreuerin Grau Berty
Wyler, hat ihre tiefempfundenen Erlebnisse wie folgt in Erinnerung behalten:
"Die Beherbergungsmöglichkeit im St. Klarakloster war so prekär, dass bei
Neuankünften manchmal in bereits belegten Zimmern zusätzlich Menschen hausen
mussten. Zum Wachsen stand einzig im Hof unter freiem Himmel eine ganz einfache
Waschvorrichtung zur Verfügung. Frau Berty Wyler zeichnete sich auch hier in
der Flüchtlingsbetreuung aus. Um den Leuten die Möglichkeit zu bieten, das
Lager für kurz Zeit zu verlassen, richtete sie in ihrer Wohnung einen Sprechstundendienst
ein. Für die Lagerinsassen war dies ein großes Bedürfnis, denn auf diese
Weise konnten sie nicht nur mit ihren Problemen Rat und Trost suchen, sondern
sich auch in wohnlicher Umgebung Entspannung verschaffen. Im gleichen Hause
führte ein Zahnarzt seine Praxis, bei welchem die Flüchtlinge sich behandeln
lassen durften".
Das Bremgarter Lager beherbergte von Fall zu Fall sowohl Flüchtlinge wie auch
Internierte (ausländische Soldaten). Der zeitweilige Kommandant, Hauptmann
Eugen Meier /Gerichtspräsident am Bezirksgericht in Bremgarten), sorgte für
eine sehr gut e Zusammenarbeit. Wenn wieder ein Transport Flüchtlinge eintraf,
ließ er Namenslisten, versehen mit ursprünglichem Wohnort, Jahrgang, Religion,
Beruf, erstellen und an die betreuende Religionsgemeinschaft aushändigen.
Dieses Vorgehen erlaubte es, effiziente Arbeit zu leisten. Unter dem Datum vom
16.10.1943, zum Beispiel, stellt Lagerkommandant Meier auf dem gleichen
Durchschlag den katholischen und reformierten Pfarrämtern sowie der
Israelitischen Cultusgemeinde die Mitteilung zu, dass 328 Personen neu
eingetroffen seien, die sich zu folgenden Religionen bekannten: 268 Katholiken,
zwei Reformierte, sechs Orthodoxe (vermutlich griechisch), 52 Israeliten.
Es scheint, dass das Lager Bremgarten eher als Quarantäne- und Durchgangslager
gedient hat, denn die Leute wurden nach relativ kurzer Zeit an weit entfernte
Orte disloziert. Beispiel. Am 8. Oktober 1943 wurden von Bremgarten nach Yvonand
198 Jugoslawen und 176 Griechen transportiert. - Am 8. April 1944 sind aus den
Genfer Lagern 'Charmilles' und 'Champel' nach Bremgarten unter anderen 55 Juden
verlegt worden. - Am 13. Mai 1944 kam ein Transport von 65 Personen vom Lager 'Petit-Saconnex'
bei Genf nach Bremgarten.
Am 28. September 1943 enthält das von Hauptmann Meier an die Cultusgemeinde
gerichtete Schreiben ein Namensverzeichnis von "...zehn griechischen
Israeliten, nicht streng religiös, und von vier streng religiösen
jugoslawischen Israeliten". Wörtlich schreibt er weiter: "Ich muss
befehlsgemäß darauf aufmerksam machen, dass eine dreiwöchige Quarantäne mit
Ausgangs- und Besuchsverbot besteht. Die Leute sollen sich vorderhand damit
begnügen, dass für Unterkunft und Verpflegung, in gleicher Weise wie für
unsere eigenen Truppen, gesorgt ist, und dass sie von einem freien Lande in
Obhut genommen worden sind."
Trotz Ausgangs- und Besuchsverbot war es offensichtlich gleichwohl möglich,
diese Menschen bei ihren religiösen Bedürfnissen zu versorgen, wie aus einem
zwei Tage später zugestellten Dankesschreiben von der griechischen Gruppe
ersichtlich ist. Dieses Schreiben vom 30. September 1943 hat folgenden Wortlaut:
Hon. Israelitische Cultusgemeinde Bremgarten
Hon. Messieurs,
Au nom de mes 9 autres camarades grecs de religion israélite, nous vous
remercions infiniment pour votre cadeau et vos souhaits pour la fête de Rosch
Haschana.
Nous vous prions de bien vouloir agréer à votre tour Bonne et Heureuse Année
avec la paix dans tout le monde.
Nous aurions été heureux, si nous pouvions assister nous aussi au temple, mais
malheureusement nous sommes encore en quarantaine, et pour cette raison on ne
nous permet pas encore de sortir.
J'espère puvoir vous remercier, un jour de près à vive voix, et vous prie
d'agréer l'expression de notre profonde considération.
Au nom de mes camarades Maurice B. Simha
Neben den bereits erwähnten Lagern Hasenberg, Geisshof, Bremgarten und
Eichberg bei Seengen, wurden noch folgende Lager zwischendurch betreit: Hilfikon,
Murimoos, Niederrohrdorf, Riniken, Gebenstorf,
Thalheim. Die Hauptarbeit leisteten, wie bereits berichtet, Frau Berty Wyler (Abb.
links zeigt an Dankschreiben an Berty Wyler und Gastfamilien der Emigranten vom
Murimoos vom 7.4.1942 für die Einladung zum Pessachfest) und das Ehepaar
Sobol. Aber auch die gesamte jüdische Gemeinde von Bremgarten hat sich für
diese unglücklichen Menschen eingesetzt. Flüchtlingskinder fanden in hiesigen jüdischen
Familien Aufnahme und Geborgenheit. Etliche dieser Kinder haben Bremgarter
Schulen besucht und sind von der Lehrerschaft und den Mitschülern sehr gut
aufgenommen worden. Einige davon, heute gestandene Leute, haben ihre Beziehungen
zu ehemaligen Betreuerfamilien aufrechterhalten und anerkennen in Dankbarkeit
die ihnen erwiesene Zusendung.
Lager Geißhof - Bericht des ehemaligen Lagerinsassen Peter Goldner
Der administrative Verantwortliche für dieses Lager hieß Göldi und der
technische Leiter Süess. Speziell Göldi war unbeliebt. Dieser ließ nach
militärischem Vorbild die Lagerinsassen in Gruppen einteilen und befahl
Stellung nehmen und Antreten zum Appell. Die Flüchtlinge wurden in der Drainage
und im Straßenbau beschäftigt. Für den Straßenbau musste ein Steinbett
erstellt werden, wofür die Steine aus dem Steinbruch Mägenwil bezogen wurden.
Gebaut wurden zwei Militärstraßen, nämlich die Strecke Zugerstraße -
Geißhof - Reuss und von Zufikon nach Oberwil.
Entlang der Straße nach Oberwil lag ein Bauernhof. Die darin wohnende Bäuerin,
Frau Berta Ingold-Schneeberger, gest. 1955, erschien den Flüchtlingen wie ein
wahrer Engel, der sie nicht nur reichlich verpflegte und in ihre warme Stube
einlud, sondern mit ihnen auch in herzlicher Mitmenschlichkeit verkehrte. Für
die Freizeitbeschäftigung stand im Arbeitslager Geißhof ein Pingpong-Tisch zur
Verfügung. Den Urlaub verbrachte Peter Goldner, in Ermangelung anderer
Möglichkeiten, im Geißhof selbst, bei Frau Berty Wyler in Bremgarten, oder
beim Schwimmen in der Reuss. Gestartet wurde jeweils mit einem Sprung von der
Rottenschwiler Brücke, und die Strecke führte bis vor der Hermetschwiler
Stauwehr. - Die Lagerverpflegung war sehr einfach, aber reichlich. Nur am
Sonntag gab es pro Person 20 Gramm Butter und Confitüre.
Zusammenfassung
In der Würdigung der Geschichte der Juden in Bremgarten ergibt sich
zusammenfassend folgendes Bild: Die ersten jüdischen Bewohner dieser Stadt,
angefangen im 14. Jahrhundert und anzahlmäßig sehr bescheiden, waren
offensichtlich nur deshalb hier ansässig, weil ihnen der Aufenthalt zeitweise
in Zürich verboten war und sich Bremgarten als Ausweichquartier anbot. Erst im
Laufe des 19. Jahrhunderts, mit der einsetzenden Judenemanzipation in unserem
Lande, kam es hier zur Gründung einer jüdischen Religionsgemeinschaft, mit
eigenem Betlokal, regelmäßigem Gottesdienst, Religionsunterricht für die
heranwachsende Jugend, und der Einrichtung der dazugehörenden sozialen
Strukturen wie Armen- und Krankenfürsorge, Beerdigungswesen etc. Eine spezielle
Fürsorgekasse (Zedakakasse; Abb. links zeigt eine Seite dem dem Zedaka-Kassenbuch:
Unterstützung für mittellose Durchreisende) wurde gespiesen, sowohl für bedürftige
Gemeindemitglieder, als auch für die vielen staatenlosen Durchreisenden auf der
Flucht. Die schwere Zeit des Zweiten Weltkrieges brachte zusätzlich zur ohnehin
schwierigen politischen und wirtschaftlichen Lage die Betreuung von
Flüchtlingen und Internierten. So gut es ging wurde versucht, diesen Menschen in materieller und
seelischer Not beizustehen. Der Verlust der Heimat, die
ungewisse Zukunft und die ständige Angst, von den Behörden ausgewiesen zu
werden, war für alle Beteil8igten eine enorm große Belastung. Die wenigen
heute noch anwesenden Juden am Platze, die hauptsächlich von den
Gründerfamilien abstammen, haben sich unter Bewahrung ihrer vollen jüdischen
Identität, bestens in der hiesigen Bevölkerung integriert.
Anmerkungen
- Florence Guggenheim-Grünberg:
Judenschicksale und "Judenschuol" im mittelalterlichen Zürich, S.
15.
- Merz: Rechtsquellen der Stadt Aarau I -
Argovia Bd. XXV.
- Wie Anmerkung 1
- A. Steinberg. Studien zur
Geschichte der Juden in der Schweiz. 1902.
- A. Wedler-Steinberg (bearbeitet
und ergänzt: Florence Guggenheim: Geschichte der Juden in der Schweiz I, S.
17.
- Ebenda S. 18.
- P. Burki: 100 Jahre Israelitische
Kultusgemeinde Bremgarten. Sonderdruck Freiämter-Zeitung. Datum unbekannt.
- E. Bürgisser: Geschichte der
Stadt Bremgarten im Mittelalter. S. 161.
- Wie Anmerkung 5 S. 18.
Texte aus der Geschichte der jüdischen
Gemeinde in jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts
Allgemeine Beiträge
Die erste jüdische Person kann sich
in Bremgarten niederlassen (1851)
Aus
einem Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Mai 1851:
"Ein im Jahre 1845 ins Leben getretenes Gesetz ermächtigt die Regierung, gut
beleumdeten Israeliten die Niederlassungsbewilligung auch außerhalb der
Marken von Endingen und Lengnau, worauf die aargauischen Israeliten bis
anhin beschränkt waren, zu erteilen. Es wurde nun diese Bewilligung seither
erteilt: 8 Israeliten für Baden, 1 in
Aarau, 1 in Bremgarten, 2 in
Zurzach, 2 in Rheinfelden, 1 in Stein, 2 in Frick, 1 in Erlisbach, 1 in
Steinach, 1 in Gebensdorf, 1 in Mellingen, 1 in Leibstadt, 2 in Sins, 2 in
Sarmenstorf, also zusammen an 26 Israeliten. In einigen Gemeinden wurden
diese Niederlassungen in Übereinstimmung mit dem Willen der betreffenden
Gemeinden, in anderen auch gegen denselben erteilt..." |
Gemeindevorstellung im "Jüdischen Jahrbuch für
die Schweiz" (1916)
Artikel
im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz" (1916) S. 198: "Bremgarten.
In Bremgarten wurde im Jahre 1865 eine jüdische Gemeinde gegründet und
zählt heute mit 10 Gemeindegliedern 39 Seelen. Vorstand: Louis
Guggenheim. Beamter: Herr Adler.
Institutionen: Betsaal.
Vereine: Chevra Kadischah, welche bezweckt in Krankheit und
Sterbefüllen Hilfe und Unterstützung zu
leisten." |
Gemeindevorstellung im "Jüdischen Jahrbuch für
die Schweiz" (1921)
Artikel
im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz" 1921 S. 193: "Bremgarten.
In Bremgarten wurde im Jahre 1865 eine jüdische Gemeinde gegründet. Sie
zählt heute mit 15 Gemeindemitgliedern 58 Seelen. Vorstand: Carl
Meyer, jun. Beamter: Herr Heinrich Goldring.
Institutionen: Betsaal.
Vereine: Chevra Kadischah, welche bezweckt, in Krankheit und
Sterbefällen Hilfe und Unterstützung zu leisten. Präsident: Carl Meyer,
jun." |
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1867 /
1872 / 1876 / 1877 / 1885 / 1890 / 1892 / 1899 / 1920
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1867:
"Bei der hiesigen israelitischen Kultusgemeinde, aus bloß fünf
Haushaltungen bestehend, ist die Stelle eines Religionslehrers,
Schächters und Vorbeters mit einem fixen Gehalt von Frs. 800 jährlich
nebst Aussicht auf bedeutende Nebenverdienste offen. Wöchentlicher
Unterricht höchstens 18 Stunden.
Der Antritt kann sofort geschehen. Hierauf Reflektierende belieben
sich unter Vorlegung ihrer Zeugnisse an den unterzeichneten Vorstand zu
wenden.
Bremgarten (Schweiz), im November 1867. Salomon Wyler."
|
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juli 1872:
"Annonce.
Die hiesige israelitische Genossenschaft, nur aus wenigen Familien
bestehend, sucht zum sofortigen Antritt, einen geprüften Religionslehrer,
Chasan und Schochet gegen einen Gehalt von 4 bis 400 Franken
nebst ganz freier Station anzustellen.
Da der Anzustellende nur 2 Tage in der Woche zur Verrichtung seiner
Funktionen bedarf, wäre ihm Zeit und Gelegenheit geboten, sich noch
anderweitigen Verdienst zu erwerben. Reflektanten belieben sich an
Unterzeichneten zu wenden.
Bremgarten (Schweiz), Juni 1872. Salomon Wyler." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1876:
"Offene Lehrerstelle.
Die Stelle eines israelitischen Religionslehrers, der zugleich Vorbeter
und Schochet sein müsste, ist in hiesiger Stadt vakant.
Jährlicher Gehalt bei ganz freier Station beträgt Frs. 600
nebst Garantie für mindestens Frs. 200 Nebenverdiente.
Dem Anzustellenden bleibt noch viel freie Zeit offen, wodurch er
Gelegenheit hätte, sich noch anderweitig Verdienst zu erwerben.
Reflektanten, wenn auch nicht examinierte, belieben sich an den
Unterzeichneten zu wenden.
Der Antritt kann sofort geschehen.
Bremgarten (Schweiz), August 1876. Der Vorstand hiesiger Kultusgenossen: Salomon
Wyler." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Januar 1877:
"Inserat.
Nachdem die hiesige Stelle eines Religionslehrers Chasan und Schochet
durch einen Polen besetzt war, der aber die nötigen Ausweisschriften
nicht beibringen konnte, ist deshalb die Stelle wieder vakant geworden und
wird neuerdings zur sofortigen Besetzung ausgeschrieben bei Frs. 600 fixem
Gehalt nebst wenigstens Frs. 200 Nebenverdienst nebst freier Kost und
Logis.
Bremgarten, (Aargau, Schweiz) 1. Januar 1877. S. J. Meyer."
|
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. November 1877: "Religionslehrer
gesucht.
Die Stelle eines Religionslehrers, Chasan und Schochet in
hiesiger kleiner Gemeinde wird zur freien Bewerbung, mit einem
Jahresgehalt von Frs. 600, ca. Frs. 200 Nebenverdienste und ganz freier
Station, ausgeschrieben. Dem Anzustellenden bleibt noch viel freie
Zeit zu anderweitigem Verdienste offen.
Reflektanten (wenn auch nicht examinierte) belieben sich an
unterzeichneten Vorstand zu wenden.
Bremgarten (Schweiz). Salomon Wyler." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. November 1885:
"Die Stelle eines Lehrers, Schochet und Chasan in
hiesiger Stadt ist vakant, Besoldung nebst ganz freier Station 500 Fr.
Nebenverdienste stellen sich auf ca. 200 Fr, außerdem bleibt dem
Angestellten noch viel freie Zeit, bei welchen sich derselbe noch
anderweitigen Verdienst zueignen könnte. Qualifizierte (unverheiratete)
Bewerber belieben sich an den unterzeichneten Vorstand zu wenden.
Bremgarten (Schweiz). Salomon Wyler." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juni 1890:
"Die Stelle eines Religionslehrers, Schochet und Chasan
bei den Kultusgenossen hiesiger Stadt ist vakant geworden und wird zur
Wiederbesetzung ausgeschrieben. Der jährliche Gehalt beträgt bei ganz
freier Station Frs. 600 nebst ca. Frs. 100 Nebeneinkünsten.
Reflektanten (wenn auch nicht examinierte) belieben sich unter Beifügung
ihrer Zeugnisse in Abschrift an den Unterzeichneten zu wenden.
Bremgarten (Schweiz), Juni 1890.
Salomon Wyler, Kultus-Vorstand." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Oktober 1892: "Vakanz.
In Folge Resignation ist bei unserer jüdischen Kultusgemeinde die Stelle
eines Religionslehrers, Chasan und Schochet mit Antritt auf 1. Januar 1893
bei einer jährlichen Besoldung von Frcs. 600.-, freier Kost und
ca. Frcs. 100.- Nebenverdienst zu besetzen. Bewerber, deutscher
Nationalität und ledigen Standes, welche im Besitze von Autorisation
orthodoxer Rabbiner sind, belieben sich zu melden an den
Beauftragen.
Heinrich Guggenheim, Bremgarten, Aargau,
Schweiz." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. November 1899:
"Vorbeter, Schochet und Religionslehrer-Stelle ist hier zur
Wiederbesetzung auf 1. Dezember eventuell später frei. Jahresgehalt fr.
1200, nebst ca. fr. 100 Nebeneinkünfte. Vorbeter ohne schönen Vortrag,
unnütz zu melden. Auskunft erteilt
Max Meyer
Bremgarten (Aargau), Schweiz." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Januar 1920:
"Die Israelitische Kultusgemeinde Bremgarten bei Zürich
(Schweiz) sucht für die vakante
Kantor-, Lehrer- und Schochetstelle
einen tüchtigen Beamten. Jahreshalt Frs. 3.000.- mit Nebeneinkommen ca.
Frs. 300. Antritt kann sofort erfolgen. Offerten nimmt entgegen, unter
Beilage von guten Zeugnissen, wenn möglich Photographie, Angabe von
Familienverhältnissen
Louis Guggenheim, Vorsteher, Bremgarten bei
Zürich." |
Religionslehrer und Kantor Heinrich Glaser initiiert einen Lern-Verein
(1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Dezember 1890:
"Bremgarten (Schweiz). Auf Anregung unseres Religionslehrers und
Kantors, Herrn Heinrich Glaser, hat sich dahier ein Verein
gebildet, in welchem allsabbatlich von genannten Herrn Chowot halewawot
[Pflichten des Herzens von Bachja ihn Pakuda] Orech Chaim und
Pentateuch und Raschi vorgetragen wird." |
Lehrer Silberstein kann Gäste aufnehmen (1902)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juli 1902: "R. W.
in M. Auf Ihre Anfrage im Briefkasten dieses Blattes Nr. 56 bin ich in der
Lage, in unserem anmutig und gesundgelegenen Städtchen, in der Nähe von
Zürich, in meinem in einem Garten gelegenen Hause, ein Logis abzugeben,
mit Koscher-Verpflegung und zu mäßigem Preise.
Silberstein, Lehrer, Bremgarten (Schweiz, Aargau). Bitte um
baldmöglichste Mitteilung Ihrer Adresse." |
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen des Manufakturwarengeschäftes Samuel
Guggenheim (1876 / 1878)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1876:
"Für mein Manufakturwarengeschäft, welches an Samstagen und
israelitischen Feiertagen streng geschlossen, ist die Kommisstelle vakant.
Bewerber hierfür müssen in gleicher Branche schon längere Zeit
funktioniert haben, Detailreisen mit Erfolg übernehmen können und
militärfrei sein. Das jährliche Salair beträgt bei freier Station Frx.
800, (schweizerische Währung). Eintritt sofort.
Sich gefälligst anzumelden (womöglich mit Beilage der Photographie)
bei
Samuel Guggenheim, Bremgarten (Schweiz)." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. August 1878:
"Offene Stelle.
In meinem Manufakturwaren-Geschäft en détail (Samstag und Festtage
geschlossen) ist eine Stelle als Commis, welcher als Buchhalter,
Korrespondent und Reisender vorstehen könnte, zu besetzen. Es werden nur
solche Anmeldungen berücksichtigt, welche in dieser Branche vollständige
Fachkenntnis haben. Eintritt sogleich.
Reflektierende belieben sich zu melden bei
Samuel Guggenheim, Bremgarten
(Schweiz)." |
Anzeige des
Manufakturwarengeschäftes S. Wyler & Söhne (1889)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 17. Juni 1889: "In unserem Manufakturwaren gros-Geschäft, Schabbat
und Feiertage geschlossen, ist eine Commis- und eine Lehrlingsstelle
zu besetzen.
S. Wyler & Söhne. Bremgarten (Schweiz)." |
Links:
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