Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Bremgarten 01.jpg (44866 Byte)
Der frühere Betsaal in Bremgarten

Juden in Bremgarten   
von Werner Meyer
(verfasst um 1990)

bulletAnsiedelung im Mittelalter 
bullet Emanzipation 
bullet Israelitische Cultusgemeinde  
Gemeindegründung - Lehrer - Unterricht  
Betlokale 
Beerdigungswesen   
Perspektive       
bullet Flüchtlinge und Internierte während des Zweiten Weltkrieges  
bulletZusammenfassung 
bulletAnmerkungen 
bulletTexte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinden in jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts  
Allgemeine Beiträge   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen    
bulletLinks   

   

Ansiedlung im Mittelalter                    
   
Im Mittelalter war Bremgarten freie Reichsstadt und besaß das Privileg, Juden aufzunehmen (1). Dies erklärt, weshalb von 1415-1420 in Bremgarten, wie in Zürich, für Juden die gleiche Eidesformel (2) (z.B. vor Gericht) gültig war, die wie folgt lautete: "Daz da etc. ein warheit sie, also helf die der Gott, der hymel vnd erd, löb vnd gras, berg und tal und alle ding geschaffen hat; vnd also helf dir ... die Gott der herr gab Moyses uf dem berg Synay; vnd also die der hochwirdig herr Adonay."   
        
Als 1423 die Juden aus Zürich vertrieben wurden, ließ sich die Familie der Witwe Hänlin, genannt nach ihrem verstorbenen Mann Smaria die Smaryin, in der freien Reichsstadt Bremgarten, die zur Judenaufnahme (Judenprivileg) berechtigt war, nieder. 1425 zog "der Smaryeten Tochter" mit ihrem Manne von Bremgarten nach Köln; da aber dort um diese Zeit gerade eine Judenverfolgung stattfand, sind sie wohl bald wieder nach Bremgarten zurückgekehrt. (3) 1431 wird ein jüdischer Friedhof in Zürich vor dem Lindentor bei dem Wolfbach deshalb erwähnt, weil von den auswärtigen Juden nur diejenigen von Bremgarten, Mellingen und Rapperswil dort beerdigt werden dürfen. (4)  
      
Der Dissertation von Dr. Eugen Bürgisser, unter dem Titel "Geschichte der Stadt Bremgarten im Mittelalter", entnehmen wir auch einen Artikel über die Juden, der wie folgt lautet:   

"Eine besondere Schicht innerhalb der städtischen Kaufmannschaft bildeten die Juden. Wir besitzen verhältnismäßig viele Zeugnisse über die mittelalterliche Judenschaft Bremgartens. 1348 ist von einer 'fron Belen, die Jüdin von Bremgarten' die Rede. Der Bremgarter Jude Loew machte 1428 und 1438 in Zürich gegen dortige Bürger Geldforderungen geltend, die von Darlehen herrühren mochten. Am 4. Dezember befahl König Sigmund den süddeutschen und schweizerischen Städten, darunter auch Bremgarten, dem Unterlandvogt von Schwaben beim Einzug des goldenen Opferpfennigs und der halben Judensteuer behilflich zu sein. Nach alter Sitte sandten die Juden jedem neugesalbten Kaiser ein Ehrengeschenk, um sich von neuem des Reiches Gunst zu erbitten. Dies taten auch die Juden von Bremgarten und Mellingen, als König Sigmund Kaiser wurde. Dafür bestätigte er ihnen am 24. Februar 1434 ihre Privilegien und versprach, sie während der nächsten zehn Jahre nicht mit außerordentlichen Steuern zu beschweren und auch ihren Schuldnern keinen Nachlass zu verleihen. Kaiser Sigmund erhöhte noch seine Gunst, indem er am 12. März desselben Jahres den Juden von Zürich, Schaffhausen, Winterthur, Bremgarten und Mellingen die Privilegien der Augsburger Juden verlieh. Dafür erhielt er von ihnen ein Ehrengeschenk von 1.000 Gulden. Bisweilen auftretende judenfeindliche Regungen unter der städtischen Bevölkerung wurden vom Rate, dem der Judenschutz übertragen war, energisch unterdrückt. Von Zeit zu Zeit hatten die Juden ihre Aufenthaltsbewilligung zu erneuern und dabei ein Schirmgeld zu entrichten.
Der Rat suchte einen zu großen Andrang der Juden an den Jahrmärkten zu verhindern, indem er 1642 beschloss, an diesen Tagen eine besondere Judensteuer zu erheben." 
    
1481 beansprucht Bremgarten auf der Tagsatzung neben andern Rechten auch das Judengeleit. (5)   
       
Johann Caspar Ulrich, Pfarrer am Fraumünster in Zürich, veröffentlichte im Jahre 1768 ein Buch unter dem Titel: "Sammlung jüdischer Geschichten, welche sich mit diesem Volk in dem 13. und folgenden Jahrhunderten bis 1760 in der Schweiz von Zeit zu Zeit zugetragen." Darin finden wir folgende Bremgarten 109.jpg (84743 Byte)Angaben (siehe abgebildete Seite links): "Bremgarten (lat. Bremocartum) betreffend, welches an dem Wasser Rüss liegt, hatte, eben wie ein großer Theil des benachbarten Bader-Biets, viele Juden. Es ist aber im Archiv zu Bremgarten, welches in Rauch aufgegangen, nicht das Mindeste zu finden, wie ich von guter Hand, darüber berichtet bin. Anno 1537 steht im Badischen Abscheid 5.18 Jud David von Bremgarten haltet an um den Eydgenössischen Schutz. Man sihet hieraus, dass auch nach der Reformation Juden in Bremgarten gewesen." 
Dieser Juden David übte den Beruf eines Heilkundigen (Arztes) aus. Um von der Tagsatzung das erbetene freie Geleit zu erhalten, musste die Gemeinde für David ein Leumundszeugnis ausstellen, worin David ehrbares Verhalten bezeugt wird. (6) In den Rats-Manualen der Stadt Bremgarten finden wir u.a. folgende Eintragungen:
"Am Samstag vor Judica (17. März 1537) erscheint David Jud vor den Räten und begehrt weiterhin Schutz und Schirm. David sei schon drei Jahre hier ansässig. David wird gegen ein jährliches Schirmgeld von 5 Goldgulden weiter hier verbleiben, so er keinen Klagen Anlass gebe". (7)
"12. April 1537: Schon früher hatte der Rat den Jungwalther Huber mit dem Turm bestraft, weil er beim Juden eingerochen war und dessen Laubhütte zerstört hatte. Trotz der dafür geleisteten Urfehde verfolgten dessen Freunde den Juden weiterhin, sodass der Rat sie bereits einmal verwarnen musste. Nun geschah dies zum zweiten mal, da der Rat nicht eines Juden wegen einen Bürger strafen wollte. Sollte aber die Warnung erfolglos sein, so würden sie künftig an Leib und Gut gestraft."
"22. März 1539: Schultheiß und Rat gestatten David, dem Juden, weiterhin in der Stadt zu bleiben, wenn er sich so verhalte wie bisher. Des Wuchers halb wird er nicht geschützt. Kündigungsfrist für den Aufenthalt 1 Jahr. Der Jude bezahlt jährlich 5 Gulden Schirmgeld. - 1573 verpflichtet sich Nathan Jud von Rapperswil, der nach Bremgarten ziehen will, zu jährlich 5 Gulden Schirmgeld".
(8)   
      
1560, unter der Anschuldigung des Ritualmordes, wurde von der Geistlichkeit die Vertreibung der Juden gefordert. Diesem Ansinnen wurde weder von den Räten noch von der Bevölkerung nachgekommen, sondern die Stadt nahm weiterhin Juden auf und gewährte ihnen Schutz und Schirm. - 1585 wird von Schultheiß und Rat zu Bremgarten zwischen Salman Jud zu Bremgarten und einem Einwohner zu Adlikon zu Gunsten des ersteren entschieden, der mit seinem Vater Jacob und seiner Schwester Böli in Bremgarten lebte. (9)  
     
Ab ca. 1600 sind dann keine Juden mehr in Bremgarten wohnhaft gewesen.  
  
   

Emanzipation                   
   
Erst um die Mitte des 19. Jahrhunderts gelang es nach und nach, eine jüdische Gemeinde aufzubauen. Dies war nicht leicht, denn die Bundesverfassung von 1848 krankte zu Ungunsten der Juden an einem inneren Widerspruch. Gemäß Art. 4 dieser Verfassung waren alle Untertanenverhältnisse und Vorrechte aufgehoben und alle Schweizer vor dem Gesetze gleich erkört worden. Dem standen aber Art. 41, 44 und 48 entgegen, die die freie Niederlassung, die freie Ausübung des Gottesdienstes und die Gleichheit vor den Gesetzen den Angehörigen der christlichen Konfession vorbehielten. 1863, 1866 respektive 1874 wurden dann die inkrimierenden Gesetze aufgehoben und die Schweizer Juden genossen Rechtsgleichheit mit den übrigen Schweizer Bürgern. Vor 1863 war daher für Juden ein Domizilwechsel vom argauischen Kleinen Rat bewilligungspflichtig (Gewährung für zwei Jahre, jedoch erneuerbar) und mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden. Um dies zu illustrieren, möge der nachstehende Protokollauszug des Aargauischen Kleinen Rates (Regierungsrat) dienen:
  
22. Juni 1852: "Das Bittgesuch des Hebräers Samuel Meier von Lengnau um Gestattung des Aufenthaltes in der Gemeinde Wohlen behufs Errichtung eines Tuchwarengeschäftes wird behufs vorerstlicher Einvernahme der Bezirks- und Gemeinde-Behörden und späterer Berichtserstattung anher an das Polizeidepartement gewiesen."
9. Juli 1852: "Auf den von dem Polizeidepartement und seinem diesbezüglichen Amtsberichte vom 8.d. vorgetragenen Gründen wird der Israelite Samuel Meier mit seinem eingereichten Gesuch um Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung auf die Gemeinde Wohlen zum Zwecke der Errichtung einer Tuchwarenhandlung abgewiesen und Petent hiervor durch das Bezirksamt Muri, wo derselbe sich aufhält, unter anzeuge an das Polizeidepartement, verständigt."
31. März 1853: "Vermittelst Vortrag vom 30.d. hinterbringt die Polizeidirektion ihr Gutachten über das Gesuch des Hebräers Samuel Meier von Lengnau, ihm Behufs Gründung eines Ellenwarengeschäftes eine Aufenthaltsbewilligung auf die Gemeinde Villmergen erteilen zu wollen. - Da in der Gemeinde Villmergen drei und in dem nahe gelegenen Wohlen ebenfalls mehrere Ellenwarengeschäfte bestehen, somit dem Bedürfnis nach solche Geschäften hinreichend begegnet ist, so wird antragsgemäß beschlossen: Samuel Meier von Lengnau sei mit seinem Gesuche abgewiesen. Eröffnung an die Polizeidirektion, an welche die Berichtsbeilagen zurückgehen."
18. October 1854: "Vernommen wird das Gutachten der Polizeidirektion vom 17.d. über das Gesuch des Samuel Meier von Lengnau, ihm den Aufenthalt in der Gemeinde Bremgarten um so mehr... gestatten zu wollen, als der dort ansässige Israelit Braunschweig fortziehen werde. Aus vorgetragenen Gründen wird antragsgemäß beschlossen: es sei dem Samuel Meier der Aufenthalt in Bremgarten zu gestatten, sobald Braunschweig von dort fortgezogen sein werden 
Kenntnis an die Polizeidirektionbehufs vorläufiger Eröffnung unter Rückstellung der Berichtsbeilagen".       
  
Neben diesen Protokollauszügen sind verschiedene Niederlassungsgesuche von Samuel Meier sowie auch Vernehmlassungsschreiben der angewählten Gemeinden im Aargauischen Staatsarchiv aufbewahrt worden. Die Begründung, welche Samuel Meier (respektive der Verfasser J. Rey) für eine Niederlassungsbewilligung als wichtig erachtete, lässt sich am Beispiel des nachfolgende aufgeführten Bewerbungsschreibers für die Gemeinde Wohlen bestens dokumentieren.           
   
An tit Landammann u. Kleinen Rath des hohen Cantons Aargau
Niederlassungsbewilligungsgesuch für Samuel Meier in Lengnau
Hochgeachteter Herr Landammann! Hochgeachtete Herren Regierungsräte!
Wenn § 17 der bestehenden Staatsverfassung das Recht der freien Niederlassung jedem Kantons und Schweizerbürger zusichert, sofern er die gesetzlichen Vorschriften erfüllt, so ist hiermit gewiss ein großer Schritt zur endlich Realisierung des Grundsatzes der Freiheit und Gleichheit im Kanton Aargau geschaffen, und es dürfen sich auch die Bürger der Judengemeinden, an der Hand dieses Grundgesetzes und im Vertrauen auf die allgemein sich immer mehr und mehr Geltung verschaffenden Prinzipien der Rechtsgleichheit, der sicheren Hoffnung hingeben, dass bei einer Revision der fraglichen Gesetze über Aufenthaltsbewilligung en auch sie von den lästigen Ausnahmebestimmungen werden befreit werden. Inzwischen liegt es wohl unzweifelhaft schon jetzt im Willen der hohen Regierung überall da die Härte des Gesetzes zu mildern und  besonders da das Recht der freien Niederlassung auch den Bürgern de jüdischen Glaubens zukommen zu lassen, wo dieselben den offenbaren Beweis leisten, dass sie, soviel in ihren Kräften steht, alles aufbieten, um nicht nur die gleichen Rechte wie ihre Mitbürger zu erwerben, sondern auch die gleichen Pflichten und Anforderungen des Staates, soweit sie die bürgerliche Einrichtung betreffen, zu erfüllen.
Petent, dessen Vater schon vor Jahren von der hohen Regierung die Erlaubnis der Niederlassung in Muri zum Behuf eines dort zu errichtenden Warenmagazins erhielt, hat nun, angekommen auf einem Alter, wo er sich selber durchbringen soll, sein Augenmerk auf die Gemeinde Wohlen gerichtet, in welcher sich für ihn die günstigsten Auspizien zur Errichtung eines Tuchwarengeschäftes gezeigt. Ohne auf statistische Notizen dieses Dorfes einzugehen, wird wohl Niemand bezweifeln, dass bei einer Bevölkerung von dritthalbtausend Seelen, bei einem Verkehr, der an Lebhaftigkeit seinesgleichen im Kanton sucht, die Gründung eines zweiten Tuchwarengeschäftes sicher keine überflüssige genannt werden kann. Wie denn überhaupt gerade Wohlen selbst den Beweis geliefert hat, dass Konkurrenz nicht sowohl dem Handel und der Industrie schadet, als im Gegenteil gerade dieselbe fördert und auf eine solche Stufe der Vervollkommnung bringt, wie sie dieselbe ohne Konkurrenz niemals erlangt hätte.          
   
Im Vertrauen auf diese angeführten Momente, im Vertrauen besonders auf den geneigten Willen der Behörden, den Staatsangehörigen, welche ein redliches Streben ihr Auskommen auf eine den Zwecken des States entsprechende Weise zu erwerben gezeigt haben, allen Schutz und Hülfe angedeihen zu lassen, - im Vertrauen endlich auf die beigefügten Zeugnisse und Bescheinigungen wiederholt Bittsteller noch einmal sein Gesuch: "Es möchte hochdenselben gefallen, ihm die Bewilligung der Niederlassung in der Gemeinde Wohlen, behufs eines daselbst zu errichtenden Tuchwarengeschäftes, erteilen".       
  
Mit Versicherung vollkommener Hochachtung und Ergebenheit:
Lengnau, d. 17. Juni 1852    Samuel Meier
Eingesehen und empfohlen
Zurzach, 21. Juni 1852        Der Bezirksamtmann Frey               
  
Wie aus dem früher erwähnten Protokollauszug des Aargauischen Regierungsrates ersichtlich ist, hat die Gemeinde Wohlen das Aufnahmegesuch angeblich aus wirtschaftlichen Gründen ("genügend Ellenwarengeschäfte am Platze") abschlägig beantwortet. Immerhin fügte Wohlen in seiner Antwort an, das "...sofern wirklich wider sein Erwarten einem Juden eine Niederlassungsbewilligung ertheilt werden sollte, er (der Gemeinderat) gegenwärtigen Petenten einem Andern vorziehen würde". Diese ablehnende Haltung Juden gegenüber findet sich auch in den Vernehmlassungen anderer Gemeinden, aus denen die nachfolgenden Zitate stammen:
"...Herr Amtmann Josef Weibel, Muri, möchte die Verbreitung der Juden im Canton nicht begünstigen, weil er kein Judenfreund sein und die Überzeugung habe, dass ihre Verbreitung kein Heil bringe".
"..., dass gegen entschieden ausgesprochenen Willen einer Gemeinde, dieselbe nicht zur Aufnahme von Juden gezwungen werden soll".
             
  
Für das Gesuch zur Niederlassung in Bremgarten lautet der Bericht vom 17. Oktober 1854 des Polizeidirektors an den Regierungsrat im Wortlaut wie folgt:
  
   
Der Polizei-Direktor des Kantons Aargau an den tit. Regierungsrat   

Bremgarten 108.jpg (69801 Byte)Samuel Meier von Lengnau kommt bei Ihnen mit dem Gesuch ein, ihm den Aufenthalt in Bremgarten zu gestatten und zwar um so sehr, als der dort ansässige Israelit Braunschweig fortziehen werden.
Der Gemeinderat von Bremgarten sagt:
a. Ist kein Bedürfnis vorhanden, dass sich derselbe in Bremgarten niederließe. Bremgarten hat Handelsleute genug bei dem allgemein gesunkenen Verdienste.
b. Braunschweig ist nicht fortgezogen, und hat seine Handlung noch nicht eingestellt.
Das Bezirksamt erklärt sich mit der Ansicht des Gemeinderates einverstanden und beantragt Abweisung. Es bemerkt indessen, Benedikt Braunschweig ziehe fort. 
Da Bremgarten eine Stadtgemeinde, eine der besten Gemeinden ist, und nach Weggehen des Braunschweig, dort kein Israelit sich mehr aufhalte, so beantrage: Es sei dem Samuel Meier Aufenthalt in Bremgarten zu gestatten, sobald Braunschweig von dort weggegangen sein wird.
                        Der Polizeidirektor Joh. Hegnauer

Bremgarten 103.jpg (63289 Byte) Fotografie um 1910: Mitte Samuel Jakob Meier 1828-1918, Gründer und erster Präsident der Israelit. Cultusgemeinde Bremgarten. - Links sitzend: Sophie Meier geb. Bodenheimer 1843-1921, aus Ettlingen bei Karlsruhe stammend, zweite Ehefrau von S. J. Meier. - Rechts: Karl Meier (spätere Schreibweise: Carl Meyer) 1884-1961 (jüngster Sohn von S. J.Meier), diente der Israelitischen Cultusgemeinde über 20 Jahre als Präsident.

  
  
Israelitische Cultusgemeinde 
   
Gemeindegründung - Lehrer - Unterricht   
  
  
Offensichtlich mit den gleichen Schwierigkeiten wie Samuel Meier ließen sich in den fünfziger und frühen sechziger Jahren des 19. Jahrhunderts weiter vereinzelte jüdische Familien, alle aus Lengnau stammend, in Bremgarten nieder und gründeten die "Israelitische Cultusgenossenschaft". Diese Gemeinschaft richtete am 10. Mai 1865 an den Gemeinderat Bremgarten ein Gesuch um Überlassung eines Zimmers für den jüdischen Religionsunterricht. Dem Gesuch wurde, laut Gemeinderatsprotokoll, entsprochen und ein Lokal im ehemaligen St. Klarakloster zur Benutzung überlassen. Vermutlich diente dieses Unterrichtszimmer auch als Betlokal für den Gottesdienst. Erster Lehrer und wohl auch Vorbeter war Julius Weil aus Sulzburg, welcher bis 1873 im Dienste der Gemeinde stand. Vom Nachfolger von Lehrer Weil wissen wir nur zufolge einer Beschwerde des Bremgarter Polizeidieners. Dieser verklagte Samuel Meier, der einem jüdisch-polnischen Flüchtling, ohne Deponierung seiner Schriften, über ein Jahr Gastrecht in seiner Wohnung gewährt haben soll. Von 1876-1889 versah ein Herr Jankulewitz das Amt des Vorbeters und Lehrers, um dann als Kultusbeamter nach Zürich zu übersiedeln. Das Jahr 1890 nennt Heinrich Glaser aus Wien als jüdischen Gemeindefunktionär (siehe Anzeige unten). Ab 1892 oblag für zehn Jahre Wilhelm Silberstein aus dem polnischen Czumpier die geistliche Betreuung der Israelitischen Cultusgemeinde Bremgarten. Herr Silberstein verstarb 1910 in Bremgarten und liegt auf dem jüdischen Waldfriedhof Endingen/Lengnau begraben. 1912-1915 ist Cantor Grünwald im Amt. Ihm folgte 1915-1916 Eugen Adler aus Düsseldorf. - 
Einer der markantesten Lehrerpersönlichkeiten war der im Jahre 1919 in den Dienst der Gemeinde tretende Heinrich Goldring. Herr Goldring hat während zwanzig Jahren seines Wirkens einer ganzen Generation die religiöse Grundlage vermittelt. Daneben verstand er es, den Gottesdienst, auch dank seiner vortrefflichen Stimme, zu besonders erbaulichen Andachtsstunden werden zu lassen. Anfangs des Zweiten Weltkrieges, im Jahre 1939, zogen sich Herr Goldring und Gattin in den Ruhestand zurück und übersiedelten zu ihrem Sohne nach Chicago/USA. - 
Die Nachfolge von Herrn Goldring trat im Jahre 1940 Herr Moritz Sobol aus Basel an. Herr Sobol, Absolvent von der "Ecole rabbinique de Paris", brachte mit seiner geschulten Stimme einen sehr weihevollen Gottesdienst zustande. Daneben unterrichtete er mit viel Liebe und Hingabe die jüdische Jugend. 
        
In den Aufgabenbereich von Herrn Sobol fiel aber auch die Betreuung verschiedener Flüchtlingslager rund um Bremgarten. In Zusammenarbeit mit Frau Berty Wyler haben er und seine Gattin unermüdlich an der Verbesserung des Loses unserer verfolgten Mitbrüder und -Schwestern gearbeitet und sich in den Herzen Vieler ein bleibendes Denkmal gesetzt. Während dieser Kriegsjahre war auch die Bremgarter Synagoge meistens zu klein, da die Flüchtlinge den Gottesdienst sehr oft und gern besuchten. Herr Sobol versah von 1940-1951 seine segensreiche Tätigkeit, um dann an die jüdische Gemeinde von St. Louis (Elsas) berufen zu werden. Nachfolger von Moritz Sobol wurde Dr. Chiel Zwierzynski aus Gent. Dr. Zwierzynski verfügt über ein enormes Wissen, das er in seinen Predigten weitergab. Sein Zentralanliegen in seinen Betrachtungen war die soziale Gerechtigkeit, und er verstand es, dieses Thema immer wieder von einer andern Seite her zu beleuchten. Mit dem Jahre 1954 löste Herr Dr. Zwierzynski sein Anstellungsverhältnis auf und widmete sich in Genf nur noch der Publizistik. Seither hab es keinen regelmäßig durchgeführten Gottesdienst mehr. Dies deshalb, weil das hiefür vorgeschriebene Quorum von mindestens zehn erwachsenen Männern (Minjan) nicht mehr gewährleistet war. Von nun an wurde nur noch an den allerhöchsten Feiertagen (Neujahr und Versöhnungstag) und an den Barmitzwa-Feiern (Barmitzwa = Fest der religiösen Volljährigkeit von Knaben) das Betlokal beansprucht. Dank der Anwesenheit von auswärtigen Besuchern konnte die Minjanvorschrift erfüllt werden. Wenig später war auch dies nicht mehr möglich, weshalb die Bremgarter Juden die Synagoge in Baden besuchen. - Für den Religionsunterricht wurde, solang schulpflichtige Jugend anwesend war, eine erfahrene Lehrkraft aus Zürich engagiert.  
  
  
  
Betlokale  

Bremgarten 110.jpg (56579 Byte) Bremgarten 107.jpg (63969 Byte) Bremgarten 105.jpg (63983 Byte) Bremgarten 104.jpg (60292 Byte)
Vorderer Teil des Betlokals
 (Männerabteilung), erhöhtes
 Vorbeterpult (Almemor); an der 
Wand vorne Mitte: Toraschrein,
 Ewiges Licht, Chanukkaleuchter
Geöffneter Toraschrein: Drei 
mit Mänteln umhüllte Torarollen. 
Die beiden Rollen in der Mitte und
 rechts sind mit Schild und Zeiger
  (Jad) versehen; unten zwei
 Aufsteckkronen für die Torarolle.
Detailaufnahme des 
Toraschreines mit Vorhang 
(Parochet) in Weiß für das
 Neujahrsfest und den
 Versöhnungstag, Krone und die beiden hebräischen Buchstaben
 Kaf und Taf. Darüber, flankiert 
von zwei Vögeln, Doppeltafeln 
mit jeweils den hebräischen Anfangsbuchstaben 
der Zehn Gebote.
Detailaufnahme von: Ewiges Licht (Ner Tamig), Achtarmiger Leuchter für das Chanukkafest. Grüne Tafel mit hebräischem Text in Gold, übs.: "Wie schön sind deine Zelte Jaakob, deine Wohnungen, Jisrael" (4.Mose 24,5) - "An jeglichem Ort, wo ich meinem Namen ein Gedächtnis stifte, werde ich zu dir kommen und dich segnen" (2. Mose 20,21) - "Höre Jisrael, der Ewige, unser Gott, ist ein einiges ewiges Wesen" (5. Mose 6,4) - "Ich habe den Herrn allezeigt vor Augen" (Psalm 16,8)
   
   
   
   
    Bremgarten 106.jpg (106904 Byte)
   

Für Bethaus oder Betlokal existieren verschiedene Ausdrücke. Die gebräuchlichsten sind: Synagoge (griechisch) = Versammlung, Beth Haknesset (hebräisch) = Versammlungshaus, oder Beth Tefila (hebräisch) = Haus des Gebetes. Wie eingangs erwähnt muss sich das erste Betlokal in einem Zimmer des damaligen Schulhauses (des früheren St. Klaraklosters) befunden haben. Nächste Stationen waren das ehemalige Wietlisbachhaus (ehemals "Gasthof zum Kreuz") in der Unterstadt und später das ehemalige "Restaurant Flora" (jetzt Regionales Altersheim, Zugerstrasse). Um die Jahrhundertwende verlegt die Israelitische Cultusgemeinde das Betlokal an den heutigen Standort Antonigasse 14. Der oberste Stock dieses Hauses, mit freier Aussicht auf die wunderschöne Reusslandschaft, beherbergt die Andachtsstätte der Bremgarter Juden. In einem Saal, welcher die ganze Front einnimmt, befindet sich an der östlichen Begrenzung der Thora-Schrein (Aron Hakodesch) zum Aufbewahren der Thorarollen. Über dem Schrein selbst stehen zwei Tafeln, auf denen die ersten zwei Worte von jedem einzelnen der zehn Gebote in hebräischen Buchstaben verzeichnet sind; sie sollen an die zwei steinernen Tafeln erinnern, die Moses auf dem Berg Horeb im Sinai empfing. Links und rechts des Thoraschreins hängt je eine große grüne Tafel, auf welchen in kunstvoller goldener Schrift Bibeltexte geschrieben stehen. Die ganze Thoralade wird von einem Vorhang (Parochet) verhüllt, der aus Feingewebe oder Samt besteht. Den Vorhang ziert eine Stickerei, die eine Krone und die beiden hebräischen Buchstaben "Kaf" und "Taf" wiedergibt. Sinnbildlich stellt die Krone die Thora dar, und die beiden erwähnten Buchstaben bedeuten "Keter Tora", d.h. Krone des Gesetzes. An den Feiertagen finden wir Vorhänge von jeweils unterschiedlicher Farbe. Gewöhnlicht entspricht der Vorhang vor der Lade in seiner Farbe der Decke auf dem Lesepult des Vorbeters und den Hüllen der Thora-Rollen. Die weiße Vorhangfarbe ist für das Neujahrsfest (Rosch HaSchana), und den Versöhnungstag (Yom Kippur) reserviert, während Purpur am Überschreitungsfest (Pessach), am Wochenfest/Offenbarung am Sinai (Schawuoth) und am Laubhüttenfest (Sukkot) verwendet wird. Auf jeder Thorarolle (Sefer Hathora = Buch des Lehre) sind in hebräischer Schrift die Fünf Bücher Moses (Bibel) von Hand auf Pergament aufgeschrieben. Die einzelnen Pergamentblätter werden, wenn sie fertig geschrieben sind, aneinander befestigt und bilden so einen langen Streifen. man windet diesen auf hölzerne Walzen, deren Griffe oben und unten hervorragen. Die Thorarollen werden mit einem Band gesichert und mit einem Stoffmantel, meist in der Farbe des Vorhanges, umhüllt. Das Ganze wird noch verziert mit einem an einer Kette hängenden Brustschild, einem silbernen Fingerzeiger (Jad) und an den oberen Griffen mit zwei Kronen, die an das Gesetz als Krone erinnern sollen.
Aus  der Thora liest man jeden Sabbat einen Abschnitt vor, so dass nach einem Jahr die gesamt Thora durchgenommen worden ist. .- Rechts vom Thoraschrein brennt in einer Lampe das Ewige Licht (Ner Tamid), eine Erinnerung an das ewige Licht am siebenarmigen Leuchter im Tempel zu Jerusalem.
Vor dem Thoraschrein ziehen sich über die ersten zwei Drittel des Saales Pultreihen, in deren Mitte das erhöhte Vorbeterpult (Almemor) steht. Diese Sitzgelegenheiten sind den Männern, als dem tragenden Teil des Gottesdienstes, vorbehalten. Für die Frauen ist der letzte Saaldrittel reserviert. 
  
  
Beerdigungswesen                 
   
Obwohl die Gemeinde immer sehr klein war, hatte sie dennoch eine separate, auf eigene Statuten aufgebaute Organisation für den Sterbefall unterhalten. Diese Institution nennt sich "Heilige Vereinigung" (Chevra Kadischa). Da im Tode Standesunterschiede verschwinden sollen, wird jeder Verstorbene, in gleiche weiße Gewänder gekleidet, in einem ganz einfachen, aus rohen Brettern hergestellten Sarg bestattet. Entgegen landläufiger Meinung ist es streng verboten, dem Sarg irgend etwas beizufügen oder "dem Toten etwas mitzugeben". Die jüdische Religion erlaubt auch nicht die Aufgebung von Grabstätten. Alle Menschen haben ein Anrecht auf das Stück Erde, so sie zur Ruhe gebettet wurden, bis zum Tage der Auferstehung.  
         
Bis ins Jahr 1939 wurden die Verstorbenen der jüdischen Gemeinde Bremgarten im alten ehrwürdigen Friedhof Endingen/Lengnau beerdigt. Abdankungsworte wurden sowohl in Bremgarten, wie auch auf dem jüdischen Friedhof Endingen/Lengnau gesprochen. Je nach Örtlichkeit fand die schlichte Trauerfeier entweder vor dem Wohnhaus des Verstorbenen oder auf dem Schulhausplatz in Bremgarten statt. Nach Würdigung des Dahingeschiedenen und nach dem Trauergebet wurde der von Pferden gezogene Leichenwagen langsam in Bewegung gesetzt. Die teilnehmende Bevölkerung begleitete zum endgültigen Abschied das Leichengefährt eine gute Strecke entlang der Zürcherstrasse zur Stadt hinaus. Bei der eigentlichen Bestattung in Endingen/Lengnau waren dann nur noch die Trauerfamilie und die engsten Freunde anwesend. Vom Jahr 1939 an war es leider, trotz langwieriger, sich bis ins Jahre 1945 hinziehender Verhandlungen, nicht möglich, den Beerdigungsvertrag mit der Jüdischen Gemeinde Endingen zu erneuern. Eine neue Beerdigungsvereinbarung konnte daraufhin mit der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich eingegangen werden. Da die Transportmöglichkeit für die Bevölkerung problemlos ist, wird seit diesem Wechsel die ganze Abdankung mit anschließender Beerdigung direkt auf dem israelitischen Friedhof Friesenberg in Zürich durchgeführt.  
  
   

Perspektive   
   
Der Mitgliederbestand der Jüdischen Gemeinde wird leider stetig kleiner und beträgt heute dreizehn Personen (acht ortsansässige, drei auswärtige Vollmitglieder, zwei Doppelmitglieder). Trotz dieser betrüblichen Tatsache hält die Minigemeinde zusammen.
In interessierten Kreisen wird gegenwärtig darüber diskutiert, ob im Kanton Aargau auch für jüdische Religionsgemeinschaften die öffentlich-rechtliche Anerkennung, wie diese die Katholiken und Protestanten genießen, angestrebt werden soll. Sofern es möglich wird, für die Juden Rechtsgleichheit zu erlangen, wäre für die im Kanton wohnenden Juden eine der drei jüdischen Gemeinden Baden, Bremgarten oder Endingen zuständig. Im Bezirk Bremgarten, speziell Mutschellen und Umkreis, haben sich eine Anzahl Juden niedergelassen, die aber größtenteils Mitglieder der Jüdischen Gemeinde Zürich sind. Im Falle der öffentlich-rechtlichen Anerkennung könnte daher Bremgarten auf den dringend nötigen Mitgliederzuwachs hoffen. Diese gewünschte Reaktivierung ließe sich umso eher bewerkstelligen, da wichtige Teile der Gemeindeinfrastruktur noch intakt sind. Vor allem steht ein einfaches, aber würdiges und volleingerichtetes Betlokal zur Verfügung. Hier an diesem Ort haben während der vergangenen 125 Jahre jüdische Menschen in Andacht gebetet, haben Trauernde Trost und Hoffnung gesucht, sind Ehen geschlossen und Familienfeste gefeiert worden.  
  
  
Flüchtlinge und Internierte während des Zweiten Weltkrieges              
  
Bereits vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges fanden jüdische Flüchtlinge Asyl in unserem Lande. Die ersten beiden Flüchtlingslager in der Umgebung von Bremgarten wurden auf dem "Hasenberg" und im "Geißhof" für jüdische Österreicher errichtet. Der damalige Lagerleiter auf dem Hasenberg, Albert Räber (nachmaliger Großrat), hat seinen Bericht, woraus der nachstehende Auszug übernommen wurde, bereits 1977 in den Badener Neujahrsblättern veröffentlicht.      
  
Lager Hasenberg (schriftlicher Bericht von Albert Räber)
"Gegen starken Widerstand - es gab auch Antisemitismus in der Schweiz - wurde im Herbst 1938 das Heim Hasenberg der Israelitischen Kultusgemeinde Zürich für die Unterbringung von Flüchtlingen aus Wien zur Verfügung gestellt. Damit war das Ferienheim hineingestellt in das unmenschliche Geschehen jener grauenvollen Zeit. Menschen verschiedener Art und Ausbildung - Goldschmiede, Künstler, Schauspieler, Ärzte, Zeichner, Modeschöpfer - ein Mosaik verschiedenster Berufe - waren auf engstem Raum, im schlecht heizbaren Haus zusammengedrängt. Der Kontakt nach außen war minim. Er beschränkte sich fast nur auf die Glaubensgenossen und jüdischen Schweizer, die wirklich großartige Leistungen von Solidarität erbrachten. Die meisten Schweizer vermieden es, mit diesen Ausgestoßenen in Berührung zu kommen. Dem Schreiber dieses Berichtes, der damals das Ferienheim leitete und betreute, wurde mehrmals von biederen Eidgenossen gesagt, was er da tue, sei höchst gefährlich und in keiner Weise neutral. Er möge sich vorsehen, denn beim Endsieg werde er das gleich Schicksal erleben, wie diese Flüchtlinge, deren Ende ja vorauszusehen sei. Dass die braune Brut, die Nazimacht, allerdings bis in den hintersten Winkel unseres Landes zu dringen versuchte, wurde augenfällig, als plötzlich unter den Insassen dein Spitzel entlarvt wurde. Allmonatlich wurden diese gehetzten Menschen von der eidgenössischen Fremdenpolizei n einem Brief darauf aufmerksam gemacht, dass sie unser Land so bald als möglich zu verlassen hätten. Sie mussten in einem Antwortschreiben angeben, was sie im Laufe der Monats getan hätten, um ihre Weiterreise zu fördern. Einmal kam an einem Abend ein Autobus, der 28 der Heimbewohner mitnahm, und sie in der Nacht, im Streuverfahren, an der französischen grenze absetzte, wo sie versuchten, illegal nach Frankreich durchzukommen, um dann geheim nach Palästina auszuwandern. Von dieser Expedition kamen nur zwei wieder zurück. Den andern gelang das Abenteuer, weil es offenbar gut vorbereitet und möglicherweise abgesprochen war.
1940, nach der Besetzung von Frankreich durch die Deutschen, kam ein neuer Strom von Flüchtlingen über unsere Südgrenze. Für diese Leute wurden überall militärisch bewachte Auffanglager eingerichtet. 164 fast ausschließlich jüdische Flüchtlinge wurden im Hasenberghaus einquartiert. Sie waren von unserer Bevölkerung total isoliert. Haus und Areal waren von der Ortswehr besucht.
Als im Dezember 1944 im Ferienheim das jüdische Lichterfest mit dem christlichen Weihnachtsfest gleichzeitig und gemeinsam gefeiert wurden, waren achtzehn Nationen vertreten. Etwa zwölf verschiedene Muttersprachen wurden angegeben, wobei vor allem die endlos herumgeschobenen jüngeren jüdischen Menschen in keiner der verschiedenen Sprachen richtig zuhause waren. Neben jüdischen Orthodoxen (streng frommen), gab es Freidenker, fünf verschiedene christliche Bekenntnisse und drei Mohammedaner. Der äußere schwer Druck brachte sie zusammen und einte über alle religiösen Bekenntnisse hinweg". 
  
Als Ergänzung zur vorstehenden Veröffentlichung gab mir Albert Räber am 8.3.1988 noch folgendes zu Protokoll: 
  
"Nach dem Kriege habe einer dieser 28 an der französischen Grenze abgesetzten Flüchtlinge namens Schwarz bei ihm vorgesprochen und weitere Einzelheiten über die sehr gefährliche und abenteuerliche Flucht berichtet. Demnach habe sich die Flüchtlingsgruppe in Hyeres bei Toulon auf ein Schiff eines griechischen Reeders zur Fahrt nach Palästina begeben. Auf hoher See habe der Kapitän das Schiff anhalten lassen und die Weiterfahrt von der Bedingung abhängig gemacht, dass sämtlicher mitgeführter Schmuck auszuhändigen sei. In dieser Notlage hatten die Passagiere keine andere Wahl, als sich dieser Forderung zu fügen. - In einiger Entfernung vor der Küste von Haifa wurden die Leute dann in Rettungsbooten gegen den Hafen gefahren, um schließlich die restliche Distanz im Wasser watend zurückzulegen."  
  
  
Tätigkeitsbericht von Moritz und Hanny Sobol-Lande.           
  
Moritz Sobol, Vorbeter und Religionslehrer, war während der kritischen Jahre bei der Israelitischen Cultusgemeinde Bremgarten angestellt und hat in freundlicher Weise am 21. September 1987 von seinen Erlebnissen folgenden Bericht verfasst:   
 
"Mit dem Eintreffen der belgischen Flüchtlinge im Jahre 1941 wurde das Lager 'Hasenberg' erneut eröffnet. Zum damaligen Zeitpunkt war dieses Lager nur von jüdischen Flüchtlingen bewohnt. Die Betreuung dieses Lagers wurde durch die jüdische Gemeinde Bremgarten besorgt, und zwar von den jüdischen Kommandanten Gustav Wolf aus Baden und René Meyer aus Zürich/Bremgarten sowie einigen nichtjüdischen Kommandanten. Die Insassen konnten das Lager nur unter Aufsicht von Militär verlassen und waren des öfteren auch in Bremgarten. Die Bevölkerung hat sie sehr gut aufgenommen. Es waren auch Kinder mit ihren Eltern im Lager. Diese Kinder wurden dann in jüdischen Familien untergebracht.
Etwas später wurde in Unterlunkhofen ('Geißhof') ein Arbeitslager für Flüchtlinge eröffnet; darunter waren sehr viele jüdische Emigranten. Diese haben die Straße gebaut, welche später für das Militär bestimmt war. - Im Jahr 1941 fand im Hause der Familie Sobol in Bremgarten eine Hochzeit eines Emigranten-Ehepaares (Rosenberg) statt, an welcher die ganze jüdische Gemeinde teilnahm. Das Ehepaar konnte nach dem Krieg in die USA auswandern, und wir stehen noch immer in Kontakt mit ihm.
Im Jahre 1943 kamen am Erew Pessach (Vorabend des jüdischen Pessachfestes) Flüchtlinge aus Italien, und so mussten wir in Zürich Mazzoth (ungesäuerte Brote) organisieren, um die Flüchtlinge zu versorgen. Auch das Essen haben wir ihnen gebracht.
Ein weiteres Lager befand sich im Waisenhaus (St. Klarakloster) in der Unterstadt. Unter den Flüchtlingen war auch Adriano Olivetti, bekannt von den Schreibmaschinen. Die Flüchtlinge konnten das Lager nur unter Begleitung verlassen; sie kamen mit militärischer Begleitung auch zum Gottesdienst in die Synagoge.
Es gab noch weitere Internierungslager im Kanton, welche von Bremgarten aus betreut wurden, wie z.B. "Eichberg" bei Seengen, Riniken, Gebenstorf. Diese Internierten konnten in ihrem Bezirk einen Beruf ausüben; einige waren Schneider oder Schuhmacher u.ä. Mit einigen dieser Flüchtlinge haben wir noch heute Kontakt."  
  
Eine weitere Zeitzeugin, Frau Trudy Kramer-Erb, Tochter des früheren Gastwirtehepaares auf dem Hasenberg, erinnert sich noch gut an die vielen Begegnungen mit Flüchtlingen und Internierten. Sie erzählt u.a., wie eines Abends müde und abgehetzte, misstrauisch umherblickende jüdische Flüchtlinge auf dem Hasenberg eintrafen. Die Gruppe bestand aus Männern, Frauen, Knaben und Mädchen im Alter von acht Tagen bis 1 Jahren. Mit dabei war eine Frau mit einem acht Tage alten Kind, das auf der Flucht ohne ärztliche Hilfe geboren wurde. - Eine andere jüdische Flüchtlingsfrau erzählte Frau Kramer folgende Geschichte.: Mein Mann und ich mit unserer drei Jahre alten Tochter lebten in Deutschland. Eines Tages brachte ein Gestapomann den Befehl, dass wir innerhalb von zwei Stunden unsere Wohnung zu verlassen hätten. Mit zwei Koffern beladen, wurden wir in einen Güterwagen gesteckt. So fuhren wir ohne Sitzgelegenheit drei Tage und Nächte. Als der Wagen geöffnet wurde, waren wir in Südfrankreich, wo man uns in ein großes Konzentrationslager brachte. Unsere Familie wurde sofort getrennt. Mein Mann wurde einer andern Baracke zugeteilt, als ich mit meiner Tochter. Das Nachtlager bestand aus nassem Stroh mit Papierfetzen. Nach einigen Wochen bekam mein Mann so schweres Fieber, dass er wegen fehlender ärztlicher Hilfe daran gestorben ist. Bald darauf wurde auch meine Tochter von diesem Fieber erfasst und ist ebenfalls, mangels Medikamenten, verschieden. Von diesem Moment an konnte ich nicht mehr im Lager weiterleben und bin deshalb geflohen. Die Flucht ist mir gelungen, doch stehe ich mit meinem Schmerz ganz allein in dieser Welt.  
  
  
Lager Bremgarten    
  
Der Standort des Flüchtlingslagers in Bremgarten war das ehemalige St. Klarakloster. Frau Ruth Hirt-Wyler, Tochter der damaligen Betreuerin Grau Berty Wyler, hat ihre tiefempfundenen Erlebnisse wie folgt in Erinnerung behalten:
"Die Beherbergungsmöglichkeit im St. Klarakloster war so prekär, dass bei Neuankünften manchmal in bereits belegten Zimmern zusätzlich Menschen hausen mussten. Zum Wachsen stand einzig im Hof unter freiem Himmel eine ganz einfache Waschvorrichtung zur Verfügung. Frau Berty Wyler zeichnete sich auch hier in der Flüchtlingsbetreuung aus. Um den Leuten die Möglichkeit zu bieten, das Lager für kurz Zeit zu verlassen, richtete sie in ihrer Wohnung einen Sprechstundendienst ein. Für die Lagerinsassen war dies ein großes Bedürfnis, denn auf diese Weise konnten sie nicht nur mit ihren Problemen Rat und Trost suchen, sondern sich auch in wohnlicher Umgebung Entspannung verschaffen. Im gleichen Hause führte ein Zahnarzt seine Praxis, bei welchem die Flüchtlinge sich behandeln lassen durften".
Das Bremgarter Lager beherbergte von Fall zu Fall sowohl Flüchtlinge wie auch Internierte (ausländische Soldaten). Der zeitweilige Kommandant, Hauptmann Eugen Meier /Gerichtspräsident am Bezirksgericht in Bremgarten), sorgte für eine sehr gut e Zusammenarbeit. Wenn wieder ein Transport Flüchtlinge eintraf, ließ er Namenslisten, versehen mit ursprünglichem Wohnort, Jahrgang, Religion, Beruf, erstellen und an die betreuende Religionsgemeinschaft aushändigen. Dieses Vorgehen erlaubte es, effiziente Arbeit zu leisten. Unter dem Datum vom 16.10.1943, zum Beispiel, stellt Lagerkommandant Meier auf dem gleichen Durchschlag den katholischen und reformierten Pfarrämtern sowie der Israelitischen Cultusgemeinde die Mitteilung zu, dass 328 Personen neu eingetroffen seien, die sich zu folgenden Religionen bekannten: 268 Katholiken, zwei Reformierte, sechs Orthodoxe (vermutlich griechisch), 52 Israeliten.
Es scheint, dass das Lager Bremgarten eher als Quarantäne- und Durchgangslager gedient hat, denn die Leute wurden nach relativ kurzer Zeit an weit entfernte Orte disloziert. Beispiel. Am 8. Oktober 1943 wurden von Bremgarten nach Yvonand 198 Jugoslawen und 176 Griechen transportiert. - Am 8. April 1944 sind aus den Genfer Lagern 'Charmilles' und 'Champel' nach Bremgarten unter anderen 55 Juden verlegt worden. - Am 13. Mai 1944 kam ein Transport von 65 Personen vom Lager 'Petit-Saconnex' bei Genf nach Bremgarten. 
Am 28. September 1943 enthält das von Hauptmann Meier an die Cultusgemeinde gerichtete Schreiben ein Namensverzeichnis von "...zehn griechischen Israeliten, nicht streng religiös, und von vier streng religiösen jugoslawischen Israeliten". Wörtlich schreibt er weiter: "Ich muss befehlsgemäß darauf aufmerksam machen, dass eine dreiwöchige Quarantäne mit Ausgangs- und Besuchsverbot besteht. Die Leute sollen sich vorderhand damit begnügen, dass für Unterkunft und Verpflegung, in gleicher Weise wie für unsere eigenen Truppen, gesorgt ist, und dass sie von einem freien Lande in Obhut genommen worden sind."
Trotz Ausgangs- und Besuchsverbot war es offensichtlich gleichwohl möglich, diese Menschen bei ihren religiösen Bedürfnissen zu versorgen, wie aus einem zwei Tage später zugestellten Dankesschreiben von der griechischen Gruppe ersichtlich ist. Dieses Schreiben vom 30. September 1943 hat folgenden Wortlaut:      
   
Hon. Israelitische Cultusgemeinde Bremgarten
Hon. Messieurs,
Au nom de mes 9 autres camarades grecs de religion israélite, nous vous remercions infiniment pour votre cadeau et vos souhaits pour la fête de Rosch Haschana.
Nous vous prions de bien vouloir agréer à votre tour Bonne et Heureuse Année avec la paix dans tout le monde.
Nous aurions été heureux, si nous pouvions assister nous aussi au temple, mais malheureusement nous sommes encore en quarantaine, et pour cette raison on ne nous permet pas encore de sortir.
J'espère puvoir vous remercier, un jour de près à vive voix, et vous prie d'agréer l'expression de notre profonde considération.
Au nom de mes camarades    Maurice B. Simha   

Bremgarten 101.jpg (49034 Byte)Neben den bereits erwähnten Lagern Hasenberg, Geisshof, Bremgarten und Eichberg bei Seengen, wurden noch folgende Lager zwischendurch betreit: Hilfikon, Murimoos, Niederrohrdorf, Riniken, Gebenstorf, Thalheim. Die Hauptarbeit leisteten, wie bereits berichtet, Frau Berty Wyler (Abb. links zeigt an Dankschreiben an Berty Wyler und Gastfamilien der Emigranten vom Murimoos vom 7.4.1942 für die Einladung zum Pessachfest) und das Ehepaar Sobol. Aber auch die gesamte jüdische Gemeinde von Bremgarten hat sich für diese unglücklichen Menschen eingesetzt. Flüchtlingskinder fanden in hiesigen jüdischen Familien Aufnahme und Geborgenheit. Etliche dieser Kinder haben Bremgarter Schulen besucht und sind von der Lehrerschaft und den Mitschülern sehr gut aufgenommen worden. Einige davon, heute gestandene Leute, haben ihre Beziehungen zu ehemaligen Betreuerfamilien aufrechterhalten und anerkennen in Dankbarkeit die ihnen erwiesene Zusendung. 
 

 

 
  
Lager Geißhof - Bericht des ehemaligen Lagerinsassen Peter Goldner                    
 
Der administrative Verantwortliche für dieses Lager hieß Göldi und der technische Leiter Süess. Speziell Göldi war unbeliebt. Dieser ließ nach militärischem Vorbild die Lagerinsassen in  Gruppen einteilen und befahl Stellung nehmen und Antreten zum Appell. Die Flüchtlinge wurden in der Drainage und im Straßenbau beschäftigt. Für den Straßenbau musste ein Steinbett erstellt werden, wofür die Steine aus dem Steinbruch Mägenwil bezogen wurden. Gebaut wurden zwei Militärstraßen, nämlich die Strecke Zugerstraße - Geißhof - Reuss und von Zufikon nach Oberwil.
Entlang der Straße nach Oberwil lag ein Bauernhof. Die darin wohnende Bäuerin, Frau Berta Ingold-Schneeberger, gest. 1955, erschien den Flüchtlingen wie ein wahrer Engel, der sie nicht nur reichlich verpflegte und in ihre warme Stube einlud, sondern mit ihnen auch in herzlicher Mitmenschlichkeit verkehrte. Für die Freizeitbeschäftigung stand im Arbeitslager Geißhof ein Pingpong-Tisch zur Verfügung. Den Urlaub verbrachte Peter Goldner, in Ermangelung anderer Möglichkeiten, im Geißhof selbst, bei Frau Berty Wyler in Bremgarten, oder beim Schwimmen in der Reuss. Gestartet wurde jeweils mit einem Sprung von der Rottenschwiler Brücke, und die Strecke führte bis vor der Hermetschwiler Stauwehr. - Die Lagerverpflegung war sehr einfach, aber reichlich. Nur am Sonntag gab es pro Person 20 Gramm Butter und Confitüre.  
 
  
Zusammenfassung       

In der Würdigung der Geschichte der Juden in Bremgarten ergibt sich zusammenfassend folgendes Bild: Die ersten jüdischen Bewohner dieser Stadt, angefangen im 14. Jahrhundert und anzahlmäßig sehr bescheiden, waren offensichtlich nur deshalb hier ansässig, weil ihnen der Aufenthalt zeitweise in Zürich verboten war und sich Bremgarten 102.jpg (114307 Byte) Bremgarten als Ausweichquartier anbot. Erst im Laufe des 19. Jahrhunderts, mit der einsetzenden Judenemanzipation in unserem Lande, kam es hier zur Gründung einer jüdischen Religionsgemeinschaft, mit eigenem Betlokal, regelmäßigem Gottesdienst, Religionsunterricht für die heranwachsende Jugend, und der Einrichtung der dazugehörenden sozialen Strukturen wie Armen- und Krankenfürsorge, Beerdigungswesen etc. Eine spezielle Fürsorgekasse  (Zedakakasse; Abb. links zeigt eine Seite dem dem Zedaka-Kassenbuch: Unterstützung für mittellose Durchreisende) wurde gespiesen, sowohl für bedürftige Gemeindemitglieder, als auch für die vielen staatenlosen Durchreisenden auf der Flucht. Die schwere Zeit des Zweiten Weltkrieges brachte zusätzlich zur ohnehin schwierigen politischen und wirtschaftlichen Lage die Betreuung von Flüchtlingen und Internierten. So gut es ging wurde versucht, diesen Menschen in materieller und seelischer Not beizustehen. Der Verlust der Heimat, die ungewisse Zukunft und die ständige Angst, von den Behörden ausgewiesen zu werden, war für alle Beteil8igten eine enorm große Belastung. Die wenigen heute noch anwesenden Juden am Platze, die hauptsächlich von den Gründerfamilien abstammen, haben sich unter Bewahrung ihrer vollen jüdischen Identität, bestens in der hiesigen Bevölkerung integriert.  
  
  
Anmerkungen   

  1. Florence Guggenheim-Grünberg: Judenschicksale und "Judenschuol" im mittelalterlichen Zürich, S. 15.
  2. Merz: Rechtsquellen der Stadt Aarau I - Argovia Bd. XXV.    
  3. Wie Anmerkung 1  
  4. A. Steinberg. Studien zur Geschichte der Juden in der Schweiz. 1902. 
  5. A. Wedler-Steinberg (bearbeitet und ergänzt: Florence Guggenheim: Geschichte der Juden in der Schweiz I, S. 17. 
  6. Ebenda S. 18. 
  7. P. Burki: 100 Jahre Israelitische Kultusgemeinde Bremgarten. Sonderdruck Freiämter-Zeitung. Datum unbekannt. 
  8. E. Bürgisser: Geschichte der Stadt Bremgarten im Mittelalter. S. 161. 
  9. Wie Anmerkung 5 S. 18. 

    
   
Texte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde in jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhunderts 
   
Allgemeine Beiträge 
    
Die erste jüdische Person kann sich in Bremgarten niederlassen (1851)     

Aus einem Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Mai 1851: "Ein im Jahre 1845 ins Leben getretenes Gesetz ermächtigt die Regierung, gut beleumdeten Israeliten die Niederlassungsbewilligung auch außerhalb der Marken von Endingen und Lengnau, worauf die aargauischen Israeliten bis anhin beschränkt waren, zu erteilen. Es wurde nun diese Bewilligung seither erteilt: 8 Israeliten für Baden, 1 in Aarau, 1 in Bremgarten, 2 in Zurzach, 2 in Rheinfelden, 1 in Stein, 2 in Frick, 1 in Erlisbach, 1 in Steinach, 1 in Gebensdorf, 1 in Mellingen, 1 in Leibstadt, 2 in Sins, 2 in Sarmenstorf, also zusammen an 26 Israeliten. In einigen Gemeinden wurden diese Niederlassungen in Übereinstimmung mit dem Willen der betreffenden Gemeinden, in anderen auch gegen denselben erteilt..."   

     
Gemeindevorstellung im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz" (1916)    

Artikel im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz" (1916) S. 198: "Bremgarten
In Bremgarten wurde im Jahre 1865 eine jüdische Gemeinde gegründet und zählt heute mit 10 Gemeindegliedern 39 Seelen. Vorstand: Louis Guggenheim. Beamter: Herr Adler.  
Institutionen
: Betsaal.   
Vereine
: Chevra Kadischah, welche bezweckt in Krankheit und Sterbefüllen Hilfe und Unterstützung zu leisten."    

 
Gemeindevorstellung im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz" (1921)    

Artikel im "Jüdischen Jahrbuch für die Schweiz" 1921 S. 193: "Bremgarten
In Bremgarten wurde im Jahre 1865 eine jüdische Gemeinde gegründet. Sie zählt heute mit 15 Gemeindemitgliedern 58 Seelen. Vorstand: Carl Meyer, jun. Beamter: Herr Heinrich Goldring.  
Institutionen
: Betsaal. 
Vereine
: Chevra Kadischah, welche bezweckt, in Krankheit und Sterbefällen Hilfe und Unterstützung zu leisten. Präsident: Carl Meyer, jun."    

   
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer                            
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1867 / 1872 / 1876 / 1877 / 1885 / 1890 / 1892 / 1899 / 1920  

Bremgarten Israelit 27111867.jpg (52338 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. November 1867: "Bei der hiesigen israelitischen Kultusgemeinde, aus bloß fünf Haushaltungen bestehend, ist die Stelle eines Religionslehrers, Schächters und Vorbeters mit einem fixen Gehalt von Frs. 800 jährlich nebst Aussicht auf bedeutende Nebenverdienste offen. Wöchentlicher Unterricht höchstens 18 Stunden. 
Der Antritt kann sofort geschehen. Hierauf Reflektierende belieben sich unter Vorlegung ihrer Zeugnisse an den unterzeichneten Vorstand zu wenden. 
Bremgarten
(Schweiz), im November 1867. Salomon Wyler."    
  
Bremgarten Israelit 03071872.jpg (54982 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. Juli 1872: "Annonce.  
Die hiesige israelitische Genossenschaft, nur aus wenigen Familien bestehend, sucht zum sofortigen Antritt, einen geprüften Religionslehrer, Chasan und Schochet gegen einen Gehalt von 4 bis 400 Franken nebst ganz freier Station anzustellen. 
Da der Anzustellende nur 2 Tage in der Woche zur Verrichtung seiner Funktionen bedarf, wäre ihm Zeit und Gelegenheit geboten, sich noch anderweitigen Verdienst zu erwerben. Reflektanten belieben sich an Unterzeichneten zu wenden. 
Bremgarten
(Schweiz), Juni 1872. Salomon Wyler."            
   
Bremgarten Israelit 23081876.jpg (67661 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. August 1876: "Offene Lehrerstelle
Die Stelle eines israelitischen Religionslehrers, der zugleich Vorbeter und Schochet sein müsste, ist in hiesiger Stadt vakant. 
Jährlicher Gehalt bei ganz freier Station beträgt Frs. 600 nebst Garantie für mindestens Frs. 200 Nebenverdiente. 
Dem Anzustellenden bleibt noch viel freie Zeit offen, wodurch er Gelegenheit hätte, sich noch anderweitig Verdienst zu erwerben. 
Reflektanten, wenn auch nicht examinierte, belieben sich an den Unterzeichneten zu wenden. 
Der Antritt kann sofort geschehen. 
Bremgarten (Schweiz), August 1876. Der Vorstand hiesiger Kultusgenossen: Salomon Wyler."    
  
Bremgarten Israelit 10011877.jpg (49166 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Januar 1877: "Inserat
Nachdem die hiesige Stelle eines Religionslehrers Chasan und Schochet durch einen Polen besetzt war, der aber die nötigen Ausweisschriften nicht beibringen konnte, ist deshalb die Stelle wieder vakant geworden und wird neuerdings zur sofortigen Besetzung ausgeschrieben bei Frs. 600 fixem Gehalt nebst wenigstens Frs. 200 Nebenverdienst nebst freier Kost und Logis. 
Bremgarten, (Aargau, Schweiz) 1. Januar 1877. S. J. Meyer."    
   
Bremgarten Israelit 21111877.jpg (52373 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. November 1877: "Religionslehrer gesucht
Die Stelle eines Religionslehrers, Chasan und Schochet in hiesiger kleiner Gemeinde wird zur freien Bewerbung, mit einem Jahresgehalt von Frs. 600, ca. Frs. 200 Nebenverdienste und ganz freier Station, ausgeschrieben. Dem Anzustellenden bleibt noch viel freie Zeit zu anderweitigem Verdienste offen. 
Reflektanten (wenn auch nicht examinierte) belieben sich an unterzeichneten Vorstand zu wenden. 
Bremgarten (Schweiz). Salomon Wyler."          
        
Bremgarten Israelit 23111885.jpg (67271 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. November 1885: "Die Stelle eines Lehrers, Schochet und Chasan in hiesiger Stadt ist vakant, Besoldung nebst ganz freier Station 500 Fr. Nebenverdienste stellen sich auf ca. 200 Fr, außerdem bleibt dem Angestellten noch viel freie Zeit, bei welchen sich derselbe noch anderweitigen Verdienst zueignen könnte. Qualifizierte (unverheiratete) Bewerber belieben sich an den unterzeichneten Vorstand zu wenden. 
Bremgarten (Schweiz). Salomon Wyler."          
         
Bremgarten Israelit 16061890.jpg (59292 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juni 1890: "Die Stelle eines Religionslehrers, Schochet und Chasan bei den Kultusgenossen hiesiger Stadt ist vakant geworden und wird zur Wiederbesetzung ausgeschrieben. Der jährliche Gehalt beträgt bei ganz freier Station Frs. 600 nebst ca. Frs. 100 Nebeneinkünsten. Reflektanten (wenn auch nicht examinierte) belieben sich unter Beifügung ihrer Zeugnisse in Abschrift an den Unterzeichneten zu wenden. 
Bremgarten (Schweiz), Juni 1890.
Salomon Wyler, Kultus-Vorstand."    
 
Bremgarten Israelit 20101892.jpg (61520 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Oktober 1892: "Vakanz
In Folge Resignation ist bei unserer jüdischen Kultusgemeinde die Stelle eines Religionslehrers, Chasan und Schochet mit Antritt auf 1. Januar 1893 bei einer jährlichen Besoldung von Frcs. 600.-, freier Kost und ca. Frcs. 100.- Nebenverdienst zu besetzen. Bewerber, deutscher Nationalität und ledigen Standes, welche im Besitze von Autorisation orthodoxer Rabbiner sind, belieben sich zu melden an den Beauftragen. 
Heinrich Guggenheim, Bremgarten, Aargau, Schweiz."      
  
Bremgarten Israelit 16111899.jpg (53406 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. November 1899
"Vorbeter, Schochet und Religionslehrer-Stelle ist hier zur Wiederbesetzung auf 1. Dezember eventuell später frei. Jahresgehalt fr. 1200, nebst ca. fr. 100 Nebeneinkünfte. Vorbeter ohne schönen Vortrag, unnütz zu melden. Auskunft erteilt 
Max Meyer 
Bremgarten (Aargau), Schweiz."    
 
Bremgarten Israelit 22011920.jpg (56045 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Januar 1920: "Die Israelitische Kultusgemeinde Bremgarten bei Zürich (Schweiz) sucht für die vakante 
Kantor-, Lehrer- und Schochetstelle
 
einen tüchtigen Beamten. Jahreshalt Frs. 3.000.- mit Nebeneinkommen ca. Frs. 300. Antritt kann sofort erfolgen. Offerten nimmt entgegen, unter Beilage von guten Zeugnissen, wenn möglich Photographie, Angabe von Familienverhältnissen 
Louis Guggenheim
, Vorsteher, Bremgarten bei Zürich."       

     
Religionslehrer und Kantor Heinrich Glaser initiiert einen Lern-Verein (1890)    

Bremgarten Israelit 01121890.jpg (18675 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Dezember 1890: "Bremgarten (Schweiz). Auf Anregung unseres Religionslehrers und Kantors, Herrn Heinrich Glaser, hat sich dahier ein Verein gebildet, in welchem allsabbatlich von genannten Herrn Chowot halewawot [Pflichten des Herzens von Bachja ihn Pakuda] Orech Chaim und Pentateuch und Raschi vorgetragen wird."  

     
Lehrer Silberstein kann Gäste aufnehmen (1902)     

Bremgarten Israelit 21071902.jpg (42162 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juli 1902: "R. W. in M. Auf Ihre Anfrage im Briefkasten dieses Blattes Nr. 56 bin ich in der Lage, in unserem anmutig und gesundgelegenen Städtchen, in der Nähe von Zürich, in meinem in einem Garten gelegenen Hause, ein Logis abzugeben, mit Koscher-Verpflegung und zu mäßigem Preise. 
Silberstein
, Lehrer, Bremgarten (Schweiz, Aargau). Bitte um baldmöglichste Mitteilung Ihrer Adresse."        

  
   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
   
Anzeigen des Manufakturwarengeschäftes Samuel Guggenheim (1876 / 1878)   

Bremgarten Israelit 09081876.jpg (62343 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. August 1876: "Für mein Manufakturwarengeschäft, welches an Samstagen und israelitischen Feiertagen streng geschlossen, ist die Kommisstelle vakant. Bewerber hierfür müssen in gleicher Branche schon längere Zeit funktioniert haben, Detailreisen mit Erfolg übernehmen können und militärfrei sein. Das jährliche Salair beträgt bei freier Station Frx. 800, (schweizerische Währung). Eintritt sofort. 
Sich gefälligst anzumelden (womöglich mit Beilage der Photographie) bei 
Samuel Guggenheim,
Bremgarten (Schweiz)."   
 
Bremgarten Israelit 14081878.jpg (53783 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. August 1878: "Offene Stelle. 
In meinem Manufakturwaren-Geschäft en détail (Samstag und Festtage geschlossen) ist eine Stelle als Commis, welcher als Buchhalter, Korrespondent und Reisender vorstehen könnte, zu besetzen. Es werden nur solche Anmeldungen berücksichtigt, welche in dieser Branche vollständige Fachkenntnis haben. Eintritt sogleich. 
Reflektierende belieben sich zu melden bei 
Samuel Guggenheim
, Bremgarten (Schweiz)."        

    
Anzeige des Manufakturwarengeschäftes S. Wyler & Söhne (1889)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Juni 1889: "In unserem Manufakturwaren gros-Geschäft, Schabbat und Feiertage geschlossen, ist eine Commis- und eine Lehrlingsstelle zu besetzen. 
S. Wyler & Söhne.
Bremgarten (Schweiz)."          

  
   
  
Links:   

bulletStadtverwaltung Bremgarten  mit Informationsseite zur jüdischen Geschichte der Stadt
bulletArtikel zur jüdischen Geschichte des Kantons Aargau (1906): In "The Jewish Encyclopedia"  
bulletArtikel "Die kleinen jüdischen Gemeinden sterben aus" von Sibylle Stillhart in kath.ch 

    

   

   

                   
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Stand: 30. Juni 2020