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Brünnau (Stadt
Prichsenstadt, Kreis Kitzingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Brünnau bestand - nach
Angaben bei Schwierz s. Lit. S. 43 - vermutlich bis um 1910 eine jüdische
Gemeinde. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück.
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Brünnau auf
insgesamt zehn Matrikelstellen (einschließlich zweier Nachträge bis
1824) die folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem
Familiennamen und Erwerbszweig): Jacob Joseph Reuss (Schmusen), Maier Jacob
Strauss (Viehhandel), Samuel Joseph Künstler (Schlachten), Loeb Isaac Stern
(Ellenwarenhandel), Abraham Loeb Klein (Schlachten), Samson Loeb Klein
(Schlachten), Itzig Loeb Stern (Spezerei- und Ellenwarenhandel), Joseph Salomon
Lichtenauer (Betthandelschaft), Feifer Stern (Güterbesitz und Handel mit
Landesprodukten als Wollen und Zwetschgen, seit 1820), Wolf Künstler
(Metzgerei, ab 1824).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge unbekannten
Baujahres mit Schulraum und Mikwe. Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen
Friedhof in Gerolzhofen
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war -
zumindest zeitweise im 19. Jahrhundert - ein eigener Religionslehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (vgl.
Ausschreibungen der Stelle unten). Bis 1855 war Abraham Jüng Lehrer in Brünnau.
In den 1860er-Jahren war einige Zeit Salomon Senger aus
Kleineibstadt
in Brünnau angestellt (siehe Bericht zu ihm auf der Seite zu
Kleineibstadt).
In den 1920er-Jahren wurde die Schechitoh (Schächten) in Brünnau durch
den Lehrer aus Frankenwinheim
besorgt (siehe unten: Ausschreibung der Stelle von 1927).
Eine der letzten in Brünnau lebenden jüdischen Familien war die des Pferdehändlers
Isaak Künstler (siehe Bericht unten).
Von den in Brünnau geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch Angaben von
Wolf-Dieter Gutsch): Babette Blum geb. Künstler (1875), Frieda Frank geb. Klein (1876), Selma Gundelfinger geb. Künstler (1905), Meta Henle geb. Lichtenauer (1883), Janette (Jeanette) Hirschberger geb. Klein (1879),
Fanny Isaac geb. Stern (1870), Meta Kaufmann (1894), Robert Kaufmann (1893), Willi Kaufmann (1896),
Fanny Klein (1874), Meta Kolb geb. Künstler (1902), Hugo Künstler (1900), Karl Künstler (1904), Ludwig Künstler (1891), Mathilde Künstler (1880), Moritz (Moses) Künstler (1876),
Regina Künstler geb. Oppenheimer (1875), Julius Lichtenauer (1887), Sigmund Lichtenauer (1873),
Bertha Simons geb. Klein (1872), Sara Stein geb. Künstler (1869), Cilly Weikersheimer geb. Künstler (1892).
Hinweis: unter den genannten Opfern finden sich zwei, die auf Grund
psychischer Erkrankung im Rahmen der sogenannten "Euthanasie" ermordet wurden,
nämlich Sara Stein geb. Künstler (am 17.11.1940 in der Tötungsanstalt Grafeneck)
und Fanny Klein (am 20.09.1940 in der Tötungsanstalt Hartheim).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1870 /
1884
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. März 1870: "Die
hiesige Religionslehrer-, Vorsänger- und Schächterstelle ist erledigt.
Dieselbe trägt an fixem Gehalt 250 Gulden ein. Nebeneinkünfte 75 Gulden,
an Holz 50 Gulden, die Schächter-Funktion mit 100 Gulden nebst freier
Wohnung. Lusttragende Bewerber möchten sich baldmöglichst an
unterzeichneten Kultus-Vorstand melden.
Löb Klein in Brünnau, Bezirksamt Gerolzhofen in Bayern." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. Januar 1884:
"Die hiesige Lehrer- und Vorsängerstelle zu Brünnau ist
erledigt.
Die Stelle trägt 430 Mark Fixum, 200 Mark Schächterfunktion, 150 Mark
Nebenverdienste, 50 Mark an Holz und freie Wohnung.
Bewerber wollen sich an Unterzeichneten wenden. Seminaristen
werden bevorzugt.
Brünnau (Bayern). Levi Künstler,
Kultus-Vorstand." |
Ausschreibung der Stelle des Lehrers, Kantors und Schochets in Frankenwinheim (1927)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. November 1927:
"In der hiesigen Kultusgemeinde, an die auch Lülsfeld und
hinsichtlich der Schechitoh auch Brünnau angeschlossen ist, ist durch
Pensionierung des seitherigen Stelleninhabers, die Stelle des Lehrers,
Kantors und Schochets frei und soll alsbald wieder besetzt werden.
Geeignete gesetzestreue Bewerber wollen unter Vorlage beglaubiger
Zeugnisabschriften und eines Lichtbildes sich bei dem Unterzeichneten bis
spätestens 1. Dezember melden. Der Gehalt bestimmt sich nach den
Satzungen des Verbandes bayerischer israelitischer Gemeinden. Gegebenen
falls wäre die Übernahme des Amts des Schochets in einigen
Nachbargemeinden nicht ausgeschlossen. Frankenwinheim, November
1927. Siegfried Kahn." |
Zum 50-jährigen Dienstjubiläum des Lehrers Josef Kissingerin Frankenwinheim
gratulieren auch die in Brünnau lebenden jüdischen Einwohner (1921)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Dezember 1921: "Frankenwinheim,
27. November 1921: Die Feier des goldenen Dienstjubiläums des Herrn
Lehrer Josef Kissinger dahier am 7. November, war ein Ehrentag nicht nur
für den Jubilar selbst, sondern auch für seine Gemeinde mit den Filialen
Brünnau und Lülsfeld. Ununterbrochen vom frühen Morgen bis
zum späten Abend dauerten die Gratulationen seitens der Jugend und der
Erwachsenen aus den drei Gemeinden und der weiteren Umgebung ohne
Unterschied der Konfession. Ein ungeheurer Depeschen- und Briefverkehr,
sowie die Überreichung zahlreicher und wertvoller Geschenke von hier und
auswärts zeugten von der Beliebtheit des Jubilars, den der zuständige
Rabbiner, Herr Dr. Stein in Schweinfurt, in einem prächtigen,
lehrer-freundlichen Schreiben als einen der Bewährtesten seines Standes
bezeichnete. Möge es dem verehrten Jubilar vergönnt sein, noch recht
lange in seiner seltenen Körper- und Geistesfrische zum Wohle seiner
Familie, seiner Gemeinden und des ganzen Judentums zu wirken. Möge aber
auch in seinen Gemeinden der gute Wille und die billige Einsicht Platz
greifen, ihrem verdienstvollen, langjährigen Führer durch Verabreichung
eines zeitgemäßen Gehaltes einen sonnigen, sorgenlosen Lebensabend zu
bereiten". |
Berichte zu einzelnen
Personen aus der Gemeinde
Über die in der NS-Zeit umgekommenen Angehörigen der
Familie Künstler
Zu den in der NS-Zeit umgekommenen Personen
der Familie Isaak Künstler (1867–1939) aus Brünnau, nämlich Hugo, Karl
und Ludwig Künstler sowie Meta Kolb geb. Künstler und
Cilly Weikersheimer geb. Künstler finden sich nähere Angaben bei Reiner
Strätz (Biographisches Handbuch Würzburger Juden 1900-1945 I. Teil S. 321):
alle fünf sind als Kinder des Pferdehändlers und Metzgermeisters Isaak
Künstler (1867-1939) und seinen Frauen Karoline Reinhard geb.
Schönemann (1859-1895) bzw. Melitta geb. Heß in Brünnau
(1869–1928) in Gerolzhofen bzw. Brünnau geboren – und zwar Ludwig und Cilly
in Gerolzhofen, die anderen in Brünnau.
Hugo Künstler arbeitete 1916 bis 1918 als Lagerist in Würzburg, später als
Kaufmann u.a. in Plauen. Karl Künstler besuchte die Volksschule in Brünnau
und arbeitete später als Viehtreiber beim Bruder Ludwig in
Gerolzhofen, dann auf dem Bauernhof
der Schwester Cilly Weikersheimer in
Großlangheim/Unterfranken. Alle fünf sind auf unterschiedlichen Wegen
deportiert und ermordet worden, teilweise auch die Ehepartner und weitere
Familienangehörige. |
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Links
J-Kennkarte aus der NS-Zeit (ausgestellt in Gelnhausen 1939) für Regina
Künstler geb. Oppenheimer (1875 - ermordet 1942 im KZ Treblinka).
Sie war eine der letzten jüdischen Personen in Brünnau und zog vermutlich
1930 - nach dem Tod ihres Mannes Hirsch Künstler - nach
Lohrhaupten. Von hier aus wurde sie
über Frankfurt am 2. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert
und von dort am 29. September 1942 in das Vernichtungslager Treblinka.
Regina geb. Oppenheimer ist am 18. Juni 1875 in
Aub geboren als Tochter von Meier Oppenheimer (1849 - ca. 1912) und der
Emma geb. Ledermann (aus Berlichingen,
1854-1933). Regina Künstler hatte elf Geschwister, die bei geni.com (siehe
unten) genannt werden. Ihr Ehemann Hirsch Künstler ist am 29. Oktober
1874 in Brünnau geboren als
Sohn von Herz Samuel Künstler und der Zilli geb. Oppenheimer.
Von den Kindern von Hirsch und Regina Künstler ist die Tochter Selma (geb.
1905 in Brünnau, verheiratet mit Hugo Gundelfinger) mit ihrem Mann
Hugo und ihren Kindern s.u. nach der Deportation
1941 in Riga-Jungfernhof umgekommen. Die Tochter Zilli verheiratete
Weinstock (geb. 1903 in Brünnau) konnte emigrieren und starb 1975 in New
York. |
Weitere genealogische
Informationen siehe
https://www.geni.com/people/Regina-K%C3%BCnstler/6000000078345818674
Die Enkel von Hirsch und Regina Künstler - Heinz und Kurt Gundelfinger -
sind nach der Deportation 1941 umgekommen (genannt in der Liste zu
Michelbach/Lücke); der Enkel Siegbert Meyer Künstler
hat die NS-Zeit überlebt:
https://www.geni.com/people/Siegbert-K%C3%BCnstler/6000000172328773976
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Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
Levy Künstler bietet Pessachzwetschen an
(1895)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. März 1895: "Schäl
Pessach (zu Pessach).
Gut gedörrte Pessachzwetschgen von 10 Kilo an 15 Mark per
Zentner.
Levy Künstler.
Brünnau bei Kitzingen am Main (Bayern)." |
Zwei weitere Anzeigen zu jüdischen Gewerbebetrieben
aus dem "Amtsblatt für das königliche Bezirksamt Gerolzhofen" (1888
/ 1889)
(erhalten von Werner Steinhauser)
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Anzeige von Levi Künstler
im
"Amtsblatt" vom 6.4.1888 |
Anzeige von Metzger Moses
Klein im
"Amtsblatt" vom 23.4.1889 |
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Zur Geschichte der Synagoge
Ein Synagoge wurde mit Schule und einer Mikwe um 1870 neu
erbaut. Wie lange in dem Gebäude Gottesdienste abgehalten wurden, ist nicht
bekannt, vermutlich bis zum Zeitpunkt der Auflösung der Gemeinde um 1910.
Das Synagogengebäude wurde zu einem bis heute erhaltenen Wohnhaus
umgebaut.
Adresse/Standort der Synagoge: Brünnau Nr. 19
("Judengasse")
Fotos
Es sind noch keine
Fotos bzw. Abbildungen zur jüdischen Geschichte in Brünnau
vorhanden;
über Hinweis und Zusendungen freut sich der Webmaster der
"Alemannia
Judaica"; Adresse siehe Eingangsseite. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 43, 1992² S. |
| Werner
Steinhauser: Juden in und um Prichsenstadt: Prichsenstadt,
Altenschönbach, Brünnau, Kirchschönbach, Järkendorf. Prichsenstadt 2002.
Anfragen/Bestellungen über den Verfasser (E-Mail). |
| Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S.130-131.
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