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Altenschönbach (Stadt
Prichsenstadt, Kreis Kitzingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(english
version)
In Altenschönbach bestand eine jüdische Gemeinde bis
1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Erstmals
werden 1703 und 1718 jüdische Bewohner am Ort genannt. Bis Mitte
des 18. Jahrhunderts dürfte eine Gemeinde mit eigenen Einrichtungen entstanden
sein.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1814 141 jüdische Einwohner (28,3 % von insgesamt 499 Einwohnern),
1839 160 (in 36 Familien, davon 8 Witwen), 1867 114 (21,9 % von 520), 1880 100 (18,1 % von 553), 1890 64 (13,9 % von 459),
1900 51 (11,5 % von 442), 1910 35 (7,8 % von 451).
Zur jüdischen Gemeinde Altenschönbach gehörten spätestens ab 1887 auch die
jüdischen Einwohner von Kirchschönbach
und Oberschwarzach.
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Altenschönbach auf
insgesamt 39 Matrikelstellen (einschließlich der Nachträge bis 1826)
die folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen):
Hayum David Singer, Abraham David Reiß, Wolf Abraham Reiß, Löw Josel
Rosentheil, Isaac Josel Rosentheil, Moses Schwarz, Isaac Hirsch Engel, Oscher
Isaak Blumenthal, Löw Nahum Straus, Abraham Löw Neuburger, Pfeuffer Moses
Löwenburg, Joseph Nathan
Epstein, Feist Löw Kohn, Salomon Isaac Scherrmann, Isaac Gump Sachs, Abraham
Gump Sachs, Kallmann David Reiß, Wolf Moses Schwarz, Davide Abraham
Goldschmidt, Seligmann Isaac Kohn, Hirsch Wolf Frank, Hanne Blumenthal, Moses
Mayer Kornmann, Mayer Koppel Uhlfelder, Isaac Löw Neuburger, Abraham Isaac
Neuburger, Löw David Reiß, Eisig Löw Reiß, Hirsch Marx Stern, Mayer Hirsch
Stern, Lämmlein Schwarz, Vogel Rosentheil, Kalmann Sandel Braun, Löw
Karlsruher (Judenlehrer von Gerolzhofen), Joseph Isaak Kohn, Moses Kallmann
Reiss (Güterbesitz und Hopfenhandel, seit 1820), David Reis (Farbwarenhandel,
ab 1822), Moses Joseph Epstein (Feldbau und Handel mit inländischen Produkten,
seit 1823), Wolf Koppel Wolfsheimer (Metzger, seit 1826).
Über die Situation der jüdischen Einwohner, auch zu den noch bis Mitte des 19.
Jahrhunderts noch zahlreichen Steuern und Abgaben, die zu bezahlen waren, siehe
die unten stehende Gemeindebeschreibung von 1839.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde
wurden auf dem jüdischen Friedhof in Gerolzhofen
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (Ausschreibungen
der Stelle siehe unten). Im 19. Jahrhundert wirkten die
Lehrer Blümlein (um 1848), Samuel Kahn (1852 bis 1871) sowie Joseph Silbermann (mind.
1875 bis 1896). J. Cahn (um 1898), Simon Eschwege (um 1900) und A. Gutmann (um
1901/1908).
Die jüdische Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat Schweinfurt.
Von den Gemeindevorstehern werden u.a. genannt: um 1888/89 N. Blüthe.
Um 1924, als noch 24 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (5,33 %
von insgesamt 450), war Vorsteher der Gemeinde Joseph Gutmann. 1932 war 1.
Vorsteher der Gemeinde Lippmann Rosenthal. Als Schatzmeister und Schriftführer wird
Rudolf Blüthe genannt (Inhaber einer Viehhandlung).
1933 wurden noch 15 jüdische Einwohner am Ort gezählt (3,6 % von
insgesamt 421). Bis 1935 verließen nur zwei der jüdischen Einwohner den
Ort: einer zog nach Siegendorf, ein anderer nach Plauen. Im Dezember 1935 wird
Rudolf Blüthe als Vorsteher der Israelitischen Kultusgemeinde Altenschönbach
genannt. Beim Pogrom
am 10. November 1938 kamen am Spätnachmittag vier SS-Leute in Zivil aus Kitzingen
und zerstörten unter Mithilfe
von SA-Männern, Ortseinwohnern und Kindern aus dem Ort die Inneneinrichtung der Synagoge.
Die jüdischen Häuser waren schon vorher nach Dokumenten, "staatsfeindlicher" Literatur und
Waffen durchsucht worden. Zwei der jüdischen Einwohner wurden festgenommen und
erst in das Rathaus nach Prichsenstadt, anschließend in das
Gefängnis nach Gerolzhofen gebracht. Alle Frauen wurden schon am folgenden Tag
freigelassen, die Männer meist über eine Woche festgehalten. Ein jüdischer Mann
aus Altenschönbach wurde in das KZ Dachau verbracht und kehrte erst Mitte
Dezember zurück.1939/40 verzogen vier Gemeindeglieder nach Frankfurt a.M.,
Unsleben und Aschenhausen. Anfang
1942 lebten noch sechs jüdische Personen am Ort, von denen fünf am 22.
April 1942 nach Würzburg und drei Tage später nach Krasnystaw bei Lublin
deportiert wurden. Der letzte jüdische Einwohner kam im Juni 1942 in ein Altersheim nach
Würzburg, von dort am 23. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt.
Von den Deportierten blieb niemand am Leben.
Von den in Altenschönbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; überarbeitet auf Grund
der Recherchen von Wolf-Dieter Gutsch, 2016/19): Karola Bolley geb. Blüthe (1908), Regine Fried geb. Schwarz (1867),
Klara Grünlaub (1874), Luise Grünlaub (1880), Siegfried Gutmann (1896), Sara Hahn geb. Kuhn (1870), Philipp Kuhn (1889), Julius Pulfer (1879), Max Ludwig Reis (1883), Rosa Rosenbaum (1863), Julius Rosenthal (1878),
Ludwig Rosenthal (1882), Flora Schwabacher geb. Krackenberger (1866),
Frieda Schwarz geb. Kassel (bzw. Cassel) (1878), Rosa Schwed (1887), Elise Traubel (1938), Louis (Ludwig) Traubel (1895), Marta Traubel geb. Stein
(1902).
Kursiv markiert sind die Namen der Personen, die im März bzw. September 1942 von Altenschönbach bzw. Würzburg aus nach Krasnystaw bei Lublin in Polen bzw. in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurden.
Der in der Liste genannte Ludwig Rosenthal war nach den Recherchen von
Wolf-Dieter Gutsch ab 1910 als Tierarzt/Veterinär in Delligsen (Krs. Alfeld)
tätig. Er war mit einer Nichtjüdin verheiratet, sollte am 19.2.1945 in das
Ghetto Theresienstadt deportiert werden, worauf er an diesem Tag an Suizid starb.
Vgl.
https://www.bundestieraerztekammer.de/ns-schicksale/suche/?we_objectID=2543?we_lv_start_2=110
Der in einigen Listen genannte Simon Schwarz (1873) starb bereits am 11. Juli 1939 in Altenschönbach.
Der in einigen Listen genannte Philipp (Philllip) Blüthe (1909) konnte 1941 über
Lissabon in die USA emigrieren, wo er nach seiner Heirat 1943 Soldat wurde und
aktiv am Zweiten Weltkrieg teilnahm. Er starb am 16. November 1990 (siehe
Dokumente unten).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers, Vorbeters und
Schochet 1900
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Februar 1900:
"Vakanz.
In der Gemeinde Altenschönbach, Bezirksamt Gerolzhofen, ist
die Stelle eines israelitischen, seminaristisch gebildeten Religionslehrers, verbunden mit dem
Vorbeter- und Schächterdienste,
baldigst zu besetzen; Gehalt inklusive Nebenverdienst ca. 1.100 Mark bei
freier Wohnung; Bewerber wollen ihre Zeugnisabschriften einsenden an den
Vorstand H. Frank". |
Offenbar war die Stelle nach der
Ausschreibung Anfang 1900 nicht leicht zu besetzen. Im Herbst 1900 finden
sich Ausschreibungstext mit einem erhöhten Gehaltsangebot. Der Vorbeter
wird hierin als "Kantor" bezeichnet: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Oktober 1900:
"Lehrerstelle.
Die israelitische Gemeinde Altenschönbach, Bezirksamt
Gerolzhofen sucht einen Lehrer, Kantor und Schochet. Gehalt inklusive
Nebenverdienste ca. 1.200 bis 1.300 Mark, bei freier Wohnung. Bewerber
wollen ihre Zeugnisabschriften einsenden. H. Frank, Vorstand." |
Zum Tod des Lehrers Samuel Kahn (1891, Lehrer in Altenschönbach von 1852 bis 1871)
Anmerkung: nach den Recherchen von Elisabeth Böhrer wurde am
24. Februar 1854 in Altenschönbach das fünfte Kind von Lehrer Samuel Kahn und
seiner Frau geboren, genannt Clara. 1866 kam als neuntes und letztes Kind
Heinrich auf die Welt; er starb jedoch bereits im folgenden Jahr.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Februar 1891:
"Niederwerrn (Bayern), Januar (1891). Unsere Gemeinde ist in tiefe
Trauer versetzt worden. Sie hat ihren langjährigen Lehrer und Leiter
verloren, sie hat einen treuen Berater, einen guten Freund eingebüßt.
Herr Elementarlehrer Samuel Cahn hat am 17. Schebat nach
mehrwöchentlichem Leiden im Alter von 82 Jahren uns verlassen. Im Jahre
1808 in Kleinbardorf geboren, wurde er von seinem Vater, der ein sehr
gottesfürchtiger Mann und ein bedeutender Toragelehrter gewesen, in der
Wissenschaft unserer heiligen Religion unterwiesen und zum Lehrfache
bestimmt. Mit einem reichen Fond talmudischen Wissens, den man leider
heute immer seltener auf dem Lande antrifft, trat er in die Lehrpraxis
ein, nachdem er das Lehrerseminar in Würzburg absolviert hatte, und volle
50 Jahre hat der pflichttreue Mann in seinem Berufe ausgehalten. Zuerst
war er zwei Jahre als Lehrer in Rieneck tätig, alsdann 9 Jahre in
Kleineibstadt, hierauf 19 Jahre in Altenschönbach, wo er gleichzeitig die
Funktion eines Religionslehrers in dem Zuchthause in Klosterbrach
ausübte, schließlich wurde er von der Regierung als Elementarlehrer nach
unserer Gemeinde versetzt, wo er 20 Jahre tätig gewesen.
Wahrlich unsere Gemeinde betrachtete es damals als ein Glück, dass gerade
Samuel Cahn ihr Lehrer wurde. Denn seit langer Zeit war Niederwerrn die
Heimstätte bedeutender Lamdonim gewesen; nachdem nun in dem
Rabbinatskandidaten J. Friedrich - das Gedenken an den Gerechten ist zum
Segen -, der die Stelle des Lehrers inne hatte, einer der letzten zu Grabe
getragen, und auch der Rabbinatssitz endgültig nach dem benachbarten
Schweinfurt von der Königlichen Regierung verlegt worden war, war man
froh, in Samuel Cahn einen streng seminaristisch gebildeten Lehrer
bekommen zu haben, der auch im Gebiete der Tora und des Talmuds kein
Fremdling war. Und er verstand es auch den reichen Schatz seiner
Midraschkenntnisse in populärer, anziehender Form in seinen
Lehrvorträgen, deren er an jedem Sabbat drei hielt, seiner Gemeinde
zugänglich zu machen, die stets mit gespannter Aufmerksamkeit seinen Erklärungen
lauscht. Er war ein pflichttreuer Mann, der - und das muss besonders
hervorgehoben werden - in seiner Schule über den Elementarunterricht
niemals den Religionsunterricht vergessen hat, der oft genug die für den
Unterricht vorgeschriebene Stundenzahl |
überschritten
hat. Er war ein freundlicher, sanftmütiger Mann, der vor allem auch bei
seinen nichtjüdischen Mitbürgern einen hohen Graf von Beliebtheit sich
zu erringen verstand. Er war ein wohltätiger Mann, der nicht nur gerne
gab, sondern vor allem ohne Aufsehen spendete.
Und dass man von diesem seinem Werte allgemein durchdrungen, das bewies
unumstößlich sein Leichenbegängnis. Seit den hohen Festtagen litt der
Verstorbene an einer heftigen Gelbsucht, die zu überwinden seine Kräfte
nicht mehr ausreichten. Er reichte bei der Königlichen Regierung sein
Ruhegesuch ein; aber bevor diese sie ihm bewilligt hatte, hat ihn Gott zu
einer ungestörten Ruhe abberufen. An seinem Leichenbegängnisse
beteiligten sich nicht nur die jüdische Gemeinde, sondern auch die
christliche Bevölkerung des Ortes, die Freunde aus Nah und Fern, die
Amtskollegen der ganzen Umgegend. Beim Abschied vom Hause sprach zuerst
Herr Distriktsrabbiner Dr. Stein aus Schweinfurt in wenigen Worten, dass
die Gemeinde, wie sie dem Toten bei seinem Einzug vor 20 Jahren ein Baruch
Ata beworech (Gesegnet seist du bei deinem Kommen!) zugerufen, ihm
heute ein wehmutsvolles Uwaruch ata bezetcha (und gesegnet seist du
bei deinem Weggehen!) zugerufen berechtigt sei, nachdem der Verstorbene
die Krone des guten namens sich erworben habe. Herr
Distriktsschulinspektor Dr. Kranpold schilderte im Anschluss an Hiob 5,26
die Erfolge seiner Lehrtätigkeit, Herr Pfarrer Hellmut auf Grund Sprüche
10,7 seine große Beliebtheit bei den Angehörigen aller Konfessionen. Am
Grabe zu Euerbach schilderte Herr Dr. Stein in längerer Rede die Schwierigkeit
des Lehrberufes, besonders in unserer Zeit, wo der Zwiespalt zwischen
Schule und Haus bereits auch auf dem lande sich geltend mache, und wies
darauf hin, dass die bloße Tatsache einer 50jährigen Tätigkeit in
diesem Amte dem Verstorbenen den Danke der Gemeinde sichere.
Hoffen wir, dass die Königliche Regierung, die alle Zeit auf die
berechtigten Wünsche der Gemeinde Rücksicht nimmt, uns einen Mann senden
wird, der auch nach seiner religiösen Bildung einen vollwertigen Ersatz
für Samuel Kahn bietet. Dem Verstorbenen wird die Gemeinde zu allen
Zeiten ein dankbares Andenken bewahren! Seine Seele sei eingebunden in
den Bund des Lebens." |
Zum Tod des "sehr verdienten, würdigen
Lehrerveterans" Joseph Silbermann (1817-1896; Altenschönbach war bis 1896
seine letzte Lehrerstelle)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Dezember 1896:
"Aus Unterfranken. Ein sehr verdienter, würdiger Lehrerveteran ist
in dem vergangene Woche zu Wiesenfeld verblichenen Lehrer Joseph
Silbermann zu Grabe getragen worden. Fast achtzigjährig hatte derselbe
erst vor wenigen Wochen sich auf dem Berufsleben zurückgezogen und war
von Altenschönbach, seinem letzten Wirkungskreis, nach Wiesenfeld zu
seinen Kinder übergesiedelt, wo ihm nur noch eine kurze Frist der
wohlverdienten Ruhe beschieden war. 60 Jahre lang stand er mit vollem
Eifer und ungeteilter Hingabe im Dienste des religiösen Erzieherberufes.
Die Resultate, die er erzielte, waren an jeder Stätte seiner Wirksamkeit
außerordentlich erfreulich. In Westheim bei Haßfurt geboren, hat der
Verblichene bei verschiedenen, bedeutenden Lehrern und Rabbinern, unter
anderem auch in Höchberg, sich hervorragende Kenntnisse in Tanach
(Bibel) und Talmud (wörtlich abgekürzt: sechs Ordnungen)
angeeignet. Er fungierte hierauf 10 Jahre als Lehrer in Weimarschmieden,
Oberstreu und Schwebheim, dann,
nachdem er mit ausgezeichneten Noten sein staatliches Lehrerexamen
abgelegt hatte, volle 50 noch in den beiden Gemeinden Gochsheim und Altenschönbach. Ein tüchtiger Pädagoge, von seinen Vorgesetzten, den
Rabbinern und den staatlichen Inspektoren, zu allen Zeiten geehrt und
ausgezeichnet, war er ein sprechender Beweis dafür, dass die, die mit der
Jugend leben, stets jung bleiben. Vor dem Ärger und Kummer, den ihm in
früheren Jahren oftmals missliche Gemeindeverhältnisse bereiteten,
flüchtete er sich in das Heiligtum seiner Schule, die ihm stets wieder
frischen Mut und Lebensfreudigkeit gewährte; in diesem Heiligtum verwand
er auch den Schmerz über den Tod der ihn um viele Jahre früher
entrissenen Gattin. Die Betrachtung des Werkes des Verblichenen
erschöpfen wir keineswegs mit dem Hinweis, dass derselbe auch in allen Elementarfächern,
in kaufmännischen Disziplinen, in Realien etc. großes Wissen besaß, die
ihn befähigten, eine große Reihe von Zöglingen, die sich jetzt in
hervorragenden Stellen befinden, für alle Mittelschulen mit Erfolg
vorzubereiten, sondern wir legen unbedingt den Nachdruck darauf, dass er
als Lehrer ein Lamden gewesen, eine Verbindung zweier
Eigenschaften, die wir in unserer Tora-armen Zeit leider nur zu selten
antreffen. Seine ganze freie Zeit widmete Silbermann dem 'Lernen' zumal in
den letzten Jahren, da seine bereits sehr dezimierte Schule ihm viel freie
Zeit gewährte, konnte man ihn immer über der Gemara oder dem Midrasch
antreffen.
Und dieses beständige Aufgehen in den Quellen, gab auch seinem einfachen Religionsunterricht
einen eigenen Reiz und verlieh ihm seltenen Wert.
Es braucht nicht erwähnt zu werden, dass die gleiche Gewissenhaftigkeit,
wie bei der Ausübung seines Lehrerberufes, ihn auch in seinem Amte als Schochet
und Schaliach Zibbur auszeichnete. Gerade als Baal Tefilla
war er würdig, wie irgend einer: Jeder, auch der es nicht verstand,
konnte bei seinem Gebetsvortrag fühlen, wie sein Vortrag auf richtigem
Verständnis beruhte und aus dem Quell tiefsinniger Andacht
hervordrang.
Sein Heimgang bedeutet auch für die Allgemeinheit einen Verlust, da
solche Männer, solche Lehrer eben leider auszusterben drohen, er ist vor
allem für die Gemeinden seiner Wirksamkeit schmerzvoll, da man durch die
Bande aufrichtiger Dankbarkeit sich mit ihm verbunden fühlte. Sein
Andenken wird stets ein gesegnetes sein!" |
Neujahrswünsche von Lehrer Simon
Eschwege (Rosch Haschana, 1900)
Anzeige
in "Der Israelit" vom 20. September 1900:
"Allen Verwandten, Freunden, Kollegen und Bekannten wünscht
Ketiwa wa Chatima towa (= gute Einschreibung und Besiegelung)
Simon Eschwege Lehrer Altenschönbach." |
Berichte aus dem jüdischen
Gemeindeleben
Gemeindebeschreibung der jüdischen
Gemeinde von Altenschönbach (1839)
Gemeindebeschreibung
in "Der Israelit" vom 20. Dezember 1839: "Altenschönbach, im
Landgerichtsbezirke Gerolzhofen, zählt 36 jüdische Familien (darunter acht
Witwen) oder 160 Seelen. Es besteht eine Religionsschule, welche eine
jährliche Auslage von 210 fl. fordert. Fünf sind als Handwerker, drei auf
Landwirtschaft ansässig und in zehn Jahren haben nur sieben die Erlaubnis
zur Verehelichung erhalten. Die Unterhaltung des Kultus und Verpflegung
einiger konskribierter Armen kostet jährlich fast 200 Gulden. Zu diesen
Ausgaben kommen nun andere, die so schmerzlich als drückend sind. Jeder muss
nämlich fünf fl. an die (Crailsheimische) Gutsherrschaft und (jeder?) fünf
Gulden (früher sogar zehn fl.) an das Rentamt zahlen. Ökonomen und
Handwerker sind von den Letzteren frei, nicht aber von den Ersteren, gegen
welche sie zwar den Rechtsweg eingeschlagen, aber noch bevor die kompetente
Gerichtsstelle ermittelt war, so viele Kosten hatten, dass sie den Prozess
aufgaben und sich geduldig in ihr Schicksal fügten. - Auch zur Pfarrei haben
die Juden zu kontribuieren, nämlich 7 fl. Neujahrsgeld, ferner dem Amt
daselbst 7 fl. Spinn- und Neujahrsgeld, sowie auch nach Frühstockheim, dem
Sitze der Gutsherrschaft, Boten zu gehen. Gleichwohl ist die Gemeinde damit
beschäftigt, eine neue Synagoge und ein eigenes Schulhaus zu
erbauen. Der Kostenvoranschlag dieses Neubaus beträgt 6000 fl. Die Gemeinde
würde dieses nimmer im Stande sein, hätte nicht glücklicherweise ein
wohltätigen Vermächtnis sie mit einigen 1000 fl. unterstützt." |
Die jüdischen Einwohner müssen Beiträge zur
Erhaltung des protestantischen Pfarrhofes bezahlen (1906)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. August 1906:
"München, 19. August (1906). Die Israeliten in Altenschönbach
(Bezirksamt Königshofen) streiten sich schon seit Jahrzehnten mit der
dortigen Gemeinde, weil die Kosten der Erhaltung des dortigen
protestantischen Pfarrhofs aus allgemeinen Mitteln bestritten werden,
während sie sich hierzu nicht für beitragspflichtig halten. Nach
vielfachen Verhaltungen und Entscheidungen hing die Entscheidung der Frage
endlich davon ab, ob die Gemeinde Altenschönbach als politische
Persönlichkeit diese Baukosten als öffentliche Last übernommen und
seither getragen habe. Da sich dies als unbestreitbar herausstellte, wurde
die Beschwerde der Israeliten, gegen die schon die Regierung von
Unterfranken entschieden hatte, vom Verwaltungsgerichtshofe
verworfen." |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Über Nachkommen von Rabbiner Epstein in
Altenschönbach (Rabbiner im 19. Jahrhundert; Artikel von 1898)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. März 1898:
"München, 19. März (1898). Der Tat vom Landgericht München
I Adolf Epstein ist zum Rat am Oberlandesgericht München ernannt worden.
Der erste Jude, der in Bayern das Amt eines Berufsrichters erlangte, ist
der jetzige Oberlandesgerichtsrat Max Berlin in Nürnberg, der zweite ist
Adolf Epstein, 1876 zum Stadtgerichtsassessor in München links der Isar
und 1886 zum Landgerichtsrat ernannt, ebenso wie Berlin ein Abkomme alter
Rabbinerfamilien; Epsteins Urgroßvater Feiß (seine Nachkommen nennen
sich Feust) saß bis 1802 auf dem Rabbinerstuhle zu Bamberg, sein
Großvater war Rabbiner in Altenschönbach." |
Unter den Nachkommen von Rabbiner Epstein in
Altenschönbach: Landgerichtspräsident in München Adolf Epstein (Artikel von
1905)
Anmerkung: zur Tochter von Adolf Epstein und seiner Frau Caroline geb. Henle:
Theresa Rosalie Epstein (1886 in München - ermordet 1942 in Kaunas) siehe
im
Gedenkbuch München.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 19. Mai 1905: "Brief aus München. München, 8. Mai.
Unterm 6. (dieses Monats) erging die nachstehende allerhöchste Verfügung des
Prinzregenten: 'Wir finden Uns allergnädigst bewogen vom 16. Mai 1905 ab den
Rat am Oberlandesgericht München Adolf Epstein wegen Krankheit und
hierdurch bewirkter dauernder Dienstesunfähigkeit nach Maßgabe des § 22 Lit.
D der neunten Verfassungsbeilage in den erbetenen Ruhestand für immer treten
zu lassen und ihm aus diesem Anlass in huldvollster Anerkennung seiner
langjährigen mit Treue und Eifer geleisteten vorzüglichen Dienste den Rang
eines Rates am 'obersten Landesgerichte gebührenfrei zu verleihen'.
Das schmerzliche Bedauern der hierdurch um die Tätigkeit dieses Richters
kommenden rechtsuchenden Bevölkerung wird nur dadurch gemindert, dass dem
verdienten Manne bei seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienste an
Anerkennung zuteil wird, was nur irgendwie ihm zuteil werden kann; ist ihm
doch der Rang eines Landgerichtspräsidenten durch die Standeserhöhung
zuteil geworden.
Ein Rückblick auf sein bisheriges Leben und seine Tätigkeit ergibt ein Bild,
das durch diese Mitteilung auch Fernerstehenden nicht vorenthalten sein
soll.
Adolf Epstein ist der einzige Sohn des in hohen Jahren verstorbenen
Altmünchener Schneidermeisters Feis Epstein, der als 70-jähriger Greis noch
seinem Gewerbe mit der Schere in der Hand oblag und damit die
Staatsuniformen wie die sonstigen Kleider hauptsächlich der Münchener
Beamtenwelt geschickt zuschnitt; daneben war der Alte durch seine angeborene
Klugheit und seinen scharfen Verstand das Vertrauen seiner Mitbürger
besitzende Schneidermeister lange Zeit Verwaltungsmitglied der Münchener
Kultusgemeinde; er entstammte als ein Sohn des Rabbiners Josef in
Altenschönbach in Franken im Weiberstamme dem fürstlich Bambergischen
und ritterschaftlichen Oberlandesrabbiner Feis Frensdorf, auch Uri Feis
genannt, in Bamberg, dessen Nachkommen im Mannesstamme den Namen Feust
angenommen haben; zahlreiche Gelehrten waren darunter, wie die Advokaten Dr.
Karl Feust in Fürth und dessen Sohn Dr. Philipp Feust, die hervorragenden
Zeitungsredakteure Dr. Immanuel Feust und Dr. Philipp Feust in Nürnberg, der
Arzt Dr. Isaak Feust in Fürth, der schon 1804 in Göttingen Universitätsstudent
war, und andere.
|
Adolf
Epstein bestand, nachdem er die Mittelschulen mit ausgezeichneten Erfolge
besucht hatte, auch die juristischen Staatsprüfung mit sehr gutem Erfolge
und erhielt seine erste nicht widerrufliche, sondern definitive Anstellung
im Staatsdienste im Jahre 1876 als Assessor am damaligen Stadtgerichte
München links der Isar, womit er als der zweite Jude im Königreich Bayern
die Stellung eines Berufsrichters erlangte.
Vom 1. Oktober 1879 an war er als Amtsrichter am königlichen Amtsgericht
München I. bis zu seiner 1886 erfolgten Ernennung zum Rate am königlichen
Landgericht München I. tätig.
1898 zum Rat am königlichen Oberlandesgericht München ernannt, versah er das
Amt volle sieben Jahre. Wer seine Tätigkeit zu beobachten in der Lage war,
dem konnte nicht entgehen, wie Adolf Epstein mit einer auffallend raschen
Auffassungsgabe ausgestattet und unterstützt von scharfer tiefgehender
Gelehrsamkeit die schwersten Rechtsfragen mit Leichtigkeit und sicher löste,
so dass es stets ein Genuss war, die von Ihm verfassten Urteile
durchzulesen, und wie er als Schwurgerichtspräsident die Verhandlungen
gemeinverständlich durchführte, sodass die Schwierigkeiten derselben gar
nicht in die Erscheinung traten; in der veröffentlichten Sammlung von
Entscheidungen des Oberlandesgerichtes München in Strafachen finden sich
auch zahlreiche von ihm verfasste prinzipielle Entscheidungen dieses
Gerichts als früheren Revisionsgerichts.
Wenn jetzt Adolf Epstein den Lasten seines Berufes, zu denen sich diejenigen
als Mitglieder der Disziplinarkammer für richterliche Beamte und Notare
gesellt haben, erlegen ist, so tragen sich seine Verehrer mit der Hoffnung,
dass ihm die wohlverdiente Ruhe das früher scheinbar unerschöpfliche Maß
seiner Kräfte wieder beschaffen werde und ihm noch ein langes gesegnetes
Dasein im Interesse der Wissenschaft vergönnt sein wird.
Adolf Epstein ist in seinen Umgangsformen von unendlicher Bescheidenheit,
hat auch stets seine Zugehörigkeit zur angestammten Religion bekannt und
sich den Pflichten derselben nicht entzogen.
Interessant ist, wie aus dem Bamberger Rabbinerhause die ersten
Richterbeamten in Bayern hervorgegangen sind; der erste bayerische
Berufsrichter, der noch aktive Oberlandesgerichtsrat Max Berlin in Nürnberg,
ist der Urenkel des Bamberger Oberlandesrabbiner Löb Berlin, 1789 bis 1794
in Bamberg, gestorben in Kassel als Konsistorialabbiner, während Adolf
Epstein der Urenkel von dessen ursprünglichen Assessor und späteren
Amtsnachfolger Uri Feiss, 1777 Dajan in Bamberg, 1797 bis 1802
Oberlandesrabbiner dortselbst ist; und diejenigen, welche solche
genalogische Erinnerungen mit Eifer verfolgen, werden gern hören, dass die
Gattin Adolf Epsteins die Urenkelin jenes Löb Berlin wiederum ist, und zwar
als die Tochter des einstigen bayerischen Landtagsabgeordneten und geheimen
Hofrats, früheren Advokaten Siegmund von Henle in München." |
Zum Tod von Betty Sachs (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juni 1928: "Gerolzhofen,
11. Juni (1928). Gestern kam hier die allgemein beliebte und geachtete
Frau Betty Sachs aus Altenschönbach neben ihrem Manne zur
Beisetzung. Sie hat das ehrwürdige Alter von fast 80 Jahren erreicht und
hatte es stets peinlich genau genommen mit der treuen Erfüllung unserer
Gebote. Am Grabe schilderten die Schwiegersöhne, Oberlehrer Erlebacher
aus Oberdorf - Bopfingen und S.
Tachauer aus Fürth i.B.. das
schaffensfreudige Leben und segensreiche Wirken der Dahingeschiedenen.
Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
Anzeigen des Obsthändlers L. Scheermann in Altenschönbach
Anzeige von K. Kohn's Nachfolger (1888, Anzeige
erhalten von Werner Steinhauser)
Die
Anzeige erschien im "Amtsblatt für das königliche Bezirksamt
Gerolzhofen" vom 29. Dezember 1888:
"Reell & billig! Vorgerückter Saison halber verkaufe von
heute ab sämtliche wollne Waren wie: Buckskins, Doubel, Loden,
Lamas, flanelle, Hemdenbiber & Tücher etc. zu bedeutend
herabgesetzten Preisen und ladet zu recht zahlreichem Besuche ein K.
Kohn's Nachfolger, Altenschönbach." |
Anzeige des Schuhwarenhauses M. Schwarz (Gerolzhofen
und Altenschönbach, 1911, Anzeige erhalten von Werner Steinhauser)
Die
Anzeige erschien im "Boten vom Steigerwald" vom 1. Juni
1911. |
Sonstiges
Dokumente zu Philipp Blüthe (geb. 1909
Altenschönbach, Sohn des letzten Gemeindevorstehers Rudolf Blüthe, gest. 1990
USA)
(Angaben erstellt unter Mitarbeit von Wolf-Dieter
Gutsch)
Anmerkung: Philipp Blüthe ist am 21. Dezember 1909 in Altenschönbach geboren
(Vater: Rudolf/Raphael Blüthe, weitere Informationen unten). Er erlernte
den Beruf des Kaufmanns, fand in der NS-Zeit aber keine Stelle mehr. 1933
lebte er als "Dienstknecht" in Flehingen
und 1936 in Jebenhausen. Im Zusammenhang
mit der Pogromnacht 1938 wird er in einem Bericht der Hausmutter des
Israelitischen Waisenhauses "Wilhelmspflege" in
Esslingen Ina Rothschild als "jüdischer Chauffeur einer Familie" genannt,
der das Ehepaar Rothschild am Abend des 10. November 1938 nach
Cannstatt
gefahren hat. Nach der Meldekarte unten lebte er damals bei Rosa Oppenheimer in
Esslingen in der Obertorstraße 45. 1939 war er an der damals vorübergehend
wiedereröffneten "Wilhelmspflege" angestellt und wurde in einer Liste als
"lediger Kaufmann" bezeichnet. Am 1. November 1939 verzog er nach Schließung der
"Wilhelmspflege" der Meldekarte nach Wendlingen, am 12. Dezember 1939 nach
Stuttgart (Eberhardtstr. 49 III). Lange wurde angenommen, dass 1942 deportiert
wurde und umgekommen ist, doch ergaben neuere Recherchen (Auskunft von
Wolf-Dieter Gutsch vom 13.11.2020), das Philipp Blüthe 1941 über Lissabon in die USA emigrieren konnte. Nach seiner Heirat im Jahr 1943 wurde er Soldat
und nahm aktiv am Zweiten Weltkrieg teil. 1949 lebte er in New York. Er starb am
16. November 1990 im Staat New York (United States Social Security Death Index).
Quelle: Hahn Jüdisches Leben in Esslingen S. 477. Dokumente wurden
übersandt von Wolf-Dieter Gutsch (Meldekarte aus dem Stadtarchiv Prichsenstadt,
ehem. Archiv der Gemeinde Altenschönbach).
Der
Vater von Philipp Blüthe war Rudolf/Raphael Blüthe (geb. 6. März 1878 als
Sohn von Handelsmann und Ökonom Nathan Blüthe und seiner Frau Karolina geb.
Frank), der am 28. November 1904 in Würzburg Rosa geb. Ganzmann
heiratete, die am 2. Dezember 1881 in
Burgpreppach geboren ist. Rudolph Blüthe war im Ersten Weltkrieg Soldat und
wurde mit dem EK II ausgezeichnet. Seine Frau Rosa starb am 15. Dezember 1934,
vermutlich in Würzburg. Rudolph Blüthe war nach dem Tod von Joseph Gutmann 1926
Kassier und Vorstand der nur noch kleinen Israelitischen Kultusgemeinde
Altenschönbach. In zweiter Ehe heiratete Rudolf/Raphael Blüthe am 15. August
1935 Klara geb. Bernei (ledige Hausangestellte in Altenschönbach, geb. 1.
April 1895 in Laudenbach). Rudolph und
Klara Blüthe emigrierten am 27. Oktober 1937 in die USA und lebten dort in New
York, wo er am 8. Oktober 1941 starb, vgl.
https://de.findagrave.com/memorial/209784063/rudolph-bluethe; Foto des
Grabsteines links für Jehuda Bar Rafael Halewi im Cedar Park Cemetery in Paramus,
Bergen County, NJ).
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Meldekarte für
Philipp Blüthe aus den 1930er-Jahren, angelegt in Esslingen |
"Registration Card" von
Philipp Blüthe in den USA |
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war ein Betsaal,
später vermutlich eine erste Synagoge vorhanden. Eine neue Synagoge mit
Schulraum und rituellem Bad wurde 1843 erbaut. Der Bau konnte vor allem
auf Grund einer Stiftung durch das verstorbene Gemeindemitglied, Herrn Singer,
finanziert werden. Er hatte 2.400 Gulden gestiftet, was etwa die Hälfte des für
eine Dorfsynagoge in dieser Zeit benötigte Betrag darstellte. Über die
Stiftung liegt ein Bericht aus dem Jahr 1838 vor:
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 7. August 1838:
"Das Intelligenzblatt vom 3. Juli bringt amtlich und lobend zur
Kenntnisnahme, dass ein zu Altenschönbach im vorigen Jahre verstorbener
Israelit Singer testamentarisch 25 Gulden zur Verteilung an christliche
Arme, 500 Gulden für Unterricht armer jüdischer Kinder, und 2.400
Gulden zum Bau einer Synagoge alldort vermacht habe." |
Der Artikel bezieht sich auf die
Bekanntgabe im "Intelligenzblatt von Unterfranken..." vom 3. Juli 1838:
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Artikel im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des
Königreichs Bayern vom 3. Juli 1838:
"26. Juni 1838. (Das Vermächtnis des verstorbenen Israeliten Hayum
Singer von Altenschönbach betr.)
Im Namen Seiner Majestät des Königs.
Der im verflossenen Jahre zu Altenschönbach, königlichen Landgerichts
Gerolzhofen, verlebte Israelite Hayum Singer hat in seinem Testamente
folgende wohltätige Vermächtnisse begründet:
25 fl. für christliche Armen,
500 fl. zu jedem guten Zwecke, insbesondere für Unterrichtskosten armer
jüdischer Kinder,
2400 fl. zum Bau einer Synagoge in Altenschönbach.
Diese, den wohltätigen Sinn des Verlebten hinreichend charakterisierenden
Zuwendungen werden zu ehrender Anerkennung hiemit öffentlich bekannt
gemacht.
Würzburg, den 16. Juni 1838, Königliche Regierung von Unterfranken und
Aschaffenburg, Kammer des Innern.
Graf von Lerchenfeld, Präsident. coll. Hübner."
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In der Gemeindebeschreibung von 1839 wurde
berichtet (Artikel siehe oben): "Gleichwohl ist die Gemeinde damit
beschäftigt, eine neue Synagoge und ein eigenes Schulhaus zu
erbauen. Der Kostenvoranschlag dieses Neubaus beträgt 6000 fl. Die Gemeinde
würde dieses nimmer im Stande sein, hätte nicht glücklicherweise ein
wohltätigen Vermächtnis sie mit einigen 1000 fl. unterstützt."
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In der Synagoge wurde ein 1795 begonnenes
Totengedenkbuch aufbewahrt.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge von vier SS-Leuten aus
Kitzingen geschändet, die Inneneinrichtung zerstört. Die SS-Leute waren in
Zivil aus Kitzingen nach Altenschönbach gekommen. Sie zerschlugen ein Fenster
im Erdgeschoss des Gebäudes, drangen ein und zertrümmerten mit Unterstützung
von SA-Männern und Kindern aus dem Dorf Fenster und Möbel, warfen die
Ritualien auf einen Haufen und verbrannten sie.
1949/50 fanden zwei Prozesse in Schweinfurt gegen
insgesamt 21 der beim Novemberpogrom 1938 in Altenschönbach Beteiligten statt.
19 von ihnen wurden freigesprochen. Einer erhielt eine Gefängnisstrafe von zwei
Jahren und acht Monaten, ein anderer ein Jahr und neun Monaten.
Das Gebäude der Synagoge blieb erhalten und wurde zu einem bis heute
bestehenden Wohnhaus umgebaut. Das Gebäude ist in seiner Bausubstanz weitgehend
erhalten. Auch die Originalfenster sind erhalten, teilweise zugemauert. Es
handelt sich bis heute um ein im Dorf auffallendes Gebäude. Als
"ehemalige Synagoge, zweigeschossiger Walmdachbau, mit sich verjüngenden
Tür- und Fensteröffnungen, Mitte 19. Jh." ist das Gebäude auch eingetragen in die Liste des
Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Link
zum Eintrag in der Liste.
Adresse/Standort der Synagoge: Lochmühlstraße
110 (Früher: Ortsstraße Nr. 8)
Fotos
Historische Fotos
aus der Zeit vor 1938 sind noch nicht vorhanden;
über Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster von
"Alemannia Judaica";
Adresse siehe Eingangsseite. |
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Das Synagogengebäude
1949
oder Anfang 1950
(Fotos erhalten von Werner Steinhauser) |
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Deutlich sind die
Spuren der Zerstörungen von 1938 zu erkennen |
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Innenaufnahme von
1983
(Foto: Nikolaus Arndt) |
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Teil des Innenraumes der
ehemaligen Synagoge |
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Die ehemalige Synagoge
(Foto: Jürgen Hanke, Kronach aus
www.synagogen.info) |
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Das Gebäude der ehemaligen
Synagoge
in Altenschönbach 2004 |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Februar 2018:
Diskussion um Gedenkstein für die
ermordeten jüdischen Personen aus Altenschönbach |
Artikel von Guido Chuleck in "Die Kitzinger"
("infranken.de") vom 23. Februar 2018: "Stolpersteine: Stadtrat vertagt
Entscheidung
Rein grundsätzlich hatte sich der Stadtrat Prichsenstadt vor zwei Jahren mit
der Verlegung der Stolpersteine einverstanden erklärt, um die Erinnerung an
die von den Nationalsozialisten ermordeten jüdischen Mitbürger wachzuhalten.
In den vergangenen zwei Jahren sind unter der Regie des Vereins Alt
Prichsenstadt von der Stadt auch schon 14 Stolpersteine verlegt worden.
Deshalb wirkte der Antrag des Vereins, mit dem sich der Stadtrat am
Donnerstagabend befasste, für einen weiteren Stein im Ortsteil
Altenschönbach auf den ersten Blick auch wie eine Formsache: Ein Gedenkstein
an einem zentralen Ort nahe der Kirche und des Kriegerdenkmales anstelle
mehrerer Stolpersteine. Denn die ermordeten jüdischen Mitbürger hatten
größtenteils in Seitengassen gelebt, und nicht überall waren und sind
Gehwege vorhanden. Kosten, so versicherte der Verein, würden der Stadt nicht
entstehen, wünschte sich aber eine logistische Unterstützung. Doch im Laufe
der Debatte stellte sich heraus, dass die vermeintliche Formsache so viele
Fragen aufwarf, dass der Stadtrat die Entscheidung vertagte. Denn bei dem
Gedenkstein handelt es sich nicht, wie nicht nur die Ratsmitglieder
vermuteten, um mehrere leicht aus dem Asphalt hervorragende Steine, sondern
um ein dreiteiliges, 1,30 Meter hohes Denkmal aus Muschelkalk. Aufstellen
will es der Verein an einer Stelle, an der, wie Ratsmitglied Harald Rückert
sagte, 'das Dorffest stattfindet, und es behindert auch die Läufer beim
Schlossberglauf'. Die meiste Skepsis äußerte Helmut Hümmer, der in
Altenschönbach wohnt. 'Als örtlicher Stadtrat war ich überhaupt nicht in
diese Entscheidung eingebunden', sagte er, 'und mit wem von der
evangelischen Kirchengemeinde der Verein gesprochen haben will, ist mir auch
nicht bekannt.' Er befürchtet, dass die Mitbürger diese Art des Gedenkens in
Form eines regelrechten Denkmales an dieser Stelle ablehnen könnten, und es
sei auch über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden worden, den Stein dort
aufzustellen. Eine 'Genehmigung' der Prichsenstädter, entgegnete
Bürgermeister René Schlehr, habe es für die Stolpersteine in der Altstadt
auch nicht gegeben. 'Die Eigentümer mussten schriftlich ihr Einverständnis
erklären, dass vor ihrem Haus ein Stolperstein eingesetzt werden durfte', so
Schlehr weiter. Er gab Hümmer und weiteren Räten aber insoweit Recht, als
dass sie erst bei der Sitzung ein Foto des Gedenksteines zu sehen bekamen
und sich deshalb nicht auf das Thema vorbereiten konnten. 'Ich habe das Foto
erst selbst am Tag der Sitzung erhalten', sagte Schlehr. Somit fehlten den
Räten die konkreten Vorgaben, wie dieser Gedenkstein aussehen soll. Stefan
Deppisch, der wie Hümmer in Altenschönbach wohnt, sah in diesem Gedenkstein
den Grundgedanken der Stolpersteine 'verfehlt'. Auch die Suche nach einem
alternativen Standort gestaltete sich schwierig. Vor der ehemaligen
Synagoge, wie Ursula Reiche laut nachdachte, ist er zu weit weg vom Zentrum,
und an der Synagoge eine Gedenktafel anzubringen, wie Rückert anmerkte,
reichte den Räten nicht als passende Erinnerung an die ermordeten jüdischen
Mitbürger. Die hatten, wie Reiche berichtete, zu einem regen Gemeindeleben
beigetragen. Letztlich warf der Antrag des Vereins so viele Fragen auf, dass
die Entscheidung des Rates auf Antrag vom Bürgermeister mit 16:0 Stimmen
vertagt wurde."
Link zum Artikel |
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Juni 2018:
Gedenkstein für die ermordeten
jüdischen Personen aus Altenschönbach abgelehnt
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Artikel von Guido Chuleck in "Die Kitzinger"
("infranken.de") vom 8. Juni 2018: "Gedenkstein in Altenschönbach
abgelehnt. Es war ein Beschluss, den sich der Stadtrat Prichsenstadt nun
wirklich nicht leicht gemacht hatte: Mit zehn zu drei Stimmen lehnte der Rat
einen Gedenkstein ab.
Es war ein Beschluss, den sich der Stadtrat Prichsenstadt nun wirklich nicht
leicht gemacht hatte: Mit zehn zu drei Stimmen lehnte der Rat am
Donnerstagabend den Antrag des Vereins Alt Prichsenstadt ab, im Ortsteil
Altenschönbach einen Gedenkstein zur Erinnerung an die von den
Nationalsozialisten ermordeten jüdischen Mitbürger aufzustellen. Den Antrag
hatte der Rat in seiner Februar-Sitzung nach intensiver Diskussion von der
Tagesordnung abgesetzt, um zunächst die Stimmung der Bürger aus
Altenschönbach zu erkunden. Das war zwischenzeitlich in Form eines
Informationsabends geschehen, moderiert von Wolf-Dieter Gutsch. Ein
eindeutiges Ergebnis hatte es an diesem Abend nicht gegeben, berichteten
Stefan Deppisch und Helmut Hümmer (beide aus Altenschönbach) in der
Ratssitzung. Übereinstimmend waren sie zu der Überzeugung gekommen, 'dass
die Altenschönbacher diesen Gedenkstein wohl eher nicht haben wollen'.
Gedenkstein neben Kriegerdenkmal. Der Gedenkstein hätte aufgrund des
Antrages des Vereins am Kirchplatz in Altenschönbach aufgestellt werden
sollen. Schon in der Februarsitzung waren sich die Räte einig, dass die
Erinnerung an die ermordeten jüdischen Mitbürger auf jeden Fall aufrecht zu
erhalten sei. Uneinig waren sie sich gewesen, in welcher Form erinnert
werden soll. Diese Debatte zog sich auch durch die Sitzung am
Donnerstagabend, zumal der Verein auch eine kleine Änderung in seinen Antrag
eingebracht hatte: Der Gedenkstein, nun in einer etwas weniger pompösen
Ausführung, soll neben dem Kriegerdenkmal platziert werden. Dort würde er
auch niemandem im Weg stehen, wie die Räte noch im Februar befürchtet
hatten.
Stolpersteine statt Gedenktafel? Bürgermeister René Schlehr hatte
sich im Vorfeld der Sitzung mit dem Urheber der 'Stolpersteine', Gunter
Demnig, über Variationen der Steine erkundigt. Diese, so Schlehr, würden
grundlegend abgelehnt werden. Die Stolpersteine sollen vor dem 'zuletzt
freiwillig bewohnte Haus der später von den Nationalsozialisten ermordeten
Juden' ins Straßenpflaster eingelassen werden, eine Art Gedenktafel würde
dem Gedanken eines 'Verbeugens vor den Opfern', wie es Stadträtin Ursula
Reiche im Februar angemerkt hatte, nicht entsprechen. Ob der Gedenkstein
neben einem 'Denkmal für gefallene deutsche Soldaten' angebracht sei, woran
sich 'bestimmt jemand stoßen' könnte, war der laut geäußerte Gedanke von
Harald Rückert. Ein Umstand, den die meisten Räte nicht wirklich so sahen.
'Es gibt an manchen Orten Ansammlungen von Gedenksteinen aller Art, jüdisch
neben christlich, da würde ich gar nicht das Problem sehen', so der
Bürgermeister. Dass 'die Altenschönbacher' so gegen den Gedenkstein seien,
das sah Rats- und Vereinsmitglied Ludwig Meder anders. 'Ich kann mir nicht
vorstellen, dass der überwiegende Anteil der Altenschönbacher so gegen
diesen Gedenkstein ist', sagte er. Dem Verein ginge es um die Erinnerung an
die ermordeten jüdischen Mitbürger, die nicht verloren gehen dürfe."
Link zum Artikel |
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November 2018:
Gedenkveranstaltung zur
Erinnerung an den Novemberpogrom 1938
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Artikel
von Nicolas Bettinger in "Die Kitzinger" ("infranken.de") vom 20. November
2018: "Gedenkveranstaltung zum Pogrom.
'Es ist Gottes Wort - es will nicht brennen', soll laut Aussage einer Zeugin
ein Zuschauer bei der Verbrennung der Gegenstände aus der demolierten
Synagoge in Altenschönbach am Abend des 10. November 1938 gesagt haben, als
man dort die beiden Thora-Rollen ins Feuer warf und diese nicht gleich in
Flammen aufgingen - das gelang erst, nachdem man Brandbeschleuniger
herbeigeholt hatte.
Zu einer Gedenkveranstaltung zum Pogrom hatte am Freitag der Verein Alt
Prichsenstadt e. V. mit seinem Arbeitskreis 'Stolpersteine - Erinnern und
Gedenken' in das Evangelische Gemeindehaus nach Altenschönbach eingeladen.
Es war wohl die erste derartige Veranstaltung, die jemals in Altenschönbach
bzw. Prichsenstadt stattfand - und
die Anzahl von etwa 60 interessierten Zuhörern fand kaum Platz, heißt es in
einer Pressemitteilung. Gekommen waren unter anderem der erste und zweite
Bürgermeister der Stadt Prichsenstadt sowie einige Stadträte und Fürstin
Marie-Luise zu Castell-Castell. Das Hauptreferat des Abends hatte Roland Flade aus Würzburg übernommen, ein Historiker und Kenner der Materie. Er
schilderte die geschichtliche Entwicklung bis hin zum Pogrom vom November
1938 und dessen Verlauf in Unterfranken, speziell in Würzburg anhand von
Bildern.
Vierköpfiger SS-Zerstörungstrupp aus
Kitzingen. Anschließend stellten Werner Steinhauser und Wolf-Dieter
Gutsch - beide Mitglieder des Arbeitskreises "Stolpersteine - Erinnern und
Gedenken" im Verein Alt Prichsenstadt e. V. - den Verlauf des Pogroms im
Kreis Kitzingen-Gerolzhofen dar - als Richtschnur diente dabei der Weg des
vierköpfigen SS-Zerstörungstrupps aus Kitzingen, der sich am 10. November
1938 um 5 Uhr morgens auf seinen Weg machte und zuerst die Synagoge in
Kitzingen in Brand setzte. Auf diesem
Weg, der durch Marktbreit und
Mainbernheim führte, weiter über
Rödelsee (dort nahm der Trupp bei einem
SS-Kameraden eine Schlachtschüssel und einige Schoppen Wein zu sich und dort
stand auch die Schändung und Demolierung der dortigen Synagogen auf dem
'Zettel'), kamen sie schließlich nach einem Halt in
Kleinlangheim am frühen Nachmittag
auch nach Prichsenstadt und nach
Altenschönbach. In beiden Gemeinden wurde die Inbrandsetzung der Synagogen
von Nachbarn und Ortsbehörden verhindert - aber die Synagogen wurden
aufgebrochen, die religiösen Gegenstände geschändet und die gesamte
Inneneinrichtung demoliert. Später kam es zur Verbrennung der Trümmer und
des Inventars auf dem Marktplatz in Prichsenstadt und im Garten eines
benachbarten Bauern in Altenschönbach.
Anwesende Zeitzeugin aus
Prichsenstadt. Bei den jüdischen Einwohnern beider Orte wurden
Haussuchungen nach Waffen und "staatsfeindlicher Literatur" durchgeführt,
sie wurden gedemütigt, gequält und verhaftet - drei jüdische Männer kamen
dann in das Konzentrationslager Dachau. Eine anwesende Zeitzeugin aus
Prichsenstadt bestätigte, dass sie am 10. November gemeinsam mit ihrer
Mutter bei einem Besuch in Kitzingen sowohl die brennende Synagoge sah als
auch die Hetzjagd auf jüdische Bürger - und nach ihrer Heimkehr in
Prichsenstadt auch in der Freihofgasse die Spuren der Verwüstung vor der
Synagoge und der Wohnung des Religionslehrers Grünebaum. Zum Abschluss fand
ein Totengedenken statt. Junge Leute aus Altenschönbach und Prichsenstadt
lasen die Namen der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus aus
Prichsenstadt (16) sowie Altenschönbach (9) vor. Danach sprach der
evangelische Ortspfarrer Erich Eyßelein ein Gebet für die jüdischen Opfer
des Nationalsozialismus. Die Gedenkveranstaltung wurde musikalisch von der
Gruppe "HemosSaxoBariTöne" umrahmt, die zu Beginn und Ende des Abends
jeweils ein Stück jüdisch-synagogaler Musik darbot. "
Link zum Artikel |
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Juni 2024:
Vortragsabend zu jüdischen
Familien in Altenschönbach |
Artikel von Wolf-Dieter Gutsch in "Die
Kitzinger" vom 1. Juli 2024: "ALTENSCHÖNBACH. Vom jüdischen Leben in
Altenschönbach
Im Rahmen des Besuches einer Nachfahrin der Familie Blüthe aus
Altenschönbach führte der Arbeitskreis "Stolpersteine - Erinnern und
Gedenken" im Verein Alt Prichsenstadt e. V. kürzlich einen Vortragsabend in
Altenschönbach durch. Möglicherweise ließen sich in Altenschönbach - seit
1543 unter der Herrschaft der Freiherrn von Crailsheim - schon um 1650 die
ersten Juden nieder. 1740 zählte man 17 jüdische Familien, 1807 dann 30.
1834 erreichte die jüdische Gemeinde mit 169 Personen in 36 Familien - das
heißt fast ein Drittel der Gesamteinwohnerschaft des Dorfes- den absoluten
Höchststand, danach nahm die Anzahl der jüdischen Einwohner allmählich ab.
Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, gab es in Deutschland
ca. 500.000 Menschen jüdischer Herkunft, das heißt 0,8 Prozent der
Gesamtbevölkerung. Von den deutschen Tierärzten waren 1,5 Prozent jüdisch,
von den Zahn- und Humanmedizinern 10,3 Prozent - von den deutschen
Nobelpreisträgern sogar etwa 30 Prozent. 1933 lebten in Altenschönbach 16
jüdische Menschen, Anfang 1942 nur noch sechs - alle wurden wurden von den
Nazis ermordet, darunter auch ein dreijähriges Mädchen. Während der Anfang
jüdischen Lebens in Altenschönbach im Dunkeln liegt, lässt sich sein Ende
aber genau datieren: am 9. Juni 1942 wurde die letzte jüdische Einwohnerin
Klara Grünlaub deportiert.
Mit zahlreichen Bildern wurden dann vier in Altenschönbach geborene jüdische
Menschen und ihre Schicksale vorgestellt - und zwar Pauline Walfisch, geb.
Blüthe (1874-1933), Fanny Bach, geb. Reis (1870-1949), Karola Bolley, geb.
Blüthe (1908-1942) und Ludwig Rosenthal (1882-1945). Zwei davon - Karola
Bolley und Ludwig Rosenthal - waren mit "arischen" Partnern verheiratet und
begingen Selbstmord, um nicht Opfer der Nationalsozialisten zu werden. Fanny
Bach gehörte zu den 1200 Menschen, die Anfang Februar 1945 aus
Theresienstadt in die Schweiz gelangten - eine weithin unbekannte Tatsache
("Heinrich Himmler verkauft Juden an die Schweiz"). Im zweiten Teil des
Abends wurde Andrée Laporte-Daube von Evamaria Bräuer über das Leben und
Überleben ihres Vaters Nathan Blüthe in Frankreich befragt. Isolde Kestler
dolmetschte und umrahmte mit ihrer Tochter Agathe den Abend musikalisch."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 250-251. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 33-34. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 401.
|
| Werner
Steinhauser: Juden in und um Prichsenstadt: Prichsenstadt,
Altenschönbach, Brünnau, Kirchschönbach, Järkendorf. Prichsenstadt 2002.
Anfragen/Bestellungen über den Verfasser (E-Mail).
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Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen
Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche
Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13.
Würzburg 2008. S.135-136. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Altenschoenbach Lower
Franconia. Jews are mentioned in the early 18th century, with an organized
community in the late 18th century and a school enrolling 27 children in 1850.
The Jewish population declined steadily from 141 in 1814 (total 1899) to 15 in
1933. On Kristallnacht (9-10 November 1938) the synagogue was vandalized.
Four Jews left the village in 1939-40 and six were deported to Izbica in the
Lublin district of Poland and the Theresienstadt ghetto in 1942.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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