Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


Eingangsseite

Aktuelle Informationen

Jahrestagungen von Alemannia Judaica

Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft

Jüdische Friedhöfe 

(Frühere und bestehende) Synagogen

Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale in der Region

Bestehende jüdische Gemeinden in der Region

Jüdische Museen

FORSCHUNGS-
PROJEKTE

Literatur und Presseartikel

Adressliste

Digitale Postkarten

Links

 

 
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"  
zurück zur Übersicht "Synagogen in Unterfranken"
   

Altenschönbach (Stadt Prichsenstadt, Kreis Kitzingen)
Jüdische Geschichte / Synagoge 

Übersicht: 

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer   
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben    
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen   
Sonstiges    
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bullet Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur   

  

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)        
    
In Altenschönbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/42. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Erstmals werden 1703 und 1718 jüdische Bewohner am Ort genannt. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts dürfte eine Gemeinde mit eigenen Einrichtungen entstanden sein.
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1814 141 jüdische Einwohner (28,3 % von insgesamt 499 Einwohnern), 1839 160 (in 36 Familien, davon 8 Witwen), 1867 114 (21,9 % von 520), 1880 100 (18,1 % von 553), 1890 64 (13,9 % von 459), 1900 51 (11,5 % von 442), 1910 35 (7,8 % von 451). 
 
Zur jüdischen Gemeinde Altenschönbach gehörten spätestens ab 1887 auch die jüdischen Einwohner von Kirchschönbach und Oberschwarzach.  
   
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 werden in Altenschönbach auf insgesamt 39 Matrikelstellen (einschließlich der Nachträge bis 1826) die folgenden jüdischen Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen): Hayum David Singer, Abraham David Reiß, Wolf Abraham Reiß, Löw Josel Rosentheil, Isaac Josel Rosentheil, Moses Schwarz, Isaac Hirsch Engel, Oscher Isaak Blumenthal, Löw Nahum Straus, Abraham Löw Neuburger, Pfeuffer Moses Löwenburg, Joseph Nathan Epstein, Feist Löw Kohn, Salomon Isaac Scherrmann, Isaac Gump Sachs, Abraham Gump Sachs, Kallmann David Reiß, Wolf Moses Schwarz, Davide Abraham Goldschmidt, Seligmann Isaac Kohn, Hirsch Wolf Frank, Hanne Blumenthal, Moses Mayer Kornmann, Mayer Koppel Uhlfelder, Isaac Löw Neuburger, Abraham Isaac Neuburger, Löw David Reiß, Eisig Löw Reiß, Hirsch Marx Stern, Mayer Hirsch Stern, Lämmlein Schwarz, Vogel Rosentheil, Kalmann Sandel Braun, Löw Karlsruher (Judenlehrer von Gerolzhofen), Joseph Isaak Kohn, Moses Kallmann Reiss (Güterbesitz und Hopfenhandel, seit 1820), David Reis (Farbwarenhandel, ab 1822), Moses Joseph Epstein (Feldbau und Handel mit inländischen Produkten, seit 1823), Wolf Koppel Wolfsheimer (Metzger, seit 1826).  
  
Über die Situation der jüdischen Einwohner, auch zu den noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts noch zahlreichen Steuern und Abgaben, die zu bezahlen waren, siehe die unten stehende Gemeindebeschreibung von 1839.  
     
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Gerolzhofen beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (Ausschreibungen der Stelle siehe unten). Im 19. Jahrhundert wirkten die Lehrer Blümlein (um 1848), Samuel Kahn (1852 bis 1871) sowie Joseph Silbermann (mind. 1875 bis 1896). J. Cahn (um 1898), Simon Eschwege (um 1900) und A. Gutmann (um 1901/1908).
  
Die jüdische Gemeinde gehörte zum Distriktsrabbinat Schweinfurt.
  
Von den Gemeindevorstehern werden u.a. genannt: um 1888/89 N. Blüthe. 
   
Um 1924, als noch 24 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (5,33 % von insgesamt 450), war Vorsteher der Gemeinde Joseph Gutmann. 1932 war 1. Vorsteher der Gemeinde Lippmann Rosenthal. Als Schatzmeister und Schriftführer wird Rudolf Blüthe genannt (Inhaber einer Viehhandlung). 
   
1933 wurden noch 15 jüdische Einwohner am Ort gezählt (3,6 % von insgesamt 421). Bis 1935 verließen nur zwei der jüdischen Einwohner den Ort: einer zog nach Siegendorf, ein anderer nach Plauen. Im Dezember 1935 wird Rudolf Blüthe als Vorsteher der Israelitischen Kultusgemeinde Altenschönbach genannt. Beim Pogrom am 10. November 1938 kamen am Spätnachmittag vier SS-Leute in Zivil aus Kitzingen und zerstörten unter Mithilfe von SA-Männern, Ortseinwohnern und Kindern aus dem Ort die Inneneinrichtung der Synagoge. Die jüdischen Häuser waren schon vorher nach Dokumenten, "staatsfeindlicher" Literatur und Waffen durchsucht worden. Zwei der jüdischen Einwohner wurden festgenommen und erst in das Rathaus nach Prichsenstadt, anschließend in das Gefängnis nach Gerolzhofen gebracht. Alle Frauen wurden schon am folgenden Tag freigelassen, die Männer meist über eine Woche festgehalten. Ein jüdischer Mann aus Altenschönbach wurde in das KZ Dachau verbracht und kehrte erst Mitte Dezember zurück.1939/40 verzogen vier Gemeindeglieder nach Frankfurt a.M., Unsleben und Aschenhausen. Anfang 1942 lebten noch sechs jüdische Personen am Ort, von denen fünf am 22. April 1942 nach Würzburg und drei Tage später nach Krasnystaw bei Lublin deportiert wurden. Der letzte jüdische Einwohner kam im Juni 1942 in ein Altersheim nach Würzburg, von dort am 23. September 1942 in das Ghetto Theresienstadt. 
Von den Deportierten blieb niemand am Leben.
    
Von den in Altenschönbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"; überarbeitet auf Grund der Recherchen von Wolf-Dieter Gutsch, 2016/19): Karola Bolley geb. Blüthe (1908), Regine Fried geb. Schwarz (1867), Klara Grünlaub (1874), Luise Grünlaub (1880), Siegfried Gutmann (1896), Sara Hahn geb. Kuhn (1870), Philipp Kuhn (1889), Julius Pulfer (1879), Max Ludwig Reis (1883), Rosa Rosenbaum (1863), Julius Rosenthal (1878), Ludwig Rosenthal (1882), Flora Schwabacher geb. Krackenberger (1866), Frieda Schwarz geb. Kassel (bzw. Cassel) (1878), Rosa Schwed (1887), Elise Traubel (1938), Louis (Ludwig) Traubel (1895), Marta Traubel geb. Stein (1902)
Kursiv markiert sind die Namen der Personen, die im März bzw. September 1942 von Altenschönbach bzw. Würzburg aus nach Krasnystaw bei Lublin in Polen bzw. in das Ghetto Theresienstadt deportiert wurden. 
Der in der Liste genannte Ludwig Rosenthal war nach den Recherchen von Wolf-Dieter Gutsch ab 1910 als Tierarzt/Veterinär in Delligsen (Krs. Alfeld) tätig. Er war mit einer Nichtjüdin verheiratet, sollte am 19.2.1945 in das Ghetto Theresienstadt deportiert werden, worauf er an diesem Tag an Suizid starb. Vgl. https://www.bundestieraerztekammer.de/ns-schicksale/suche/?we_objectID=2543?we_lv_start_2=110
Der in einigen Listen genannte Simon Schwarz (1873) starb bereits am 11. Juli 1939 in Altenschönbach.
Der in einigen Listen genannte Philipp (Philllip) Blüthe (1909) konnte 1941 über Lissabon in die USA emigrieren, wo er nach seiner Heirat 1943 Soldat wurde und aktiv am Zweiten Weltkrieg teilnahm. Er starb am 16. November 1990 (siehe Dokumente unten).   
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers, Vorbeters und Schochet 1900   

Altenschoenbach Israelit 08021900.jpg (51589 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Februar 1900: "Vakanz
In der Gemeinde Altenschönbach, Bezirksamt Gerolzhofen, ist die Stelle eines israelitischen, seminaristisch gebildeten Religionslehrers, verbunden  mit dem Vorbeter- und Schächterdienste, baldigst zu besetzen; Gehalt inklusive Nebenverdienst ca. 1.100 Mark bei freier Wohnung; Bewerber wollen ihre Zeugnisabschriften einsenden an den Vorstand H. Frank"
Offenbar war die Stelle nach der Ausschreibung Anfang 1900 nicht leicht zu besetzen. Im Herbst 1900 finden sich Ausschreibungstext mit einem erhöhten Gehaltsangebot. Der Vorbeter wird hierin als "Kantor" bezeichnet:
Altenschoenbach Israelit 25101900.jpg (37929 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. Oktober 1900: "Lehrerstelle
Die israelitische Gemeinde Altenschönbach, Bezirksamt Gerolzhofen sucht einen Lehrer, Kantor und Schochet. Gehalt inklusive Nebenverdienste ca. 1.200 bis 1.300 Mark, bei freier Wohnung. Bewerber wollen ihre Zeugnisabschriften einsenden. H. Frank, Vorstand."

    
Zum Tod des Lehrers Samuel Kahn (1891, Lehrer in Altenschönbach von 1852 bis 1871) 
Anmerkung: nach den Recherchen von Elisabeth Böhrer wurde am 24. Februar 1854 in Altenschönbach das fünfte Kind von Lehrer Samuel Kahn und seiner Frau geboren, genannt Clara. 1866 kam als neuntes und letztes Kind Heinrich auf die Welt; er starb jedoch bereits im folgenden Jahr.   

Niederwerrn Israelit 05021891.jpg (169572 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Februar 1891: "Niederwerrn (Bayern), Januar (1891). Unsere Gemeinde ist in tiefe Trauer versetzt worden. Sie hat ihren langjährigen Lehrer und Leiter verloren, sie hat einen treuen Berater, einen guten Freund eingebüßt. Herr Elementarlehrer Samuel Cahn hat am 17. Schebat nach mehrwöchentlichem Leiden im Alter von 82 Jahren uns verlassen. Im Jahre 1808 in Kleinbardorf geboren, wurde er von seinem Vater, der ein sehr gottesfürchtiger Mann und ein bedeutender Toragelehrter gewesen, in der Wissenschaft unserer heiligen Religion unterwiesen und zum Lehrfache bestimmt. Mit einem reichen Fond talmudischen Wissens, den man leider heute immer seltener auf dem Lande antrifft, trat er in die Lehrpraxis ein, nachdem er das Lehrerseminar in Würzburg absolviert hatte, und volle 50 Jahre hat der pflichttreue Mann in seinem Berufe ausgehalten. Zuerst war er zwei Jahre als Lehrer in Rieneck tätig, alsdann 9 Jahre in Kleineibstadt, hierauf 19 Jahre in Altenschönbach, wo er gleichzeitig die Funktion eines Religionslehrers in dem Zuchthause in Klosterbrach ausübte, schließlich wurde er von der Regierung als Elementarlehrer nach unserer Gemeinde versetzt, wo er 20 Jahre tätig gewesen. 
Wahrlich unsere Gemeinde betrachtete es damals als ein Glück, dass gerade Samuel Cahn ihr Lehrer wurde. Denn seit langer Zeit war Niederwerrn die Heimstätte bedeutender Lamdonim gewesen; nachdem nun in dem Rabbinatskandidaten J. Friedrich - das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen -, der die Stelle des Lehrers inne hatte, einer der letzten zu Grabe getragen, und auch der Rabbinatssitz endgültig nach dem benachbarten Schweinfurt von der Königlichen Regierung verlegt worden war, war man froh, in Samuel Cahn einen streng seminaristisch gebildeten Lehrer bekommen zu haben, der auch im Gebiete der Tora und des Talmuds kein Fremdling war. Und er verstand es auch den reichen Schatz seiner Midraschkenntnisse in populärer, anziehender Form in seinen Lehrvorträgen, deren er an jedem Sabbat drei hielt, seiner Gemeinde zugänglich zu machen, die stets mit gespannter Aufmerksamkeit seinen Erklärungen lauscht. Er war ein pflichttreuer Mann, der - und das muss besonders hervorgehoben werden - in seiner Schule über den Elementarunterricht niemals den Religionsunterricht vergessen hat, der oft genug die für den Unterricht vorgeschriebene Stundenzahl 
Niederwerrn Israelit 05021891a.jpg (156961 Byte)überschritten hat. Er war ein freundlicher, sanftmütiger Mann, der vor allem auch bei seinen nichtjüdischen Mitbürgern einen hohen Graf von Beliebtheit sich zu erringen verstand. Er war ein wohltätiger Mann, der nicht nur gerne gab, sondern vor allem ohne Aufsehen spendete.
Und dass man von diesem seinem Werte allgemein durchdrungen, das bewies unumstößlich sein Leichenbegängnis. Seit den hohen Festtagen litt der Verstorbene an einer heftigen Gelbsucht, die zu überwinden seine Kräfte nicht mehr ausreichten. Er reichte bei der Königlichen Regierung sein Ruhegesuch ein; aber bevor diese sie ihm bewilligt hatte, hat ihn Gott zu einer ungestörten Ruhe abberufen. An seinem Leichenbegängnisse beteiligten sich nicht nur die jüdische Gemeinde, sondern auch die christliche Bevölkerung des Ortes, die Freunde aus Nah und Fern, die Amtskollegen der ganzen Umgegend. Beim Abschied vom Hause sprach zuerst Herr Distriktsrabbiner Dr. Stein aus Schweinfurt in wenigen Worten, dass die Gemeinde, wie sie dem Toten bei seinem Einzug vor 20 Jahren ein Baruch Ata beworech (Gesegnet seist du bei deinem Kommen!) zugerufen, ihm heute ein wehmutsvolles Uwaruch ata bezetcha (und gesegnet seist du bei deinem Weggehen!) zugerufen berechtigt sei, nachdem der Verstorbene die Krone des guten namens sich erworben habe. Herr Distriktsschulinspektor Dr. Kranpold schilderte im Anschluss an Hiob 5,26 die Erfolge seiner Lehrtätigkeit, Herr Pfarrer Hellmut auf Grund Sprüche 10,7 seine große Beliebtheit bei den Angehörigen aller Konfessionen. Am Grabe zu Euerbach schilderte Herr Dr. Stein in längerer Rede die Schwierigkeit des Lehrberufes, besonders in unserer Zeit, wo der Zwiespalt zwischen Schule und Haus bereits auch auf dem lande sich geltend mache, und wies darauf hin, dass die bloße Tatsache einer 50jährigen Tätigkeit in diesem Amte dem Verstorbenen den Danke der Gemeinde sichere.
Hoffen wir, dass die Königliche Regierung, die alle Zeit auf die berechtigten Wünsche der Gemeinde Rücksicht nimmt, uns einen Mann senden wird, der auch nach seiner religiösen Bildung einen vollwertigen Ersatz für Samuel Kahn bietet. Dem Verstorbenen wird die Gemeinde zu allen Zeiten ein dankbares Andenken bewahren! Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

  
Zum Tod des "sehr verdienten, würdigen Lehrerveterans" Joseph Silbermann (1817-1896; Altenschönbach war bis 1896 seine letzte Lehrerstelle
)  

Wiesenfeld Israelit 31121896.JPG (245164 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Dezember 1896: "Aus Unterfranken. Ein sehr verdienter, würdiger Lehrerveteran ist in dem vergangene Woche zu Wiesenfeld verblichenen Lehrer Joseph Silbermann zu Grabe getragen worden. Fast achtzigjährig hatte derselbe erst vor wenigen Wochen sich auf dem Berufsleben zurückgezogen und war von Altenschönbach, seinem letzten Wirkungskreis, nach Wiesenfeld zu seinen Kinder übergesiedelt, wo ihm nur noch eine kurze Frist der wohlverdienten Ruhe beschieden war. 60 Jahre lang stand er mit vollem Eifer und ungeteilter Hingabe im Dienste des religiösen Erzieherberufes. Die Resultate, die er erzielte, waren an jeder Stätte seiner Wirksamkeit außerordentlich erfreulich. In Westheim bei Haßfurt geboren, hat der Verblichene bei verschiedenen, bedeutenden Lehrern und Rabbinern, unter anderem auch in Höchberg, sich hervorragende Kenntnisse in Tanach (Bibel) und Talmud (wörtlich abgekürzt: sechs Ordnungen) angeeignet. Er fungierte hierauf 10 Jahre als Lehrer in Weimarschmieden, Oberstreu und Schwebheim, dann, nachdem er mit ausgezeichneten Noten sein staatliches Lehrerexamen abgelegt hatte, volle 50 noch in den beiden Gemeinden Gochsheim und Altenschönbach. Ein tüchtiger Pädagoge, von seinen Vorgesetzten, den Rabbinern und den staatlichen Inspektoren, zu allen Zeiten geehrt und ausgezeichnet, war er ein sprechender Beweis dafür, dass die, die mit der Jugend leben, stets jung bleiben. Vor dem Ärger und Kummer, den ihm in früheren Jahren oftmals missliche Gemeindeverhältnisse bereiteten, flüchtete er sich in das Heiligtum seiner Schule, die ihm stets wieder frischen Mut und Lebensfreudigkeit gewährte; in diesem Heiligtum verwand er auch den Schmerz über den Tod der ihn um viele Jahre früher entrissenen Gattin. Die Betrachtung des Werkes des Verblichenen erschöpfen wir keineswegs mit dem Hinweis, dass derselbe auch in allen Elementarfächern, in kaufmännischen Disziplinen, in Realien etc. großes Wissen besaß, die ihn befähigten, eine große Reihe von Zöglingen, die sich jetzt in hervorragenden Stellen befinden, für alle Mittelschulen mit Erfolg vorzubereiten, sondern wir legen unbedingt den Nachdruck darauf, dass er als Lehrer ein Lamden gewesen, eine Verbindung zweier Eigenschaften, die wir in unserer Tora-armen Zeit leider nur zu selten antreffen. Seine ganze freie Zeit widmete Silbermann dem 'Lernen' zumal in den letzten Jahren, da seine bereits sehr dezimierte Schule ihm viel freie Zeit gewährte, konnte man ihn immer über der Gemara oder dem Midrasch antreffen. 
Und dieses beständige Aufgehen in den Quellen, gab auch seinem einfachen Religionsunterricht einen eigenen Reiz und verlieh ihm seltenen Wert. 
Es braucht nicht erwähnt zu werden, dass die gleiche Gewissenhaftigkeit, wie bei der Ausübung seines Lehrerberufes, ihn auch in seinem Amte als Schochet und Schaliach Zibbur auszeichnete. Gerade als Baal Tefilla war er würdig, wie irgend einer: Jeder, auch der es nicht verstand, konnte bei seinem Gebetsvortrag fühlen, wie sein Vortrag auf richtigem Verständnis beruhte und aus dem Quell tiefsinniger Andacht hervordrang. 
Sein Heimgang bedeutet auch für die Allgemeinheit einen Verlust, da solche Männer, solche Lehrer eben leider auszusterben drohen, er ist vor allem für die Gemeinden seiner Wirksamkeit schmerzvoll, da man durch die Bande aufrichtiger Dankbarkeit sich mit ihm verbunden fühlte. Sein Andenken wird stets ein gesegnetes sein!"  

    
Neujahrswünsche von Lehrer Simon Eschwege (Rosch Haschana, 1900)     

Anzeige in "Der Israelit" vom 20. September 1900:
"Allen Verwandten, Freunden, Kollegen und Bekannten wünscht
Ketiwa wa Chatima towa
(= gute Einschreibung und Besiegelung)
Simon Eschwege
Lehrer Altenschönbach."    

 
  
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben   

Gemeindebeschreibung der jüdischen Gemeinde von Altenschönbach (1839) 

Gemeindebeschreibung in "Der Israelit" vom 20. Dezember 1839: "Altenschönbach, im Landgerichtsbezirke Gerolzhofen, zählt 36 jüdische Familien (darunter acht Witwen) oder 160 Seelen. Es besteht eine Religionsschule, welche eine jährliche Auslage von 210 fl. fordert. Fünf sind als Handwerker, drei auf Landwirtschaft ansässig und in zehn Jahren haben nur sieben die Erlaubnis zur Verehelichung erhalten. Die Unterhaltung des Kultus und Verpflegung einiger konskribierter Armen kostet jährlich fast 200 Gulden. Zu diesen Ausgaben kommen nun andere, die so schmerzlich als drückend sind. Jeder muss nämlich fünf fl. an die (Crailsheimische) Gutsherrschaft und (jeder?) fünf Gulden (früher sogar zehn fl.) an das Rentamt zahlen. Ökonomen und Handwerker sind von den Letzteren frei, nicht aber von den Ersteren, gegen welche sie zwar den Rechtsweg eingeschlagen, aber noch bevor die kompetente Gerichtsstelle ermittelt war, so viele Kosten hatten, dass sie den Prozess aufgaben und sich geduldig in ihr Schicksal fügten. - Auch zur Pfarrei haben die Juden zu kontribuieren, nämlich 7 fl. Neujahrsgeld, ferner dem Amt daselbst 7 fl. Spinn- und Neujahrsgeld, sowie auch nach Frühstockheim, dem Sitze der Gutsherrschaft, Boten zu gehen. Gleichwohl ist die Gemeinde damit beschäftigt, eine neue Synagoge und ein eigenes Schulhaus zu erbauen. Der Kostenvoranschlag dieses Neubaus beträgt 6000 fl. Die Gemeinde würde dieses nimmer im Stande sein, hätte nicht glücklicherweise ein wohltätigen Vermächtnis sie mit einigen 1000 fl. unterstützt."       

    
Die jüdischen Einwohner müssen Beiträge zur Erhaltung des protestantischen Pfarrhofes bezahlen (1906)          

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 31. August 1906: "München, 19. August (1906). Die Israeliten in Altenschönbach (Bezirksamt Königshofen) streiten sich schon seit Jahrzehnten mit der dortigen Gemeinde, weil die Kosten der Erhaltung des dortigen protestantischen Pfarrhofs aus allgemeinen Mitteln bestritten werden, während sie sich hierzu nicht für beitragspflichtig halten. Nach vielfachen Verhaltungen und Entscheidungen hing die Entscheidung der Frage endlich davon ab, ob die Gemeinde Altenschönbach als politische Persönlichkeit diese Baukosten als öffentliche Last übernommen und seither getragen habe. Da sich dies als unbestreitbar herausstellte, wurde die Beschwerde der Israeliten, gegen die schon die Regierung von Unterfranken entschieden hatte, vom Verwaltungsgerichtshofe verworfen."    

   
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde     
Über Nachkommen von Rabbiner Epstein in Altenschönbach (Rabbiner im 19. Jahrhundert; Artikel von 1898)      

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. März 1898: "München, 19. März (1898). Der Tat vom Landgericht München I Adolf Epstein ist zum Rat am Oberlandesgericht München ernannt worden. Der erste Jude, der in Bayern das Amt eines Berufsrichters erlangte, ist der jetzige Oberlandesgerichtsrat Max Berlin in Nürnberg, der zweite ist Adolf Epstein, 1876 zum Stadtgerichtsassessor in München links der Isar und 1886 zum Landgerichtsrat ernannt, ebenso wie Berlin ein Abkomme alter Rabbinerfamilien; Epsteins Urgroßvater Feiß (seine Nachkommen nennen sich Feust) saß bis 1802 auf dem Rabbinerstuhle zu Bamberg, sein Großvater war Rabbiner in Altenschönbach."    

        
Unter den Nachkommen von Rabbiner Epstein in Altenschönbach: Landgerichtspräsident in München Adolf Epstein (Artikel von 1905)     
Anmerkung: zur Tochter von Adolf Epstein und seiner Frau Caroline geb. Henle: Theresa Rosalie Epstein (1886 in München - ermordet 1942 in Kaunas) siehe im Gedenkbuch München

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 19. Mai 1905: "Brief aus München. München, 8. Mai.
Unterm 6. (dieses Monats) erging die nachstehende allerhöchste Verfügung des Prinzregenten: 'Wir finden Uns allergnädigst bewogen vom 16. Mai 1905 ab den Rat am Oberlandesgericht München Adolf Epstein wegen Krankheit und hierdurch bewirkter dauernder Dienstesunfähigkeit nach Maßgabe des § 22 Lit. D der neunten Verfassungsbeilage in den erbetenen Ruhestand für immer treten zu lassen und ihm aus diesem Anlass in huldvollster Anerkennung seiner langjährigen mit Treue und Eifer geleisteten vorzüglichen Dienste den Rang eines Rates am 'obersten Landesgerichte gebührenfrei zu verleihen'.
Das schmerzliche Bedauern der hierdurch um die Tätigkeit dieses Richters kommenden rechtsuchenden Bevölkerung wird nur dadurch gemindert, dass dem verdienten Manne bei seinem Ausscheiden aus dem aktiven Dienste an Anerkennung zuteil wird, was nur irgendwie ihm zuteil werden kann; ist ihm doch der Rang eines Landgerichtspräsidenten durch die Standeserhöhung zuteil geworden.
Ein Rückblick auf sein bisheriges Leben und seine Tätigkeit ergibt ein Bild, das durch diese Mitteilung auch Fernerstehenden nicht vorenthalten sein soll.
Adolf Epstein ist der einzige Sohn des in hohen Jahren verstorbenen Altmünchener Schneidermeisters Feis Epstein, der als 70-jähriger Greis noch seinem Gewerbe mit der Schere in der Hand oblag und damit die Staatsuniformen wie die sonstigen Kleider hauptsächlich der Münchener Beamtenwelt geschickt zuschnitt; daneben war der Alte durch seine angeborene Klugheit und seinen scharfen Verstand das Vertrauen seiner Mitbürger besitzende Schneidermeister lange Zeit Verwaltungsmitglied der Münchener Kultusgemeinde; er entstammte als ein Sohn des Rabbiners Josef in Altenschönbach in Franken im Weiberstamme dem fürstlich Bambergischen und ritterschaftlichen Oberlandesrabbiner Feis Frensdorf, auch Uri Feis genannt, in Bamberg, dessen Nachkommen im Mannesstamme den Namen Feust angenommen haben; zahlreiche Gelehrten waren darunter, wie die Advokaten Dr. Karl Feust in Fürth und dessen Sohn Dr. Philipp Feust, die hervorragenden Zeitungsredakteure Dr. Immanuel Feust und Dr. Philipp Feust in Nürnberg, der Arzt Dr. Isaak Feust in Fürth, der schon 1804 in Göttingen Universitätsstudent war, und andere.            
Altenschoenbach AZJ 19051905a.jpg (209094 Byte)Adolf Epstein bestand, nachdem er die Mittelschulen mit ausgezeichneten Erfolge besucht hatte, auch die juristischen Staatsprüfung mit sehr gutem Erfolge und erhielt seine erste nicht widerrufliche, sondern definitive Anstellung im Staatsdienste im Jahre 1876 als Assessor am damaligen Stadtgerichte München links der Isar, womit er als der zweite Jude im Königreich Bayern die Stellung eines Berufsrichters erlangte.
Vom 1. Oktober 1879 an war er als Amtsrichter am königlichen Amtsgericht München I. bis zu seiner 1886 erfolgten Ernennung zum Rate am königlichen Landgericht München I. tätig.
1898 zum Rat am königlichen Oberlandesgericht München ernannt, versah er das Amt volle sieben Jahre. Wer seine Tätigkeit zu beobachten in der Lage war, dem konnte nicht entgehen, wie Adolf Epstein mit einer auffallend raschen Auffassungsgabe ausgestattet und unterstützt von scharfer tiefgehender Gelehrsamkeit die schwersten Rechtsfragen mit Leichtigkeit und sicher löste, so dass es stets ein Genuss war, die von Ihm verfassten Urteile durchzulesen, und wie er als Schwurgerichtspräsident die Verhandlungen gemeinverständlich durchführte, sodass die Schwierigkeiten derselben gar nicht in die Erscheinung traten; in der veröffentlichten Sammlung von Entscheidungen des Oberlandesgerichtes München in Strafachen finden sich auch zahlreiche von ihm verfasste prinzipielle Entscheidungen dieses Gerichts als früheren Revisionsgerichts.
Wenn jetzt Adolf Epstein den Lasten seines Berufes, zu denen sich diejenigen als Mitglieder der Disziplinarkammer für richterliche Beamte und Notare gesellt haben, erlegen ist, so tragen sich seine Verehrer mit der Hoffnung, dass ihm die wohlverdiente Ruhe das früher scheinbar unerschöpfliche Maß seiner Kräfte wieder beschaffen werde und ihm noch ein langes gesegnetes Dasein im Interesse der Wissenschaft vergönnt sein wird.
Adolf Epstein ist in seinen Umgangsformen von unendlicher Bescheidenheit, hat auch stets seine Zugehörigkeit zur angestammten Religion bekannt und sich den Pflichten derselben nicht entzogen.
Interessant ist, wie aus dem Bamberger Rabbinerhause die ersten Richterbeamten in Bayern hervorgegangen sind; der erste bayerische Berufsrichter, der noch aktive Oberlandesgerichtsrat Max Berlin in Nürnberg, ist der Urenkel des Bamberger Oberlandesrabbiner Löb Berlin, 1789 bis 1794 in Bamberg, gestorben in Kassel als Konsistorialabbiner, während Adolf Epstein der Urenkel von dessen ursprünglichen Assessor und späteren Amtsnachfolger Uri Feiss, 1777 Dajan in Bamberg, 1797 bis 1802 Oberlandesrabbiner dortselbst ist; und diejenigen, welche solche genalogische Erinnerungen mit Eifer verfolgen, werden gern hören, dass die Gattin Adolf Epsteins die Urenkelin jenes Löb Berlin wiederum ist, und zwar als die Tochter des einstigen bayerischen Landtagsabgeordneten und geheimen Hofrats, früheren Advokaten Siegmund von Henle in München."   

 
Zum Tod von Betty Sachs (1928)  

Gerolzhofen Israelit 21061928.jpg (53012 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juni 1928: "Gerolzhofen, 11. Juni (1928). Gestern kam hier die allgemein beliebte und geachtete Frau Betty Sachs aus Altenschönbach neben ihrem Manne zur Beisetzung. Sie hat das ehrwürdige Alter von fast 80 Jahren erreicht und hatte es stets peinlich genau genommen mit der treuen Erfüllung unserer Gebote. Am Grabe schilderten die Schwiegersöhne, Oberlehrer Erlebacher aus Oberdorf - Bopfingen und S. Tachauer aus Fürth i.B.. das schaffensfreudige Leben und segensreiche Wirken der Dahingeschiedenen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

  
  
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen  
Anzeigen des Obsthändlers L. Scheermann in Altenschönbach  

Altenschoenbach Israelit 24011877.jpg (14222 Byte) Altenschoenbach Israelit 28021877.jpg (17318 Byte) Altenschoenbach Israelit 23011878.jpg (14515 Byte)

Anzeigen in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Januar 1877, 28. Februar 1877 und 23. Januar 1878. Der hebräische Begriff meint "Pessach". Scheermann bot speziell zum Pessach-(Passa-)Fest seine gedörrten Zwetschgen an.       

   
Anzeige von K. Kohn's Nachfolger (1888, Anzeige erhalten von Werner Steinhauser)     

Altenschoenbach Dok 121.jpg (72570 Byte)Die Anzeige erschien im "Amtsblatt für das königliche Bezirksamt Gerolzhofen" vom 29. Dezember 1888: 
"Reell & billig! Vorgerückter Saison halber verkaufe von heute ab sämtliche wollne Waren wie: Buckskins, Doubel, Loden, Lamas, flanelle, Hemdenbiber & Tücher etc. zu bedeutend herabgesetzten Preisen und ladet zu recht zahlreichem Besuche ein  K. Kohn's Nachfolger, Altenschönbach."   

   
Anzeige des Schuhwarenhauses M. Schwarz (Gerolzhofen und Altenschönbach, 1911, Anzeige erhalten von Werner Steinhauser)     

Altenschoenbach Dok 120.jpg (134815 Byte)Die Anzeige erschien im "Boten vom Steigerwald" vom 1. Juni 1911.     

   
  
Sonstiges 
Dokumente zu Philipp Blüthe (geb. 1909 Altenschönbach, Sohn des letzten Gemeindevorstehers Rudolf Blüthe, gest. 1990 USA)   
(Angaben erstellt unter Mitarbeit von Wolf-Dieter Gutsch)     
Anmerkung: Philipp Blüthe ist am 21. Dezember 1909 in Altenschönbach geboren (Vater: Rudolf/Raphael Blüthe, weitere Informationen unten). Er erlernte den Beruf des Kaufmanns, fand in der NS-Zeit aber keine Stelle mehr. 1933 lebte er als "Dienstknecht" in Flehingen und 1936 in Jebenhausen. Im Zusammenhang mit der Pogromnacht 1938 wird er in einem Bericht der Hausmutter des Israelitischen Waisenhauses "Wilhelmspflege" in Esslingen Ina Rothschild als "jüdischer Chauffeur einer Familie" genannt, der das Ehepaar Rothschild am Abend des 10. November 1938 nach Cannstatt gefahren hat. Nach der Meldekarte unten lebte er damals bei Rosa Oppenheimer in Esslingen in der Obertorstraße 45. 1939 war er an der damals vorübergehend wiedereröffneten "Wilhelmspflege" angestellt und wurde in einer Liste als "lediger Kaufmann" bezeichnet. Am 1. November 1939 verzog er nach Schließung der "Wilhelmspflege" der Meldekarte nach Wendlingen, am 12. Dezember 1939 nach Stuttgart (Eberhardtstr. 49 III). Lange wurde angenommen, dass 1942 deportiert wurde und umgekommen ist, doch ergaben neuere Recherchen (Auskunft von Wolf-Dieter Gutsch vom 13.11.2020), das Philipp Blüthe 1941 über Lissabon in die USA emigrieren konnte. Nach seiner Heirat im Jahr 1943 wurde er Soldat und nahm aktiv am Zweiten Weltkrieg teil. 1949 lebte er in New York. Er starb am 16. November 1990 im Staat New York (United States Social Security Death Index).    
Quelle: Hahn Jüdisches Leben in Esslingen S. 477.  Dokumente wurden übersandt von Wolf-Dieter Gutsch (Meldekarte aus dem Stadtarchiv Prichsenstadt, ehem. Archiv der Gemeinde Altenschönbach).
Der Vater von Philipp Blüthe war Rudolf/Raphael Blüthe (geb. 6. März 1878 als Sohn von Handelsmann und Ökonom Nathan Blüthe und seiner Frau Karolina geb. Frank), der am 28. November 1904 in Würzburg Rosa geb. Ganzmann heiratete, die am 2. Dezember 1881 in Burgpreppach geboren ist. Rudolph Blüthe war im Ersten Weltkrieg Soldat und wurde mit dem EK II ausgezeichnet. Seine Frau Rosa starb am 15. Dezember 1934, vermutlich in Würzburg. Rudolph Blüthe war nach dem Tod von Joseph Gutmann 1926 Kassier und Vorstand der nur noch kleinen Israelitischen Kultusgemeinde Altenschönbach. In zweiter Ehe heiratete Rudolf/Raphael Blüthe am 15. August 1935 Klara geb. Bernei (ledige Hausangestellte in Altenschönbach, geb. 1. April 1895 in Laudenbach). Rudolph und Klara Blüthe emigrierten am 27. Oktober 1937 in die USA und lebten dort in New York, wo er am 8. Oktober 1941 starb, vgl. https://de.findagrave.com/memorial/209784063/rudolph-bluethe; Foto des Grabsteines links für Jehuda Bar Rafael Halewi im Cedar Park Cemetery in Paramus, Bergen County, NJ).  

     
Meldekarte für Philipp Blüthe aus den 1930er-Jahren, angelegt in Esslingen   "Registration Card" von Philipp Blüthe in den USA

  
   
   
Zur Geschichte der Synagoge                     
    
Zunächst war ein Betsaal, später vermutlich eine erste Synagoge vorhanden. Eine neue Synagoge mit Schulraum und rituellem Bad wurde 1843 erbaut. Der Bau konnte vor allem auf Grund einer Stiftung durch das verstorbene Gemeindemitglied, Herrn Singer, finanziert werden. Er hatte 2.400 Gulden gestiftet, was etwa die Hälfte des für eine Dorfsynagoge in dieser Zeit benötigte Betrag darstellte. Über die Stiftung liegt ein Bericht aus dem Jahr 1838 vor

Altenschoenbach AZJ 07081838.jpg (28831 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 7. August 1838: "Das Intelligenzblatt vom 3. Juli bringt amtlich und lobend zur Kenntnisnahme, dass ein zu Altenschönbach im vorigen Jahre verstorbener Israelit Singer testamentarisch 25 Gulden zur Verteilung an christliche Arme, 500 Gulden für Unterricht armer jüdischer Kinder, und 2.400 Gulden zum Bau einer Synagoge alldort vermacht habe."   
Der Artikel bezieht sich auf die Bekanntgabe im "Intelligenzblatt von Unterfranken..." vom 3. Juli 1838: 
Artikel im "Intelligenzblatt von Unterfranken und Aschaffenburg des Königreichs Bayern vom 3. Juli 1838:
"26. Juni 1838. (Das Vermächtnis des verstorbenen Israeliten Hayum Singer von Altenschönbach betr.) 
Im Namen Seiner Majestät des Königs.
 
Der im verflossenen Jahre zu Altenschönbach, königlichen Landgerichts Gerolzhofen, verlebte Israelite Hayum Singer hat in seinem Testamente folgende wohltätige Vermächtnisse begründet:
25 fl. für christliche Armen,
500 fl. zu jedem guten Zwecke, insbesondere für Unterrichtskosten armer jüdischer Kinder, 
2400 fl. zum Bau einer Synagoge in Altenschönbach.
Diese, den wohltätigen Sinn des Verlebten hinreichend charakterisierenden Zuwendungen werden zu ehrender Anerkennung hiemit öffentlich bekannt gemacht. 
Würzburg, den 16. Juni 1838, Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg, Kammer des Innern.
Graf von Lerchenfeld, Präsident.   coll. Hübner."   
 
In der Gemeindebeschreibung von 1839 wurde berichtet (Artikel siehe oben): "Gleichwohl ist die Gemeinde damit beschäftigt, eine neue Synagoge und ein eigenes Schulhaus zu erbauen. Der Kostenvoranschlag dieses Neubaus beträgt 6000 fl. Die Gemeinde würde dieses nimmer im Stande sein, hätte nicht glücklicherweise ein wohltätigen Vermächtnis sie mit einigen 1000 fl. unterstützt."  

In der Synagoge wurde ein 1795 begonnenes Totengedenkbuch aufbewahrt.   
   
Beim Novemberpogrom 1938  wurde die Synagoge von vier SS-Leuten aus Kitzingen geschändet, die Inneneinrichtung zerstört. Die SS-Leute waren in Zivil aus Kitzingen nach Altenschönbach gekommen. Sie zerschlugen ein Fenster im Erdgeschoss des Gebäudes, drangen ein und zertrümmerten mit Unterstützung von SA-Männern und Kindern aus dem Dorf Fenster und Möbel, warfen die Ritualien auf einen Haufen und verbrannten sie.     
    
1949/50 fanden zwei Prozesse in Schweinfurt gegen insgesamt 21 der beim Novemberpogrom 1938 in Altenschönbach Beteiligten statt. 19 von ihnen wurden freigesprochen. Einer erhielt eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und acht Monaten, ein anderer ein Jahr und neun Monaten. 
   
Das Gebäude der Synagoge blieb erhalten und wurde zu einem bis heute bestehenden Wohnhaus umgebaut. Das Gebäude ist in seiner Bausubstanz weitgehend erhalten. Auch die Originalfenster sind erhalten, teilweise zugemauert. Es handelt sich bis heute um ein im Dorf auffallendes Gebäude. Als "ehemalige Synagoge, zweigeschossiger Walmdachbau, mit sich verjüngenden Tür- und Fensteröffnungen, Mitte 19. Jh." ist das Gebäude auch eingetragen in die Liste des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. Link zum Eintrag in der Liste.        
     
     
Adresse/Standort der Synagoge: Lochmühlstraße 110 (Früher: Ortsstraße Nr. 8)   
   
   
Fotos     

Historische Fotos aus der Zeit vor 1938 sind noch nicht vorhanden; 
über Hinweise oder Zusendungen freut sich der Webmaster von "Alemannia Judaica"; 
Adresse siehe Eingangsseite.
 
     
Das Synagogengebäude 1949 
oder Anfang 1950  
(Fotos erhalten von Werner Steinhauser) 
Altenschoenbach Synagoge 120.jpg (103670 Byte) Altenschoenbach Synagoge 121.jpg (246604 Byte)
  Deutlich sind die Spuren der Zerstörungen von 1938 zu erkennen 
     
 Innenaufnahme von 1983
(Foto: Nikolaus Arndt) 
   
   Teil des Innenraumes der ehemaligen Synagoge  
     
Die ehemalige Synagoge
(Foto: Jürgen Hanke, Kronach aus
  www.synagogen.info
Altenschoenbach Synagoge 200.jpg (39193 Byte)  
  Das Gebäude der ehemaligen Synagoge 
in Altenschönbach 2004  
 
     

    
   
 
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

Februar 2018: Diskussion um Gedenkstein für die ermordeten jüdischen Personen aus Altenschönbach 
Artikel von Guido Chuleck in "Die Kitzinger" ("infranken.de") vom 23. Februar 2018: "Stolpersteine: Stadtrat vertagt Entscheidung
Rein grundsätzlich hatte sich der Stadtrat Prichsenstadt vor zwei Jahren mit der Verlegung der Stolpersteine einverstanden erklärt, um die Erinnerung an die von den Nationalsozialisten ermordeten jüdischen Mitbürger wachzuhalten. In den vergangenen zwei Jahren sind unter der Regie des Vereins Alt Prichsenstadt von der Stadt auch schon 14 Stolpersteine verlegt worden.

Deshalb wirkte der Antrag des Vereins, mit dem sich der Stadtrat am Donnerstagabend befasste, für einen weiteren Stein im Ortsteil Altenschönbach auf den ersten Blick auch wie eine Formsache: Ein Gedenkstein an einem zentralen Ort nahe der Kirche und des Kriegerdenkmales anstelle mehrerer Stolpersteine. Denn die ermordeten jüdischen Mitbürger hatten größtenteils in Seitengassen gelebt, und nicht überall waren und sind Gehwege vorhanden. Kosten, so versicherte der Verein, würden der Stadt nicht entstehen, wünschte sich aber eine logistische Unterstützung. Doch im Laufe der Debatte stellte sich heraus, dass die vermeintliche Formsache so viele Fragen aufwarf, dass der Stadtrat die Entscheidung vertagte. Denn bei dem Gedenkstein handelt es sich nicht, wie nicht nur die Ratsmitglieder vermuteten, um mehrere leicht aus dem Asphalt hervorragende Steine, sondern um ein dreiteiliges, 1,30 Meter hohes Denkmal aus Muschelkalk. Aufstellen will es der Verein an einer Stelle, an der, wie Ratsmitglied Harald Rückert sagte, 'das Dorffest stattfindet, und es behindert auch die Läufer beim Schlossberglauf'. Die meiste Skepsis äußerte Helmut Hümmer, der in Altenschönbach wohnt. 'Als örtlicher Stadtrat war ich überhaupt nicht in diese Entscheidung eingebunden', sagte er, 'und mit wem von der evangelischen Kirchengemeinde der Verein gesprochen haben will, ist mir auch nicht bekannt.' Er befürchtet, dass die Mitbürger diese Art des Gedenkens in Form eines regelrechten Denkmales an dieser Stelle ablehnen könnten, und es sei auch über die Köpfe der Bürger hinweg entschieden worden, den Stein dort aufzustellen. Eine 'Genehmigung' der Prichsenstädter, entgegnete Bürgermeister René Schlehr, habe es für die Stolpersteine in der Altstadt auch nicht gegeben. 'Die Eigentümer mussten schriftlich ihr Einverständnis erklären, dass vor ihrem Haus ein Stolperstein eingesetzt werden durfte', so Schlehr weiter. Er gab Hümmer und weiteren Räten aber insoweit Recht, als dass sie erst bei der Sitzung ein Foto des Gedenksteines zu sehen bekamen und sich deshalb nicht auf das Thema vorbereiten konnten. 'Ich habe das Foto erst selbst am Tag der Sitzung erhalten', sagte Schlehr. Somit fehlten den Räten die konkreten Vorgaben, wie dieser Gedenkstein aussehen soll. Stefan Deppisch, der wie Hümmer in Altenschönbach wohnt, sah in diesem Gedenkstein den Grundgedanken der Stolpersteine 'verfehlt'. Auch die Suche nach einem alternativen Standort gestaltete sich schwierig. Vor der ehemaligen Synagoge, wie Ursula Reiche laut nachdachte, ist er zu weit weg vom Zentrum, und an der Synagoge eine Gedenktafel anzubringen, wie Rückert anmerkte, reichte den Räten nicht als passende Erinnerung an die ermordeten jüdischen Mitbürger. Die hatten, wie Reiche berichtete, zu einem regen Gemeindeleben beigetragen. Letztlich warf der Antrag des Vereins so viele Fragen auf, dass die Entscheidung des Rates auf Antrag vom Bürgermeister mit 16:0 Stimmen vertagt wurde."
Link zum Artikel   
 
Juni 2018: Gedenkstein für die ermordeten jüdischen Personen aus Altenschönbach abgelehnt  
Artikel von Guido Chuleck in "Die Kitzinger" ("infranken.de") vom 8. Juni 2018: "Gedenkstein in Altenschönbach abgelehnt. Es war ein Beschluss, den sich der Stadtrat Prichsenstadt nun wirklich nicht leicht gemacht hatte: Mit zehn zu drei Stimmen lehnte der Rat einen Gedenkstein ab.
Es war ein Beschluss, den sich der Stadtrat Prichsenstadt nun wirklich nicht leicht gemacht hatte: Mit zehn zu drei Stimmen lehnte der Rat am Donnerstagabend den Antrag des Vereins Alt Prichsenstadt ab, im Ortsteil Altenschönbach einen Gedenkstein zur Erinnerung an die von den Nationalsozialisten ermordeten jüdischen Mitbürger aufzustellen. Den Antrag hatte der Rat in seiner Februar-Sitzung nach intensiver Diskussion von der Tagesordnung abgesetzt, um zunächst die Stimmung der Bürger aus Altenschönbach zu erkunden. Das war zwischenzeitlich in Form eines Informationsabends geschehen, moderiert von Wolf-Dieter Gutsch. Ein eindeutiges Ergebnis hatte es an diesem Abend nicht gegeben, berichteten Stefan Deppisch und Helmut Hümmer (beide aus Altenschönbach) in der Ratssitzung. Übereinstimmend waren sie zu der Überzeugung gekommen, 'dass die Altenschönbacher diesen Gedenkstein wohl eher nicht haben wollen'.
Gedenkstein neben Kriegerdenkmal. Der Gedenkstein hätte aufgrund des Antrages des Vereins am Kirchplatz in Altenschönbach aufgestellt werden sollen. Schon in der Februarsitzung waren sich die Räte einig, dass die Erinnerung an die ermordeten jüdischen Mitbürger auf jeden Fall aufrecht zu erhalten sei. Uneinig waren sie sich gewesen, in welcher Form erinnert werden soll. Diese Debatte zog sich auch durch die Sitzung am Donnerstagabend, zumal der Verein auch eine kleine Änderung in seinen Antrag eingebracht hatte: Der Gedenkstein, nun in einer etwas weniger pompösen Ausführung, soll neben dem Kriegerdenkmal platziert werden. Dort würde er auch niemandem im Weg stehen, wie die Räte noch im Februar befürchtet hatten.
Stolpersteine statt Gedenktafel? Bürgermeister René Schlehr hatte sich im Vorfeld der Sitzung mit dem Urheber der 'Stolpersteine', Gunter Demnig, über Variationen der Steine erkundigt. Diese, so Schlehr, würden grundlegend abgelehnt werden. Die Stolpersteine sollen vor dem 'zuletzt freiwillig bewohnte Haus der später von den Nationalsozialisten ermordeten Juden' ins Straßenpflaster eingelassen werden, eine Art Gedenktafel würde dem Gedanken eines 'Verbeugens vor den Opfern', wie es Stadträtin Ursula Reiche im Februar angemerkt hatte, nicht entsprechen. Ob der Gedenkstein neben einem 'Denkmal für gefallene deutsche Soldaten' angebracht sei, woran sich 'bestimmt jemand stoßen' könnte, war der laut geäußerte Gedanke von Harald Rückert. Ein Umstand, den die meisten Räte nicht wirklich so sahen. 'Es gibt an manchen Orten Ansammlungen von Gedenksteinen aller Art, jüdisch neben christlich, da würde ich gar nicht das Problem sehen', so der Bürgermeister. Dass 'die Altenschönbacher' so gegen den Gedenkstein seien, das sah Rats- und Vereinsmitglied Ludwig Meder anders. 'Ich kann mir nicht vorstellen, dass der überwiegende Anteil der Altenschönbacher so gegen diesen Gedenkstein ist', sagte er. Dem Verein ginge es um die Erinnerung an die ermordeten jüdischen Mitbürger, die nicht verloren gehen dürfe." 
Link zum Artikel 
 
November 2018: Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an den Novemberpogrom 1938       
Artikel von Nicolas Bettinger in "Die Kitzinger" ("infranken.de") vom 20. November 2018:  "Gedenkveranstaltung zum Pogrom.
'Es ist Gottes Wort - es will nicht brennen', soll laut Aussage einer Zeugin ein Zuschauer bei der Verbrennung der Gegenstände aus der demolierten Synagoge in Altenschönbach am Abend des 10. November 1938 gesagt haben, als man dort die beiden Thora-Rollen ins Feuer warf und diese nicht gleich in Flammen aufgingen - das gelang erst, nachdem man Brandbeschleuniger herbeigeholt hatte.
Zu einer Gedenkveranstaltung zum Pogrom hatte am Freitag der Verein Alt Prichsenstadt e. V. mit seinem Arbeitskreis 'Stolpersteine - Erinnern und Gedenken' in das Evangelische Gemeindehaus nach Altenschönbach eingeladen. Es war wohl die erste derartige Veranstaltung, die jemals in Altenschönbach bzw. Prichsenstadt stattfand - und die Anzahl von etwa 60 interessierten Zuhörern fand kaum Platz, heißt es in einer Pressemitteilung. Gekommen waren unter anderem der erste und zweite Bürgermeister der Stadt Prichsenstadt sowie einige Stadträte und Fürstin Marie-Luise zu Castell-Castell. Das Hauptreferat des Abends hatte Roland Flade aus Würzburg übernommen, ein Historiker und Kenner der Materie. Er schilderte die geschichtliche Entwicklung bis hin zum Pogrom vom November 1938 und dessen Verlauf in Unterfranken, speziell in Würzburg anhand von Bildern.
Vierköpfiger SS-Zerstörungstrupp aus Kitzingen. Anschließend stellten Werner Steinhauser und Wolf-Dieter Gutsch - beide Mitglieder des Arbeitskreises "Stolpersteine - Erinnern und Gedenken" im Verein Alt Prichsenstadt e. V. - den Verlauf des Pogroms im Kreis Kitzingen-Gerolzhofen dar - als Richtschnur diente dabei der Weg des vierköpfigen SS-Zerstörungstrupps aus Kitzingen, der sich am 10. November 1938 um 5 Uhr morgens auf seinen Weg machte und zuerst die Synagoge in Kitzingen in Brand setzte. Auf diesem Weg, der durch Marktbreit und Mainbernheim führte, weiter über Rödelsee (dort nahm der Trupp bei einem SS-Kameraden eine Schlachtschüssel und einige Schoppen Wein zu sich und dort stand auch die Schändung und Demolierung der dortigen Synagogen auf dem 'Zettel'), kamen sie schließlich nach einem Halt in Kleinlangheim am frühen Nachmittag auch nach Prichsenstadt und nach Altenschönbach. In beiden Gemeinden wurde die Inbrandsetzung der Synagogen von Nachbarn und Ortsbehörden verhindert - aber die Synagogen wurden aufgebrochen, die religiösen Gegenstände geschändet und die gesamte Inneneinrichtung demoliert. Später kam es zur Verbrennung der Trümmer und des Inventars auf dem Marktplatz in Prichsenstadt und im Garten eines benachbarten Bauern in Altenschönbach.
Anwesende Zeitzeugin aus Prichsenstadt. Bei den jüdischen Einwohnern beider Orte wurden Haussuchungen nach Waffen und "staatsfeindlicher Literatur" durchgeführt, sie wurden gedemütigt, gequält und verhaftet - drei jüdische Männer kamen dann in das Konzentrationslager Dachau. Eine anwesende Zeitzeugin aus Prichsenstadt bestätigte, dass sie am 10. November gemeinsam mit ihrer Mutter bei einem Besuch in Kitzingen sowohl die brennende Synagoge sah als auch die Hetzjagd auf jüdische Bürger - und nach ihrer Heimkehr in Prichsenstadt auch in der Freihofgasse die Spuren der Verwüstung vor der Synagoge und der Wohnung des Religionslehrers Grünebaum. Zum Abschluss fand ein Totengedenken statt. Junge Leute aus Altenschönbach und Prichsenstadt lasen die Namen der jüdischen Opfer des Nationalsozialismus aus Prichsenstadt (16) sowie Altenschönbach (9) vor. Danach sprach der evangelische Ortspfarrer Erich Eyßelein ein Gebet für die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus. Die Gedenkveranstaltung wurde musikalisch von der Gruppe "HemosSaxoBariTöne" umrahmt, die zu Beginn und Ende des Abends jeweils ein Stück jüdisch-synagogaler Musik darbot. "  
Link zum Artikel   
 
Juni 2024: Vortragsabend zu jüdischen Familien in Altenschönbach   
Artikel von Wolf-Dieter Gutsch in "Die Kitzinger" vom 1. Juli 2024: "ALTENSCHÖNBACH. Vom jüdischen Leben in Altenschönbach
Im Rahmen des Besuches einer Nachfahrin der Familie Blüthe aus Altenschönbach führte der Arbeitskreis "Stolpersteine - Erinnern und Gedenken" im Verein Alt Prichsenstadt e. V. kürzlich einen Vortragsabend in Altenschönbach durch. Möglicherweise ließen sich in Altenschönbach - seit 1543 unter der Herrschaft der Freiherrn von Crailsheim - schon um 1650 die ersten Juden nieder. 1740 zählte man 17 jüdische Familien, 1807 dann 30. 1834 erreichte die jüdische Gemeinde mit 169 Personen in 36 Familien - das heißt fast ein Drittel der Gesamteinwohnerschaft des Dorfes- den absoluten Höchststand, danach nahm die Anzahl der jüdischen Einwohner allmählich ab. Als die Nationalsozialisten 1933 an die Macht kamen, gab es in Deutschland ca. 500.000 Menschen jüdischer Herkunft, das heißt 0,8 Prozent der Gesamtbevölkerung. Von den deutschen Tierärzten waren 1,5 Prozent jüdisch, von den Zahn- und Humanmedizinern 10,3 Prozent - von den deutschen Nobelpreisträgern sogar etwa 30 Prozent. 1933 lebten in Altenschönbach 16 jüdische Menschen, Anfang 1942 nur noch sechs - alle wurden wurden von den Nazis ermordet, darunter auch ein dreijähriges Mädchen. Während der Anfang jüdischen Lebens in Altenschönbach im Dunkeln liegt, lässt sich sein Ende aber genau datieren: am 9. Juni 1942 wurde die letzte jüdische Einwohnerin Klara Grünlaub deportiert.
Mit zahlreichen Bildern wurden dann vier in Altenschönbach geborene jüdische Menschen und ihre Schicksale vorgestellt - und zwar Pauline Walfisch, geb. Blüthe (1874-1933), Fanny Bach, geb. Reis (1870-1949), Karola Bolley, geb. Blüthe (1908-1942) und Ludwig Rosenthal (1882-1945). Zwei davon - Karola Bolley und Ludwig Rosenthal - waren mit "arischen" Partnern verheiratet und begingen Selbstmord, um nicht Opfer der Nationalsozialisten zu werden. Fanny Bach gehörte zu den 1200 Menschen, die Anfang Februar 1945 aus Theresienstadt in die Schweiz gelangten - eine weithin unbekannte Tatsache ("Heinrich Himmler verkauft Juden an die Schweiz"). Im zweiten Teil des Abends wurde Andrée Laporte-Daube von Evamaria Bräuer über das Leben und Überleben ihres Vaters Nathan Blüthe in Frankreich befragt. Isolde Kestler dolmetschte und umrahmte mit ihrer Tochter Agathe den Abend musikalisch."
Link zum Artikel   

    
      

Links und Literatur

Links: 

bulletWebsite der Stadt Prichsenstadt  
bulletWebsite der Gemeinde Altenschönbach mit Seite zur jüdischen Gemeinde Altenschönbach http://www.altenschoenbach.de/unsere-juedische-gemeinde/   

Literatur:  

bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 250-251.
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 33-34.  
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 401.  
bulletPrichsenstadt Buch 01.jpg (45628 Byte)Werner Steinhauser: Juden in und um Prichsenstadt: Prichsenstadt, Altenschönbach, Brünnau, Kirchschönbach, Järkendorf. Prichsenstadt 2002. Anfragen/Bestellungen über den Verfasser (E-Mail). 
bullet Dirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S.135-136.  

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Altenschoenbach Lower Franconia. Jews are mentioned in the early 18th century, with an organized community in the late 18th century and a school enrolling 27 children in 1850. The Jewish population declined steadily from 141 in 1814 (total 1899) to 15 in 1933. On Kristallnacht (9-10 November 1938) the synagogue was vandalized. Four Jews left the village in 1939-40 and six were deported to Izbica in the Lublin district of Poland and the Theresienstadt ghetto in 1942.  
       
        

                   
vorherige Synagoge  zur ersten Synagoge nächste Synagoge   

        

 

Senden Sie E-Mail mit Fragen oder Kommentaren zu dieser Website an Alemannia Judaica (E-Mail-Adresse auf der Eingangsseite)
Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020