Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Burgsinn (Main-Spessart-Kreis)
Jüdische Geschichte / Synagoge

Übersicht:

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bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen  
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)   
    
In Burgsinn bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938/39. Ihre Entstehung geht mindestens in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. Die Ortsherrschaft der Freiherren von Thüngen hatten die ersten jüdischen Familien aufgenommen. 
 
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1816 81 jüdische Einwohner (7,2 % von insgesamt 1.131), 1867 87 (6,0 % von 1.450), 1880 70 (4,2 % von 1.668), 1892 70, 1893 81, 1897 55, 1900 63 (3,9 % von 1.618).  
  
Bei der Erstellung der Matrikellisten 1817 wurden 14 Matrikelplätze für Burgsinn festgelegt. Dabei werden die folgenden Familienvorstände genannt (mit neuem Familiennamen und Erwerbszweig): Wolf Feist Heidelmeyer (Viehhändler), Wolf Löw Neumann (Viehhändler), Mardochai (Matochia) Buchsbaum (Alteisenhandel und Botengehen), Abraham Lämle Stern (Ellenwarenhandel), Wolf Geis Weinstock (Lumpenhändler), Abraham Lippmann Stein (Viehhändler), Joseph Mayer Straus (Mäkler), Beßle, Witwe von Samuel Hirsch Blum (Kleinwarenhändler [Scheren, Messer, Gabeln]), Witwe von Jüdlein Mayer Lilienthal (), Salomon Jonas Schafheimer (Spezerei- und Lumpenhändler), Abraham Nesen Schiff (Ellenwarenhändler) Jakob Juda Hamburger (Ellenwarenhändler), Nathan Abraham Schaff (Ellenwarenhändler), Nathan Lippmann Stein (Viehhändler), Jüdlein Wolf Heidelmeyer (Feldbau, seit 1819), ohne Matrikelstelle Lehrer Simson Markus (war zugleich als Buchbinder tätig). 
       
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), ein Schulhaus mit Lehrerwohnung (Am Lindenberg 17) und ein rituelles Bad (Schmiedegasse). Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Bezirksfriedhof in Altengronau beigesetzt. Zur Besorgung von religiösen Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schächter tätig war. 1817 wird als Lehrer Simson Markus genannt. Seit dem Tod des letzten Lehrers in Rieneck 1872 stellten die in Burgsinn und Rieneck wohnhaften jüdischen Familien einen gemeinsamen Lehrer an, der zugleich als Vorbeter und Schochet in den beiden Gemeinden tätig war (vgl. Ausschreibungstexte unten). Rieneck war seitdem Filialgemeinde zu Burgsinn. Unter den Lehrer Ende des 19. Jahrhunderts waren Lehrer Weinstock (um 1870), Siegfried Freudenberger (1880er-Jahre), H. Heinemann (um 1889), Salomo Stern (bis 1891), M. Rosenberger (um 1892(1896), S. Blumenthal (um 1897), Jonathan Uhlfelder (1899/1903, siehe Texte unten). 1892 besuchten die Religionsschule 18 Kinder, um 1896/1899 zehn Kinder. 1901 wurden auch die jüdischen Kinder in Oberthulba durch Lehrer J. Uhlfelder unterrichtet.
 
Von den Gemeindevorstehern werden genannt: um 1873 J.B. Heidelberger, um 1889/1898 Aron Heidelberger, um 1907/1908 S. Hamburger, später Siegmund Heinemann. um 1924/32 Oskar Hamburger und Emanuel Stein (s.u.).  
  
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Adolf Hamburger (geb.  12.1.1888 in Burgsinn, gest. 14.9.1914 in Gefangenschaft), Abraham Stein (geb. 12.4.1874 in Burgsinn, gef. 30.7.1917), Simon Stiefel (geb. 13.7.1875 in Hochhausen, gef. 19.10.1918). Die Namen stehen auf dem Kriegerdenkmal für die Gefallenen beider Weltkriege aus Burgsinn auf dem Gelände der Grünanlage an der Wasserburg unweit der "Tourist-Information". 

An jüdischen Vereinen bestand ein 1897 gegründeten Wohltätigkeitsverein, um 1924 unter Leitung von Siegmund Heinemann. 
  
Um 1924, als 43 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (2,15 % von insgesamt etwa 2.000 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Oskar Hamburger und Emanuel Stein (einige frühere Vorsteher sind unten in den Ausschreibungstexten der Lehrerstellen genannt). Als Vorbeter war Adolf Heinemann tätig, als Lehrer kam Raphael Adler aus Mittelsinn (bis zu seinem Weggang nach München 1924) regelmäßig in den Ort. Er übernahm auch das Schächten. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinatsbezirk Bad Kissingen. 1932 waren die Gemeindevorsteher weiterhin Oskar Hamburger und Emanuel Stein. Als Schatzmeister ist Adolf Fleischhacker eingetragen. Er übernahm gemeinsam mit Adolf Heinemann den Vorbeterdienst. Religionsunterricht erhielten damals noch sechs jüdische Kinder, weiterhin durch den Lehrer aus Mittelsinn (inzwischen Siegfried Strauß).
  
1933 lebten noch 49 jüdische Personen in Burgsinn (2,5 % von insgesamt etwa 2.000). Zunächst konnte das jüdische Gemeindeleben ohne größere Probleme fortgeführt werden, sodass bis 1936 nur fünf jüdische Einwohner den Ort verließen; bis November 1938 waren es auf Grund der auch in Burgsinn immer stärkeren Repressalien und der Folgen des wirtschaftlichen Boykotts jedoch bereits 24 Personen. Als Gemeindevorsteher wird 1937 (bei der Beisetzung von Lotte Stiefel s.u.) Adolf Heinemann genannt. Zu Beginn des Schuljahres 1936/37 wurde den jüdischen Kindern der Besuch der Volksschule am Ort verboten; seitdem besuchten sie die jüdische Volksschule in Mittelsinn. Im März 1938 wurden in einigen jüdischen Häusern die Fenster eingeschlagen. Von Seiten der nichtjüdischen Bevölkerung zeigten sich dennoch immer wieder auch Zeichen der Sympathie für die jüdischen Einwohner. Im November 1938 waren noch 20 jüdische Personen am Ort, 16 von ihnen verließen Burgsinn bis Mitte 1939. 1940 lebten nur noch drei jüdische Personen in Burgsinn. Sie wurden am 27. November 1941 über Würzburg in Vernichtungslager des Ostens deportiert.   
   
Von den in Burgsinn geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"), ergänzt durch einzelne Angaben aus Strätz, Biographisches Handbuch der Würzburger Juden): Adolf (Aron) Fleischhacker (1898), Max Fleischhacker (1888), Karoline (Lina) Fleischhacker geb. Neumann (1882), Recha Fleischhacker geb. Neumann (1886), Malchen Goldschmidt geb. Heidelberger (1881), Meta Hamburger (1889), Richard Hamburger (1931, ermordet in der Tötungsanstalt Schloss Hartheim ["Euthanasie"]), Adolf Heinemann (1873), Emma Heinemann geb. Schuster (1880), Heinrich Heinemann (1908), Sophie Münz geb. Heidelberger (1878), Albert (Abraham) Neumann (1875), Meta (Melly, Milita) Neumann (1890), Meta Reich geb. Stein (1888), Ruth Reich (1922), Samuel Schiff (1856), Babette Sommer geb. Neumann (1855), Amalie Stein geb. Blum (1868), Moses Strauss (1868), Bertha Veilchenblau geb. Heinemann (1868), Hertha Weingarten geb. Stiefel (1900).   
    
An die jüdische Gemeinde erinnert eine Gedenktafel im Rathaus (Burgweg 1) mit der Inschrift: "In Burgsinn bestand bis 1940 eine Jüdische Kultusgemeinde, Synagoge Fellener Straße 14, die in der Pogromnacht 1938 geschändet wurde. Der Markt Burgsinn gedenkt seiner ehemaligen jüdischen Mitbürger.".   
     
     
     
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
    
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer  
Ausschreibungen der Stelle des Lehrers / Vorbeters / Schochet 1872 / 1889 / 1891 / 1898 / 1907 / 1908 
Die Stelle war relativ häufig neu zu besetzen, wie Ausschreibungen in der Zeitschrift "Der Israelit" zeigen. Nachstehend finden sich Ausschreibungen aus den Jahren 1873, 1889, 1898, 1907 und 1908. Als Namen der unterzeichnenden Gemeindevorsteher (Kultusvorstand) werden genannt: 1873 J.B. Heidelberger, 1889 und 1898 Aron Heidelberger, 1907 und 1908 S. Hamburger. In den 1920er-Jahren hatte die Gemeinde Burgsinn keinen eigenen Lehrer mehr. Der Lehrer aus Mittelsinn übernahm den Unterricht der jüdischen Kinder. 

Burgsinn Israelit 08011872.jpg (49912 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Januar 1873: "Die Israelitischen Kultusgemeinden Burgsinn und Rieneck wollen gemeinschaftlich einen Religionslehrer aufnehmen, der seinen Sitz in Burgsinn, auch daselbst den Vorsängerdienst zu versehen, die Schächterfunktion aber in beiden auszuüben hat, welche jetzt durch die Bahn sehr nahe beisammen sind. Der Gehalt des Lehrers beträgt 300 Gulden Fixum, freie Wohnung, 2 Klafter Holz, 100 Wellen; die Schächterfunktion in beiden Orten trägt mindestens 150 Gulden. Es ist wöchentlich 3mal Unterricht in Rieneck zu erteilen. Bewerber wollen sich gefälligst an den Unterzeichneten wenden. 
Burgsinn, 5. Januar 1873. J.B. Heidelberger, Kultusvorstand."
 
Burgsinn Israelit 05091889.jpg (45622 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. September 1889: "Die hiesige Religionslehrerstelle und Schächterfunktion mit Filiale nächste Bahnstation Rieneck ist frei und soll dieselbe bis 1. Oktober wieder besetzt sein. Dieselbe gewährt ein jährliches Einkommen von 1.200 Mark. Es erhält jedoch zur Probeleistung nur solcher Reisevergütung, welcher die hiesige Stelle erhält. Bewerber wollen sich sofort unter Beifügung ihrer Zeugnisse an den Unterzeichnete wenden. 
Burgsinn, 27. August (1889). Aron Heidelberger, Kultus-Vorstand."
   
Bis 1891 war Salomo Stern Lehrer. Er wechselte in dieser Jahr nach Miltenberg. Nach seinem Weggang erschien die folgende Anzeige:  
Burgsinn Israelit 20071891.jpg (56168 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Juli 1891: Die Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle dahier, verbunden mit Filiale, nächste Bahnstation Rieneck, ist vakant und soll bis längstens 15. August wieder besetzt sein. Gehalt beträgt Fixum 600 Mark, sowie Nebeneinkünfte und sehr schöne freie Wohnung und Beheizung. Bewerber wollen sich sofort mit Vorlage ihrer Zeugnisse an den Unterzeichneten wenden, welcher sich zu allen näheren Aufschlüssen bereit erklärt. Reise-Entschädigung wird jedoch nur dem Gewählten vergütet. Aron Heidelberger, Kultusvorstand. Burgsinn, 16. Juli 1891." 
  
Burgsinn Israelit 23061898.jpg (58065 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Juni 1898
"Die hiesige Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle mit Filiale Rieneck, ist vakant und alsbald zu besetzen. Fixes Gehalt 600 Mk. Nebeneinkommen incl. der Schechita ca. 50 Mk., nebst schöner Dienstwohnung und Garten, sowie freier Beheizung. Reisespesen werden nur dem Gewählten vergütet. Bewerber wollen ihre Gesuche nebst beglaubigten Zeugnisabschriften senden an 
Aron Heidelberger,
Kultus-Vorstand, Burgsinn, Unterfr."
 
Burgsinn Israelit 27061907.jpg (42996 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. Juni 1907
"Die Religionslehrer-, Vorbeter und Schächterstelle 
bei der Kultusgemeinde Burgsinn, verbunden mit Rieneck, soll baldigst wieder besetzt werden. Das fixe Einkommen beträgt bei freier Wohnung mit Garten 600 Mark, die Nebeneinkünfte mit Schächterfunktion ca. 400-400 Mk. Bewerber wollen sich baldigst melden an S. Hamburger, Kultusvorstand, Burgsinn."
1908 fällt auf, dass Rieneck in der Ausschreibung nicht mehr genannt ist:
Burgsinn Israelit 03091908.jpg (32180 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3. September 1908
"Die Religionslehrer-, Vorbeter und Schächterstelle 
in Burgsinn mit einem Ertrag von Mark 1.200 ist baldigst zu besetzen. Diese Stelle ist sehr geeignet für verheirateten Herrn, da schöne große Wohnung und Garten dabei ist. Offerten an S. Hamburger, Kultusvorstand, Burgsinn."

    
Zum Tod von Lehrer Siegfried Freudenberger (vermutlich bis 1889, d.h. vor Salomo Stern Lehrer in Burgsinn, Artikel von 1936)  

Thuengen Bayr GZ 15041936.jpg (136811 Byte)Artikel in der "Bayrischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15. April 1936: "Siegfried Freudenberger s.A. (seligen Andenkens). 
Würzburg. Kaum hat sich der Grabhügel gewölbt über die Gebeine unseres geliebten Kollegen Simon Freudenberger dahier, noch vor Ablauf der Schloschim (30 Trauertage) mussten wir dessen Bruder, Oberlehrer Siegfried Freudenberger, zur ewigen Ruhe betten. Wer hätte das gedacht, wer konnte solches ahnen bei dem stets vorzüglichen Gesundheitszustand des Siebzigjährigen? Rasch tritt der Tod den Menschen an! Nach kurzer, mehrtägiger Erkrankung wurde uns der liebe Freund und Kollege entrissen. Die Beerdigung am Montag, den 2. März, gab Zeugnis von dem schweren Verluste, den die Familie, die Lehrerschaft, die Gemeinde, das Judentum erlitten. In beredten Worten beleuchtete Herr Rabbiner Dr. Hanover den Lebensgang des Verblichenen, sein Wirken und Streben als Lehrer und Erzieher in den Gemeinden Burgsinn, Memmelsdorf, Reckendorf und Thüngen, von welchen Orten zahlreiche Teilnehmer an der Trauer herbeigeeilt waren, vielfach ehemalige, dankbare Schüler. Das Glück harmonischen Familienlebens verschönte das Dasein des Dahingegangenen. Zwei Schwiegersöhne gehören selbst dem Lehrberufe an, ein Sohn ist Arzt. Von den Behörden wurden das Streben und die Erfolge des tüchtigen Lehrers stets vollauf gewürdigt. So konnte der in den Ruhestand Getretene seinen Lebensabend seelisch befriedigt in Würzburg im Kreise vieler anderer Pensionisten verbringen. An den 'Lernkonferenzen' nahm er stets regen Anteil und suchte auch sonst sich im Gemeindeleben nützlich zu erweisen. Daher die innige Teilnahme aller. Mannheimer - Dettelbach sprach als Jugendfreund, der in gleichem Schritt und Tritt neben dem Heimgegangenen alle Stationen des Lebenslaufes und Lehrberufes absolvierte, warme Worte der Erinnerung. Simon Blumenthal - Würzburg brachte namens des jüdischen Lehrervereins in Bayern den Schmerz der Kollegen zum Ausdruck und rundete das Bild des lieben Menschen, guten Lehrers und treuen Vereinsmitgliedes zu einem geschlossenen Ganzen. Lehrer Heß - Miltenberg gab in bewegten Worten dem Schmerze der Familie und des nahen und weiteren Verwandtenkreises Ausdruck. Dann rollten die Schollen stumpf hernieder. 'Süß ist der Schlaf des Arbeiters.' Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."  

   
Abschied von Lehrer Jonathan Uhlfelder (1903)    

Burgsinn FrfIsrFambl 04091903.jpg (41700 Byte)Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. September 1903: "Burgsinn (Bayern). Dieser Woche scheidet von hier Herr Lehrer Jonathan Uhlfelder, um sich in der Gemeinde Pfaffenhofen ansässig zu machen. Herr Uhlfelder wirkte zur allgemeinen Zufriedenheit lange Jahre in unserer Gemeinde und sieht man ihn nur mit größtem Bedauern von dem Felde seiner fruchtbringenden Tätigkeit scheiden."    

   
Zum Tod von Lehrer Jonathan Uhlfelder (1928 in Nürnberg) 
Anmerkung: die beiden Beiträge sind auch in englischer Übersetzung (Roger Lustig: Two Obituaries for Jonathan Uhlfelder) eingestellt.   

Heidenheim BayrGZ 15121928.jpg (204982 Byte)Artikel in der Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 15. Dezember 1928: "Jonathan Uhlfelder. Nürnberg. Wer den erschütternden Eindruck wiedergeben will, den der plötzliche Tod von Jonathan Uhlfelder seligen Andenkens hinterließ, kann es nicht bezeichnender tun als mit den Worten der Heiligen Schrift: 'Die Stadt war verstört!' Nach einem leichten Unwohlsein, ohne Ahnung von dem, was ihm bevorstand, aber auch ohne Schmerz, mitten aus seinem Schaffen und Planen heraus wurde er seiner Familie, seiner Schule, dem Kreise der Kollegen und Freunde entrissen.  
Jonathan Uhlfelder gehörte zu den stillen, gütigen Menschen, die aus einem reichen Innenleben schöpfend, in treuer Pflichterfüllung ihre Welt sehen. Sein Leben war ausgefüllt von der zärtlichsten Fürsorge für die Seinen und von dem unablässigen Bemühen, das Wohl der ihm Anvertrauten zu fördern und sicher zu stellen. Daneben war er voll des regesten Interesses für die materielle und geistige Hebung seines Standes, für das Wohl und Wehe seiner Kollegen, für das Glück seiner Freunde. Mit Recht rühmte ihm der 2. Vorstand des Vereins an der Bahre nach, wie er in der für die Religionslehrer schlimmsten Zeit, in den traurigen Jahren ihrer Rechtlosigkeit und einer völlig ungesicherten Existenz seinen Kollegen die Treue hielt, obwohl er selbst als staatlich angestellter Volksschullehrer dieser Sorgen enthoben war. 
Uhlfelders berufliches Wirken führte ihn von Burgsinn und Bechhofen, wo er als Religionslehrer Anstellung gefunden hatte, an die Präparandenschule nach Burgpreppach und nach einer erfolgreichen Tätigkeit an derselben in den Volksschuldienst nach Heidenheim (Mittelfranken). Vor fünf Jahren wurde er an die Volksschule der Adaß Israel in Nürnberg berufen. 
Schon als junger Lehrer hatte er die ernste, verantwortungsvolle Arbeit des Volksschullehrers erstrebt. Seine Tätigkeit im Dienste der Lehrerausbildung wie später an der Volksschule zeugten von seinem rastlosen Streben nach eigener Vervollkommnung, wie von seinem reinen Bemühen, die ihm anvertraute Jugend zu fördern. Es lag in seiner einfachen, selbstlosen, jedem Wichtigtun abholden Art, wenn dieses Streben nicht immer nach seiner ganzen Weite erkannt wurde.
Herr Rabbiner Dr. Klein widmete dem allzu früh Vollendeten einen tief empfundenen Nachruf, indem er, an ein Wort des Midrasch anknüpfend, rühmte, wie Uhlfelder stets der Mahnung der Weisen gerecht wurde, sein Gewand zu jeder Zeit weiß zu erhalten, das Gewand der Lauterkeit im Wandel und der Treue zu Gott. Mit Wärme schilderte er dann den Verblichenen als Gatte, Vater und Bruder. Für den bayerischen Volkschullehrerverein und für den Verein israelitischer Lehrer in Bayern überbrachte Herr Hauptlehrer Dr. Bamberger letzte Grüße und das Gelöbnis unverbrüchlicher tatbreiter Treue; namens des Lehrerkollegiums der israelitischen Volksschule der Adaß nahm Herr Oberlehrer Heß schmerzbewegten Abschied; ferner widmete Herr Oberstudienrat Dr. Tachauer als Vertreter der Adaß Israel, Herr Rechtsanwalt Feilchenfeld für die Maimonides Loge und Herr Dr. Löb im Namen der Elternschaft der jüdischen Volksschule der Verewigten Worte des Gedenkens und des Dankes.
Ein zahlreiches Trauergefolge, darunter auch Herr Stadtschulrat Eder, begleiteten Uhlfelder zur letzten Ruhe. Viele Amtsbrüder waren zum Teil - trotz des Freitags - weither gekommen, um ihre Anteilnahme zu bezeugen. Ein Unglück, das so jähr hereinbrechend ein trautes Familienglück zerstört, wird immer erschütternd wirken, doch darüber hinaus werden alle, die den bescheidenen, jedermann gut gesinnten und allem Äußerlichen widerstrebenden Manne näher kannten, seinen Heimgang als einen schweren Verluste beklagen. J. Blum (Nürnberg). 
   
Burgsinn Israelit 06121928.jpg (118637 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Dezember 1928: "Nürnberg, 30. November (1928). Am 21. dieses Monats verschied nach kurzer Krankheit unerwartet Hauptlehrer Jonathan Uhlfelder. Sein Tod erweckte in weiten Kreisen der hiesigen Gemeinde tiefste Teilnahme. Uhlfelder stammte aus einer Familie, in der der Lehrerberuf traditionell ist. Nach erfolgreicher Tätigkeit in Burgsinn, an der Präparandenschule in Burgpreppach und an der Volksschule in Heidenheim wurde er an die hiesige jüdische Volksschule berufen, an der er 6 1/2 Jahre wirkte.  
Uhlfelders stilles bescheidenes Wesen liebte es nicht, in der Öffentlichkeit sich bemerkbar zu machen. Aber alle, die in engeren Verkehr zu ihm traten, wussten seine Geradheit und Schlichtheit, sein reges Interesse an Berufs- und anderen Fragen, sein pädagogisches Wissen und Geschick zu schätzen. Die Bestattung fand am 23. dieses Monats unter großer Beteiligung statt. Am Grabe rühmte Herr Rabbiner Dr. Klein des Heimgegangenen Persönlichkeit als Familienvater und Erzieher, Herr Prof. Dr. Tachauer sprach den Dank der Adaß Israel für seine ersprießliche Tätigkeit an der Schule aus, Herr Oberlehrer Heß nahm im Namen des Lehrerkollegiums Abschied von dem treuen Freund und Kollegen, Herr Hauptlehrer Dr. Bamberger, der im Auftrag des bayrischen und jüdischen Lehrervereins sprach, hob seine Treue zu den Berufsorganisationen hervor, Herr Dr. Feilchenfeld dankte für die Maimonides-Loge und Herr Dr. Löb im Namen der Eltern. Möge der Allgütige der schwer geprüften Familie beistehen. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." 

  
  
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Auseinandersetzung mit Nationalsozialisten, die im "Völkischen Beobachter" verlogen darstellt wird (Mai 1928)  

Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitung des "Central-Vereins") vom Juni 1928: "Die Helden von Burgsinn. Der Bericht des 'Völkischen Beobachters' - und die wahre Begebenheit.
Der 'Völkische Beobachter' vom 20./21. Mai brachte eine fett gedruckte Notiz über einen 'blutigen Straßenkampf in der Judenhochburg Burgsinn (Ufr.)'. Es heißt da unter anderem:
'Beim Eintreffen des Redners kam es gegen die mit Totschlägern, blanken Messern und schweren Holzprügeln bewaffnete Menge zu kurzem, aber für unsere tapfere S.A. (Sturm 6, Würzburg) erfolgreichen Handgemenge. Die S.A. ging unter weitgehender Schonung der deutschblütigen Volksgenossen vor, rückte jedoch den mit Totschlägern angreifenden jüdischen Hetzern zu Leibe, sodass nach kurzem, energischem Faustkampf die zehnfache Übermacht den Kampf einstellte und wir unbesiegt, in festem Schritt vom Kampfplatz abmarschieren konnten. - Parteigenosse Reinecke stand hier mit seinen braven Jungen im Brennpunkt des blutigen, aber erfolgreichen Kampfes und deckte persönlich den Abmarsch.'
Unser Landesverband Bayern hat an Ort und Stelle genaue Erkundigungen über diesen blutigen Kampf eingezogen, und diese Erkundigungen ergaben denn auch schnell den richtigen Tatbestand.
Die 'Judenhochburg Burgsinn', in welcher neben 2000 Einwohnern zwölf jüdische Familien im besten Einvernehmen mit der übrigen Bevölkerung leben, sah am 17. Mai gegen 1/2 8 Uhr abends einen kleinen Auflauf. Etwa 30 Personen, darunter sieben junge jüdische Leute, betrachteten neun Hitler-Leute in Uniform, die in Burgsinn zur Abhaltung einer Versammlung angekommen waren.
Es kam zu einem Wortwechsel zwischen einem Arbeiter und den Hakenkreuzlern. Als im Auto noch fünf weitere uniformierte Hakenkreuzler eintrafen, bekamen die Hakenkreuzler Schneid, und einige von ihnen gingen auf den Arbeiter los. Ein junger jüdischer Mann stellte sich schützend vor den Angegriffenen, einen älteren Mann, und erhielt daher den ersten Schlag. Damit begann eine allgemeine Schlägerei. Die Hakenkreuzler wurden tüchtig verprügelt. Ihr Führer Reinecke hat schließlich einen älteren jüdischen Herrn (unser Mitglied Adolf Heinemann), der dabei stand, er möge die Burgsinner beschwichtigen und dafür sorgen, dass seine Schar unbehelligt das Dorf verlassen können. Das ist die Form gewesen, in welcher der Parteigenosse Reinecke 'den Abmarsch persönlich gedeckt hat'. Auf Zureden des älteren jüdischen Herrn ließen die Burgsinner schließlich von ihren Opfern ab, ließen es sich aber in ihre Empörung nicht nehmen, die uniformierten Jünglinge, die den Streit provoziert hatten, in nicht gerade zarter Manier bis zum Dorfausgang zu begleiten.
Der 'Vlkische Beobachter' stellt die Sache so hin, als ob die Schlägerei durch jüdische Hetze und Verabreichung von Alkohol vorbereitet worden sei. Es steht fest dass nichts dergleichen tatsächlich geschehen ist. Nachdem die provozierenden Hakenkreuzler aber nur durch das Eingreifen und durch den Edelmut eines Juden vor schlimmerem körperlichen Schaden bewahrt worden sind, ist es nur ein weiterer Beweis von Niedrigkeit ihrer Methoden, dass sie diese großherzige Tat eines Juden mit solcher Lüge lohnen. L. F. (München)."   

   
    
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde  
Max Heinemann wird für seine lebensrettende Tat ausgezeichnet (1912)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Oktober 1912: "Dem 10-jährigen Max Heinemann in Burgsinn, welcher diesen Sommer ein dreijähriges Kind vom Tode des Ertrinkens rettete, wurde für seine mutvolle Tat von der Königlichen Regierung von Unterfranken eine lobenswerte Anerkennung zugesprochen."      
 
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. Oktober 1912: "Burgsinn (Bayern). Der 10-jährige Max Heinemann, der ein dreijähriges Kind vom Ertrinken rettete, erhielt von der Regierung eine lobenswerte Anerkennung".     

   
Zum  Tod der aus Burgsinn stammenden Babette Sohn geb. Hamburger (1934) 
Anmerkung: Babette Sohn geb. Hamburger (geb. 22. März 1859 in Burgsinn als Tochter von Juda Hamburger und der Fanny geb. Nußbaum) war verheiratet mit Hermann Sohn (geb. 29. November 1859 in Thüngen, gest. 18. September 1910 in Würzburg). Das Ehepaar hatte fünf Kinder:  Frieda (Franka; geb. 1886 in Thüngen, später Krankenschwester in München, ermordet nach der Deportation 1943 in Auschwitz), Sally (Seligmann, geb. 1889 in Würzburg, Kaufmann, verzog 1919 nach Karlsruhe, ermordet nach der Deportation 1941 in das Ghetto Kowno), Jakob (geb. 1890 in Würzburg, später Gymnasiallehrer, emigrierte in der NS-Zeit nach England); Leo (Leon, geb. 1892 in Würzburg, Kaufmann, verzog 1918 nach Halberstadt, heiratete 1927 eine Schwester des Komponisten Kurz Weill, 1931 nach Berlin, emigrierte in der NS-Zeit), Rosa (geb. 1894 in Würzburg, verheiratete mit Arthur Lesser, Viehhändler in Schönlanke bei Posen). Angaben nach R. Strätz, Biographisches Handbuch Würzburger Juden Bd. II S. 564-565 und dem Bundesarchiv Berlin.   
Babette Sohn führte nach dem Tod ihres Mannes dessen Trödlergeschäft (Antiquitäten- und Altmöbelhandel) in Würzburg bis um 1930 weiter; 1932 zog sie nach Nürnberg. 

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Februar 1934: "Nürnberg, 16. Januar (1934). In der frühen Morgenstunde des 22. Tewet (= 9.Januar 1934) ist Frau Babette Sohn geb. Hamburger, nach kurzer Krankheit von dieser Welt gegangen. Einem altfränkischen Geschlecht der Gemeinde Burgsinn entstammend, hat sie zeit ihres Lebens die Grundsätze echt jüdischer Lebensführung hochgehalten und in ihrem eigenen Leben verwirklicht. Die Obliegenheiten der jüdischen Frau und Mutter hat sie mit ergreifender Innigkeit und dem strengen Ernst eines verantwortungsvollen Pflichtbewusstseins erfüllt. In den 45 Jahren ihrer Ansässigkeit in Würzburg stand sie unablässig im Dienst von Krankenbesuch (Bikkur Cholim) und Wohltätigkeit, keine Tages- und Nachtstunde scheuend, das heilige Amt auszuüben. Ein klarer Wirklichkeitssinn und die überlegene Art, die Dinge der Welt zu beurteilen und dem jüdischen Bewusstseinsinhalt einzufügen, ließen sie groß und verehrungswürdig erscheinen. Dabei war sie bescheiden und anspruchslos, eine Frau, die still durchs Leben zog und auch in den Jahren der Ruhe ein stilles Leuchten verbreitete. Sie hat das Leben gemeistert; sie trug die starke Wahrheit herüber von einem innerlich gefestigten Zeitalter in die Zeit, in der wir so vieles fest Geglaubte dahinschwinden sehen. Ihr Verdienst sei und sei uns ein Helfer vor dem Allmächtigen. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."    

    
Zum Tod von Lotte Stiefel (1937)   

Burgsinn Israelit 18021937.jpg (76714 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit " vom 18. Februar 1937: "Burgsinn (Ufr.), 9. Februar (1937). Am Donnerstag, den 4. Februar, verstarb hier ganz plötzlich unsere allseits verehrte und geliebte Frau Lotte Stiefel im kaum vollendeten 66. Lebensjahre. Wer diese fromme, edle und selten bescheidene Frau kannte, weiß den Schmerz zu würdigen, den die Familie und unsere kleine Gemeinde erlitten hat. Einer frommen Familie entstammend, was ihr strenge Erfüllung des G'ttesgesetzes zeitlebens oberste Richtschnur. Am Trauerhause sprach der Schwiegersohn, Herr Lehrer Weingarten, Hanau, die Dankbarkeit betonend, die die Familie der teuren Verblichenen schulde. Herr Lehrer Strauß, Mittelsinn, schilderte die wahrhafte Frömmigkeit, Gastfreundschaft und große Wohltätigkeit der Heimgegangenen, in deren heim Arme und Bedürftige stets Beistand und Hilfe fanden. Auf dem Friedhof in Altengronau, wo die Beisetzung am Freitag stattfand, sprach der Vorsteher der Gemeinde Burgsinn, Herr Adolf Heinemann, warm empfundene Worte des Gedenkens. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."

    
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen  
Anzeige des Manufaktur- und Eisenwarengeschäftes S. Hamburger (1902) 

Burgsinn Israelit 31071902.jpg (29340 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Juli 1902: "Commis zum baldigen Eintritt für mein Manufaktur- und Eisenwaren-Geschäft gesucht. Samstags geschlossen. 
S. Hamburger, Burgsinn (Bayern)."   

   
Anzeige des Manufakturwarengeschäftes von Sigmund Heinemann (1903)  

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. November 1901: 
"Suche zum alsbaldigen Eintritt für mein am Samstag, wie Feiertage geschlossenes Manufaktur- und Wollwarengeschäft einen 
Lehrling
 
mit guter Schulbildung, aus besserer Familie. 
Sigmund Heinemann,
Burgsinn (Bayern)."     
 
Burgsinn Israelit 02041903.jpg (44311 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. April 1903: "Suche für mein am Samstag und Feiertagen geschlossenes Manufakturwaren-Geschäft per baldigst einen Lehrling aus achtbarer Familie. 
Sigmund Heinemann, Burgsinn (Unterfranken)."  

    
Verlobungs- und Heiratsmitteilung (1922) 

Burgsinn Israelit 06041922.jpg (19388 Byte)Mitteilung in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. April 1922: "Verlobte. Recha Neumann, Burgsinn mit Adolf Fleischhacker, Hörstein - Platz
Vermählte
. Max Fleischhacker mit Lina Fleischhacker geb. Neumann, Burgsinn."
Anmerkung: drei der vier Genannten wurden in der NS-Zeit deportiert und ermordet (vgl. Liste oben): zu Adolf Fleischhacker siehe Biographische Datenbank jüdisches Unterfranken unter Aron Fleischhacker (geb. 1898 in Platz, ermordet 1944/45 in Auschwitz); Recha Fleischhacker geb. Neumann (geb. 1886 in Burgsinn, umgekommen 1942 im Ghetto Theresienstadt, vgl. Biographische Datenbank jüdisches Unterfranken). Zu Max Fleischhacker (geb. 1888 in Platz siehe Biographische Datenbank jüdisches Unterfranken), ebd. zu Recha (genannt Lina) geb. Neumann (gest. 1938 in Burgsinn; vgl. Biographische Datenbank jüdisches Unterfranken)    

       
Todesanzeige für Marta Heinemann (1927)     
Anmerkung: Adolf Heinemann (geb. 1873 in Burgsinn, umgekommen/ermordet 1941 im Ghetto Kowno; Biographische Datenbank Unterfranken mit Foto) war als Kaufmann in Burgsinn tätig. Er war verheiratet mit Emma geb. Schuster (geb. 1879 in Sterbfritz, umgekommen/ermordet 1941 im Ghetto Kowno; Biographische Datenbank Unterfranken mit Foto). Außer der Tochter Martha hatte das Ehepaar einen Sohn Heinrich (Arzt am jüdischen Krankenhaus Frankfurt; Biographische Datenbank Unterfranken mit Foto. Alle drei verzogen Ende 1938 nach Frankfurt am Main, von wo sie am 22. November 1941 nach Kowno deportiert und nach der Ankunft ermordet wurden.

Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitung des "Central-Vereins") vom 4. Februar 1927: "Dem Allmächtigen hat es gefallen, unsere einzige, innigst geliebte Tochter, Schwester und Nichte
Fräulein Martha Heinemann
im Blütenalter von 23 Jahren nach kurzer Krankheit abzurufen.
Im Namen aller tieftrauernden Hinterbliebenen:
Adolf Heinemann. Burgsinn (Unterfranken). "     

   
Todesanzeige für Siegmund Heinemann (1933)    

Anzeige in der "CV-Zeitung" (Zeitung des "Central-Vereins") vom 19. Oktober 1933: "Im 61. Lebensjahr entschlief heute nach langem schweren Leiden mein lieber Mann, unser guter Vater, Schwiegervater, Großvater, Bruder, Schwager und Onkel,
Herr Siegmund Heinemann    
Kaufmann
Die in tiefer Trauer Hinterbliebenen
.
Herr Heinemann war Vertrauensmann des C. V. und langjähriger Kultusvorstand der Gemeinde Burgsinn.
Burgsinn, Gemünden am Main, den 9. Oktober 1933."    

      
      
      
Zur Geschichte der Synagoge   
   
Eine Synagoge wurde 1780 erbaut. Ein Dokument hielt hierzu fest: "Die Grundfläche 1780 vom Jüdle Katz geschenkt erhalten und im nämlichen Jahre die Synagoge errichtet."  Das Gebäude wurde in den folgenden 150 Jahren mehrfach renoviert, unter anderem 1863 (siehe Anzeigen im Kreis-Amtsblatt unten) und letztmals 1928. Bei der Synagoge handelte es sich um einen auf einem Sandsteinfundament errichtete Fachwerkbau mit Halb- und Vollrundbogenfenstern. Das flache Muldengewölbe im Inneren war mit Ornamenten in Grau und Rot bemalt.
  
 Kollekte zur Einrichtung einer Religionsschule und zur Reparatur der Synagoge in Burgsinn (1863)    

Burgsinn Amts-Blatt 20011863.jpg (93085 Byte) Anzeige im "Königlich Bayerischen Kreis-Amtsblatt von Unterfranken und Aschaffenburg" Nr. 149 vom 20. Januar 1863: 
"Im Namen Seiner Majestät des Königs. 
Seine Majestät der König haben entsprechend der von der israelitischen Kultusgemeinde Burgsinn gestellten alleruntertänigsten Bitte zum Zwecke der Herstellung eines geeigneten Lokales für die Religionsschule zu Burgsinn, sowie zum Zwecke der Reparatur der dortigen Synagoge die Vornahme einer Kollekte in den Synagogen der Regierungsbezirke diesseits des Rheines allerhuldvollst zu bewilligen geruht. 
In Folge Entschließung des königlichen Staatsministeriums des Innern für Kirchen- und Schulangelegenheiten vom 30. Dezember vorigen Jahres erhalten die Distriktspolizeibehörden den Auftrag, die Rabbiner und Kultusvorsteher ihrer Bezirke sofort zur beschleunigten Vornahme dieser Synagogenkollekte und Vorlage des Ertrages anzuweisen und den letzteren an das königliche Bezirksamt Gemünden zu übersenden, zugleich aber binnen längstens vier Wochen Anzeige hierüber an die unterfertigte Stelle zu erstatten. 
Würzburg, den 15. Januar 1863. Königliche Regierung von Unterfranken und Aschaffenburg, Kammer des Innern. 
Bei Verhinderung des königlichen Regierungspräsidenten. Der königliche Regierungsdirektor: von Gresser.   Mees."   
     
Burgsinn Amts-Blatt 14071863.jpg (119543 Byte) Anzeige im "Königlich Bayerischen Kreis-Amtsblatt von Unterfranken und Aschaffenburg" Nr. 149 vom 14. Juli 1863: 
Die Kollekte aus den Gemeinden des Regierungsbezirkes von Unterfranken und Aschaffenburg ergab den Betrag von 286 fl. 45 Kr.  

   
Das jüdische Gemeindeleben konnte nach 1933 zunächst aufrechterhalten werden. Im August 1935 wurde sogar eine nochmalige Renovierung der Synagoge beraten. Im März 1938 wurden die Fenster in der Synagoge eingeschlagen. Bereits 1937 war es schwierig geworden, auf Grund des kaum mehr zustande kommenden Minjan (Zehnzahl der jüdischen Männer beim Gottesdienst) regelmäßig Gottesdienste abzuhalten. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge aufgebrochen, das Mobiliar zerstört, fünf Torarollen zerrissen und die übrigen Ritualien angezündet. Der örtliche Feuerwehrhauptmann, der wegen seiner korrekten Haltung den Juden gegenüber bekannt war, verhinderte das Niederbrennen der Synagoge. Er ließ löschen und erklärte, er könne sonst nicht garantieren, dass das Feuer auf die benachbarten Gebäude in Gefahr bringen würde. Wenig später wurde das Synagogengebäude zum Grundstückswert an einen Ortsbewohner verkauft. Bis Anfang der 1990er-Jahre war ein Teil der Inneneinrichtung noch vorhanden, u.a. die Brüstung der ehemaligen Frauenempore. Dann wurde das Gebäude zu einem Wohnhaus umgebaut. Dabei wurde die bauliche Substanz vor allem im Innenbereich so verändert, dass kaum noch Spuren der ehemaligen Nutzung als Synagoge vorhanden sind.
  
Neben der ehemaligen Synagoge stand das ehemalige Wohnhaus des Metzgers und Viehhändlers Emanuel Stein (Fellener Straße 14). Über der Eingangstor befindet sich bis heute eine hebräische Inschrift mit den hebräischen Buchstaben A B A (vielleicht Abraham Ben Abraham oder ähnliches) und der Jahreszahl (5)576 = 1815/16.
  
Von der Synagoge in Burgsinn sind noch die Gebotstafeln erhalten. Sie werden im Dokumentationszentrum des Stadtarchivs Würzburg aufbewahrt.   
   
   
Adresse/Standort der Synagogebeim Gebäude Fellener Straße 14 (frühere Anschrift: Gebäude Nr. 124 in der Hauptstraße) 
   
   
Fotos   

Historische Fotos / Darstellungen  
(zur Verfügung gestellt durch Bruno Schneider,
 Kreisheimatpflege Landkreis Main-Spessart,
 Gemünden)
Burgsinn Synagoge 129.jpg (58399 Byte) Burgsinn Synagoge 128.jpg (46796 Byte)
   Umbaupläne zur Vergrößerung der Synagoge 1864  
   
   Burgsinn Ort 140.jpg (126086 Byte)  Burgsinn Synagoge 127.jpg (81203 Byte) 
  Uraufnahmeblatt der Marktgemeinde Burgsinn von 1845 (Ausschnitt). Nach dem 'Neuen Grund- und Lagerbuch der Steuergemeinde Burgsinn' wurde das Grundstück mit der Plannummer 220 im Jahre 1780 von der jüdischen Gemeinde vom 'Judle Kutz' geschenkt und im gleichen Jahre das Gebäude mit der Hausnummer 125 (schwarz eingezeichnet) darauf errichtet. Die Judentauche befand sich auf dem Grundstück mit der Plannummer 174 und lag oberhalb des Mühlgrabens in der Schmiedegasse. Es wurde 1836 von Georg Schmitt um 33 Gulden als Garten gekauft Skizze der 
Synagoge
 
 
       
Ältere Fotos nach 1945
(Quelle: Verwaltungsgemeinschaft Burgsinn
Fotos zur Verfügung gestellt durch Bruno Schneider, Kreisheimatpflege Landkreis Main-Spessart, Gemünden)
  
     
Die ehemalige Synagoge Burgsinn Synagoge 122.jpg (44558 Byte) Burgsinn Synagoge 124.jpg (71010 Byte)
   Die ehemalige Synagoge vor dem Umbau zu einem Wohnhaus in den 1990er-Jahren
   
Burgsinn Synagoge 125.jpg (47799 Byte) Burgsinn Synagoge 111.jpg (50037 Byte) Burgsinn Synagoge 123.jpg (46971 Byte)
Die Synagoge 1990  
  
Burgsinn Synagoge 130.jpg (29420 Byte) Burgsinn Synagoge 132.jpg (49055 Byte) Burgsinn Synagoge 131.jpg (39799 Byte)
Decke der ehemaligen Synagoge vor und während der Restaurierung
 
Das Synagogengebäude 2004
(Foto: Jürgen Hanke, Kronach)
Burgsinn Synagoge 110.jpg (34427 Byte) Burgsinn Synagoge 115.jpg (32314 Byte)
  Die ehemalige Synagoge 
in Burgsinn   
 Die Gebotstafeln aus der ehemaligen
 Synagoge, heute im Stadtarchiv Würzburg
     
Die ehemalige jüdische Schule / Lehrerwohnung   Burgsinn Ort 142.jpg (35008 Byte)
  Das Gebäude der ehemaligen jüdischen Schule Am Lindenberg 17 vor 1990     
   
 Die Judengasse (1990)   Burgsinn Ort 136.jpg (45617 Byte)   Burgsinn Ort 137.jpg (37574 Byte)
              
     
Jüdische Häuser in Burgsinn Burgsinn Ort 139.jpg (52540 Byte) Burgsinn Ort 138.jpg (63043 Byte)
    Haus und Metzgerei der Familie Julius Stein Fellener Strasse 12
     
Burgsinn Synagoge 114.jpg (73492 Byte) Burgsinn Ort 131.jpg (56643 Byte) Burgsinn Ort 144.jpg (34129 Byte)
Das Gebäude Fellener Straße 14 neben der ehemaligen Synagoge (früher Metzger und Viehhändler Emanuel Stein) mit 
Inschrift über dem Eingang, darin hebräische Jahreszahl für 1815/16; links ältere, Mitte jüngere Aufnahme des Gebäudes
  
Burgsinn Ort 135.jpg (51557 Byte) Burgsinn Ort 132.jpg (47015 Byte) Burgsinn Ort 133.jpg (39332 Byte)
Haus Hauptstraße 5 und 5a  Haus Hauptstraße 43 
vor 1990  
Spur einer früheren Mesusa 
am Haus Hauptstraße 43  
  
     
    Burgsinn Ort 141.jpg (44657 Byte)    
    Gebäude Marktplatz 3      
       
     
 Andernorts entdeckt  Burgpreppach Friedhof 220.jpg (105080 Byte) Burgpreppach Friedhof 221.jpg (70353 Byte) 
  Grabstein mit segnenden Händen der Kohanim und Schofar auf dem jüdischen Friedhof in Burgpreppach; es handelt sich um das Grab des Schimon Bar Eljakum Neumann HaKohen, d.i. Wolf Neumann (geb. 1832 in Burgsinn, seit 1876 Lehrer an der Talmud-Tora-Schule in Burgpreppach; gest. 1908; hatte vierzehn Kinder); Angaben von der Urenkelin Fredel Fruhman, deren Großvater Lehrer Salomon Neumann - das dritte Kind von Wolf Neumann - später u.a. in Gochsheim (siehe Informationen und Fotos auf der dortigen Seite) und Kassel als Lehrer tätig war. 
     

      
       

Links und Literatur

Links:   

bulletWebsite der Marktgemeinde Burgsinn (Verwaltungsgemeinschaft Burgsinn) mit Seite zur jüdischen Geschichte / Synagoge

Literatur:  

bulletBaruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979 S. 278-280.
bulletIsrael Schwierz:  Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 46.
bulletPinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany - Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 426-427.  
bulletMSP Publikation 01.jpg (23157 Byte)Leonhard Scherg: Jüdisches Leben im Main-Spessart-Kreis. Reihe: Orte, Schauplätze, Spuren. Verlag Medien und Dialog. Haigerloch 2000 (mit weiterer Literatur). S. 13-14.   
bulletDirk Rosenstock: Die unterfränkischen Judenmatrikeln von 1817. Eine namenkundliche und sozialgeschichtliche Quelle. Reihe: Veröffentlichungen des Stadtarchivs Würzburg Band 13. Würzburg 2008. S. 122-123.  
bulletBayern Synagogengedenkbuch IMG_20150803_0001.jpg (85625 Byte)"Mehr als Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Teilband III: Unterfranken, Teil 1. Erarbeitet von Axel Töllner, Cornelia Berger-Dittscheid, Hans-Christof Haas und Hans Schlumberger. Hg. von Wolfgang Kraus, Hans-Christoph Dittscheid und Gury Schneider-Ludorff in Verbindung mit Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3: Bayern. 1. Auflage 2015. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im Allgäu (mit umfassenden Quellen- und Literaturangaben)
ISBN 978-3-89870-449-6.
Hinweis: die Forschungsergebnisse dieser Publikation wurden in dieser Seite von "Alemannia Judaica" noch nicht eingearbeitet.
Abschnitt zu Burgsinn S. 155-166.

      
        


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Burgsinn  Lower Franconia. Jews numbered 87 in 1867 and 49 in 1933 (total 2.000). Jews were attacked in march 1938 after the Austrian Anschluss. On Kristallnacht (9-10 November 1938), the synagogue and Jewish homes were vandalized. Of the 41 Jews who left Burgsinn in the Nazi period, 23 moved to other German cities and 18 emigrate, 13 of them to the United States. The last Jews were deported in 1942.   
         
          

                   
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Stand: 30. Juni 2020