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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Flehingen mit
Sickingen (Gemeinde Oberderdingen, Landkreis
Karlsruhe)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
(english
version)
In dem bis Anfang des 19. Jahrhunderts zum schwäbischen
Ritterkanton Kraichgau gehörenden Flehingen bestand eine jüdische Gemeinde bis
1938. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 16./17. Jahrhunderts zurück.
Erstmals werden 1548 Juden am Ort genannt. 100 Jahre später werden nach dem
Ende des Dreißigjährigen Krieges wieder jüdische Familien aufgenommen. Beim
Einmarsch der Franzosen 1689 tat sich ein jüdischer Einwohner namens
Affrohmle (Abraham) besonders hervor: als die Franzosen abrückten, legten sie
in zahlreichen Gebäuden Feuer. Unter Einsatz seines Lebens hat (der einzige
damals im Ort verbliebene Einwohner) Affrohmle die Brandherde reihum im Keim
erstickt. Ende
des 17. Jahrhunderts wurde die Zahl der Juden auf zehn Familien begrenzt. 1734
wurden 14 jüdische Haushaltungen mit zusammen 77 Personen gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt:
1825 156 jüdische Einwohner (13,9 % von insgesamt 1.125 Einwohnern), 1827 160
(14,0 % von insgesamt 1.143), 1832 höchste
Zahl mit 167 Personen. Seit der zweiten Hälfte des
19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner durch Aus- und
Abwanderung zurück: 1871 132, 1887 141, 1900 114 (10,1 % von 1.134), 1910 107
(7,9 % von 1.350). Zur jüdischen Gemeinde
gehörten auch die in Sickingen, nach 1894 auch die in Bauerbach
lebenden jüdischen Personen (in Sickingen 1924/32
jeweils 13 Personen: Familien Heidelberger und Heumann). Die jüdischen Familien lebten
überwiegend vom Viehhandel.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
jüdische Schule (zunächst in dem Gebäude Samuel-Friedrich-Sauter-Str. 14;
1853 Bezug eines anderen Hauses; 1876 Auflösung der Konfessionsschulen, 1896
oder kurz danach wurde ein neues Gemeinde- und Schulhaus erbaut, in dem sich
auch die Lehrerwohnung befand:
Gochsheimer Straße 16, in den 1970er-Jahren abgebrochen), ein rituelles Bad und
ein Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein
Lehrer
angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe
Ausschreibungstexte der Stelle unten). Im 19. Jahrhundert war 35 Jahre Lehrer am
Ort Wolf Flehinger (1840-1875, Artikel zu seinem Tod s.u.). Von 1887 an
war Lehrer Schweizer am Ort - er konnte 1911 in Flehingen sein
50jähriges Dienstjubiläum feiern (siehe Bericht unten). Nach dem Tode von
Lehrer Schweizer (1916) folgte Lehrer Isaak Rabinowitz (bis Anfang der
1920er-Jahre, danach Lehrer Moses Schloß, s.u.).
Die Gemeinde
wurde 1827 dem Rabbinatsbezirk Bretten zugeteilt.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Ferdinand
Schlesinger (geb. 7.2.1889 in Flehingen, gef. 21.9.1914), Gefreiter Hermann Barth
(geb. 12.6.1890 in Flehingen, gef. 31.3.1918) und Louis Barth (geb. 11.7.1885 in
Flehingen, gef. 26.3.1916). Ihre Namen stehen auf dem
Gefallenendenkmal der Gemeinde an der Gochsheimer Straße. Außerdem ist
gefallen: Josua (Josef) Stahl (geb. 16.6.1884 in Flehingen, vor 1914 in Mannheim
wohnhaft, gef. 22.8.1914).
Um 1924, als zur jüdischen Gemeinde 86 Personen gehörten (6,3 % von
insgesamt 1.384 Einwohnern), waren die Gemeindevorsteher Berthold Ackermann,
Louis Barth und Theodor Ettlinger. Als Lehrer war Bernhard Lehmann tätig. Er
erteilte damals 7 jüdischen Kindern den Religionsunterricht. An jüdischen Vereinen
gab es u.a. den Wohltätigkeits- und Bestattungsverein Chewra Kadischa (Israelitischer
Männerverein; mit einer Schiur am Schabbat; Leitung 1924/32 Heinrich
Weingärtner) sowie den Israelitischen Frauenverein (Zweck und Arbeitsgebiete:
Unterstützung Hilfsbedürftiger, Bestattungswesen). 1932 waren die
Gemeindevorsteher Louis Barth (1. Vorsitzender), Elias Heidelberger (2.
Vorsitzender), Robert Schlesinger (3. Vorsitzender) sowie 2 weitere Mitglieder
der Gemeinde. Als Lehrer und Schochet war inzwischen Moses Schloß angestellt.
Er unterrichtete im Schuljahr 1931/32 7 Kinder in Religion.
1933 gab es unter den jüdischen Gewerbetreibenden noch ein Dutzend
Viehhändler; außerdem waren sechs Ladengeschäfte im Besitz jüdischer Familien. Im
einzelnen handelte es sich um folgende Handels-
und Gewerbebetriebe: Fa. Berthold Ackermann (Gochsheimer Straße 4,
Lagerhaus Bahnhofstraße 30), Handelsmann Gustav Barth (Bissinger Straße 24),
Handelsmann Heinrich Weingärtner (Bissinger Straße 22, abgebrochen),
Handelsmann Louis Barth (Gochsheimer Straße 25), Viehhandlung Wolf Barth (Gochsheimer
Straße 25), Viehhandlung Wolf Barth (Samuel-Friedrich-Sauter-Straße 8),
Handelsmann Elias Heidelberger (Am Senselberg 3), Handelsmann Nathan
Heidelberger (Frank-von-Sickingen-Straße 18), Viehhandlungen Maier/Mannheimer
und Kahn (Bissinger Straße 39), Handelsmann Moses Schlessinger (Samuel-Friedrich-Sauter-Straße
7), Eisenwarenhandlung Robert Schlesinger (Bahnhofstraße 3), Schuhmachergeschäft
Siegmund Uhl (Bissinger Straße 4), Handelsmann Hugo Weingärtner (Gochsheimer Straße
12), Handelsmann Viktor Weingärtner (Samuel-Friedrich-Sauter-Straße 6).
1933 lebten noch 72 jüdische Personen in Flehingen. Auf Grund der
in den folgenden Jahren zunehmenden Repressalien, der Entrechtung und der Folgen
des wirtschaftlichen Boykotts verließen die meisten der jüdischen Einwohner
Flehingen: 1937 wurden noch 32, 1939 noch 24 jüdische Einwohner gezählt. Beim Novemberpogrom
1938 wurde die Synagoge niedergebrannt (s.u.). Von den jüdischen
Einwohnern, die bis 1940 auswandern konnten, sind 47 in die USA, 1 in die
Schweiz, 1 nach Kanada, 3 nach Frankreich (diese 3 Personen der Familie Uhl
wurden jedoch von ihrem Fluchtort deportiert und sind umgekommen). Am 21.
Oktober 1940 wurden die letzten 9 jüdischen Einwohner aus Flehingen nach Gurs
deportiert.
Von den in Flehingen geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Sofie Ackermann
(1887), Berta
Bär geb. Hausmann (1886), Beate Bärtig, Eda (Edda) Barth geb. Schlesinger
(1896), Recha Bärtig geb. Schlessinger (1894), Heinrich Barth (1888), Heinrich
Barth (1889), Hermann Barth (1889), Jeanette Barth geb. Schönfärber (1872),
Johanna Barth geb. Kaufmann (1880), Josef Barth (1890), Julius Barth (1891),
Lazarus Barth (1887), Lazarus Barth (1887), Leo Barth (1901), Toni Baum geb.
Bierig (1886, vgl. Erinnerungsblatt
des "Aktiven Museums" Spiegelgasse Wiesbaden),
Karoline Bierig (1878), Philipp Blüthe (1909), Isak Flehinger (1874), Flora
Greilsheimer geb. Mannheimer (1908), Karoline Greilsheimer geb. Schlessinger
(1905), Mirjam Greilsheimer geb. Barth (1893), Lina (Mira) Gutmann (1892),
Amalie Heidelberger geb. Gutman (1884), Elias Heidelberger (1869), Nathan
Heidelberger (1873), Berta Heilbrunn geb. Flehinger (1883), Josef Herrmann
(1866), Frieda Herz geb. Bierig (1879),Zidonia Kahn geb. Bierig (1884), Therese
Kaufmann geb. Heidelberger (1857), Therese Kaufmann (1867), Leonie Lehmann geb.
Meier (1887),
Martha Lieben (1891), Hermine Rothschild (1881), Fanny Schlessinger geb.
Kaufmann (1895), Gottschalk Schlessinger (1852), Leon Schlessinger (1888),
Robert Schlessinger (1886), Jakob (Jukal) Schloß (1880), Hermine Simon (1890),
Baruch Stahl (1876), Lina Stahl (1910), Emmi Uhl (1905), Natalie Uhl geb.
Billigheimer (1869), Sara Uhl (1905), Siegmund Uhl (1876).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1875 /
1877 / 1885 / 1887
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Dezember 1875:
"Die Religionsschulstelle zu Flehingen, womit Vorsänger- und
Schächterdienst verbunden, wird andurch mit einem Fixum von 850 Mark, 400
Mark Gefallen und freier Wohnung zur baldigen Bewerbung und Einsendung der
Abschriften von Befähigungs- und Sittenzeugnissen ausgekündigt.
Bruchsal, 27. Dezember 1875. Das Bezirksrabbinat." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Januar 1877: "Die
israelitische Religionslehrerstelle in Flehingen, womit Kantor- und
Schächterdienst verbunden, wird mit einem festen Gehalt von Eintausend
Mark, 300 Mark Gefällen und freie Wohnung andurch zur Bewerbung innerhalb
3 Wochen ausgeschrieben. Tüchtige, in obigen Berufszweigen
qualifizierte Lehrer wollen ihre Bewerbungen mit Zeugnissen und curriculum
vitae belegt, franco anher gelangen lassen.
Bruchsal, 3. Januar 1877. Das Bezirksrabbinat." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. Juni 1885: "Durch
die Beförderung des Lehrers ist die Religionsschul-, Kantor- und
Schächterstelle in Flehingen, Rabbinatsbezirk Bretten, in Erledigung
gekommen. Das Einkommen besteht in einem jährlichen Fixum von 600 Mark,
freier Wohnung und 500-600 Mark Nebenverdienst, wozu noch für 1mal
wöchentliche Unterrichterteilung etc. in dem benachbarten Bauerbach die
Emolumenten von ca. 100 Mark kommen dürften.
Geeignete - in erster Reihe ledige - Bewerber haben ihre Meldungen unter
Darlegung ihres Lebens- und Studienganges mit Nachweis über Befähigung
und sittliche religiöse Führung über Befähigung nur in
Zeugnisabschriften, da die diesbezüglichen Schriftstücke unbedingt nicht
zurückgegeben werden, innerhalb 14 Tagen franco an die Großherzogliche
Bezirks-Synagoge Bretten gelangen zu lassen.
Bretten (Baden), den 16. Juni 1885. Schlessinger, Bezirksrabbiner." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. September 1887:
"Die Religionsschul-, Vorsänger und Schächterstelle zu Flehingen,
Bezirksrabbinat Bretten, womit ein jährliches Fixum von 700 Mark, freie
Wohnung und 500 Mark Nebenverdienst verbunden, wird wegen Verheiratung des
bisherigen Inhabers nach auswärts zur Wiederbesetzung auf 1. November
hiermit ausgekündigt. Qualifizierte Bewerbe wollen baldmöglichst -
jedenfalls innerhalb 3 Wochen - ihre frankierte Meldungen mit den nicht
zurückzugebenden Abschriften ihrer Zeugnisse über Studiengang und
Wirksamkeit gelangen lassen an die Großherzogliche Bezirkssynagoge
Bretten." |
Zum Tod von Lehrer Wolf Flehinger (1840 bis 1875 Lehrer in Flehingen)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Dezember 1875:
"Wiesloch, 7. November (1875). Leider hat der unerbittliche Tod
wieder einen würdigen Mann aus unserer Mitte gerissen. Am vergangenen
Mittwoch, dem 5. Marcheschwan (= 3. November 1875), verschied nach nur
zweitägiger Krankheit der Religionslehrer Wolf Flehinger von Flehingen.
Nach Kundwerden eilte Schreiber dieses, ein früherer Schüler des
Verstorbenen, nach dort, um demselben die letzte Ehre zu erweisen.
Flehinger wirkte als Lehrer, Vorbeter und Schochet über 35 Jahre in
seiner Heimatgemeinde zur größten Zufriedenheit seiner Gemeinde und
seiner Behörde. Bei seinem Onkel, Rabbiner Feidel - seligen Andenkens
- (gemeint: Rabbiner Veit Flehinger, 1794-1854 Rabbiner in Flehingen)
in Bretten erwarb derselbe sich ein tiefes Wissen in unserer heiligen
Tora, sodass er in diesem Fache mehr als ein gewöhnlicher Religionslehrer
ausgerüstet war, und dieses veranlasste ihn auch, als echter Jehudi zu
leben, und befähigte ihn, seiner Gemeinde stets als Vorbild
voranzuschreiten und dieselbe immer in echter Religiosität zu erhalten.
Mit besonderer Vorliebe bekundete er stets die drei Grundpfeiler unserer
heiligen Religion, Tora, Gottesdienst und Wohltätigkeit. Es war ihm eine
wahre Freude, der Armen zu gedenken, besonders derjenigen in Erez Israel.
Herr Bezirks-Rabbiner Schleßinger aus Bruchsal hielt die Leichenrede und
sprach über die Worte 'die auf den Ewigen hoffen, legten an neue Kraft'
(Jesaja 40,31) aus der dieswöchigen Haftara (prophetischen Lesung) in
sehr beredter Weise; er wusste eine lebhafte Schilderung über den
Verstorbenen zu geben, zumal er den Verblichenen kannte, das Schleßinger
selbst ein Schüler Flehingers war. Dass er ein angesehener Bürger und
Kollege war, bezeugte die Leichenbegleitung; sogar viele Nichtisraeliten
beteiligten sich an dem Leichenzuge; ja von nah und fern eilten Freunde
herbei, ihm die letzte Ehre zu erweisen.
Der Verewigte erreichte ein Alter
von 69 Jahren und hinterlässt eine tief trauernde Witwe mit 4 Kindern.
Die Gemeinde Flehingen verliert in ihm einen teuern Freund und Genossen,
der Lehrerstand einen wackern Amtsbruder. Möge er aufgenommen werden in
den Bund des ewigen Lebens. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des
Lebens. Ackermann, Lehrer." |
50-jähriges Dienstjubiläum von Lehrer Schweizer (1911)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27. April 1911: "Flehingen
(Baden), 17. April. In voller körperlicher Rüstigkeit beging hier am 2.
dieses Monats Herr Lehrer Schweizer sein 50jähriges Dienstjubiläum. Die
jüdische Religionsgemeinde ließ es sich nicht nehmen, diesen Tag zu
einem allgemeinen Festtag zu gestalten. Nachmittags 3 Uhr fand ein feierlicher
Gottesdienst statt, wobei Herr Bezirksrabbiner Schlesinger - Bretten die
Festpredigt hielt. Nach Beendigung desselben zogen alle Teilnehmer - die
vollzählige israelitische Gemeinde, der Gemeinderat mit dem
Bürgermeister an der Spitze und die sonstigen offiziellen Persönlichkeiten
des Orts - in feierlichem Zuge zum Gasthaus zum 'Adler'. In einer Reihe
von Ansprachen wurde hier der Jubilar unter gleichzeitiger Überreichung
passender Ehrengeschenkte gefeiert. Herr Synagogenvorsteher Schlesinger
sprach für die Gemeinde, Herr Lehrer Levy - Berwangen
im Namen der Kollegen des Bezirks und Herr Hauptlehrer Stahl - Mannheim
für die ehemaligen Schüler. In bewegten Worten dankte der Gefeierte für
die ihm erwiesene Ehrung. Der Abend vereinigte nochmals Jung und Alt im
'Adlersaal'. Es galt, sich an den wohl gelungenen Theateraufführungen der
'einheimischen Künstler' zu erfreuen." |
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Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. April
1911: "Flehingen (Baden). Lehrer Schweizer feierte unter
zahlreichen Ehrungen sein 50jähriges Dienstjubiläum." |
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Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 21. April 1911: "Herr Lehrer Schweitzer in Flehingen
beging am 8. dieses Monats unter großen Ehrungen seitens der Behörde und
seiner Gemeinde sein fünfzigjähriges Amtsjubiläum. Möge dem treuen
Beamten ein froher Lebensabend beschieden
sein". |
Lehrer Isaak Rabinowitz kommt nach Flehingen (1916)
Mitteilung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. September
1916: "Flehingen. Als Nachfolger des verstorbenen Lehrers
Schweizer ist Lehrer Isaak Rabinowitz aus Odernheim, Sohn des vor einem
Jahre in Frankfurt am Main verstorbenen Reb Schmul Rabinowitz, gewählt
worden." |
Beitrag von Lehrer Moses Schloß über "Der neue
badische Lehrplan" (1932)
Anmerkung (Angaben auf Grund der intensiven Recherchen von Wolfgang Schönfeld,
Flehingen 2012): Lehrer Moses Schloß ist am 14. August 1871 in Külsheim
geboren. Er war verheiratet mit Lea geb. Wechsler, die am 13. Juni 1870 im
oberfränkischen Aschbach geboren ist. Moses Schloß war Mitte der
1920er-Jahre Lehrer in Diersburg, bis er
Anfang 1932 (Angaben des Ortsarchives Flehingen - Melderegister) nach Flehingen wechselte. Er war der letzte
Lehrer und Kantor der jüdischen Gemeinde in Flehingen. Am 10. Juli 1940
verließ er Flehingen (Angabe des Ortsarchives Flehingen), um mit
seiner Frau in das jüdische Altersheim ("Friedrichsheim") in
Gailingen zu ziehen. Von hier wurden Moses und Lea Schloß am 22. Oktober 1940
in das südfranzösische Konzentrationslager Gurs
deportiert. Ein Gedenkblatt bei Yad Vashem ist zu Moses Schloss vorhanden, allerdings keine
Eintragung im Gedenkbuch des Bundesarchives. Nach weiteren Recherchen von
Wolfgang Schönfeld (Auskunft vom 19.3.2012) befand sich Moses Schloss im
Februar 1943 in einem "Heim für alte Männer" im Département
Corrèze (Link).
Im März 1943 kam das Ehepaar Schloss vom Lager Nexon (Haute Vienne) in ein
Altersheim nach Cornil (Dep. Corrèze), wo sie bis Kriegsende untergebracht
waren. Lea Schloss starb am 11. September 1945. Moses Schloss verließ Cornil im
Mai 1946. Er starb am 15. Dezember 1946 in Périgueux und wurde im
israelitischen Teil des Cimetière de l'Ouest beigesetzt.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1932: "Der
neue badische Lehrplan" von Lehrer Schloss in Flehingen". Der
Artikel wird nicht ausgeschrieben - bei Interesse zum Lesen bitte
anklicken" |
Beitrag von Lehrer Moses Schloß über "Von der Ausbildung von
Hilfsvorbetern" (1934)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. August 1934: "Von
der Ausbildung von Hilfsvorbetern von Lehrer Schloß in Flehingen". Der
Artikel wird nicht ausgeschrieben - enthält jedoch einige Details
zur Unterrichtspraxis von Lehrer Schloß - bei Interesse zum Lesen bitte
anklicken." |
Grab-/Gedenkstein für Moses Schloß auf dem
Friedhof - Cimetière de l'ouest - in Périgueux
(Fotos: Wolfgang Schönfeld, Aufnahmedatum 9.9.2012)
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Der
Grab-/Gedenkstein für Moses Schloss und weitere Personen auf dem
Cimetière de l'Ouest in Périgueux. Es handelt sich um einen allgemeinen,
nicht um einen speziell jüdischen Friedhof. Auf diesem allgemeinen
Friedhof sind jedoch auch jüdische Personen beigesetzt.
Das Grab von Lea Schloss auf dem
Friedhof des ehemaligen Centre de Rabès in Cornil existiert nicht mehr.
Der Friedhof wurde nach Ablauf der dortigen Liegezeiten neu belegt
(Informationen von Wolfgang Schönfeld) |
Aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Zwei Israeliten werden in
bürgerliche Ämter gewählt (1868)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. September 1868: "Flehingen
(Baden). Von der liberalen Gesinnungsweise der hiesigen politischen
Gemeinde zeugt die erfreuliche Tatsache, dass bei den jüngst hier
stattgefundenen Wahlen zwei Israeliten, und zwar einer zum großen
Gemeinde-Ausschusse und ein zweiter zu den Kreiswahlmännern, mit großer
Majorität gewählt wurden. Fl...." |
Bericht über fromme jüdische Viehhändler aus
Flehingen (1898)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. März 1898: "Eppingen,
9. März (1898). Es ist ein wahrhaft wohltuendes Gefühl, wenn man in der
heutigen, religiös-indifferenten Zeit die Wahrnehmung macht, dass es -
Gott sei Dank - noch viele Jehudim gibt, welche sich Zeit, Mühe und Geld
kosten lassen, um die Pflichten ihres Glaubens pünktlich zu erfüllen.
Ein solch angenehmes Gefühl überkam uns, als hier am jüngsten Montag
aus dem Abend sechs Uhr Zuge drei einfache Handelsleute aus Flehingen
(Baden) entstiegen, um im öffentlichen Gottesdienste die Megilla (sc.
Lesung auf dem Buch Ester zum Purimfest). Dieselben waren an diesem Tage
auf einem berühmten Viehmarkte in Kirchheim
unter Teck (Württemberg), und beabsichtigten noch am gleichen Tage in
ihren Heimatort zu reisen, doch der Fahrplan zeigte ihnen, dass sie erst
nach der öffentlichen Lesung eintreffen konnten. Sie benützten deshalb
den Schnellzug nach Heilbronn und kamen um sechs Uhr hier (sc. Eppingen)
an. Nach Beendigung des Gottesdienstes war es gerade Zeit, die Reihe per
Bahn fortzusetzen und um acht Uhr waren sie zuhause. Diese braven Männer
sind die Herren Gottschalk Schlessinger (Bruder des Herrn Bezirksrabbiners
Schlessinger in Bretten), Simon Barth (naher Verwandter des Herrn
Professors Barth in Berlin) und Theodor Ettlinger, ebenfalls aus einer
angesehenen Familie. E." |
Der "Israelitische Frauenverein" feiert sein
25-jähriges Bestehen (1911)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Januar 1911: "Flehingen
(Baden), 5. Januar (1911). Der hiesige 'Israelitische Frauenverein' konnte
dieser Tage auf eine 25jährige segensreiche Wirksamkeit zurückschauen.
Aus diesem Anlass fand am 31. Dezember im Gasthaus zum 'Adler' eine kleine
Feier statt, an der sich alle Mitglieder beteiligten. Herr Reallehrer
Hausmann von hier, zur Zeit in Mosbach, gedachte in einer Ansprache der
Entstehung, Entwicklung und Tätigkeit des Vereins. Die Verdienste, die
sich Herr Lehrer Schweizer seit 23 Jahren durch uneigennützige Führung
des Vereins erworben hat, brachte derselbe dadurch zum Ausdruck, dass die
eine Vorsteherin des Vereins, Frau Bierig, ihm ein schönes Geschenk mit
sinniger Ansprache überreichte. Die Feier, die in allen Teilen als recht
gelungen bezeichnet werden kann, hielt die Teilnehmer bis in die
Morgenstunde beisammen." |
Gründung einer Agudas-Jisroel-Frauen- und
Mädchengruppe (1918)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 6. Dezember
1918: "Aus der 'Agudas Jisroel' - Bewegung. Flehingen. Heute wurde
hier eine Agudas-Jisroel-Frauen- und Mädchengruppe' ins Leben gerufen.
Lehrer Rabinowitz wusste trefflich die Ziele und Zwecke der Agudo
klarzulegen. Er begründete die unbedingte Notwendigkeit eines religiösen
Vereins durch die Darstellung der jetzigen jüdischen Verhältnisse im
Gegensatz zu den früheren Zeiten. Ferner brachte er zum Ausdruck, dass
die Agudo den Zweck hat, das Judentum in einen Bund zu vereinigen, um sich
so mit der Thora zu beschäftigen und das große Feld des jüdischen
Gebiets zu bearbeiten. Das erfreuliche Resultat dieses Vortrags war der
Abschluss sämtlicher Damen als Mitglieder. Frl. Nanny Barth, welche in
Karlsruhe bereits aktiv in der Agudo tätig war, wurde als Schriftführerin
ernannt. Vorgesehen ist die Durchnahme von Dinim, sowie der laufenden
Wochenabschnitte. Ferner sollen Vorträge über jüdische Geschichte und
Literatur sowie über aktuelle jüdische Fragen gehalten werden." |
Berichte über
einzelne Personen aus der Gemeinde
Zum Tod von Isaak Weimann (1868)
Anzeige
in der "Karlsruher Zeitung" vom 1. Juni 1868: "Bretten.
Aufforderung unbekannter Gläubiger der Verlassenschaft des Isaak Weimann
von Flehingen. Der Synagogenrat Flehingen hat anher vorgetragen,
dass Isaak Weimann von da am 4. September 1865 gestorben sei mit
Hinterlassung eines überschuldeten Vermögens, und dass dessen Erben deshalb
auf die Erbschaft verzichtet haben. Nach Bezahlung der bevorrechteten
Gläubiger habe dessen Vermögen 48 fl. 48 kr. betragen, während die
israelitische Gemeinde an den Nachlass 98 fl. 25 kr. zu fordern habe. Auf
Antrag der israelitischen Gemeinde und nach Ansicht der b.P.O. §§ 684,690
werden wir dieselbe ermächtigen, die 48 fl. 48 kr. zu erheben, wenn nicht
innerhalb 2 Monaten Einsprache hiergegen bei uns erheben wird. Bretten,
den 23. Mai 1868. Großherzoglich badisches Amtsgericht. Kamm." |
Zum Tod von Jakob Weingärtner (1889)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Mai 1889: "Nachruf.
(unlieb verspätet). Am 1. Tage der Halbfeiertage des Pessachfestes
bewegte sich ein kaum übersehbarer Leichenkondukt durch die Straßen
unseres Ortes, welcher die sterblichen Reste eines edlen Dulders unter
Beteiligung alles Konfessionen wie zahlreicher Freunde und Bekannter von
Nah und Fern zur Stätte der ewigen Ruhe geleitete. Der teure Verblichene,
Jacob Weingärtner von hier, im Alter von nur 54 Jahren, wurde vor 12
Jahren von einem schweren, eine Operation nach sich ziehenden Lungenleiden
befallen, welches er bis zu seinem Hinscheiden mit der größten Geduld
und Seelenruhe, die nur einem gläubigen Gemüte eigen, ohne ein Wort der
Klage, ertrug. Der Verewigte war ein wichtiger Mann und echte Jehudi
und erwarb sich durch sein bescheidenes, friedliches und gottgefälliges
Leben und durch sein menschenfreundliches und herztätiges Schaffen und
Wirken die Liebe und Achtung Aller, weit über die Grenzen seines
Heimatortes hinaus; er war (in der vollen Bedeutung des Wortes) 'Jakob,
ein schlichter Mann, wohnend in Zelten' (1. Mose 25,27). Derselbe
verwaltete eine Reihe von Jahren mit größter Gewissenhaftigkeit das Amt
eines Vorstehers, bis er dasselbe wegen Zunahme seiner Leiden
niederzulegen genötigt war; ebenso fungierte er Jahre lang durch sein
Genie und seine liebliche Stimme und vorzüglichen Vortrag als gern
gehörter Vorbeter an den ehrfurchtgebietenden Tagen und ließ er
sich's doch nicht nehmen, noch am letzten Jom Kippur, trotz
seiner äußerst geschwächten Gesundheit, das Nidre- und Neila-Gebet
vorzutragen. Die Gemeinde verliert an dem Verblichenen eines der edelsten
ihrer Mitglieder. Herr Bezirksrabbiner Schlesinger in Bretten, wegen des
Halbfeiertages von einer Leichenrede Umgang nehmend, richtete vor dem
Trauerhause tief ergreifende, von Herzen kommende und zu Herzen gehende
Trostworte an die Leidtragenden. So möge denn der Allgütige die schwer
gebeugte Familie trösten. Seine Seele sein eingebunden in den Bund des
Lebens. Flehingen (Baden), 2. Mai 1889." |
Zum Tod von Nanette Barth (1892)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juni 1892: "Wiesloch,
7. Juni (1892). Diese Woche starb in Flehingen bei Bretten, wenige
Tage nach einem Sturze in den Keller, die verwitwete Frau Nanette Barth.
Zu ihrem Leichenbegängnis eilten ihre Kinder, Verwandten und Freunde aus
der Nähe und Ferne, um der teueren Toten die letzte Ehre zu bezeugen. Die
Beteiligung bei dem Leichenbegängnis war überaus zahlreich, sogar die
christliche Bevölkerung nahm großen Anteil daran; es zeigte sich da
deutlich, welcher hoher Achtung und Beliebtheit sich die Verstorbene unter
allen Einwohnern des Dorfes erfreute. Im Trauerhause widmete der Schwiegersohn,
Herr Lehrer Ehrenreich aus Wertha (gemeint: Wehrda) bei Fulda, der
Dahingeschiedenen einen herzergreifenden Nachruf. Auf dem Friedhof hielt
Herr Bezirksrabbiner Schlesinger in Bretten die eigentliche Leichenrede
und gab in herrlichen Gedanken einen erhabenen Lebensabriss der
Verstorbenen, die eine wahre wachere Frau gewesen, wobei kein Auge
tränenleer blieb. Hierauf ergriff Herr Professor Dr. Barth aus Berlin,
ein Stiefsohn der Verstorbenen, schmerzerfüllt das Wort. Mit durch
tränenerstockter Stimme sprach er seiner unvergesslichen Mutter, die ihn
im arten Kindesalter erzog, da ihm seine eigene Mutter, Schwester der
Verstorbenen, vor jetzt 28 Jahren durch den Tod entrissen worden, im Namen
seiner übrigen 9 Geschwister den Dank aus, für all das Gute, das sie in
aufopfernder Liebe und Treue erwiesen. Am 8. Juni sollte die
Hochzeitsfeier eines ihrer Söhne stattfinden, wozu schon alle
Vorbereitungen getroffen waren. Der Lenker aller menschlichen Schicksale,
der Gebieter über Leben und Tod hat es anders gewollt; es wurde aus dem
Trauhaus ein Trauerhaus, aber 'es ist besser zu gehen in das Haus der
Trauer als zu gehen in das Haus des Mahls' (Prediger 7,2)." |
Zum Tod von Prof. Dr. Jakob Barth (1914)
Anmerkung:
Jakob Barth (1851 Flehingen - 1914
Berlin): Orientalist, 1874 Dozent am Berliner Rabbinerseminar und Prof. der
semitischen Philologie an der Universität Berlin (bis 1914), einer der
bedeutendsten Orientalisten seiner Zeit (Arbeiten zur Semitistik, Bibelexegese,
Ausgaben arabische Handschriften), gehörte vielen jüdischen Organisationen und
dem Verband der deutschen Juden an führender Stelle an.
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 30. Oktober
1914: "Professor Jakob Barth. 'Chaval ad de-awdin we-le
mischtakchin - Wehe, über die, die dahingegangen, und die nicht zu
ersetzen sind!'
Ja, unersetzlich ist der Verlust, den das deutsche Judentum und die
Wissenschaft des Judentums erlitten. Ein genialer Sprachforscher, der in
den Annalen der Semitistik dauernd fortleben wird, und ein wahrhaft
gläubiger Jude ist mit ihm dahingegangen. Was er der allgemeinen
Wissenschaft gewesen, das wird sicherlich an anderen Stellen gebührend
gewürdigt werden, was er der jüdischen Wissenschaft gewesen, auch das
lässt sich im Rahmen eines Nachrufes nur andeutungsweise sagen.
Vierzig Jahre lang hat er in einzigartiger Weise den Hörern des
Rabbinerseminars die Propheten und unsere anderen heiligen Schriften
erklärt. Er musste sich da eigene Wege bahnen; es waren fast gar keine
Vorarbeiten vorhanden, die für eine wissenschaftliche und doch mit
unserer Tradition zu vereinbarende Exegese brauchbar waren. Dass er es
fertig brachte, strengste Wissenschaftlichkeit und strengste Gläubigkeit
restlos miteinander zu vereinen, ist eine Großtat, die - zum Nacheifern
anfeuernd - noch in späteren Generationen nicht vergessen werden wird.
Wie schwer die Arbeit war, die der Heimgegangene damit leistete, kann nur
der ermessen, der die oft blendenden und dabei sich doch oft selbst
widerlegenden Thesen auf dem Gebiet der Bibelexegese kennt und weiß,
welch einen ungeheuren Schaden sie auch in jüdischen Kreisen angerichtet
hat.
Mit bewundernswürdiger Klarheit verstand er es, auch die schwierigsten Stellen
in unserem heiligen Schrifttum zu meistern, Gedankengänge aufzudecken,
die anderen Forschern bis dahin verborgen waren und dann doch so einfach
schienen. Vor allem aber war er ein unerreichter Meister in der rein
sprachlichen Durchdringung der Bibel. Auf diesem Gebiete und in der Erforschung
des Baues der hebräischen Sprache haben seine genialen Anschauungen fast
allgemeine Anerkennung gefunden. Es ist hier nicht der Platz, um auf
Einzelnes einzugehen, aber sein grundlegendes Werk: 'Die Nominalbildung in
den semitischen Sprachen' mag wenigstens genannt werden.
Nun ist dieser große Mann dahingegangen, und doppelt groß ist der Schmerz,
dass es die meisten von uns ganz unvorbereitet getroffen hat. Wir hatten
keine Zeit, wie sonst wohl einmal im Leben, uns widerstrebend und dennoch
langsam auf einen drohenden Verlust vorzubereiten. Scheinbar kerngesund
ging er noch im Sommersemester seinen Pflichten nach, und niemandem mochte
wohl der Gedanke kommen, dass wir so bald an seiner Bahre stehen würden.
Ach, wie viel Jahre hätten wir uns noch seiner Führung erfreuen wollen,
und nun - müssen wir uns in das plötzlich Hereingebrochene
schicken.
Mag uns der Gedanke trösten, wie es auch sein Schwager, Dr. Meier
Hildesheimer, in seinen zu Herzen gehenden Worten an der Bahre sagte, dass
ihm der Allmächtige langes Siechtum ersparen wollte und den Schmerz und
den Verlust seines Sohnes, unseres lieben, um den Misrachi in Berlin so
verdienten jungen Gesinnungsgenossen, Dr. Heinrich Barth, der eben
ausgezeichnet mit dem Eisernen Kreuze, auf dem Felde der Ehre fürs
Vaterland fiel.
Der Allmächtige tröste seine gesamte Familie, vor allem seine würdige
Gattin, eine Tochter unseres großen Meisters Rabbi Esriel Hildesheimer.
Mag der Gedanke mithelfen, ihren Schmerz zu lindern, dass Israel mit ihnen
trauert um den großen Sohn und den großen Gelehrten. Dr. H. P.,
Berlin." |
"Geheimer
Regierungsrat Professor Dr. Jakob Barth, 1751 in Flehingen geboren, begann
1873 als Dozent an der Berliner Universität seine Lehrtätigkeit. Sein
Lehrbezirk umfasste arabische und syrische Sprache und Erklärung älterer
arabischer Schriftdenkmäler. Sehr geschätzte waren besonders seine
Vorlesungen über den Koran, in dessen gründlicher Kenntnis er mit seinem
Lehrer und Freunde Th. Nöldeke wetteiferte. Seinen Ruf in der
Wissenschaft begründete Barth mit einer sehr sorgfältig kommentierten
Ausgabe des 'Kitab al fasih' des arabischen Grammatikers Thalab, zu der er
umfassende Handschriften-Vergleichungen in den Bibliotheken von Berlin,
Leiden und Rom vorgenommen hatte. Aus einer Reihe von Einzelstudien zur
vergleichenden Grammatik der semitischen Sprachen, die er in der
Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft veröffentlicht
hatte, ging sein linguistisches Hauptwerk 'Die Nominalbildung in den
semitischen Sprachen' hervor, das in zwei Abteilungen 1889 und 1891
erschien und allseitig Beachtung fand. Der Standpunkt der vergleichenden
Betrachtung der semitischen Sprachen, den Barth in diesem Werke einnimmt,
führte zu einer längeren und ziemlich heftigen Polemik mit Paul de
Lagarde. Auch auch Lagarde musste die außerordentliche Beherrschung der
sprachlichen Einzelheiten und die Fülle neuer Bemerkungen bei seinem
Gegner anerkennen, Vorzüge, die auch dessen spätere 'Etymologische Studien
zum semitischen, insbesondere zum hebräischen Lexikon' auszeichnen. Auch
als Herausgeber arabischer Literaturdenkmäler hat er Vortreffliches
geleistet: so in den Ausgaben der Annalen des Tabai (Bd. 1) und des
Divân des Kutami (1901).
Aus seiner Lehrtätigkeit am Rabbinerseminar gingen verschiedene
kritisch-exegetische Schriften zur Bibel hervor, unter denen die
'Beiträge zur Erklärung des Buches Hiob' und 'Beiträge zur Erklärung
des Jesaja' die wichtigsten sind. -
Zur Beisetzung auf dem Friedhofe des 'Adaß Jisroel'-Gemeinde (in Berlin)
waren Rektor Geheimrat Professor Kipp sowie sämtliche Fachkollegen der
großen Semitologen erschienen. Es sprachen Rabbiner Dr. Munk, Rektor Dr.
Hoffmann vom Rabbinerseminar und Dr. Meier Hildesheimer. Die letzte Ehrung
wirkte umso ergreifender, als auch gleichzeitig dem auf dem Felde
gefallenen Sohn die letzte Ehrung ward." |
Artikel von Rudolf Leszynsky über Prof. Dr. Jakob Barth
(1914)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 6. November 1914: "Vor etwa 45 Jahren wurde einem Primaner
des Gymnasiums in Karlsruhe die vom Großherzog Friedrich gestiftete
goldene Medaille des Fichtepreises überreicht für den besten Vortrag
über Fichtes Reden an die deutsche Nation. Dieser Schüler war Jacob
Barth, der spätere außerordentliche Professor der semitischen Philologie
in Berlin. Die hervorragende Begabung, die den jungen Mann schon in so
frühen Jahren auszeichnete, führte ihn später zu Erfolgen, die auf ganz
anderen Gebieten lagen. Im Anfang fühlte er Neigung zu Rabbinerberuf, da
er aus einer frommen Familie in Flehingen in Baden stammte und
schon von frühester Jugend an Unterricht in Bibel und Talmud genossen
hatte...."
Zum weiteren Lesen bitte Textabbildung anklicken |
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Unteroffizier Schlessinger wird ausgezeichnet und gefördert (1915)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. September 1915: "Flehingen
(Baden), 30. August (1915). Herr Schlessinger, Unteroffizier im 22.
bayerischen Infanterie-Regiment, erhielt das Eiserne Kreuz und wurde zum
Feldwebel befördert." |
Beisetzung des "im Dienste des Vaterlandes" gefallenen Louis Barth
(1916)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. April 1916:
"Flehingen, 14. April (1916). Am 30. vorigen Monats fand hier
unter großer Beteiligung von nah und fern, aller Schichten der
Bevölkerung und zweier Kriegervereine mit umflorter Fahne die Bestattung
des vor wenigen Tagen im Dienste des Vaterlandes gefallenen Louis Barth,
Sohn des Herrn Leopold Barth von hier, statt. Alle Liebe und Verehrung wie
die ganze Fülle des Schmerzes und der Teilnahme an dem Verlust des
einzigen Sohnes und Bruders kamen in einer Weise zum Ausdruck, die den
Angehörigen einigen Trost in ihrem tiefen Leid bieten muss. Der erst
31jährige junge Mann, bereits am vierten Mobilmachungstage eingerückt,
beobachtete unter großen Schwierigkeiten und persönlichen Opfern soviel
als tunlich alle religiösen Vorschriften unserer Religion. Sein Freund
und Kriegskamerad Herr Nachmann aus Rastatt,
in einem Regiment mit ihm stehend, machte es sich zur Ehrenpflicht, den
teueren Heimgegangenen unter großen Opfern und Gefahren heimzugeleiten,
um die sterbliche Hülle desselben in heimatlicher Erde bestatten zu
können. Vor dem Trauerhause sprach Herr Dr. Grzymich (statt: Gryzmisch),
Bezirksrabbiner von Bruchsal, tief
empfundene Worte des Abschieds und des Trostes. Möge die schwer geprüfte
Familie, die bereits dem teuren Vaterland ihren Tribut durch den Heldentod
zweier braver und tüchtiger junger Männer gezollt hat, vor weiteren
herben Schicksalsschläge bewahrt bleiben." |
Zum Tod des Beschneiders und langjährigen Gemeindevorstandes und Gemeinderates
Isaak Weingärtner (1916)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. September 1916:
"Flehingen. Am 3. September starb, fast 85 Jahre alt, unser ältestes
Gemeindemitglied, Isaak Weingärtner. Der Verewigte war länger als 40
Jahre Mauhel (Mohel, Beschneider) und hat an mehr als 2.000 Kindern
die Miloh (Beschneidung) vollzogen. Stets war er zur Erfüllung
dieser großen Mizwoh (Gottesgebot) mit Freuden bereit, nach den
entferntesten Orten zu reisen, ohne jemals dafür eine Bezahlung oder auch
nur die Vergütung seiner Reisekosten anzunehmen. Vielmehr teilte er noch
Geschenke aus und übte auch sonst Zedokoh und Gemilus Chasodim
(Wohltätigkeit) weit über seine Kräfte, wobei ihm seine vor etwa 10
Jahren in den Tod vorangegangene Gattin stets tapfer zur Seite stand. Auch
war er stets bereit, den Vorbeter zu vertreten: namentlich pflegte er bis
zu seinem höchsten Greisenalter die Selichos am Jom Kippur
vorzutragen. Er wirkte jahrelang segensreich als Vorstand der
israelitischen Gemeinde und war auch Gemeinderat bei der politischen
Gemeinde.
Der imposante Leichenzug, der sich durch die Straßen unseres Ortes
bewegte, legte Zeugnis davon ab, welch großer Beliebtheit sich der
Verewigte nicht nur bei seinen Glaubensgenossen, sondern auch bei allen,
die ihn kannten, erfreute. An der Bahre hielt Bezirksrabbiner Dr. Grzymich
- Bruchsal eine tief durchdachte und zu Herzen gehende Rede. Im
Trauerhause hielt dann Lehrer Rabinowitz einen ergreifenden Hesped
(Trauerrede), in welchem er an der Hand der Worte 'Eine Krone des Schmuckes
ist das greise Haupt, auf dem Wege der Gerechtigkeit wird es gefunden'
(Sprüche 16,31) den Lebenslauf des Dahingeschiedenen
schilderte." |
Lehrer Max Lieben wird ausgezeichnet (1918)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 11. Januar
1918: "Flehingen. Offiziersstellvertreter Lehrer Max Lieben,
Inhaber des Eisernen Kreuzes 1. und 2. Klasse und der badischen
Verdienstmedaille, erhielt nunmehr auch die silberne militärische
Karl-Friedrich-Verdienstmedaille." |
Viktor Weingärtner wird mit dem EK II ausgezeichnet
(1918)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 18. Oktober
1918: "Flehingen. Viktor Weingärtner erhielt das Eiserne
Kreuz 2. Klasse." |
Zum Tod des aus Flehingen stammenden Bezirksrabbiners Lazarus Schleßinger
(gest. 1924 in Flehingen)
Anmerkung: Rabbiner Lazarus Schlessinger in 1842/43 in Flehingen
geboren. Er war seit 1870 Bezirksrabbiner in Bruchsal und von ca. 1877 bis 1920
Bezirksrabbiner in Bretten. Weitere Texte zu ihm auf der Textseite
zu Bretten.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1924:
"Karlsruhe, 15. Juli (1924). Am Mittwoch, den 9. Juli wurde in Bretten
die sterbliche Hülle des Bezirksrabbiners L. Schleßinger zu Grabe
getragen. Mit ihm ist der älteste unter den Rabbinern der jüdischen
Religionsgemeinschaft in Baden aus dem Leben geschieden. Seine Beerdigung
gestaltete sich demgemäss zu einer großen Trauerkundgebung. Freunde aus
vielen Orten beteiligten sich daran, die Behörden Brettens, die
Synagogenräte und Lehrer seiner Bezirksgemeinden. Der Sarg wurde
zunächst in die Synagoge gebracht, und hier bot der Schwiegersohn,
Bezirksrabbiner Dr. Grzymisch - Bruchsal
in seiner ergreifenden Gedenkrede eine groß angelegte Darstellung von dem
Charakter und der priesterlichen Wirksamkeit des Verblichenen in Amt und
Familie. Auf dem Friedhofe bekundete Rabbiner Dr. Unna - Mannheim die
warme Wertschätzung des Oberrates der badischen Israeliten,
Bezirksrabbiner Dr. Pinkus - Heidelberg gab der treuen Teilnahme der
badischen Rabbiner Ausdruck, und Lehrer Herz - Ittlingen
betonte die herzliche Anhänglichkeit der Religionslehrer des Bezirks.
Synagogenrat Bernhard Kauffmann - Bruchsal
gedachte namens der dortigen Gemeinde mit Anerkennung der Tätigkeit des
Verewigten im Bezirk Bruchsal, und der Schwager, Rechtsanwalt Dr.
Gunzenhauser - Stuttgart, Mitglied des Oberkirchenrats, legte für die
Familie von der Liebe zu dem Dahingeschiedenen Zeugnis ab. Bezirksrabbiner
Schleßinger, geboren und gestorben in Flehingen, erreichte ein Alter von
81einhalb Jahren und war von 1870 bis 1920, also 50 Jahre, im Amte." |
Zum Tod von Synagogenrat Theodor Ettlinger (1926)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1926: "Flehingen,
18. Januar (1926). Ein imposanter Leichenzug, wie er wohl noch selten hier
gesehen wurde, bewegte sich am 20. Tewes (= 6. Januar 1926) durch die Straßen
unseres Dorfes. Galt es doch, den nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter
von 56 Jahren verstorbenen Synagogenrat Theodor Ettlinger zur letzten Ruhe
zu bestatten. Die israelitische Gemeinde verliert in ihm eines ihrer
besten Mitglieder. Mehr als 25 Jahre fungierte der Verblichene an den
hohen Feiertagen in meisterhafter Weise als Baal tokea. Der Verstorbene
war ein guter Jehudi und ein großer Baal Zdoko. Durch sein schlichtes,
bescheidenes Wesen, seinen vornehmen Charakter und seine Hilfsbereitschaft
mit Rat und Tat erwarb er sich die Liebe und Achtung aller derer, die ihn
kannten, wovon das überaus zahlreiche Trauergeleite ein glänzendes
Zeugnis ablegte. Vor dem Trauerhause entwarf Herr Bezirksrabbiner Dr.
Grzymisch - Bruchsal in beredten Worten ein Lebensbild des Entschlafenen
und schilderte die hervorragenden Charaktereigenschaften desselben. Im
Namen der Familie widmete Herr Studienrat Dr. Levi - Mannheim dem
Verstorbenen warme Worte des Abschieds. Möge Gott der tief gebeugten
Gattin und den zwei Kindern seinen Trost zuteil werden lassen. Die
israelitische Gemeinde wird ihm ein treues Andenken bewahren. Seine Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod von Siegmund Ackermann (1927)
Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des "Central-Vereins")
vom 23. September 1927: "Am 27. August verschied das älteste
Mitglied der israelitischen Gemeinde Flehingen, unser Mitglied Siegmund
Ackermann im Alter von 84 Jahren. Der Verstorbene war Altveteran von 1866
und 1870." |
Verlobungsanzeige von Karoline Schlessinger und
Bezirksrabbiner Julius Greilsheimer (1929)
Zur
Erinnerung an Rabbiner Dr. Julius Greilsheimer (geb. 1891
Friesenheim,
ermordet in Auschwitz) ein Artikel aus Ernst G. Lowenthal ("Bewährung im
Untergang. 1965; zitiert nach Stude s.Lit. S. 58): "Am 29. April 1891 in
Friesenheim (Baden) geboren, besuchte Julius Greilsheimer die Volksschule seiner
Geburtsortes und absolvierte das Gymnasium in Lahr, seine rabbinische Ausbildung
erhielt er am Jüdisch-Theologischen Seminar in Breslau. Nach dem Kriege
bekleidete er zunächst mehrere Stellen als Hauslehrer. 1925 wurde er vom
Oberrat der Israeliten Badens als Bezirksrabbiner für die Rabbinatsbezirke
Mosbach-Merchingen-Wertheim mit dem Wohnsitz in Mosbach angestellt. Als
Vertreter der Rabbinerschaft wurde er mit zwei anderen Kollegen in die
Landessynode gewählt. Seine Frau war Karoline geb. Schlessinger aus Flehingen
(Baden); er hatte mit ihr zwei Töchter. Die ganze Familie wanderte 1939 nach Holland
aus und wurde über Westerbrock nach Auschwitz verschleppt; Frau Greilsheimer
erwartete damals ihr drittes Kind. Im Andenken an Rabbiner Greilsheimer und die
übrigen umgekommenen Mosbacher Juden wurde im Herbst 1947 in Gan Jiskor
(Israel) ein Hain von 100 Bäumen gepflanzt".
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. November 1929:
"Statt Karten
Karoline Schlessinger, Dipl.- Handelslehrerin - Bezirksrabbiner
Julius Greilsheimer -
Verlobte.
Flehingen (Baden) - Mosbach und Friesenheim (Baden). November 1929. Marcheschwan
5690." |
80. Geburtstag von Gottschalk Schlesinger (1932)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juni 1932:
"Flehingen (Baden). 30. Juni (1932). Am heutigen Tage kann unser hoch
verehrtes ehemaliges Gemeindemitglied, Herr Gottschalk Schlesinger, seinen
80. Geburtstag begehen. Herr Schlesinger gehörte 36 Jahre hindurch dem
Synagogenrate Flehingen am, darunter war er 22 Jahre lang Vorsteher der
hiesigen jüdischen Gemeinde. Außerdem bekleidete er nahezu 14 Jahre das
Amt des Bezirksältesten der Bezirkssynagoge Bretten.
Seine aufrichtige Frömmigkeit, seine edle Menschenliebe, seine stets
durch die Tat bewiesene Auffassung von Recht und Gerechtigkeit befähigten
ihn in hohem Maße, Repräsentant dieser Ämter zu sein. Aber weit über
den Rahmen dieser Tätigkeit hinaus sicherten ihm seine hohen Tugenden,
gepaart mit Lebensweisheit und treffendem Weitblick, die Liebe und
Hochachtung seiner Mitmenschen. Der Jubilar, der zur Zeit bei der
Familie seiner Schwiegersohnes, Bezirksrabbiner Greilsheimer in Mosbach
(Baden), weilt, ist körperlich und geistig noch sehr frisch und rege und
besucht regelmäßig den Morgen- und Abendgottesdienst. Wir wünschen dem
verehrungswürdigen Manne, der sich durch vorbildliches Walten und Wirken
in seiner Familie, in der Gemeinde und im Leben der Gesamtheit die
höchsten Verdienste erworben hat, noch recht viele gesunde und gesegnete
Jahre! (Alles Gute) bis 120!" |
Auswanderung der Familien Berthold Ackermann und Max
Heumann (1936)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli 1936: "Flehingen,
27. Juli (1936). Familie Berthold Ackermann und Max Heumann werden in den
nächsten Tagen auswandern. Wir verlieren damit unsere tatkräftigsten
Mitglieder. Herr Berthold Ackermann war außerdem langjähriger Vorsteher
und Hilfsvorbeter unserer Gemeinde. Herr Neumann war ein großer
Wohltäter. - Wir sehen seit kurzer Zeit unsere einst - noch vor wenigen
Jahren - blühende Gemeinde schwinden. Möge eine bessere Zeit dem Einhalt
gebieten, damit nicht - Gott bewahre - eine der würdigsten Gemeinden dem
Verfall anheimfällt!" |
80. Geburtstag von Sara Greilsheimer (1936)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. November 1936: "Flehingen
(Baden), 5. November (1936). Am 17. November wird Frau Sara Greilsheimer
80 Jahre alt. Sie ist die Mutter des verehrten Bezirksrabbiners
Greilsheimer in Mosbach und die Witwe
des früheren hiesigen Vorstehers Isak Greilsheimer - seligen Andenkens.
Die Greisin steht heute noch im Mittelpunkt unserer kleinen Gemeinde, der
sie in ihrem echtjüdischen Lebenswandel ein würdiges Beispiel gibt.
Möge Gott sie erhalten und kräftigen im Kreise ihrer Familie. (Alles
Gute) bis 120 Jahre." |
85. Geburtstag von Gottschalk Schlesinger (1937)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
1. Juli 1937: "Mosbach
(Baden), 25. Juni (1937). Am 30. Juni begeht Herr Gottschalk
Schlesinger in bewundernswürdiger Geistesfrische und körperlicher
Rüstigkeit im Kreise der Kinder, Verwandten und Bekannten seinen 85.
Geburtstag. Unsere Gemeinde nimmt innigen Anteil an diesem Jubeltag. Ist
doch dieser ehrwürdige Jubilar, der Schwiegervater unseres verehrten Raw,
einer der treusten und pünktlichsten Besucher und Förderer des
Gottesdienstes und ein Gottesfürchtiger von stärkstem Impuls.
Jahrzehntelang war der Jubilar in seiner Heimatgemeinde Flehingen
Vorsteher der jüdischen Gemeinde. In seiner Amtszeit fällt auch die
Erbauung der prachtvollen Synagoge, für die er jahrelang gearbeitet hat.
Weit und breit galt er als ein großer Freund der Lehrer und
Kantoren.
Mögen nun dem ehrwürdigen Jubilar noch sonnige Jahre in ungetrübter
Gesundheit beschieden sein. (Alles Gute) bis 120 Jahre".
|
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
Nach der Emigration: Suchanzeige nach S. Stahl (früher
Flehingen) (1942)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau"
vom 16. Januar 1942: "Gesucht wird: .... S. Stahl (fr.
Flehingen (Baden), von Adolf Oppenheimer (fr. Buchen,
Odenwald), 458 Jamaica Ave., Brooklyn, N.A." |
Nach der Emigration: Todesanzeige für Jacob Barth
(früher in Flehingen) (1944)
Anmerkung: die genannte Jeanette Barth geb. Schönfärber (1872) ist am 3.
September 1942 in Theresienstadt umgekommen; die gleichfalls genannte Miriam
Greilsheimer geb. Barth wurde am 26. April 1942 in das Ghetto Izbica deportiert
und ist gleichfalls umgekommen.
Anzeige in der Zeitschrift "Der Aufbau"
vom 10. März 1944: "Plötzlich und unerwartet verschied am 5.
März 1944 mein geliebter Mann, mein guter Vater, Sohn und Bruder
Herr Jacob Barth (früher Flehingen, Baden)
im 47. Lebensjahre. In tiefer Trauer: Renate Barth geb. Kahn,
8015 Grenfell Avenue, Kew Gardens, L.I.
Wolf Barth
Jeanette Barth Theresienstadt
Miriam Greilsheimer geb. Barth (Aufenthalt unbekannt).
Hilda Manasse geb. Barth 605 W. 151 Str., N.Y.C.
Nanny Bauernfreund geb. Barth, 8730 123 Street, Richmond Hill. L.I.
Lazarus Barth, 8409 Talbot Street, Kew Gardens, L.I.
Leo Barth 605 West 151 Str. N.Y.C." |
Sonstiges
Grabstein in Gurs für Siegmund Uhl
(Foto: Ruth Miller, Oktober 2016; Siegmund Uhl ist am 28. Juni 1876 in
Flehingen geboren. Er wohnte in Flehingen, von wo er am 13. März 1939 nach
Frankreich emigriert ist. Am 22. Oktober 1940 wurde sie in das
Internierungslager Gurs deportiert, wo er am 30. Januar 1941 umgekommen
ist)
Grabstein im Friedhof des südfranzösischen Internierungslagers Gurs für
"Hier ruht
Siegmund Uhl
1876-1941
Flehingen".
|
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Das Wohngebiet
konzentrierte sich bis ins 19. Jahrhundert vor allem auf das sogenannte "Hinterdorf"
(auch "Judengasse" genannt; heute Gegend der Samuel-Friedrich-Sauter-Strasse).
Seit der Mitte des 19. Jahrhundert standen jüdische Wohnhäuser auch an der
Gemeindegrenze nach Sickingen beim "Grünen Hof" (Franz-von-Sickingen-Strasse)
und an der Gochsheimer Strasse.
Einen ersten Betsaal richteten die jüdischen
Familien vermutlich bald nach ihrer Aufnahme in der Mitte des 17. Jahrhunderts
ein. Die notwendige Zahl von zehn Männern zur Feier der Gottesdienste wird
schnell erreicht worden sein. Allerdings währte die Zeit eines relativ ungestörten
jüdischen Gemeindeaufbaus nach den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges nicht
lange. Bedingt durch die Kriegszüge Frankreichs wurde die Bevölkerung des
Ortes mehrfach in Mitleidenschaft gezogen. Im Herbst 1677 flohen die jüdischen
Familien teilweise nach Bretten, teilweise ins württembergische Oberderdingen,
wo sie in Bürgerhäusern Unterkunft fanden. Rabbiner Lippmann wurde mit Frau
und Tochter sogar im evangelischen Pfarrhaus bei Pfarrer Johann Jakob Mehle
aufgenommen. Der Pfarrer gestattete es dem Rabbiner sogar, einen Betsaal
im Oberderdinger Pfarrhaus einzurichten und mit den in Derdingen wohnenden
Juden regelmäßig jüdischen Gottesdienst zu halten. Allerdings fand dies nicht
gerade die freudige Zustimmung des evangelischen Spezialsuperintententen von
Knittlingen, der das Verhalten des Oberderdinger Pfarrers im Januar 1678 bei der
Kirchenleitung in Stuttgart anzeigte. Zuvor hatte er Pfarrer Mehe bereits
schriftlich ermahnt, den Aufenthalt der Juden im Pfarrhaus nicht länger
zuzulassen, noch "weniger denselben ihren lästerlichen Gottesdienst zu
gestatten". Mehe hatte geantwortet, dass ihm die jüdische Sabbatfeier, die
Gebete, das Leben und der Wandel der Juden besser gefalle als der Gottesdienst
und die Lebensweise "vihler unter uns". Die Stuttgarter Kirchenleitung
(Konsistorium) zitierte Pfarrer Mehe nach Stuttgart, wobei dieser in seinem Verhör
unter anderem wiederholte, dass ihm das Verhalten der Juden am Sabbat viel löblicher
erscheine als das vieler Christen an ihren Sonn- und Feiertagen. Das Motiv
seines Handelns sei Mitleid gewesen. Er habe auch keinerlei Miete vom Rabbiner
verlangt und eine solche auch nicht erhalten. Dennoch erreicht Mehe nicht, dass
die Juden weiterhin in Oberderdingen bleiben konnten. Auf Veranlassung durch die
Kirchenleitung schritt die Regierungsbehörde ein und befahl, die Juden
innerhalb von 24 Stunden aus Oberderdingen zu vertreiben. Es ist zu vermuten,
dass sie wiederum nach Flehingen zurückkehren konnten. Dort haben sie
vermutlich bald in einem ihrer Häuser wieder einen Betsaal eingerichtet.
Im
Laufe des 18. Jahrhunderts wurde eine erste Synagoge erbaut, die bis 1873
genutzt wurde. Um 1840 waren der Neubau einer Synagoge und einer jüdischen
Schule dringendes Anliegen der Gemeinde geworden. Der
Unterricht der Kinder fand damals im Wohnzimmer des jüdischen Lehrers und
seiner Familie statt. Das Synagogengebäude wurde als "gänzlich unzweckmäßig"
geschildert, dennoch war der Bedarf nach einer neuen Schule größer. Anfang
1841 bot sich der Kauf eines Hauses an, in dem es möglich gewesen wäre, Schule
und Synagoge einzurichten. Bezirksrabbiner Flehinger aus Bretten unterstützte
gegenüber dem Oberamt dieses Anliegen der Flehinger Gemeinde. Dennoch wurde zunächst
nur für neue Schulräume gesorgt. 1844, als die Flehinger jüdische Gemeinde
aus 158 Personen in 34 Familien bestand, beantragte man beim Oberamt die Durchführung
einer Kollekte außerhalb Flehingens, um beim Synagogenbau voranzukommen. Man
hatte schon 1.000 Gulden angespart, da aber der Neubau auf 6.000 Gulden geschätzt
wurde, konnte man noch nicht an einen Baubeginn denken. Dem Antrag der Gemeinde
an das Oberamt konnten Zeugnisse des evangelischen und katholischen Pfarramtes
sowie des Bürgermeisteramtes beigelegt werden, die mit warmen Worten das
Anliegen der jüdischen Gemeinde unterstützten. Über den Ausgang der Kollekte
liegen keine Angaben vor.
Es blieb zunächst bei der alten Synagoge im Hinterdorf,
die, nachdem sie sich 1861 "in einem unwürdigen Zustand" befand, im Frühjahr
1863 nochmals repariert worden ist. Um 1867 gab es nach Berichten des
Bezirksamtes Bretten Probleme mit einem christlichen Nachbarn der Synagoge. Es
war Johann Adam Steidle, der sich geradezu ein Vergnügen daraus machte, an den
Schabattagen den "Pfuhl von Abtritt und Düngerstätte" umzurühren und wegzuführen.
sodass man es in der Synagoge oft nicht aushalten konnte und den Gottesdienst
einstellen musste. Außerdem wartete Steidle mit dem Dreschen und dem
Fruchtputzen gleichfalls bis zum Schabbat. Die Putzmühle stellt er dabei so,
dass der Staub durch die Fenster der Synagoge drang, wodurch die Kleider der
Juden verunreinigt wurden. Das Bezirksamt beauftragte den Flehinger Bürgermeister,
"dem Johann Steidle hierüber Vorhalt zu machen und ihn auf Straf- bzw.
Polizeistrafgesetzbuch hinzuweisen".
1866 predigte cand. phil. L. Schleßinger in der Synagoge in Flehingen. Die
Predigten scheinen auf eine gute Resonanz gestoßen zu haben, weswegen sie sogar
im Druck erschienen:
Veröffentlichung von zwei Predigten von L.
Schleßinger, gehalten in der Synagoge in Flehingen (1866)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 1. Januar 1867: Zwei Predigten, gehalten in der Synagoge zu
Flehingen von L. Schleßinger, cand. phil. Karlsruhe 1866." |
Ein besonderes Ereignis in der alten Synagoge war noch die Weihe einer neuen
Torarolle 1870:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juni 1870: "Flehingen.
(Baden). Herr Joseph Hausmann dahier hat eine Torarolle schreiben lassen,
die am Schabbat Paraschat Emor (= Schabbat mit der Toralesung Emor,
d.i. 3. Mose 21,1 - 24,23, das war am 14. Mai 1870) unter großer
Feierlichkeit in die Synagoge gegeben wurde. Was bei dieser Feierlichkeit
besonders hervorzuheben, ist, dass auch die christliche Bevölkerung
tätigen Anteil an derselben genommen hat. D. Ackermann." |
Seit 1862/63 waren die Pläne zum Neubau einer Synagoge wieder
vorangetrieben worden. In einer Gemeindeversammlung im Oktober 1862 beschlossen bis auf
sechs Gemeindeglieder, eine Umlage von 500 Gulden jährlich zum Neubau einer
Synagoge ab Frühjahr 1863 durchzuführen. Bis November 1863 hatte die Gemeinde
inzwischen 3.000 Gulden erspart. Im Dezember 1872 lagen endlich konkrete Pläne
für den Neubau vor, die vom Bezirksamt genehmigt wurden. Am 1. Mai 1874 konnte die neue
Synagoge eingeweiht werden.
Einweihung der neuen Synagoge am 1. Mai 1874
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. Mai 1874:
"Aus Württemberg, 10. Mai 1874. In dem Marktflecken Flehingen
wurde am 1. dieses Monats eine neue schöne Synagoge eingeweiht. Der ganze
Ort nahm den herzlichsten Anteil und war mit Fahnen, Girlanden und
Laubgängen geschmückt. Mit Recht konnte der Bürgermeister bei der
Eröffnung der Pforte hervorheben, in welcher Eintracht die drei
Konfessionen hier leben; denn aus allen Ständen waren die Bewohner
Flehingens versammelt, und der Bezirksamtmann, der Oberamtsrichter, der
Reichstagsabgeordnete von Bretten usw. waren zugegen. Der Rabbiner Herr
Schlessinger löste seine Aufgabe, in der alten, wie in der neuen Synagoge
die Abschieds- und die Weihepredigt zu halten, in beredtester und
ergreifendster Weise. Wir hoffen, dass seine beiden Reden im Druck
erscheinen werden." |
Die alte Synagoge wurde nach der Einweihung der neuen
geschlossen. Das Gebäude ist erhalten und wird als Schuppen genutzt (Grundstück
Samuel-Friedrich-Sauter-Strasse 14). Das dazugehörige Wohnhaus war vermutlich
das Haus des Vorbeters (mit "judendeutscher" Inschrift) und der alten jüdischen
Schule.
Eine jüdische Schule befand sich zunächst
vermutlich in der Samuel-Friedrich-Sauter-Strasse 14 (s.o.). 1853 konnten zwei
Drittel eines Hauses zur Einrichtung einer Schule erworben werden, in dem die
Kinder bis zur Auflösung der Konfessionsschulen 1876 unterrichtet wurden. Im
Gebäude war auch die Lehrerwohnung. 1896 oder wenig später wurde ein neues
Schul- und Gemeindehaus mit Lehrerwohnung erstellt. In ihm wurde der
Religionsunterricht der Kinder erteilt. Das Gebäude besteht nicht mehr (Gochsheimer Strasse
16). Ein
rituelles Bad befand sich in einem Anbau hinter dem Schulhaus.
64 Jahre war die neue Synagoge in Flehingen Zentrum des jüdischen
Gemeindelebens am Ort. 1889 erfährt man von einer Regelung für den
Vorbeterdienst:
Regelung für das ehrenamtliche Vorbeten in der Synagoge (1889)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 28. Januar 1889: "In Flehingen,
der Vaterstadt des Herrn Bezirks-Rabbiners Schleßinger, muss jeder, der
als Baal Tefilla (ehrenamtlicher Vorbeter) fungieren will, sich
vorher bei dem Rabbiner in Bretten einer Probe unterziehen. - Auch
gut." |
1922 wurden im Gebäude Gedenktafeln für die Gefallenen des Ersten
Weltkrieges angebracht:
Einweihung von Gefallenen-Gedenktafeln in der Synagoge
(1922)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 22. Juni 1922:
"Flehingen, 11. Juni (1922). In unserer Synagoge wurden zwei von den
Mitgliedern der hiesigen Israelitischen Gemeinde gestiftete Gedenktafeln
eingeweiht. Die eine Tafel ist den 5 im Weltkriege leider gefallenen
Söhnen unserer Gemeinde gewidmet, während die zweite Tafel die Namen der
übrigen 29 Kriegsteilnehmer unserer Gemeinde trägt. Zur Einweihungsfeier
sind von hier und unserer Nachbargemeinde Sickingen erschienen: Der
Bürgermeister und Gemeinderäte, die Geistlichen und Lehrer, der Direktor
der Erziehungsanstalt, der Postsekretär und Bahnvorstand, sowie der
Ausschuss des Militärvereins. Herr Lehrer Rabinowitz hielt eine ergreifende
Rede, in welcher er die Entschlafenen ehrte und der übrigen
Kriegsteilnehmer unserer Gemeinde in Liebe und Dankbarkeit gedachte. Nach
der Predigt folgte das Totengebet für die Gefallenen, worauf der
Vorsitzende des Militärvereins im Namen desselben eine Ansprache hielt.
Mit dem Danke des Vorstandes der Israelitischen Gemeinde an die
erschienenen Ehrengäste fand die stimmungsvolle Feier ihr Ende." |
1924 konnte nach einer Renovierung
des Gebäudes in einer besonderen Feier das 50jährige Bestehen der Synagoge
gefeiert werden:
50-jähriges Bestehen der Synagoge (1924)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. Juni 1924: "Flehingen
(Baden), 23. Juni. Am ersten Tag Schewuos (Wochenfest; der erste Tag war
Sonntag, 8. Juni) feierte die Gemeinde das 50jährige Bestehen der
Synagoge. Aus diesem Anlass wurde das Gotteshaus neu renoviert. Die hierzu
erforderlichen Mittel sind hauptsächlich durch die Bemühungen des
Vorstandes aufgebracht worden. Der Festgottesdienst wurde von Herrn Lehrer
Lehmann abgehalten; der mit dem durch ihn eingeübten Kinderchor schöne
Synagogengesänge zum Vortrage brachte und die Festpredigt hielt. Vom
Vorstande gab Herr Ackermann einen kurzen Rückblick über den Werdegang
der Erbauung der Synagoge und sprach allen Spendern den Dank der Gemeinde
aus." |
Bis zur Zerstörung der Synagoge in der
Pogromnacht im November 1938 feierte die Gemeinde in der Synagoge ihre
Gottesdienste. Am Vormittag des 10. November 1938 wurde gegen 9 Uhr die Synagoge
von SA- oder SS-Leuten, vermutlich aus Karlsruhe niedergebrannt. Bei den
Brandstiftern handelte es sich um etwa fünf Männer, die mit einem Auto
nach Flehingen gekommen waren, verschiedene Brandsätze in die Synagoge stellten
und diese anzündeten. Die Torarollen und die anderen Einrichtungsgegenstände
wurden ein Raub der Flammen. Nach dem von der Gemeinde angelegten
Schadensverzeichnis wurde das Synagogengebäude bis auf das Mauerwerk der
Umfassungswände völlig zerstört. Die Hausteinfenster-Umrahmungen und das
Hauptgesims seien durch die Hitze größtenteils ausgeglüht. An den Nachbargebäuden
sei kein Brandschaden entstanden. Einige Monate nach dem Brand wurde das Grundstück
samt der noch stehenden Ruine an Privatleute aus Flehingen verkauft, die am 26.
Oktober 1939 eine Abbruchgenehmigung stellten. Diese wurde vom Bezirksamt
erteilt unter der Bedingung, dass das Gelände "vollständig sauber eingeebnet"
wird. Ende April 1940 wurde die Synagogenruine abgebrochen.
Das Grundstück wurde neu bebaut (Gochsheimer Strasse 14).
Eine Gedenktafel ist vorhanden.
Fotos
Historische Pläne:
(Quelle: GLA Karlsruhe 357 (Bezirksamt Bretten) Fasz. 8911) |
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Pläne zum Bau der neuen
Synagoge
in Flehingen vom Dezember 1892 |
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Vordere Ansicht (zur
Straßenseite) |
Seitenansicht |
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Langenschnitt mit Einzeichnung
der
Treppe zur Frauenempore und der Empore |
Grundriss des I. Stockes
(gemeint: Erdgeschoss) |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Anmerkung: Über "Stolpersteine" in Flehingen siehe Seite des Museumsvereins
Flehingen-Sickingen e.V.
https://www.museumsverein-flehingen-sickingen.de/die-stolpersteine-in-flehingen/
Die Stolpersteine in Flehingen gehen auf eine Aktion des
Geschichte-Neigungskurses des Melanchthon-Gymnasiums zurück. Sie wurden am
15. Dezember 2010 und am 11. Februar 2020 durch den Künstler Gunter Demnig
verlegt. Der Museumsverein hat die Schülerinnen und Schüler bei ihren Recherchen
begleitet und unterstützt.
Die Steine im Einzelnen und ihre Verlegeorte:
Heinrich Barth, geb. am 7. 1.1889 in Flehingen; wurde 1940 nach Gurs
deportiert und am 31.8.1942 in Auschwitz ermordet.
Lazarus Barth, geb. am 9.10.1887 in Flehingen; wurde 1940 nach Gurs
deportiert und am 31.8.1942 in Auschwitz ermordet.
Leo Barth, geb. am 1.3.1901 in Flehingen, wurde am 31.8.1942 in Auschwitz
ermordet.
Die Steine für diese Menschen befinden sich derzeit im Rathaus Flehingen und
warten auf ihre Verlegung in der Gochsheimer Straße 21.
Joseph/Joseph Barth, geb. 12.2.1890, wurde 1940 nach Gurs deportiert
und am 31.8.1942 in Auschwitz ermordet.
Sein Stein befindet sich vor dem Haus Bissinger Straße Nr. 24.
Emilie Esther Uhl, geb. 28.6.1905 in Flehingen, wurde 1940 nach Gurs
deportiert und am 31.12.1942 in Auschwitz ermordet.
Siegmund Uhl, geb. am 28.6.1876 in Flehingen, wurde nach Gurs deportiert
und starb dort am 30.1.1941.
Nathalie (Natalie) Uhl geb. Billigheimer, geb. am 7.10.1869 in
Stuttgart - Bad Cannstatt, wurde nach Gurs
deportiert und im Februar 1944 in Auschwitz ermordet.
Ihre Steine liegen vor dem Haus Bissinger Straße Nr. 4.
Nathan Heidelberger, geb. am 11.7.1873 in Flehingen, wurde nach Gurs
deportiert und am 8.5.1945 in Auschwitz ermordet.
Amalie Heidelberger geborene Gutmann, geb. am 30.1.1884 in
Olnhausen, deportiert nach Gurs, am
16.9.1942 in Auschwitz ermordet.
Ihre Steine liegen vor dem Haus Franz-von-Sickingen-Str. 18.
Fanny Schlessinger geb. Kaufmann, geb. am 05. Januar 1895 in
Zaberfeld; deportiert nach Gurs, ermordet
am 14.8.1942 in Auschwitz.
Robert Schlessinger, geb. am 27.9.1886 in Flehingen; deportiert nach Gurs,
am 19.8.1942 in Auschwitz ermordet.
Gottschalk Schlessinger, geb. am 30.7.1852 in Flehingen; am 8. Januar
1939 in die Niederlande emigiert, deportiert nach Westerbork, in Auschwitz am
19.11.1943 ermordet.
Ihre Steine wurden im Februar 2020 vor dem Haus Bahnhofstraße 3 verlegt
(siehe Presseartikel unten).
Elias Heidelberger, geb. am 15.2.1869 in Flehingen,deportiert nach Gurs,
ermordet am 1.12.1940 in Gurs.
Sein Stein liegt vor dem Haus Am Senselberg 3.
Recha Thekla Bärtig geb. Schlessinger, geb. am 11. Oktober 1894 in
Flehingen; wurde nach Gurs deportiert und am 10. August 1942 in Auschwitz
ermordet.
Beate Bärtig, geb. am 15.3.1932; wurde nach Riga deportiert und dort am
1. Dezember 1941 ermordet.
Ihre Steine liegen vor dem Haus Samuel-Friedrich-Sauter-Straße 7.
Februar 2020:
Verlegung von "Stolpersteinen" in
Flehingen für die Familie Schlessinger
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Artikel von Havva Keskin in den
Kraichgau-news.de vom 11. Februar 2020: "Stolperstein-Verlegung in Bretten
und Flehingen. 'Verbeugung vor den Opfern'
Bretten. Wer war Oskar Tretter aus Bretten? Und was passierte mit der
Familie Schlessinger aus Flehingen? Der Leistungskurs Geschichte des
Melanchthon-Gymnasium Bretten (MGB) unter der Leitung von Lehrer Dirk
Lundberg hat den Lebensweg dieser Opfer des nationalsozialistischen Terrors
nachverfolgt und Licht ins Dunkel dieser Zeit gebracht. Ihre bewegenden
Schicksale wurden am Dienstag, 11. Februar, in Bretten und Flehingen
verewigt. Das Programm mit Vorträgen gestalteten in der Aula des MGB unter
anderem Elke Bender, Schulleiterin am MGB, Solange Rosenberg von der
Jüdischen Kultusgemeinde Karlsruhe und der Brettener Oberbürgermeister
Martin Wolff. Zur Gedenkfeier waren auch David Schlessinger, Enkel von
Robert und Fanny Schlessinger aus Großbritannien angereist [...]
Drei Stolpersteine zum Gedenken an Familie Schlessinger. Bereits vor
zehn Jahren wurden in Flehingen schon einmal Stolpersteine verlegt, aber
'leider nicht alle', so Thomas Nowitzki, Bürgermeister von Oberderdingen.
'Umso wichtiger ist es, dass wir heute die drei Stolpersteine zum Gedenken
an Robert Schlessinger, Fanny Schlessinger und Gottschalk Schlessinger
verlegen können', betonte der sichtlich gerührte Bürgermeister. Er sei sehr
froh darüber, dass die heutige Generation der Eigentümer des Hauses in der
Bahnhofstraße 3 in Flehingen ihre Zustimmung zur Verlegung der drei
Stolpersteine vor dem Haus gegeben hätten. 'Mein Dank gilt aber vor allem
euch, den Schülerinnen und Schülern des Leistungskurses Geschichte hier am
Melanchthon-Gymnasium, die ihr zusammen mit Herrn Lundberg die
Stolperstein-Aktion in unserem Ortsteil Flehingen heute abschließt.'
'Wo die Nazis ihr Unwesen getrieben haben, tauchen die Stolpersteine
auf'. Zum siebten Mal in Bretten zu Gast war an diesem Tag der Künstler
Gunter Demnig, der die Idee zu den Stolpersteinen vor über 25 Jahren
entwickelt und den 75.000 Stein am 29. Dezember 2019 in Memmingen verlegt
hat. 'Das Projekt nimmt die Form an, die ich mir gewünscht habe: Überall in
Europa, wo die Nazis ihr Unwesen getrieben haben, Menschen ermordet haben,
Menschen deportiert haben, tauchen die Stolpersteine symbolisch auf', sagte
er. Die Stolpersteine könnten allerdings nicht Grabsteine ersetzen, wenn die
Opfer des NS-Terrors in Rauch aufgelöst, die Asche verstreut und im Winter
zum Streuen der Wege benutzt wurde.
Verbeugung vor den Opfern. Die Aussage von Kritikern, durch die
Stolpersteine werde auf die Opfer getreten, wies der Künstler entschieden
zurück und sagte: 'Du musst, wenn du die Inschrift lesen willst, eine kleine
Verbeugung vor den Opfern machen.' Im Anschluss an die Gedenkfeier verlegte
Demnig persönlich den Gedenkstein für Oskar Tretter in der Weißhoferstraße
29 in Bretten. Der Stein trägt die Inschrift: 'Hier wohnte Oskar Tretter,
JG. 1901, Zeuge Jehovas, verhaftet 1936, Gefängnis Bruchsal, entlassen 1936,
1939 Neuengamme, ermordet 9.5.1940'. Auch die Stolpersteine für die
Familie Schlessinger verlegte der Künstler in der Bahnhofstraße 3 in
Flehingen selber."
Link zum Artikel |
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Artikel von Hansjörg Ebert in den "Brettener
Nachrichten" vom 20. Februar 2020: "Abiturienten
enttäuscht. Stolpersteine in Flehingen ins Abseits gerückt: Ausgrenzung von
Opfern und beschämend für Nachfahren.
Stolpersteine sollen an Mitbürger erinnern, die dem Nazi-Terror zum Opfer
gefallen sind. Sie werden üblicherweise gut sichtbar auf dem Gehweg vor den
Wohnhäusern platziert, wo die Betroffenen zuletzt gelebt haben. In Flehingen
hat man die Gedenksteine allerdings ins Abseits und damit aus dem Blickfeld
gerückt.
Mit großen Hoffnungen und Erwartungen hatten sie sich für das Projekt
'Stolpersteine' engagiert. Doch bei der Verlegung in Flehingen folgte die
große Ernüchterung: 'Wir sind sehr enttäuscht darüber, wie die Sache
gelaufen ist und was nun das Ergebnis ist', sagt Patrick Opacic.
Standort der Stolpersteine entwürdigend. Wir – das sind auch Caroline
Eichenberg und Ian Deuerer und der ganze Leistungskurs Geschichte des
Melanchthon-Gymnasiums (MGB). Auch einige Schüler des Edith-Stein-Gymnasiums
gehören dazu. Sie alle hatten an diesem Projekt mitgewirkt, das Opfern des
Nazi-Regimes ein würdiges Gedenken geben sollte.
Die Steine wurden verlegt, wo sie nicht auffallen. Ian Deuerer
Was dann bei der Aktion herauskam, sei allerdings alles andere als würdig
gewesen, monieren die Abiturienten. 'Die Steine wurden – anders als es
vorher abgesprochen war und wie es üblich ist – nicht auf der Gehwegmitte
vor dem Wohnhaus, sondern abseits, fast auf dem Nachbargrundstück verlegt,
wo sie nicht auffallen', sagt Ian Deuerer. Das sei entwürdigend und auch
nicht im Interesse des noch lebenden Enkels David der jüdischen Familie
Schlessinger. Der war eigens zu dieser Verlegung mit seiner Frau Pamela aus
England angereist. 'Wir waren auch alle ein wenig stolz darauf, dass wir
mithelfen konnten, die Gedenksteine für diese Familie zu verlegen und so die
Erinnerung wachzuhalten', bekundet Caroline. Und dann kam es doch anders.
Enkel des Ermordeten konsterniert. Auch David Schlessinger sei
konsterniert gewesen, als die Verlegung in Flehingen über die Bühne ging. Er
habe aber gute Miene zum bösen Spiel gemacht und sich seine Enttäuschung
nicht anmerken lassen, berichten die Schüler. So erging es auch anderen, die
dabei waren. Sie waren perplex und schwiegen, weil sie aus Respekt vor den
Angehörigen keinen Eklat riskieren wollten. Vor zehn Jahren hatte es schon
einmal den Versuch gegeben, die Stolpersteine in der Flehinger Bahnhofstraße
zu verlegen. Doch die Hauseigentümer hatten sich geweigert, obgleich der
Gehweg der Gemeinde gehört, und die Aktion damals verhindert. Die Steine
wurden dann in einer Vitrine in der Flehinger Verwaltungsstelle ausgestellt.
Jetzt gab es mit dem Projekt des MGB einen neuen Anlauf. 'Abgesprochen war
mit Bürgermeister Nowitzki ein Termin mit den Hauseigentümern, dem Bauhof
und uns als Organisatoren, um einen vernünftigen Platz zu finden', berichtet
Dirk Lundberg. Der Geschichtslehrer des MGB, hat das Projekt initiiert und
begleitet es. Doch diesen Termin habe es nie gegeben. Vielmehr habe der
Bürgermeister die Sache hinter verschlossenen Türen mit der Familie
ausgehandelt. 'Wir haben über dieses Gespräch und sein Ergebnis nichts
erfahren ', kritisiert Patrick Opacic. Man sei vielmehr vor vollendete
Tatsachen gestellt worden.
Gemeinde verteidigt Vorgehen. Von Bürgermeister Thomas Nowitzki war
gestern keine Stellungnahme zu bekommen. Er sei im Urlaub, teilte das
Rathaus auf Nachfrage mit. 'Den Anstoß, erneut mit der Flehinger Familie
über die Stolpersteinverlegung vor ihrem Haus zu sprechen, gab die Anfrage
des Geschichtsleistungskurses des Melanchthon-Gymnasiums', informiert die
Oberderdinger Pressereferentin Barbara Lohner. Die dann erfolgte Platzierung
der Steine sei der mit den Anwohnern ausgehandelte Kompromiss gewesen. 'Der
Bürgermeister war der Meinung, dass man die Leute mitnehmen müsse und nicht
über ihre Köpfe hinweg entscheiden sollte', bekundete Lohner.
Unsere Generation muss dafür sorgen, dass sich so etwas nicht
wiederholt. Caroline Eichenberg
14 Monate lang hatten die Abiturienten mit viel Herzblut an diesem Thema
gearbeitet, das bei ihnen einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen hat. 'Wir
tragen keine Verantwortung für die Vergangenheit, sehr wohl aber für die
Zukunft', lautet ein Fazit von Patrick Opacic. Caroline Eichenberg ergänzt:
'Unsere Generation muss dafür sorgen, dass sich so etwas nicht wiederholt',
erklärt sie und hat dabei durchaus auch aktuelle politische Strömungen im
Blick. Ein Satz hat sich bei ihr bei der Beschäftigung mit dem Thema tief
eingeprägt: 'Wer die Augen vor der Vergangenheit verschließt, wird blind für
die Zukunft'."
Link zum Artikel |
Weiterer Artikel von Hansjörg Ebert in
den "Brettener Nachrichten" vom 22. Februar 2020: "Gedenksteine.
Oberderdingen lenkt im Stolperstein-Streit ein
Die Gemeinde Oberderdingen hat auf den Protest von Schülern, Lehrern und
betroffenen Bürgern umgehend reagiert und die Stolpersteine besser sichtbar
und direkt vor dem Wohnhaus verlegt, das für die jüdische Familie
Schlessinger der letzte frei gewählte Wohnort war. Mitarbeiter des
Gemeindebauhofs versetzten die Steine rund neun Meter von der Hofeinfahrt in
Richtung Wohnhaus, sodass sich diese nun direkt vor dem Haus befinden.
Der erste Standort abseits des Hauses und des Blickfelds hatte für Unmut
gesorgt. Die Stolpersteine sollen als Zeichen des Gedenkens und der Mahnung
an die von Nationalsozialisten ermordeten jüdischen Mitbürgerinnen und
Mitbürger erinnern. So auch vor dem ehemaligen Wohnhaus von Gottschalk
Schlessinger, Robert Schlessinger und Fanny Schlessinger in der
Bahnhofstraße 3 in Flehingen. 1940 wurden die Schlessingers von dort von den
Nazis nach Gurs transportiert und starben in einem Vernichtungslager. Die
heutige Hausbesitzerfamilie hat das Haus, in dem die Familie Schlessinger
als jüdische Mitbürger bis 1940 gewohnt haben, Ende der 1950er/Anfang der
1960er-Jahre von einem einheimischen Vorbesitzer gekauft. Vor zehn Jahren
hatte es schon einmal einen Versuch gegeben, vor diesem Haus die
Stolpersteine zu verlegen. Der war jedoch am Widerstand der Hausbesitzer
gescheitert. Seither lagerten die Steine in einer Vitrine in der Flehinger
Verwaltungsstelle. Im vergangenen Jahr machte der Geschichts-Leistungskurs
des Brettener Melnnchthon-Gymnasiums einen erneuten Vorstoß – diesmal mit
Erfolg. Nur dass die Platzierung unglücklich im Abseits gewählt wurde. Dies
hat die Gemeinde nun korrigiert.
Letzter Synagogenvorsteher in Flehingen. Robert Schlessinger war der
letzte Synagogenvorsteher in Flehingen und wurde wie seine Frau Fanny
Schlessinger und sein Vater Gottschalk Schlessinger deportiert und ermordet.
Die Tochter einer Nachbarin, die Augenzeugin der Verschleppung wurde,
erinnert sich noch an die Erzählungen ihrer Mutter von diesem traumatischen
Erlebnis: „Sie hat erzählt wie die Nazis kamen und die Schlessingers an
Händen und Füßen gepackt haben und wie einen Sack Kartoffeln auf den
Lastwagen geworfen haben“, berichtet die heute betagte Seniorin, die damals
vier Jahre alt war. Ihre Mutter habe dieses Geschehen ihr ganzes Leben lang
erfolgt, erzählt die Dame, die durch den Zeitungsbericht aufgerüttelt wurde
und sich meldete. Schülerinnen und Schüler des Leistungskurses Geschichte am
Melanchthon-Gymnasium-Bretten beschäftigen sich mit ihrem Lehrer Dirk
Lundberg seit rund einem Jahr mit dem Schicksal ehemaliger Flehinger
Mitbürger, die von den Nationalsozialisten ermordet wurden. Sie
organisierten die Stolpersteinverlegung zusammen mit dem Künstler Gunter
Demnig Mitte Februar in Flehingen zunächst an dem Standort, den die Gemeinde
mit den Hausbesitzern vereinbart hatten."
Link zum Artikel |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 85-86. |
| Karl Banghard: Fünf Schneeballen. Zwölf Jahrhunderte. Ein Kapitel
Geschichte des Kraichgaues. Flehingen-Sickingen 779-1979. S. 148-184. |
| Jürgen Stude: Geschichte der Juden im Landkreis Karlsruhe. 1990. |
| Martin
Jung: Die württembergische Kirche und die Juden in der Zeit des
Pietismus (1675-1780). Berlin 1992 (= Studien zu Kirche und Israel. SKI.
Band 13).
|
| Wolfgang Schönfeld: Schicksale jüdischer
Familien in Flehingen.
Verlag Alte Uni Eppingen. Eppingen 2013. ISBN 978-3-926315-42-7. 290 S. mit etwa 140
Abb.
(erhältlich für 18,- € zuzüglich Versandkosten bei W. Schönfeld, E-Mail:
w-schoenfeld@t-online.de)
Zum Inhalt: Sieben Jahre Diktatur der Nationalsozialisten während des
sogenannten Dritten Reichs genügten, um in Flehingen die ehemalige
jüdische Gemeinde, die dort über mehr als 300 Jahre existierte,
auszulöschen. Dieses Buch zeigt in detaillierter Darstellung auf, dass es
bei diesen Zusammenhängen aber um wesentlich mehr ging. Es weist anhand von
Originaldokumenten nach, wie die menschenverachtende Ideologie der
Nationalsozialisten in Flehingen Familien bedrängte, ihre Lebensplanungen
zerstörte, sie zur Flucht oder Auswanderung zwang und schließlich auch
vernichtete. Einigen gelang nach abenteuerlichen Wegen durch Frankreich und
einer sich anschließenden Einreise in die Vereinigten Staaten letztlich
doch der Neubeginn in der Neuen Welt. Ihre Schicksal und das der
Unglücklichen ist Thema dieses Buches. |
| Wolfgang Schönfeld: Jüdisches Leben in Flehingen.
Verlag Alte Uni Eppingen. Eppingen 2015. ISBN 978-3926315-48-9. 428 S. 129 Abb.
(erhältlich für 20,- € im Buchhandel bzw. zuzüglich Versandkosten bei W. Schönfeld, E-Mail w-schoenfeld@t-online.de)
Zum Inhalt: Durch den Verlust der Gebäude der ehemaligen jüdischen Gemeindezentren im Ortsbild von Flehingen droht auch das Wissen um das jüdische Leben im Ort in Vergessenheit zu geraten. Jüngere Generationen haben oft keine Kenntnis über die damaligen Lebens- und Wirtschaftsweisen der Israeliten.
Diesem Vergessen entgegenzuwirken hat sich die vorliegende Dokumentation zur Aufgabe gemacht. Die breite Spanne der Themen reicht dabei von den ersten Bemühungen um die Emanzipation der jüdischen Bevölkerung Badens und im Zusammenhang damit der Sonderrolle der Flehinger jüdischen Gemeinde bis hin zu den Auseinandersetzungen zwischen Orthodoxie und Liberalismus in der Karlsruher israelitischen Gemeinde, die auch in Flehingen ihre Spuren hinterlassen hat. Außer dem jüdischen Vereinsleben, dem Viehhandel und der Geschichte der Synagogenbauten werden unter anderem auch neue Erkenntnisse zum jüdischen Friedhof sowie durch Israeliten bewirkte bauliche Veränderungen im Ort thematisiert.
Der Niedergang der Gemeinde zur Zeit des Nazi-Terrors findet ebenso Erwähnung wie die Versuche der Aufarbeitung der Verfolgungen und ihrer Nachwirkungen.
So entstand ein Mosaik des jüdischen Lebens in Flehingen, das immer aber auch Mosaik bleiben muss und nur Aspekte dieses Lebens aufzeigen kann, weil vieles auf Grund fehlender Quellen nicht mehr darstellbar
war. |
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Wolfgang Schönfeld: Geschichte der jüdischen Familie Schlessinger
in Flehingen.
Verlag Alte Uni Eppingen. Eppingen 2017. ISBN 978-3926315-56-4. 344 S. 123
Abb.
(erhältlich für 18,- € im Buchhandel bzw. zuzüglich Versandkosten bei
W. Schönfeld, E-Mail w-schoenfeld@t-online.de)
Zum Inhalt: Der dritte Band zur Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde Flehingen konzentriert sich auf die Geschichte der Familie Schlessinger. Mit Hilfe von Archivdokumenten, Abbildungen und überlieferten Briefen wird die Entwicklung einer Familiengeschichte dargestellt, die ihren Ursprung in Flehingen im Hinterdorf hatte. Etliche Rabbiner gingen aus dieser Familie hervor, ebenso aber auch einige der im Ort ansässigen Metzger und Viehhändler. Besondere Beachtung findet ein Familienzweig, der heute in Israel lebt und dort maßgeblichen Einfluss auf die orthodoxe Glaubensrichtung und auf die Ausbildung orthodoxer Rabbiner hat. Es konnte die Lebensgeschichte der Familie des letzten Vorstehers der jüdischen Gemeinde Flehingen aufgearbeitet werden, die exemplarisch ist für die Verfolgung, Internierung und auch Machtlosigkeit der Opfer gegenüber den gesellschaftspolitischen und antisemitischen Entwicklungen der Nazizeit. Die Deportation bedeutete den Tod des Ehepaars Schlessinger und auch gleichzeitig das Ende der jüdischen Gemeinde in
Flehingen.
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Wolfgang
Schönfeld: Jüdische Familien aus Flehingen. Lebenswege und
Schicksale. Verlag Alt Uni Eppingen. Eppingen 2022. ISBN: 9 783926 315625.
278 S.
(erhältlich für 20,- € im Buchhandel bzw. zuzüglich Versandkosten bei
W. Schönfeld, E-Mail w-schoenfeld@t-online.de).
Zu diesem Buch: Nach umfangreichen Recherchen konnte von Wolfgang Schönfeld
der vierte Band der Reihe zur Geschichte der ehemaligen jüdischen Gemeinde
Flehingen und ihrer Familien veröffentlicht werden. Der neue Band mit dem
Titel "Jüdische Familien aus Flehingen. Lebenswege und Schicksale"
enthält viele neue Dokumente und Recherche-Ergebnisse und ist mit 114
farbigen und schwarzweißen Abbildungen versehen. Ein Orts-, Personen- und
Sachregister erleichtert den Zugriff auf spezielle Inhalte. Es werden
Familien vorgestellt, die in Flehingen enge verwandtschaftliche Beziehungen
hatten und vor allem das wirtschaftliche Leben im Ort prägten. Die
Darstellung greift auch über die Flehinger Verhältnisse hinaus und fasst
ebenso Lebensverhältnisse nach der Auswanderung ins Auge, die nicht für alle
Ausgewanderten immer glücklich verlaufen sind. Aber auch gelungene neue
Lebensumstände kommen zur Sprache.
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Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Flehingen. Jews are
first mentioned in 1548 and were among the new settlers after the village was
destroyed in the Thirty Years War (1618-48). In the Nine Years War (1689-1697),
a single Jew remained in the village on the approach of the French. The
community grew to a peak of 160 in 1827 (total 1,143). The 16th century Jewish
cemetery served the surrounding communities for hundreds of years and in
1874 a synagogue was constructed. A Jewish elementary school was opened in 1841.
Anti-Jewish riots broke out during the 1848 revolution. In 1933, 59 Jews
remained. By 1938, all Jewish businesses had been liquidated. At least 40 Jews
emigrated. The synagogue was burned down on Kristallnacht (9-10 November 1938),
and 18 Jews were deported, all but one perishing, including 11 in
Auschwitz.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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