Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zurück zur Übersicht "Synagogen in Oberfranken"
Aschbach (Stadt
Schlüsselfeld, Kreis Bamberg)
Jüdische Geschichte / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In Aschbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1942.
Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18. Jahrhunderts zurück. 1725 wird
erstmals der Friedhof am Ort genannt. 1731 wurde ein Matrikelbuch der Gemeinde
angelegt.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts entwickelte sich die Zahl der jüdischen
Einwohner wie folgt: 1811/12 91 jüdische Einwohner (19,7 % von insgesamt 461),
1824/25 115 (21,3 % von 541), 1840 107 (20,6 % von 520), 1852 115 (21,3 % von
540), 1875 119 (16,6 % von 718), 1880 131 (17,0 % von 770), 1890 101 (15,0 % von
672), 1900 93 (14,2 % von 653). Die jüdischen Familien lebten überwiegend
vom Vieh- und Warenhandel, gegen Mitte des 19. Jahrhunderts teilweise auch von
der Landwirtschaft oder vom Handwerk (1846 wird ein Tuchmacher
genannt).
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Religionsschule
(von 1890 bis 1920/23 Israelitische Elementarschule), ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Die jüdische Schule war bis um 1835 im Synagogengebäude. Seitdem war in einem
Haus neben der Synagoge ein Schulzimmer eingerichtet. 1890 wurde die
Elementarschule im 2. Stock des Schulgebäudes eingerichtet. Nach 1923 besuchten
die jüdischen Kinder die katholische Volksschule am Ort. Erster und letzter
israelitischer Volksschullehrer war Abraham Wechsler, der seit 1882 Lehrer
(zunächst Religionslehrer, seit 1890 Volksschullehrer) der
jüdischen Gemeinde war. Sein Vater, Rabbi Samuel Wechsler (Sohn des Schwabacher
Rabbiners Abraham Wechsler) hatte 35 Jahre in
Aschbach gewirkt und die Gemeinde in ihrer (orthodoxen) Frömmigkeit geprägt. Nach
Auflösung der Israelitischen Elementarschule war Wechsler wieder - wie zu
Beginn seiner Zeit in Aschbach - Religionslehrer
der Gemeinde.
Im Ersten Weltkrieg fielen aus der jüdischen Gemeinde Lnt. Dr. Josef
Lehmann (geb. 19.11.1884 in Aschbach, vor 1914 in Nürnberg wohnhaft, gef.
24.3.1917) und Gefreiter Julius Seemann (geb. 19.7.1891 in Aschbach, vor 1914 in
Nürnberg wohnhaft, gef. 9.10.1914). Der Name von Josef Lehmann steht auch auf
dem Kriegerdenkmal für die Gefallenen beider Weltkriege zwischen den beiden
Kirchen schräg gegenüber dem Rathaus am "See" an der
Seestraße.
Um 1924, als noch 50 jüdische Gemeindeglieder gezählt wurden (7,7 % von
insgesamt etwa 650 Einwohnern), waren die Vorsteher der Gemeinde Abraham
Seemann, Moritz Bayer I und Jakob Seemann III. Als Kantor, Schochet und
Religionslehrer wirkte weiterhin Abraham Wechsler. Er unterrichtete
damals noch drei jüdische Kinder. An Stiftungen waren in der Gemeinde
vorhanden: Die Oppenheimer-Jahrzeit-Stiftung (18 Mitglieder), die
Keren-Kajemes-Stiftung (18 Mitglieder). An Vereinen bestand u.a. der
"Israelitische Wohltätigkeitsverein" (Chewra Kadischa,
1932 unter Vorsitz von Adolf
Süß, 17 Mitglieder). Die Gemeinde gehörte im 19. Jahrhundert zum
Distriktsrabbinat Burgebrach, von 1906 bis 1920 zum Distriktsrabbinat
Burgkunstadt, das durch den Distriktsrabbiner in Bayreuth mitbetreut wurde. 1920
schloss sich die Gemeinde dem Bezirksrabbinat Kitzingen an. Sie war auch
Mitglied des Reichsbundes gesetzestreuer jüdischer Gemeinden Deutschlands. 1932
waren die Gemeindevorsteher Josef Seemann (1. Vors.) und Moses Fleischmann.
Schriftführer und Schatzmeister war Jakob Seemann III. Im Schuljahr 1931/32
unterrichtete Lehrer Wechsler vier jüdische Kinder.
1933 lebten noch 40 jüdische Personen in Aschbach (6,1 % von insgesamt
652). Nach 1933 nahmen die Repressalien der jüdischen Einwohner alsbald zu: im
Dezember 1935 wurde der Viehhändler Leopold Oppenheimer wegen "Hamsterns von
Butter" verhaftet. Im April 1937 wurde Gustav Seemann wegen angeblicher
Steuerhinterziehung zu einem Jahr und vier Monaten verurteilt. Im April 1938 wurden
mehrere jüdische Familien gezwungen, ihre Häuser zu verkaufen und bei anderen
Familien unterzukommen. Beim Novemberpogrom 1938 wurden zahlreiche
Fenster jüdischer Häuser eingeworfen (zur Synagoge s.u.). 1939 konnten
fünf jüdische Einwohner emigrieren (Argentinien, Schweiz). Einige andere
verzogen in andere Orte Deutschlands. 1942 wurden die letzten13 Gemeindeglieder
deportiert, sieben im April 1942 nach Krasniczyn bei Lublin, weitere sechs im
September 1942 in das Ghetto Theresienstadt.
Von den in Aschbach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945", ergänzt durch Angaben in Mesusa 2 s.Lit. S. 212-214): Eugen
Bayer (1899), Hanna (Hannchen) Bayer geb. Birn (1864), Max Bayer (1906), Meier Bayer (1861),
Meier Mayer (1861), Mina Bayer geb. Oppenheimer (1894), Jeanette
Blumenthal geb. Sonnenberger (1873), Cäcilie Braunschweiger geb.
Löwenthal (1897), Josef Braunschweiger (1900), Brigitte Gieta Flamm (1886), Hannchen Fleischmann
geb. Hirsch (1876), Ida (Ethel) Friedmann geb. Bayer (1862), Joseph Grünebaum (1879), Philipp Habermann (1868), Jonathan Kohn (1874), Philipp Kohn
(1869), Sara
Lichtenauer geb. Sussmann (1860), Heinrich Lindo (1875), Lina Lindo geb.
Sussmann (1883), Leo Löb (1864), Hanna Löwenthal (1893), Paula Löwenthal geb. Lederer
(1897), Justin
Marx (1891), Rosa Marx geb. Wechsler (1864), Aaron Ignaz Mayer (1876), Hannchen Mayer (1864),
Herrmann (Hesslein) Mayer (1878), Karoline Mayer (1874), Justin Marx (1891),
Benno Oppenheimer (1907), Fanni (Jenny) Oppenheimer (1882), Fanny
Oppenheimer geb. Marx (1887), Irma Oppenheimer (1923), Isaak Oppenheimer (1879),
Johanna (Hanna) Oppenheimer (1867), Jeanette Oppenheimer (1882), Jenny Oppenheimer (1862),
Justin Oppenheimer (1928), Leopold Oppenheimer (1880), Mina Oppenheimer geb.
Sussmann (1890), Betty Reiß geb. Bayer (1893), Therese (Treinle) Rosenberg geb. Wechsler (1872), Jeanette Rosenbusch
geb. Bayer (1866), Karoline Rosenthal geb. Habermann (1872), Selma Schäfer geb. Seemann (1887,
siehe unten; "Stolperstein" in Tübingen),
Lea Schloß geb. Wechsler (1870), Gustav Seemann (1880), Rosa Seemann
geb. Kuhn (1867), Siegfried Seemann (1910), Hermann Süss (1865, vgl. Kennkarte
unten), Max Sussmann (1889), Mina Wertheim geb. Löwenthal (1892), Paula Wolfrom (1885),
Agathe Wortsmann (1875), Heinrich Wortsmann
(1878), Julie Zacklikowesky geb. Bayer (1886), Zerline Zedermann geb. Habermann
(1865)*.
*) Zerline Zedermann wird im Gedenkbuch des Bundesarchivs unter dem falschen
Namen Berline Ledermann genannt (Auskunft eines Urenkels aus Israel vom
1.11.2011); in der Liste von Yad VaShem Jerusalem und der Liste Theresienstadt
findet sich jeweils die korrekte Nennung.
Hinweis: Für Karoline Oppenheim geb. Schäfer (geb. 1883 in Aschbach, gest. 1944
in Philadelphia/USA) und für ihre Schwägerin Selma Schäfer geb. Seemann (geb.
1887 in Aschbach, ermordet 1942 bei Riga) wurden in
Tübingen (Ecke Holzmarkt/Neue Straße
"Stolpersteine" verlegt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Stolpersteine_in_Tübingen_Innenstadt.
Nach 1945 wurde im
Schloss Aschbach von Januar 1946 bis zur Schließung im März 1948 eine Lager
für Displaced Persons (Überlebende der KZ) zur Vorbereitung der Ausreise
nach Palästina/Israel eingerichtet. Das Lager nannte sich Kibbuz Lajwer
Hajardejn (Hachschara). Hier waren etwa 100 Personen untergebracht (März
1946 90, November 1946 101, Juli 1947 60, Januar 1948 107).
Informationen siehe
https://www.after-the-shoah.org/aschbach-kibbuz-laejwer-hajardejn-hachschara-kibbutz-laejwer-hajardejn-hachsharah/
Wikipedia-Artikel zum Schloss Aschbach:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Aschbach
Berichte aus dem jüdischen Gemeindeleben
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
25-jähriges
Amtsjubiläum des Lehrers Abraham Wechsler (im April 1907)
Artikel in der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1907:
"Aschbach (Oberfranken), 12. Mai. Nachdem unsere Gemeinde fast 35 Jahre
hindurch das Glück gehabt hatte, die segensreiche Wirksamkeit des durch
seine Frömmigkeit und Gelehrsamkeit weithin bekannten Rabbi Samuel Wechsler
- das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen - zu genießen, sind
nun wieder 25 Jahre verflossen, seitdem man ihm in seinem Sohne einen
würdigen Nachfolger gegeben hat. Dem idealen Streben und dem Einflusse
dieser beiden Männer verdankt es unsere Gemeinde, dass sich religiöser
Sinn und religiöses Leben nach den überlieferten Grundsätzen des
Judentums in ihrer Mitte erhalten haben, und sie rüstet sich nun, das 25-jährige Amtsjubiläum ihres jetzigen Lehrers, des
Herrn Abraham Wechsler,
am Schabbat Naso (Schabbat mit der Toralesung Naso, d.h. am
25. Mai 1907) und am darauffolgenden Tage, dem 26. dieses Monats, festlich
zu begehen. Auch der zuständige Rabbiner, Herr Dr. Gothein - Burgkunstadt,
wird der Feier beiwohnen." |
Gründung
des "Verbandes der Sabbatfreunde" durch Lehrer Abraham Wechsler (im
März 1907)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März 1907: "Aschbach (Oberfranken), 26. März. Durch
Herrn Lehrer
Wechsler wurde kürzlich hier eine Ortsgruppe des 'Verbandes der
Sabbatfreunde' begründet, welche infolge allgemeiner Beteiligung die für
unsere kleine Gemeinde recht befriedigende Zahl von 18 Mitgliedern
zählt." |
Lehrer Abraham Wechsler - zum 70. Geburtstag und zum 50jährigen Dienstjubiläum
(1930)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Dezember 1930:
"Aschbach (Oberfranken), 20. November (1930). Am 1. Dezember dieses
Jahres vollendet unser Herr Oberlehrer Abraham Joseph Wechsler seinen 70.
Geburtstag und zugleich kann er sein 50-jähriges Dienstjubiläum als
Jugendbildner feiern, davon in hiesiger Gemeinde 49-49 Jahre. Herr
Oberlehrer Wechsler genießt den Ruf eines ausgezeichneten Pädagogen,
wenn auch seine ihm angeborene Bescheidenheit ein Vordringen in die
Öffentlichkeit nicht zulässt. Die jüdische Volksschule hier war sein
Werk, welches leider nicht mehr besteht, welcher er aber vor langer Zeit
geschaffen und fast 40 Jahre innehatte. Ursprünglich amtierte er hier als
Religionslehrer, als Nachfolger seines unvergesslichen Vater Rabbi Schmuel
Wechsler - das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen. Er ist ein
würdiger Enkel des bekannten Schwabacher
Rabbiners Rabbi Abraham Wechsler
- das Gedenken an den Gerechten ist zum Segen, dem seine Gemeinde
viel zu danken hat, die heute noch ein Muster religiöser Bedeutung ist
und aus welcher viele religiöse bedeutende Männer hervorgegangen sind.
Möge Herr Oberlehrer Wechsler bis 120 im Dienste wahren Judentums
tätig sein." |
Lehrer
Abraham Wechsler - 50 Jahre in der Gemeinde Aschbach (1932)
Artikel in der
Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung vom 15. Januar 1933:
"Wie wir sehr verspätet in Erfahrung gebracht haben, konnte unser
Kollege, Oberlehrer Wechsler - Aschbach, im März vorigen Jahres auf eine
50-jährige Tätigkeit in seiner Gemeinde zurückblicken. Wir nehmen
gerne Veranlassung, unserem treuen Vereinsmitgliede noch nachträglich
unsere herzlichsten Glückwünsche auszusprechen. Ad mëoh w'esrim schonoh
(bis 120)".
Anmerkung (nach Angaben von Strätz: Biographisches Handbuch
Würzburger Juden Bd. 2 S. 651): Abraham Wechsler verzog um 1934 nach der
Pensionierung zu der Tochter Jenny (geb. 1901 in Aschbach) nach Würzburg.
Sie starb durch Suizid am 10. Februar 1939 in Würzburg. Eine
nichtjüdische Geschäftsinhaberin aus der Nachbarschaft, die in einem
Gespräch ihr Bedauern ausdrückte, wurde denunziert und erhängte sich
vor dem Verhör durch die Gestapo. Abraham Wechsler starb vermutlich um
1940 in Würzburg.
Eine Schwester von Abraham Wechsler war vermutlich die mit dem Lehrer
Moses Schloß (siehe Flehingen)
verheiratete Lea geb. Wechsler (geb. 1871 in Aschbach). Sie wurde mit
ihrem Mann im Oktober 1940 nach Gurs deportiert (vgl. Gedenkblatt bei Yad
Vashem, allerdings nicht im Gedenkbuch des Bundesarchives
genannt). . |
Berichte aus dem Gemeinde-
und Vereinsleben
Studien des Vereins "Ahawat Tora" (1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Januar 1891:
"Aschbach (Bayern). Am Ausgang des Schabbat Chanukka (d.i. 13.
Dezember 1890) beendigten die Mitglieder des Vereins Ahawat Tora (Liebe
zur Tora) nach dreijährigem Bestande den Kefizir (?) Schulchan Aruch.
Es schloss sich daran ein solennes Festmahl, bei welchem der Vorstand,
Herr Lehrer Kissinger, eine wohl durchdachte, gediegene Rede über den
hohen Wert des Torastudiums hielt. Die Mitglieder überraschten bei dieser
Gelegenheit Herrn Kissinger mit einem Ehrengeschenk bestehend in einem
prachtvollen Service." |
Spendenaufruf des Lehrers M. Keller
(Kestrich) für einen verarmte Mann in Aschbach (1891)
Spendenaufruf
- Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Januar 1891:
"Bitte nicht zu übersehen!
Ein sehr achtbarer, braver und
rechtschaffener Mann in Aschbach, Bayern, ist durch betroffenes,
unverschuldetes Unglück in große Not geraten. Derselbe ist nun in
Gefahr, sein einziges Gut, sein Häuschen zu verlieren und des Obdachs
beraubt zu werden. Dieser lässt durch mich edelgesinnte Menschen bitten,
damit er sein Geschäft fortführen und seine zahlreiche Familie ernähren
kann, ihn gütigst möglich reichlich zu unterstützen. Indem ich den
betreffenden, wirklich würdigen Mann allen Gönnern, Freunden und
Kollegen angelegentlichst empfehlen kann, bin bereit, eingehende Gaben zu
empfangen und darüber zu quittieren.
M. Heller, Lehrer und Kantor, Kestrich, Oberhessen." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Zum
Tod des Gemeindevorstehers Pfeifer Habermann (im März 1863)
Artikel in der
Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. April 1863: "Nachruf.
Die hiesige israelitische Gemeinde hat durch den (im 56. Lebensjahre
erfolgten) Tod ihres Vorstandes, Herrn Pfeifer Habermann - Friede sei mit
ihm - einen unersetzlichen Verlust erlitten. Er bekleidete das
Vorsteheramt zum Frommen der Gemeinde unausgesetzt 10 Jahre lang und erwarb
sich sowohl hierbei als auch im bürgerlichen Leben, von allen Seiten die
größte Hochachtung. Den Frieden liebend und dem Frieden nachjagend
übte er im wirkliche Sinne des Wortes, und war für die hiesige Gemeinde,
als auch deren Umgebung, ein Wegweiser zum Guten. Nicht nur in der Nähe,
sondern auch von weiter Ferne, hört man das allgemeine Lob seiner großen
Mildtätigkeit und der herablassenden Begegnung gegen Diejenigen, welche
seine Hilfe in Anspruch nahmen. Daher kam es auch, dass sein
Leichenbegängnis, am Dienst, den 26. Adar (= 17. März 1863) ein so
großartiges gewesen. Von der hiesigen israelitischen Gemeinde fehlte nicht
ein einziges Mitglied und waren auch unsere israelitischen Nachbargemeinden
vertreten. Der protestantische Pfarrer und Lehrer, die gesamte politische
Gemeinde-Verwaltung, der größte Teil der christlichen Einwohner von hier
und Umgegend standen wie alle Anwesende mit Tränen im Auge am Grabe. Herr
B. Rosenthal aus Burghaslach, ein Freund des Verblichenen, hielt eine tief ergreifende
Rede, worin er die vielen Vorzüge, unter Anderem auch was derselbe für den
Talmud-Tora(-Verein) und das Land Israel geleistet, hervorhob.
Diesem folgte eine herzliche Ansprache des Herrn S. Massenbacher von dort
wobei gesagt wurde, dass der Verstorbene trotz seiner vielen Geschäfte sich
häufig mit Talmud Tora befasste und eine Stütze des echten
Judentums war. Hierauf ergriff unser verehrter Distriktsrabbiner Herr Dr.
Werner aus Burgebrach, in gewählten Ausdrucken und mit seltenem
Rednertalent das Wort, um das Leben und Wirken des Verlebten zu beleuchten
und erklärte, wie hier die Worte - er hat das gute vollbracht usw. - ihre
richtige Anwendung fänden, in glänzender Weise; worauf zum Schlusse unser
Religionslehrer Herr Wechsler noch Worte des Trotzes vernehmen
ließ.
"Des Gerechten Andenken zum Segen," damit wolle sich dessen edle
Witwe, welche in der Wohltätigkeit stets mit ihrem Gatten wetteiferte und
auch mit seltener Selbstaufopferung, während des längeren Krankenlagers
des Dahingeschiedenen, dessen Leiden durch ihre Pflege, um Vieles
erleichterte, seine Kinder und auch wir uns trösten, dass das Andenken
dieses edlen Heimgegangenen uns noch lange zum Muster diene und fort und
fort Spuren des Segens hinterlasse.
Aschbach. Erew Rosch Chodesch Nisan 5623 (= 20. März
1863)."
|
Poetischer Nachruf zu Psalm 15 auf Kaufmann Falk Süss, verfasst vom
protestantischen Lehrer G. Krauss (1863)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Dezember
1863:
"Eine Zypresse auf das Grab des Herrn Kaufmann Falk Süss von
Aschbach.
Psalm XV.
Trauernd steht an Deinem frühen Grabe
Deine Mutter, gram- und schmerzerfüllt;
Du, ihr Reichtum, ihre liebste Habe,
Bist vom stummen Sarge eingehüllt.
Bruder, Schwestern, viele treue Freunde -
Wo ist einer, der nicht um Dich weinte?
Kurz nur war Dein viel geprüftes Leben -
Deine edlen Werke dauern fort!
Selber hier von Schmerz und Müh umgeben -
Heiltest Wunden Du durch Tat und Wort!
Dir galt Jeder, wenn er Hilf begehrte,
Als Dein Glaubensbruder und Gefährte!
Wer wird, Herr, in deiner Hütte wohnen? -
Der sein Geld hier nicht auf Wucher gibt! -
Wer auf deinem heilgen Berge thronen? -
Der die Menschen hier als Brüder liebt! -
Der die Menschen hier als Brüder liebt! -
Drum, schlaf sanft! Es winkt Dir dort die Palme!
Ja, die Engel jauchzen Freuden-Palme.
Aschbach. G. Krauss, protestantischer Lehrer". |
Zum
Tod des Gemeindevorstandes Simon Habermann im Februar 1876
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Februar 1876:
"Nekrolog. (hebräisch und deutsch:) Die Krone ist von unserem Haupte
gefallen. - Der Vorstand und die Zierde unserer Gemeinde, Herr Simon
Haberman, ist uns am 8. Februar 1876 in seinem 39. Lebensjahre leider
plötzlich durch den Tod entrissen worden, viel zu früh für seine Gattin,
mit der er 11 Jahre in glücklicher Ehe verlebte, viel zu früh für seine 5
unmündige Kinder, denen er ein liebevoller und sorgsamer Vater gewesen,
viel zu früh für unsere ganze Gemeinde, deren Angelegenheiten er mit Eifer
und Treue verwaltete. Wer ihn kannte, den redlichen Geschäftsmann, den
glaubenstreuen Israeliten, den edlen Menschenfreund, dessen Herz warm schlug
für alle Gute, der Armen und Bedrängten ohne Unterschied der Konfession
eine Stütze war, wird unseren Schmerz gerecht finden und uns seine stille
Teilnahme nicht versagen.
Wie geachtet und geliebt der Verblichene war, zeigte sich bei seinem
Leichenbegängnis, indem ein langer Zug von Israeliten und Nichtisraeliten
von Hier und der Umgegend dem Sarge folgte, um dem Niedermann die letzte
Ehre zu erzeigen. Dieser allgemeinen Trauer gab unser allverehrter Rabbiner
Herr Dr. Werner von Burgebach in seiner Grabrede mit wahren Worten beredten
Ausdruck.
Möge Gott dem Verblichenen das Gute, das er hieniden geübt, reichlich
vergelten und uns ferner vor allem Bösen bewahren. Seine Seele sei
eingebunden in den Bund des Lebens.
Aschbach, den 19. Februar 1876. Die
israelitische Kultusgemeinde." |
Umzug
des Toraschreibers Wolf Grünebaum von Aschbach nach Fulda (1882)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Juli 1882: "Seit
Anfang dieses Monats habe ich meinen Wohnsitz von Aschbach hierher verlegt
und erlaube mir, mich für alle in mein Fach einschlägige Arbeiten in
Torarollen, Tefillin und Mesusot
sowie zur Anfertigung von Wimpeln etc.
bestens zu empfehlen.
Fulda, im Tammus 5642 (= Juni/Juli 1842).
W. Grünebaum, Sofer (= Torarollenschreiber)". |
Tod
des Synagogenvorstehers und Rechners Salomon Fleischmann (im August 1911)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" am 24. August 1911:
"Aschbach in Bayern, 16. August. Herr Salamon Fleischmann von hier ist
im Alter von 70 Jahren zu Grabe getragen worden. Die überaus große
allseitige Beteiligung legte beredtes Zeugnis ab von der Verehrung, deren
sich der Verklärte wegen seiner Biederkeit und Ehrlichkeit in Handel und
Wandel erfreute. Herr Lehrer Wechsler in Aschbach würdigte in einem
eingehenden Hesped (Trauerrede) die Verdienste des Dahingeschiedenen
in gebührender Weise. Die Gemeinde Aschbach verliert in ihm einen frommen
Glaubensgenossen, der an allen Gemeindeangelegenheiten stets teilnahm und
für den Frieden in der Gemeinde strebte. Nicht unerwähnt darf es bleiben,
dass der Verblichene Jahre lang das Amt des Synagogenvorstandes und Rechners
daselbst bekleidete, dass in seiner Amtsperiode die Entstehung der dortigen
Elementarschule ermöglicht wurde und dass er bis zu seinem Hinscheiden
tätiges Mitglied des von Herrn Lehrer Wechsler zur Zeit ins Leben gerufenen
Vereines Ahawat Tora (Toraliebe) war. Möge der Allmächtige den
trauernden Hinterbliebenen Trost und Linderung zuteil werden lassen in ihrem
herben Schmerz. Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens.
" |
Zum Tod von Meier Lehmann und seine Frau
Amalie geb. Friedlein (1914)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Januar 1915: "Aschbach
bei Bamberg, 28. Dezember (1914). Der unerbittliche Tod hat leider
wiederum eine schmerzlich fühlbare Lücke in die Reihen unserer Gemeinde
gerissen.
Nachdem vor kaum 3/4 Jahren der weithin hoch geachtete langjährige und
verdienstvolle Vorsteher der hiesigen Gemeinde, Herr Meier Lehmann
- seligen Andenkens -, der 18 Jahre hindurch das Amt eines
Verwaltungsmitgliedes in der Ortsgemeinde bekleidete, das Zeitliche
gesegnet, folgte demselben nach kurzem Krankenlager dessen Gattin Amalie
-
sie ruhe in Frieden - geb. Friedlein aus Allersheim bei Würzburg
im Tode nach.
In der ergreifenden Trauerrede, die Herr Hauptlehrer Wechsler der
selig Entschlafenen widmete, bezeichnete er dieselbe als eine wahrhafte bescheidene
und anmutige, bescheidene, selbstlose fromme Frau, die ein echt
jüdisches Haus führte und in unermüdeter Tätigkeit für das Wohl und
Beste der Ihrigen sorgte. Im harmonischen Zusammenwirken mit ihrem von
hoher Lebensklugheit erfüllten, für jüdische Interessen erglühten
Gatten erstrebte die Heimgegangene als Ideal, ihre Kinder zu braven,
tüchtigen Menschen und gesetzestreuen Jehudim zu erziehen, was
beiden trefflich gelungen, indem solche auch in angesehenen
Lebensstellungen als treue, begeisterte Anhänger unserer heiligen Wahrheit
sich bewähren. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zum Tod des aus Aschbach stammenden Lehrers Maier Mayer (1927)
Artikel
in der "Bayrischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 7. Januar
1927: "Personalien. In Themar, wo ihm kindliche Dankbarkeit
und Liebe ein freundliches Heim geschaffen und einen sorgenfreien,
heiteren Lebensabend bereitet hatten, verstarb am 24. November (18.
Koslew) der Nestor und Mitbegründer unseres Vereins, Maier Mayer, im
Alter von 86 Jahren und 7 Monaten. Er wurde am 22. April 1839 in Aschbach
geboren, erhielt seine Ausbildung in
Höchberg und Würzburg und wurde
nach mehrjähriger Tätigkeit als Religionslehrer in Oberthulba und
Giebelstadt in die damals noch blühende Gemeinde
Schnaittach berufen, wo
er nahezu ein halbes Jahrhundert in Schule und Gemeinde wirkte, bis er im
Jahre 1914 in den wohlverdienten Ruhestand trat und nach
Themar
übersiedelte. Auch in dieser Gemeinde machte er sich besonders verdient,
indem er in gottbegnadeter, körperlicher und geistiger Rüstigkeit in den
Jahren 1916-1918, als sein Schwiegersohn, Lehrer Levinstein, zum
Kriegsdienste eingerufen wurde, dessen anstrengenden Dienst versah. Noch
als 86jähriges fungierte er am Rochhaschanah (Neujahr) und Jomkippur
als Scheliach Zibbur (Vorbeter). Die hohe Verehrung und Liebe, die
ihm aus allen Kreisen entgegengebracht wurde, fand noch besonderen
Ausdruck, als er im Vorjahre mit seiner Gattin unter Teilnahme der ganzen
Gemeinde, ohne Unterschied des Glaubens, der Vertreter aus seinem
vieljährigen Wirkungsorte und der Behörden - der Verband Bayerischer
Israelitischer Gemeinden sei hierbei eigens genannt - das seltene Fest der
diamantenen Hochzeit feiern konnte. Bezirksrabbiner Dr. Weinberg in Neumarkt
verlieh im anlässlich dieser Feier den Chower-Titel. Um den
Heimgegangenen trauern mit der Gattin 10 Kinder, 7 Söhne und 3 Töchter.
An seiner Bahre hielt der Schwiegersohn die Trauerrede, der älteste Sohn,
Lehrer Moses Mayer, widmete dem Vater tief ergreifende Worte des
Abschieds. Möge das Andenken des Zaddik zum Segen sein!
Blumenthal, Neustadt a.d.A."
|
Zum Tod von Jette Fleischmann geb. Wechsler, Tochter des Aschbacher Lehrers
Samuel Wechsler und Bruder von Lehrer Abraham Wechsler (1928)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
22. November 1928: "Nürnberg, 14. November (1928). Am
Dienstag, 30. Oktober wurde hier eine Frau zu Grabe getragen, deren guter
Name noch lange nach ihrem Weggange ihr nachleuchten wird. Frau Jette
Fleischmann hat das Zeitliche gesegnet, und eine reiche Schar ihrer
Verwandten, ihrer guten Freunde und ihrer Anhänger gaben ihr das letzte
Geleite. Es waren sehr viele, die herbeigeeilt waren, um dieser wirklich
frommen Frau, dieser wackeren Frau den letzten Liebesdienst zu erweisen,
den sie auch tausendfach verdient hatte. Als Tochter des schon vor vielen
Jahren verstorbenen Lehrers Samuel Wechsel - das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen -, eine Enkelin des bekannten Rabbiners
Abraham Wechsler - das Andenken an den Gerechten ist zum Segen -
in Schwabach, hat sie sich in ihrem
Leben ihrer Abstammung und Herkunft vollkommen würdig gezeigt. Am Grabe
schilderte Herr Rabbiner Dr. Breslauer aus Fürth, in Vertretung des
verhinderten Nürnberger Rabbiners Herrn Dr. Klein, die Vorzüge und die
guten Werke der teuren Entschlafenen, deren irdisches Wirken ein
fortgesetztes heiliges Tun bildete. Dann sprach ergriffen der eigene
Bruder, Herr Oberlehrer Wechsler in Aschbach,
seiner heimgegangenen Schwester tiefgefühlte Worte des Dankes und
Gedenkens nach. Ihre Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens."
|
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Einzelpersonen
Neujahrswünsche von Frau Bella Wechsler und Familie
(1898)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 13. September 1898:
"Freunden und Bekannten wünschen herzlichst
gute Wünsche zum
Neujahr (wörtlich eine gute Einschreibung und Versiegelung).
Frau Bella Wechsler und
Familie,
Aschbach." |
Verlobungsanzeige von Ida Wechsler und Ludwig Hammelburger
(1922)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Mai 1922: "Statt
Karten
Ida Wechsler - Ludwig Hammelburger
Verlobte
Aschbach (Ofr.) - Burghaslach (Mfr.)" |
Verlobungsanzeige von Jenny Süss und Ernst
Levite (1925)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. August 1925:
"Jenny Süss - Ernst Levite. Verlobte.
Aschbach Oberfranken - Mönchsroth
Mittelfranken." |
Weitere Dokumente
Postkarte an Rosa
Rindskopf c/o
Moses Fleischmann in Aschbach (1920) |
|
|
Die Postkarte an Frau Rosa Rindskopf
- per Adresse Herrn Moses Fleischmann - wurde versandt aus Kitzingen am 9. August 1920.
Moses Fleischmann wird 1932 neben Josef Seemann (1. Vorsitzender) als
Gemeindevorsteher in Aschbach genannt. Rosa Rindskopf war
höchstwahrscheinlich die 1878 in Aschbach geborene Ehefrau von Ignaz
(Ignatz) Rindskopf in Würzburg. So wird auf der Karte auch vom überraschenden
kurzen Besuches von "Ignatz" gesprochen. Rosa Rindskopf geb. Lehmann ist
1878 in Aschbach geboren, hat in der NS-Zeit das Ghetto Theresienstadt
überlebt und emigrierte 1948 zu Verwandten nach Israel. Ihr Mann Ignaz
Rindskopf (geb. 1871 in Großlangheim,
ist am 12. Dezember 1944 in Theresienstadt umgekommen).
Quelle: http://www.stolpersteine-wuerzburg.de/wer_opfer_lang.php?quelle=wer_paten.php&opferid=237
sowie Strätz Biographisches Handbuch Würzburger Juden Band II, S.
462. |
Kennkarte
aus der NS-Zeit |
|
Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgende Kennkarte ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
|
Kennkarte
des aus Aschbach
stammenden Hermann Süß |
|
|
|
Hermann Süß ist am 4.
August 1865 als Sohn von Jacob Süß und Caroline geb. Buchstein in
Aschbach geboren. Er wohnte später in Mainz. Am 27. September 1942 wurde
er ab Darmstadt in das Ghetto Theresienstadt deportiert, wo er am 13.
Januar 1943 umgekommen ist. |
|
Zur Geschichte der Synagoge
Zunächst war eine erste Synagoge unbekannten
Baujahres vorhanden, die bis 1763 der Gutsherrschaft von Pölnitz gehörte. In diesem Jahr
kaufte die jüdische Gemeinde die "alte Sinagoge" und erbaute
in in den Jahren nach 1763 eine neue Synagoge. Im Synagogengebäude befand sich
auch eine Lehrerwohnung sowie das Schulzimmer.
1854 wurde als Synagogeninventar ("Geräthschaften der Synagoge")
festgehalten: "1 Thora, auf Pergament geschrieben, 1 Geschichte Esther desg.,
2 Feiertags Gebetbücher, 1 Werktags Gebetnuch, 7 messinge große Leuchter, 1
desgl. Weihnachtslampe (gemeint: Chanukkaleuchter), 1 eiserner Stangenleuchter,
2 eiserne Wachsbecken, 12 Thora-Anzugsmäntel, 3 H.Lade-Vorhänge, 1
Predigtstuhldecke, 1 Beschneidungsstuhl, 3 Betstände".
Beim Novemberpogrom 1938 drangen vier SA-Männer in die Synagoge ein, zerschlugen die
Inneneinrichtung und die Fenster. Die Torarollen und andere Ritualien,
Schriften, Bücher und Dokumente wurden auf dem Marktplatz verbrannt. Die
jüdischen Einwohner wurden gezwungen, bei der Verbrennung zuzuschauen.
Nach 1945 wurde die ehemalige Synagoge nach Klärung der
Eigentumsverhältnisse durch das Restitutionsverfahren der JRSO New York in ein
Wohnhaus umgebaut. Seitdem wird der frühere Betsaal als Abstellraum
benutzt, die früheren Nebenräume der Synagoge als Wohnung. Die Bausubstanz ist
noch vollständig erhalten. In den vergangenen Jahren wurde das Gebäude
restauriert (siehe Foto unten).
Adresse/Standort der Synagoge: Bachgasse (im
Volksmund auch "Judengasse" genannt) 8 (ehem.
Haus-Nr. 23)
Fotos
(Historische Fotos von Theodor Harburger, Aufnahmen
1928/29; Quelle: Central Archives for the
History of the Jewish People, Jerusalem; veröffentlicht in Th.
Harburger: "Die Inventarisation jüdischer Kunst- und Kulturdenkmäler in Bayern.
1998 Bd. 2 S. 22-23)
Historische Fotos |
|
|
|
Innenansicht der Synagoge:
Blick zum Toraschrein |
Toraschild (Tass), 1928 im
Privatbesitz
der jüdischen Familien Seemann in Aschbach
(heute im
Israel-Museum in Jerusalem) |
|
|
|
|
Die ehemalige Synagoge 1987
(Quelle: Schwierz s. Lit. S. 193)
Bauzeichnung 1987
(Quelle: Süss, s. Lit. S. 48) |
|
|
|
|
Querschnitt mit Blick
auf die Ostwand |
|
|
|
Die ehemalige Synagoge
nach der Restaurierung
(Quelle: Süss s. Lit. S. 48) |
|
|
|
Das Gebäude von
Südwesten |
|
|
|
|
Gedenkstein für die
in der NS-Zeit umgekommenen/ermordeten
jüdischen Personen aus Aschbach
(Foto: Wolf-Dieter Gutsch) |
|
|
|
|
Alte Gedenktafel (heute
im Taharahaus
auf dem jüdischen Friedhof) |
Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Juli 2015:
Vom Leben in der ehemaligen
Synagoge - Denkmalschutzmedaille für die fachgerechte Sanierung des Hauses
|
Artikel
von Evi Seeger im "Fränkischen Tag" vom 10. Juli 2015:
"Architektur. Leben in der Synagoge
Im früheren Gotteshaus der ehemaligen jüdischen Gemeinde Aschbach lebt
Familie Schierer. Für die liebevolle, fachgerechte Sanierung gab es jetzt
die Denkmalschutzmedaille.
Fritz und Christa Schierer lieben alte Häuser: 'Sie haben eine besondere
Atmosphäre', sagt Christa Schierer. 'Und Charakter', ergänzt Hans-Joachim
Schierer, der Sohn der beiden. Auf der Suche nach einem alten Haus wurden
sie 1984 in der Bachgasse in Aschbach fündig. Nun macht es aber einen
Unterschied, ob man sich einfach nur für ein altes Haus entscheidet, oder -
wie im Fall Schierer - eine ehemalige Synagoge erwirbt. Christa und Fritz
Schierer ließen das verwahrloste Gebäude unter fachmännischer Begleitung
behutsam instandsetzen, schreibt Projektbegleiterin Annette Faber vom
Denkmalschutzamt. Jetzt wurden die Bemühungen und der Aufwand der Familie
belohnt: Der herausragende persönliche Einsatz von Christa und Fritz
Schierer wurde mit der Denkmalschutzmedaille gewürdigt. Nein, sie hätten
nicht gewusst, dass das Haus unter Denkmalschutz steht, als sie es - nach
einer langen Zeit des Leerstands - erwarben, sagt Christa Schierer. Doch das
habe sich rasch geändert. Als Fenster erneuert werden mussten, schaltete
sich der Denkmalschutz ein. Beim Kauf sei der Zustand des Hauses 'zum
Fürchten' gewesen, erzählen die beiden. An der Vorderfront verschandelten
dreiflügelige völlig unpassende Fenster das historische Gebäude. Die Fenster
waren nicht intakt, es regnete durchs Dach, Wasserleitung und
Elektroinstallation mussten neu gelegt werden, um das Haus überhaupt
bewohnbar zu machen. Der Dachstuhl musste teils erneuert und - wegen des
Hausbocks - präpariert werden. Das Mansarddach des spätbarocken Baus, vom
Vorbesitzer mit Frankfurter Pfannen gedeckt, bekam eine denkmalgerechte
Biberschwanz-Eindeckung. Sie habe sich von Anfang an vorstellen können, wie
das Haus fertig aussehe, sagt Christa Schierer. Denn die Familie wollte ja
darin wohnen. 'Alles, was markant ist, haben wir so gelassen', sagt Sohn
Hans Joachim. Und da gab es viel in der 1766 errichteten Synagoge. Sie wurde
auf dem Platz einer noch älteren Synagoge erbaut, nachdem die Aschbacher
jüdische Gemeinde um 1850 stark zugenommen hatte. Bei jeder baulichen
Entscheidung sei darauf geachtet worden, die Vergangenheit zu
veranschaulichen, schreibt Annette Faber weiter. An der Außenseite zeichnet
sich noch der Vorbau für den Thoraschrein ab. Im ehemaligen Synagogenraum
sei noch die einstige Höhe der Fenster, die über zwei Etagen gingen, zu
erkennen.
Als das Dach abgedeckt wurde, war das für den damals zehnjährigen Sohn 'wie
eine Schatzkammer'. Er habe alles Mögliche gefunden, Gegenstände, die heute
teilweise im Museum sind. Ein ganz besonderer Raum ist die einstige
Frauenempore, die über eine alte gedrehte Treppe zu erreichen ist. Der etwa
80 Quadratmeter große Raum wird heute als großes Wohnzimmer genutzt und hat
sich als ideal für Familientreffen erwiesen. Die hölzerne Tonnendecke ist im
Original erhalten. Vor der Ostwand mit dem runden Misrachfenster sind jetzt
Bestandteile der historischen Ausstattung in einem großen Podest so
eingelagert, dass sie der Forschung jederzeit zugänglich sind. Bis zur
Reichspogromnacht im November 1938 war das Gebäude in der Bachgasse Synagoge
und Wohnung des Rabbiners. Sie habe zwar nicht gebrannt, sei aber geschändet
worden, schreibt Annette Faber. Wenn Christa Schierer heute in ihrem Garten
die Beete umgräbt, findet sie noch immer jede Menge Scherben von den
zerborstenen Fenstern. Nach dem Krieg habe man in dem Gebäude Flüchtlinge
untergebracht. Neben der Synagoge befindet sich in einem eigenen Häuschen
die Mikwe aus dem Jahr 1912, das Tauchbad für die rituellen Waschungen, das
ebenfalls liebevoll saniert wurde. Das Wasser für die Mikwe musste 'aus
lebendigem Wasser' sein. Auch die Aschbacher Mikwe wurde über ein Rohrsystem
mit Quellwasser gespeist, was heute noch zu sehen ist."
Link zum Artikel |
Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Baruch Z. Ophir/Falk Wiesemann: Die
jüdischen Gemeinden in Bayern 1918-1945. Geschichte und Zerstörung. 1979
S. 105-107. |
| Israel Schwierz: Steinerne Zeugnisse jüdischen Lebens in
Bayern. Eine Dokumentation der Bayerischen Landeszentrale für politische
Bildungsarbeit. A 85. 1988 S. 193-194. |
| Pinkas Hakehillot: Encyclopedia of Jewish
Communities from their foundation till after the Holocaust. Germany -
Bavaria. Hg. von Yad Vashem 1972 (hebräisch) S. 203-204. |
| Klaus Guth (Hg.) u.a.: Jüdische Landgemeinden in Oberfranken
(1800-1942). Ein historisch-topographisches Handbuch. Bamberg 1988. Zu
Aschbach S. 77-91 (mit weiteren Quellenangaben). |
| Johann Fleischmann: Mesusa 2. Spuren jüdischer
Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach. Mühlhausen 2000. |
| ders.: Mesusa 4. Lebensbeschreibungen und Schicksale.
Spuren jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und Seebach.
Mühlhausen 2004.
Hierin u.a.: Aschbach 1893-1942. Das Leben der Mina Sussmann, verw. Bayer,
verh. Oppenheimer S. 243-268.
|
| Johann Fleischmann: Mesusa 8. Aus der jüdischen
Vergangenheit von Walsdorf, Lonnerstadt, Aschbach und anderen Orten
Frankens. Mühlhausen 2011.
Mesusa 8.
Aus der jüdischen Vergangenheit von Walsdorf, Lonnerstadt, Aschbach und
anderen Orten Frankens.
Spuren jüdischer Vergangenheit an Aisch, Aurach, Ebrach und
Seebach.
Herausgeber: Johann Fleischmann
Arbeitskreis "Jüdische Landgemeinden an Aisch, Aurach, Ebrach und
Seebach"
Mühlhausen: Selbstverlag REG, 2011 ISBN
978-3-933623-16-4 (gb)
Internet: www.mesusa.de
E-Mail: johann.fleischmann[et]mesusa.de |
|
|
"Mehr als
Steine...." Synagogen-Gedenkband Bayern. Band I:
Oberfranken - Oberpfalz - Niederbayern - Oberbayern - Schwaben.
Erarbeitet von Barbara Eberhardt und Angela Hager. Hg.
von Wolfgang Kraus, Berndt Hamm und Meier Schwarz.
Reihe: Gedenkbuch der Synagogen in Deutschen. Begründet und
herausgegeben von Meier Schwarz. Synagogue Memorial Jerusalem. Bd. 3:
Bayern. Kunstverlag Josef Fink Lindenberg im
Allgäu.
ISBN 978-3-98870-411-3.
Abschnitt zu Aschbach S. 56-65 (die Forschungsergebnisse
konnten auf dieser Seite von "Alemannia Judaica" noch
nicht eingearbeitet werden). |
|
| Hans-Peter
Süss: Jüdische Archäologie im nördlichen Bayern. Franken und
Oberfranken. Verlag Dr. Faustus Büchenbach 2010 (Reihe: Arbeiten zur
Archäologie Süddeutschlands Band 25). Zu Aschbach S.
47-48.
|
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Aschbach Upper Franconia. The
community was founded in the first half of the 18th century, with a synagogue
erected in 1748 and a school building in 1831. It refused to attach itself to
the liberal Bamberg district rabbinate in 1914, preferring the Orthodox of
Kitzingen. The Jewish population reached 93 (total 653) in 1900, thereafter
declining steadily to 40 in 1933. In 1935-41 12 emigrated and nine left for
other German cities. The synagogue was vandalized on Kristallnacht (9-10
November 1938) and its religious books were publicly burned. In spring 1942, 13
Jews were expelled to Bamberg and from there deported to Izbica in the Lublin
district of Poland and the Theresienstadt ghetto.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|