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Laufen (Salzach) (Landkreis
Berchtesgadener Land)
Jüdische Geschichte
Übersicht:
Zur jüdischen Geschichte
in Laufen
In Laufen gab es zu keiner Zeit - ausgenommen 1946
bis 1951 siehe unten - eine jüdische
Gemeinde. Zunächst lebten wohl im Mittelalter Juden in Laufen, da es in der
Stadt nach dem Deutzer Memorbuch zu einer Verfolgung während der Pestzeit
1348/49 gekommen ist. Weitere Informationen liegen jedoch nicht vor.
Im 19./20. Jahrhundert lebten nur wenige jüdische Personen zeitweise in der
Stadt. Sie gehörten offiziell der jüdischen Gemeinde in
München an (siehe
unten "Handbuch der jüdischen Gemeindeverwaltung..." von 1932).
In Erinnerung blieb vor allem die jüdische Familie Friedmann, die in der
Schloßstraße 6 ein Kaufhaus innehatte. Familie Friedmann ist 1908 von
Freilassing nach Laufen gezogen. Gustav Friedmann und seine Frau Paula
Friedmann geb. Schwarz (geb. 8. August 1872 in Kozolupy, dt. Godolup in
Böhmen) eröffneten 1909 ein Kaufhaus in der Schloßstraße 6. Hier boten sie ein
breites Sortiment an, insbesondere Textilien, aber auch weitere Waren aller Art.
Die beiden hatten vier Kinder: Camilla (geb. 1890, lebte nach Kriegsende in
Wien), Eduard (geb. 1. Februar 1902 in Salzburg), Robert (geb. 1908, lebte nach
1945 in Israel) und Irma (geb. 23. August 1910 in Laufen; nahm später den Künstlernamen
Irma Rafaela Toledo an, gest. 2002 in Salzburg, siehe unten). Zur Familie
gehörten zeitweise noch andere Angehörige, darunter auch ein Neffe von Paula
Friedmann: Eduard Trenk (geb. 1898 in
Kozolupy, ermordet 1943 in Auschwitz). Die Familie war in
Laufen gut integriert. Der Sohn Eduard (Edi) Friedmann, der in Laufen
blieb, heiratete später Doris
(Dora, Dorle) geb. Sommer (geb. am 26. November 1906 in
Straubing). Die beiden bekamen die Kinder
Margarethe (Greta; geb. 1931 in Laufen) und Hildegard (Hilda; geb. am 25. Januar
1935).
In der NS-Zeit wurde die Familie Friedmann zunehmend Zielscheibe der
Nationalsozialisten. Im Juni 1933 wurde ein Anschlag auf die Familie
verübt. Gustav Friedmann, der die tschechische Staatsangehörigkeit hatte, wurde
mit seiner Frau Paula zur Auswanderung in die Tschechoslowakei gezwungen. Er
starb 1934 in Prag, worauf Paula nochmals nach Laufen zurückkam. Eduard und
Doris Friedmann sind schließlich mit ihren Töchtern Greta und Hilda in die
Tschechoslowakei emigriert und wurden am 14. Dezember 1941 von Prag aus in das
Ghetto Theresienstadt deportiert. Paula Friedmann, die gleichfalls wieder nach Prag
gezogen war, wurde am 9. Juli 1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert und
von hier aus am 15. Dezember 1943 in das Vernichtungslager Auschwitz, wo sie
ermordet wurde. Am 18. Dezember 1943 wurden auch Eduard, Doris und die beiden
Töchter von Theresienstadt nach Auschwitz deportiert. Mutter Doris und die
beiden Mädchen wurden unmittelbar nach der Ankunft ermordet. Eduard Friedmann
wurde als Zwangsarbeiter eingesetzt in Schwarzheide, einem Außenlager des KZ
Sachsenhausen. Er starb bei einem Todesmarsch in Richtung des böhmischen
Bahnhofs Warnsdorf am 7. Mai 1945 - einen Tag vor Ende des Krieges.
Eduards Schwester Irma (Rafaela Toledo) hatte 1931 den Freilassinger Franz Ludwig
Schmeisser (nichtjüdisch) geheiratet und mit ihm ein Geschäft in Freilassing
eröffnet. Seit 1933 wurden auch sie von den Nationalsozialisten drangsaliert. Sie
verzogen darauf nach Salzburg. Franz Schmeisser kam während des Krieges in ein
Straflager; Irma überlebte mit ihren Kindern versteckt auf einer Berghütte auf
dem Schlenken bei Hallein. Weitere Informationen zu ihr - vor allem auch
als Künstlerin/Malerin siehe u.a. https://www.sn.at/wiki/Irma_Rafaela_Toledo
und
https://digital.belvedere.at/people/2343/irma-rafaela-toledo .
Zu den anderen jüdischen Einwohnern Laufens gehörte das Ehepaar Hermann und
Milka Charig, das um 1900 in Obslaufen lebte, wo am 26. Juni 1897 der Sohn
Julius geboren ist. Bereits in der Zeit vor dem Ersten Weltkrieg verzog
die Familie aus der Stadt. Julius Charig, der am Ersten Weltkrieg teilgenommen
hat, studierte später Jura und wurde promovierter Rechtsanwalt. Beruflich war er in
Emden, Berlin und ab 1929 in Stendal tätig. Von
Stendal aus wurde er - über Magdeburg - Potsdam - Berlin - 1942 zusammen in
seiner Frau Ilse geb. Mosheim (geb. 1904 in Landau)
in das Warschauer Ghetto deportiert. Beide sind umgekommen, Ilse Charig im
Vernichtungslager Treblinka.
Vgl. weitere Informationen in den Wikipedia-Artikeln
https://de.wikipedia.org/wiki/Julius_Charig und
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_der_Stolpersteine_in_Stendal.
Von den in Laufen geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Julius Charig (1897),
Doris (Dora) Friedmann geb. Sommer (1906), Eduard (Edi) Friedmann (1902), Greta
Friedmann (1930), Hilda Friedmann (1935), Paula Friedmann geb. Schwarz (1872),
Eduard Trenk (1898).
Hinweis: In Laufen Lebenau endete am 1. Mai 1945 der Todesmarsch der
KZ-Häftlinge aus dem Regensburger KZ-Außenlager Colosseum des KZ Flossenbürg
nach neun Tagen. Von 500 Häftlingen wurden weniger als 50 Überlebende von den
Alliierten befreit. Die Wachmannschaft floh vor den anrückenden gegnerischen
Truppen. Anwohner sprachen von Erschießungen unter den Gefangenen, 13 wurden im
Wald verscharrt. Kurz darauf mussten frühere Parteimitglieder diese wieder
ausgraben. Die Toten wurden an der Ecke Tittmoningerstraße/Teisendorferstraße
beigesetzt, dort erinnert eine kleine Gedenkstätte daran. 1958 wurden die
Leichen exhumiert, um sie zu identifizieren.
vgl. Dokument des "Jüdischen Komitees" Laufen von 1950 (Adressat ist der
Überlebende des Todesmarsches Chaba Moritz Hindenburgstraße 90 in Laufen siehe
in den Dokumenten von Arolsen: -
https://digitalcollections.its-arolsen.org/050303/place/pageview/310060/1210531.
Von 1945 bis 1951 bestand in Laufen ein jüdische DP-Gemeinde. Bei den DPs =
Displaced Persons handelte es sich um Überlebende von Konzentrationslagern oder
um Personen, die auf der Flucht vor neuen Pogromen (Polen) in die amerikanische
Zone in Deutschland gekommen waren. Im Ladengeschäft G. Herrmann in der
Hindenburgstraße waren in Laufen die Verwaltung und die Versammlungsräume der
jüdischen Gemeinde Laufen untergebracht. Der jüdischen Gemeinde Laufen gehörten
im Mai 1946 50 Personen an, im Mai 1947 112, im Mai 1948 115, im Februar 1951
noch 48. Nach der Gründung des Staates Israel sind die meisten Angehörigen des
DP-Lagers in Laufen nach Israel ausgewandert.
Weitere Informationen:
http://www.after-the-shoah.org/laufen-juedische-dp-gemeinde-jewish-dp-community/.
Fotos/Dokumente
Beschreibung des
Gemeindegebietes der
jüdischen Gemeinde München 1932 |
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Handbuch
der jüdischen Gemeindeverwaltung und Wohlfahrtspflege 1932 über das
Gemeindegebiet der jüdischen Gemeinde München: "Das Gemeindegebiet erstreckt
sich auf die Stadt München, die
unmittelbaren Städte Freising,
Rosenheim und
Traunstein sowie die
Bezirksämter Aibling, Altötting, Berchtesgaden,
Dachau, Ebersberg,
Erding,
Freising, Fürstenfeldbruck,
Garmisch,
Laufen, Miesbach, Mühldorf, München,
Pfaffenhofen, Rosenheim,
Starnberg, Tölz,
Traunstein, Wasserburg,
Weilheim und
Wolfratshausen". |
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Dokumente aus dem
Stadtarchiv Laufen
(Beitrag von Thomas Döring, s.u. Lit.) |
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Anzeige des Kaufhauses
Gustav Friedmann
in Laufen (Januar 1933) |
Schloßstraße
in Laufen 1933; das Geschäft der
Familie Friedmann war rechts des parkenden Autos |
Pressebericht zum
Anschlag auf die Wohnung der
Familie Eduard Friedmann (Juni 1933) |
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Gedenkblätter im Archiv von
Yad Vashem Jerusalem
Link: https://yvng.yadvashem.org/.
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Gedenkblätter für
Eduard Friedmann |
Gedenkblätter für
Dora (Dorle) Friedmann |
Gedenkblätter für
Greta (Gretel) Friedmann (links)
und für Hilda Friedmann (rechts) |
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Gedenkblatt für Paula
Friedmann geb. Schwarz, ausgestellt
1975 von Mirjam Friedmann in Herzliya, Israel |
Gedenkblatt und
Foto für den in Obslaufen
geborenen Dr. Julius Charig |
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Erinnerungsarbeit vor
Ort - einzelne Berichte
Mai
2017:
Verlegung von "Stolpersteinen" in
Laufen ist geplant
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Artikel
von Petra Sobinger in "bgland24.de" vom 12. Mai 2017:
"Neues aus dem Stadtrat. Wann kommen jetzt die Stolpersteine für
Laufen?
Laufen - 'Stolpersteine gegen das Vergessen' - so lautet der Name einer
Initiative des Berliner Künstlers Gunter Demnig. Jetzt bekommt auch die
Stadt Laufen Stolpersteine zur Erinnerung an eine jüdische Familie: Familie
Friedmann hieß die jüdische Familie, an die mit den fünf Stolpersteinen
zukünftig in Laufen gedacht werden soll. Die fünfköpfige Familie hatte ein
Kaufhaus, und wurde aus der Stadt vertrieben. Alle fünf sind umgekommen.
Drei in Auschwitz, einer auf dem Todesmarsch 'Böhmisch Leipa' , sowie Frau
Friedmann am 9.7.1942 in Theresienstadt/Auschwitz.
So geht es mit den Stolpersteinen weiter. Auf der letzten
Stadtratssitzung wurde nun die Entscheidung getroffen, wie es mit den
Stolpersteinen weitergeht. Die Steine sollen mittig auf dem Gehweg in der
Schloßstrasse Nummer Sechs eingefügt werden. 'Dass es jetzt doch so lange
gedauert hat, bis wir die Entscheidung treffen konnten lag daran, dass die
Behörden so lange gebraucht haben, um über den Antrag zu entscheiden.
Außerdem war an dieser Stelle lange eine Baustelle und bei dem Gehsteig
stand lange auch die Frage im Raum, ob hier eine Absenkung vorgenommen wird.
Dann wäre die Verlegung nur ein Provision gewesen und das wäre zu teuer
gewesen und hätte auch erstmal keinen Sinn gemacht', so Laufens
Bürgermeister Hans Feil. Und ergänzt:' Nun hängt es vom Künstler ab, wie
lange es dauert, bis wir die fünf Steine erhalten. Der Andrang nach den
Stolpersteinen ist sehr groß und wir müssen uns nun in die Reihe der Anderen
einreihen. 'Die Steine sind genau wie alle anderen aus Messing und kommen
von dem Künstler Gunter Denning'."
Link zum Artikel |
Dazu Video über Link
https://www.rfo.de/mediathek/video/in-laufen-werden-stolpersteine-verlegt/
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica Band II,1 S. 472. Art. Laufen.
|
| Arvid Schlegel: Die drei Leben der Irma F.
In: Das Salzfass. Heimatkundliche Zeitschrift des Historischen Vereins
Rupertiwinkel. 30. Jahrgang. Heft 1/1996 S. 3-27. |
| Thomas Döring (Stadtarchiv Laufen): Stolpersteine
- für gedankliches Stolpern. In: Stadtnachrichten Laufen 3. Quartal 2017 Nr.
32. S. 4-7.
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