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in Marburg
Marburg (Kreisstadt,
Hessen)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt
Die nachstehend wiedergegebenen Texte aus dem
Zeitraum zwischen 1837 und 1937 mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Marburg wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt.
Die Texte sind erst teilweise abgeschrieben und sind noch mit Anmerkungen zu versehen -
zum Lesen bitte die Textabbildungen anklicken.
Übersicht:
Aus der Geschichte des Rabbinates in Marburg
Rabbiner in Marburg waren:
| Moses Salomon Gosen (geb. 1780 in Kirchhain, gest.
1864 in Marburg), seit 1802 Rabbiner in Marburg, zunächst als
Unterrabbiner, von 1809 bis 1824 als Distriktsrabbiner, später als Provinzialrabbiner; seit 1806 verheiratet mit Jeanette Metz aus Offenbach;
1860 beantragte er die Versetzung in den Ruhestand). |
| Liebmann Gersfeld (geb. 1808 in Gelnhausen, gest.
1876 in Marburg): studierte bei den Rabbinern M.T. Sontheim in Hanau und
Callmann Mengeburg in Darmstadt und wurde ordiniert von Seckel Wormser in Michelstadt,
anschließend Studium an der Universität Marburg und Unterricht bei
Rabbiner Gosen; 1836 Lehrer in Gelnhausen und zweiter Rabbiner an der Seite
von Hirsch Kunreuther; 1845 Kreisrabbiner in Rodenburg im Kreis Schaumburg,
1851 Kreisrabbiner in Rotenburg/Fulda
(verheiratet seit 1852 mit der 1831 in Rotenburg geborenen Kaufmannstochter
Dorchen Wertheim), seit 1862 bis zu seinem Tod
1876 Provinzialrabbiner für Oberhessen in Marburg. |
| Dr. Leo Munk (geb. 1851 in Altona, gest. 1917 in
Frankfurt): studierte 1870 bis 1876 am Berliner Rabbinerseminar und an der
Universität; war von 1876 bis 1918 Provinzialrabbiner in Marburg; war 1897
Gründungsmitglied der Vereinigung traditionell-gesetzestreuer Rabbiner
Deutschlands. |
| Dr. Naphtali Cohen (Cohn) (geb. 1874 in Altona,
gest. Juli 1939 in Jerusalem): studierte an den Universitäten Berlin, Halle
und Erlangen sowie am Rabbiner-Seminar in Berlin; 1899 Lehrer an der S.R.
Hirsch-Schule in Frankfurt, 1900 an der Talmud-Tora-Schule in Köln; 1901
bis 1903 Distriktrabbiner und Leiter der Talmud-Tora-Schule
(Präparandenanstalt) in Burgpreppach, danach Direktor der
Talmud-Tora-Schule in Köln; von 1918 bis 1934 Provinzialrabbiner in
Marburg, 1937 bis 1938 leitender Lehrer an der Jeschiwa in Fulda; 1938
verhaftet, 1939 nach Palästina emigriert. |
| Dr. Curt Peritz (geb. 1898 in Breslau, gest. 1975 in
Chicago): studierte am Berliner Rabbinerseminar; 1928 bis 1932 Rabbiner der
konservativen Gemeinde Adass Jisroel in Königsberg i.Pr. und
Waisenhausdirektor, um 1934 Rabbiner in Schönlanke (Trcianka), von 1936 an
Provinzialrabbiner in Marburg; nach England emigriert; im Dezember 1948 mit
seiner aus Schlüchtern stammenden
Frau Martha geb. Goldschmidt nach New York. |
Kurzer Bericht über einen Konflikt in der Gemeinde um das
Rabbinat (1852)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 8. November 1852: "Am
Mittag kam ich nach Marburg. Im Jahre 1848 und den darauf folgenden lösten
sich viele israelitische Gemeinden auf. So ging es denn auch in Fritzlar
und in Marburg: dort trennte sich ein großer Teil von dem Kreisrabbinen
Wetzlar, hier sagten sie sich los von ihrem Provinzialrabbinen Gosen. Die
Marburger nannten sich ‚die Überzeugten’, indem sie wahrscheinlich überzeugt
waren, ihr Geld zu sparen. Die traurigen Verhältnisse, in welche jüdische
Gemeinden am Wenigsten verfallen sollten, weil sie hierdurch am Ehesten
und mit Recht zu einem ( schlechten)
Beispiel
und zum Gespött werden müssen, sind nun zwar durch höhere Entscheidungen,
wonach die Abgetrennten zur Zahlung ihrer seitherigen Beiträge verurteilt
wurden, teilweise wieder geregelt, allein in Marburg erkennt die Gemeinde
dessen ungeachtet ihren Rabbinen noch immer nicht an und dieser ist nun
schon während der ganzen Zeit des traurigen Konflikts verhindert, die
Ortssynagoge besuchen zu können. – Herr Gosen, der Nestor unserer
hessischen Rabbinen, ein sehr gemütlicher Mann, wird den meisten Lesern
dieser Zeitung sowohl aus Aufsätzen, die er in dieselbe geschrieben, wie
auch von der Frankfurter Rabbinerversammlung her noch im Gedächtnisse
sein." |
Ausschreibung des Rabbinates (1861)
Anzeige in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 7. Mai 1861: "Nachdem
der Provinzial-Rabbiner Gosen dahier mit seiner Zustimmung und mit vollem
Gehalte wegen seines hohen Alters mit dem Vorbehalte in den Ruhestand
versetzt worden ist, dass er die Stelle bis zum Dienstantritte seines
Nachfolgers fortversehe, ist die Stelle eines Rabbinen für die Provinz
Oberhessen erledigt, und werden geeignete Bewerber, welche die im § 8 der
Verordnung vom 30. Dezember 1823 vorgeschriebene Fakultätsprüfung, sowie
die Prüfung bei dem Landrabbinate bestanden haben, beziehungsweise
nachzuholen bereit sind, aufgefordert, ihre Meldungsgesuche, mit den
erforderlichen Zeugnissen versehen, innerhalb 4 Wochen bei der
unterfertigten Behörde einzureichen. – Bemerkt wird, dass das fixe
Einkommen der Stelle vorerst auf einen aus der israelitischen
Provinzialkasse zu zahlenden Gehalt von 400 Talern jährlich festgesetzt
worden ist.
Marburg, am 22. April 1861.
Kurfürstliches israelitisches Vorsteheramt der Provinz Oberhessen. M.D.
Gosen." |
Nach dem Ende der Dienstzeit
von Rabbiner Moses Salomon Gosen: die Vorzüge von Marburg als Sitz des Provinzialrabbinates (1861)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 2. Juli 1861: "Aus
Oberhessen (Kurhessen), im Juni (1861). Der Herr Provinzialrabbiner
Gosen ist nunmehr mit Belassung seines vollen Gehaltes in den Ruhestand
versetzt, hat jedoch seine bisherigen Funktionen bis nach stattgefundener
Einsetzung seines Amtsnachfolgers noch fortzusetzen. Die Stelle ist
bereits ausgeschrieben und vorläufig mit 400 Talern dotiert. Möge die
Wahl eine glückliche sein! Über den Sitz des neu anzustellenden Rabbinen
hatten sich unter verschiedenen Gemeinden Rangstreitigkeiten erhoben. Ob
hierüber endgültig entschieden ist, ist mir nicht bekannt. Erwägt man
aber, dass Marburg der Sitz der hohen Regierung und des israelitischen
Vorsteheramts ist, mit welch hohen Behörden der Provinzialrabbiner in
vielfachem amtlichen Verkehre steht, und dass diese Stadt schon seit einer
Reihe von Jahren Sitz des Provinzialrabbinen war; erwägt man ferner, dass
es von weit mehr als bloß lokaler Bedeutung ist, dass in der einzigen
Universitätsstadt des Landes, so die sämtlichen beamten und Geistlichen
desselben ihre Ausbildung erlangen, auch das Judentum intellektuell würdig
vertreten sei, sowie dass viele israelitische Jünglinge, welche die höheren
Lehranstalten Marburgs frequentieren, und die vielen israelitischen
Kranken, welche in dem weitberühmten dortigen Krankenhause stets
befindlich sind, der geistlichen Belehrung, der geistlichen Einwirkung und
des geistlichen Zuspruches teilhaftig werden: so dürfte Marburg als der
geeignetste Sitz des Provinzialrabbinen außer allem Zweifel sein. Natürlich
dürfte, wenn die letzteren Ansprüche sich verwirklichen sollen, bei der
Wahl nur auf bewährte Kapazitäten Rücksicht genommen werden; ob aber
eine solche bei dem festgestellten Gehalte sich finden lassen wird, ist
freilich eine andere Frage. Unberechtigt ist jedenfalls der von einer
Seite geltend gemachte Grund, als ob das zufällige Mehr von 4 oder 10
Steuertalern einer Gemeinde Berechtigung zu dem Anspruche gebe, den
Provinzialrabbinen in ihrer Mitte zu haben. Man weiß ja, wie die Zahl-
und Vermögensverhältnisse in israelitischen Gemeinden oft im Zeitraume
von einigen Jahren große Veränderungen erleiden; es könnte demnach,
wollte man nämlich jenen Grund für maßgebend halten, das Domizil des
Provinzialrabbinen gar nicht endgültig entschieden werden, müsste
vielmehr stets schwebend bleiben und der Provinzialrabbiner in Gefahr
geraten, mit seiner Familie auf steter Wanderschaft befindlich sein zu müssen.
Wenn auch Marburg jetzt nicht die numerisch und finanziell stärkste
Synagogengemeinde Oberhessens hat, so ist es doch durch seine Lage und
sonstigen Verhältnisse ganz dazu angetan, bei dem unbestreitbar in nicht
zu langer Frist zur Geltung kommenden Prinzip der Freizügigkeit eine
solche zu erhalten.
Der Lehrer M. Rothschild in Treysa hat
im Laufe des verflossenen Winters sein 25-jähriges Amtsjubiläum auf
solenne Weise gefeiert unter rühmlicher Beteiligung des Schulvorstandes
und der Gemeinde.
Unter den im vorigen Jahre zur Vornahme einer landständischen Wahl nach
Marburg berufenen und versammelt gewesenen großen Grundbesitzern - 200
Acker Landes – war auch ein Israelit, nämlich der Seifenfabrikant Herr
Maier Wolf aus Schlüchtern. B.H." |
Kreisrabbiner
Liebmann Gersfeld aus Rotenburg wird
Provinzialrabbiner für die Provinz Oberhessen in Marburg (1862)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Mai 1862:
"Aus Oberhessen (Kurhessen), Ende April. Die Besetzung der
ausgeschriebenen Provinzialrabbinerstelle für die Provinz Oberhessen hat
endlich stattgefunden. Hohe Regierung hat den Herrn Gersfeld, bisherigen
Kreisrabbiner in Rotenburg an der Fulda, zum Provinzialrabbinen
bestellt und damit wohlweislich eine Agitation beendet, welche nicht immer
das Schöne mit dem Nützlichen zu verbinden wusste. Möge die Wirksamkeit
des neuen Herrn Provinzialrabbinen eine recht segensreiche werden. Es ist
in den israelitischen Kultusverhältnissen unserer Provinz so manches zu
ordnen, was einer kräftigen Hand bedarf. So die Einführung einer gleichmäßigen
Synagogenordnung, indem man dem dem jetzigen Zustande wohl sagen kann: 'ein
jeder tat, was in seinen Augen recht war' (Zitat aus Richter 17,6,
gemeint: es herrschen willkürlich Zustände); so die Beschränkung der
Schochtim (Schächter), deren Zahl Legion ist; so der sich immer mehr als
höchstes Bedürfnis erweisende Anschluss unserer Provinz an das
israelitische Lehrerseminar in Kassel etc. etc.
Aus gemachter Erfahrung möchte ich alle diejenigen, welche eine Torarolle
schreiben lassen, darauf aufmerksam machen, kein lackiertes Pergament
hierzu verwenden zu lassen, wie solches jetzt in den Fabriken bereitet
wird, indem solche Torarollen durch Abspringen des Lackes nicht nur leicht
schadhaft, sondern oft ganz unbrauchbar werden. Auch wird dieses lackierte
Pergament meistens aus Schaffellen bereitet. B.H." |
Ausschreibung des Rabbinats nach dem Tod von Rabbiner Liebmann Gersfeld (1876)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1876: "Durch den Tod
des Provinzial-Rabbinen Gersfeld dahier ist die Stelle eines Rabbinen für
die Kreise Marburg, Kirchhain, Frankenberg, Ziegenhain und
Biedenkopf erledigt worden und soll nunmehr anderweitig besetzt
werden. Es werden daher geeignete Bewerber, welche die im § 8 der
Kurhessischen Verordnung vom 30. Dezember 1823 vorgeschriebene Fakultäts-Prüfung
an der hiesigen oder einer anderen deutschen Universität, sowie rücksichtlich
der jüdischen Religionslehre die Prüfung bei dem Land-Rabbinate zu
Kassel oder einer ähnlichen jüdischen Religionsbehörde bestanden haben
beziehungsweise bei ersterem nachzuholen bereit sind, aufgefordert, ihre
Meldungsgesuche mit den erforderlichen Zeugnissen versehen, innerhalb 4
Wochen bei der unterfertigten Behörde einzureichen. – Bemerkt wird,
dass das fixe Einkommen der Stelle (ohne Akzidenzien) besteht in
a) Gehalt aus der israelitischen Provinzial-Kasse zu Marburg 1.500
Mark
b) Gehalt aus der Synagogengemeinde-Kasse daselbst
300 Mark
c) Gehalt von den Gemeinden des Kreises Biedenkopf
156 Mark
zusammen 1956 Mark.
Marburg, den 5. April 1876. Israelitisches
Vorsteheramt: S. Meyerfeld. H. Strauß. S. Haas." |
Die
ehemaligen Schüler von Rabbiner Dr. Munk sollen sich melden (1901)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. August 1901: "Alle
ehemaligen Schüler Seiner Ehrwürden des Herrn Provinzialrabbiners Dr.
Munk in Marburg werden gebeten, alsbald ihre Adresse an den
Unterzeichneten mitteilen zu wollen.
J. Strauß, Marburg in Hessen, Steinweg 15." |
25-jähriges
Amtsjubiläum von Rabbiner Dr. Munk (1901)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Dezember 1901:
"Marburg, 8. Dezember (1901). Heute feierte der hiesige Provinzial-Rabbiner
Dr. Munk sein fünfundzwanzigjähriges Amtsjubiläum unter Anwesenheit
sämtlicher Rabbiner Hessens und einer Deputation der hiesigen
Schulbehörden. Landrabbiner Dr. Prager aus Kassel hob die
Verdienste Munk's hervor, der in den schweren Zeiten der Verfolgung treu
zu seiner Gemeinde gestanden habe. Dr. Munk antwortete in längerer Rede.
Die Beteiligung an der Feier war sehr stark. Ausführlicher Bericht
folgt." |
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Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19.
Dezember 1901: "Amtsjubiläum des Rabbiners Dr. Munk. Marburg,
12. Dezember (1901). |
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Zum Tod von Rabbiner Dr. Leo Munk (1917)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Februar 1917: "Provinzialrabbiner Dr. Munk in Marburg ist am 5. dieses Monats im Alter
von 66 Jahren nach 40-jähriger Tätigkeit verschieden."
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Nachruf zum Tod von Rabbiner Dr. Leo Munk (1917)
Anzeige im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16. Februar 1917: "Nachruf!
Wir und unsere Gemeinden sind von einer schweren Heimsuchung betroffen
worden. Der Mann, der über vierzig Jahre unser religiöser Führer
gewesen,
Herr Provinzial-Rabbiner Dr. Leo Munk – das Andenken an den
Gerechten ist zum Segen –
ist uns Freitag, den 2. Februar, nach längerem leiden im 66. Jahre seines
reich gesegneten Lebens entrissen worden. Noch ist die Wunde zu frisch, um
die ganze Größe und Bedeutung dieses Verlustes erfassen zu können. Was
der teure Entschlafene für die Entwicklung unserer religiösen
Gemeinschaft in unserem Rabbinatsbezirke geleistet, wie er um die religiöse
Unterweisung der Jugend und der Erwachsenen sich bemüht, wie er
zahlreiche religiöse und soziale Institutionen ins Leben gerufen, sie
gekräftigt und erhalten, wie er an allen orten und auf allen gebieten
religiösen Lebens echt jüdische Gesinnung einzupflanzen und zu beleben
gewusst hat, das wird in der Geschichte unseres Rabbinatsbezirkes zum
ewigen Gedächtnis eingegraben bleiben. Die hohen persönlichen
Eigenschaften, die den Entschlafenen zierten, die Festigkeit seines
Charakters, der Adel und die Reinheit seiner Gesinnung, die Milde seines
Wesens, die Liebe und Treue, die er gesät, sie werden seine Persönlichkeit
auch für kommende Geschlechter zum edelsten Vorbilde gestalten. Wie sein
ganzes Leben ein ununterbrochenes Opfer für uns gewesen, so wird unsere
Dankbarkeit, Liebe und Treue in unseren Herzen unauslöschlich fortleben.
Marburg, den 11. Februar 1917. Israelitisches
Provinzial-Vorsteheramt.
Die Kreisvorsteher. Die Gemeindeältesten." |
Beisetzung von Rabbiner Dr. Leo Munk (1917)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Februar 1917: "Marburg, 9. Februar (1917). Unter großer Beteiligung fand vergangenen
Montagnachmittag die Beerdigung des Bezirksrabbiners Dr. Leo Munk statt.
Voran ging eine Trauerfeier in der Synagoge, die bis auf den letzten Platz
gefüllt war. Zahlreiche Rabbiner, Vertreter von Gemeinden, Behörden und
Vereinen waren erschienen. Es sprachen die Herren Provinzialrabbiner Dr.
Bamberger (Hanau), Dr. Schlesinger (Marburg), Herr Eichelberg im Auftrag
des Provinzialvorsteheramts, Lehrer Strauß für die Gemeinde, Rabbiner
Dr. Meier Hildesheimer (Berlin) für die traditionell-gesetzestreue
Rabbinervereinigung, Oppenheimer (Treysa)
für die Lehrer des Bezirks, Rabbiner Dr. Nobel (Frankfurt) für den
Deutschen Rabbinerverband, Justizrat Dr. Blau (Frankfurt) für den Verband
der Deutschen Juden und den Deutsch-israelitischen Gemeindebund, Herr
Jakob S. Posen (Frankfurt) im Auftrag des Kuratoriums des
Rabbinerseminars, dem Munk angehörte, und des Ritualausschusses der jüdischen
Gemeinden, Rabbiner Dr. Horovitz (Frankfurt) im Auftrag der
Frankfurt-Loge, der Großloge des Unabhängigen Ordens Bne Brith und des
Vereins zur Förderung der Bodenkultur unter den Juden Deutschlands, zum
Schluss Provinzialrabbiner Dr. Hirschfeld (Gießen). An der Vorhalle des
Friedhofes sprachen noch Provinzialrabbiner Dr. Cahn (Fulda), Rabbiner Dr.
Esra Munk (Berlin) und Dr. Meier Munk (zwei Brüder des Verklärten). Dr.
Leo Munk war der älteste Sohn des bekannten Rabbinatsassessors und
Klausrabbiners; seine Mutter war eine Schwester des verstorbenen Rabbiners
Dr. Israel Hildesheimer."
|
70. Geburtstag von Frau Selma Munk, Witwe von Rabbiner Dr. Leo Munk (1930)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. April
1930: "Marburg, 21. April (1930). Am letzten Pessachtage
beging Frau Dr. Selma Munk - Marburg a. Lahn, Gattin des 1917
heimgegangenen Marburger Rabbiners, Dr. Leo Munk seligen Andenkens, den
70. Geburtstag in körperlicher und geistiger Frische. Die Jubilarin nimmt
hervorragenden Anteil an den Arbeiten der jüdisch-sozialen Institutionen
ihrer Gemeinde und widmet sich auch sonst dem Werk der Nächstenliebe und
erfreut sich dadurch großer Beliebtheit auch in nichtjüdischen Kreisen.
Dies fand beredten Ausdruck durch die zahlreichen Ehrungen und
Glückwünsche, die ihr zuteil wurden." |
Provinzialrabbiner
Dr. Naphtali Cohn ist in den Ruhestand getreten (1933)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Dezember 1933: "Marburg,
20. Dezember (1933). Herr Provinzialrabbiner Dr. Cohn ist in den Ruhestand
getreten. Herr Dr. Cohn, als vornehmer Mensch und erfolgreicher Lehrer
unter den Amtskollegen wie in seinen Gemeinden gleich verehrt und beliebt,
hatte in seiner langen rabbinischen Wirksamkeit, oft auf schwierigem
Boden, ungemein viel geleistet und auch viel zur Festigung der Tora und
der Religion erreicht. Er scheute keine Mühe noch Kraft, die
religiösen Institutionen in seinen Gemeinden, insbesondere Schulen,
Religionsunterricht, Mikwen und früher Schechita auf denkbar
möglicher Höhe zu erhalten. Sein Gesundheitszustand zwingt ihn, die
Bürden und Würden des Rabbineramtes abzulegen. Möge es ihm beschieden
sein, in der 'Ruhezeit' sich bei ungetrübter Gesundheit im Kreise seiner
Familie sich für Tora und die Allgemeinheit zu betätigen.
(Alles Gute) bis 120 Jahre." |
Ausschreibung des Rabbinates (1935)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Mai
1935: "Die durch Pensionierung des bisherigen Inhabers freigewordene
Stelle des Provinzial-Rabbiners ist neu zu besetzen (Verf. d. Reg.
Pr. v. 26.3.1935).
Bewerber wollen ihre Meldungen unter Beifügung von Zeugnisabschriften und
Rabbinatsautorisationen von gesetzestreuen Rabbinern bis zum 25. Mai
1935 bei uns einreichen.
Israelitisches Vorsteheramt Marburg/Lahn." |
Verlobungsanzeige
von Martha Goldschmidt und Rabbiner Dr. Curt Peritz (1934)
Anmerkung: Die Verlobungsanzeige ist noch aus der Zeit vor Antritt des
Rabbinates in Marburg.
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 6. Dezember 1934:
"Statt Karten - Gott sei gepriesen.
Die Verlobung ihrer Kinder Martha und Curt beehren sich
anzuzeigen
Klara Goldschmidt geb. Hirsch Emma Peritz geb.
Rosenthal
Martha Goldschmidt - Rabbiner Curt Peritz Verlobte.
Schlüchtern Kislew 5695 Schönlanke -
Breslau". |
Einführung von Rabbiner
Dr. Curt Peritz (1936)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. November 1936: "Einführung
des neuen Rabbiners.
Marburg, 6. November (1936). Am Sonntag nach Schabbat Paraschat Wajera (Schabbat Paraschat Wajera war am 31. Oktober 1936; mit
Wajera ist die Toralesung 1. Mose 18,1 - 22,24 gemeint; die Einführung
war am Sonntag, 1. November 1936) fand in der hiesigen Synagoge
unter starker Beteiligung der auswärtigen Bezirksgemeinden die feierliche
Amtseinführung des zum Provinzialrabbiner gewählten Herrn Rabbiner
Peritz, zuletzt in Schönlanke (heute polnische Stadt Trzcianka),
vorher Königsberg in Preußen statt. Nach dem im Anschluss an das Nachmittagsgebet
(Mincha) vom Chor vorgetragenen Baruch
Hu, bestieg der Vorsitzende des Israelitischen Vorsteheramts und
Amtsvorgänger, Herr Provinzialrabbiner i.R. Dr. Cohn die Kanzel, um den
neu Gewählten und seine Gattin mit herzlichen Worten zu begrüßen.
Beginnend mit dem Danke gegen den allgütigen Lenker aller Geschicke, hob
er hervor, dass bei der grundlegenden Änderung aller Verhältnisse seit
seinem Eintritt in den Ruhestand die Gefahr bestanden hatte, dass der weit
ausgedehnte Rabbinatsbezirk fortan des eigenen geistigen Führers würde
entbehren müssen, zu einer Zeit, wo gerade die kleinen Gemeinden und ihre
Mitglieder desselben mehr als je bedürfen. Umso mehr sei man daher dem
Preußischen Landesverbande jüdischer Gemeinden zu Dank verpflichtet,
dass er es durch seine weitgehende Unterstützung ermöglicht habe, dass
Redner nun heute das von ihm früher verwaltete Amt dem auf der
Rabbinerschule zu Pressburg mit dem dafür erforderlichen tiefgründigen
Wissen ausgestatteten und in den bisherigen Stellungen bewährten
Nachfolger übertragen könne. Wenn dieser nun heute zum ersten Male einen
großen Bezirk mit kleinen und kleinsten Gemeinden übernehmen solle, so
weise er ihn hin auf das gestern verlesene Torawort ‚und
er (Abraham) pflanzte eine Tamariske in Beerscheba’
und flehe zu Gott, dass es auch ihm gelingen möge, eine solche Tamariske
hier zu pflanzen, die nach dem Worte des Midrasch entweder eine Herberge
gewesen sei, in welcher Abraham die dort Einkehrenden auf Gott gewiesen
habe, oder ein Pardes, ein Obstgarten, mit dessen Früchten er seine Zeitgenossen
erquickt und vor Not bewahrt habe. Es folgte die Begrüßung durch Herrn
Rabbiner Dr. Galliner als Vertreter des Preußischen Landesverbandes, der
betonte, dass heute mehr denn je ein Zusammenschluss notwendig wäre. Herr
Provinzialrabbiner Dr. Cahn, Fulda, der in der Zeit der Vakanz das
Rabbinat verwaltet hatte, entbot Herrn Provinzialrabbiner Peritz den Gruß,
den einst der jeweils abtretende Wächter
dem nachfolgenden entgegen rief.
Sodann nahm als Vertreter der Israelitischen Gemeinde Marburg der Leiter
des Israelitischen Heilerziehungsheims, Herr Lehrer Höxter, das Wort, um
zunächst dem bisherigen Provinzialrabbiner für seine Verdienste um die
Gemeinden des Bezirks und deren Mitglieder zu danken und dann den neu Gewählten
mit herzlichen Worten willkommen zu heißen. |
Es folgte
die Antrittsrede des Herrn Provinzialrabbiners Peritz, der unter Anlehnung
an das Abraham zweimal gesagte Lech Lecha (1. Mose 12,1) die
Aufgaben des Rabbiners unserer Zeit entwickelte. Mit Chorgesang und dem Maariw
schloss die Feier.
Am Abend gab es eine wohl gelungene Feier in den Sälen des
Israelitischen Heilerziehungsheims der gesamten Gemeinde und Gästen
Gelegenheit, mit dem Herrn Provinzialrabbiner und seiner Gattin gemütlich
beisammen zu sein. Nach der Begrüßung der Anwesenden durch den
stellvertretenden Vorsitzenden des Israelitischen Vorsteheramts, Herrn
Sally Haas, widmete Herr J. Rothschild dem Rabbinerehepaare herzliche
Worte. In netten Versen begrüßte sie der Gemeindeälteste Kugelmann
namens der Gemeinde. Herr Pfifferling sprach im Namen der Lehrer. Frau
Lotte Bachrach begrüßte Frau Rabbiner Peritz namens des Israelitischen
Frauenvereins, der sich auf ihre Mitarbeit freue. Herr Bezirksrabbiner Dr.
Laupheimer, Bad Ems – Limburg, entbot freundliche Worte Herrn Rabbiner
Dr. Cohn, um dann namens des Nachbarrabbinats den neuen Kollegen zu begrüßen.
Herr Lehrer Stern, Frankenberg, dankte Frau Rabbiner Dr. Cohn für ihre häufigen
besuche der auswärtigen Kranken in den Kliniken, die bei diesen stets
dankbare Freude ausgelöst haben und stellte gern fest, dass aus dem, was
man heute aus dem Munde des neuen Provinzialrabbiner gehört habe, diesen
das gleich gute Herz auszeichne.
Es sprachen noch Frau Cilli Bachrach und Herr Samuel Bachrach, während
die Herren Lehrer Simon und Hirschkorn die Anwesenden durch Gesangsvorträge
erfreuten. Unter großem Beifall erwiderte Frau Rabbiner Peritz auf die
Begrüßungsworte von Frau Lotte Bachrach. Nachdem noch Herr Rabbiner Dr.
Cohn für das vielfache Gedenken seiner Gattin und seiner eigenen Person
gedankt und insbesondere der neuen Rabbinerin freundliche Worte gewidmet
hatte, erwiderte Herr Rabbiner Peritz, indem er für alle ihm heute
entgegengebrachte Liebe herzlich dankte und unter Anlehnung an schöne
Midraschworte auch an dieser Stelle darlegte, wie er sich das harmonische
Zusammenarbeiten mit sämtlichen Bezirksgemeinden denke. In vorgerückter
Stunde sprach sodann Herr S. Frank allen Erschienenen und insbesondere
Herrn Höxter für die Bereitstellung der Säle den Dank aus."
|
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule
Spannungen zwischen Vorsteheramt und
Gemeindegliedern im Blick auf Fragen des Religionsunterrichts und der Anstellung
eines Religionslehrers (1837)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. September 1837: "(Aus Marburg). Dass durch die Emanzipation der Juden in Kurhessen sich
auch der Zustand der Rabbiner und Lehrer bedeutend verbessert habe, bedarf
wohl kaum einer Erwähnung, da sich früherhin namentlich die jüdischen
Volkslehrer in einer höchst traurigen Lage befanden, indem sie von der
bloßen Willkür der Gemeindeglieder einzig und allein abhingen; denn sie
wurden wie Knechte gedungen, und so wie diese nach Belieben der einzelnen
Gemeindeglieder wieder verabschiedet, welcher nachteilige und unheilvolle
Zustand der Lehrer seit einiger Zeit aber durch die weisen Verfügungen
unseres Ministeriums gänzlich entfernt worden ist. Gegenwärtig bestellt
die kurhessische Regierung auch sämtliche jüdischen Lehrer, und zwar mit
einem Gehalte von wenigstens 100 Rthlr., welchen Gehalt die meisten
Gemeinden unserer Oberprovinz gern und bereitwillig herbeizuschaffen
suchen, da sie den glücklichsten Erfolg dieser vaterländischen Wohltat
unserer weisen Landesregierung einsehen lernen. Ganz anders verhält sich
dieses aber mit der jüdischen Gemeinde in unserer Provinzialstadt
Marburg, wo unglücklicherweise ein Geist der Opposition zwischen
Vorsteheramt und Gemeinde sich gebildet, der jeder etwaigen Verbesserung
entgegen zu stehen pflegt. So zum Beispiel hat die Gemeinde noch gar
keinen Volkslehrer, und da das achtungswürdige hiesige Vorsteheramt auf
die Anstellung eines solchen drang, fand es leider! auch hierin eine
starke Opposition, indem die meisten Mitglieder der hiesigen Gemeinde sich
weigerten, das Minimum eines Gehaltes für einen Lehrer zu zahlen. Den
bisherigen Religionsunterricht versah der hiesige achtungswürdige
Provinzialrabbiner Gosen, und dem ungeachtet ließen die meisten Juden
denselben von ihren Kindern nicht einmal besuchen, und warum? - - Die
meisten empfangen auf diese Weise gar keinen Religionsunterricht, und
vegetieren also bloß, - was sollen aber aus solchen Kindern für Staatsbürger
entstehen? – endlich befahl die hiesige Regierung der Gemeinde, tüchtige
Subjekte zur Besetzung gedachter Lehrerstelle in Vorschlag zu bringen,
wobei sie natürlicherweise zunächst auf ihren Synagogenvorsänger
Neumark fallen musste, der als Vorsänger einen Gehalt von 150 Gulden
bezieht. Die Gemeinde stellte nun die unbillige Forderung an denselben,
dass er für diesen Gehalt von 150 Gulden auch das Lehreramt versehen
solle! Herr Neumark, bescheidener als die Gemeinde, welcher er dient, bat
hierauf, dass man ihm wenigstens seinen Vorsängergehalt alsdann bis zu
100 RThlr. erhöhen möchte, welche billige Forderung aber dennoch nicht
angenommen worden ist; denn wenn man ihm den Vorwurf der Untüchtigkeit
machen will, so widerspricht man sich selbst, da er ja für 150 Gulden zu
dieser Stelle tüchtig genug ist!! – Zuverlässig wird unsere weise
Regierung bald dazwischen treten und der Gemeinde gebieten, Herrn Neumark
einen Gehalt von 100 RTHlr. zu zahlen, da in Marburg niemand mit 150
Gulden auskommen kann, und wenn er auch nur auf die allernotdürftigsten
Lebensbedürfnisse Rücksicht nehmen will. Wer wird aber auch die Stelle
eines Vorsängers und Lehrers zugleich für 150 Gulden versehen? –
gewiss kein so fähiger Mann, als wie Herr Neumark ist, der seine Stelle,
insofern er nicht einen Gehalt von 100 RThlr. erhält, mit Recht gekündigt
haben soll! - Das
hiesige Vorsteheramt ist gegenwärtig mit der Abfassung und Einführung
eines neuen Lehrplanes beschäftigt, dessen eigentlicher Verfasser der als
Schriftsteller im Gebiete der Profanphilologie rühmlichst bekannte Herr
Dr. J. Hoffa, Privatdozent an der hiesigen Universität und Mitglied des jüdischen
Vorsteheramtes, sein soll. Referent hat diesen neuen Lehrplan, der gewiss
seines Verfassers würdig ausgefallen sein wird, noch nicht zu Gesicht
bekommen, sobald dies aber der Fall ist, wird er nicht verfehlen, darüber
zu berichten. – Dr. J." |
Stundenplan für die jüdischen Volksschulen in der
Oberprovinz Hessen (1838)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. Januar 1838: "Marburg in
Kurhessen. Der
in No. 75 der vorliegenden Zeitung angezeigte Lehr- oder Stundenplan für
die jüdischen Volksschulen in der Oberprovinz Hessen ist von dem hiesigen
Vorsteheramt nun wirklich in das Leben gebracht und in den jüdischen
Volksschulen eingeführt worden, und Referent beeilt sich, denselben, wie
er vor ihm liegt, mitzuteilen. Dieser Lehrplan für die Oberprovinz
Kurhessens wurde bereits am 6. April dieses Jahres von der hochlöblichen
kurfürstlichen Regierung dahier genehmigt, von dem hiesigen Vorsteheramte
aber erst vor einigen Wochen in den jüdischen Volksschulen eingeführt.
Seine Form und Einrichtung ist folgende, wobei Referent nur noch bemerkt,
dass die Vormittags- und Nachmittagsstunden durch einen Gedankenstrich
getrennt sind. Sonntag:
Religionslehre, Übersetzen aus dem Hebräischen, Schönschreiben
(deutsch), - Kopfrechnen, deutsch Lesen, Verstandesübungen mit
schriftlichen Aufsätzen; Montag:
biblische Geschichte, Übersetzen aus dem Hebräischen, Rechtschreiben
(deutsch), - deutsche Sprache, deutsch Lesen, Geschichte, Naturgeschichte;
Dienstag: hebräisch lesen, Tafelrechnen, Schönschreiben (deutsch), -
Kopfrechnen; Schönschreiben (hebräisch);
Mittwoch: Religionslehre, Übersetzen aus dem Hebräischen,
Rechtschreiben (deutsch) – Verstandesübungen mit schriftlichen Aufsätzen,
deutsch Lesen, Naturgeschichte; Donnerstag:
biblische Geschichte, Übersetzen aus dem Hebräischen, Schönschreiben
(deutsch), - deutsche Sprache, deutsch Lesen, Geschichte;
Freitag: hebräisch Lesen, Tafelrechnen, Rechtschreiben (deutsch),
Verstandesübungen mit schriftlichen Aufsätzen; - Sonnabend:
katechetische Religionsübungen oder religiöse Vorträge.
Erläuterungen. Es sind nach dem vorstehenden Stundenplan bestimmt:
1) für den Unterricht in der Religionslehre wöchentlich 2 Stunden
2) für den Unterricht in der biblischen Geschichte wöchentliche 2
Stunden |
3) für
den Unterricht im Übersetzen aus dem Hebräischen (Gebete und Grundtext
der 5 Bücher Moses) verbunden mit den notwendigsten Regeln der hebräischen
Sprache wöchentlich 4 Stunden
4) für den Unterricht im deutschen lesen (nach Sinn und Inhalt)
wöchentlich 4 Stunden
5) für den Unterricht im hebräischen lesen
wöchentlich 3 Stunden
6) für den Unterricht im deutschen Schönschreiben wöchentlich 3 Stunden
7) für den Unterricht im hebräischen Schönschreiben wöchentlich 1
Stunde
8) für den Unterricht im deutschen Rechtschreiben (Orthographie) wöchentlich
3 Stunden
9) für den Unterricht im hebräischen Rechtschreiben
wöchentlich 1 Stunde
10) für den Unterricht im Kopfrechnen
wöchentlich 2 Stunden
11) für den Unterricht im Tafelrechnen
wöchentlich 2 Stunden
12) für den Unterricht in Verstandesübungen und damit zu verbindenden
schriftlichen Gedankenausdruck wöchentlich 3 Stunden
13) für den Unterricht in der Grundlehre der deutschen Sprache wöchentlich
2 Stunden
14) für den Unterricht in der Naturgeschichte, verbunden mit dem
Notwendigsten aus der Naturlehre wöchentlich
2 Stunden
15) für den Unterricht in der Geschichte, und zwar vorzugsweise der
vaterländischen, verbunden mit dem Notwendigsten aus der Erdbeschreibung
(Geographie) wöchentlich
2 Stunden
16) für katechetische Religionsübungen, beziehungsweise religiöse Vorträge
wöchentlich 1 Stunde überhaupt
36 Stunden.
Anmerkung: Bei der Verteilung der Lehrgegenstände nach Tagen und
Stunden war es Hauptaugenmerk, das Leichtere mit dem Schwereren, das
Angenehme mit dem Nützlichen, die Gegenstände, welche mehr den Verstand
und das Herz in Anspruch nehmen, mit denen, welche mehr äußere
(mechanische) Tätigkeit und Fertigkeit erfordern, schriftliche Übungen
mit mündlichen in der Weise abwechseln zu lassen, dass jede Ermüdung und
Erschlaffung der Geisteskraft verhütet werde. Die Sabbatstunde, welche
unmittelbar nach dem Morgengottesdienst gehalten wird, ist zunächst zu
katechetischen Übungen (Prüfungen) in der Religionslehre, wobei die Älteren
hinzugezogen werden können, bestimmt; an deren Stelle können von Zeit zu
Zeit Religionsvorträge des Lehrers, ebenfalls in Gegenwart der Älteren
treten.
(Die Verteilung der Unterrichtsgegenstände oder vielmehr das
Unterrichten der erwachseneren und kleineren Kinder, des Vormittags und
Nachmittags, bleibt also dem Gutbefinden des jedesmaligen Lehrers ganz
anheim gestellt; denn sämtliche Kinder können doch nicht zugleich
denselben Unterricht genießen! Und betrachtet man hiernach die Verteilung
der Unterrichtsgegenstände in vor- und Nachmittagsstunden, und berücksichtigt
dabei noch den gegenwärtigen Zustand des jüdischen Volksunterrichtes, so
bezweifelt Referent, dass der vorstehende Lehrplan sich in allen Gemeinden
durchführen lässt, welche Ansicht er sogar von einigen jüdischen
Volkslehrern vernommen zu haben glaubt, und billiger Weise hätte man bei
der Abfassung dieses Stundenplanes auf das verschiedene Alter der Kinder
einige Rücksicht nehmen sollen. Noch weniger wird man aber verlangen können,
dass ein jeder Lehrer streng nach diesem Plane unterrichten solle, da er
den Zustand seiner Schule genauer und besser kennen muss, ob sich
gedachter Lehrplan in derselben ein- und durchführen lasse oder nicht.
– Doch wir wollen das Beste hoffen und sehen, inwiefern sich die edle
Absicht des hiesigen Vorsteheramtes realisiere, worüber zu seiner Zeit
Bericht erstattet wird.) Dr. Discolus." |
6. Jahresversammlung der israelitischen
Lehrer-Konferenz Hessens in Marburg am 2. Juli 1894
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitschrift des Judentums" vom 31. August 1894: "6.
Jahresversammlung der israelitischen Lehrer-Konferenz Hessens zu Marburg
am 2. Juli.
War auch die Versammlung, welche im Café Quentin stattfand, hauptsächlich
infolge des nicht besonders günstig gelegenen Konferenzortes nicht so
zahlreich besucht wie in manchen früheren Jahren – die Präsenzliste
weist ungefähr 60 Teilnehmer nach – so hatte sie dennoch einen recht
anregenden Charakter und nahm einen allgemein befriedigenden Verlauf.
Dieselbe begann um 10 Uhr durch Absingung eines von Herrn Gutkind –
Kassel geleiteten Chorals; alsdann folgte die Eröffnungsrede des
Vorsitzenden, Herrn Dr. Stein – Kassel. In schwungvoller Sprache
versuchte er die Frage zu beantworten, ob auf dem Gebiete der Erziehung
und des Unterrichts ein konstanter Fortschritt nachzuweisen sei. Diese
Frage müsse leider verneint werden, meint der Redner, da gerade in der
Gegenwart eine geistige Unaufgeklärtheit und sittliche Verrohung
herrsche, obgleich man von Lessing gelernt habe und bei Pestalozzi in die
Schule gegangen sei. Mit dem Wunsche, dass das zweite Vierteljahrhundert
unserer Jahresversammlungen ‚an Kämpfen leicht, an Siegen reich, an Rückschritten
gering, an Fortschritten groß’ sein möge, schloss die gedankenreiche
Eröffnungsrede.
Nach derselbe begrüßte der Vorsitzende die erschienenen
Konferenzmitglieder und Gäste mit warmen Worten. Als Gäste hatten die
Versammlung beehrt die Herren Landrabbiner Dr. Prager – Kassel,
Provinzialrabbiner Dr. Munk – Marburg und Dr. Koref –
Hanau und
Rabbiner Dr. Horwitz – Frankfurt am Main, Herr Provinzialvorsteher
Eichelberg – Marburg. Die Herren Gemeindeältesten Strauß und
Rosenbusch – Marburg, Herr Justizrat Hirsch – Kassel, im Namen des
Ausschusses des ‚Hessischen Lehrervereins’ Herr Lehrer Brede –
Kassel, Herr Gymnasiallehrer Dr. Vogt –
Marburg |
und einige
Lehrer aus den angrenzenden Landesteilen. Die Herren Provinzialrabbiner
Dr. Cahn – Fulda, Hauptlehrer Andorn – Krefeld (ein früheres
Konferenzmitglied), sowie mehrere Kollegen hatten ihr Fernbleiben, das bei
vielen leider durch Krankheit begründet war, entschuldigen lassen; Herr Müller
– Frankershausen hatte die Versammlung telegraphisch begrüßt. –
Hierauf hieß Herr Dr. Munk die Versammlung namens der Synagogengemeinde
Marburg herzlich willkommen und teilte ihr mit, dass denjenigen
Konferenzbesuchern, welcher über Nacht in Marburg bleiben wollten,
seitens der dortigen Israeliten bereitwilligst Freiquartiere zur Verfügung
gestellt seien, um deren Benutzung er bat. – Nachdem der Vorsitzende dem
Herrn Redner für seine herzliche Begrüßung und der Gemeinde Marburg für
ihr liebenswürdiges Anerbieten Worte des Dankes gesagt und nachdem
mitgeteilt worden war, dass der D.J.G.B. zu den Kosten der Versammlung
einen Zuschuss von 150 Mark bewilligt habe, wurde das Bureau gebildet,
indem Herr Gutkind zum stellvertretenden Vorsitzenden und der
Unterzeichnete zum Schriftführer ernannt wurden. – Der nunmehr durch
den Vorsitzenden zur Vorlesung gelangende Jahresbericht des Ausschusses
enthielt die Mitteilung von der bei der Königlichen Regierung
nachgesuchten und auch erwirkten Abänderung der Ferienordnung, sodass
jetzt die Sommerferien anstatt 14 Tage 3 Wochen dauern und die seitherigen
Chanukkaferien in die Weihnachtszeit verlegt sind.
Nachdem Herrn Gutkind im Anschlusse an den von ihm vorgetragenen
Kassenbericht Entlastung erteilt worden war, trat man in die eigentliche
Tagesordnung ein, indem Herr Kollege Amram – Borken das Wort zu seinem
Vortrage: ‚Die Vorbildung der israelitischen Lehrer’ erhielt. In Erwägung,
dass die Bestrebungen der gesamten deutschen Lehrerschaft, zu der auch die
Mitglieder unserer Konferenz gehören, in Bezug auf Umgestaltung des
Lehrerbildungswesens auch von den israelitischen Volksschullehrern geteilt
werden, und dass die in kleineren und größeren Lehrerversammlungen
angenommenen diesbezüglichen Beschlüsse beziehungsweise Leitsätze auch
von dem israelitischen Lehrer, soweit sie im Allgemeinen Lehrgegenstände
betreffen, unterschrieben werden können und müssen, hatte der Herr
Referent seinen Ausführungen die von dem Hessischen
Volksschullehrerverein vor einigen Jahren auf seiner Jahresversammlung zu
Ziegenhain angenommenen Leitsätze zugrunde gelegt und diese nur in soweit
modifiziert, als dies die eigenartigen Verhältnisse des israelitischen
Lehrerstandes erheischen. Die Versammlung lauscht dem interessanten
Vortrage bis zum Schlusse mit gespannter Aufmerksamkeit; da die
nachfolgenden Leitsätze ein klares und treues Bild des Vortrages ergeben,
kann auf dessen Inhaltsangabe Verzicht geleistet werden. In Vertretung des
durch Krankheit am Besuche der Konferenz verhinderten Korreferenten Herrn
Blach – Gudensberg wurde das von demselben eingesandte Korreferat von
dem Unterzeichneten verlesen; dasselbe war in sehr schöner Sprache und
edler Begeisterung für die in Frage stehende Angelegenheit ausgearbeitet,
ergänzte in einigen Punkten die Ausführungen des Referenten und vertrat
in wieder anderen Punkten, zum Beispiel bei Leitsatz 2, einen
entgegengesetzten Standpunkt als dieser. Nach einer viertelstündigen
Pause wurde in die Debatte über die gehörten Vorträge eingetreten, die
durch ihre Lebhaftigkeit das Interesse bekundete, das dem
Beratungsgegenstande entgegengebracht wurde. Während die Leitsätze 1,3,5
und 6 debattelos angenommen wurden, riefen Nr. 2 und 4 einen die Frage klärenden,
längeren Meinungsaustausch hervor, an dem sich die Herren Dr. Prager,
Koref, Munk, Ehrenreich – Wehrda,
Heiser – Niedenstein, Löwenstein
– Fulda, Oppenheimer – Barchfeld, Perlstein
– Zwesten, Stahl – Falkenweg,
Steinweg – Laasphe, Strauß –
Gelnhausen und der Referent beteiligten. Das Ergebnis der Debatte war die
unveränderte Annahme der von dem Referenten aufgestellten Leitsatze, nur
bei Leitsatz 4 wurde der Wortlaut etwas geändert, sodass dieselben
folgendermaßen lauten:
1. Der erhöhten Bedeutung der Volksschule, den sich steigernden
Anforderungen an die Volksschullehrer und der diesen gebührenden sozialen
Stellung entsprechend, ist das Lehrerbildungswesen zeitgemäßer zu
gestalten.
2. Die private Vorbereitung für das Seminar ist zu verwerfen.
Dagegen ist tunlichst bei jedem Seminar eine Präparanden-Anstalt zu
errichten, die in dreijährigem Kurses das allgemeine Wissen etwas in dem
Umfange wie die siebenstufige Realschule zu vermitteln hat. Erstrebenswert
wäre allerdings die Vorbildung durch die Realschule.
3. Das Seminar soll vornehmlich Fachanstalt sein und in dreijährigem
Kursus die Seminaristen in die Pädagogik und ihre Hilfs- |
wissenschaften
(Physiologie, Logik, Schulhygiene, Geschichte des Erziehungs- und
Unterrichtswesens, Methodik usw.) einführen, durch den Unterricht in der
Seminar-Übungsschule praktisch tüchtig machen, für das Kultusamt
ausreichend vorbilden und bei Ergänzung des allgemeinen Wissens besonders
die religiösen Wissenschaften und die Musik berücksichtigen.
4. Die Einführung der Externats-Erziehung ist anzustreben. Wo aus Zweckmäßigkeitsrücksichten
die Beibehaltung des Internats sich empfiehlt, darf die Hausordnung nicht
zu beengend wirken und muss den Zöglingen tunlichst Gelegenheit zum
Verkehr in besseren Familien ermöglicht werden.
5. Die Zahl der jährlich in die Seminare Aufzunehmenden soll sich nach
dem vorliegenden Bedürfnis richten, und die Auswahl unter den zur
Aufnahme Angemeldeten soll mit besonderer Sorgfalt vorgenommen werden.
6. Als Seminarorte empfehlen sich größere Städte. Zu Seminarlehrern
sind in der Volksschulpraxis wohl erfahrene Schulmänner berufen, welche
eine sichere Gewähr für ihre wissenschaftliche Befähigung bieten.
Es folgt nunmehr die Beratung der gestellten Anträge. Herr Schwarzschild
– Schlüchtern begründete den
von ihm in Gemeinschaft mit mehreren Kollegen des Vorsteheramtsbezirks
Hanau eingebrachten Antrag: ‚Der Ausschuss der israelitischen
Lehrerkonferenz Hessens möge bei Königlicher Regierung dahin wirken,
dass die Religionslehrer im Regierungsbezirk Kassel den israelitischen
Volksschullehrern vollständig gleichgestellt werden.’ Obschon die ganze
Versammlung den in Betracht kommenden Lehrern in Bezug auf Besoldung,
Anstellung und Pensionierung Gleichstellung mit den Volksschullehrern gönnt,
wurde ihnen dennoch von vielen Seiten die Aussichtslosigkeit des Antrags
nachgewiesen und ihnen der Rat gegeben, an maßgebender Stelle die
Umwandlung der Religionsschulen in Volksschulen zu veranlassen. Die
Antragstellen beschränkten denn auch ihren Antrag darauf, dass für sie
wenigstens eine gesetzliche Regelung ihrer Pensionsverhältnisse herbeigeführt
würde; auf Anregung des Herrn Dr. Munk wurde deshalb eine Kommission gewählt,
die aus den Ausschussmitgliedern und den Herren Schwarzschild – Schlüchtern,
Löwenstein – Fulda und Strauß –
Gelnhausen besteht, welche die
Angelegenheit weiter betreiben soll.
Ein Antrag des Herrn Amram: ‚Die israelitische Lehrerkonferenz Hessens möge
beschließen, dass die Jahresversammlung nicht mehr wie seither am ersten
Montag im Juli, sondern Pfingsten stattfinde,’ welcher mit der schon
vorher erwähnten Neuregelung unserer Sommerferien begründet war, wurde
von der Versammlung nicht angenommen.
Als dritter Beratungsgegenstand stand wie auf allen diesjährigen
Versammlungen der israelitischen Lehrer Deutschlands die Bildung eines
D.J.L.B. auf der Tagesordnung. Namens des Ausschusses hatte Herr Cornelius
– Rothenburg ein Referat über die angestrebte Vereinsbildung
herausgearbeitet, in welchem zwar das Zustandekommen eines alle
israelitischen Lehrer Deutschlands umfassenden Lehrerbundes als wünschenswert
und nutzbringend dargestellt worden war, in welchem aber auch davor
gewarnt wurde, eine solche Vereinigung zu sehr auszudehnen. In der sich an
die Vorlesung anschließenden Debatte wusste Herr Gutkind – Kassel in überzeugender
Weise nachzuweisen, dass bei den in den einzelnen deutschen Provinzen und
Ländern bestehenden verschiedenartigen Lehrverhältnissen die Gründung
eines D.J.L.B. kaum möglich sei, dass ein solcher Verein jedenfalls nicht
von Bestand sein könne, und dass die Ziele des anzustrebenden Vereins auf
andere, einfachere und billigere Weise erreicht werden könnten. Die
Konferenz beauftragte daraufhin ihre zu der konstituierenden Versammlung
zu delegierenden Ausschussmitglieder, zu der beabsichtigten Vereinsbildung
eine abwartende Stellung einzunehmen und diese den Delegierten der
Brudervereine gegenüber zu
begründen.
Von den hierauf erstatteten Mitteilungen, bei denen die Verfügung der Königlichen
Regierung betreffs der Ferienordnung und das Dankschreiben des
Schriftstellers Hause zur Verlesung kamen, waren die des Unterzeichneten
und des Kollegen Ehrenreich – Wehrda von besonderem Interesse. Erstere
betraf die von der Königlichen Regierung beabsichtigte Regulierung der
Gehälter der israelitischen Lehrer, die denen ihrer christlichen Kollegen
ganz und gar entsprechen sollen, die im Kreise Ziegenhain bereits durchgeführt
sei und allmählich auf den ganzen Regierungsbezirk ausgedehnt werden
soll. Kollege Ehrenreich führte die von Herrn Hauptlehrer Eschwege in Höchberg
herausgegebenen ‚kolorierten Zahlenbilder für gemeine Brüche’ vor. |
Als Ort
der nächstjährigen Versammlung wurde Kassel gewählt, als Vortrag von
den zur Auswahl gestellten Themen auf warme Befürwortung der Herren Dr.
Munk und Horwitz das Thema: ‚Was ist Tierschutz, und wie ist die Pflicht
der Schonung der Tiere und Pflanzen in der israelitischen Schule zu
behandeln?’ Das Referat übernahm
auf einen aus der Versammlung geäußerten Wunsch Herr Dr. Munk, das
Korreferat der Unterzeichnete.
Die
Vorstandswahl fand auf Vorschlag des Herrn Heiser – Niedenstein durch
Wiederwahl der seitherigen Mitglieder ihre Erledigung.
Nachdem die Versammlung von dem Vorsitzenden für geschlossen erklärt
worden war, sprach der vorgenannte Kollege dem Leiter der Konferenz für
die umsichtige Leitung derselben und für die unparteiische Führung der
Geschäfte den Dank der Versammlung aus.
Das sich an die Verhandlungen anschließende gemeinschaftliche Mahl
vereinigte die Teilnehmer noch einige stunden, die leider allzu rasch
verflogen. Spät trennten sich die Konferenzbesucher mit dem herzlichen
Wunsche eines allseitigen frohen Wiedersehens im nächsten Jahr.
Treysa, am 5. August (1894). G.
Oppenheim." |
32. Jahresversammlung der israelitischen
Lehrerkonferenz Hessens in Marburg (1900)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Mai 1900: "Kassel, 8.
Mai (1900). Die israelitische Lehrerkonferenz wird ihre 32.
Jahresversammlung am 6. Juni zu Marburg abhalten. Zu den
wichtigsten Gegenständen der Tagesordnung gehört wohl die Vorbereitung
einer neuen Auflage des in den hessischen Schulen allgemein eingeführten
Dr. Stein’schen Lesebuches. Zu diesem Zwecke hatte die 31.
Jahresversammlung eine Kommission eingesetzt, welche vor kurzem ihre
Arbeit begonnen hat. Mit eine der schwierigsten Aufgaben wird wohl die
Vermehrung des religiösen und jüdisch-nationalen Stoffes sein. Gerade
die klassischen Darstellungen aus diesen Gebieten sind spärlich
vorhanden, und die vorhandenen sind zudem meist unbekannt. Die Kommission
erbittet daher hiermit die Unterstützung jüdischer Gelehrter, Schulmänner
und Schriftsteller, sei es durch Zusendung oder auch nur Angabe solcher
Stoffe und ihrer Quellen, sei es durch einige Darstellung solcher Stoffe.
Etwaige gefällige Zusendungen erbittet die Kommission zu Händen des
Lehrers Amram in Borken (Regierungsbezirk Kassel)."
|
Ausschreibung der Stelle eines Lehrers (1902)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Januar 1902: "Zum April
dieses Jahres soll die Stelle eines Lehrers an der hiesigen
Religionsschule, der auch als zweiten Chasan zu fungieren hat, neu besetzt
werden. Unverheiratete Bewerber wollen ihre Meldungen baldigst dem
Unterzeichneten zustellen.
Provinzialrabbiner Dr. Munk, Marburg." |
Zum Tod von Lehrer Abraham Strauß - fast 30 Jahre
Lehrer der Gemeinde Marburg (1918)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 7. Juni 1918: "Ein jüdischer
Lehrer. Von Jonas Plaut (Berlin-Charlottenburg).
Die jüdische Gemeinde in Marburg hat mehrere Jahrzehnte das unschätzbare
Glück gehabt, von drei seltenen, durch innigste Freundschaft einander
verbundenen Männern geführt zu werden: von Hermann Cohen, Leo Munk und
Abraham Strauß. Jetzt hat sie das schwere Leid erfahren, innerhalb
Jahresfrist alle drei ins Grab sinken zu sehen. Nicht von der machtvollen
Persönlichkeit Cohens oder der schönen Menschlichkeit Munks soll heute
hier gesprochen werden. Dies Wort der Erinnerung sei Abraham Strauß
geweiht.
Fast dreißig Jahre hindurch durfte die Marburger Gemeinde diesen
ungewöhnlichen Mann im tiefsten Wortsinne ihren Lehrer nennen. Nun steht
sie verwaist.
Verwaist sind die, denen er ein Lehrer war. Wer je unter der Zucht
seines Geistes gestanden hatte, trug oder trägt dauernden gewinn. Er
wollte, wie einst Diesterweg, seine Schüler zu Wirkern der Volkskraft
stempeln, in ihnen eine ideale Lebensauffassung begründen und sie vernünftig
machen. Wem er den Keim seiner sittlichen Weltanschauung ins Herz
gepflanzt hatte, mochte hier und da wohl noch straucheln, aber er konnte
nicht mehr fallen und untergehen. Das war die unmittelbare Wirkung einer
Persönlichkeit, deren macht und Zauber jedem offenbar wurde, der in ihren
Schatten trat. Er war die geborene Autorität – die Autorität des großen
Menschen. Seine Herrschaft war die Herrschaft des Geistes, dem Seeluftzug
vergleichbar, scharf anfassend, aber kräftigend und fördernd. Von
Mitarbeitern und Schülern verlangte er viel. Er selbst jedoch tat immer
mehr, als er von anderen forderte. – So wurden Generationen seine wahren
Schüler. Scharf geißelte er oft jene schulmeisterliche Überhebung, die
jeden als Schüler anspricht, dem ein bisschen armseliges Wissen
vermittelt worden ist. Ihm war die Art des Kommens und Gehens von Zufälligkeitsschülern
gänzlich fremd. Wer je seinen geistvollen Unterricht empfangen hatte,
blieb ihm verbunden sein Leben lang. Als Strauß nach Marburg kam, bot die
jüdische Gemeinde, durch Zuzug aus den angrenzenden Dörfern und Städtchen
vergrößert, ein wenig einheitliches Bild. Wenn heute diese Gegensätze
vielfach ausgeglichen sind, so bleibt das, neben der anregenden Luft der
alten Universitätsstadt, das unbestrittene Verdienst von Strauß. Im
Laufe der Jahre hatte sich ein einzigartiges Verhältnis zwischen Lehrer
und Gemeinde herausgebildet. Es gab keine wichtige Frage, die ohne seinen
bestimmenden Einfluss entschieden worden wäre. Vor ihm hatte niemand so
leicht ein Geheimnis. In allen möglichen Lagen fand man den Weg zu ihm.
Mit unbegrenztem Vertrauen wurde ihm begegnet; ein kostbares Gut, das er
durch angestrengte Arbeit, Hingebung und Selbstlosigkeit hundertfach
verdient hatte. Nie konnte jemand mit mehr Recht das lebenspendende
Zentrum seiner Gemeinschaft genannt werden als die in Strauß verkörperte,
schier unerschöpfliche Kraftquelle. Er war ihr Herz und Kopf zugleich.
Hier war noch einmal das leuchtende Beispiel gegeben, was eine Lehrerpersönlichkeit
aus einem Guss an edelster Wirkung durch edelste Kräfte hervorzubringen
vermag. Mit Strauß gingen die Alten und die Jungen. Nie werde ich die
meisterliche Art vergessen, in der er durch sein so genanntes ‚Lernen’
zu fesseln wusste. In Marburg war (und ist es wohl noch Sitte), dass am
Sabbat nach dem Gottesdienst bei den Chewramitgliedern abwechselnd ein
kurzer Lehrvortrag gehalten wurde. Stets war ein Kreis treuer Anhänger
versammelt. Die Art, einen Midrasch zu verwerten, eine schwierige Stelle
des Wochenabschnittes zu erklären, einen dunklen Gebetvers aufzuhellen,
und all das in ständiger Verknüpfung mit Gegenwartsfragen, war einfach
nicht zu über- |
treffen.
Die Wärme und Frische des Vortrags, die Prägnanz des Ausdrucks, die
Anschaulichkeit der Darstellung, immer verbunden mit einer selbständigen,
neuartigen Auffassung, schufen in vielen Stunden wahre Meisterwerke dieser
ganz seltenen Kunst. Wie oft konnte man dann bei solchen und anderen
Gelegenheiten die gut gemeinte, aber törichte Ansicht aussprechen hören:
‚Schade, dass dieser Mann nicht anderswo steht!’ Es war gar nicht
schade. In Wirklichkeit war er (nach Cohens Wort) eine ‚Kulturpersönlichkeit’,
deren Segenskraft inmitten seiner Gemeinde zur vollen Auswirkung kam und
Unvergängliches als Erbe hinterlassen hat. Dabei war es ganz natürlich,
dass Strauß sich nicht selten in der Lage sag, ehrenvolle Berufungen
ablehnen zu müssen. Noch im letzten Jahre hatte eine große jüdische
Organisation ihn zu ihrem Leiter machen wollen. Er blieb – obwohl vieles
locken mochte – wie immer seiner Gemeinde und seinem Berufe treu. Denn
wenn er auch längst – geistig wie wissenschaftlich – weit über
dessen Grenzen hinausgewachsen war, so hat er doch keinen Augenblick das
innere Verhältnis zu ihm eingebüßt. Ein stark betontes
Standesbewusstsein blieb stets in ihm lebendig, und bei Abweisung
ungerechtfertigter Angriffe kannte und übte er keinerlei Rücksicht. In
solchen Stunden konnte man in dem grundgütigen Menschen eine scharfe
Kampfnatur erkennen.
Vielen schien so – an der idealen Berufsauffassung und –führung
gemessen – der Kreis seines Wirkens beträchtlich weit gezogen. Tatsächlich
war jedoch das den meisten hier Sichtbare nur ein kleiner Ausschnitt aus
einem ungewöhnlich reichen Leben. Sein Haus war mehr als der Mittelpunkt
seiner Gemeinde, es war eins der geistigen Zentren der altberühmten
Universitätsstadt. Was Wunder auch, dass dieser seltene Mann einen
erlesenen Kreis von Freunden sich erwarb, wohin er auch immer kam,.
Gelehrte, Künstler, Schriftsteller, Journalisten von europäischem Ruf zählten
dazu. Jahrelang hatte er in gründlichster Wiese, hauptsächlich auf
theologisch-philosophischem Gebiet, akademische Studien getrieben. Sein jüdisches
Wissen war erstaunlich. Mit der alttestamentlichen Forschung war er aufs
Genaueste vertraut, Syrisch und Arabisch war ihm geläufig. Bei den führenden
christlichen Theologen Marburgs stand er in höchster Achtung. Zahlreiche
Studenten hat er zum Hebraicum vorbereitet. In spezifisch jüdischen
Fragen war sein Urteil für die Dozenten in vielen Fällen autoritativ.
Seine Überzeugung hat Strauß diesen Freunden gegenüber mit größtem
Nachdruck und Erfolg vertreten. Er verlangte, dass sie in ihren
Vorlesungen und Veröffentlichungen das Judentum mit derselben
wissenschaftlichen Voraussetzungslosigkeit wie etwa das Griechentum
behandeln sollten, weil sie nur so dieser geistig-religiösen Potenz
ersten Ranges gerecht werden könnten. Noch kurz vor seinem Tode hörte
ich von ihm nahe stehender Seite, dass Rade (der Herausgeber der
‚Christlichen Welt’) Artikel, die jüdische Themen behandelten oder
berührten, vor der Drucklegung seiner Begutachtung unterbreitete. – Heißeste
Liebe und ureigenste Begabung machten ihn zum Philosophen. Mit einer Reihe
von Professoren war er befreundet, am innigsten mit Cohen. Strauß war
auch diesem Großen gegenüber nicht nur der Empfangende. In den letzten
Jahrzehnten hat Cohen wohl keine größere Arbeit veröffentlicht, die
Strauß nicht vorher in allen wichtigeren Partien gekannt und kritisch gewürdigt
hätte. Besser als Worte vermag vielleicht eine persönliche Erinnerung
das seelische Verwandtsein beider Männer zu kennzeichnen. Im Juli 1902
wurde in Munks Wohnung eine kleine Feier zu Cohens 60. Geburtstag
veranstaltet. In seiner Ansprache ging Strauß von dem Gedanken aus, wie
er als Volksschullehrer gleichsam auf der untersten, Cohen als
Hochschullehrer auf der obersten Sprosse stände und doch tausend Fäden
von oben nach unten liefen, und dann wurde von ihm, einem Meister der
Rede, ein |
Bild des
Gefeierten entworfen, das alle Anwesenden in innerster Seele packte. Nach
Cohens eigenem Wort war damit die Summe seiner Existenz gezogen. Strauß
hatte ihn als Lehrer der Menschheit gepriesen, worauf Cohen in tiefer Rührung
auf den Redner wies: ‚Und das ist unser Lehrer.’ – Auch an
praktischer Arbeit wurde Bleibendes gemeinsam geschaffen. An der Schöpfung
des Schülerheims hatte Strauß neben Cohen und Munk den größten Anteil.
Solche Tätigkeit blieb der Öffentlichkeit meist verborgen, weil er
stille Arbeit besonders schätzte. Als der Antisemitismus in Hessen und
vorzugsweise auch in Marburg den inneren Frieden in brutaler Form
bedrohte, stand Strauß mit Munk in vorderster Kampflinie. In jener
bewegten Zeit hat er in politischen Versammlungen manchen Sturm bestanden
und durch Furchtlosigkeit und mutiges Wort dauernde Erfolge erstritten.
Der Verein zur Abwehr des Antisemitismus entsprang mit seiner kräftigen
Initiative. Der Politik widmete er sich im Übrigen Zeit seines Lebens mit
Leidenschaft. Führte ihn dabei auch seine Überzeugung weit nach links,
so hat ein angeborener Takt ihn doch stets vor jedem Anstoß bewahrt. Mit
angesehenen Parteiführern war er bis zuletzt herzlich befreundet.
Nun hat ein plötzlicher Tod uns den tatkräftigen und lebensfrohen Mann
entrissen. Trübe Tage hat es ganz gewiss auch für ihn gegeben. Aber
umgeben von einer trefflichen Gattin und ausgezeichneten Kindern war ihm
doch ein ungemein glückliches und gesegnetes Leben beschieden. Das hoch
gespannte Ehrgefühl, die treue und arbeitsame Pflichterfüllung im
Dienste der Gemeinde und die Liebe zur Wissenschaft, die in Abraham Strauß
verkörpert waren, bilden das unzerstörbare Erbteil, das er uns und
insbesondere seiner Familie hinterlassen hat. ‚Schauet auf den Fels,
aus dem ihr genauen, auf den Born, aus dem ihr gegraben. Schauet auf
Abraham, euren Vater.’ (Jesaja 51,1.2)." |
Ausschreibung der Stelle des Religionslehrers, Hilfsvorbeters
und Schochet (1924)
Anzeige in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. November 1924: "Wir suchen für
unsere Gemeinde einen Kultusbeamten, der die Funktionen als Schochet,
Religionslehrer und Hilfsvorbeter zu übernehmen hat. Garantiertes
Einkommen nach staatlichen Grundsätzen. Bewerbungen nebst
Zeugnisabschriften und Kabbalot (Zertifikaten) von orthodoxen Rabbinern an
den Herrn Gemeindeältesten S. Höxter, Marburg, Kasseler Straße
13.
Die Gemeinde-Ältesten der Israelitischen Gemeinde Marburg."
|
Salomon
Pfifferling (geb. am 8. Februar 1882 in Datterode,
umgekommen im März 1942 im Ghetto von Riga) war ein Sohn des Baruch Pfifferling und dessen Frau Henriette
geb. Burchardt (vgl. auch http://www.heimatverein-datterode.de/de/archiv/fotoarchiv/category/15-judengraeber
und http://www.geschichtswerkstatt-marburg.de/projekte/pfiffe.php).
Salomon Pfifferling bestand 1903 die Lehrerprüfungen und arbeitete
anschließend in Leipzig, Lübeck und Aurich. Salomo Pfifferling nahm am Ersten Weltkrieg teil
(verletzt 1915) und kehrte 1918 als Kriegsverletzter wieder nach Aurich zurück. Salomon war seit 1919 Lehrer der israelitischen Volksschule in
Marburg. Er war verheiratet mit Selma geb. Rehbock (geb. 27. Mai
1881 in Erfurt, umgekommen im März 1942 im Ghetto von Riga. Die Familie wohnte
in Marburg in der Heusingerstraße 3, zusammen mit der Mutter von
Selma: Sophie Rehbock (geb. 17. Januar 1855 in Stiebel; gest. 13. Juni
1937 in Marburg). Die Tochter Margot (geb. 5. August 1913 in Aurich) lernt Dentistin, heiratete Weil und
emigrierte 1933 nach Frankreich, wo sie überlebte. Salomon und Selma
wurden am 9. Dezember 1941 nach Riga deportiert. |
"Purimwunsch" - von Lehrer
Salomon Pfifferling,
Marburg (1929)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. März 1929: "Purimwunsch.
Liebe Jugend! Ihr habt gewiss schon von dem ‚Deutsch-Israelitischen
Kinderheim’ in Diez gehört und zu Chanukka und Purim Sammlungen für
dasselbe veranstaltet; aber nur wenige von Euch oder vielleicht niemand
fand bisher Gelegenheit, das Heim selbst und die kleinen Insassen kennen
zu lernen. Darum soll Euch heute erzählt werden, auf welche Weise die
Kinder unserer Volksschule mit Zöglingen des Diezer Heims zusammenkamen.
Wie alljährlich veranstalteten auch im vorigen Jahre unsere Schulkinder
eine Purimsammlung zu Gunsten von Diez. Da wurde von einer Seite der
Vorschlag gemacht, das gesammelte Geld dazu zu verwenden, den Kindern des
Diezer Heimes ein recht großes Purimpaket mit so genannten ‚Schlach-Monaus’
zu senden. Gesagt, getan! Schon am anderen Tage wurde ein Liebesgabepaket
mit einem herzlich gehaltenen Brief, unterschrieben von allen Kindern
unserer Schule. Welch große Freude das Paket bei den Zöglingen
hervorrief, bewies uns einige Tage später das Schreiben, das wir aus Diez
erhielten. Alle 24 Kinder schrieben uns und dankten in herzlichen Worten für
die Leckereien; selbst der jüngste von 6 Jahren drückte uns seine
Anerkennung aus. In mehreren Briefen wurden unsere Kinder eingeladen, im
Laufe des Sommers dem Diezer Heim einen Besuch abzustatten. Da wir schon
immer das untere Lahntal kennen lernen wollten, machten wir im
verflossenen Sommer unseren Ausflug nach Limburg und Diez, um gleichzeitig
das Heim zu besuchen.
Bei unserer Ankunft in Diez – es waren auch einzelne Mütter der Kinder
mitgefahren – wurden wir von Herrn Direktor Kadden und seiner Gattin
aufs herzlichste empfangen. Ganz überrascht waren wir von der schönen
Lage der Anstalt, dicht am Walde umgeben von gut gepflegten Gärten. Die
Innenräume sind groß und luftig, und überall herrscht eine mustergültige
Ordnung. Von den verschiedenen Zimmern hat man eine herrliche Aussicht in
das Lahntal. Am besten gefiel uns die schöne, zur Andacht stimmende
kleine Synagoge im hause, in der täglich Gottesdienst stattfindet.
Inzwischen war es Mittag geworden, und die Heimkinder kamen aus der
Schule. Welch eine Freude für sie, als sie den unerwarteten Besuch der
Marburger Kinder sagen. Durch den vorausgegangenen Briefwechsel kannten
sich die Kinder schon mit Namen und waren überglücklich, sich jetzt persönlich
gegenüber zu stehen. Zuerst noch etwas schüchtern, aber nach einiger
Zeit schon vertrauter, entstand bald ein lebhafter ‚Gedankenaustausch’
zwischen den Kindern. Einer überbot den anderen an Liebenswürdigkeit,
sich für unsere Aufmerksamkeit dankbar zu zeigen. Die Knaben des Heimes
erwiesen sich besonders galant zu unseren Mädels, führten sie in den
garten, zeigten ihnen den Turn- und Sportplatz, auf dem die schönsten
Spiele aufgeführt wurden. Bald sollten wir auch erfahren, dass man im
Diezer Heim die schönste Tugend der Juden, die Gastfreundlichkeit, zu
pflegen weiß. Herr Kadden hatte gewiss seiner Gattin – gleich unserem
Stammvater Abraham – zugerufen: ‚nimm drei Maß feines Mehl und backe Kuchen’ (1. Mose 18,6). Wäre
Herr Kadden ein Herdenbesitzer gewesen, so hätte er gewiss ein ‚fettes
Rind’ geschlachtet und uns auch einen Braten vorgesetzt. Ob wir wollten
oder nicht, wir mussten uns an die mit Blumen geschmückte Kaffeetafel
setzen, und unsere Kinder ließen sich den Kuchen gut schmecken, besonders
nach der vorausgegangenen Wanderung von Limburg nach Diez. Nach der
Bewirtung durften wir noch einmal in den Garten; hier konnten wir uns
davon überzeugen, wie die Anstaltsleitung unter Mitarbeit der Schüler
den größten Teil der Gemüse für den eigenen Gebrauch selbst anbaut.
Nicht zu vergessen ist auch die schöne geräumige Sukkoh (Laubhütte),
die uns gezeigt wurde und die für alle Hausbewohner ausreicht.
Inzwischen war die Zeit gekommen, dass wir uns zum Abschiednehmen rüsteten.
‚Ach, wie schade!’ erscholl es aus aller Munde! In einer kurzen
Ansprache dankten wir den verehrten Gastgebern und gaben das Versprechen,
der Anstalt weiterhin ein treuer Gönner zu bleiben und äußerten den
Wunsch, im nächsten Jahre die Diezer Kinder bei uns in Marburg zu begrüßen.
Als Abschiedsgruß wurden unseren Kindern Blumen überreicht, und der
Anstaltsleiter gab seiner Freude über unseren Besuch Ausdruck. Sei es
doch die erste jüdische Schule, die das Heim mit einem Besuch erfreut
habe.
Mit diesem Bericht wende ich mich auf Wunsch der Leitung des Heimes
an Euch, liebe Jugend. Und wenn Ihr hierdurch angeregt werdet, zu Purim
recht fleißig für das Diezer Heim zu sammeln – höre ich doch, dass
die Ergebnisse der Sammlungen immer kleiner werden, - so würde ich mich
freuen und Diez noch mehr. Ihr tragt dann dazu bei, dass es der Leitung
ermöglicht wird, die Zöglinge zu treuen Juden und tüchtigen Menschen,
die im Leben ihren Mann stellen, zu erziehen.
Marburg-Lahn, Rausch-Chaudesch Adar 2.
(Monatsbeginn der Adar Scheni = 13. März 1929) S.
Pfifferling."
|
Lehrer Pfifferling ist 25 Jahre als Lehrer und Kantor tätig (1929)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April 1929: "Marburg,
10. April (1929). Man schreibt uns aus Frankfurt am Main: Am 1.-
Pessachtag sind 25 Jahre verflossen, seitdem Herr Pfifferling, jetzt in
Marburg an der Lahn, sein Amt als Lehrer und Kantor ausübt." |
Weiterbestehen der Israelitischen Volksschule -
Wiedereinsetzung von Lehrer Pfifferling in sein Amt (1934)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Mai 1934: "Marburg, 22. Mai
(1934). Nachdem der Preußische Unterrichtsminister in einem Erlass verfügt
hat, dass die hiesige Volksschule, die ein Jahr geschlossen war und vor
der Auflösung stand, weiter bestehen soll, wurde der Inhaber der Stelle,
Herr Lehrer Pfifferling, nach fast einjähriger Beurlaubung wieder in sein
Amt eingesetzt. Es ist dieses die einzige Schule im hiesigen Bezirk, die
zu Beginn des neuen Schuljahres wieder eröffnet wurde, während durch den
allgemeinen letzten Stellenabbau die übrigen 25 Schulstellen in den
Landgemeinden aufgelöst sind. Für den Fortbestand der Schule ist es
erforderlich, dass die Schüler aus den Nachbargemeinden der hiesigen
Schule zugeführt werden und sind durch ein Rundschreiben der
Reichsvertretung der deutschen Juden für entstehende Reisekosten Mittel
zur Verfügung gestellt. Außerdem ist geplant, für Schüler, die bisher
eine höhere Schule besucht haben, fremdsprachliche Kurse einzurichten." |
Zum Tod von Lehrer Honas Gans
(1936)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. Juni 1936: "Honas Gans - das Andenken an den Gerechten in
zum Segen. Aus Palästina kommt die betrübende Nachricht,
das Honas Gans dort einem schweren Leiden, das eine Operation
erforderte, erlegen ist. Viele in Frankfurt wird diese Kunde in tiefste
Trauer versetzen, denn Gans, der - nachdem er lange Jahre in Marburg
als Lehrer gewirkt hatte - zuletzt acht Jahre mit seiner Frau die
Verwaltung des Georgine Sara von Rothschild'schen Hospitals
innehatte, gehörte in dieser Zeit zu den beliebtesten Persönlichkeiten
des gesetzestreuen Frankfurt. Abgesehen von der Treue und aufopfernden
Liebe, mit denen er seinen Amtspflichten oblag, war er auch sonst als
Mensch und Jehudi allgemein hochgeschätzt und gern gesehen. Sein
freundliches Wesen und seine stete Hilfsbereitschaft erwarben ihm viele
Freunde. In all den Jahren konnten ihn die ersten Besucher des
Frühgottesdienstes in der Synagoge Friedberger Anlage Sommer wie Winter
am Vorbeterpulte sehen, wie er voll heißer Andacht die dem Gottesdienste
vorausgehenden Psalmen rezitierte. Im Hörsaale und den Vereinslokalen
fehlte er bei keinem Vortrag und keinem Schiur. Ungern sahen wir ihn vor
einigen Jahren scheiden, aber sein Herz schlug in Liebe zu Erez Israel,
und so zog er zu seinen Kindern dahin, um in der Siedlung
Ramath-Hascharon ein ruhiges Landleben auf heiligem Boden zu führen.
In seinen Briefen an Freunde drückte sich die tiefe Sehnsucht nach
Frankfurt aus und dem jüdischen geistigen Leben in der großen Gemeinde,
an dem er früher so regen Anteil nah,. Nun beendete er sein Leben,
früher als man ahnen konnte, in einem Krankenhause der Heiligen Stadt.
Tiefe Frömmigkeit und Toraliebe bahnen ihm, dem treuen Tillimsänger, die
Bahn zu Gottes Thron. Gerechtigkeit wird vor ihm hergehen".
|
Über das israelitische Schülerheim, das Israelitische Schüler- und
Lehrlingsheim sowie das Israelitische Heimerziehungsheim
Das "Schüler- und Lehrlingsheim" entsteht (1900) - Einweihung im
April 1901
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. März 1900: "Marburg a.L., im
März (1900). Dem Bemühen des Herrn Rabbiner Dr. Munk ist es gelungen,
eine Anstalt ins Leben zu rufen, deren Tätigkeit eine segensreiche zu
werden verspricht. Sie soll der Jugend aus der Umgebung, deren Eltern
minderbemittelt oder unbemittelt sind, den Schulbesuch erleichtern.
Andererseits soll sie dem Handwerk in jüdischen Kreisen Eingang
verschaffen, um so ein wichtiges Argumentationsmittel dem Antisemitismus
zu nehmen. Das Institut, in welchem die Knaben Wohnung und Kost haben
werden, ist schon nahezu fertig gestellt. Ein Zentralkomitee wie auch
Lokalkomitee in Berlin, Darmstadt, Gießen, Kassel, Frankfurt am Main ist
an der Arbeit, dem Unternehmen in weiten jüdischen kreisen Förderer zu
verschaffen, sodass es finanziell gefestigt werde. Der Vorstand ist aus
allen Parteien zusammengesetzt. Im Statut ist festgelegt, dass die Jugend
mit der jüdischen Religion und Literatur genügend vertraut gemacht und
nach streng-religiöser Weise erzogen werde. Obzwar noch keine öffentliche
Verlautbarung gemacht wurde, sind schon einige Anmeldungen erfolgt. Nebst
Herr Dr. Munk hat an dem Gelingen dieses philanthropischen Werkes Herr
Geheimrat Prof. Dr. Cohen den Löwenanteil. Das Institut wird den Namen
‚Schüler- und Lehrlingsheim’ führen." |
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Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Mai 1901: "Marburg,
3. Mai (1901). Am 15. April ist hier ein 'Israelitisches Schüler- und
Lehrlingsheim' eröffnet worden. Das Institut hat den Zweck, jüdischen
Knaben, ... Handwerker werden, die übrigen höhere Lehranstalten
besuchen. An der Spitze des Vorstandes steht Herr Prof. Dr. Cohen; die
Leitung hat Herr Bergel, der die Prüfung pro facultate docendi gemacht
hat und seit Jahren im mittleren und höheren Schuldienste tätig ist. Die
Räume des Hauses entsprechen in hygienischer und schultechnischer
Hinsicht den Anforderungen der Neuzeit. Die Zöglinge erhalten gegen sehr
mäßige Pension, Unbemittelte ohne jede Vergütung, alles im Heim, was
für ihre körperliche und geistige Entwicklung erforderlich
ist." |
Übergabe
des neuen Schüler- und Lehrlingsheimes (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. Mai 1901: "Marburg,
im Mai (1901). Mit dem Beginne des neuen Schuljahres ist das hier
errichtete Schüler- und Lehrlingsheim seiner Bestimmung übergeben
worden. Wir verdanken diese segensreiche Institution dem Geheimen
Regierungsrate und Prof. an hiesiger Universität, Dr. Hermann Cohen, und
dem hiesigen Provinzial-Rabbinen, Dr. Leo Munk. Den rastlosen Bemühungen
dieser beiden Männer ist es gelungen, weitere Kreise für die Sache zu
interessieren und die notwendigen, sehr bedeutenden Mittel zu beschaffen.
Die Anstalt, die nach mehr als einer Richtung von sozialer Bedeutung für
unsere hessischen Glaubensgenossen werden dürfte, will Kindern jüdischer
Eltern vom Lande - zunächst aus Hessen - gegen geringes Entgelt die
Möglichkeit gewähren, sich durch Besuch der hiesigen höheren Schulen
eine gesteigerte Bildung zu erwerben. Auch Lehrlingen, die bei hiesigen
Meistern ein Handwerk erlernen wollen, sollen in ihr eine Heimstätte
finden. Für weniger Bemittelte können Ermäßigungen eintreten, für
Unbemittelte sind eine Anzahl Freiplätze geschaffen. Die Anstalt widmet
der geistigen und körperlichen Entwicklung der ihr anvertrauten Knaben
gleichmäßig die größte Sorgfalt. Ihre Begründer haben durch Gewinnung
einen bewährten |
Kraft
auch weitgehendsten Ansprüchen Genüge geleistet. Das verantwortliche Amt
des Leiters ist dem für das hökere Schulwesen geprüften und seitherigen
Seminarlehrer zu Köln, Herrn J. Bergel, anvertraut. Auch nach der
hygienischen Seite ist allen modernen Anforderungen, die an ein derartiges
Institut zu stellen sind, entsprochen. Mitten im Schulenviertel unserer
Universitätsstadt gelegen, gewährt das durchaus einfach gehaltene
Gebäude einen netten, freundlichen Anblick. Dem schmucken Äußern
entspricht das sonnige Innern. Alles ist in hellen Farben gehalten,
überall ist für Licht und Luft reichlicher Zutritt geschaffen, an jeder
Stelle herrscht peinlichste Sauberkeit. In dem parterre dem Hausgarten
gelegenen Souterrain befindet sich der schöne Speisesaal, die geräumige
Küche, die für die Knaben bestimmten Douchebäder-Vorrichtungen und
sonstige Wirtschaftsräume. Von der Straße aus betritt man durch ein geschmackvolles
Portal die im unteren Stockwerke gelegenen Unterrichts- und
Unterhaltungssäle, sowie das mit einer reichhaltigen Bibliothek versehene
Beth Hamidrasch. Die Räume sind durchweg einfach, aber zweckentsprechend
eingerichtet, ihre Wände mit sinnigen, bedeutungsvollen Sprüchen
geschmückt. Im Beth Hamidrasch finden täglich talmudische Vorträge von
Herrn Rabbiner Dr. Munk statt, die zur Zeit von 12 Hörern, Studenten der
hiesigen Universität, die sich dem Rabbinerberufe widmen wollen, besucht
werden. Für eine große Anzahl Mediziner und Juristen ist ein besonderer
talmudischer Schiur eingerichtet worden. In den oberen Räumen liegen die
Schlaf- und Waschzimmer der Zöglinge, sowie die Wohnung des Leiters.
Zur Zeit sind in der Anstalt elf Schüler, die das hiesige Königliche
Gymnasium und die Oberrealschule besuchen, sowie zwei Lehrlinge
aufgenommen. Eine größere Anzahl Aufnahmegesuche unbemittelter Knaben
musste leider abgewiesen werden, da die vorhandenen Mittel zur Schaffung
weiterer Freistellen nicht ausreichen. Die Männer aber, die dieses Werk
geschaffen, erhoffen, dass die Kraft der Betätigung, die niemands bei uns
gefehlt hat, wenn es sich um Maßnahmen für die Erhaltung unserer
geistigen und sittlichen Eigenart handelt, auch hier nicht versagen wird.
Es ist eine Ehrenpflicht für jeglichen von uns - insonderheit für jeden
hessischen Glaubensgenossen - dieser würdigen und bedeutungsvollen Sache
sein Interesse zuzuwenden und nach seinen Kräften materiell Beihilfe zu
gewähren.
Von dem in leichter Anlehnung an den Rokokostil gehaltenen Portale des
Heims leuchtet in vergoldeten Lettern der biblische Imperativ (hebräisch
und deutsch aus Sprüche 22,6): 'Rüste den Knaben!'
Wenn die Anstalt dieser Forderung entsprechen, wenn sie ihre Aufgabe,
unsere Jugend zu Männern heranzuziehen, die unserer Glaubensgemeinschaft
zur Ehre und ihr zum Ruhme gereichen, erfüllen soll, dann muss sie auf
die energische Teilnahme und tatkräftigste Unterstützung weiterer Kreise
rechnen können. Mögen diese Hoffnungen und Erwartungen nicht getäuscht
werden!" |
Erster
Jahresbericht des Vereins "Israelitisches Schüler- und Lehrlingsheim"
(1903)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 20. Mai 1903: |
Bericht
über das israelitische Schüler und Lehrlingsheim (1906)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. August
1906: "Marburg. Das israelitische Schüler- und
Lehrlingsheim versendet seinen Rechenschaftsbericht. In schlichter Weise
wird auf knapp einer Seite über die Tätigkeit der Anstalt berichtet.
Über ihre Ziele äußert sich der Bericht kurz: 'Sie soll einem doppelten
Zwecke dienen: einem sozialpolitischen, indem sie es den weniger
Bemittelten unter unseren Glaubensgenossen ermöglicht, ihre Kinder einer
besseren Schulbildung zuzuführen, und einem religiösen, welcher aber
auch zugleich ein sozial-ethischer ist, indem diese Kinder durch
gediegenen Unterricht in unserem Religionswesen gegen die Verführungen
der Zeit wehrhaft gemacht werden.' Das Schülerheim ist ein gut
bürgerliches Pensionat, wo die Schüler gegen eine mäßige Vergütung
eine recht gute Verpflegung erhalten und sich einer vorzüglichen
Beaufsichtigung erfreuen. Jedem der beiden Heime - die wachsende Zahl der
Pensionäre machte die Erwerbung eines zweiten Hauses nötig - steht ein
Direktor vor, der von einem Lehrer in der Überwachung der Schüler
unterstützt wird. Dabei erhalten sie einen gründlichen
Religionsunterricht, sodass die Befähigsten Talmud lernen. Die beiden
Heime zählen gegenwärtig 77 Zöglinge, von denen 51 die Oberrealschule,
15 das Gymnasium und 6 die trefflich geleitete Volksschule besuchen. Auch
einige Handwerkslehrlinge finden in der Anstalt eine vortreffliche
Unterkunft. Noch ist die finanzielle Basis der Anstalt keine gesicherte
und besonders wäre es wünschenswert, wenn die auf dem neu angekauften
Hause ruhende Hypothekenschuld von 35.000 Mark recht bald getilgt werden
möge." |
10-jähriges Bestehen des Israelitischen
Schülerheimes (1911)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 23. März 1911: "Marburg, 20. März
(1911). Das hiesige Israelitische Schülerheim sieht nunmehr auf eine
zehnjährige Tätigkeit zurück. Von weitschauenden Männern in einer Zeit
gegründet, als die soziale Bedrängnis in engeren Bezirken, insbesondere
in kleineren Städten und auf dem flachen Lande, verhängnisvoll zu werden
drohte, hat die Anstalt vortreffliche Wirkungen gezeitigt. Die Knaben, die
in diesem Heime erzogen werden, sollten zugleich dem modernen und religiösen
Wissen zugeführt werden. Allgemeine Bildung und vaterländische Gesinnung
sollten sich in ihrem jugendlichen Geiste mit unserer religiösen Bildung
zu wirkungsvoller Einheit verschmelzen. Dieses Programm ist der in stiller
und geräuschloser, aber umso intensiverer Arbeit schaffenden Anstalt zu
einem Quell reichsten Segens geworden. Aus kleinen Anfängen ist ein
stattlicher Betrieb entstanden. Nahezu hundert beträgt zurzeit die Anzahl
ihrer Zöglinge. Der weitaus größere Teil besucht die hiesigen höheren
Schulen (humanistisches Gymnasium, Realgymnasium und Oberrealschule), ein
kleinerer Teil die hiesige israelitische Volksschule. Auch einige
Handwerker haben bei hiesigen Meistern Stellung gefunden und empfangen im
Schülerheim sorgsame Pflege und Anleitung. Gewöhnung an ein von echt jüdischem
Geiste erfülltes Leben, gediegener Unterricht im gesamten jüdischen
Schrifttum (Tenach, Mischnah, Gemoro), sorgfältige Überwachung der
Schularbeiten, Pflege des Turnens und der Jugendspiele, Anlage eines
Schulgartens und Anleitung in Garten- und Obstbaumpflege, das sind im
wesentlichen die Aufgaben, die die beiden trefflichen Leiter, die Herren
Oberlehrer Bergel und Rabbiner Dr. Schlesinger in wärmster Hingebung und
unentwegter Pflichterfüllung zu lösen bestrebt sind. Glückliche Erfolge
haben mit Gottes Hilfe bis jetzt die treue Arbeit gelohnt. Ein großer
Teil ehemaliger Heimzöglinge wirkt schon im praktischen Leben in
akademischen, kaufmännischen und gewerblichen Berufen. Erst in diesen
Tagen hat die Anstalt die Freude gehabt, dass ihre vier |
Zöglinge,
die an der Maturitätsprüfung der hiesigen Oberrealschule teilnahmen, auf
Grund ihrer vorzüglichen schriftlichen Leistungen von der mündlichen Prüfung
dispensiert wurden. Die Möglichkeit, gegen sehr bescheidene Kosten ihren
Kindern eine so vorzügliche religiöse, geistige und körperliche
Erziehung angedeihen zu lassen, wird von unseren Glaubensgenossen nach Kräften
ausgenützt, sodass die Verwaltung des Schülerheims of aus bloß räumlichen
Gründen nicht in der Lage ist, allen Anforderungen um Aufnahme zu
entsprechen. Schmerzlicher berührt es, dass aus Mangel an Mitteln so oft
Minderbegüterte abgewiesen werden müssen. Hier erblühte den jüdischen
Körperschaften und Gemeinden noch eine weiter und dankbare Aufgabe. Durch
tatkräftiges Interesse für diese prächtige Institution, durch Gewährung
größerer Jahresbeiträge, Schaffung von Freistellen konnten hier ganze
Ströme reichsten Segens für unsere Jugend geschaffen werden." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 7. April 1911:
derselbe Bericht wie in der Zeitschrift "Der
Israelit" |
|
Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. März 1911: "Marburg.
Das hiesige israelitische Schülerheim sieht nunmehr auf eine zehnjährige
Tätigkeit zurück. Von weitschauenden Männern in einer Zeit gegründet,
als die soziale Bedrängnis in engeren Bezirken, insbesondere in kleineren
Städten und auf dem flachen Lande, verhängnisvoll zu werden drohte, hat
die Anstalt vortreffliche Wirkungen erzielt.
Nahezu hundert beträgt zurzeit die Anzahl ihrer Zöglinge. Der weitaus größte
Teil besucht die hiesigen höheren Schulen (humanistisches Gymnasium,
Realgymnasium und Oberrealschule), ein kleinerer Teil auch die hiesige
israelitische Volksschule. Auch einige Handwerker haben bei hiesigen
meistern Stellung gefunden und empfangen im Schülerheim sorgsame Pflege
und Anleitung. Gewöhnung an ein von echt jüdischem Geiste erfülltes
Leben, gediegener Unterricht im gesamten jüdischen Schrifttum (Tenach,
Mischnah, Gemoro), sorgfältige Überwachung der Schularbeiten, Pflege des
Turnens und des Jugendspiels, Anlage eines Schulgartens und Anleitung in
Garten- und Obstbaumpflege, das sind im wesentlichen die Aufgaben, die die
beiden trefflichen Leiter, Oberlehrer Bergel und Rabbiner Dr. Schlesinger,
zu lösen bestrebt sind." |
Anzeige des Israelitischen Schüler- und Lehrlingsheimes
(1918)
Anzeige im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. Dezember 1918: "Auf
mehrfache Anfragen machen wir darauf aufmerksam, dass in unserer Anstalt
nur solche Zöglinge Aufnahme finden, welche als Lehrlinge bei hiesigen
Handwerkern eintreten, oder die als Schüler entweder das hiesige
Gymnasium, die Oberrealschule, beziehungsweise das Realgymnasium oder die
israelitische Elementarschule hier besuchen.
Eintritt bei uns kann für Lehrlinge jederzeit, für Schüler in der Regel
am Anfange eines jeden Semesters erfolgen. Anmeldungen sind an den Herrn
Provinzial-Rabbiner Dr. N. Cohn, Schwan-Allee 15 hier zu richten.
Marburg a.d. Lahn, Dezember 1918.
Israelitisches Schüler- und Lehrlingsheim." |
Gründung eines Israelitischen Erziehungsheims für
schwer erziehbare Kinder (1928)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1928: "Israelitisches Schüler-
und Lehrlingsheim.
Marburg, 23. April (1928). Am 11. März dieses Jahres tagte zu Marburg a.L.
unter dem Vorsitz des Provinzialrabbiners Dr. Cohn das vorbereitende
Komitee für die Gründung eines israelitischen Erziehungsheimes für
schwer erziehbare Kinder. Zu der Sitzung waren außer dem Vorstande, und
einigen Kuratoren des bisherigen israelitischen Schüler- und
Lehrlingsheimes zu Marburg a.L. Vertreter von Landesverbänden der
israelitischen Gemeinden, des Hessischen Logenverbandes und der
Zentralwohlfahrtsstelle der deutschen Juden erschienen. Der Vorsitzende
verlas die eingegangenen Begrüßungsschreiben und konnte feststellen,
dass die Landesverbände der Synagogengemeinden sämtlicher deutschen Länder
sowie die Wohlfahrtsverbände die beabsichtigte Neugründung erfreut begrüßen
und sich mit namhaften Beträgen an den Kosten beteiligen wollen. Das
Kuratorium des Israelitischen Schüler- und Lehrlingsheimes, das einst von
den Herren Provinzialrabbiner Dr. Leo Munk seligen Andenkens und Geheimrat
Professor Dr. Hermann Cohen seligen Andenkens sowie Bankier Hermann
Eichelberg begründet worden ist, will sein Haus, das infolge der
inzwischen erfolgten Gründung von höheren Schulen an vielen kleinen Plätzen
für seinen ursprünglichen Zweck nicht mehr gebraucht wird, für das neue
Erziehungsheim zur Verfügung stellen. Der Vorsitzende dankte allen denen,
die sich schon vor dem genannten Tage um die Sache bemüht hatten und
unter ihnen ganz besonders Herrn Rabbiner Dr. Horovitz in Frankfurt am
Main, der die Gründung eines solchen Heimes schon seit vielen Jahren
anstrebt und mit Eifer verfolgt. Ihm war es in erster Reihe gelungen, den
Preußischen Landesverband jüdischer Gemeinden in Berlin für die Sache
zu interessieren und zur Bewilligung von 10.000 Mark zu den Kosten des
Umbaues und 5.000 Mark für den Haushalt des ersten Jahres zu bestimmen.
Inzwischen haben auch der Preußische Landesverband gesetzestreuer
Synagogengemeinden in Halberstadt und andere Landesverbände größere
Summen bewilligt, sodass die Versammlung der Ansicht ist, dass die Anstalt
nunmehr gesichert ist und mit dem Umbau alsbald nach den Feiertagen
begonnen werden kann, zumal nicht daran zu zweifeln ist, dass die Anstalt,
mit deren Gründung eine seit langem schwer empfundene Lücke in der
Reihe der jüdischen sozialen Einrichtungen der deutschen Juden ausgefüllt
werden wird, sehr bald eine große Zahl von Gönnern auch aus den Kreisen
unserer privaten oft bewährten Wohltäter finden wird. Endlich sei noch
erwähnt, dass auch der Direktor der psychiatrischen Universitätsklinik
dem Plane seine volle Sympathie entgegenbringt und der neu zu gründenden
Erziehungsanstalt seine Unterstützung zugesagt hat. So wünschen wir dem
Unternehmen ein volles Gelingen."
|
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 27. 'April 1928: |
|
Artikel in
der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 1. Juni 1928: "Fürsorge
für schwer erziehbare Kinder…" Derselbe Text wie oben.
Ergänzende Bemerkung: "Das Israelitische Erziehungsheim für
schwer erziehbare Kinder in Marburg a.d.L. soll am 1. Juli dieses Jahres
eröffnet werden. Für die Aufnahme kommen in erster Reihe Knaben im Alter
von 6-14 Jahren in Betracht. Aufnahmegesuche sind schon jetzt an den
Vorsitzenden, Herrn Provinzialrabbiner Dr. Cohn, Marburg a.d.L.,
Schwanallee 15, zu richten."
|
Das "Israelitische Erziehungsheim"
wird am 1. Juli 1928 eröffnet (1928)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. Mai 1928: "Marburg, 18. Mai
(1928). Das ‚Israelitische Erziehungsheim’ für schwer erziehbare
Kinder in Marburg a.L. soll am 1. Juli dieses Jahres eröffnet werden. Für
die Aufnahme kommen in erster Reihe Knaben im Alter von 6-14 Jahren in
Betracht. Aufnahmegesuche sind schon jetzt an den Vorsitzenden, Herrn
Provinzialrabbiner Dr. Cohn, Marburg a.L., Schwanallee 15, zu richten."
|
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 8. Juni 1928: "Marburg. Das *Israelitische
Erziehungsheim' für schwer erziehbare Kinder in Marburg an der Lahn soll
am 1. Juli dieses Jahres eröffnet werden. Für die Aufnahme kommen in
erster Reihe Knaben im Alter von 6 bis 14 Jahren in Betracht.
Aufnahmegesuche sind schon jetzt an den Vorsitzenden, Herrn Provinzial-Rabbiner
Dr. Cohn, Marburg an der Lahn, Schwanallee 15, zu
richten." |
Einweihung des Israelitischen Heilerziehungsheimes
(1929)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Januar 1929: "Marburg, 20. Januar
(1929). Heute fand hier in Anwesenheit von Vertretern der staatlichen und
städtischen Behörden, der Landesverbände der Synagogengemeinden, des
Israelitischen Vorsteheramts und der Synagogengemeinde Marburg, der Logen
und Verwaltungen der Nachbargemeinden und zahlreicher Gäste von hier und
auswärts die feierliche Einweihung des Israelitischen Heilerziehungsheims
statt. Die Feier nahm einen sehr würdigen und allseits befriedenden Verlauf.
(Näherer Bericht folgt.)." |
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Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 25. Januar 1929: |
|
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Februar 1929: "Marburg, 27. Januar
(1929). Vor kurzem fand, wie schon kurz berichtet, in Gegenwart von
Vertretern staatlicher und städtischer Behörden, jüdischer Verbände
und Gemeinden und zahlreiches Gäste die feierliche Einweihung der
‚Israelitischen Heilerziehungsheims’ für schwer erziehbare Kind in
Marburg statt. In seiner Festrede hob der Vorsitzende, Provinzialrabbiner
Dr. Cohn, hervor, dass das Marburger Israelitische Schüler-
und Lehrlingsheim die Gründung der verstorbenen Provinzialrabbiner
Dr. Munk und Geheimrat Prof. Hermann Cohen, sowie des Herrn Hermann
Eichelberg sei. Der Geist der verewigten Gründer das alten Heims, der
Liebe zur Menschheit, solle auch die Devise für das neue Heim sein. Die
Neugründung fülle eine seit langem schmerzlich empfundene Lücke in der
großen Reihe der jüdischen Wohlfahrtseinrichtungen in Deutschland aus.
Das beweisen die zahlreichen Glückwunschschreiben, das beweise vor allem
die allseitige Stützung der Neugründung.
Der Leiter des neuen Heims, Herr Direktor Witt, übernahm das Haus
und zeigte in großen Zügen das Bild, das er sich von seiner Aufhabe
gemacht habe. Das Haus solle im Sinne seiner großen Gründer ein haus der
Liebe sein für die Kinder, die der Liebe so sehr bedürfen. Groß war die
Reihe der hierauf folgenden Begründungsreden, von denen besonders die des
Landesrats Dr. Schellmann für den Landeshauptmann, die des Bürgermeister
Boß für die Stadt und Wohlfahrtsamt Marburg und die von Professor Düring
(Frankfurt), der das Haus hinsichtlich seiner Eignung zu begutachten,
hervorgehoben seien. Die Grüße der jüdischen Organisationen überbrachte
Rabbiner Dr. J. Horovitz (Frankfurt).
Mit Gesang und Musik, wie sie begonnen hatte, schloss die
eindrucksvolle Feier. An den akademischen Festakt schlossen sich Führungen
durch das Haus und eine Bewirtung der Ehrengäste durch die Heimleitung
an. Von den bei der Festtafel verlesenen Begrüßungsschreiben seien die
besonders herzlich gehaltenen Briefe des Regierungspräsidenten von Kassel
und von Frau Geheimrat Cohen (Berlin) genannt." |
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Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom
1. Februar 1929: |
Über das Israelitische Heilerziehungsheim
(1930)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
6. Oktober 1930: |
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Ausschreibung
der Stelle des Direktors des Israelitischen Heilerziehungsheim (1934)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 8. Februar 1934: |
Berufung von Lehrer Siegfried Kösterich als Leiter
des Israelitischen Heilerziehungsheimes (1934)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5.
Juli 1934: |
Einführung von A. Höxter
als Direktor des Israelitischen Heilerziehungsheimes (1935)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
11. April 1935: |
Über das israelitische
Heilerziehungsheim (1936)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
9. Januar 1936: |
Antisemitismus in Marburg seit Ende des 19. Jahrhunderts
Der Antisemit Dr. Böckel intensiviert seine Aktivitäten
(1887)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. August 1887: "Aus
Kurhessen, 8. August (1888). Wie der ‚K.Z.’ aus Marburg geschrieben
wird, hat der antisemitische Reichstagsabgeordnete Dr. Böckel vor kurzem
seine Stellung an der dortigen Universitätsbibliothek, an welcher er früher
als Hilfsarbeiter tätig gewesen war, aufgegeben, um von jetzt ab seine
ganze Zeit seinem Beruf (?!) als Abgeordneter, Redakteur und Agitator zu
widmen. Er benutzt übrigens die stille Zeit zu zahlreichen
Volksversammlungen und sieht seine Anhänger in bedeutendem Maße wachsen.
(Alles schon da gewesen und wieder vorübergegangen. Ein Fanatiker macht
viele Narren." |
Über den antisemitischen Reformverein (1887)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. August
1887: |
Antisemitische Volksversammlung in Marburg
(1888)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Mai 1888: "Marburg,
16. April (1888). Gestern Mittag 4 Uhr fand dahier im Saalbau eine
antisemitische Volksversammlung statt, zu welcher mittels an den Straßen
angehefteter Plakate, die jedoch gestern Morgen sämtlich abgerissen
waren, eingeladen war. In dieser Versammlung erstattete der
Reichstags-Abgeordnete Dr. Böckel über seine parlamentarische Tätigkeit
Bericht. Der Bericht enthielt eine Glorifizierung seiner bekannten
Heldentaten, gewürzt mit Ausfällen auf das Judentum, die jüdische
Presse und das Verhalten der konservativen Presse, namentlich der hiesigen
‚Oberhessischen Zeitung’. Die Versammlung war von der Landbevölkerung
der Umgegend gut, von hier jedoch schlecht besucht." |
Gerichtsverhandlung gegen den antisemitischen Volksschullehrer
Ferdinand Fenner mit Gutachten von Prof. Hermann Cohen und Prof. Paul de Lagarde
(1888)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. Mai 1888: "Marburg,
25. April (1888). Vor dem hiesigen Landgericht kam heute die Anklage gegen
den hiesigen Volksschullehrer Ferdinand Fenner wegen Beschimpfung der jüdischen
Religion zur Verhandlung. Den Vorsitz führte Herr Landgerichtsdirektor
Dahlmann, die Staatsanwaltschaft vertrat Erster Staatsanwalt Bertram. Der
Gerichtshof hatte den Prof. Lagarde – Göttingen (als Antisemit bekannt,
wie er sich in Schriften ausgesprochen, die einst lebhafte Polemik
hervorriefen - Redaktion der Allgemeinen Zeitung des Judentums) und Prof.
Cohen – Marburg (ordentlicher Professor der Philosophie) zu Sachverständigen
ernannt; von der Staatsanwaltschaft wurde in gleicher Eigenschaft
Provinzial-Rabbiner Dr. Munk geladen; der Gerichtshof lehnte indessen den
letzteren als befangen ab (Dr. Munk hatte Strafantrag gegen Fenner
erstattet) ebenso des Dr. Hirsch Hildesheimer. Bei Eintritt in die
Verhandlung dehnte der Staatsanwalt die weitere Anklage wegen öffentlicher
Beleidigung des jüdischen Kultusvorstehers aus. Fenner, evangelischer
Lehrer der Marburger Bürgerschule, soll am 5. Dezember 1886 im nahen
Marbach eine Rede gehalten haben, worin er sagte: ‚Die meisten von Ihnen
werden wissen, dass der Talmud das Gesetz der Juden ist, und dass in
demselben steht: das Gesetz Mosis gilt nur von Juden zum anderen, auf die
Gojim hat es keinen Bezug, die dürfen sie bestehlen, betrügen usw. Nun
geben Sie Acht, meine Herren! Ein guter Jude tut, was im Talmud steht,
dann ist er in unseren Augen ein Schuft, tut er es nicht, ist er in den
Augen der Juden ein Schuft. Ein Schuft ist er auf alle Fälle.’ Heute
behauptet er, es sei ihm nicht eingefallen, die Juden mit der jüdischen
Religionsgesellschaft zu identifizieren. Auch habe er nicht gesagt, das
und das stehe im Talmud, sondern wenn das im Talmud stehe, so sei das so
schrecklich, dass man nicht begreifen könne, wie die Juden noch geduldet
werden. Er habe noch nie daran gedacht, dass der Talmud ein jüdisches
Religionsbuch sei, und das auch nie gehört. Eine ganze Reihe von nichtjüdischen
Zeugen bekundet, dass Fenner so sich ausgedrückt habe, wie die Anklage
behauptet. Der antisemitische Reichstagsabgeordnete Dr. Böckel hingegen
unterstützt die Aussagen Fenners. Böckel sagt weiter, Talmudjude,
Reformjude oder getaufter Jude sei vollständig gleichgültig, für ihn
sei die Judenfrage eine nationale, eine soziale Frage. Provinzial-Rabbiner
Dr. Munk erklärt: Zu der Denunziation bei der Schulbehörde habe er sich
veranlasst gesehen, weil die Kinder der jüdischen Schule von den Kindern
der Bürgerschule durch Schimpfworte und Schläge arg belästigt wurden.
Der Antrag des Staatsanwalts, den Zeugen zu vernehmen, ob etwas
Derartiges, wie Angeklagter gesagt hat, im Talmud stehe, wird vom
Gerichtshof abgelehnt. -
Der Präsident lässt zunächst das Gutachten des Prof. Paul de
Lagarde in Göttingen verlesen. Zwei Fragen waren ihm vorgelegt worden: 1)
ob die in dem Talmud enthaltenen Vorschriften des Glaubens und der Sitte
als bindendes Gebot für den gläubigen Juden anzusehen und eine
Beschimpfung des Talmud als eine Beschimpfung der jüdischen
Religionsgesellschaft und eine Einrichtung derselben zu betrachten ist, 2)
ob im Talmud steht: Das Gesetz Moses usw. (wie Angeklagter anführte). Die
erste Frage wird in dem Gutachten verneint. Zur zweiten Frage heißt es:
Es sei nichts zu finden, wonach dem Juden gestattet ist, den Nichtjuden zu
betrügen, wenn auch die Sitten- oder Rechtslehre des mosaischen Gesetzes
vor dem Forum christlicher Moral nicht bestehen könne, und zwar noch
weniger als diejenige als diejenige des Talmud. In dem Gutachten tritt übrigens
der antisemitische Standpunkt des Sachverständigen ziemlich deutlich
hervor. Sachverständiger Prof. Cohen bestritt den wissenschaftlichen
Charakter des Gutachtens Lagarde’s. Alle die |
jenigen,
welche die noachidischen Verbote halten (Mord, Blutschande, Götzendienst
usw.), seien den Israeliten im Talmud absolut gleichgestellt. Die Frage,
ob eine der inkriminierten Stellen ähnlich im Talmud stehe, verneinte der
Sachverständige absolut; eine reservatio mentalis beim Eid sei durchaus
verboten. Redner erörtert die Bedeutung des Talmud für die verschiedenen
Gebiete des jüdischen Lebens; eine Beschimpfung des Talmud ist eine
Beschimpfung jeder Einrichtung der jüdischen Religionsgesellschaft; wenn
man vom Talmud sage, er erlaube, die Nichtjuden zu betrügen, so ist das
eine Beschimpfung der Juden. – Nach längerer Pause wurde die Sitzung
wieder aufgenommen. Staatsanwalt Bertraum hielt die Anklage vollständig
aufrecht; er wies auf die Unerfahrenheit und Leichtfertigkeit, sowie auf
die Verwerflichkeit der antisemitischen Agitation hin. Mit scharfen Worten
kritisierte der Staatsanwalt das Gutachten des Prof. de Lagarde. Dasselbe
gestehe zwar zu, dass der berüchtigte Satz von der Zulässigkeit des
Betruges der Christen nicht im Talmud stehe; der ganze Ton des Gutachtens
aber, welches jeglicher Würde und jeglichen Anstriches einer gelehrten
Forschung und Untersuchung entbehre, zeige, dass der Verfasser durchaus
Antisemit sei. Es handele sich hier um eine anerkannte
Religionsgenossenschaft, die geschützt werden muss. Ihre Rechte werden
von Kaiser und Reich geschirmt, sie müssen von Hohen und Niederen
geachtet werden, ob sie Beamte oder etwas anderes sind. Der Staatsanwalt
kennzeichnet hierauf den Rassenhass in seiner Verwerflichkeit, bezeichnet
als erschwerend, dass Angeklagter unschuldiger Kindern Judenhass
beigebracht habe, anders als strafmildernd Fenners Unerfahrenheit. Der
Strafantrag geht auf 3 Monate Gefängnis wegen Religionsbeschimpfung und
Beleidigung, falls aber nur auf Beleidigung erkannt werden sollte, auf 6
Wochen Gefängnis. – Der Verteidiger, Rechtsanwalt Martin – Kassel,
meinte, über die Berechtigung des Antisemitismus könne man streiten, das
gehöre indes nicht zu Sache. Auch er erkannte an, dass Lagarde’s
Gutachten nicht objektiv sei, dasselbe sei aber mit Cohen’s Gutachten
der Fall; auch über dieses lasse sich streiten. – Der Verteidiger
beantragt Freisprechung. Der Angeklagte hat nichts weiter zu erinnern, als
dass er dagegen protestiert, als ob er je die Kinder antisemitisch
beeinflusst habe; im Gegenteil habe er öfters Kinder bestraft, weil sie jüdischer
Kinder geschimpft und geschlagen haben. – Das Urteil wird Mittwoch, den
2. Mai, 11 Uhr vormittags, publiziert werden."
|
Aus dem Prozess gegen Lehrer Fenner (1888)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Mai 1888: "Marburg,
25. April (1888). Der hier gegen den Lehrer Fenner geführte Prozess, über
welchen wir in voriger Nummer berichtet haben, bietet mehrfaches
Interessante dar, sodass wir einiges Einzelne nachholen. Der Fenner, ein
starker, bartloser, noch sehr junger Mann, hatte in der Versammlung zu
Marburg gesagt:
‚Über die Meinung, es gäbe auch ehrliche Juden, denke ich folgendermaßen:
Die meisten von Ihnen werden wissen, dass der Talmud das Gesetzbuch der
Juden ist und dass in demselben steht: ‚Das Gesetz Mosis gilt nur vom
Juden zum andern; auf die Gojims hat es keinen Bezug, die dürfen sie
bestehlen und betrügen.’ Nun geben Sie Acht, meine Herren! Tut der
Jude, was im Talmud steht, ist er in unseren Augen ein Schuft; tut er es
nicht, ist er in den Augen der Juden ein Schuft. Ein Schuft ist er auf
alle Fälle.’
Dieser Äußerung wegen erhob die königliche Staatsanwaltschaft auf Grund
des § 166 des deutschen Strafgesetz-Buches die Anklage. Dieser Paragraph
lautet: ‚Wer dadurch, dass er öffentlich in beschimpfenden Äußerungen
Gott lästert, ein Ärgernis gibt, oder, wer öffentlich eine der
christlichen Kirchen, oder eine andere, mit Korporationsrechten innerhalb
des Bundesgebietes bestehende Religionsgesellschaft oder ihre
Einrichtungen oder Gebräuche beschimpft usw., wird mit Gefängnis bis zu
drei Jahren bestraft." |
Lehrer Fenner wird verurteilt (1888)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 10. Mai 1888: "Marburg,
2. Mai (1888). Lehrer Fenner wurde vom Gerichte wegen Beschimpfung der jüdischen
Religions-Gesellschaft zu 14 Tagen Gefängnis und in die Kosten
verurteilt." |
Hessische
Geistliche sprechen sich bei einer Versammlung in Marburg gegen den
Antisemitismus aus (1891)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 10. Juli 1891: |
Anzeige gegen gewalttätige, antisemitisch gesinnte
Studenten (1893)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. Dezember
1893: |
Antisemitismus und Vorurteile - u.a. ausgestreut vom Pfarrer von Bürgeln (1894)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 14. September 1894: "Marburg,
9. September (1894). Es war zu erwarten, dass wie bei jeder
Cholera-Epidemie auch bei der in unserer Nachbarschaft ausgebrochenen
Seuche der ‚polnische Jude’ sofort eine hervorragende Rolle spielen würde.
Das ist denn auch prompt geschehen. Hier in Marburg war übrigens von
derlei Gerüchten, wie sie die antisemitische Presse mit Behagen
auftischt, bis jetzt nichts zu hören. Vielmehr sprach man nur von den
polnischen Arbeitern, die bei dem in Bürgeln wohnhaften Gutspächter
Schneider beschäftigt sein sollten. Auch das war reine Erfindung, denn
Herr Schneider hat keine polnischen Arbeiter auf seinem Gut. Dagegen stieß
die amtliche Cholera-Kommission bei der wissenschaftlichen Feststellung
der Ursache der Seuche auf den angeblichen ‚polnischen Juden’. Die
Kommission überzeugte sich aber sofort durch genaue Nachforschungen in Bürgeln,
dass Niemand den ‚polnischen Juden’ gesehen hatte. Heute wurden
nochmals der Bürgermeister und andere Einwohner Bürgelns befragt, und es
ergab sich wieder, dass seit Monaten kein ‚polnischer Jude’ in dem
Dorfe erblickt worden ist. Von dem, ‚polnischen Juden’ machte zuerst
der – Pfarrer der Gemeinde der Cholera-Kommission Mitteilung. Woher der
Herr seine Wissenschaft bezogen hat, war nicht festzustellen, umso
weniger, als er bei der Umfrage der Cholera-Kommission bei den
Ortseinwohnern leider durch ‚Mangel an Zeit’ verhindert war, persönlich
zugegen zu sein." |
Aktivitäten der Antisemiten
in Marburg im Blick auf die Reichstagswahl (1905)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 16.
Juni 1905: |
Ausschluss jüdischer Personen aus
der Klinikerschaft (1919)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom
3. Januar 1919: |
Jüdische Aktivitäten an der Universität Marburg
Wilhelm
Rothschild an der Universität in Marburg (1844)
Anmerkung: es handelte sich wohl um Wilhelm Carl von Rothschild
(1828-1901)
Artikel in der Zeitschrift "Der Orient" vom 6. August 1844:
"Der fromme Rothschild jun. Wolf oder Wilhelm soll jetzt die
Universität Marburg beziehen wollen, um Camerialia zu studieren. Ein
gewisser Posen, ein Orthodox, soll sein Mentor sein". |
Dr.
Nobel hält halachische Vorträge für die jüdischen Studenten (1901)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Mai 1901: "Marburg.
Eine erfreuliche Tatsache lässt sich von hier mitteilen. der bewährte
Kanzelredner Herr Dr. Nobel, der früher in Köln und Königsberg amtierte
und sich jetzt studienhalber hier aufhält, hat sich entschlossen vor
jüdischen Studenten an jedem Schabbat halachische Vorträge zu
halten. S." |
Semesterschlussfeier
der "Jüdischen wissenschaftlichen geselligen Vereinigung" (1903)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 6. August 1903: |
Eine
erste jüdische studentische Korporation an der Universität wurde gegründet
(1906)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 1. Februar 1907: |
4. Jahresbericht der "Jüdischen
Wissenschaftlich-Geselligen Vereinigung" (1907)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom
12. April 1907: |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. April
1907: |
Jahresbericht über die "Vereinigung jüdischer
Akademiker" (1908)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. April
1908: |
|
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 15. April
1908: |
Aktivitäten der "Vereinigung jüdischer
Akademiker" (1908)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom
7. August 1908: |
7. Jahresbericht der "Jüdischen
wissenschaftlich-geselligen Vereinigung" (1910)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Mai 1910: "Marburg,
6. Mai (1910). Die unter dem Namen ‚Jüdische wissenschaftlich-gesellige
Vereinigung’ hier bestehende Korporation versendet soeben ihren 7.
Jahresbericht. Sie ist in stetiger Entwicklung begriffen und zählt
zurzeit mit Inaktiven und allen Herren 62 Mitglieder. Die Tendenz der
Vereinigung gelangt in ihrem Namen zum Ausdruck. Als ein Sammelpunkt für
Akademiker und gebildete Kaufleute will sie sowohl zum sozialen Ausgleich
beitragen, als auch durch eingehende Behandlung
allgemein-wissenschaftlicher und speziell jüdischer Probleme die
geistigen Interessen ihrer Mitglieder anregen und in freier offener
Aussprache über alle Fragen jüdischen und öffentlichen Lebens zur
ernsten Würdigung einer jeden ehrlichen Überzeugung erziehen. Allwöchentlich
findet ein wissenschaftlicher Vereinsabend mit anschließender Kneipe
statt. Auch in gemeinschaftlichen Ausflügen und Festlichkeiten gelangt
die Geselligkeit zu ihrem Recht. Die regen Sympathien, die die Jüdische
wissenschaftlich-gesellige Vereinigung innerhalb der hiesigen jüdischen
Gemeinde gefunden und die freundschaftlichen Beziehungen, die sie zu den
übrigen hier bestehenden studentischen Korporationen unterhält, beweisen
die verständnisvolle Teilnahme, die man ihren Bestrebungen
entgegenbringt. Im vergangenen Wintersemester fanden zehn Vorträge über
folgende Themen statt: ‚Das Buch des Propheten Jona’, ‚Gekrönte
Proselyten im Judentum’, ‚Jüdische Politik’, ‚Der psychische
Impressionismus der jüngsten deutschen Vergangenheit’, ‚Aus dem
Rechtsleben einer kleinen jüdischen Gemeinde Hessens’, ‚Die
universelle, historische Bedeutung des jüdischen Kaufmanns’, ‚Menasse
ben Israel’, ‚Die Geschichte des Antisemitismus’, ‚Krankenbesuch
und Trauergebräuche nach Bibel und Talmud’, ‚Diskussionsabend über
die Lösung der Judenfrage’. Der Vorstand besteht zurzeit aus den Herren
stud.med. Otto Strauß (1. Vors.), cand.med. Hugo Meyer (Kassierer) und
stud.med. Julius Nagel (Schriftführer)."
|
3.
Bundestag des Bundes jüdischer Akademiker in Marburg (1913)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 10. Januar 1913: |
Vermächtnis der Justina Rodenberg an die Universität
(1922)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom
16. Februar 1922: |
20. Stiftungsfest der V.J.A. (Vereinigung Jüdischer
Akademiker) Marburgs (1927)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juni
1927: |
"Jüdisches" zum Marburger Universitätsjubiläum (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 22. Juli 1927: |
Stiftung des Bankhauses Baruch Strauß an die
Universität (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 5. August 1927: "Marburg. Eine
Carl-Strauß-Stiftung. Zu den mannigfachen Stiftungen für die
Marburger Philippsuniversität anlässlich der Vierhundertjahrfeier, deren
letzte Kultusminister Becker mit dem Betrage von 150.000 für ein
Hallenschwimmbad überreichte, ist noch eine gekommen. Die Inhaber des Bankhauses
Baruch Strauß in Marburg und Frankfurt am Main, die Herren Carl und
Albert Strauß, haben eine namhafte Stiftung zur Förderung
wissenschaftlicher Forschungen gemacht, die der noch im Werden begriffenen
Gesellschaft der Wissenschaften zur Verfügung gestellt worden ist. Es
handelt sich zunächst um eine Summe von 25.000 Mark und um eine
jährliche Beihilfe von 1.000 Mark, doch ist zu erwarten, dass diese
Zuwendungen noch vergrößert werden. Die Stiftung ist nach dem inzwischen
verstorbenen älteren Chef des bekannten Bankhauses Carl-Strauß-Stiftung
benannt worden." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. August
1927: |
Über die Feier zum Universitätsjubiläum mit jüdischer Beteiligung
(1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 12. August 1927: |
Vierhundertjahrfeier der Universität
(1927)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. August
1927: |
Jüdische Professoren an der Universität
Hermann Cohen habilitierte sich an der Universität
(1873)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 25. November
1873: |
Hermann Cohen wird zum außerordentlichen Professor ernannt
(1875)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 11. Mai 1875: "Marburg,
im April (1875). Der an hiesiger Universität habilitierte Privatdozent
der Philosophie, Dr. Hermann Cohen, ist zum außerordentlichen Professor
ernannt worden." |
Hermann Cohen wird zum ordentlichen Professor ernannt
(1876)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. Februar 1876: "Marburg, im Februar (1876). Der bisherige außerordentliche Professor
der Philosophie an hiesiger Universität, Dr. Hermann Cohn, ist zum
ordentlichen Professor ernannt worden." |
Professor Stengel wechselt nach Greifswald
(1896)
Es handelt sich um den nichtjüdischen Romanisten Prof. Edmund
Max Stengel (1845-1935)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Dezember 1895: "Professor Stengel in Marburg, der sich um die Bekämpfung des
Antisemitismus in Hessen sehr verdient gemacht hat, ist zum Sommersemester
1896 nach Greifswald versetzt." |
Dr. Hermann Jacobsohn kommt an die Universität Marburg
(1911)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 21. April 1911: |
|
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. April
1911: |
Artikel zu
Hermann Cohen (nur die ersten Zeilen, 1914)
Artikel
in der "Allgemeinen Israelitischen Zeitung" vom 21. August
1914: |
Dr. Adolf Fränkel wird zum außerordentlichen Professor
ernannt (1922)
Anmerkung: Adolf Abraham Halevi Fränkel (1891-1965): studierte
und promovierte an der Universität Marburg; mit Unterbrechungen durch
Kriegsdienst im 1. Weltkrieg von 1916-1928 in Marburg, wo er nach der
Habilitation Professor wurde, 1928 in Kiel. 1929 Professor und Leiter des
mathematischen Instituts der Hebräischen Universität in Jerusalem
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 9. Februar
1922: "Marburg. Dr. Adolf Fränkel, ein Führer des Misrachi
in Deutschland, ist zum außerordentlichen Professor ernannt worden." |
|
Dazu eingestellt: Briefumschlag
an Herrn Fränkel in Marburg, Schloßstraße 2, versandt von Wilhelmshaven
am 18. Juni 1924
(Dokument aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim/Ries) |
Prof. Dr. Adolf Abraham Halevi Fränkel
war von 1922 bis 1928 an der Marburger Universität als
außerordentlicher Professor tätig, bis er 1928 nach Kiel berufen wurde
(siehe unten).
Adolf Abraham (Halevi) Fränkel wurde am 17. Februar 1891 in München geboren. Nach einem "sehr gut" bestandenen Abitur führte ihn seine Studienzeit
neben München, Berlin und Breslau unter anderem 1914 auch nach Marburg, um dort bei Prof. Dr. Hensel
eine Dissertation zu schreiben (Promotion an der Universität Marburg) und sich 1916
ebd. zu habilitieren. Im Ersten Weltkrieg 1914 bis 1918 hatte er aktiven Militärdienst
geleistet. Während eines Fronturlaubs hielt er am 12. Juli 1916 seine Antrittsrede vor der philosophischen
Fakultät der Universität Marburg. 1928 folgte er dem Ruf an die Christian-Albrechts-Universität in Kiel. 1929
bis 1930 lehrte er als Gastprofessor an der Hebräischen Universität von Jerusalem. Im April 1933
folgte seine Beurlaubung infolge des Gesetzes zur Wiederherstellung der Berufsbeamtentums, das den Ausschluss von Juden
mit sich brachte. In Folge bemühte er sich um eine Rückkehr an die Hebräische Universität in Jerusalem.
Bereits im Oktober 1933 wird sein Antrag auf Wohnsitzverlegung genehmigt. 1938
bis 1940 war Abraham Halevi Fränkel Rektor der Hebräischen Universität von Jerusalem.
vgl. weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Adolf_Abraham_Halevi_Fraenkel
https://www.uni-marburg.de/fb12/historie/100-jahre-mat-sem
https://de.wikipedia.org/wiki/Misrachi
(im Artikel oben wird Dr. Fränkel als Führer des Misrachi in Deutschland
bezeichnet. |
Dr. Joseph Carlebach in Hamburg über "Die Hinterlassenschaft Hermann
Cohens, des jüdischen Philosophen" (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Juli
1925: |
Prof. Dr. Adolf Fränkel wird nach Kiel berufen (1928)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 4. April 1928: "Marburg. Einen ehrenvollen
Ruf als ordentlicher Professor nach Kiel hat Professor Dr. Fraenkel in
Marburg erhalten." |
Prof. Benno Landsberger wurde nach Leipzig berufen
(1929)
Anmerkung: zu Prof. Benno Landsberger (1890-1968) siehe Wikipedia-Artikel http://de.wikipedia.org/wiki/Benno_Landsberger
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 13. September 1929: "Marburg. Der
ordentliche Professor Benno Landsberger an der Universität Marburg
ist zum 1. Oktober vom sächsischen Volksbildungsministerium zum
Ordinarius der orientalischen Philologie und zum Mitdirektor des
semitischen Instituts sowie des staatlichen Forschungsinstituts für Orientalistik
in Leipzig ernannt worden. Er wird hierdurch Nachfolger des in den
Ruhestand tretenden Geheimrats Professor Dr. Zimmern. Der im 40.
Lebensjahr stehende Gelehrte hat der Universität Marburg bereits als
Privatdozent und außerordentlicher Professor angehört." |
Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Gründung
einer zionistischen Ortsgruppe (1907)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 15. März 1907: |
Rege zionistische Aktivitäten (1908)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 4. Juni
1908: |
Vortrag
von Pastor Thimme über "Antisemitismus und Christentum" (1920)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1920: "Gegen
den Antisemitismus in Hessen. Marburg, 10. Februar (1920). Im
Schlossgarten sprach gestern Abend Herr Pastor Thimme über das
Thema 'Antisemitismus und Christentum'. Thimme schilderte in glänzender
Darstellung mit Einfügung herrlicher Schriftstellen, die wechselvolle,
oft so tragische Geschichte des Judenvolkes, ihre Verfolgungen im
Altertum, zu Innozenz IV. und Luthers Zeiten. Trotz aller Verfolgungen
haben die Juden treffliche Eigenschaften, wie Pietät, Familiensinn,
Nüchternheit, geistige Regsamkeit, entwickelt. Nur eine ehrliche
Aussprache über die beiderseitigen Fehler kann hier eine Besserung
bringen. Restlos dankbar müssen wir dem jüdischen Volkes für die Bibel
sein, die Geist von ihrem Geist, unser gesamtes Kulturleben mit ihrem
Hauche erfüllt. In der anschließenden Aussprache ergriffen u.a. Prof.
Baumgarten, Postsekretär Kappler, Prof. Jacobsohn und Studienrat
Weichelt das Wort, erklärten sich mit dem Redner einverstanden und
unterstrichen seine Worte. Herr Studienrat Heintze vertrat die
Gegenseite und fand wenig Anklang." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. Februar 1920: "Marburg, 13. Februar (1920). Im
Schlossgarten sprach vor kurzem Herr Pastor Thimme über das Thema
'Antisemitismus und Christentum'. Der Einladung zu den Vortrage, in dem
Thimme dem Judentum gerecht werden wollte, war auch eine große Anzahl
jüdischer Mitbürger gefolgt. Die überaus taktvolle Geschäftsführung
des Herrn Rektor Hentze bewirkte, dass die weihevolle Stimmung, die von
Anfang an über der Versammlung lag, bis zum Schluss anhielt und dass sich
die Veranstaltung zu einem Familienabend gestaltete. Thimme schilderte in
glänzender Darstellung, mit Einfügung herrlicher Schriftstellen, die
wechselvolle, oft so tragische Geschichte des Judenvolkes, ihre
Verfolgungen im Altertum, zu Innozenz IV. und Luthers Zeiten. Trotz aller
Verfolgungen haben die Juden treffliche Eigenschaften, wie Pietät,
Familiensinn, Nüchternheit, geistige Regsamkeit, entwickelt, einzelne
Schlacken vom Ghetto her haften ihnen natürlich an. Nur eine ehrliche
Aussprache über die beiderseitigen Fehler kann hier eine Besserung
bringen. Restlos dankbar müssen wir dem jüdischen Volke für die Bibel
sein, die, Geist von ihrem Geist, unser gesamtes Kulturleben mit ihrem
Hauche erfüllt. In der anschließenden Aussprache ergriffen unter anderem
Professor Baumgarten, Postsekretär Kappler, Professor Jacobsohn und
Studienrat Weichelt das Wort, erklärten sich mit dem Redner einverstanden
und unterstrichen seine Worte. Herr Studienrat Heintze vertrat die
Gegenseite. Wie Thimme ausdrücklich sagte, wollte er den Antisemitismus
nur von der religiösen, geistigen Seite her erschüttern. Es käme nur
darauf an, das Problem auch einmal von der politischen, wirtschaftlichen
und Rassenseite zu beleuchten, denn diese Fragen sind heute besonders
brennend." |
Aktivitäten der Jugendgruppe des Agudas Jisroel
(1921)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Mai 1921: |
"Marburger Brief" - über
das jüdische Leben in der Stadt (1925)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 3.
September 1925: |
Aus der Arbeit der Jugendgruppe der Agudoh-Bewegung
(1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Oktober 1925: |
20-jähriges Stiftungsfest der Vereinigung jüdischer Akademiker
(1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 17. Juni 1927: |
Vortragsabend der Agudas-Jisroel-Jugendgruppe (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 9. Dezember 1927: |
Vortrag von Rabbiner Dr. Elie Munk aus Ansbach vor der Agudas-Jugendgruppe (Sohn
des früheren Marburger Rabbiners; 1928)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 23. März 1928: |
|
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. April 1928: "Marburg
(Lahn). Am 14. März sprach in unserer Agudas Jisroel-Jugendgruppe unser
ehemaliger Vorsitzender, Herr Rabbiner Dr. Elie Munk – Ansbach,
vor überfülltem Saal über ‚Die Bedeutung der Gottesidee im gegenwärtigen
Zeitalter’. Den außerordentlich interessanten und formvollendeten Ausführungen
des Redners, die mit großem Beifall aufgenommen wurden, schloss sich eine
angeregte Diskussion in kleinerem Kreise an. Dem verehrten Referenten sei
auch an dieser Stelle nochmals herzlichst gedankt." |
Ausstellung religiöser Kunst aus Hessen und Nassau mit jüdischer Abteilung
(1928)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 30. März 1928: |
50-jähriges Jubiläum des
Frauen-Wohltätigkeitsvereines (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 26. April 1928: |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 27. April 1928: |
Vortrag von Redakteur
Selig Schachnowitz
(1937)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 25. März
1937: |
Berichte zu einzelnen Personen und Familien aus der Gemeinde
Über die Marburger Familie Mosenthal - ein Artikel zum 100. Geburtstag
des Dichters Salomon Hermann Mosenthal (1821-1877)
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. Januar 1921:
"Salomon Hermann Mosenthal. Ein Gedenkblatt zu seinem 100.
Geburtstag, 14. Januar 1921. Von L. Horwitz (Kassel).
Einem fast Vergessenen sollen diese Zeilen gelten. Wir haben ja nur
noch literarisches Interesse für die Dichter der Biedermeierzeit, denn
die letzten 60 Jahre zeigten uns andere Ziele und Wege. Jedoch hat
Mosenthal für alle Zeiten gelebt, denn er lebte ja den Besten seiner
Zeit, schuf Werke, die ihn stets leben lassen. Es hätte eines genügt,
ihm einen ehrenvollen Platz im deutschen Dichterhain zu sichern, denn sein
Volkslied: ‚Zu Straußburg auf der langen Brück’, da stand ich seines
Tages, nach Süden wandte sich mein Blick, in grauem Nebel lag’s’ ist
eben Eigentum des Volkes; man singt es überall ohne sich um den Dichter
zu kümmern, wie ja auch die große Menge nicht nach dem Schöpfer der
‚Loreley’ und des ‚Heideröslein’ fragt. Auch seine Gestalten in
seinen Erzählungen aus dem jüdischen Familienleben sind Menschen aus
Fleisch und Blut; wir sehen sie mit ihren Vorzügen und Schwächen unter
uns wandeln und darum leben sie von Geschlecht zu Geschlecht. Da es hier
nicht die Aufgabe ist, Mosenthals Stellung in der deutschen Literatur der
Epigonenzeit hu schildern, sei nur seines Werners und Strebens gemacht,
namentlich wie er stets des Felsens gedachte, aus dem er gehauen, und nie
seine alte Mutter vergaß, wenn er auch im äußersten Glanz und in hoher
sozialer Stellung in den letzten Jahrzehnten seines Lebens sich befand.
Treue war sein |
ureigenster
Zug, und er blieb sich bis zu seinem letzten Atemzug treu.
Die Familie Mosenthal führte bis zum Jahre 1808 den gemeinsamen Namen
Marburg. Als die Israeliten Kurhessens durch König Jérome veranlasst
wurden, deutsche Familiennamen anzunehmen, nannten sich die Brüder seines
Großvaters Mosenthal, Rosengarten, Hahndorf und Gustorf, letzter später
von Gustorf. Der Name Marburg weist auf den Ursprung der Familie hin. Im
ersten Viertel des 18. Jahrhunderts lebte in Marburg der Schutzjude und
Proviantmeister Hertz Isaak aus St. Goar. Nachdem in Marburg durch den Tod
Abraham Fuldas eine Judenstelle frei geworden war, bat Hertz Isaak, seinem
Verwandten Abraham Moses die Niederlassung daselbst zu gewähren, ‚da
dieser in solchem Proviantwesen lange Jahre treulich servieret und sich
dabei fleißig aufgeführet’. Landgraf Karl gestattete das Wohnrecht für
Marburg am 21. Oktober 1717. Mosenthals Großvater, Moses Abraham Marburg,
war ein direkter Nachkomme des Genannten. Er und sein Bruder Süßmann
Abraham genossen als Hofjuden beim Landgrafen Wilhelm volles Vertrauen.
Sie versorgten das hessische Militär beim Feldzuge in die Champagne mit
Lebensmitteln und Ausrüstungen zur vollsten Zufriedenheit ihres
Landesherrn, der sie mit vielen Gnadenbeweisen bedachte. Mosenthals Vater,
Herz, war Inhaber eines angesehenen Kaufhauses in Kassel; sein Sohn Salomo
war das älteste Kind aus zweiter Ehe mit Betty Weil aus Frankfurt am
Main. Diese junge Frau reichte dem kinderreichen Manne die Hand zum
Lebensbunde in der Hoffnung, sorgenfreie Tage zu verleben. Aber am 14.
Januar 1821 brach das Verhängnis über das angesehene Handelshaus herein;
es musste seine Zahlungen einstellen. Um die Ehre des Hauses zu retten,
gab die Wöchnerin dem gebeugten Manne den Familienschmuck zum Verkauf;
fast reichte es, die Gläubiger zu befriedigen. Verschämte Armut weilte
nun bei Mosenthals Eltern; aber die tatkräftige Mutter sorgte durch Eröffnung
eines Kaufladens für Handarbeiten für ihre Familie. Zwei Faktoren waren
es, die Mosenthals Erziehung beeinflussten. Bei aller Dürftigkeit pflegte
man in seinem Elternhause alles Gute und Schöne. An den Abenden wurden
Gedichte gelesen, und so bereicherte sich der empfängliche Sinn des
geweckten Knaben bald mit den Schätzen der Poesie. In seinem Onkel, dem
Schuldirektor Dr. Büdinger, hatte er seinen ersten Lehrer, und als
Gymnasiast war es der Dichter Dingelstädt, der die dichterischen Anlagen
seines Schülers sehr beachtete und im ‚Salon’ Mosenthals erste
Gedichte bekannt gab; er vermittelte auch die Bekanntschaft mit Rückert.
Nach bestandenem Abiturientenexamen zog Mosenthal nach Stuttgart, um an
der dortigen Technischen Hochschule sich dem Lebensberufe als Ingenieur zu
widmen. Seinen Neigungen entsprach dieser Beruf nicht, und so war er
entschlossen, eine Hauslehrerstelle bei einem russischen Fürsten in
Simbirsk anzunehmen. Eine glückliche Wendung in seinem Lebensschicksal
vereitelte jedoch dieses vorhaben. Auf einstimmige Empfehlung dreier
Frankfurter Herren wurde er Erzieher beim Generalkonsul Goldschmidt in
Wien, dem Vertreter des Bankhauses von Rothschild. Für Mosenthals
Entwicklung war die Übersiedlung nach Wien von weittragender Bedeutung.
Ledig aller Sorgen ums tägliche Brot, nur seiner Pflicht lebend, konnte
der Poet hier schaffen, ohne durch eine äußere Sorge behindert zu sein.
Ferner war es Grillparzer und sein Kreis, die fördernd auf Mosenthal
wirkten. Nach der ‚Allgemeinen deutschen Biographie’ hat Mosenthal 18
Dramen und 20 Operntexte geschrieben, auch mehrere Bände Gedichte und
einige Novellen. Die Texte zu den Opern ‚Die lustigen Weiber von
Windsor’, ‚Judith’, ‚Die Folkunger’, ‚Makkabäer’, ‚Königin
von Saba’, ‚Das goldene Kreuz’ sind von ihm verfasst. Den ersten großen
Erfolg gewann seine ‚Deborah’, Volksschauspiel in vier Akten. |
Ein
Zeitgenosse behauptet davon ohne Übertreibung, sie sei das populärste
Drama des Jahrhunderts, und nicht bloß in Deutschland, sondern fast in
allen Kulturländern. Die berühmte englische Schauspielerin Bateman
stellte die Heldin zu London an dreihundert aufeinander folgenden Abenden
dar. In 15 Sprachen übersetzt, wurde sie in der Alten und Neuen Welt
aufgeführt. Adelaide Ristori, Italiens berühmteste Tragödin, zog mit
‚Deborah’ überall hin, sich und Mosenthal Ruhm erwerbend. In der
‚Deborah’ verkörperte Mosenthal die Versöhnung der religiösen
Gegensätze, Duldung und Humanität; aber auch selbstlose Überwindung der
eigenen Leidenschaften zugunsten des Glückes des Geliebten bilden einen
wesentlichen Teil. Die Vorgänge sind mit großer Anschaulichkeit und
Lebendigkeit geschildert. Es ist merkwürdig, wie sehr sich Mosenthal in
eine ihm ursprüngliche ganz fremde Welt und Vorstellungsweise, die der
katholischen Gebirgsbauern von Steiermark, eingelebt hat. Unwillkürlich
denkt man an Schillers ‚Tell’ und die Schweiz. Auch die Nebenfiguren
sind trefflich erfunden. – Noch ein zweites Mal ist Mosenthal auf
dramatischem Gebiete ein Wurf gelungen: ‚Der Sonnwendhof’ 1854. Wir
sehen wieder ganz einfach, klare, von sich selbst entwickelte Vorgänge.
Auch hier wird eine Neigung geopfert, ein Vorurteil bekämpft und ein
Unrecht gutgemacht. Der Schluss versöhnt. Allgemein wird der
‚Sonnwendhof’ als Mosenthals beste Arbeit bezeichnet; er ist in fünf
Sprachen übersetzt, darunter von Andersen ins Dänische. – Mosenthals
Gedichte haben wenig Eigentümliches und lehnen sich oft an fremde Muster.
In den letzten Lebensjahren Mosenthals, als Misserfolge auf der Bühne und
heftige Angriffe der Kritik ihn sehr verstimmten, schrieb er seine ‚Erzählungen
aus dem jüdischen Familienleben’. Sie enthalten reichen Stoff aus des
Dichters eigenen Erlebnissen und schildern Personen und Zustände seiner
Kasseler Heimat und deren Umgebung. Die Wärme und Treue der Darstellung
haben den Leserkreis der Novellen bis heute erhalten, während man kaum
von ‚Deborah’ spricht. Der in seiner Jugend mit Not kämpfende Dichter
hatte in seinem Alter ein sorgenloses Dasein. Der Ertrag seiner Werke,
seine Stellung als Regierungsrat, seine Erhebung in den österreichischen
Adelsstand sicherten ihm einen behaglichen Lebensabend. Mosenthal
erreichte nicht das biblische Alter. Am 17. Februar 1877 beendete er sein
arbeitsreiches Leben und wurde wie ein Fürst zu Grabe geleitet. In seinem
Nachruf sagte Dr. Jellinek: ‚Mosenthal war Dichter und Jude; deshalb
hatte er als Dichter Verständnis für die poetischen Seiten des
Judentums, für dieses große weltgeschichtliche Epos, dessen Held Israel
ist.’" |
25-jähriges Dienstjubiläums des Mohels
(Beschneiders) Moses
Blumenfeld (1909)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 29. Oktober
1909: "Marburg. Im März dieses Jahres beging Herr
Moses Blumenfeld das 25-jährige Jubiläum seiner Tätigkeit
als Mohel. Aus diesem Anlasse wurde ihm von Eltern der von ihm in den Bund
Abrahams eingeführten Kinder und von anderen Freunden eine Ehrengabe
überreicht, deren Verwendung ihm anheimgegeben wurde. Auf seinen Wunsch
hat sich heute ein Kuratorium konstituiert, das diese Ehrengabe zu einer Mohel
Blumenfeld Stiftung bestimmte, deren Zweck die Ausstattung
bedürftiger Bräute sein soll." |
25-jähriges Amtsjubiläum des Kultusbeamten Jonas
Selig (1911)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juni
1911: "Marburg, 6. Juni (1911). Der Kultusbeamte unserer
Gemeinde, Herr Jonas Selig, feiert kommenden Dienstag, 13. Juni,
sein 25-jähriges Amtsjubiläum. Er erfreut sich seiner
Pflichttreue und Gewissenhaftigkeit halber allgemeinster Achtung und
Beliebtheit. An seinem Ehrentage wird es ihm aus der Mitte unserer
Gemeinde und aus dem Kreise seiner Freunde an Zeichen der Wertschätzung
und Anhänglichkeit gewiss nicht fehlen."
|
Auszeichnung
für den Gemeindeältesten Koppel Strauß (1911)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 9. Juni 1911: "Herrn Koppel Strauß in Marburg wurde der
Königliche Kronenorden IV. Klasse verliehen. Herr Strauß hat fast drei
Jahrzehnte hindurch das Amt eines Gemeindeältesten der dortigen
israelitischen Gemeinde bekleidet und wurde auf seinen Antrag wegen seines
hohen Alters - er befindet sich in seinem 81. Lebensjahre - aus seinem
Amte entlassen. Die Überreichung des Ordens und die Entlassung erfolgte
in der Synagoge durch Herrn Provinzialrabbiner Dr. Munk unter
anerkennender Hervorhebung der verdienstvollen und erfolgreichen
Wirksamkeit des Herrn Strauß für die religiösen Interessen der
israelitischen Gemeinde." |
Tod des langjährigen Gemeindevorstehers Gustav
Oppenheim (1913)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 28. November
1913: "Marburg. Hier verschied Gustav Oppenheim,
langjähriger Vorsteher der jüdischen Gemeinde." |
Zum
Tod von Bankier Baruch Strauß (1914)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 13. Februar 1914: "In Marburg a.L. verschied der
Seniorchef und Begründer des Frankfurter und Marburger Bankhauses
gleichen Namens Baruch Strauß im Alter von 72 Jahren". |
Die
"Baruch Josefine Strauß-Stiftung" soll wohltätigen Zwecken zugute
kommen (1920)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 20. Februar 1920: "Marburg. Die Firma Baruch Strauß übergab
der Israelitischen Gemeinde 30.000 Mark als 'Baruch Josefine
Strauß-Stiftung'. Die Zinsen sollen Verwendung finden zur rituellen Verköstigung
armer Kranken in den Kliniken, für Wöchnerinnen und auch für
minderbemittelte Kinder zum Gebrauch einer
Badekur." |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 13. Februar 1920: "Die Firma Baruch Strauß in
Marburg hat der dortigen israelitischen Gemeinde eine Stiftung in Höhe
von 30.000 Mark unter dem Namen 'Baruch Josephine Strauß-Stiftung'
überwiesen. Die Zinsen sollen Verwendung finden zur rituellen
Beköstigung armer Kranken in den Klinken, für Wöchnerinnen und auch
für minderbemittelte Kinder zum Gebrauch einer
Badekur." |
Zum Tod von Bankier Karl Strauß (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 20. Mai 1927: |
Spende an Oberbürgermeister Müller von der Firma Baruch Strauß
(1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 27. Mai 1927: |
Zum Tod von Adolf Bachrach (1928)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Januar
1928: "Adolf Bachrach - das Andenken an den Gerechten ist
zum Segen. Marburg, 16. Januar (1928). Unsere Gemeinde klagt um
einen ihrer Besten: am vorletzten Freitag verschied nach langem, sehr
schwerem und mit übermenschlicher Geduld ertragenem Leiden Adolf Bachrach
im 48. Lebensjahre. Er war lange Jahre Mitinhaber der Firma A. S. Bachrach,
die von seinem seligen Vater in Neustadt
(Main-Weserbahn) gegründet und dann nach Marburg verlegt worden ist. Die
Firma stieg unter seiner klugen und charaktervollen Mitleitung zu immer
größerem Ansehen empor, und auch er selbst erfreute sich allgemeiner
Wertschätzung bei Juden wie Nichtjuden infolge seines großzügigen,
offenen Wesens, seiner Güte und ferner geradezu sprichwörtlichen
Mildtätigkeit, mit der er so vielen Bedrängten Hilfe gebracht hat.
Besonders in der schweren Kriegszeit und den darauf folgenden Jahren hat
er so manche Not gestillt, wohl keiner, der bei ihm anklopfte, verließ
sein Haus, ohne Unterstützung in Rat und Tat empfangen zu haben. Diesen
menschlichen Tugenden entsprachen die jüdischen, bildete er doch als Jude
und Mensch eine unlösliche, harmonische Einheit, eine Persönlichkeit im
besten Sinne. Sein großes Geschäft war am Sabbat streng geschlossen, zu
den liebsten Besitztümern, die er sein eigen nannte, gehörte die beinahe
zärtlich gehütete eigene Sefer-Thora (Torarolle), die er am
Simchas-Thorafeste in stolzer Freude in der Synagoge herumtrug. 'Simchas
Tora, Freude an der Tora' war überhaupt ein bezeichnender Ausdruck seines
Lebens, und wie konnte er diese Freude auch den Kindern vermitteln, der
jungen Generation unserer Marburger Gemeinde, die er an den Torafesten
besonders beschenkte
|
und
die ihn als einen echten Jugendlichen liebten und ganz als einen der ihren
empfand. So war er befähigt, als Vorstandsmitglied unseres 'Israelitischen
Schüler- und Lehrlingsheims' organisatorische und pädagogische Fragen
zugleich mit dem Weitblick des klugen Kaufmanns und mit der Wärme des echten
Menschenfreundes zu behandeln, Eigenschaften, die er auch im Vorstand der
Chewrat Gemiloth Chassodim (Wohltätigkeitsverein) segensreich
betätigte. Durch sein freundliches und gegen jedermann zuvorkommendes Wesen
erwarb er sich unzählige Freunde, wovon sein Leichenbegängnis ein mächtiges
Zeugnis ablegten. ein so gewaltiges Trauergefolge, das sich aus Besuchern
von Nah und Fern, selbst von den entlegendsten Ortschaften, aus Juden und
Nichtjuden zusammensetzte, hat Marburg kaum je gesehen. Alle Kreise der
Kaufmannschaft, des Getreidehandels usw. waren vertreten. Die Trauer um
Adolf Bachrach ist allgemein: eine für den 15. Januar angesagte
Jubiläumsfeier des Frauenvereins ist abgesagt worden, um dem Schmerze auch
der jüdischen Frauen Ausdruck zu verleihen. - Bei der Beerdigung sprach,
trotz eigenen Unwohlseins, Herr Provinzialrabbiner Dr. Cohn in ergreifenden
Worten, außerdem Herr Oberlehrer Bergel für das Schülerheim als dessen
früherer langjähriger Leiter, Herr E. Goldschmidt für die Chewra und Herr
Dr. Mayer - Düsseldorf für die Familie. Auch in den Trauertagen fanden sich
neben den Mitgliedern der weitverzweigten Verwandtschaft Freunde und
Bekannte aus Nah und Fern im Trauerhause ein, und am Donnerstag der Vorwoche
hielt Herr Rabbiner Dr. Hartwig Carlebach, Berlin, dort einen groß
angelegten Hesped (Trauerrede), in dem er der schwergeprüften Gattin, den
Kindern und Geschwistern Trost zusprach. aber wir alle bedürfen dieses
Trostes! Seine Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens.
J.R." |
|
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 20. Januar 1928: |
|
Artikel in der "Jüdisch-liberalen Zeitung" vom
27. Januar 1928: |
77.
Geburtstag von Simon Möllerich (1928 in Wiesbaden)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 17. Februar 1928: "Wiesbaden. Am 2.
Februar feierte Herr Simon Möllerich, jetzt in Wiesbaden wohnhaft,
seinen 77. Geburtstag in ausgezeichneter Geistesfrische. Lange Jahre
unterhielt derselbe ein größeres Zigarrengeschäft in Marburg a.L.,
wo er seinen Wohnsitz hatte." |
Großer Sportpreis für Hilde
Bachrach (1933)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
2. März 1933: |
Beitrag von Schwester Jenny Stiefel aus Marburg:
"Was der alte Kinderfreund erzählt" (1935)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Dezember
1925:
|
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeige des Restaurants Stern (1889)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 27.
Juni 1889: |
Anzeige
der Frau von Baruch Strauß (1898)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. September 1898:
"Wegen Verheiratung meiner Köchin, die 13 Jahre in meinem
Hause war, suche ich per sofort oder 1. Oktober Ersatz. Nur
Solche wollen sich melden, die schon in guten Häusern waren und perfekt
kochen können.
Frau Baruch Strauß, Marburg in Hessen, Barfüßerstraße
40." |
Anzeigen des Leder-, und Fellgeschäftes S. Strauß (1890 / 1906)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
2. Juni 1890: |
|
Anzeige
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 24. August
1906: |
Anzeigen des Manufakturwaren-, Konfektions- und
Wäschegeschäftes M. Eichelbergs Nachfolger (1890 / 1903)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
1. Dezember 1890: |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 10. Juni 1903: |
Anzeige
des Mode- und Manufakturwarengeschäftes Louis Erlanger (1891)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 8. Juni 1891: |
Anzeigen der Wurstfabrik Gustav Isenberg
(1897 / 1904)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
20. Dezember 1897: |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 11. April 1904:
"Suche per sofort einen kräftigen
Lehrling,
aus achtbarer Familie. Samstags und Feiertage streng geschlossen.
G. Isenberg. Metzgerei und feinere Wurstfabrikation, Marburg
(Hessen)." |
Minna
Stern empfiehlt ihre Mädchenpension (1901)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 4. November 1901:
"Gegen geringe Vergütung nehme ich Mädchen achtbarer Eltern,
welche die höhere Töchterschule besuchen wollen
Frau Minna Stern,
Marburg a.d. Lahn, Bahnhofstraße 25, 1. Etage." |
Anzeige der Seifenfabrik S. Sonneborn (1915)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
18. März 1915: |
Anzeige der Mehlhandlung A.S. Bachrach (1922)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
26. Oktober 1922: |
Hochzeitsanzeige von Karl
Nussbaum und Cäcilie geb. Kugelmann sowie Hugo Kugelmann und Paula geb.
Nussbaum (1928)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
9. August 1928: |
Hochzeitsanzeige von Erwin Wohl und
Minna geb. Strauß (1928)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom
16. August 1928: |
Anzeige
von Witwe B. Oppenheim für ihren koscheren Mittagstisch (1931)
Anzeige in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 23. Januar 1931: |
Hochzeitsanzeige von Dr. Artur Katz und Edith geb. Walter (1933)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. November 1933:
"Dr. Artur Katz - Edith Walter-Katz.
Vermählte.
Marburg/Berlin - Hafai Hadar Hacarmel Haus Tarshish -
Dessau" |
Hochzeitsanzeige
von Henny Bachrach und Dr. Abraham Cohn (1935)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 28. Dezember 1934: "Gott sei gepriesen.
Henny Bachrach - Dr. phil. Abraham Cohn
zeigen ihre am Dienstag, den 26. Tebeth 5695 (1. Januar 1935) - so Gott
will - stattfindende Vermählung an.
Trauung: Marburg (Lahn), Schwanenallee 15, 1 Uhr." |
Verlobungsanzeige von Rosi Farkas und
Jacob Tempelhof (1935)
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11.
April 1935: |
Sonstiges
"Jerusalem und Marburg" (1925)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Februar 1925: |
|
Mitgliederversammlung des Landesverbandes für jüdische Wohlfahrtspflege in
Hessen und Hessen-Nassau in Marburg (1927)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 13. Mai 1927: |
"Marburger Drucke jüdischen theologischen Inhalts"
(Artikel von 1927)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Oktober
1927: |
|
Der antisemitische Angestellte Köhler wird gerichtlich verurteilt (1931)
Artikel in der "Jüdischen Wochenzeitung für Kassel, Kurhessen und
Waldeck" vom 15. Mai 1931: |
Weitere Dokumente
Kennkarte
aus der NS-Zeit für Richard Josef Weishaupt (geb. 1910 in Marburg) |
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Am 23. Juli 1938 wurde
durch den Reichsminister des Innern für bestimmte Gruppen von
Staatsangehörigen des Deutschen Reiches die Kennkartenpflicht
eingeführt. Die Kennkarten jüdischer Personen waren mit einem großen
Buchstaben "J" gekennzeichnet. Wer als "jüdisch"
galt, hatte das Reichsgesetzblatt vom 14. November 1935 ("Erste
Verordnung zum Reichsbürgergesetz") bestimmt.
Hinweis: für die nachfolgenden Kennkarten ist die Quelle: Zentralarchiv
zur Erforschung der Geschichte der Juden in Deutschland: Bestände:
Personenstandsregister: Archivaliensammlung Frankfurt: Abteilung IV:
Kennkarten, Mainz 1939" http://www.uni-heidelberg.de/institute/sonst/aj/STANDREG/FFM1/117-152.htm.
Anfragen bitte gegebenenfalls an zentralarchiv@uni-hd.de |
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Kennkarte
für Richard Josef Weishaupt
aus Marburg |
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Richard Josef Weishaupt ist am 22.
April 1910 als Sohn von Adolf Weishaupt und seiner Frau Lisette geb.
Weinberg in Marburg geboren. Richard wurde - wie schon sein Vater - von
Beruf Schneider und arbeitete als solcher in Frankfurter
Konfektionshäusern. Er heiratete 1931 die nichtjüdische Schneiderin
Elisabeth Maria geb. Rauch, mit der er in Mörfelden
wohnte. 1932 kam die Tochter Lydia zur Welt, die jüdisch erzogen wurde.
Die Kennkarte für ihn wurde 1939 in Mainz ausgestellt, wohin er 1938
verzogen ist. Die Kriegszeit überlebte Richard Weishaupt auf Grund seiner
"Mischehe", zuletzt versteckt bei Verwandten. Nach Kriegsende
ist er in die USA ausgewandert. Am 16. Juli 1997 ist er in New York
verstorben.
In Mörfelden-Walldorf wurden für
die Familie Weishaupt in der Elisabethenstraße 6
"Stolpersteine" verlegt.
Weitere Informationen http://www.moerfelden-walldorf.de/default.asp?action=article&ID=1790
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