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im Elsass"
Niederroedern (Niederrödern)
(Dep. Bas Rhin /Alsace / Unterelsass
Jüdische Geschichte / Synagoge / Synagogue
(Seite wurde erstellt unter Mitarbeit von Günter Schenk)
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Niederroedern bestand eine - zeitweise relativ große - jüdische
Gemeinde bis in die 1930er-Jahre. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 17./18.
Jahrhunderts zurück. Aus dem Jahr 1675 liegen strenge gesetzliche
Regelungen für die Juden am Ort vor. 1784 wurden bereits 31 jüdische Familien
mit zusammen 159 Personen am Ort gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1807 212 jüdische Einwohner, 1846 311, 1861 278, 1870 252, 1879 "fast 50
Haushaltungen", 1889 140, 1900 134, 1910
101.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(Israelitische Elementarschule / Volksschule),
ein rituelles Bad und ein Friedhof.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer sowie ein
Kantor (Vorbeter) angestellt. Letzterer war gewöhnlich auch als Schochet tätig
(vgl. Ausschreibung der Stelle unten von 1879). Von den
Lehrern der jüdischen
Gemeinde wird um 1888 L. Bloch, 1903/1904 Joseph Joseph genannt. 1913 Herr Levy. Von den
Kantoren wird um 1888 S. Cahn genannt. Die Gemeinde gehörte zum Rabbinat
Surbourg -
Soultz-sous-Forets, das 1930 dem Rabbinat Wissembourg
angegliedert wurde.
Gemeindevorsteher war um 1888 J. Hirsch, um 1913 Heinrich Kaufmann.
In den bürgerlichen Gemeinderat wurde 1914 Henri (= Heinrich) Kaufmann gewählt.
An jüdischen Vereinen gab es den Verein kadischim tenorim bzw.
Gemilus [Gemiluth] Chassodim (Wohltätigkeitsverein, 1888/89 unter Leitung
von D. Roos, 1905 unter Leitung von Herrn Blum) und den Verein Talmud thorah
(1888/1889 unter Leitung von S. Kauffmann).
1936 lebten noch 33 jüdische Personen am Ort. Im September 1939,
bei der Evakuierung Niederroedern gab es nur noch 37 jüdische Einwohner. Zwei
von ihnen wurden im Juli 1944 durch SS-Männer ermordet. Sie wurden im
jüdischen Friedhof Niederroedern begraben.
Von den in Niederroedern geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Emanuel Bloch (1874),
Lucien Blum (1893), Simon Kaufmann (1878), René Klein (1895), Georges Levy
(1919), Edith Levy (1917), Charles Roos (1891), Marcel Roos (1883), Joseph Ruff
(1905).
Nach 1945 ließen sich nur drei jüdische Familien wieder in Niederroedern
nieder. Die letzte Familie (Blum-Klein) verließ das Dorf 1964.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer und Kantoren
Ausschreibung der Stelle des
Kantors und Schochet (1879)
Anzeige
in "Der Israelitische Bote" vom 20. November 1879: "Die israelitische
Gemeinde Niederrödern (Unter-Elsass), welche beinahe 50 Haushaltungen
zählt, sucht auf den 1. Januar 1880 einen Vorsänger und Schochet.
Gehalt 1200 DM Meldungen nimmt der Vorstand entgegen." |
Zum Tod des Lehrers M. Silberberg in Hatten spricht einer seiner Schüler,
Lehrer J. Joseph in Niederroedern (1904)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Januar 1904:
"Hatten, 28. Dezember (1904). Am 24. dieses Monats wurde der
65jährige israelitische Lehrer M. Silberberg hier unter Begleitung von
ca. 30 Lehrern des Kantons Sulz u.W.
zu Grabe getragen. Rabbiner Bloch - Sulz u.W. betonte besonders den großen Willen des Verstorbenen und
seine Anhänglichkeit zur Schule. Einer seiner Schüler, Lehrer J. Joseph
in Niederrödern, widmete dem Verblichenen zum Abschiede Worte des Dankes
und der Liebe. Am Grabe sprach Lehrer G. Heldt von Oberbetschdorf im Namen
des Lehrervereins." |
Lehrer Levy hält den
Religionsunterricht auch in Trimbach (1913)
Artikel
in "Das jüdische Blatt" vom 6. Juni 1913: "Trimbach.
Am vergangenen Dienstag hat unsere Lehrerin Fräulein Levy unseren Ort
verlassen, um ihre neue Stelle in Metz anzutreten. Sie war hier über fünf
Jahre und hat ihren Beruf gewissenhaft ob gelegen, insbesondere die Jugend
religiös zu erziehen gesucht. Eine Nachfolgerin erhält sie voraussichtlich
nicht, den Religionsunterricht erteilt der Lehrer von Niederrödern, Herr
Levy. " |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Meldung zu einer besonderen Trauung (1903)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. November
1903: "Hagenau. Hier wurde im israelitischen Altersasyle vom hiesigen
Rabbiner eine Trauung eines Brautpaares vorgenommen, welches zusammen
über 120 Jahre zählte. Der Bräutigam, Herr Kauffmann aus Niederroedern,
Vater von erwachsenen, verheirateten Kindern, ging die zweite Ehe ein,
während die Braut ihr Glück in dritter Ehe suchte." |
Ein jüdischer Literaturverein wurde
gegründet (1906)
Mitteilung
in "Der Gemeindebote" vom 13. Juli 1906: " In Niederrödern ist dieser
Tage ein jüdischer Literaturverein begründet worden. Zweck des Vereins ist,
wie die 'Straßburger Post' berichtet, Pflege der deutschen Literatur und
Aufführen volkstümlicher Theaterstücke. Das wird wohl nicht stimmen!" |
Ausschreibung der Stelle des
Synagogendieners (1913)
Anzeige
in "Das jüdische Blatt" vom 3. Januar 1913: "Die Stelle des
Synagogendieners
in Niederrödern ist per sofort neu zu besetzen. Neben fixem Gehalt
und freier Wohnung ist Nebenverdienst gesichert. Bewerber wollen sich melden
bei dem Vorstand:
Heinrich Kaufmann." |
Chanukkafeier in der Gemeinde
(1913)
Artikel
in "Das jüdische Blatt" vom 2. Januar 1914: "Niederrödern.
Chanukkafeier. Nachdem wir im vorigen Jahre an dieser Stelle über den
glänzenden Verlauf der Chanukkafeier in der israelitischen Schule berichtet
haben, können wir von dem am letzten Dienstag den 23. dieses Monats (sc.
Dezember 1913) hier aufgeführten Theaterstück 'Chanukka bei den
Wichtelmännchen' einen Erfolg verzeichnen, der unserem Herrn Lehrer Levy,
sowie seinen Schülern zur Ehre gereicht. Das Stück wurde mit solch einer
peinlichen Anschaulichkeit vorgeführt, dass es dem Autor nicht weniger
Freude gemacht hätte, sein Werk mit anzusehen als dem dankbaren Publikum." |
Zu einzelnen
Personen aus der jüdischen Gemeinde
Erinnerung an die Auswanderungen im 19.
Jahrhundert - Grabstein für Abraham B. Myers aus Niederroedern in
New Orleans (1823-1873)
Anmerkung: das Foto wurde von Rolf Hofmann (Stuttgart) im April 1994 im 1860
eröffneten Hebrew Rest Cemetery in New Orleans, 2100 Pelopidas at Frenchman
Street, near Elysian Fields and Gentilly Blvd.,
aufgenommen.
Grabstein im "Hebrew Rest Cemetery" in New Orleans
für
"Abraham B. Myers.
A Native of Niederroedern.
Born June 21 1823.
Died Dec. 20, 1873". |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine erste Synagoge wurde 1785 erstellt.
1869 wurde sie durch eine neue Synagoge ersetzt, die bis in die
1930er-Jahre Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens war.
Seit der Besetzung Frankreichs durch deutsche Truppen wurde das Gebäude von
der mehrheitlich heimgekehrten Bevölkerung zum Trocknen von Kräutern
verwendet. In den letzten Kriegsmonaten war die ehemalige Synagoge
Munitionslager der deutschen Wehrmacht. im Zusammenhang mit den kriegerischen
Auseinandersetzungen gegen Ende des Zweiten Weltkrieges wurde die Synagoge
durch amerikanische Fliegerbomben im Januar 1945 zerstört.
Adresse/Standort der Synagoge: Die
Synagoge befand sich in der Herbengasse (heutige Rue de Blond)
Fotos
Links und Literatur
Links:
Literatur:
n.e.
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