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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Massenbach (Gemeinde Schwaigern, Landkreis
Heilbronn)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem in früheren Jahrhunderten
reichsritterschaftlichen Dorf Massenbach bestand eine jüdische Gemeinde bis zum
Mai 1938.
Ihre Entstehung geht in das 16./18. Jahrhunderts zurück. 1556 und danach wieder
1713/17 werden Juden in Massenbach genannt, die durch die Herren von Massenbach
aufgenommen worden waren: 1713 war es der Jude Mayer von Massenbach, der damals
nach Massenbachhausen zog, 1717 der
Jude Lazarus mit seiner Familie - die damals einzige jüdische Familie am Ort. 1729
waren es mit Lazarus, Moses und Hajum drei jüdische Familien. 1748/49
werden sieben Familien genannt: Joseph (Sohn des Lazarus), Löw, Mosche, Joseph
Mosche, Jekoff, Bärle und Marx Spihlmann.
Im 19. Jahrhundert bestand ein enges, aber nicht spannungsfreies
Miteinander zwischen den jeweils kleinen jüdischen Gemeinden Massenbach, Massenbachhausen
und Bonfeld. Dabei war die Frage mehrmals
umstritten, welcher Ort die Hauptgemeinde, welche Orte die Filialgemeinden dazu
bilden sollten (vgl. unten bei der Synagogengeschichte). 1828 nahmen die
jüdischen Familien folgende Familiennamen an: Behr, Abraham, Rosenfeld,
Öttinger, Feiß, Wiener, Kahn, Reichert, Armhold.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1808 zwölf jüdische Familien (darunter ein Witwer und zwei Witwen)
mit zusammen 50 Personen, 1824 65 jüdische Einwohner (7,4 % von insgesamt 877), höchste Zahlen
1843 mit 85 beziehungsweise 1844 mit 89 Personen, 1869 52 jüdische Einwohner, 1886 41, 1900 30 (4,6 % von 656), 1910 18 (2,4 %
von 740). Fast alle jüdischen Familien lebten im 19. Jahrhundert in der Regel in kleinen Häusern und bescheidenen Verhältnissen.
Sie betrieben: einen kleinen Lebensmittelladen, eine kleine Metzgerei oder Schankstätte oder waren als Nagelschmiede, im Mehleinzelhandel oder Viehhandel tätig.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule (in einem 1908 verkauften und 1951 abgebrochenen Gebäude; ansonsten besuchten die
jüdischen Kinder die Ortsschule) und ein rituelles Bad (unweit der Synagoge,
besteht nicht mehr, heute Gartenland). Die Toten der Gemeinde wurden in den
jüdischen Friedhöfen in Waibstadt und Heinsheim,
später auch in Schluchtern beigesetzt.
Im 19. Jahrhundert war beabsichtigt, einen eigenen Friedhof in Massenbach
anzulegen, wozu ein Grundstück im Gewann "Hetzenkopf" oder
"Kleines Feldle" erworben wurde, doch wurde der Plan nicht
verwirklicht. Früher kannte man auf der örtlichen Gemarkung noch eine Flur
"Judenkirchhof" (heute unbekannt), die sich auf eine jüdische
Begräbnisstätte in früheren Jahrhunderten (16. Jahrhundert?) bezogen haben
kann. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt
(teilweise gemeinsam mit Bonfeld und Massenbachhausen), der auch als Vorbeter
und Schochet tätig war. Die Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat in Heilbronn.
Um 1924, als zur Gemeinde noch 20 Personen gehörten (2,8 % von 724
Einwohnern), waren die
Gemeindevorsteher L. Abraham, Daniel Behr und Fritz Blum. Als Kantor und
Schochet war Max Meyer tätig (bis 1938 in Massenbach). Er war auch für Bonfeld
zuständig. 1932 wir als Gemeindevorsteher David Behr genannt. Im Schuljahr
1931/32 gab es noch ein schulpflichtiges jüdisches Kind in der
Gemeinde.
An ehemaligen, bis nach 1933 bestehenden Gewerbebetrieben im Besitz
jüdischer Familien beziehungsweise Personen sind bekannt: Gastwirtschaft und Metzgerei Sigmund Abraham (Felsenweg 1), Textilwarengeschäft David Behr (Felsenweg 3), Handelsmann Robert Mannheimer
(Schwaigerner Straße 4).
1933 wurden noch 15 jüdische Einwohner gezählt. Auf Grund der Folgen des
wirtschaftlichen Boykotts, der zunehmenden Repressalien und der Entrechtung sind
die meisten von ihnen in den folgenden Jahren vom Ort verzogen beziehungsweise
ausgewandert. Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge nicht zerstört
(s.u.). 1939 waren noch vier jüdische Personen am Ort. Sie waren gezwungen, in
einem Haus zusammenzuziehen.
Von den in Massenbach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Jenny Abraham geb. Kahn
(1866), Regina Abraham geb. Westheimer (1876), Sigmund Abraham (1892), Sophie
Fränkel geb. Rosenfeld (1862), Leopold Mannheimer (1858), Leopold Mannheimer
(1862), Karoline Selig geb. Rosenfeld (1864), Moritz Steiner (1852), Flora
Wollenberger (1869).
Aus
der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Ausschreibung der Stelle des Lehrers, Vorbeters und
Schochet (1903)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Januar 1903: "Lehrer
gesucht.
Die Vorsängeramtsverweser-Stelle in Massenbach-Bernfeld soll
baldigst wieder besetzt werden (Einkommen ca. 1.000 Mark). Bewerbungen
wolle bis 15. Januar dem Rabbinat Heilbronn eingereicht werden.
Massenbach.
Israelitisches Kirchenvorsteheramt." |
Über die Geschichte der Lehrerfamilie Max Meyer
Max
Meyer (1879-1957) war viele Jahre jüdischer Lehrer, Vorsänger und
Schächter in den Gemeinden Massenbach und Bonfeld. Seine Ehefrau Rosa
geb. Behr führte einen Lebensmittelladen am Ort (im Haus links, Foto nach
1945, Quelle: Angerbauer/Frank s.Lit.). Durch Vermittlung des bereits in
den USA lebenden Schwagers Siegfried Behr (aus Massenbach) konnte Ehepaar
Max Meyer im Juli 1938 in die USA emigrieren, wo Max 1957 und Rosa 1958
gestorben sind. Von ihren sechs Kindern waren Sohn Karl und die Töchter
Irma und Toni bereits in den 1920er-Jahren in die USA ausgewandert. 1933
wanderte der Sohn Bruno über Holland nach Uruguay aus. Tochter Elsa und
der jüngste Sohn Siegfried sind 1933 beziehungsweise 1936 gleichfalls in
die USA emigriert. Siegfried besuchte im März 1956 mit seiner Familie
Massenbach, ebenfalls die Schwester Irma um 1970. |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
80. Geburtstag von Hermann Behr (1927)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Mai 1927: |
84. Geburtstag von Hermann Behr (1931)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Mai 1931: |
60. Geburtstag von Ludwig Abraham (1931)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Juli 1931: |
Zur Geschichte des Betsaals/der Synagoge
Ein Betsaal wurde vermutlich Mitte des 18. Jahrhunderts eingerichtet.
1723 wurde erstmals ein jüdischer "Schulmeister" genannt, allerdings waren damals nur drei jüdische Familien am Ort. 1748/49 waren es sieben Familien.
Eine Synagoge ist etwa 1796 erstellt worden, da es 1834 heißt, dass die Synagoge vor 38 Jahren erbaut worden sei. Sie war eine Stiftung der damals einzigen wohlhabenden jüdischen Familie am Ort, nämlich des Herz Behr (Familie Behr). Er hatte zur Unterhaltung der rituellen Gegenstände zudem ein Kapital von 1.000 Gulden gestiftet, von denen 1828 noch 300 Gulden vorhanden waren. Der Zustand der Synagoge war jedoch bereits in den 1820er-Jahren relativ schlecht. Als es 1829 um eine Zusammenlegung der Gemeinde Massenbach mit einer benachbarten Gemeinde
(Massenbachhausen und/oder Bonfeld) ging, wird berichtet, dass die Massenbacher Synagoge nicht genügend Raum für weitere Gemeindeglieder habe. Es handle sich um
"ein altes Haus, welches beständige Reparaturen erfordere, und es sei nicht einmal Eigentum der dortigen
Judengemeinde". Die Massenbacher Juden waren vermutlich aus diesem Grunde bereit, zum Hauptsitz einer mit einer Nachbargemeinde
verbundenen jüdischen Gemeinde zu werden, da sie sich in diesem Fall Unterstützung für die Reparatur beziehungsweise die Erweiterung ihrer Synagoge erhofften. Doch kam es nicht dazu. Für drei Jahrzehnte wurde Massenbachhausen Sitz einer gemeinsamen Gemeinde. In Massenbach wurde jedoch die Abhaltung von Filialgottesdiensten gestattet. Ab den 1860er-Jahren war dann Massenbach Sitz der Hauptgemeinde mit Filialen in Massenbachhausen und Bonfeld. Es ist anzunehmen, dass die Massenbacher Synagoge weiterhin im Besitz der Familie Behr war. 1870 war die Synagoge über einer Scheuer des Simon Behr. Im Betsaal bewahrte man eine Urkunde der Freiherren von Massenbach mit der Erlaubnis zur Abhaltung von Gottesdiensten auf.
Nach 1900 wurde es bei immer weniger werdenden jüdischen Einwohnern in Massenbach (1900: 36, 1910: 18) immer schwieriger, die nötige Zehnzahl der jüdischen Männer für die Gottesdienste zusammen zu bekommen. Man behalf sich, indem man durchreisende Juden (vor allem auch Ostjuden) über Schabbat in die jüdischen Häuser einlud. In den 1920er-Jahren wurden nur noch an den Festtagen Gottesdienste in der Synagoge abgehalten, was auch damals nur noch gemeinsam mit auswärtigen Gästen möglich war. Ansonsten betete man in einzelnen jüdischen Häusern.
Obwohl die Zahl der Gemeindeglieder Ende der 1920er Jahre auf etwa 20 zurückgegangen war, lag diesen dennoch daran, dass in der Synagoge weiterhin Gottesdienste
abgehalten werden konnten. 1930 standen größere Instandsetzungsarbeiten an, die nach Schätzung der befragten Handwerker etwa 1.200 Mark kosteten. Dazu war die kleine Gemeinde nicht mehr
imstande. Sie erfuhr freilich vielerlei Hilfe von außen. Der Israelitische Oberrat, die bürgerliche Gemeinde, auswärtige Freunde und die wenigen in Massenbach noch wohnenden Gemeindeglieder trugen dazu bei, dass die Renovierungsmaßnahmen dennoch finanziert werden konnten. Am
Schabbat vor dem Neujahrsfest im Herbst 1930 wurde die renovierte Synagoge feierlich eingeweiht.
Bitte um Spenden zur Renovierung der Synagoge (1930)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. September 1930: |
Einweihung der renovierten Synagoge (1930)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 15. Oktober
1930: |
Nach 1933 konnten kaum noch Gottesdienste gefeiert werden. Im Dezember 1937 starb Hermann Behr im Alter von über 90 Jahren. Bis in sein hohes Alter hatte er ehrenamtlich an den Hohen Feiertagen vorgebetet. Im Januar 1938 wanderte Max Meyer, der letzte Lehrer, Vorsänger und Schächter der Gemeinde, mit seiner Familie in die USA aus.
Beim Novemberpogrom 1938 wurde die Synagoge in Massenbach nicht zerstört. Sie stand zuletzt im Besitz des Gemeindevorstehers Louis Abraham und wurde 1939 an Privatleute verkauft, da Louis Abraham in die USA emigrieren konnte. 1940 wurde das Gebäude wegen Unterbringung einer Wehrmachtseinheit geräumt.
1952 wurde das Gebäude an einen örtlichen Schmiedmeister weiter verkauft.
1954 wurde es abgebrochen und das Grundstück neu mit einem Wohnhaus mit Autoreparaturwerkstätte/Tankstelle überbaut (Raiffeisenstraße 26).
Fotos
Historische Fotos:
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Innenaufnahme der
Synagoge Massenbach |
Fahnenweihe des Gesangvereins Eintracht in
Massenbach 1930. Im Hintergrund
rechts die Synagoge |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Foto um 1985:
(Foto: Hahn) |
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Die ehemalige Synagoge stand auf dem Grundstück
des
jetzigen Hauses Raiffeisenstr. 26 |
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Foto 2003:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 30.9.2003) |
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Das Grundstück
Raiffeisenstraße 26, auf dem die Synagoge stand. |
Mit der Perspektive dieses
Fotos ist im
Hintergrund der kleine Dachreiter auf dem
Nachbarhaus zu
erkennen, den man auch
auf dem historischen Foto oben sieht |
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Links,
Quellen und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Massenbach Wuerttemberg. Jews
are first recorded in 1556. A synagogue was dedicated in 1720 and the community
grew to a peak of 85 in 1843, mostly living off the cattle trade and forming
close ties with the local population, which resisted the excesses of the Nazi
era. Of the 15 Jews in Massenbach in 1933, ten emigrated to the U.S. and three
were expelled to the east and perished.
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