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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Ernsbach (Stadt Forchtenberg, Hohenlohe-Kreis)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem den Grafen von Hohenlohe gehörenden Dorf Ernsbach
bestand eine jüdische Gemeinde bis 1925. Ihre Entstehung geht in die Zeit des
17. Jahrhunderts zurück. Erstmals wurden 1675 oder kurz danach fünf jüdische Familien
aufgenommen (1679 genannt: Marx, Liebmann, Hirsch, Schew Samuel und Salomon).
1697 werden bereits zehn jüdische Haushaltsvorstände genannt.
1807 waren 26 jüdische Familien am Ort. Die höchste Zahl jüdischer
Einwohner wurde um 1844 mit 233 Personen in 40 Familien erreicht. Ihren
Lebensunterhalt verdienten die Ernsbacher Juden vor allem durch Handel und
Gewerbe, einige auch durch Landwirtschaft.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge, eine
jüdische Schule und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem
jüdischen Friedhof in Berlichingen beigesetzt. Zur Besorgung religiöser
Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und
Schochet tätig war. Unter den Lehrern sind bekannt: Nathan(ael)
Forchheimer (Lehrer von 1875 bis 1896, siehe unten), Samuel Rosenberger (1896 bis 1909). 1832 wurde die Gemeinde dem
Rabbinatsbezirk Braunsbach (später Schwäbisch
Hall) zugewiesen.
In der zweiten
Hälfte des 19. Jahrhunderts ging die Zahl der jüdischen Einwohner stark zurück.
1900 waren es noch 79 Personen, 1933 nur noch zwei, die noch vor den
Deportationen verstorben sind.
Von den in Ernsbach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Hermine Bär geb.
Lang (1894), Cilly Benjamin geb. Buxbaum (1882) Frieda Bieringer (1870),
Sofie Bruchsaler geb. Israel (1864), Bernhard Buxbaum (1868), Emil Buxbaum
(1868), Ernst Buxbaum (1897), Moritz Buxbaum (1886), Emma Dreifuss geb. Israel (1894),
Berta Engel geb. Kocherthaler (1875), Karoline Güthermann geb. Kocherthaler
(1884), Sigmund Gutmann (1871), Jonas Israel (1866), Julie Israel (1871),
Sigmund Israel (1861), Frida Jacob geb. Buxbaum (1890), Carry Kahn geb. Oppenheimer
(1885), Lina Kahn geb. Krug (1889), Emanuel Kocherthaler (1861, später in
Nürnberg), Emanuel Kocherthler (1869, später in München), Max Kocherthaler
(1863), Leopold Lang (1895), Louis Lazarus Lang (1893), Mina Lang geb. Israel
(1888), Irma Levi geb. Kocherthaler (1897), Sara Levy geb. Kocherthaler (1860),
Sophie Marx geb. Stern (1882), Isak Morgenroth (1867), Selma Morgenroth (1903),
Rebeacke (Rosa) Neuhaus geb. Löw (1873), Amalie Salomon geb. Rosenthal (1891), Julius Stern
(1881).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer/Vorbeter
Hilfsvorbeter gesucht (1876 / 1908)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. August 1876: "Ernsbach
(Württemberg). Infolge des Rücktritts eines seither an den ehrfurchtgebietenden
Tagen dahier in Funktion gestandenen Vorbeters wird für genannte Zeit
ein Ersatz-Vorbeter gesucht, welcher eine Tefillot
(Gebete/Gottesdienste) zu vertreten hätte. Gefällige Offerten unter
Beischluss von Zeugnissen sieht entgegen das israelitische
Kirchenvorsteheramt." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10.September 1908:
"Auf Jomkippur wird ein
Hilfsvorbeter
zu Schacharit und
Mincha (Morgen- und Mittaggebet) gesucht.
Gefällige Offerten mit
Bezeichnung der Forderung in Bälde erbeten. Israelitisches
Kirchenvorsteheramt Ernsbach, Württemberg." |
Lehrer Löwenthal wird ausgezeichnet (1840)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. Februar 1840: "Aus
dem Württembergischen, 10. Februar (1840). Nach dem Regierungsblatt
für das Königreich Württemberg vom 18. Januar dieses Jahres wurde von
der Königlichen Evangelischen Synode zu Stuttgart, neben mehreren
evangelischen Schullehrern, auch dem israelitischen Lehrer Löwenthal in Ernsbach,
Dekanats Öhringen, eine Prämie mit 20 Gulden zuerkannt, ein sprechender
Beweis von der Humanität und Unbefangenheit unserer höchsten Behörden,
und wie sie nur das Verdienst stets im Auge haben und nichts so sehr den
konfessionellen Bezug. Ruhm und Ehre einer solchen aufgeklärten und
toleranten Regierung!". |
Lehrer
Löwenthal wechselt von Ernsbach nach Mühringen - Rabbiner Dr. Wassermann
wechselt angeblich nach Kassel (1846)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 4. Mai 1846: "Durch die Vakatur der nun dem Lehrer
Löwenthal zu Ernsbach übertragenen Schulstelle zu Mühringen,
läuft jetzt wieder ein Sturm von Petitionen der Bewerber um die
Ernsbacher Lehrstelle, die ohne Emolumente doch nur 225 Gulden fixen
Gehalt nebst freier Wohnung einträgt, bei der evangelischen Oberschul-
und der israelitischen Oberkirchenkirchenbehörde zu Stuttgart, en. Aus
diesem Andrang lässt sich die finanzielle Lage und geringe Hoffnung der
württembergischen Lehrer und Vorsänger ersehen, die, abermals in Folge
einer ungünstigen Ministerialentscheidung, als Konfessionsschullehrer
keinen Anteil an der Aufbesserung derjenigen Volksschullehrergehalte
anzusprechen haben, welche sich nicht auf 250 Gulden belaufen, während
die Ständekammer von dieser Unterscheidung kein Wort vernehmen
ließ.
Wie man hört, wird der bei uns allgemein geachtete, von seiner Gemeinde
sehr verehrte Rabbiner Dr. Wassermann in Mühringen als Rabbiner nach
Kassel kommen. L....u." |
Über den Lehrer Nathanael Forchheimer (1875-1896
Lehrer in Ernsbach, geb. 1842 in Niederstetten)
Anmerkung: Lehrer Nathan(ael)
Forchheimer (geb. 10. Oktober 1842 in Niederstetten)
war nach seinen Studien im Lehrerseminar Esslingen
(1860-1862) zunächst unständiger Lehrer in Laudenbach,
Pflaumloch, Kappel
(1867), danach ständiger Lehrer in Pflaumloch
(1867-1875) und in Ernsbach (1875-1896). 1896 wechselte er nach Buttenhausen,
wo er bis 1908 blieb. 1914 lebte er in St.
Ludwig/Elsass, zuletzt in Heilbronn, wo
er am 8. Dezember 1931 starb und im dortigen jüdischen
Friedhof beigesetzt wurde.
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Oktober 1927: "Ernsbach. Am
10. Oktober vollendet das älteste Mitglied der israelitischen
Lehrerschaft Württembergs, Lehrer a.D. Forchheimer in Heilbronn, wo er
bei seinen Kindern seinen Ruhestand verbringt, das 85.
Lebensjahr.
Lehrer Forchheimer ist 1842 in Niederstetten geboren und hat seine
Ausbildung im Lehrerseminar in Esslingen
erhalten. Nach unständiger Verwendung in den Gemeinden Laudenbach,
Pflaumloch und Kappel
bei Buchau kehrte Forchheimer in der Mitte der 60er-Jahre wieder als
ständiger Lehrer nach Pflaumloch
zurück, wo er über 1 Jahrzehnte wirkte. 21 Jahre, von 1875 bis 1896 war
er dann in Ernsbach tätig und ein weiteres Jahrzehnt in
Buttenhausen. Im Jahre 1907 zwang ein schweres Augenleiden den sonst noch
rüstigen und arbeitsfrohen Mann in den Ruhestand zu treten.
Forchheimer war Lehrer mit allen Fasern seines Herzens; die Schule war ihm
das Höchste, und mancher, der aus seiner Schule hervorgegangen ist, blieb
mit dem einstigen Lehrer auch späterhin in Treue verbunden. Er ist noch
der einzige Überlebende unter den Lehrern, die einst im Jahre 1862 den
'Verein israelitischer Lehrer und Vorsänger in Württemberg' begründet
hatten. Äußerlich ist der so pflichttreue bescheidene Mann wenig
in die Öffentlichkeit getreten; umso tiefer und wertvoller war sein
stilles Wirken in seinen Gemeinden. Die Oberschulbehörde hat seine
Verdienste des öfteren besonders anerkannt.
Der Verein israelitischer Lehrer in Württemberg und mit ihm gewiss auch
alle, die Forchheimer als Mensch und Lehrer kennen, freuen sich mit dem
Hochbetagten und wünschen ihm noch eine lange Reihe glücklicher
Jahre.
A. Adelsheimer, Schriftführer des Vereins israelitischer Lehrer
Württembergs." |
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Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 16. Oktober 1927:"Ernsbach.
Berichtigung. In dem Bericht des Vereins israelitischer Lehrer in der
letzten Nummer der Gemeindezeitung muss es anstatt Horchheimer, Lehrer
a.D. Forchheimer heißen". Anmerkung: wurde in
der Abschrift oben berücksichtigt. |
Lehrer Samuel Rosenberger wechselt nach Laupheim (1909)
Anmerkung: Samuel Rosenberger (geb. 24. April 1861 in
Oberdorf, gest. 1939 in Stuttgart) war nach seinen Studien im Lehrerseminar
Esslingen (1877-1880) Lehrer in Eschenau (1882-1887), Talheim (1890-1894),
Öhringen (1894), danach in Ernsbach (1896-1909). 1909 wechselte er nach
Laupheim, wo er bis 1928 blieb. Er starb am 30. Oktober 1939 in Stuttgart (wohin
er 1938 gezogen war) und wurde im dortigen Israelitischen Teil des
Pragfriedhofes beigesetzt.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. Dezember 1909: "Ernsbach,
25. November (1909). Zu Ehren des nach Laupheim scheidenden Lehrers
Rosenberger sammelten sich seine Freunde in der 'Traube'. Das Lokal war
dicht gefüllt. In den Reden des Bürgermeisters, des Pfarrers und der
Lehrer kam es zum Ausdruck, welcher Beliebtheit sich der Scheidende im
hiesigen Orte erfreute und dass er sein Amt zur vollen Zufriedenheit
bekleidete. Herzliche Wünsche wurden ihm und seiner Familie auf dem Wege
mitgegeben. Lehrer Rosenberger gab ins einer Erwiderung einen Rückblick
über seine 13-jährige Wirksamkeit und dankte für die ihm erwiesenen
Ehrungen." |
Berichte aus dem
jüdischen Gemeindeleben
Antijüdisches aus Ernsbach (1872)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Januar
1872: "In Ernsbach (Oberamt Öhringen am Kocher) besteht
ein Drittel der Bevölkerung aus Juden. Trotzdem durfte noch nie ein
Israelit bei Beratung einer Gemeindeangelegenheit ein Wort mitsprechen,
d.h. noch nie wurde ein Israelit in den Gemeinderat gewählt. Bisher haben
sich dieselben über diese Zurückstellung hinweggesetzt, bis das
intolerante Gebaren der Gemeinderatsmitglieder im Laufe dieses Sommers sie
zu den möglichsten Anstrengungen zwang, um wenigstens eine Stimme
im Gemeinderate für sich zu erhalten, welche dieser so billig denkenden
Versammlung gegenüber die Rechte der israelitischen Staatsbürger
vertreten sollte. Im Juni dieses Jahres beschlossen nämlich die
Mitglieder des Gemeinderats mit großer Majorität, von dem damals
stattfindenden Friedenskinderfeste die israelitische Schuljugend
auszuschließen. Da ein Anlass zu diesem Beschlusse in dem Umstande
gefunden werden konnte, dass die Mittel zur Abhaltung des Festes aus einer
christlichen Stiftung flossen, erboten sich die Israeliten sofort, die
für sie erforderliche Summe durch eine Kollekte aufzubringen. Trotzdem
wurde dieser namentlich gegen die ausgeschlossenen Kinder so
überaus grausame Beschluss aufrecht erhalten und die Israeliten,
die an den Lasten des Krieges und seinen Folgen so gut mitzutragen hatten
als irgend |
ein
anderer, zum Mitfeiern des Friedens für unwürdig erklärt. Was
das für einen Eindruck auf die Kinder machen muss, in deren Herzen auf
diese Weise der konfessionelle Hass gepflanzt wird, den man in
unseren Zeiten so gern als überwunden bezeichnet, kann sich jeder denken.
Ein gebildeter Mensch, der das betreffende Protokoll liest, würde sicher
im Zweifel sein, ob das Datum nicht richtiger 871 statt 1871 heißen
sollte. In Folge dieser Vorgänge strengten sich bei der letzten
Gemeinderatswahl Mitte Dezember die Israeliten in Ernsbach besonders an,
um nur einen minder von Vorurteilen befangenen Mann aufs Rathaus zu
bringen, und beinahe wäre dieses gewiss nicht unbillige Unternehmen
gelungen, wenn nicht folgender Vorfall den Ausschlag gegeben hätte.
Während der Wahlhandlung stattete ein Mitglied der Wahlkommission, ein
Gemeinderat, den im Vorzimmer des Wahllokals sich aufhaltenden Wählern
einen Besuch ab und ermahnte sie mit den schönen Worten: 'Schaffet
nur, dass kei' Jud nei kommt! S'hent schon z' viel Juden g'wählt;
schaffet nur, sonst spuckt's!' Diese Worte schlugen durch und kein 'Jud'
wird das Ernsbacher Rathaus entheiligen. Die Beurteilung solcher Zustände
und solcher Agitationsmittel glauben wir getrost ohne weitere Besprechund
der Öffentlichkeit überlassen zu können." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod von Nanette Stern, Ehefrau des letzten
jüdischen Einwohners in Ernsbach Moses Stern (1927)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. März 1927:
Zum Lesen bitte Textabbildung anklicken |
Zum Tod von Auguste Rosenthal geb. Stern (geb. in
Ernsbach)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs" vom 1. Januar 1931: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juli 1890: "Stellen-Gesuch.
Für einen kräftigen, wohlgeschulten, auch braven und willigen Jungen von
13 Jahren suche ich auf nächstes Frühjahr eine Lehrstelle in einem an
Sabbat und Festtagen geschlossenen kaufmännischen Geschäft bei freier
Station.
Desgleichen suche ich auf den ersten Oktober oder etwas später für ein
15-jähriges, wohlerzogenes und im Weißzeugnähen tüchtig bewandertes
Mädchen eine Lehrstelle unter obigen Bedingungen, wo dasselbe das
Putzgeschäft oder das Kleidermachen gründlich erlernen könnte. Offerten
erbeten an
Lehrer Forchheimer, Ernsbach (Württemberg)." |
Weiteres Stellengesuch von Lehrer Forchheimer (1891)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Juni 1891: "Für
meinen 14-jährigen, wohlerzogenen und gut geschulten Neffen suche ich
eine kaufmännische Lehrstelle bei freier Station und erbitte mir
gefällige Anträge.
N. Forchheimer, israelitischer Lehrer in Ernsbach
(Württemberg)." |
Zur Geschichte des Betsaales /der Synagoge
1711 wurden zunächst
im Kupferhammerbau ein Betsaal und ein Schulraum eingerichtet. In der
Mitte des 18. Jahrhunderts war eine "Judenschule" in einem
herrschaftlichen Bau an der Papier- und Mahlmühle eingerichtet. Um 1770
konnte eine Synagoge "von Stein gebaut unten am Bach" erstellt
werden. Unmittelbar angebaut war die Lehrerwohnung mit einem Schulzimmer. Die
Lage unmittelbar an der Kocher erwies sich jedoch als sehr problematisch, da die
Gebäude durch Feuchtigkeit und Überschwemmungsgefahr ständig bedroht waren.
1784 geschah ein schlimmes Unglück. Bei einer plötzlich während dem
Unterricht eintretenden Überschwemmung konnte zwar der damalige Lehrer mit
seinen Schülern noch das Schulzimmer verlassen. Ein Junge, der unbemerkt zurück
blieb, ertrank jedoch in dem überfluteten Raum. Die jüdische Gemeinde hatte
damals nicht die Mittel, um ein Schulhaus mit Lehrerwohnung auf einem anderen
Grundstück zu erstellen.
Vor 1835 war inzwischen der Vorsänger in eine andere Wohnung umgezogen. Die
Schule war jedoch noch am alten Standort, wobei das Schulzimmer einen Großteil
der alten Vorsängerwohnung einnahm. Die Behörden klagten über die
israelitische Schule in Ernsbach als einem "ganz ungesunden",
"dumpfen" und im Blick auf die jederzeit drohenden Überschwemmungen
"gefahrvollen Lokal". "In diesem Kerker", so meinte das
Oberamt, könne unmöglich weiterhin Schule abgehalten werden. Dabei sei das Gebäude
so schlecht, dass es nicht einmal verkauft oder zur Aufnahme von Armen benützt
werden könnte. Der jüdischen Gemeinde blieb nichts anderes übrig, als 1836/37
ein neues Schulhaus mit Lehrerwohnung zu erbauen. Die Finanzierung bereitete große
Schwierigkeiten; immerhin wurden 350 Gulden aus der Staatskasse genehmigt.
Um 1850 war auch die Synagoge in einem sehr schlechten Zustand. Der
Braunsbacher Rabbiner Dr. Maier Hirsch klagte anlässlich einer Visitation des
Oberamtes Öhringen im August 1853 darüber, "dass die alte, baufällige
und ganz unwürdige Synagoge in Ernsbach den Sinn für das höhere Göttliche
niederschlage, die heilige Ehrfurcht für das Gotteshaus erkalten lasse und
nicht den Eindruck des Erbauens, sondern des Zerstörens auf den Besucher
mache". Der Öhringer Regierungsrat Knauf besuchte daraufhin selbst die
Synagoge und fand die Schilderung des Rabbiners für "vollkommen bestätigt".
Er entdeckte auch, dass an einer Seitenwand des Gebäudes ein tiefer Riss
entstanden war, "der den Vorsänger mit schweren Sorgen erfülle und auch
nicht gefahrlos zu sein scheint". Eine bautechnische Überprüfung des Gebäudes
schloss sich an. Da die bisherige Synagoge sowieso für die inzwischen 36 jüdischen
Familien am Ort zu klein war, beschloss die Gemeinde, einen Neubau zu erstellen.
Baumeister Dillenius von Weinsberg wurde beauftragt, Pläne und einen
Kostenvoranschlag anzufertigen. Diese wurden im Februar 1854 eingereicht und
schließlich auch von den Behörden genehmigt. Im Frühjahr 1854 wurden die
Bauarbeiten vergeben, sodass bis 1855 eine neue Synagoge am Platz
der alten erstellt werden konnte (heutiges Grundstück Marktplatz 5). Für den
Neubau musste die Gemeinde 3.484 Gulden aufbringen, was sehr schwierig war, da
15 der jüdischen Familien in sehr armen Verhältnissen und von öffentlicher
Unterstützung lebten. 534 Gulden konnte man über "milde Stiftungen"
und den Verkauf des Abbruchmaterials der alten Synagoge aufbringen. Von Seiten
des Staates wurde ein Beitrag von 475 Gulden gewährt. Über dem Eingangsportal
der Synagoge war als Inschrift Psalm
118,20 zu lesen (hebräisch, übersetzt: "Dies ist das Tor zum Ewigen,
Gerechte ziehen durch es hinein").
1925 wurde das Synagogengebäude verkauft und diente später als
Feuerwehrmagazin. Schließlich wurde es zu einem Wohnhaus mit Friseurgeschäft
im Erdgeschoss umgebaut (Standort Marktplatz 5). Die Mobilien der Synagoge kamen
1925 nach Öhringen. Im August 1992 wurde an der ehemaligen Synagoge eine
Hinweistafel angebracht.
Fotos
Historisches Foto
(Quelle: Jüdische Gotteshäuser und Friedhöfe in Württemberg. 1932. S.
75)
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Die Ernsbacher Synagoge (vor 1925)
Die Inschrift über dem Eingang ist aus Psalm 118,20:
"Dies ist das Tor zum Ewigen,
Gerechte ziehen durch es hinein" |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) |
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Ehemalige Synagoge in Ernsbach; das
charakteristische
Walmdach ist erhalten. |
Foto von 1987 |
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Ehemaliger seitlicher Aufgang
zur Frauenempore |
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Fotos 2004:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 1.8.2004) |
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Die ehemalige Synagoge vom
Marktplatz aus gesehen |
Der frühere Eingang zur
Frauenempore |
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Die 1992 angebrachte Gedenktafel |
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Das Rathaus der
Gemeinde Ernsbach, eine Stiftung des jüdischen Einwohners
Samuel
Kochertaler 1909 |
Auf dem freien Platz zwischen
den beiden
Häusern stand bis vor wenigen Jahren
das jüdische Schulhaus |
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Andernorts entdeckt |
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Grabstein für
Benny Buxbaum geb. 1879 in Ernsbach, gest. 26.2.1910 in Bad
Soden;
Grabstein im jüdischen Friedhof in Bad
Soden |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und Hohenzollern. 1966. S.
72-73. |
| Forchtenberger Heimatbuch. 1983. S. 310.321.334. |
| Naftali Bar-Giora Bamberger: Die jüdischen Friedhöfe im
Hohenlohekreis.
2002. |
| Art. "Bekenntnis zur gemeinsamen Vergangenheit - Gedenktafel an
Ernsbacher Synagoge erinnert an eine friedliche deutsch-jüdische
Geschichte". In: Hohenloher Zeitung vom 3.9.1992. |
| Eberhard Kugler: Jüdischer Leben in den Dörfern - die Ansiedlung
in Ernsbach. In: ...geschützt, geduldet, gleichberechtigt... Die Juden im
baden-württembergischen Franken vom 17. Jahrhundert bis zum Ende des
Kaiserreichs (1918). Hg. von Gerhard Taddey (= Forschungen aus
Württembergisch Franken Bd. 52) 2005 S. 107-123. |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Ernsbach Wuerttemberg.
Jewish settlement commenced in 1680 with a peak population of 224 in 1843. The
community was dismantled in 1925 when the two remaining Jews joined the
Berlichingen congregation.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
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