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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Unterdeufstetten (Gemeinde Fichtenau, Landkreis Schwäbisch Hall)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In dem bis zum Ende des 18. Jahrhunderts ehemaligen
Rittergut Unterdeufstetten bestand eine jüdische Gemeinde bis 1912. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts zurück. 1713 wurden die ersten
jüdischen Familien am Ort im Bereich der alten Ziegelei ("Ziegelhütte")
aufgenommen. Die höchste Zahl jüdischer Einwohner dürfte im 18. Jahrhundert um 1730
mit etwa 25 jüdischen Haushaltungen erreicht wurden sein (1761 15
Haushaltungen).
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1822 33 jüdische Einwohner, 1826 53, 1838 50, 1844 43, 1846 47,
1858 Höchstzahl im 19. Jahrhundert mit 65 jüdischen Einwohnern, 1864 56, 1867
"elf Familien und einige Witwen", 1871
46, 1875 41, 1880 37, 1890 46, 1895 48 (in 13 Familien), 1900 46 (in 12
Familien), 1905 29, 1910 11.
Seit 1832 war die jüdische Gemeinde
Unterdeufstetten, die als ärmste jüdische Gemeinde in ganz Württemberg galt,
Filialgemeinde zu Crailsheim.
Die meisten Familien lebten in der ersten Hälfte
des 19. Jahrhunderts vom Lumpensammeln, von kleinen Tauschgeschäften oder vom
Bettel. Nachdem die Zahl der jüdischen Einwohner bereits in der zweiten Hälfte
des 19. Jahrhunderts zurückging, wanderten die letzten von ihnen nach dem
Ersten Weltkrieg ab.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule und
ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof
in Schopfloch beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde
war ein Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig
war (vgl. Ausschreibungen der Stelle unten). Als Lehrer waren zwischen 1838 und
1869 tätig: Hermann Schlesinger von Hochberg
(1838 bis 1839 Lehrer in Unterdeufstetten, siehe Seite
zu Mergentheim), Jakob Kuhn von Gerabronn,
M. Schönmann, Moritz Einstein, Ludwig Stern (siehe
unten), Karl Kahn von Nordstetten
(war um 1850 Lehrer in Gerabronn, danach in
Unterdeufstetten, ab 1854 in Mühlen am Neckar
usw.), Lämlein Stern aus Bieringen,
Leopold (Moses) Rosenthaler von Bonfeld
(war bis 1849 Lehrer in Unterschwandorf,
dann kurzzeitig Rottweil, danach wohl in Unterdeufstetten), Jesaias Hilb aus
Haigerloch (1863 Lehrer in Unterdeufstetten, dann in Oberdorf;
1867 gab es 18 Schüler an der Religionsschule),
Moses Falk von Braunsbach, Lazarus
Bernheim von Laupheim (war 1863 bis 1865 Lehrer in
Hohebach, danach in
Unterdeufstetten, seit 1867 Lehrer in Buchau), Isidor Neumann von Lübben
bei Berlin, Maier Rosenthal aus Oberlauringen. Unter
den
letzten Lehrer der Gemeinde war von 1881 bis zu seinem Tod 1901 Samuel W.
Eppstein. Er war Ende des 19. Jahrhunderts der einzige in Württemberg tätige
Sofer (Torarollenschreiber). 1894 unterrichtete er an der Religionsschule
der Gemeinde noch vier Kinder, 1898 sieben Kinder.
Als Gemeindevorsteher werden genannt: um 1867 die Herren Samson
Ballenberger und Wolf Maier; um 1874/76 die Herren Samson Ballenberger, Wolf
Maier und Herr Levi; um 1889 Samson Ballenberger; um 1894 H. Königsberger (in
Crailsheim), Samson Ballenberger (gest. 1896) und Wolf Maier, um 1898 Anwalt Elias
Levi, Wolf Maier (gest. 1901), G. Schloßberger und Lehrer Eppstein, um 1901/1904 Anwalt Elias
Levi (gest. 1917).
An jüdischen Vereinen bestand der Israelitische Wohltätigkeitsverein
(genannt 1856 bei der Beisetzung von Wolf Massenbacher und Ernestina
Ballenberger s.u.; 1894 unter Leitung von S. Ballenberger und W. Maier, 1898 unter
Leitung von Lehrer Eppstein) und ein Israelitischer Frauenverein (bis
1899 unter Leitung der Witwe von Th. Ballenberger, ab diesem Jahr der Frau von
Lehrer Eppstein).
Bei den Volkszählungen 1925 und 1933 wurden keine jüdischen Einwohner mehr am
Ort festgestellt.
Von den in Unterdeufstetten geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Rosa Berlinger
(1850), Sally Birk geb. Weinberger (1900), Ida Einstein geb. Schlossberger (1890),
Isaak Künzelsauer (1895), Siegfried
Schlossberger (1887), Siegmund Schlossberger (1860), Paulina Stengel geb. Berlinger (1854).
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer
Ausschreibungen der Stelle des Religionslehrers / Vorbeters / Schochet 1867 /
1874 1876 /
1901 / 1904
Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 29. Oktober 1867: "Vorsänger-Gesuch.
Die israelitische Gemeinde Deufstetten (Württemberg), aus elf
Familien und einigen Witwen bestehend, sucht sofort aus Mangel an
inländischen Subjekten einen ausländischen Vorsänger, welcher zugleich
den Religionsunterricht für circa 18 Schüler versehen kann.
Gehalt 225 fl. nebst Emolumenten, sowie freier Wohnung.
Das Schächteramt wird besonders honoriert, und dürfte circa 70 fl.,
manches Jahr mehr, abwerfen.
Zu bemerken ist, dass auch ein nicht seminaristisch gebildeter Lehrer die
Stelle übernehmen könnte, hat sich aber über seine Kenntnisse im
Hebräischen und in der Schächterfunktion einer Prüfung beim
königlichen Rabbinate Braunsbach
zu unterziehen.
Könnte sich ein Bewerber späterhin einer Staatsprüfung in Stuttgart
unterziehen, so dürfte er auf Staatsdienst und Beförderung durch die
königlich israelitische Ober-Kirchenbehörde sich Hoffnung machen.
Die Herren Rabbiner und Vorsteher werden ergebenst ersucht, Kandidaten in
ihren Sprengeln gefälligst aufmerksam machen zu wollen.
Hierauf Reflektierende wollen sich unter Beifügung ihrer Zeugnisse franco
melden.
Deufstetten, Oberamt Crailsheim an der bayerischen Grenze, im Oktober
1867.
Der Vorstand. Samson Ballenberger. Wolf Maier."
Anmerkung: der Begriff "ausländisch" bedeutet in den Anzeigen von 1867
und 1874: nicht aus Württemberg stammend. |
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Anzeige in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 1. Dezember 1874: "Vorsänger-Gesuch.
Die israelitische Gemeinde Deufstetten (Württemberg) aus zehn
Familien bestehend, sucht sofort aus Mangel an inländischen
Subjekten einen ausländischen Vorsänger, welcher zugleich den
Religionsunterricht für einige Schüler versehen kann.
Jahresgehalt 320 fl. 50 kr. nebst Emolumenten sowie freie Wohnung.
Das Schächteramt wird besonders honoriert und dürfte circa 50 will abwerfen.
Zu bemerken ist, dass auch ein nicht seminaristisch gebildeter Lehrer die
Stelle übernehmen könnte, hat sich aber über seine Kenntnisse im
Hebräischen und in der Schächterfunktion einer Prüfung beim
königlichen Rabbinat Braunsbach zu
unterziehen.
Könnte sich ein Bewerber späterhin einer Staatsprüfung in Stuttgart
unterziehen, so dürfte er auf Staatsdienst und Beförderung
durch die Königlich israelitische Oberkirchenbehörde sich Hoffnung machen,
wie dies schon bei öfteren Fällen, auch von hier aus vorkam.
Die Herren Rabbiner und Vorsteher werden ergebenst ersucht, Kandidaten in
ihren Sprengeln gefälligst aufmerksam machen zu wollen.
Hierauf Reflektierende wollen sich unter Beifügung ihrer Zeugnisse franco
melden.
Deufstetten, Oberamt Crailsheim an der bayerischen Grenze, den 8.
November 1874.
Der Vorstand. Ballenberger. Maier. Levi." |
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Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. April 1876:
"Unterdeufstetten. Oberamt Crailsheim, Württemberg, den 26.
März 1876. Da unser bisheriger Lehrer nach der größeren israelitischen
Gemeinde Pflaumloch berufen worden, so ist die hiesige Stelle als Religionslehrer,
Kantor und Schächter sofort wieder zu besetzen. Fester Gehalt 550
Mark nebst üblichen Emolumenten, freier Wohnung und Heizung. Das
Schächteramt wird extra bezahlt und dürfte mehr als 100 Mark
abwerfen.
Da nur einige Schüler vorhanden sind, so könnte in der eine Stunde von
hier entfernten bayerischen Stadt Dinkelsbühl
durch Privat-Religionsunterricht noch ein schöner Nebenverdienst erzielt
werden. Geeignete Bewerber, welche sich über ihre Fähigkeiten und
religiös-sittliches Betragen auszuweisen vermögen und bei unserem
Bezirksrabbiner in Religionsfächern und Schächterfunktion einer Prüfung
unterwerfen können, haben Aussicht, wie schon mehrere Vorgänger, eine
bleibende Stätte und ihr Glück in Württemberg zu finden. Hierauf
Reflektierende wollen sich unter Vorlegung ihrer Zeugnisse direkt wenden
an den
israelitischen Vorstand Ballenberger." |
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Dieselbe
Anzeige erschien am 10. Mai 1876 in der orthodox-jüdischen Zeitschrift
"Der Israelit". |
|
Nach dem Tod der Lehrers Samuel W. Eppstein
(s.u.) suchte die Gemeinde Unterdeufstetten noch einmal einen Nachfolger
auf die Stelle: |
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Mai 1901: "Lehrerstelle
vakant.
Durch Ableben unseres bisherigen Lehrers, welcher 20 Jahre
hier wirkte, ist die hiesige Religionslehrer-, Vorbeter- und Schächterstelle sofort zu besetzen. Fixer Gehalt Mark 550,
Nebeneinkommen ca. Mark 400 nebst freier Wohnung und Holz. Inländer und
Unverheiratete sind bevorzugt. Offerten sind zu richten an
Anwalt Levi,
Unterdeufstetten, Württemberg." |
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 10. Oktober 1904:
"Lehrer-Gesuch!
Die hiesige israelitische Gemeinde sucht per 15.
Oktober, eventuell 1. November dieses Jahres einen seminaristisch
gebildeten Lehrer, der zugleich das Vorsänger- und Schächteramt mit zu
übernehmen hat. Fixumgehalt beträgt Mark 800 nebst freier Wohnung und
Mark 50 Holzentschädigung. Nebenverdienst beläuft sich inklusive
Schechita auf circa Mark 400. Offerten sieht entgegen
Vorstand Levi,
Unterdeufstetten (Württemberg)." |
Lehrer Ludwig Stern
- zeitweise Lehrer in Unterdeufstetten - wird 1. Lehrer / Direktor an der
Lehrerbildungsanstalt in Würzburg (1864)
Anmerkung: es konnte noch nicht geklärt werden, in welchen
Jahren Ludwig (Lämmle) Stern Lehrer in Unterdeufstetten war. Dieser ist
am 9. März 1824 in Bieringen als
(unehelicher) Sohn der Jentle Hirsch Stern (Tochter des Handelsmannes Hirsch
Baruch Stern) geboren (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-440598-2).
Nach Abschluss seiner Ausbildung zum Lehrer dürfte Unterdeufstetten seine
erste Stelle gewesen sein (um 1842/1850?). Nach dem Beitrag unten war Stern nach
Unterdeufstetten Lehrer in Markelsheim,
wo er 1854 Bärbel/Babette geb. Adler aus Markelsheim
heiratete (geb. 28. Juli 1831). Von 1853 bis 1860 war er Lehrer in
Creglingen (http://www.landesarchiv-bw.de/plink/?f=1-442332-96),
danach in Freudental und ab 1864 Direktor
an der Israelitischen Lehrerbildungsanstalt in
Würzburg. Er starb am 15. August 1890 in Würzburg, seine Frau Babette am 31.
Januar 1902 ebd.
Von den zehn Kindern des Ehepaares sind die ersten vier in
Creglingen geboren (Abraham Hartwig 1855,
Jacob 1856, Gustav Gedalja 1858, Ida 1860), die nächsten zwei in
Freudental (Josua 1863, gest. 1863, Mirjam
1864), die übrigen vier in Würzburg (Baruch 1866, Nathan 1868, Julia 1873 und
Lina 1875).
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. November 1864: "Aus
Württemberg. Dem inneren Berufe folgend, hat am Anfang dieses Monats ein
Mann das Schwabenland verlassen, dessen Verlust nicht nur die Gemeinden,
in deren Mitte er als Lehrer und Vorsänger gewirkt hat, sondern nahezu
das ganze Württemberg empfinden dürfte, für das er besonders in
jüngster Zeit in edelster Weise, ersprießlich und wacker gewirkt und
gekämpft hat. Ludwig Stern, bisher in Freudental angestellt, hat die
Lehrer- und Hausmeister-Stelle an der Lehrerbildungsanstalt in Würzburg
angenommen, welche von den dortigen hochherzigen Rabbinen unter Protektion
der bayerischen Regierung ins Leben gerufen worden ist. Wie unser
Stammvater folgte auch er der inneren Himmelsstimme und zog weg aus seinem
Land und aus seiner Heimat wie aus dem Haus seines Vaters, verließ
Vaterland, Heimat, Verwandte und Freunde, um zu wirken für das Ideal, das
er auch bei uns zu erstreben bemüht gewesen, um vereint zu sein mit den
Verwandten des Geistes, die seinem Edelmute mehr gelten als irdische
Beziehungen. Rastlos wie seine pflichttreue Tätigkeit stieg auch er in
seiner äußeren Stellung von Stufe zu Stufe und bewährte sich an ihm
jeder göttliche Segen, der solchen Männern verheißen ist 'und ich
will groß machen deinen Namen und er wird ein Segen sein’. Von der
kleinen Filialgemeinde Unterdeufstetten
aus, für die er ein Faktotum war, wie von Markelsheim
und Creglingen, wo die Gemeinden zu
jedem Opfer bereit waren, um ihn länger besitzen zu dürfen, wie durch
die größere Kehilla (Gemeinde) Freudental, wo sein hervorragendes
Wissen und Wirken, obschon neben einem Rabbinen, doch in der ehrenvollsten
Weise Anerkennung gefunden hat, verbreitete sich sein Name immer weiter in
den Gauen Württembergs. Sein rednerisches Talent und seine theologischen
und pädagogischen Kenntnissee fanden ihren besten Lobredner in seinen
Predigten, seinen Vorträgen und seinen schriftstellerischen und publizistischen Werken und Aufsätzen, welche auf der Kanzel vernommen
worden, oder durch die Presse in Büchern, Zeitschriften und Broschüren
an das Licht der Öffentlichkeit getreten sind. An der Spitze steht hierin
das von ihm erschienene 'Deutsche Lesbuch für israelitische Schulen in
5 Abteilungen’ (Stuttgart 1862), das im Auslande fleißig gebraucht
wird, obgleich unsere israelitische Oberkirchenbehörde, deren meisten
Mitglieder nicht wohl die wahren Freunde eines solchen Strebens sein
können, es nicht offiziell in den württembergischen Schule eingeführt
hat. Mit einem wahren Eliasmute aber ist er als wackerer Kämpe in die
Schranken getreten, um eine Revision des israelitischen Kirchenwesens in
Württemberg zu erstreben, um die jetzt das ganze Land in allen seinen
Parteien einstimmig und sehnlich petitioniert. So hat sich sein Verdienst
über das Weichbild der Gemeinden hinaus durchs ganze Land nicht nur
ausgebreitet und unvergesslich gemacht, sondern auch – gestützt auf 1.
Samuel 12,23 – die Hoffnung erzeigt, dass die politische Grenze, die ihn
nun von uns trennt, keine Scheidewand zwischen uns sein werde in den
religiösen Bestrebungen, die wir bis jetzt gemeinschaftlich unternommen
haben, und bald zum segensreichen Ziele führen werden.
Möge er in Würzburg die Liebe und Achtung finden, die er unter uns
besitzt, seine Aufnahme dort so herzlich sein, wie sein Abschied von hier
und sein Wirken immer allgemeiner und segensreicher sich enthalten! Im
Namen der Freunde im Neckartale, im Taubergrunde und am Donaustrome. S.
Levy in Stuttgart." |
Lehrer Samuel W. Eppstein empfiehlt sich als Sofer (Toraschreiber usw.) (1885)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1885:
"Hierbei erlaube mir die ergebene Anzeige zu machen, dass ich den
Beruf meines seligen Vaters, Simon Eppstein - seligen Andenkens
- als Sofer, wie bisher fortführe und sehe ich gefälligen
Aufträgen in Torarollen, Tefillin, Mesusot, Wimpeln malen usw.
entgegen. Alle Reparaturen in diesen Arbeiten werden gewissenhaft,
pünktlich und baldmöglichst besorgt.
Zeugnisse von orthodoxen Rabbinen können auf Wunsch vorgelegt
werden.
Samuel W. Eppstein, Lehrer,
Unterdeufstetten bei Crailsheim
Württemberg). |
Anzeigen von Lehrer Samuel W. Eppstein (1896, 1900, 1901)
Anzeige
in "Der Israelit" vom 23. März 1896: "Für eine alleinstehende
Witwe suche eine Person gesetzten Alters zur Stütze im Haushalt.
Offerten mit bescheidenen Gehaltsansprüchen und Zeugnisabschrift sieht
entgegen
Lehrer Eppstein,
Unterdeufstetten bei Crailsheim, Württemberg."
|
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 16. Juli 1900:
"Anfrage!
Welches Geschäft, das Schabbat und Feiertag geschlossen ist, nimmt
einen jungen Mann, ohne Vermögen, der Lust zum Kaufmannstande hat, in die
Lehre? Ein etwas längere Lehrzeit würde gerne zugegeben. Gefällige
Offerten sieht entgegen
Lehrer Eppstein,
Unterdeufstetten, Württemberg." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. November 1900: "Suche
per sofort eine alleinstehende Witwe, eine ältere, zuverlässige Person
als Haushälterin.
Gute Behandlung wird zugesichert. Offerten mit Lohnansprüchen sieht
entgegen
Lehrer Eppstein, Unterdeufstetten, Württemberg." |
|
Anzeige in "Der Israelit" vom 31. Januar 1901: "Für
eine alleinstehende, ältere, etwas leidende Frau auf dem Lande, wird per
sofort ein älteres Fräulein oder Witwe als
Haushälterin
gesucht. Gehalt pro Jahr 200 Mark. Offerten sieht entgegen
Lehrer Eppstein,
Unterdeufstetten, Württemberg."
|
|
Anzeige in "Der Israelit" vom 7. März 1901: "Suche
für meine Pflegetochter, 15 Jahre alt, gesund kräftig, bis nach Pessach in
einem religiösen Hause Stellung als Stütze der Hausfrau.
Ansprüche bescheiden.
Lehrer Eppstein,
Unterdeufstetten, Württemberg" |
Zum Tod von Lehrer Samuel W. Eppstein (1901)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Mai 1901:
"Unterdeufstetten. Am 6. Nissan starb hierselbst der Lehrer S.
W. Eppstein im Alter von 40 Jahren, von seiner Gemeinde und seinen
Kollegen tief betrauert. Derselbe versah sein Amt mit der größten
Gewissenhaftigkeit, die ihm die Liebe und Hochachtung seiner Gemeinde
erwarb." |
Mit dem Tod des Lehrers Samuel W. Eppstein in Unterdeufstetten starb der damals einzige "Sofer"
Württembergs (1902)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 12. Mai 1902: "Aus
Württemberg. Vor ungefähr einem Jahre verschied in Unterdeufstetten bei
Crailsheim der einzige Sofer in Württemberg, Lehrer Eppstein, dessen
Heimgang allgemein betrauert wurde. Es dürfte deshalb an dieser Stelle
berichtet werden, dass zur Zeit in Württemberg kein Sofer ist. Es wäre
darum einem strebsamen Manne Gelegenheit geboten, sich hierzulande (am
geeignetsten im Jagstkreise) ansässig zu machen. Die Unterstützung des
Herrn Kirchenrats Dr. Kroner, der gesetzestreuen Rabbiner und der
gleichgesinnten Lehrer dürfte derselbe sicher sein." |
Berichte aus
dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Über "Die Judenfrauen von Deufstetten"
(Artikel von 1932)
Anmerkung: Beitrag über den christlichen Lehrer Johannes Lämmerer
(1783-1831, seit 1807 Lehrer in Unterdeufstetten), dessen Frau 1817 an der Ruhr
erkrankte; er erfuhr Hilfe von drei jüdischen Frauen am Ort, die er in einem
Gedicht erwähnte.
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs"
vom 1. August 1932: |
50-jähriges Jubiläum des Wohltätigkeits-Vereins
(1891)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. November
1891: "Unterdeufstetten, 1. November (1891). Am Samstag, den
24. Oktober feierte die hiesige kleine israelitische Gemeinde das
50-jährige Jubiläum ihres Wohltätigkeits-Vereins. Ein Festgottesdienst,
bestehend in Gesang, Gebet und Festrede, wurde in der schön dekorierten
Synagoge abgehalten. Abends, als Vorabend des Freudenfestes, war im
Walter'schen Saale, welcher voll besetzt war, musikalische Unterhaltung in
Abwechslung von Toasten, Reden und Tanzbelustigung. Die christlichen
Mitbürger beider Konfessionen nahmen lebhaften Anteil. Die Herren Lehrer,
Schultheiß, selbst der katholische Pfarrer und Vikar beehrten uns. Herr
Ober-Amtmann Kilbel und andere gratulierten schriftlich." |
Ergebnis einer Kollekte in der
Gemeinde (1893)
Mitteilung
in "Der Israelit" vom 1. Juni 1893: "Unterdeufstetten.
Durch Kassier Lehrer Eppstein, Spenden von: Samson Ballenberger, Anwalt
1.50, Wolf Maier, Kirchenpfleger 7, Lehrer Eppstein 5.50, Moses Eppstein 4,
Simon Berlinger 1.10, Alexander Maier 1.40, Zachrias Levi, 1.50, Gabriel
Künzelsauer 1.05, Leopold Weinberger 1.10, Gumprecht Schloßberger 2, Elias
Levi 1.50, Simon Schloßberger 2, Felix Künzelsauer 2.80, Adolf Eppstein aus
Feuchtwangen 1, Salomon Hecht aus Nagelsberg 5, Herrmann Schiller aus
Braunsbach 1, Ungenannt zur Ausgleichung der Summe 0.55, zus. 40 M., wovon 4
M. für M"L." |
Berichte zu einzelnen Personen der Gemeinde
Zum Tod von Wolf Massenbacher und Ernestina Ballenberger
(1856)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. Juli
1856: "Württemberg. Deufstetten. Oberamt Crailsheim, den 25.
Juni 1856. Nekrolog. Aus unserer kleinen Gemeinde haben wir als einen sehr
seltenen Fall, innerhalb drei Wochen leider zwei Todesfälle zu beklagen.
Gestern begleiteten die Mitglieder des hiesigen israelitischen
Wohltätigkeits-Vereins (ganze Gemeinde) statutengemäß den 70jährigen
Wolf Massenbacher von hier nach dem zwei Stunden entfernten Friedhofe nach
Schopfloch, wo schon seit Jahrhunderten unsere Ahnen ruhen. Wenn nun
dieser Fall nur insofern ein trauriger zu nennen ist, dass niemand der Angehörigen
des Verstorbenen anwesend war, dass seine zwei eigenen Kinder, Sohn und
Tochter, in Amerika sich befinden und der Schwiegersohn |
Anzeigen und Dokumente jüdischer Gewerbebetriebe und sonstige Anzeigen
Rechnung von D. Ballenberger (1881;
aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim/Ries)
Die
Rechnung wurde am 27. März 1881 ausgefertigt. |
Anzeige von Wolf Maier (1882)
Anzeige
in "Der Israelit" vom 16. August 1882: "Haushälterin-Gesuch.
Für einen Witwer mit Sohn auf dem Lande wird zum Oktober eine religiöse
Haushälterin gesetzten Alters gegen guten Lohn gesucht.
Wolf Maier,
Unterdeufstetten (Württemberg)." |
Ausschreibung der
Distrikts-Arzt-Stelle (1883)
Anzeige
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 21. August
1883: "Unterdeufstetten, Oberamt Crailsheim (Württemberg). Erledigte
Distrikts-Arzt-Stelle.
Die Distrikts-Arzt-Stelle in Unterdeufstetten mit einem Wartgeld von ca.
500 Mark ist erledigt und soll wieder besetzt werden.
Unterdeufstetten mit ca. 1500 Einwohnern hat Post und Telegraphen
und sind auf den Arzt noch weitere 4 umliegende Schultheißerei-Gemeinden
angewiesen, sodass der Distrikt lohnende Praxis in Aussicht stellt.
Bewerbungen wollen binnen 14 Tagen eingereicht werden, und ist Schultheiß
Bauer hier zu jeder weiteren Auskunft gerne bereit.
Unterdeufstetten, den 5. August 1883. Der Gemeinderat."
|
Alexander Maier sucht eine Stelle
für seine Tochter (1890)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Juli 1890: "ich
erlaube mir hierbei anzuzeigen, das meine Tochter, die sowohl im Kochen,
als in allen andern häuslichen Arbeiten sehr tüchtig ist, die Stellen
als Pflegerin, wie meine selige Frau, übernimmt, und sieht dieselbe
gefälligen Anträgen entgegen.
Alexander Maier, Unterdeufstetten bei
Crailsheim." |
Commis-Stellengesuch von E. Levi
für seinen Sohn (1900) .
Anzeige
in "Der Israelit" vom 20. Dezember 1900: "Commisstellegesuch.
Suche für meinen Sohn, 17 Jahre alt, der seine Lehre in einem Kurz-, Weiß-
und Wollwarengeschäft Engros in München bestanden hat, eine Stelle,
womöglich in gleicher Branche bei bescheidenen Ansprüchen. (Süddeutschland
bevorzugt) Gefällige Offerten an
E. Levi, Unterdeufstetten, Württemberg." |
Anzeigen des
Manufakturwarengeschäftes Wolf Maier, Inhaber M. Eppstein (1901 / 1904)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. August 1901:
"Commis-Gesuch.
Für mein gemischtes Warengeschäft Endetail, hauptsächliche
Manufakturwaren, suche längstens per 1. September dieses Jahres
fürs Hausgeschäft zuverlässigen, tüchtigen Verkäufer, der
solchen Posten in Detail-Geschäft mit Landkundschaft bereits bekleidet
hat. Samstags und Feiertage streng geschlossen. Freie Station im Hause.
Offerten mit Gehaltsanspruch und Referenzenangabe erbeten an
Wolf Maier,
Inhaber M. Eppstein, Unterdeufstetten,
Württemberg." |
|
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. August 1904:
"Für mein gemischtes Warengeschäft, hauptsächlich Manufakturwaren,
suche per 1. Oktober einen tüchtigen
jungen Mann
für Laden und kleinere Landtouren. Schabbos und Jomtof (Feiertag) streng
geschlossen.
M. Eppstein, U.-Deufstetten (Württemberg)."
|
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Die 1713/14 aufgenommen
Familien wohnten in der Ziegelhütte, wo sie sich alsbald eine Synagoge
eingerichtet hatten, die sie auf eigene Kosten unterhielten. Für die Erlaubnis,
Gottesdienst zu halten, musste die Judenschaft nach der Jahresrechnung der
Gutsherrschaft von 1730/31 jährlich am jüdischen Neujahrstag 2 Gulden zahlen.
Der Gemeindevorsteher war um 1731 Abraham Eppstein. Als die jüdischen Familien
einen Schulmeister anstellen wollten, erklärte Eppstein sich bereit, den neuen
Lehrer zwei Jahre lang kostenlos zu beherbergen, wenn seine beiden Söhne von
Abgaben in der Synagoge befreit würden und ihre Sitze kostenfrei behalten dürften.
In den folgenden Jahren werden mehrere jüdische Schulmeister in
Unterdeufstetten genannt. Um 1750 fungierte als solcher der als Rabbiner
bezeichnete Hirsch Levi.
1755 wurde die Ziegelhütte auf Grund ihres "liederlichen
und baufälligen" Zustandes abgebrochen. Dafür wurden für die jüdischen
Familien zwei neue Judenhäuser mit je sechs Wohnungen erbaut. Im oberen
Stockwerk eines der beiden Häuser blieb eine Wohnung leer, in der man einen Betsaal
einrichtete. Bis 1765 hatten die jüdischen Familien Miete für diese Häuser zu
bezahlen, danach wurden sie ihnen von der Ortsherrschaft einschließlich dem vor
den Häusern stehenden Schlachthaus mit der Backküche und dem Judenbad
geschenkt. Bei einem Umbau der Häuser 1765 wurde der Betsaal aufgelöst und für
diesen drei Kammern eingerichtet. Die jüdische Gemeinde und die Ortsherrschaft
bemühten sich, Kapital für den Bau einer Synagoge zu beschaffen. Bettelbriefe
wurden an verschiedene kapitalkräftige Hoffaktoren geschickt, worauf mehrere
Spenden eintrafen, mit denen man die Schulden für die damals bereits gebaute
Synagoge erheblich reduzieren konnte.
Diese neue Synagoge hatte nach einem Vertrag mit der
Judenschaft Joseph Eichmann gebaut. Die Kosten beliefen sich nach Fertigstellung
des Gebäudes Ende Juli 1765 auf 414 Gulden. Die Plätze in der Synagoge wurden
zugunsten der Gemeinde in bestimmten Abständen meistbietend versteigert. Auf
Grund innerer Spannungen in der Gemeinde und durch hohe Schulden der zumeist in
armen Verhältnissen lebenden jüdischen Familien schrumpfte die jüdische
Gemeinde bis 1775 auf vier Haushalte, da viele ein besseres Auskommen an anderen
Orten erhofften. Damals waren freilich noch 227 Gulden an Kapitalschulden und
Zinsen aus dem Synagogenbau vorhanden. Es blieb nichts anderes übrig, als die
Synagoge am 1. Oktober 1777 mit allem Inventar außer den kultischen Gegenständen
und drei Messingleuchtern an zwei Christen für 140 Gulden zu verkaufen.
Bis um 1785 waren wieder einige jüdische Familien
zugezogen, sodass sogar wieder ein Schulmeister, Vorsänger und Schächter
aufgenommen werden konnte. Damals war offensichtlich auch wieder ein Betsaal
in einem der jüdischen Häuser vorhanden. Von der Herrschaft waren zwei Juden
deshalb in den Schutz aufgenommen worden, damit die Beterzahl am Schabbat verstärkt
wurde.
Nachdem 1832 Unterdeufstetten Filialgemeinde zu Crailsheim
geworden war, durfte nach den neuen Bestimmungen kein öffentlicher jüdischer
Gottesdienst mehr in der Gemeinde abgehalten werden. Nur noch Privatandachten
waren offiziell erlaubt. Dies war freilich ein unhaltbarer Zustand, da
Crailsheim vier Stunden von Unterdeufstetten entfernt war. Anlässlich einer
Visitation schlug der Braunsbacher Rabbiner 1837 vor, dass in Unterdeufstetten
wieder ein regelmäßiger Gottesdienst stattfinden und auch ein geprüfter
Lehrer angestellt werden solle. Dem wurde von Seiten der Israelitischen
Oberkirchenbehörde und dem Ministerium des Inneren noch im selben Jahr
zugestimmt. Einige Jahre später wurde von Seiten der Behörden der Bau einer
Synagoge in Unterdeufstetten angeregt. Die Gottesdienste wurden bis dahin in
einer "erbärmlichen Dachstube" abgehalten. Man wollte der Gemeinde helfen, von
der es hieß, dass es "eine unglücklichere Gemeinde im ganzen Land nicht mehr
gibt".
1848/49 wurde die neue Synagoge unter dem
Vorsänger und Lehrer Ludwig Stern erbaut. Die Kosten beliefen sich auf 2.591
Gulden. Spenden aus dem ganzen Land in Höhe von 350 Gulden waren eingegangen.
Dazu hoffte noch auf einen Betrag von Bankier Rothschild aus Frankfurt, der
freilich bis Sommer 1850 noch nicht eingegangen war. Von staatlicher Seite wurde
ein Beitrag in Höhe von 300 Gulden bewilligt. Dennoch blieben nach der letzten
Abrechnung 1.300 Gulden Schulden. Da die Gemeinde so arm war, dass sie nicht
einmal für die jährlichen Zinsen dieses Betrages aufkommen konnte, wurde eine
weitere Kollekte in Württemberg veranstaltet. Über
die Einweihung der Synagoge am 10. August 1849 liegt
folgender Pressebericht vor:
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. September
1849: "Deustetten (für Unterdeufstetten; Württemberg), 12. August
(1849). [Es ist uns nicht möglich, den ausführlichen Bericht
aufzunehmen, und müssen wir uns mit einem kurzen Referat begnügen.
Redakt.] Was ein geordneter Zustand, was eine tüchtig wirkende
Oberinstanz zu schaffen vermag, das hat die hiesige kleine, aus circa 50
Seelen bestehende Gemeinde erfahren. Aus meist armen, hier sich
zusammengefundenen Mitgliedern bestehend, war sie vor 12 Jahren noch ein
Bild der Verwahrlosung. Da brachte der damalige Bezirksrabbiner Dr.
Frankfurter den ersten, seminaristisch gebildeten Lehrer hierher, und die
israelitische Oberkirchenbehörde verwilligte einen jährlichen Zuschuss
von 100 Gulden aus der Zentralkasse. Von der Zeit an ging die Gemeinde Schritt
vor Schritt vorwärts, und gedieh sichtlich, sodass sie an Schule und
Synagoge wuchs, bis es endlich gelang, mit den größten Opfern eine neue,
geschmackvolle Synagoge zu erbauten, die am 10. August mit vieler
Feierlichkeit eingeweiht wurde. Unter der Anwohnung der Behörden und
Geistlichen aller Konfessionen geschah die Einweihung auf verherrlichende
Weise, die durch die Reden des Bezirksrabbiners Dr. Hirsch und des sehr
verdienten Lehrers Stern gehoben wurde. letzterem ward als Anerkennung ein
silberner Pokal überreicht. Wir haben jetzt einen geregelten
Gottesdienst, Chorgesang, eine schöne Synagoge, eine blühende Schule,
Wohltätigkeitsvereine, und - wenn auch Schulden, hoffen wir doch bei der
Eintracht, die unter uns heimisch ist, sie mit der Zeit abzutragen. Ja,
diese kleine Gemeinde kann vielen und großen zum Muster dienen, und -
frage man, wo ist noch eine Religionspartei, die in einer Gemeinde von 12
Familien Solches zu leisten vermag?" |
Seit den 1860er-Jahren ging die Zahl der jüdischen
Einwohner durch Abwanderung stark zurück. Am 20. November 1891 wird in der "Allgemeinen Zeitung
des Judentums" berichtet (siehe Artikel links), dass am 24. Oktober 1891 ein "Festgottesdienst,
bestehend in Gesang, Gebet und Festrede, in der schön dekorierten Synagoge" in
Unterdeufstetten abgehalten wurde. Grund war das 50jährige Jubiläum des Wohltätigkeits-Vereins
der Gemeinde. An dem danach im voll besetzten "Walter’schen Saale" gefeierten
Fest nahmen neben den Gemeindeglieder die Lehrer des Ortes, der Bürgermeister,
der katholische Pfarrer und sein Vikar sowie christliche Mitbürger beider
Konfessionen lebhaften Anteil.
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. November
1891: "Unter-Deufstetten, 1. November 1891: "Am Samstag, de 24.
Oktober feierte die hiesige kleine israelitische Gemeinde das 50jährige
Jubiläum ihres Wohltätigkeits-Vereins. Ein Festgottesdienst, bestehend
in Gesang, Gebet und Festrede, wurde in der schön dekorierten Synagoge
angehalten. Abends, als Vorabend des Freudenfestes, war im Walter'schen
Saale, welcher voll besetzt war, musikalische Unterhaltung in Abwechslung
von Toasten, Reden und Tanzbelustigung. Die christlichen Mitbürge beider
Konfessionen nahmen lebhaften Anteil. Die Herren Lehrer, Schultheiß,
selbst der katholische Pfarrer und Vikar beehrten uns. Herr Ober-Amtmann
Kilbel und andere gratulierten schriftlich."
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1910 wurde die Gemeinde Unterdeufstetten aufgelöst.
Die Synagoge, das Schulhaus und das Badhaus (Gebäude 142, 130 und 125) wurden 1912
öffentlich meistbietend versteigt und erbrachten 5.516 Mark. Die Synagoge wurde
bald darauf zu einem bis heute bestehenden Wohnhaus umgebaut. Die letzten jüdischen
Familien haben vor 1925 den Ort verlassen.
Fotos
1. Alte Synagoge vor 1850/51
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Eines der beiden von der Ortsherrschaft im 18. Jahrhundert erbauten
"Judenhäuser". In einem befand sich zeitweise die Synagoge
(Quelle: Taddey s. Lit. Abb. 17) |
2. Synagoge von 1850/51
Foto um 1930
(Quelle:
Jüdische Gotteshäuser... 1932) |
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Als das obige Foto
um 1930 entstand, war die ehemalige Synagoge bereits
zu einem Wohnhaus umgebaut. |
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Foto um 1965:
(Quelle: Sauer s. Lit. Abb. 124) |
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Veränderungen gegenüber dem Foto um 1930 sind kaum
festzustellen |
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Fotos um 1985
(Fotos: Hahn) |
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Inzwischen wurde das zweite Rundfenster
zugemauert und ein Anbau
vorgesetzt |
Die ehemalige Synagoge
von der Westseite |
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Die ehemalige Synagoge (Mitte) im Winter |
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Foto 2003
(Foto: A. Winkler) |
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Das Gebäude im weitgehend selben
Zustand wie 20 Jahre zuvor |
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Links und Literatur
Links:
Quellen:
Literatur:
| Paul Sauer: Die jüdischen Gemeinden in Württemberg und
Hohenzollern.
1968. S. 185-186. |
| Gerhard Taddey: Kein kleines Jerusalem. Geschichte der Juden im
Landkreis Schwäbisch Hall. 1992. S. 183-207. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007. |
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