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zu den Synagogen in
Baden-Württemberg
Siegelsbach (Landkreis Heilbronn)
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english
version)
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zur Kurpfalz gehörenden
Siegelsbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938, deren Entstehung in das
18. Jahrhundert zurückgeht. Erstmals werden um 1720 Juden am Ort genannt, wobei
es damals bereits um mehrere Familien handelte. 1775 werden 28 jüdische
Einwohner genannt, darunter sechs Männer, acht Frauen sowie je sieben Söhne
und Töchter.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner
wie folgt: 1825 77 jüdische Einwohner (10,1 % von insgesamt 765 Einwohnern), die höchste Zahl jüdischer Einwohner um 1848 mit 104
Personen, 1875 67 (8,1 % von 825), 1900: 29 (3,3 % von 889), 1910 24 (2,7 % von
896).
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine
Religionsschule und ein rituelles Bad (im Synagogengebäude s.u.). Die Toten der Gemeinde wurden im
jüdischen Friedhof in Heinsheim
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein
Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war
(siehe Ausschreibungen der Stelle unten). Abgesehen vom Religionsunterricht
besuchten die jüdischen Kinder die katholische Schule am Ort. 1827 wurde die Gemeinde dem Rabbinatsbezirk
Sinsheim
zugeteilt.
Auf der Gefallenen-Ehrentafel in der Friedhofshalle des Ortsfriedhofes finden sich
auch der Name von Siegfried Grötzinger und sein Bild (geb. 28.8.1894 in
Siegelsbach, gef. 20.3.1916). Er war der einzige
Gefallene Siegelsbach im Ersten Weltkrieg. Außerdem ist gefallen: Karl Kurt
Stern (geb. 13.8.1894 in Siegelsbach, vor 1914 in Ludwigshafen wohnhaft, gef.
24.5.1916).
Um 1924, als zur jüdischen Gemeinde noch 21 Personen gehörten (2,3 %
von insgesamt etwa 900 Einwohnern), war Gemeindevorsteher M. Grötzinger. Einen
eigenen Lehrer und Schochet hatte die Gemeinde nicht mehr. Damals kam Lehrer
Heinrich Bloch aus Neckarbischofsheim
regelmäßig in die Gemeinde, um die 1924 noch vier schulpflichtigen jüdischen
Kinder in Religion zu unterrichten und als Schochet tätig zu sein. 1932
war Gemeindevorsteher Julius Grötzinger. Damals gab es nur noch ein
schulpflichtiges jüdisches Kind.
Bis nach 1933 bestanden an jüdischen
Gewerbebetrieben: Viehhandlung Aron Eisemann (Hauptstraße 67), Manufakturwarengeschäft Josef Fleischmann
(Hauptstraße 82), Fa. Süddeutsche Öl- und Fettwarenfabrik H. Grötzinger Söhne
(gegründet 1890; war Lieferantin der Badischen Staats- und Nebenbahnen mit
technischen Ölen und Fetten, hatte für ihre Produkte Absatzgebiete in ganz
Deutschland: etwa 1.500 Hufschmiede bezogen von ihr den Hufbalsam "Sanitol";
Bahnhofstraße 12).
Von den 1933 in Siegelsbach lebenden neun jüdischen
Einwohnern konnten sechs emigrieren; die übrigen drei verstarben in
Siegelsbach. Die Gemeinde wurde am 20. Januar 1938 aufgelöst, da sie damals nur
noch sechs jüdische Männer zählte.
Von den in Siegelsbach geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Leopold Apfel
(1863), Liebmann Apfel (1864), Simon Apfel (1874), Gerson Marx (1878), Jeanette
Marx geb. Strauss (1885), Frieda Stein geb. Wollenberger (1869), Julius Stern
(1870), Justin Stern (1899), Richard Stern (1879), Ida Wolf geb. Grünhut
(1852), Ferdinand Würzburger (1874), Lina Würzburger (1877), Rosa Würzburger
(1872), Samuel Würzburger (1870).
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer und der Schule
Ausschreibungen der Religionslehrerstelle 1850 / 1904
(1904 zusammen mit Wollenberg und Hüffenhardt)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 26. Oktober 1850 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Die
mit einem festen Gehalte von 135 fl. und einem jährlichen Schulgelde von 48
kr. für jedes die
Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon
abhängigen Gefällen verbundene Religionsschulstelle bei der
israelitischen Gemeinde Siegelsbach, Synagogenbezirks Sinsheim,
ist zu besetzen.
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren
Gesuchen unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über
ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen mittelst
des betreffenden Bezirksrabbinats bei der Bezirkssynagoge Sinsheim sich
zu melden.
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder
Rabbinats-Kandidaten können auch andere inländische befähigte Subjekte
nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen
werden"
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Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. November 1904: "Religionsschulstelle.
Die mit Vorbeter- und Schächterdienst verbundene Religionslehrerstelle in
Wollenberg, Hüffenhardt
und Siegelsbach, Amt Sinsheim, mit dem Sitz in Wollenberg, ist
möglichst bald zu besetzen. Gehalt 1.050 Mark, freie Wohnung und
Nebeneinkommen. Meldungen sind zu richten an die Bezirkssynagoge
Heidelberg: Dr. Pinkuß." |
Der jüdische Lehrer aus Siegelsbach unterrichtet auch
in Hüffenhardt und bekommt Schwierigkeiten mit der bürgerlichen Gemeinde (1875)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. März 1875: "Laupheim.
Die Kinder der Mitglieder der israelitischen Gemeinde zu Hüffenhardt
(in Baden) besuchen die dortige evangelische Schule, und der hebräische
Unterricht und der Religionsunterricht wird ihnen von dem israelitischen
Lehrer in dem unfernen Siegelsbach in einigen wöchentlichen Stunden
erteilt und zwar in irgend einem Privathause, was dem Herrn Lehrer
nimmermehr als passend gefallen wollte. Deshalb stellte die israelitische
Gemeinde an die politische Gemeinde das Ansuchen, diese wolle ihr im
christlichen Schulhause zu diesem Behufe ein Lokal anweisen. Allein so
human und liberal der Gemeinrat und speziell der Herr Bürgermeister
Dallmus, sich im allgemeinen zeigte, so konnte er es dennoch nicht übers
Herz bringen, dem billigen und gerechten Wunsche zu entsprechen. Auf den
abschlägigen bescheid hin erhob die israelitische Gemeinde bei dem
Bezirksgericht Mosbach Klage und dieses erkannte unterm 17. Februar dieses
Jahres auf Grund des Schulgesetzes vom 8. Mai 1867 § 7 Abs. 2: 'Die
Gemeinde Hüffenhardt ist schuldig für den vorgeschriebenen Religionsunterricht
der israelitischen Schuljugend in ihrer Religion das Schullokal und die
Heizung zu stellen, soweit dadurch der übrige Unterricht nicht gestört
wird.' Von diesem Falle erhielt ich Kenntnis, als ich kürzlich auf einer
Reise Hüffenhardt besuchte und übergebe denselben hiermit der
Öffentlichkeit lediglich in der Absicht, um dadurch manchem badischen
Ort, dem es an einem passenden Schullokale fehlt, nachzuweisen, wie es
sich nach dem Beispiele Hüffenhardts ein solches verschaffe. W.
Stern." |
Berichte aus dem
Gemeindeleben
Die Gemeinde geht der Auflösung entgegen
(1929)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Dezember 1929: "Obergimpern
(Baden). Unsere Gemeinde teilt auch das Los aller Landgemeinden und
steht vor ihrer Auflösung. Eine Familie ist diese Woche wieder
weggezogen, andere werden folgen. Vor dem Kriege war hier noch eine
stattliche religiöse Gemeinde, wo Schabbos und Feiertage noch streng
gehalten wurden; das hat sich auch noch bis heute bei den noch ansässigen
Familien bewahrt. Obergimpern ist eine der ältesten Gemeinden der
Umgegend; die schöne zweistöckige Synagoge, welche mitten im Orte steht,
wurde im Jahre 1805 von den damaligen Gemeindemitgliedern unter großen
Opfern erbaut. Nach dem Kriege wurde sie neu restauriert und sind schon
einige Jahre ohne Minjan. Auch unsere Nachbargemeinden
Wollenberg, Siegelsbach,
Rappenau,
Grombach, alle vor dem Kriege noch stattliche
Gemeinden, stehen vor ihrer Auflösung. In Obergimpern haben die Juden
neben ihrem Geschäft noch größere Landwirtschaft selbst betrieben und
haben in der Arbeit den anderen Bauern nicht
nachgegeben." |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der Gemeinde
Leopold Marx und Liebmann Samuel sollen sich zur
Musterung für den Militärdienst melden (1852)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 14. Januar 1852 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Neckarbischofsheim
[Aufforderung]. Bei der heute dahier vorgenommenen Assentierung sind
folgende Konskriptionspflichtigen der Altersklasse 1831 ungehorsam
ausgeblieben.
Ls.-Nr. 4. Leopold Marx von Siegelsbach.
6. Friedrich Wittich von da. 15. Paul Blum von
Obergimpern.
31. Jakob Bernhard Eschelbach von Hüffenhard.
40. Liebmann Samuel von Siegelsbach.
60. Samuel Straus, Jakob Sohn, von Obergimpern
Dieselben werden aufgefordert, sich binnen 6 Wochen dahier zu stellen,
widrigenfalls sie als Refraktäre erklärt, nach $ 4 des Gesetzes vom 5.
Oktober 1820 behandelt und des Staatsbürgerrechts für verlustig erklärt
würden.
Neckarbischofsheim, den 7. Januar 1852. Großherzogliches
Bezirksamt." |
Zum Tod des aus Siegelsbach stammenden Lehrers Samuel
Würzburger (1902)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit"
vom 4. Dezember 1902: "Karlsruhe. Vor einigen Tagen starb
dahier der emeritierte Religionslehrer der israelitischen
Religionsgesellschaft, Samuel Würzburger. Wer den Verstorbenen
noch in seinen besten Jahren gekannt hatte, wie er sich oft so leidend
fühlte, der hätte dem braven und tüchtigen Manne kein so langes Leben
(fast 87 Jahre) in Aussicht stellen können. Und wie war er in seinem
hohen Alter noch so geistig frisch sein Auge war nicht getrübt und
seine Säfte nicht geschwunden (5. Mose 34,7). Es war ein seltener
Genuss, mit dem ehrwürdigen Greise sich zu unterhalten. Schrift und
Inhalt seiner Briefe trugen bis vor Kurzem noch ganz den Stempel
jugendlicher Frische. Würzburger war in Siegelsbach,
Rabbinat Sinsheim, geboren und besuchte das evangelische Seminar zu
Karlsruhe, nachdem er vorher schon die Stelle eines Religionslehrers
bekleidet hatte. In Karlsruhe war er durch seine hervorragenden
hebräischen und talmudischen Kenntnisse und seine Leistungen, besonders
auf dem kantoralen Gebiete, ein Lieblingsschüler des seligen Oberrats
Epstein. Seine erste Lehrerstelle nach seiner Entlassung aus dem Seminare
war Külsheim, in welch großer Gemeinde er fast ein Menschenalter
verbrachte und seine Schule durch seine Unterrichtsresultate zu einer der
ersten des Großherzogtums emporhob. Man muss den genialen Lehrer in
seinem Berufe gesehen haben. Wie hatte er es verstanden, die Schüler
geistig zu wecken; man musste, ob man wollte oder nicht, ein
Zurückbleiben gab's nicht. Unterstützt wurde seine Lehrgabe durch eine
stramme Disziplin. Das talmudische die Ehrfurcht vor deinem Lehrer
gleiche der Ehrfurcht vor Gott (Aboth 1,3; 4.12) bestand bei all
seinen Schülern. Der Wunsch, seine Kinder höheren Lehranstalten
zuzuführen, veranlasste ihn, die so lange innegehabte Stelle in Külsheim
aufzugeben und eine solche bei der israelitischen Religionsgesellschaft zu
Karlsruhe anzunehmen, wo ihm eine Anzahl Mitglieder von seiner Seminarzeit
her noch ihre Liebe und Verehrung bewahrt hatten. Auch hier wirkte er
lange Zeit, bis ein körperliches Leiden ihn zwang, seinem Berufe zu
entsagen. Da er von seiner geistigen Frische nichts eingebüßt hatte,
traf man den ehrwürdigen Greis immer bei seinen Büchern. Stets
liebenswürdig im Umgang, tolerant auch gegen Andersdenkende, hat er sich
viele Freunde erworben, die mit seinen zahlreichen Schülern ihm stets ein
treues Andenken bewahren werden. Worms. S. Rothschild." |
Goldene Hochzeit des Hirsch-Apfel'schen Ehepaares
(1912)
Meldung
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. Mai 1912:
"Siegelsbach (Baden). Das Hirsch Apfel'sche Ehepaar war anlässlich
seiner goldenen Hochzeit der Gegenstand zahlreicher Ehrungen." |
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge
Zunächst war vermutlich ein Betzimmer oder ein
Betsaal in einem privaten Haus vorhanden. Um 1739 starb der Vater eines "Rabbi"
aus Siegelsbach und 1775 wurde Rabbi Esra in Heinsheim beerdigt. Dieser wird in
der Siegelsbacher Gemeinde die Funktionen des Lehrers und Vorbeters innegehabt
haben.
Nachdem 1801 inzwischen zehn jüdische Haushaltungen mit 63 Personen in Siegelsbach gezählt wurden, und der bisherige Betsaal nicht mehr ausreichte, ging man an den Bau einer Synagoge.
1804 konnte man eine solche an der heutigen Lindengasse/Ecke Hauptstraße erstellen. Das Grundstück befand sich damals noch außerhalb des Ortsetters. In
einem Nebengebäude zur Synagoge befand sich das rituelle Bad. Es handelte sich
beim Synagogengebäude um einen einfachen, schmucklosen Bau. Der Bau hat die jüdischen Familien an die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten gebracht. Noch 1812 musste für das Grundstück der Synagoge ein Kapital von 80 Gulden abgetragen werden.
Im regenarmen Jahr 1840 gab es um das rituelle Bad im Anbau zum Synagogengebäude einige Probleme. Von nichtjüdischen Ortsbewohnern war es nach einem damaligen Bericht
"aus Mutwillen und Rachsucht" demoliert worden. Damals wurde am Ort befürchtet, dass ein unterhalb der Synagoge gelegener Brunnen wegen des Bades nicht mehr genug Wasser liefern würde. Das Bezirksamt Neckarbischofsheim belehrte in seinem Schreiben die
Siegelsbacher: "es könne das gegenwärtige Jahr, in welchem auch die reichhaltigsten Brunnen etwas zurückgeblieben sind, nicht als Grund angenommen werden, sondern die Folge muss es erst
dartun". Die Gemeinde wurde angewiesen, das jüdische Bad "auf Kosten der Gemeindekasse unverzüglich in den vorigen Zustand herstellen zu lassen, und das, was an Handwerkszeug und sonstigen Gegenständen durch Zusammenwerfen verdorben worden ist, ebenfalls wieder herstellen zu
lassen".
1857 wurden die Synagoge und das Nebengebäude des Badhauses nach Plänen von Werkmeister Lutz aus Neckarbischofsheim umgebaut.
Über dem Badhaus wurde in einem oberen Stock ein weiteres Zimmer für den
Lehrer eingebaut. Dieses Zimmer erreichte man über eine Treppe, die auch zur
Frauenempore führte. Im Erdgeschoss befanden sich unter dem Betsaal weiterhin
die Wohnung (Wohnzimmer, Schlafstube und Küche) des Lehrers. Unklar ist,
welcher Raum für den Unterricht der Kinder verwendet wurde. Die Synagoge stand nun (im Vergleich mit der Situation um 1810) nicht mehr alleine auf dem Grundstück vor dem Ortsetter. Unmittelbar daneben waren inzwischen die Gemeindekelter und das Wohnhaus des Christoph Schramm gebaut worden.
Nachdem die Zahl der jüdischen Einwohner in Siegelsbach um 1925 nur noch 20 betrug, konnten keine regelmäßigen Gottesdienste mehr in der Synagoge stattfinden.
1929, als das Gebäude bereits recht baufällig geworden war, wurde es an nichtjüdische Privatleute verkauft. Dadurch blieb die ehemalige Synagoge beim
Novemberpogrom 1938 unangetastet.
Um 1950 wurde das Synagogengebäude abgebrochen. Das Grundstück wurde nicht wieder bebaut; ein Gedenkstein beziehungsweise eine Hinweistafel sind nicht vorhanden. Das
Wohnhaus Schramm wurde 1961 abgebrochen. Erhalten ist noch das frühere Badhaus,
das 1857 aufgestockt worden war. Dieses Badhaus wird als Wohnhaus genutzt.
Fotos / Pläne
Historische Pläne
1. Grundstücksplan im Bereich der Synagoge (um 1810)
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Plan von Siegelsbach im
Bereich der Lindengasse um 1810. Die Synagoge stand unmittelbar
vor dem
damaligen Ortsrand; die Gemeindekelter und das Haus Schramm waren noch
nicht erbaut, auch das Badhaus ist nicht eingetragen, war aber vermutlich
schon vorhanden,
da es nach den Plänen von 1857 aufgestockt wurde (vgl. Pläne von 1857
unten) |
2. Pläne vom Umbau der Synagoge, Lehrerwohnung und rituellem
Bad 1857:
(Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe 377/8116)
Historische Fotos sind nicht bekannt,
Hinweise bitte an den
Webmaster von "Alemannia Judaica",
E-Mail-Adresse siehe Eingangsseite |
Fotos nach 1945/Gegenwart:
Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn) |
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Auf dem Grundstück im Vordergrund stand die ehemalige
Synagoge
(im Hintergrund die Gemeindekelter) |
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Fotos 2003:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 30.9.2003) |
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Das ehemalige
Synagogengrundstück: links jeweils die Gemeindekelter; das Haus geradeaus
(weiß gestrichen)
ist das ehemalige Badhaus (mit einem Zimmer für den Lehrer im oberen
Stock, vgl. Plan oben).
Um diese Häuser gruppierten sich die beiden Gebäude
von Synagoge (teilweise im Bereich der Grünanlage;
um 1950 abgebrochen) und das Wohnhaus Schramm (ca. 1961 abgebrochen).
Erhalten sind im früheren Badhaus der vermutlich 1804 gelegte Steinboden
und ein teilweise verfüllter Brunnen. |
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Weitere Fotos und
Darstellungen
(erhalten von Gerhard Schnauder) |
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Modell der Synagoge mit dem
Anbau,
angefertigt nach den Plänen von Werkmeister Lutz
(Gerhard Schnauder, 2014) |
Das ehemalige Badhaus - wie
oben beschrieben -
mit dem ehemaligen Synagogenplatz links und der
Gemeindekelter (Ansicht Lindengasse, Foto von 2010) |
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Der Synagogenanbau links -
Ansicht Hüffenhardter Straße,
mit dem Neubau von 1961 (rechte Gebäudehälfte)
rechts im Hintergrund: Gemeindekelter |
Im Gebäude (ehem.
Synagogenanbau):
Brunnenschacht mit Steinboden
(Foto von 2013) |
Erinnerungsarbeit
vor Ort - einzelne Berichte
November 2017:
Eine Hinweistafel erinnert an das jüdische Frauenbad (Mikwe) im Haus
Hauptstraße 72 |
Artikel in der
"Rhein-Neckar-Zeitung" vom 1. Dezember 2017: "Siegelsbach.
Das steckt hinter dem Wohnhaus in der Hauptstraße 72, Heute weist ein Schild auf den historischen Hintergrund hin
Siegelsbach. (isi) Einst war hier ein rituelles Frauenbad (Mikwe) der jüdischen Gemeinde eingerichtet, doch vom eigentlichen Gebäude in der Hauptstraße 72 erinnert nichts mehr daran. Jetzt weist kleines Schild auf die geschichtsträchtige Örtlichkeit hin: In unmittelbarer Nähe stand die Synagoge, die in der Reichspogromnacht nicht zerstört worden war.
Erstmals werden um das Jahr 1720 mehrere jüdische Familien in Siegelsbach erwähnt. Aus dem Jahr 1775 sind konkrete Zahlen überliefert: Damals lebten 28 jüdische Einwohner in Siegelsbach, darunter sechs Männer, acht Frauen sowie je sieben Söhne und Töchter. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten 63 jüdische Bürger - in zehn Haushalten - im Ort. Damit wurde der Betraum in einem Privathaus zu klein und die jüdische Gemeinde baute im Jahr 1804 eine Kirche - ein schmuckloser Bau in der heutigen Lindengasse, Ecke Hauptstraße.
In einem Nebengebäude wurde 1812 ein rituelles Bad eingerichtet. Im Jahr 1827 wurde die Gemeinde dem Rabbinatsbezirk Sinsheim zugeteilt. Die Zahl der jüdischen Einwohner wuchs in den folgenden Jahrzehnten in Siegelsbach, 1848 gab es 104 jüdische Bürger bei rund 800 Einwohnern. 1857 wurde das Badehaus aufgestockt und unter anderem eine Wohnung für den Lehrer der jüdischen Gemeinde eingerichtet.
Nur einmal gab es wegen des jüdischen Frauenbads Streit in der Gemeinde. Um das Jahr 1840 herum herrschten regenarme Jahre, weiß der Ortshistoriker Rudolf Petzold. Das Frauenbad hat einen eigenen Brunnen, der inzwischen zwar zugeschüttet, aber noch immer erhalten ist. Genau gegenüber gab es einen der zwölf öffentlichen Brunnen im Ort. Jener war allerdings ausgetrocknet. Die Gemeindemitglieder glaubten, dass das Frauenbad am Versiegen des öffentlichen Brunnens schuld sei. Deshalb haben sich einige Personen nächtens Zutritt in das Badehaus verschafft und einiges Inventar kurz und klein geschlagen. Die jüdische Gemeinde beschwerte sich daraufhin beim Bezirksamt Neckarbischofsheim. Sie bekam Recht, und die politische Gemeinde musste die zerstörten Gegenstände ersetzen und das Bad wieder instandsetzen.
Zwei große Auswanderungswellen aus Deutschland - die erste nach dem Scheitern der badischen Revolution von 1848 - sorgten dafür, dass sich auch von Siegelsbach aus Familien auf die Suche nach einem besseren Leben in anderen Ländern machten. Nachdem die Zahl der jüdischen Einwohner in Siegelsbach um 1925 nur noch 20 betrug, konnten keine regelmäßigen Gottesdienste mehr in der Synagoge stattfinden. Deshalb und weil das Gebäude inzwischen recht baufällig war, wurde es 1929 an nichtjüdische Privatleute verkauft. Dadurch blieb die ehemalige Synagoge beim Novemberpogrom 1938 unangetastet.
Erst um 1950 wurde das Haus abgebrochen und der Platz nicht wieder bebaut. Das ehemalige Badehaus blieb jedoch erhalten und wird noch immer als Wohnhaus genutzt. Ein kleines Schild, das am vergangenen Wochenende offiziell eingeweiht worden ist, erinnert nun an die Geschichte des Hauses.
Noch ein weiteres Gebäude mit einer langen Geschichte gibt es im Ort: Die
Grötzinger Villa wurde im Jahr 1920 als Wohnhaus der Familie, der die einstige Süddeutsche Öl- und Fettwarenfabrik gehörte, in der Hauptstraße gebaut. Die Familie Grötzinger wanderte 1938 nach Amerika aus. In der denkmalgeschützten Jugendstilvilla befindet sich heute das Hotel "Alte Post"."
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Franz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden.
1968. S. 260-261. |
| Wolfram Angerbauer/Hans Georg Frank:
Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn. 1986. S. 209-212. |
| Rudolf Petzold: Heimatbuch Siegelsbach.
1986 (Abschnitt: Die Juden S. 161-164). |
| Joseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern -
Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from
their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem
1986. S. 347. |
| Joachim
Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als
Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte
und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt,
Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial,
Jerusalem. Stuttgart 2007.
|
| Rudolf Petzold: Die jüdische Gemeinde Siegelsbach.
In: Bad Rappenauer Heimatbote Nr. 24. Dezember 2013. Informationen. |
| Beitrag über den 1866 in Siegelsbach und geborenen und
dort aufgewachsenen Arzt Dr. Adolf Würzburger (Sohn von Ferdinand
Würzburg und Hanna geb. Löwenstein):
Rudolf und Inge Rothenhöfer:
Dr.
Adolf Würzburger (1866-1948) Arzt und Zionist. Eingestellt als
pdf-Datei. |
Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the
Holocaust".
First published in 2001 by NEW
YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad
Vashem Jerusalem, Israel.
Siegelsbach
Baden. Jews settled in the early 18th century and reached a population of
104 in 1848. The population dropped to nine in 1933. Of these six emigrated to
the United States and three died of natural causes.
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|