Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Siegelsbach (Landkreis Heilbronn) 
Jüdische Geschichte / Betsaal/Synagoge

Übersicht:  

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule  
Berichte aus dem Gemeindeleben    
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde   
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen   
bulletErinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte    
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)        
    
In dem bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts zur Kurpfalz gehörenden Siegelsbach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1938, deren Entstehung in das 18. Jahrhundert zurückgeht. Erstmals werden um 1720 Juden am Ort genannt, wobei es damals bereits um mehrere Familien handelte. 1775 werden 28 jüdische Einwohner genannt, darunter sechs Männer, acht Frauen sowie je sieben Söhne und Töchter.  
   
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie folgt: 1825 77 jüdische Einwohner (10,1 % von insgesamt 765 Einwohnern), die höchste Zahl jüdischer Einwohner um 1848 mit 104 Personen, 1875 67 (8,1 % von 825), 1900: 29 (3,3 % von 889), 1910 24 (2,7 % von 896).    

An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine Religionsschule und ein rituelles Bad (im Synagogengebäude s.u.). Die Toten der Gemeinde wurden im jüdischen Friedhof in Heinsheim beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Religionslehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war (siehe Ausschreibungen der Stelle unten). Abgesehen vom Religionsunterricht besuchten die jüdischen Kinder die katholische Schule am Ort. 1827 wurde die Gemeinde dem Rabbinatsbezirk Sinsheim zugeteilt.  
 
Auf der Gefallenen-Ehrentafel in der Friedhofshalle des Ortsfriedhofes finden sich auch der Name von Siegfried Grötzinger und sein Bild (geb. 28.8.1894 in Siegelsbach, gef. 20.3.1916). Er war der einzige Gefallene Siegelsbach im Ersten Weltkrieg. Außerdem ist gefallen: Karl Kurt Stern (geb. 13.8.1894 in Siegelsbach, vor 1914 in Ludwigshafen wohnhaft, gef. 24.5.1916).   
  
Um 1924, als zur jüdischen Gemeinde noch 21 Personen gehörten (2,3 % von insgesamt etwa 900 Einwohnern), war Gemeindevorsteher M. Grötzinger. Einen eigenen Lehrer und Schochet hatte die Gemeinde nicht mehr. Damals kam Lehrer Heinrich Bloch aus Neckarbischofsheim regelmäßig in die Gemeinde, um die 1924 noch vier schulpflichtigen jüdischen Kinder in Religion zu unterrichten und als Schochet tätig zu sein. 1932 war Gemeindevorsteher Julius Grötzinger. Damals gab es nur noch ein schulpflichtiges jüdisches Kind.   
    
Bis nach 1933 bestanden an jüdischen Gewerbebetrieben: Viehhandlung Aron Eisemann (Hauptstraße 67), Manufakturwarengeschäft Josef Fleischmann (Hauptstraße 82), Fa. Süddeutsche Öl- und Fettwarenfabrik H. Grötzinger Söhne (gegründet 1890; war Lieferantin der Badischen Staats- und Nebenbahnen mit technischen Ölen und Fetten, hatte für ihre Produkte Absatzgebiete in ganz Deutschland: etwa 1.500 Hufschmiede bezogen von ihr den Hufbalsam "Sanitol"; Bahnhofstraße 12).    
    
Von den 1933 in Siegelsbach lebenden neun jüdischen Einwohnern konnten sechs emigrieren; die übrigen drei verstarben in Siegelsbach. Die Gemeinde wurde am 20. Januar 1938 aufgelöst, da sie damals nur noch sechs jüdische Männer zählte.    
    
Von den in Siegelsbach geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches - Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"):  Leopold Apfel (1863), Liebmann Apfel (1864), Simon Apfel (1874), Gerson Marx (1878), Jeanette Marx geb. Strauss (1885), Frieda Stein geb. Wollenberger (1869), Julius Stern (1870), Justin Stern (1899), Richard Stern (1879), Ida Wolf geb. Grünhut (1852), Ferdinand Würzburger (1874), Lina Würzburger (1877), Rosa Würzburger (1872), Samuel Würzburger (1870).       
    
    
    
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde                      
   
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und der Schule    
Ausschreibungen der Religionslehrerstelle 1850 / 1904  (1904 zusammen mit Wollenberg und Hüffenhardt)    

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 26. Oktober 1850 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Die mit einem festen Gehalte von 135 fl.  und einem jährlichen Schulgelde von 48 kr. für jedes die Religionsschule besuchende Kind und dem Vorsängerdienste samt den davon abhängigen Gefällen verbundene Religionsschulstelle bei der israelitischen Gemeinde Siegelsbach, Synagogenbezirks Sinsheim, ist zu besetzen.  
Die berechtigten Bewerber um dieselbe werden daher aufgefordert, mit ihren Gesuchen unter Vorlage ihrer Aufnahmeurkunden und der Zeugnisse über ihren sittlichen und religiösen Lebenswandel, binnen 6 Wochen mittelst des betreffenden Bezirksrabbinats bei der Bezirkssynagoge Sinsheim sich zu melden. 
Bei dem Abgange von Meldungen von Schul- oder Rabbinats-Kandidaten können auch andere inländische befähigte Subjekte nach erstandener Prüfung bei dem Bezirksrabbiner zur Bewerbung zugelassen werden"   
 
Hueffenhardt Israelit 21111904.jpg (61386 Byte)Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. November 1904: "Religionsschulstelle. Die mit Vorbeter- und Schächterdienst verbundene Religionslehrerstelle in Wollenberg, Hüffenhardt und Siegelsbach, Amt Sinsheim, mit dem Sitz in Wollenberg, ist möglichst bald zu besetzen. Gehalt 1.050 Mark, freie Wohnung und Nebeneinkommen. Meldungen sind zu richten an die Bezirkssynagoge Heidelberg: Dr. Pinkuß."

       
Der jüdische Lehrer aus Siegelsbach unterrichtet auch in Hüffenhardt und bekommt Schwierigkeiten mit der bürgerlichen Gemeinde (1875)    

Hueffenhardt Israelit 31031875.jpg (122823 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 31. März 1875: "Laupheim. Die Kinder der Mitglieder der israelitischen Gemeinde zu Hüffenhardt (in Baden) besuchen die dortige evangelische Schule, und der hebräische Unterricht und der Religionsunterricht wird ihnen von dem israelitischen Lehrer in dem unfernen Siegelsbach in einigen wöchentlichen Stunden erteilt und zwar in irgend einem Privathause, was dem Herrn Lehrer nimmermehr als passend gefallen wollte. Deshalb stellte die israelitische Gemeinde an die politische Gemeinde das Ansuchen, diese wolle ihr im christlichen Schulhause zu diesem Behufe ein Lokal anweisen. Allein so human und liberal der Gemeinrat und speziell der Herr Bürgermeister Dallmus, sich im allgemeinen zeigte, so konnte er es dennoch nicht übers Herz bringen, dem billigen und gerechten Wunsche zu entsprechen. Auf den abschlägigen bescheid hin erhob die israelitische Gemeinde bei dem Bezirksgericht Mosbach Klage und dieses erkannte unterm 17. Februar dieses Jahres auf Grund des Schulgesetzes vom 8. Mai 1867 § 7 Abs. 2: 'Die Gemeinde Hüffenhardt ist schuldig für den vorgeschriebenen Religionsunterricht der israelitischen Schuljugend in ihrer Religion das Schullokal und die Heizung zu stellen, soweit dadurch der übrige Unterricht nicht gestört wird.' Von diesem Falle erhielt ich Kenntnis, als ich kürzlich auf einer Reise Hüffenhardt besuchte und übergebe denselben hiermit der Öffentlichkeit lediglich in der Absicht, um dadurch manchem badischen Ort, dem es an einem passenden Schullokale fehlt, nachzuweisen, wie es sich nach dem Beispiele Hüffenhardts ein solches verschaffe. W. Stern."  

   
   
Berichte aus dem Gemeindeleben         
Die Gemeinde geht der Auflösung entgegen (1929)   

Obergimpern Israelit 05121929.jpg (98153 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 5. Dezember 1929: "Obergimpern (Baden). Unsere Gemeinde teilt auch das Los aller Landgemeinden und steht vor ihrer Auflösung. Eine Familie ist diese Woche wieder weggezogen, andere werden folgen. Vor dem Kriege war hier noch eine stattliche religiöse Gemeinde, wo Schabbos und Feiertage noch streng gehalten wurden; das hat sich auch noch bis heute bei den noch ansässigen Familien bewahrt. Obergimpern ist eine der ältesten Gemeinden der Umgegend; die schöne zweistöckige Synagoge, welche mitten im Orte steht, wurde im Jahre 1805 von den damaligen Gemeindemitgliedern unter großen Opfern erbaut. Nach dem Kriege wurde sie neu restauriert und sind schon einige Jahre ohne Minjan. Auch unsere Nachbargemeinden Wollenberg, Siegelsbach, Rappenau, Grombach, alle vor dem Kriege noch stattliche Gemeinden, stehen vor ihrer Auflösung. In Obergimpern haben die Juden neben ihrem Geschäft noch größere Landwirtschaft selbst betrieben und haben in der Arbeit den anderen Bauern nicht nachgegeben."  

  
    
Berichte zu einzelnen Personen aus der Gemeinde         
Leopold Marx und Liebmann Samuel sollen sich zur Musterung für den Militärdienst melden (1852)         

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 14. Januar 1852 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Neckarbischofsheim [Aufforderung]. Bei der heute dahier vorgenommenen Assentierung sind folgende Konskriptionspflichtigen der Altersklasse 1831 ungehorsam ausgeblieben. 
Ls.-Nr. 4. Leopold Marx von Siegelsbach.  
6. Friedrich Wittich von da.  15. Paul Blum von Obergimpern.  
31. Jakob Bernhard Eschelbach von Hüffenhard.  
40. Liebmann Samuel von Siegelsbach
60. Samuel Straus, Jakob Sohn, von Obergimpern 
Dieselben werden aufgefordert, sich binnen 6 Wochen dahier zu stellen, widrigenfalls sie als Refraktäre erklärt, nach $ 4 des Gesetzes vom 5. Oktober 1820 behandelt und des Staatsbürgerrechts für verlustig erklärt würden.
Neckarbischofsheim, den 7. Januar 1852. Großherzogliches Bezirksamt."     

     
Zum Tod des aus Siegelsbach stammenden Lehrers Samuel Würzburger (1902)       

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Dezember 1902: "Karlsruhe. Vor einigen Tagen starb dahier der emeritierte Religionslehrer der israelitischen Religionsgesellschaft, Samuel Würzburger. Wer den Verstorbenen noch in seinen besten Jahren gekannt hatte, wie er sich oft so leidend fühlte, der hätte dem braven und tüchtigen Manne kein so langes Leben (fast 87 Jahre) in Aussicht stellen können. Und wie war er in seinem hohen Alter noch so geistig frisch sein Auge war nicht getrübt und seine Säfte nicht geschwunden (5. Mose 34,7). Es war ein seltener Genuss, mit dem ehrwürdigen Greise sich zu unterhalten. Schrift und Inhalt seiner Briefe trugen bis vor Kurzem noch ganz den Stempel jugendlicher Frische. Würzburger war in Siegelsbach, Rabbinat Sinsheim, geboren und besuchte das evangelische Seminar zu Karlsruhe, nachdem er vorher schon die Stelle eines Religionslehrers bekleidet hatte. In Karlsruhe war er durch seine hervorragenden hebräischen und talmudischen Kenntnisse und seine Leistungen, besonders auf dem kantoralen Gebiete, ein Lieblingsschüler des seligen Oberrats Epstein. Seine erste Lehrerstelle nach seiner Entlassung aus dem Seminare war Külsheim, in welch großer Gemeinde er fast ein Menschenalter verbrachte und seine Schule durch seine Unterrichtsresultate zu einer der ersten des Großherzogtums emporhob. Man muss den genialen Lehrer in seinem Berufe gesehen haben. Wie hatte er es verstanden, die Schüler geistig zu wecken; man musste, ob man wollte oder nicht, ein Zurückbleiben gab's nicht. Unterstützt wurde seine Lehrgabe durch eine stramme Disziplin. Das talmudische die Ehrfurcht vor deinem Lehrer gleiche der Ehrfurcht vor Gott (Aboth 1,3; 4.12) bestand bei all seinen Schülern. Der Wunsch, seine Kinder höheren Lehranstalten zuzuführen, veranlasste ihn, die so lange innegehabte Stelle in Külsheim aufzugeben und eine solche bei der israelitischen Religionsgesellschaft zu Karlsruhe anzunehmen, wo ihm eine Anzahl Mitglieder von seiner Seminarzeit her noch ihre Liebe und Verehrung bewahrt hatten. Auch hier wirkte er lange Zeit, bis ein körperliches Leiden ihn zwang, seinem Berufe zu entsagen. Da er von seiner geistigen Frische nichts eingebüßt hatte, traf man den ehrwürdigen Greis immer bei seinen Büchern. Stets liebenswürdig im Umgang, tolerant auch gegen Andersdenkende, hat er sich viele Freunde erworben, die mit seinen zahlreichen Schülern ihm stets ein treues Andenken bewahren werden. Worms. S. Rothschild."          

     
Goldene Hochzeit des Hirsch-Apfel'schen Ehepaares (1912)  

Siegelsbach FrfIsrFambl 17051912.jpg (16524 Byte)Meldung im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 17. Mai 1912: "Siegelsbach (Baden). Das Hirsch Apfel'sche Ehepaar war anlässlich seiner goldenen Hochzeit der Gegenstand zahlreicher Ehrungen." 
zusätzlich eingestellt: Postkarte von Hirsch Apfel
 an die Brauerei Gustav Würzburger in Heilbronn (1877)
  
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller, Kirchheim/Ries) 

Die Postkarte wurde am 16. Oktober 1877 von Hirsch Apfel aus Siegelsbach nach Heilbronn an Herrn Gustav Würzburger, Brauerei verschickt. Zu dieser Brauerei siehe weitere Informationen auf einer Seite mit Dokumenten zu Heilbronn. Der Absender der Karte - Hirsch Apfel, wurde am 12. August 1828 in Siegelsbach geboren als siebtes und letztgeborenes Kind von Jakob Apfel und Scheva (Eva) geb. Mai. Er war verheiratet mit Lena geb. Vollweiler von Siegelsbach, geboren am 3. Januar 1840 in Siegelsbach, gestorben am 26. April 1914. Hirsch Apfel starb am 18. Juni 1916 in Siegelsbach. Beide wurden im jüdischen Friedhof in Bad Rappenau beigesetzt.
Quellen: https://www.findagrave.com/memorial/182973500/hirsch-apfel/photo
http://www.alemannia-judaica.de/images/Images%20266/35_Hirsch_Lena_Apfel.pdf
https://www.findagrave.com/memorial/181473197/jakob-apfel.

     
     
     
Zur Geschichte des Betsaales / der Synagoge               
    
Zunächst war vermutlich ein Betzimmer oder ein Betsaal in einem privaten Haus vorhanden. Um 1739 starb der Vater eines "Rabbi" aus Siegelsbach und 1775 wurde Rabbi Esra in Heinsheim beerdigt. Dieser wird in der Siegelsbacher Gemeinde die Funktionen des Lehrers und Vorbeters innegehabt haben.   
  
Nachdem 1801 inzwischen zehn jüdische Haushaltungen mit 63 Personen in Siegelsbach gezählt wurden, und der bisherige Betsaal nicht mehr ausreichte, ging man an den Bau einer Synagoge. 1804 konnte man eine solche an der heutigen Lindengasse/Ecke Hauptstraße erstellen. Das Grundstück befand sich damals noch außerhalb des Ortsetters. In einem Nebengebäude zur Synagoge befand sich das rituelle Bad. Es handelte sich beim Synagogengebäude um einen einfachen, schmucklosen Bau. Der Bau hat die jüdischen Familien an die Grenzen ihrer finanziellen Möglichkeiten gebracht. Noch 1812 musste für das Grundstück der Synagoge ein Kapital von 80 Gulden abgetragen werden. 
  
Im regenarmen Jahr 1840 gab es um das rituelle Bad im Anbau zum Synagogengebäude einige Probleme. Von nichtjüdischen Ortsbewohnern war es nach einem damaligen Bericht "aus Mutwillen und Rachsucht" demoliert worden. Damals wurde am Ort befürchtet, dass ein unterhalb der Synagoge gelegener Brunnen wegen des Bades nicht mehr genug Wasser liefern würde. Das Bezirksamt Neckarbischofsheim belehrte in seinem Schreiben die Siegelsbacher: "es könne das gegenwärtige Jahr, in welchem auch die reichhaltigsten Brunnen etwas zurückgeblieben sind, nicht als Grund angenommen werden, sondern die Folge muss es erst dartun". Die Gemeinde wurde angewiesen, das jüdische Bad "auf Kosten der Gemeindekasse unverzüglich in den vorigen Zustand herstellen zu lassen, und das, was an Handwerkszeug und sonstigen Gegenständen durch Zusammenwerfen verdorben worden ist, ebenfalls wieder herstellen zu lassen". 
  
1857 wurden die Synagoge und das Nebengebäude des Badhauses nach Plänen von Werkmeister Lutz aus Neckarbischofsheim umgebaut. Über dem Badhaus wurde in einem oberen Stock ein weiteres Zimmer für den Lehrer eingebaut. Dieses Zimmer erreichte man über eine Treppe, die auch zur Frauenempore führte. Im Erdgeschoss befanden sich unter dem Betsaal weiterhin die Wohnung (Wohnzimmer, Schlafstube und Küche) des Lehrers. Unklar ist, welcher Raum für den Unterricht der Kinder verwendet wurde. Die Synagoge stand nun (im Vergleich mit der Situation um 1810) nicht mehr alleine auf dem Grundstück vor dem Ortsetter. Unmittelbar daneben waren inzwischen die Gemeindekelter und das Wohnhaus des Christoph Schramm gebaut worden.  
   
Nachdem die Zahl der jüdischen Einwohner in Siegelsbach um 1925 nur noch 20 betrug, konnten keine regelmäßigen Gottesdienste mehr in der Synagoge stattfinden. 1929, als das Gebäude bereits recht baufällig geworden war, wurde es an nichtjüdische Privatleute verkauft. Dadurch blieb die ehemalige Synagoge beim Novemberpogrom 1938 unangetastet. 

Um 1950
wurde das Synagogengebäude abgebrochen. Das Grundstück wurde nicht wieder bebaut; ein Gedenkstein beziehungsweise eine Hinweistafel sind nicht vorhanden. Das Wohnhaus Schramm wurde 1961 abgebrochen. Erhalten ist noch das frühere Badhaus, das 1857 aufgestockt worden war. Dieses Badhaus wird als Wohnhaus genutzt.   
    
    
    
Fotos / Pläne 
Historische Pläne 
1. Grundstücksplan im Bereich der Synagoge (um 1810)       

Siegelsbach Plan 003.jpg (50539 Byte)
Plan von Siegelsbach im Bereich der Lindengasse um 1810. Die Synagoge stand unmittelbar 
vor dem damaligen Ortsrand; die Gemeindekelter und das Haus Schramm waren noch 
nicht erbaut, auch das Badhaus ist nicht eingetragen, war aber vermutlich schon vorhanden, 
da es nach den Plänen von 1857 aufgestockt wurde (vgl. Pläne von 1857 unten)   

  
2. Pläne vom Umbau der Synagoge, Lehrerwohnung und rituellem Bad 1857: 

(Quelle: Generallandesarchiv Karlsruhe 377/8116) 

Siegelsbach Synagoge 002.jpg (47216 Byte)

Siegelsbach Synagoge 003.jpg (28881 Byte) Siegelsbach Synagoge 004.jpg (31637 Byte)
"Plan zur Vergrößerung der Sinagoge und
 Lehrers Wohnung durch Erbauung eines 2.
 Stocks auf das Frauenbad in Siegelsbach"  
Umbaupläne: 
"Querschnitt" 
Umbaupläne: 
"Ansicht"
       
     
  Siegelsbach Synagoge Plan 03.jpg (80730 Byte) Siegelsbach Synagoge Plan 04.jpg (52670 Byte)
  Umbaupläne 1. Stock (Erdgeschoss)  Umbaupläne 2. Stock 
      

Historische Fotos sind nicht bekannt, Hinweise bitte an den 
Webmaster von "Alemannia Judaica", E-Mail-Adresse siehe Eingangsseite

  
Fotos nach 1945/Gegenwart:  

Fotos um 1985:
(Fotos: Hahn)  
Siegelsbach Synagoge 005.jpg (102183 Byte)
  Auf dem Grundstück im Vordergrund stand die ehemalige Synagoge 
(im Hintergrund die Gemeindekelter)  
   
Fotos 2003:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 30.9.2003)
   
Siegelsbach Synagoge 150.jpg (52612 Byte) Siegelsbach Synagoge 151.jpg (70901 Byte) Siegelsbach Synagoge 152.jpg (61098 Byte)
Das ehemalige Synagogengrundstück: links jeweils die Gemeindekelter; das Haus geradeaus (weiß gestrichen) 
ist das ehemalige Badhaus
(mit einem Zimmer für den Lehrer im oberen Stock, vgl. Plan oben). 
Um diese Häuser gruppierten sich die beiden Gebäude von Synagoge (teilweise im Bereich der Grünanlage; 
um 1950 abgebrochen) und das Wohnhaus Schramm (ca. 1961 abgebrochen). 
Erhalten sind im früheren Badhaus der vermutlich 1804 gelegte Steinboden und ein teilweise verfüllter Brunnen. 
     
Weitere Fotos und Darstellungen 
(erhalten von Gerhard Schnauder)  
Siegelsbach Synagoge 1505.jpg (97738 Byte) Siegelsbach Synagoge 1501.jpg (171942 Byte)
  Modell der Synagoge mit dem Anbau, 
angefertigt nach den Plänen von Werkmeister Lutz 
(Gerhard Schnauder, 2014) 
Das ehemalige Badhaus - wie oben beschrieben -
 mit dem ehemaligen Synagogenplatz links und der 
Gemeindekelter (Ansicht Lindengasse, Foto von 2010) 
     
   Siegelsbach Synagoge 1504.jpg (156157 Byte) Siegelsbach Synagoge 1503.jpg (147678 Byte)
   Der Synagogenanbau links - Ansicht Hüffenhardter Straße, 
mit dem Neubau von 1961 (rechte Gebäudehälfte) 
rechts im Hintergrund: Gemeindekelter 
Im Gebäude (ehem. Synagogenanbau): 
Brunnenschacht mit Steinboden 
(Foto von 2013)  

   
   
Erinnerungsarbeit vor Ort - einzelne Berichte       

November 2017: Eine Hinweistafel erinnert an das jüdische Frauenbad (Mikwe) im Haus Hauptstraße 72    
Artikel in der "Rhein-Neckar-Zeitung" vom 1. Dezember 2017: "Siegelsbach. Das steckt hinter dem Wohnhaus in der Hauptstraße 72, Heute weist ein Schild auf den historischen Hintergrund hin
Siegelsbach. (isi) Einst war hier ein rituelles Frauenbad (Mikwe) der jüdischen Gemeinde eingerichtet, doch vom eigentlichen Gebäude in der Hauptstraße 72 erinnert nichts mehr daran. Jetzt weist kleines Schild auf die geschichtsträchtige Örtlichkeit hin: In unmittelbarer Nähe stand die Synagoge, die in der Reichspogromnacht nicht zerstört worden war.
Erstmals werden um das Jahr 1720 mehrere jüdische Familien in Siegelsbach erwähnt. Aus dem Jahr 1775 sind konkrete Zahlen überliefert: Damals lebten 28 jüdische Einwohner in Siegelsbach, darunter sechs Männer, acht Frauen sowie je sieben Söhne und Töchter. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts lebten 63 jüdische Bürger - in zehn Haushalten - im Ort. Damit wurde der Betraum in einem Privathaus zu klein und die jüdische Gemeinde baute im Jahr 1804 eine Kirche - ein schmuckloser Bau in der heutigen Lindengasse, Ecke Hauptstraße. In einem Nebengebäude wurde 1812 ein rituelles Bad eingerichtet. Im Jahr 1827 wurde die Gemeinde dem Rabbinatsbezirk Sinsheim zugeteilt. Die Zahl der jüdischen Einwohner wuchs in den folgenden Jahrzehnten in Siegelsbach, 1848 gab es 104 jüdische Bürger bei rund 800 Einwohnern. 1857 wurde das Badehaus aufgestockt und unter anderem eine Wohnung für den Lehrer der jüdischen Gemeinde eingerichtet. Nur einmal gab es wegen des jüdischen Frauenbads Streit in der Gemeinde. Um das Jahr 1840 herum herrschten regenarme Jahre, weiß der Ortshistoriker Rudolf Petzold. Das Frauenbad hat einen eigenen Brunnen, der inzwischen zwar zugeschüttet, aber noch immer erhalten ist. Genau gegenüber gab es einen der zwölf öffentlichen Brunnen im Ort. Jener war allerdings ausgetrocknet. Die Gemeindemitglieder glaubten, dass das Frauenbad am Versiegen des öffentlichen Brunnens schuld sei. Deshalb haben sich einige Personen nächtens Zutritt in das Badehaus verschafft und einiges Inventar kurz und klein geschlagen. Die jüdische Gemeinde beschwerte sich daraufhin beim Bezirksamt Neckarbischofsheim. Sie bekam Recht, und die politische Gemeinde musste die zerstörten Gegenstände ersetzen und das Bad wieder instandsetzen.
Zwei große Auswanderungswellen aus Deutschland - die erste nach dem Scheitern der badischen Revolution von 1848 - sorgten dafür, dass sich auch von Siegelsbach aus Familien auf die Suche nach einem besseren Leben in anderen Ländern machten. Nachdem die Zahl der jüdischen Einwohner in Siegelsbach um 1925 nur noch 20 betrug, konnten keine regelmäßigen Gottesdienste mehr in der Synagoge stattfinden. Deshalb und weil das Gebäude inzwischen recht baufällig war, wurde es 1929 an nichtjüdische Privatleute verkauft. Dadurch blieb die ehemalige Synagoge beim Novemberpogrom 1938 unangetastet.
Erst um 1950 wurde das Haus abgebrochen und der Platz nicht wieder bebaut. Das ehemalige Badehaus blieb jedoch erhalten und wird noch immer als Wohnhaus genutzt. Ein kleines Schild, das am vergangenen Wochenende offiziell eingeweiht worden ist, erinnert nun an die Geschichte des Hauses.
Noch ein weiteres Gebäude mit einer langen Geschichte gibt es im Ort: Die Grötzinger Villa wurde im Jahr 1920 als Wohnhaus der Familie, der die einstige Süddeutsche Öl- und Fettwarenfabrik gehörte, in der Hauptstraße gebaut. Die Familie Grötzinger wanderte 1938 nach Amerika aus. In der denkmalgeschützten Jugendstilvilla befindet sich heute das Hotel "Alte Post"."   

    
     

Links und Literatur 

Links:  

bulletWebsite der Gemeinde Siegelsbach   
bulletSiegelsbach Alte Post.jpg (99877 Byte)Website des Hotels "Alte Post" in Siegelsbach mit Seite zur Geschichte des Hauses (das heutige Hotel "Alte Post" war seit 1902 Wohnhaus der Familie Grötzinger, die 1864 die Firma "Süddeutsche Öl", die heutige Firma "Mann & Schröder" gegründet hatte. 
Foto links: Die ehemalige "Villa Grötzinger" in Siegelsbach; Quelle: https://www.michels-siegelsbach.de/alte-post.html      

Literatur:   

bulletFranz Hundsnurscher/Gerhard Taddey: Die jüdischen Gemeinden in Baden. 1968. S. 260-261. 
bulletWolfram Angerbauer/Hans Georg Frank: Jüdische Gemeinden in Kreis und Stadt Heilbronn. 1986. S. 209-212. 
bulletRudolf Petzold: Heimatbuch Siegelsbach. 1986 (Abschnitt: Die Juden S. 161-164).  
bulletJoseph Walk (Hrsg.): Württemberg - Hohenzollern - Baden. Reihe: Pinkas Hakehillot. Encyclopedia of Jewish Communities from their foundation till after the Holocaust (hebräisch). Yad Vashem Jerusalem 1986. S. 347.  
bulletsynagogenbuch-1.jpg (32869 Byte)Joachim Hahn / Jürgen Krüger: "Hier ist nichts anderes als Gottes Haus...". Synagogen in Baden-Württemberg. Band 1: Geschichte und Architektur. Band 2: Orte und Einrichtungen. Hg. von Rüdiger Schmidt, Badische Landesbibliothek, Karlsruhe und Meier Schwarz, Synagogue Memorial, Jerusalem. Stuttgart 2007. 
bulletRudolf Petzold: Die jüdische Gemeinde Siegelsbach. In: Bad Rappenauer Heimatbote Nr. 24. Dezember 2013. Informationen.  
bulletBeitrag über den 1866 in Siegelsbach und geborenen und dort aufgewachsenen Arzt Dr. Adolf Würzburger (Sohn von Ferdinand Würzburg und Hanna geb. Löwenstein):
Rudolf und Inge Rothenhöfer: Dr. Adolf Würzburger (1866-1948) Arzt und Zionist. Eingestellt als pdf-Datei.   

    
     


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Siegelsbach  Baden.  Jews settled in the early 18th century and reached a population of 104 in 1848. The population dropped to nine in 1933. Of these six emigrated to the United States and three died of natural causes. 
         
         

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020