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Elsass"
Rosheim
(Dep. Bas Rhin /Alsace / Unterelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In der früheren Reichsstadt Rosheim lebten Juden bereits
im Mittelalter. Während der Pestzeit wurde die jüdische Gemeinde zerstört.
Seit 1454 werden Juden wieder am Ort genannt. Doch blieb ihre Zahl zunächst
gering. 1507 flohen einige angeblich aus Oberehnheim vertriebene Juden nach
Rosheim. In den folgenden Jahren wollte der Rat der Stadt die Juden vertreiben,
was jedoch nicht gelang. Seitdem lebten kontinuierlich Juden in der Stadt, bis
zur Mitte des 17. Jahrhunderts waren es meist ca. acht Familien.
In der zweiten
Hälfte des 17. und im 18. Jahrhundert nahm die Zahl der jüdischen Einwohner
stark zu. 1696 waren es 18 jüdische Familien. Bei der Volkszählung am 2. März
1785 wurden 53 jüdische Familien mit zusammen 268 Personen gezählt.
Mitte des
19. Jahrhunderts (1850) gehörten bis etwa 260 Personen der jüdischen Gemeinde an.
Danach entwickelte sich die Zahl wie folgt: 1870 292 jüdische Einwohner in
Rosheim, 1900 242, 1910 164.
An Einrichtungen hatte die Gemeinde eine
Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule und ein rituelles Bad. Die Toten der
jüdischen Gemeinde wurden auf dem jüdischen Friedhof in Rosenweiler
beigesetzt. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein jüdischer
Lehrer am Ort, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Besonders in
Erinnerung blieb Lehrer Salomon Hirsch, der 1902 nach 35 Jahren Tätigkeit in Rosheim in
der Ruhestand trat (siehe Bericht unten).
Im 18./19. Jahrhundert war Rosheim Sitz einer Jeschiwa und eines Rabbinates. Im
weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts (bis 1913) war zuständiger Rabbiner der Rabbiner von Mutzig
(vgl. Bericht zum Abschied von Lehrer Hirsch 1902, zu dem Rabbiner Goldstein aus
Mutzig erscheint).
1936 lebten noch 69 jüdische Personen in Rosheim. Diejenigen von
ihnen, die in den folgenden Jahren Rosheim nicht verlassen konnten, wurden unter
der deutschen Besatzung 1940 nach Südfrankreich deportiert.
Von den in Rosheim geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen
Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Guy Aron (1938), Jacques
Aron (1931), Marthe Aron (1906), David Bloch (1874), Felicité Bloch (1872),
Paulette Bloch (1923), René Bloch (1896), Leon Blomer (1904), Emanuel Blum
(1880), Isaac Blum (1876), Leon Blum (1904), Lucien Blum (1881), Robert
Blum (1894), Samuel Blum (1882), Eugenie Debre (1864), Marc Fisch (1882), Samuel
Fisch (), Franziska Frenkel (1888), Fanny Halbronn geb. Schillio (1870), Henri
Halbronn (1901), Regina Haymann (1877), Adele Kaufmann geb. Fisch (1889), Armand
Leder (1895), Hortense Leder (1876), Leon Leder (1876), Cecile Lehmann geb. Kahn
(1882), Emilie Lehmann (1887), Salomon Levy (1888), Sylvain (Samson) Levy
(1887), Jeanne Marx (1902), Desiré May (1895), Roland May (1926), Henri Netter
(1887), Berthe Roch (1884), Marthe Simon (1892), Sophie Sondheim geb. Fisch
(1887), Jacques Weill (1883), Laure Weill geb. Dreyfuß (1890), Paul Weill
(1879), Emile Wertheimer (1878), Jeanne Wertheimer (1870), Alfred Wolff (1881),
Lucien Wolff (1892), Reine Wolff (1889), Mathieu Wolff (1868).
Nach 1945 wurde die jüdische Gemeinde nicht neu begründet, da die Zahl
der zugezogenen jüdischen Personen / Familien zu gering geblieben ist.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Beiträge zu Josel von Rosheim
Hinweis
auf Josef (Josel) von Rosheim (1476-1554)
Bekanntester Jude der Stadt ist Josef
(Josel) von
Rosheim (Josef ben Gerschon). Er ist vermutlich 1476 in Haguenau geboren,
war später Rabbiner am Gericht der unterelsässischen Judenschaft und lebte
ansonsten vom Geldhandel. Seit 1510 war er einer der Vorsteher ("Parnas und
Manhig") der unterelsässischen Judenschaft. Seit 1514 lebte er in Rosheim.
Mehrfach erreichte er in den folgenden Jahren, dass geplante Vertreibungen und
Ausweisungen von Juden aus mehreren Orten unterblieben. 1520 war er als
"Oberster über alle Juden deutscher Nation" beziehungsweise
"Befehlshaber der Judenschaft im Heiligen Römischen Reich Deutscher
Nation" bei der Krönung Karls V. in Aachen und verhandelte mit teilweisem
Erfolg über Angelegenheiten der Juden im Reich. 1539 verteidigte er die Juden
gegen die antijüdischen Äußerungen Martin Luthers und Martin Bucers. 1554
starb er in Rosheim.
Zahlreiche
Darstellungen zu Rabbi "Rabbi Roselmann von Rosheim" liegen vor.
Auch in jüdischen Periodika des 19./20. Jahrhundert kam Rabbi Joselmann
immer wieder vor. Die ausführlichste Darstellung ist die in fast 50 Folgen
erschienene "historische Erzählung" in zahlreichen Ausgaben der
Zeitschrift "Der Israelit" von 1878/79. |
Beitrag über Josef von Rosheim von J. Borchardt in der
"CV-Zeitung" (1926)
Artikel in der "CV-Zeitung" (Zeitschrift des
"Central-Vereins", Monatsausgabe) vom September
1926:
Artikel wird nicht ausgeschrieben, bei Interesse bitte Textabbildung
anklicken |
Artikel zu Josef von Rosheim von Kurt Pinthus in
"Bayrische Israelitische Gemeindezeitung" vom 15. August 1935
Artikel
in der "Bayerischen Israelitischen Gemeindezeitung" vom 15.
August 1935:
Artikel wird nicht ausgeschrieben, bei Interesse bitte Textabbildungen anklicken. |
|
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Aus der Geschichte der
jüdischen Lehrer
Lehrer Salomon Hirsch tritt nach 35 Jahren Dienst in Rosheim in
den Ruhestand (1902)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. November
1902: "Rosheim (Unter-Elsass), 16. November (1902). Aus
der Gemeinde Rosheim, dem Heimatort des berühmten Rabbi Joselmann,
dringen äußerst selten interessierende Ereignisse in die
Öffentlichkeit. Heute habe ich Ihnen von einer schönen Festlichkeit zu
berichten, die zu Ehren unseres bisherigen Elementar- und Religionslehrers
begangen wurde. Anfangs dieses Monats ist Herr Lehrer Hirsch, in
Anbetracht seines 63. Lebensalters, seiner angegriffenen Gesundheit und
seines 43-jährigen segensreichen Wirkens als Lehrer - die ersten acht
Jahre in Mutzig und Merzweiler,
in den letzten 35 Jahren dahier - in den wohlverdienten Ruhestand
übergetreten. In Anbetracht seiner selbstlosen, aufopfernden 43-jährigen,
nachahmungswürdigen Amtstätigkeit auf dem Gebiete des Lehrfaches, haben
seine Majestät Kaiser Wilhelm II. allergnädigst geruht, Herrn Hirsch
anlässlich seines Übertrittes in den wohlverdienten Ruhestand, den
Kronenorden IV. Klasse zu verleihen, den ihm Herr Knüppel, Kaiserlicher
Kreisdirektor zu Molsheim, im hiesigen, festlich geschmückten
Rathaussaal, in Gegenwart des Bürgermeisters und sämtlicher
Gemeinderäte der hiesigen Stadt, des Schulinspektors zu Molsheim, des
Pfarrers von hier, des Rabbiners Dr. Goldstein und zahlreicher,
auswärtiger Lehrer und Teilhaber, sowie der Notabilitäten der hiesigen
Gemeinde aller Konfessionen und der Schulkinder der hiesigen katholischen
und jüdischen Schulen, mit ihren Lehrern an der Spitze, nach
vorhergegangener Vorlesung der Verleihungsurkunde, in feierlicher Weise
überreicht hat. Dem vorher festgesetzten Programm gemäß ergriff zuerst
der Jubilar das Wort, um mit tiefbewegtem Herzen den Gefühlen Ausdruck zu
verleihen, welche dieser feierliche Moment in ihm hervorgerufen, die nie
aus seinem Herzen schwinden werden. Zunächst das Gefühl der
unbeschreiblichen Herzensfreude angesichts der ihm unverdienter Weise
verliehenen Allerhöchsten Auszeichnung und des untertänigsten Dankes
für dieselbe; dann die Gefühle des Dankes für den väterlichen
Beistand, die Ratschläge, Winke und Andeutungen, die ihm seitens seines
Vorgesetzen, des Herrn Schulinspektors, während der letzten Jahre seiner
Amtstätigkeit zuteil geworden sind; das Gefühl des Dankes für die ihm
erwiesene Teilnahme an seinem und seiner Familie Freudentage seitens
sämtlicher Anwesenden, und endlich das schmerzhafte Gefühl des
Abschiedes von seinen lieben Kindern, - ein Ausdruck, den er gebrauchte,
so oft er von seinen Schülern sprach - der auch in den Herzen der Kinder
und der Eltern einen mächtigen Widerhall fand.
Unmittelbar darauf schilderte Herr Schulinspektor Lombard die für
das Wohl des Staates und der gesamten Menschheit hohe Bedeutung der
Schulen im Allgemeinen, was nur der Pflichttreue der Lehrer zu verdanken
sei und wies in beredten Worten auf die hohen und vielen Verdienste des
Jubilars hin.
Im Anschluss an die mit großem Beifall aufgenommenen Worte des Herrn
Schulinspektors, hielt Herr Rabbiner Dr. Goldstein eine Ansprache
an den Jubilar, in welchem derselbe die Leistungen des Gefeierten als
Religionslehrer, auf dem Gebiete des Religionsunterrichtes schilderte, wie
der Jubilar es verstanden habe, weil es für ihn ein Herzensbedürfnis,
eine heilige Aufgabe war, weil er es als Endziel seines Berufes erachtete,
aus jedem einzelnen seiner Schüler einen Bar Mizwa und aus jeder
einzelnen seiner Schülerinnen eine Bat Mizwa, d.h. von der
Göttlichkeit, Wahrhaftigkeit und Ewigkeit unserer heiligen Religion
durchdrungene, beseelte und begeisterte Gotteskinder, wahrhaft
fromme Gotteskinder und Kinder Israels, echte jüdische Kinder
Israels zu machen, wovon Redner während seines zwanzigjährigen Wirkens
als Rabbiner der hiesigen Gemeinde alljährlich gelegentlich der
Inspizierung der Schule, sich zu überzeugen Gelegenheit
hatte.
Als letzter Redner trat Herr Bürgermeister Weiß auf, der dem
Jubilar die Ehrerbietung der Stadt Rosheim überbrachte und ein von der Stadtverwaltung
ihm gewidmetes Dankesgeschenk, einen schönen Ruhestuhl, mit den Worten
überreichte: 'In diesem Ruhestuhl mögen sie sich noch viele Jahre
ausruhen, nachdem Sie 43 Jahre lang als Lehrer und Erzieher der Jugend
rast- und ruhelos treu und redlich gearbeitet haben.'
Den Schlussakt dieser schönen Feier bildete ein Dank- und
Abschiedsgedicht, vorgetragen von einer Schülerin, die ihrem väterlichen
Lehrer im Namen der Schüler einen hübschen Blumenstrauß überreichte. -
Sämtliche Anwesende verließen den Rathaussaal mit dem Bewusstsein: Ein
solch' schönes Fest ist in Rosheim noch nie gefeiert
worden!" |
Lehrer a.D. Salomon Hirsch wird ausgezeichnet
(1902)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 19. Dezember 1902: "Der Lehrer a.D. Salomon Hirsch in Rosheim
hat den Kronenorden IV. Klasse erhalten." |
Aus dem jüdischen
Gemeinde- und Vereinsleben
Alljährliches Essen der Chewra Kadischa (Wohltätigkeits-
und Bestattungsverein; 1904)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Oktober 1904: "Rosheim
im Elsass, 3. Oktober (1904). Am Simchasthora-Feste, nach dem
Minchah-Gottesdienste, fand, wie alljährlich, im hiesigen jüdischen
Restaurant ein kleines Essen der Chewrah Kadischah statt.
Nachdem sich alle an den vorzüglichen dargereichten Speisen und
Getränken gütlich getan, ergriff der Präsident, Herr Fabrikant Meyer
Blum, das Wort, um wiederholend den Zweck der Chewrah zu
erklären.
Unter Zugrundelegung von Worten unserer Weisen erläuterte derselbe in
beredten Worten, dass auch der einzige Zweck der Chewra nur zur Ehre
Gottes sei, daher sei auch sicher anzunehmen, dass dieselbe
fortbestehen werde. Unserem großen Prediger Salomo die Worte entlehnend 'es
ist alles ganz eitel' (Prediger 1,2) fuhr der Redner fort zu
erläutern, wie auf dieser Welt alles nur eitel sei, nichts sei von
Bestand, nur reine Gottesliebe wird ewig bestehen.
Als dann noch einige Vorträge, gesangliche wie auch deklamatorische von
Mitgliedern vorgetragen waren, ging man gemeinschaftlich zum
Maariwgottesdienste, mit dem Bewusststein, einige frohe Stunden im Verein
verlebt zu haben, dem sonst so tiefernste Arbeit
obliegt." |
Gründung eines Vereins zur Pflege der jüdischen
Geschichte und Literatur (1903)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. Dezember
1903: "Rosheim, 26. November (1903). Letzten Samstag
wurde in hiesiger Gemeinde ein Verein zur Pflege der jüdischen Geschichte
und Literatur unter dem Namen 'Israelitischer Literaturverein Rosheim'
gegründet. Der Hauptzweck des Vereins soll sein: das Halten von Vorträgen
mit anschließenden Diskussionen. Ferner soll eine Bibliothek angeschafft
werden, die den Mitgliedern zur Verfügung gestellt werden wird. Eine
Reihe von jüdischen Zeitungen sollen wöchentlich im Vereinslokal
aufliehen. In den Vorstand wurden gewählt: Fabrikant Meyer Blum
(Präsident), Samuel Bloch, Lehrer Weil, Paul Weil, Marc Weil und Julien
Bloch. Der Verein zählt etwa 30 Mitglieder. Wünschen wir dem jungen
Vereine viel Glück." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Februar 1904: "Rosheim
(Unter-Elsass), 2. Februar (1904). Ein längst gehegter Wunsch unseres
Rabbiners, Herrn Dr. Goldstein, einen auf der Basis des traditionellen
Judentums beruhenden jüdischen Literaturverein in der hiesigen Gemeinde
zu gründen, erfreut sich nun, Dank der Anregung seitens des Herrn Weil,
Lehrer der hiesigen israelitischen Gemeinde, besonders aber durch die
energische Initiative des Herrn Meyer Blum, Fabrikant hier..., seiner
Verwirklichung. Verflossenen Erew Schabbat (Freitag) beraumte
Herr Mayer Fabrikant Blum, Präsident des neu gegründeten jüdischen
Literaturvereins, unter vorhergegangener Einladung an unseren Rabbiner,
sowie an den Rabbiner von Oberehnheim,
die erste Generalversammlung an, die von einer befriedigenden Anzahl
Mitgliedern, u.a. von Herrn Salomon Blum, Vorsteher der hiesigen
Gemeinde, besucht war. Unter dem üblichem Willkommengruß eröffnete Herr
Meyer Blum die Versammlung und erteilte das Wort unserem Rabbiner, Herrn
Dr. Goldstein. Dieser übertrug es einem jüngeren Kollegen, Herrn
Rabbiner Dr. Bloch - Oberehnheim. Nach
einer kurzen Einleitung, welche auf den Entwurf des Programms des neu
gegründeten jüdischen Literaturvereins Bezug hatte, hielt Herr Dr. Bloch
einen Vortrag über die Sekten im Judentum. Nach Beendigung dieses des
allseitigen Beifalls sich erfreuenden Vortrags, ergriff Herr Dr. Goldstein
das Wort, einerseits behufs Erweiterung des Programms im oben erwähnten
Sinne, andererseits behufs einer kurzen, sachlichen Kritik bezüglich der
Ausführung des Vorredners, das Kuratorium betreffend. Zum Schluss dankte
der Vereinspräsident den beiden Rednern für ihre aktive Beteiligung an
dem ersten Vereinsabende mit dem Wunsche, dass dieser erste Vereinsabend
den Grundstein zur Befestigung und zum Gedeihen des neu ins Leben
gerufenen jüdischen Literaturvereins bilden
möge." |
Vortrag von Rabbiner Dr. Goldstein (Mutzig) im Literaturverein
(1904)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 17. März 1904: "Rosheim,
13. März (1904). Verflossenen Sonntag hielt unser Rabbiner, Herr Dr.
Goldstein, in unserem neu gegründeten Literaturverein vor einer zahlreich
erschienenen Zuhörerschaft, unter denen sich auch eine Anzahl vornehmer
Damen befanden, einen interessanten Vortrag über das Thema: 'Entstehung
und Entwicklung des Vereinslebens im Judentum.' Der Vortragende behandelte
den ziemlich umfangreichen Stoff mit der Knappheit, die ihm durch die
Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit zu Gebote stand, berührte dabei
aber alle, sowohl die zum Schutze zur Erhaltung und Förderung des auf
Bibel, Talmud und Schulchan Aruch bestehenden Vereinigungen des
Judentums, als auch die behufs Verbesserung der sozialen Lage unserer
Glaubensgenossen seit den ältesten Zeiten bis heutigen Tages ins Leben
gerufenen Vereine und Gesellschaften. Herr Rabbiner Dr. Goldstein sprach
frei und fließend ca. 1 1/2 Stunden lang, ohne die Versammlung zu
ermüden, die mit gespannter Aufmerksamkeit seinen Ausführungen folgt und
zum Schluss stürmischen Beifall spendete." |
Die jüdischen Metzger halten nun den Sabbat streng ein (1904)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 14. April 1904:
"Rosheim (Elsass). Dem energischen Auftreten unseres Rabbiners,
Herrn Dr. Goldstein, ist es zu verdanken, dass hiesige jüdische
Metzger, die bisher den Sabbat entweiht, das bindige Versprechen gegeben
haben, von nun an den Sabbat streng zu halten." |
Der Kaiserliche Statthalter von Elsass-Lothringen, Graf von Wedel, besucht die
jüdische Gemeinde (1909)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 18. November 1909: "Rosheim,
1. November (1909). Anlässlich des hohen Besuches, welchem Graf von
Wedel, Kaiserlicher Statthalter von Elsass-Lothringen, unsere Synagoge
sowie die hiesige israelitische Gemeinde beehrte, richtete unser Rabbiner,
Herr Dr. Goldstein aus Mutzig, an seine
Exzellenz eine Ansprache, die großen Eindruck
machte." |
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod von Rabbiner Anselm
Schopple Levy in Hagenau (Anselme Schopflich-Levy, 1846; Sohn des Rabbiners von
Rosheim)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 16. Februar 1846: "Hagenau
(Elsass), 24. Januar. (Privatmitteilung) Der Tod hat soeben dem mosaischen
Kultus einen seiner eifrigsten Verteidiger und den Israeliten von Hagenau
einen der gelehrtesten Gesetzkundigen geraubt. Herr Anselm Schopple Levy,
Sohn des berühmten Rabbiners von Rosheim, schien die Eigenschaften
und die Talenten seines Vaters geerbt zu haben. Im Alter von 13 Jahren war
er schon im Talmud bewandert; zu 25 Jahren ward er zum Rabbiner in einer
Stadt Deutschlands ernannt. Aber ungeduldig nach Frankreich zurückzukehren,
opferte er der Liebe für's Vaterland die glänzendsten Stellungen und nahm
allmählich als Rabbiner die bescheidenen Plätze von
Mutzig und
Fegersheim ein. Gegen Ende von
1831 hatten die Hagenauer
Israeliten das Glück seines Besitzes.
Sein argloses Gemüt, sein sanfter und wohlwollender Charakter, seine tiefe
Gelehrsamkeit in der jüdischen Theologie zogen eine große Anzahl junger
Leute um ihn, welche aus dieser ergiebiger Quelle zu schöpfen kamen, und von
denen die meisten heute einen ehrenvollen Rang unter den Rabbinern
Frankreichs und Deutschlands inne haben.
Im Alter von 73 Jahren seiner Familie beraubt, wird dieser würdige Beamte
nicht bloß von seinen Oberen, von seinen Kollegen, seinen Zöglingen, sondern
von allen jenen, die ihn kannten, bedauert.
Die israelitische Schule eröffnete den Leichenzug; der Vorsänger und der
Chor in Kostüm gingen vor dem Sarge. Die Gegenwart des Herrn Rabbiners von
Straßburg, mehrere Mitglieder des Munizipalrates, des öffentlichen
Unterrichts und verschiedener Verwaltungskorps erhöhte die Pracht dieses
imposanten Trauerzuges. Mehr als 500 Personen folgten dem Sarge. In dem
Tempel angekommen, welcher schwarz ausgeschlagen war, wurde die Bahre auf
den Katafalk vor der heiligen Bundeslade gestellt. Der Vorsänger stimmte als
dann, von den Chorkindern begleitet, einen Trauergesang an, welcher eine
schmerzliche Rührung unter den Zuhörern hervorbrachte. Hierauf improvisierte
der Herr Rabbiner eine deutsche Rede, welche alle Anwesenden tief
erschütterte." |
Zum Tod von Melanie Blum, Frau des Fabrikanten Meyer
Blum (1903)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. Mai 1903: "Rosheim
(Elsass), 27. April (1903). Am 24. dieses Monats verstarb dahier Frau Melanie
Blum, Gattin des Fabrikanten Herrn Meyer Blum, in ihrem 72.
Lebensjahre. 'Gefallen ist die Krone von unserem Haupte!' So wehklagen in
kindlicher Ergebung in den heiligen Willen, in demutsvoller Unterwerfung
unter den unerforschlichen Ratschluss des Allmächtigen, der gebeugte
Gatte, die untröstlichen Kinder, Schwiegersöhne und Enkelkinder über
den herben, unersetzlichen Verlust, von welchem sie durch das jähe,
unverhoffte Hinscheiden der edlen, frommen, herzensguten, seelenreinen,
unvergesslichen Gattin, Mutter, Schwiegermutter und Großmutter hart, sehr
hart betroffen worden sind. Ein unübersehbares, nicht endenwollendes
Trauergefolge fand sich am 26. zur Bestattung der edlen Dahingeschiedenen
ein, um dieselbe zur letzten Ruhestätte, nach dem Friedhofe
in Rosenweiler, zu geleiten. Mit dem Hinscheiden dieses Musterweibes
ist nicht nur die Familie, sondern es sind auch viele Unglücklichen,
deren Tränen sie getrocknet, insbesondere die Armen des heiligen Landes,
hart betroffen. Dies haben auch die Herren Rabbiner Dr. Goldstein -
Mutzig, Dr. Bloch - Oberehnheim,
in ihren ihr gewidmeten Nachrufen, welche einen tiefen Eindruck auf die
Leidtragenden, wie auf alle Anwesenden gemacht haben, hervorgehoben, und
ihre echte und wahre Frömmigkeit als Beispiel hingestellt. Möge Gott den
trauernden Hinterbliebenen lindernden Trost spenden und ihnen die Kraft
verleihen, die schwere Prüfung zu überstehen, im Bewusstsein treu
erfüllter Gattung- und Kindespflichten. Der frommen Dahingeschiedenen
rufen wir nach: Dein Andenken wird ein gesegnetes
bleiben." |
Zum Tod von Amelie Debré geb. Cahn,
Frau des verstorbenen Gemeindevorstehers Anselm Debré in Westhoffen, seit 1912
in Rosheim wohnhaft (1914)
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 20. März 1914: "Rosheim.
Der Fasttag des Taanis-Esther stand für uns im Zeichen doppelter Trauer:
nach nur zweijährigem Aufenthalt in hiesiger Gemeinde, wohin sie nach dem
Tode ihres Gatten, des unvergesslichen Anselm Debré zu einer Tochter
gezogen war, ist uns Frau Amelie Debré seligen Andenkens,
geborene Cahn, im Alter von 64 Jahren durch den Tod entrissen worden und
wurde an diesem Tage zu Grabe getragen. Aus bestem Hause entstammt, eine
Tochter des durch seine Frömmigkeit bekannten Rebb Leib aus
Hatten, hat sie auch im eigenen Heim
eine Hütte recht jüdischer Frömmigkeit errichtet, die weithin gekannt und
gerühmt war, hat sie hinwiederum ihre Kinder in gleichen Geiste erzogen und
das Glück gehabt, sie ihr darin folgen zu sehen. Schlicht und einfach,
ausgestattet mit seltener Lebensklugheit und reicher Erfahrung, wusste sie
die Menschen in ihren Bann zu ziehen, und war sie glücklich, Ihnen mit Rat
und Tat helfen zu können. So wirkte sie in ihrer alten Heimat Westhofen
an der Seite ihres edlen Gatten seligen Andenkens über ein
Menschenalter. So hatte sie sich aber auch schon hier bewährt während der
kurzen Zeitspanne, die ihr noch bei uns vergönnt war. Die Herzen vieler
schlugen ihr zu, die Sympathien aller waren ihr gewonnen. Dies war nur ein
schwacher Ausdruck der allgemeinen Kundgebung der Trauer bei ihrer
Bestattung. Unter den zahlreichen Teilnehmern sehen wir auch mehrere
Rabbiner: neben ihrem Sohn (dem Rabbiner von
Saarunion) und ihren Schwiegersöhnen
(von Winzenheim und
Barr) die Rabbiner von
Oberehnheim,
Buchsweiler,
Sankt Ludwig und
Bollweiler. Eine Schilderung ihres
frommen beispielgebenden Lebens entwarf zunächst der Rabbiner von
Oberehnheim. Dann nahm der Sohn auch
namens seiner Geschwistern bewegten Herzens Abschied von der teuren Mutter;
worauf noch der Schwiegersohn von
Winzenheim, anknüpfend an die vergangene Sidra (Wochenabschnitt aus
der Tora), ihr Haus als ein Heiligtum zeichnete, in welchem sie wie eine
Priesterin (Kohenet) in Reinheit gewaltet habe. Die Bahre wurde nach
Westhofen gebracht, um auf dem
Friedhof dort an der Seite ihres Gatten zur Ruhe gebetet zu werden. Auch
hier war die Gemeinde - Männer und Frauen - vollzählig erschienen, um der
Verstorbenen den letzten Zoll der Liebe und Verehrung zu weihen. Am offenen
Grabe gab Rabbiner Guggenheim den Gefühlen des Schmerzes und der
Trauer beredten Ausdruck, wie sie ihr Hinscheiden hier am Orte ihres
langjährigen segensreichen Wirkens geweckt hatte. Noch ein letztes
herzliches Abschiedswort seitens ihres Schwiegersohn von
Barr, und Scholle rollte auf Scholle hinab
auf den Sarg einer Edlen und Guten, einer Treuen und Frommen. Ihre Seele
sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Zur Geschichte der Synagoge
Im Laufe der Jahrhunderte bestanden sicher mehrere Betsäle/Synagogen
in Rosheim. Im 19. Jahrhundert wurde 1835 eine Synagoge in der heutigen
"Rue Netter" erbaut. Sie wurde 1884
durch ein neues, bis heute stehendes, zuletzt 1959 renoviertes Gebäude in der
Rue du General de Brauer ersetzt. Die Synagoge ist von neuromanischem Stil
geprägt. In der NS-Zeit wurde die Synagoge entweiht. Das Mobiliar wurde
gestohlen. 1959 wurde die Synagoge wieder eingerichtet und eingeweiht. Da aber
in den 1960er-Jahren nur noch 14 jüdische Einwohner in Rosheim lebten, konnte
die Synagoge nicht als jüdisches Gotteshaus genützt werden.
La synagogue de style néo-roman a été
inaugurée en 1884. Elle a remplacé celle qui était initialement située dans
l'actuelle rue Netter. La communauté juive est mentionnée dès le 13ème
siècle. En 1784 on dénombrait à Rosheim plus de 260 personnes de confession
juive. Réinaugurée en 1959, la synagogue n'est plus aujourd'hui affectée au
culte.
The neo-roman synagogue was inaugurated
in 1884 and replaced the one that was located in what is now the rue Netter. The
Jewish community, mentioned as far back as the 13th century, has always been
present in Rosheim. In 1784 there were more than 260 jews in Rosheim.
Re-inaugurated in 1959, the synagogue is no longer active as the Jewish
community is not large enough.
Fotos
Fotos zur jüdischen Geschichte Rosheims:
(Fotos: Hahn; Aufnahmedatum: sw-Fotos im Mai 1987, Farbfotos
26.7.2004)
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"Jude mit
Geldbörse" - mittelalterliches
Spottbild auf der St.-Peter- und
Paulskirche |
Rue des Juifs -
Judengasse in
Rosheim |
Rabbi Josselmann, dargestellt
im
Durchgang des westlichen Stadttores |
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Die St.-Peter-
und Paulskirche mit dem mittelalterlichen Spottbild "Jude mit
Geldbörse" |
Fotos der Synagoge
Fotos vom Mai 1987
(Fotos: Hahn) |
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Die 1884 erbaute
Synagoge in Rosheim |
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Gebotstafeln
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Rosette über dem
Eingangsportal |
Inschrift über dem Eingang |
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Fotos 2004:
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 26.7.2004) |
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Die Synagoge von Südwesten |
Die Synagoge von Norden |
Inschrift über dem
Eingangsportal |
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Ostseite mit der Apsis
des
Toraschreines |
Rosette und Gebotstafeln
über dem Eingangsportal |
Westliche Fassade |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
| Germania Judaica II,2 S. 704; III,2 S. 1249-1250. |
|
Selma Stern: Josel von Rosheim - Befehlshaber der Judenschaft in Heiligen
Römischen Reich Deutscher Nation. 1959. |
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
|