Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Bischwiller (Bischweiler, Dep. Bas Rhin /Alsace / Unterelsass) 
Jüdische Geschichte  /  Synagogue / Synagoge

Übersicht: 

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Aus der Geschichte des Rabbinates   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
bulletZur Geschichte der Synagoge   
bulletFotos / Darstellungen  
bulletLinks und Literatur   

     

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde (english version)    
    
In dem in früheren Jahrhunderten zum Bistum Straßburg gehörenden (und dem Pfalzgrafen verpfändeten) Ort Bischwiller lebten Juden bereits in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts. 1322 setzte Ludwig der Bayer die Brüder Joseph und Säkinlin von Bischweiler sowie Joseph von Neuweiler um 100 Pfund Haller zum Pfand. Bei der Verfolgung in der Pestzeit 1348/49 wurden auch die Bischweiler Juden ermordet (Nennung im Mainzer Memorbuch). Erst 1499 wird wieder ein Jude als in Bischweiler wohnhaft genannt. In den folgenden Jahrhunderten waren jüdische Niederlassungen nur ausnahmsweise möglich (z.B. 1676 bis 1679). Bei der Volkszählung der elsässischen Juden von 1784 werden keine jüdischen Einwohner in Bischweiler genannt.   
    
Seit der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnten sich Juden wieder am Ort niederlassen (die ersten Familien 1825). Um 1850 wurde eine jüdische Gemeinde gegründet. Zu den ersten Familien gehörten diejenigen von Aron Blin, Diogène Dreyfus und die Familie Schweitzer.

Die Zahl der jüdischen Einwohner nahm zu von 17 in 1826 auf 54 in 1846, auf 94 in 1851. 1866 wurden bereits 246 jüdische Einwohner gezählt (etwa 2,50 % der Gesamteinwohnerschaft). Aus Schirrhoffen, Offendorf, Wittersheim und anderen Dörfern waren zahlreiche Familien zugezogen. 
  
Nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71 verzogen mehrere Familien in französische Städte wie Elbeuf in der Normandie (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Synagoge_(Elbeuf)) oder nach Nantes. Etliche von ihnen wollten nicht im Deutschen Reich, sondern in Frankreich leben (vgl. zeitgenössische Berichterstattung unten). Die Zahl der jüdischen Einwohner ging dadurch - wie auch in anderen Städten (Metz, Straßburg, Colmar, Mühlhausen, Schlettstadt, Hagenau) erheblich zurück.   
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule (zeitweise israelitische Volksschule), ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der auch als Vorbeter und Schochet tätig war. Um 1879/1887 wird als Lehrer und Vorsänger (Ministre officiant) S. Dreyfuß genannt, um 1892/1899 Henri Marx. An jüdischen Vereinen gab es (nach Verzeichnissen von 1899 und 1905) einen Israelitischen Wohltätigkeitsverein (Chewra-Gemilut Chessed) und einen Israelitischen Frauenverein, eine Armen-Kasse und seit 1913 einen jüdischen Literaturverein (siehe Berichte unten).   
    
Bischwiller wurde (in Nachfolge von Schirrhoffen) ab 1910 Sitz eines Rabbinates. 1910 wurde zum Rabbiner am Ort Dr. Sylvain Lehmann ernannt. Er blieb am Ort bis zu seinem Tod 1938.  
    
1936
gehörten 193 Personen der jüdischen Gemeinde an. 
     
Während des 2. Weltkrieges wurden die bis dahin nicht emigrierten und am Ort verbliebenen Juden nach Südfrankreich deportiert. 
     
Von den in Bischwiller geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem): Gabriel Bloch (1875), Gaston Block (1908), Paulette Bloch (1895), Karoline Bohr (1923), Maurice Cahnmann (1877), Andre Hermann (1905), Rose Israel (1892), Irene Kahn geb. Weil (1905), Lucien Kahn (1885), Simon Kaufmann (1878), Caroline Koch (1881), Louise Lehmann (1882), Henriette Lemmel (1878), Eliane Metz (1933), Marie Nathan (1904), Paul Picard (1909), Haguette Weil (1928), Lily Weill geb. Hirsch (1910).       
    
Nach 1945 konnte eine neue Gemeinde begründet werden, der 1965 etwa 50 Personen angehörten.
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
   
Aus der Geschichte des Rabbinates 
Besetzung des Rabbinates Schirrhofen-Bischweiler mit Rabbiner Dr. Sylvain Lehmann (1902) 
Anmerkung: Dr. Sylvain Lehmann (geb. 1875 in Guebwiller, gest. 5. Mai 1938 in Bischweiler): studierte am Rabbinerseminar in Colmar und 1895 bis 1901 am Rabbinerseminar und an der Universität Berlin; seit 1902 Rabbiner in Schirrhofen-Bischweiler; der Rabbinatssitz wurde 1910 nach Bischweiler verlegt. Dr. Lehmann erteilte weiterhin den Religionsunterricht in Schirrhofen. 1936 wurde er mit dem Titel 'Officier d'académie' geehrt. 1938 war er vertretungsweise Rabbiner in Haguenau. Er starb bei einem Verkehrsunfall mit dem Mofa.  

Quatzenheim Israelit 24021902.jpg (50143 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 24. Februar 1902: "Straßburg, 18. Februar (1902). Es wird vielleicht nicht uninteressant sein, zu erfahren, dass unter den sechs Kandidaten, die dieses Jahr vom Rabbinerseminar in Berlin das Rabbinerdiplom erhielten, vier Elsässer sind. Diesen hat jetzt das unterelsässische Konsistorium die seit längerer Zeit unbesetzten Stellen übertragen und zwar sind ernannt die Herren Dr. Josef Bloch nach Barr, Camille Bloch nach Sulz unterm Wald, Max Guggenheim nach Quatzenheim und Dr. Sylvain Lehmann nach Schirrhofen-Bischweiler."     

   
Rabbiner Dr. Lehmann wechselt von Schirrhofen nach Bischweiler (1910) 

Artikel in der "Neuen jüdischen Presse" vom 27. Mai 1910: "Straßburg. Die von dem israelitischen Bezirkskonsistoriums zu Straßburg vorgenommenen Ernennungen des Rabbiners Dr. Bloch (bisher in Dambach) zum Rabbiner in Barr, des Rabbiners Dr. Lehmann (bisher in Schirrhofen) zum Rabbiner in Bischweiler, des Rabbiners Guggenheim (bisher in Quatzenheim) zum Rabbiner in Westhofen und des Rabbiners Dr. Marx in Westhofen zum beigeordneten Rabbiner in Straßburg, ferner auf die von dem Bezirkskonsistorium zu Colmar vorgenommene Ernennung des Rabbiners Bloch in Sulz unterm Wald zum Rabbiner in Dornach, sowie die von dem Bezirkskonsistorium zu Metz mit vorgenommenen Ernennungen des Rabbiners Dreyfus (bisher in Dürmenach) zum Rabbiner in Mörchingen und des Rabbiners Levy (bisher in Pfalzburg) zum Rabbiner in Saarburg, sind von dem Ministerium in Elsass-Lothringen bestätigt worden.   " 

   
    
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   

Schlechtes und gutes Beispiel für christlich-jüdisches Miteinander  (1872/1887) 
Missionseifer einer christlichen "Schwester"  
Bischweiler Israelit 01051872.jpg (38691 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 1. Mai 1872: "Bischweiler. In dem Kanton Bischweiler wollte eine 'Schwester' ein neunjähriges israelitisches Mädchen, welches die katholische Schule besucht, zwingen, dem katholischen Religionsunterricht mitanzuwohnen, indem sie hinzufügte: 'Wenn Heinrich V. König werden wird, wird er Euch alle katholisch machen oder Euch zwingen, mit Euren Eltern das Land zu verlassen."
   
Protestantischer Wohltäter - auch gegenüber Juden  
Bischweiler Israelit 29081887.jpg (73159 Byte)Aus der Zeitschrift "Der Israelit" vom 29. August 1887: "Bischweiler, Elsaß. 8. August. 'Herr Pfarrer Grimm veröffentliche im hiesigen Wochenblatt, dass ihm die Familie des am 11. Juli beim Baden im Rhein verunglückten Fabrikanten Ulrich Ernst, in Ausführung der eigenhändigen Aufzeichnungen des Verewigten vom 5. November 1882 3.100 Mark übersendet, wovon bestimmt sind: 1.000 Mark für die protestantischen Armen, 500 Mark für den hiesigen Versorgungsverein, 500 Mark für die katholischen Armen und 1.000 Mark für die israelitischen Armen."
Der humane Mann war Protestant, Schweizer von Geburt und 62 Jahre alt. Als geübter Schimmer pflegte er nur im offenen Rheine zu baden, wo ein Herzschlag sein Leben endete."

   
Berichte über die Folgen des Krieges 1870/71 - Wegzug jüdischer Familien und Firmen aus Bischweiler in Städte Frankreichs (Berichte von 1872 / 1873 / 1875)     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. Juni 1872: "Paris, 1. Juni (1872). Die Arch. isr. bringen einen Artikel aus Elbeuf, wohin teilweise die jüdische Gemeinde von Bischweiler sich übersiedelt habe, während der andere Teil nach Nantes gegangen ist. Wir überlassen es der Redaktion der Arch. isr., die Motive dieser Auswanderung lediglich in französischem Patriotismus zu finden. Etwas anders nämlich lautet ein in derselben Nummer abgedrucktes Schreiben des Rabbiners Isaak Bloch aus Soultz (Oberrhein). Er sagt nämlich: Der gegenwärtige Zustand der Juden im Elsass ist kein glänzender, und er droht, von Tag zu Tag noch schlimmer zu werden. Die Auswanderungsbewegungen zerstreut unsere jungen Leute nach allen vier Winden hin, entführt den israelitischen Gemeinden ihre reichsten und angesehensten Mitglieder. Die meisten Familienväter, welche minderjährige Kinder haben, verlassen das Land. Seitdem der kaiserliche Gouverneur, Herrn Minister Dufaure entgegen, bestimmt hat, dass die Minderjährigen, ob von ihren gesetzlichen Vertretern unterstützt oder nicht, ihr Vaterland nicht wählen dürfen, ist dies das einzige Mittel, sie der verhassten Notwendigkeit zu entziehen, die preußische Uniform anzulegen. Herr Bloch weist nach, dass die deutschen Behörden alles Mögliche zu Gunsten der Bevölkerung tun und von konfessionellen Unterschieden keine Spur vorhanden sei. Mehrere Beamte sind Juden; eine Unterstützungskasse für israelitische Kultusbeamte im Oberrhein brachte die deutsche Behörde von jährlich 2000 auf 3000 Francs, die persönlichen Unterstützungen abgerechnet, welche, kaum gefordert, bewilligt werden. Schlimm ist es, dass in kurzer Zeit etwa sechs Rabbinatsitze frei werden. Wie sie wieder besetzen, da die Gemeinden deutsche Rabbiner nicht werden haben wollen. Zur Charakterisierung der jüdischen Bevölkerung führt er noch an, dass dort jetzt ein Baal Schem, ein Wundertäter, der namentlich Kranke heilen will, großen Zulauf hat. Aus Basel ist er bereits verwiesen worden und hält sich jetzt in Genf auf. Es ist ein Russe, dem eine unbeschränkte Frechheit zu Gebot steht, der sich für den ersten Kabbalisten der Welt ausgibt und sich Baron Dr. von Bessermann tituliert. Wahrscheinlich möchte er die Rolle des berüchtigten Frank spielen. Der zu Drang zu ihm ist sehr groß..."      
 
Artikel in der "Israelitischen Wochenschrift für die religiösen und socialen Interessen des Judentums" vom 12. Juni 1872: "Elsass. Nach Berichten in 'Arch. isr.' dauert die Auswanderung von Israeliten aus dem Elsass nach Frankreich fort. Bischweiler war seit ziemlich kurzer Zeit durch Industrie, besonders Spinnerei und Weberei sehr emporgekommen; jüdische Firmen waren dabei besonders tätig und beteiligt; der ganze Ort (? Die jüdische Gemeinde?) ist zur Auswanderung gerüstet. Die Fabriken etc. werden teils nach Chalons s.M., teils nach Elbach verlegt. Einer der erwähnten, wie sich denken lässt nicht deutsch-freundlichen, Berichte sagt: 'Übrigens sparen die Preußen weder Vorteile noch Gunstbezeugungen, um die Bevölkerung zu gewinnen. Sie vertrauen Juden ohne Anstand oft wichtige Ämter im Elsass an; der Steuereinnehmer in Saarburg ist Israelit, ein Professor vom Straßburger Lyceum ebenfalls, beide allerdings Deutsche, aber nur weil kein Elsässer Israeliten eine Stelle anzunehmen gesonnen war. So bestand auch unter der französischen Regierung eine Hilfskasse für die jüdischen Kultusbeamten. Der auf die des Oberrheins kommende Anteil betrug 2000 frcs. Die Preußen haben dieses Jahr aus eigenem Antrieb die Summe auf 3000 frcs. erhöht, umgerechnet persönliche Subventionen, welche man fast nur zu erbitten braucht um sie zu erhalten."       
 
Artikel in der "Jüdischen Volkszeitung - Wochenschrift für Freunde des Fortschritts..." vom 22. Januar 1873: "11. (Jüdische Auswanderung aus dem Elsass.) Nach demselben Blatte, Arch. isr., haben sich die jüdischen Auswanderer aus dem Elsass hauptsächlich zu Elbeuf, Reims und Sedan, (wohin namentlich die Wollspinner und Tuchfabrikanten aus Bischweiler gewandert sind) Einzelne auch in Chalons s.M., Ramberwilliers und Nantes niedergelassen. Letztere Stadt zählt jetzt 35 jüdische Familien, zumeist elsässischen Ursprungs. Diese Niederlassung der Juden im westlichen Frankreich sei erwünscht und die Gründung eines Rabbinats in Nantes bald bevorstehend. Weit größeren Zuwachs hat Saint-Dié im Departement der Vogesen erhalten, wo sich 30 jüdische Familien aus dem Elsass auf einmal niederließen. Die dortige Synagoge war früher eine protestantische Kirche; es herrscht da ein reges Leben in der israelitischen Kultusgemeinde. Eine gleiche Anzahl jüdischer Familien wanderte in Lunéville ein: Hopfenhändler, Kinderspielwaren- und Uhrengläser-Fabrikanten, welche den größten Teil ihrer christlichen Arbeiter mit sich brachten. In Sedan mit jetzt 300 israelitischen Einwohnern lassen Gottesdienst und religiöse Institutionen noch viel zu wünschen übrig und sei eine neue Synagoge dringendes Bedürfnis. – Teils Dankbarkeit gegen Frankreich, dass den Israeliten zuerst volle Emanzipation gewährte, teils (sicher übertriebene) Furcht vor der beginnenden Militärherrschaft ist bekanntlich die Ursache dieser Auswanderung."   
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 13. Juli 1875: "Paris, 1. Juli. Der Ultramontan 'Univers' fährt fort täglich gegen die Juden zu donnern, und ihnen alles mögliche üble Nacht zu reden. Herr Francisque Sarcey sie antwortet ihm unermüdlich im 'XIX, Siècle'. Besonders sucht Veuillot die elsässischen Juden des Mangels an französischem Patriotismus zu zeigen. Herr Sarcey entgegnet: 'Die Auswanderung der Israeliten im Elsass ist bedeutend gewesen und dauert immer noch fort. Die Städte in Metz, Straßburg, Colmar, Mühlhausen, Schlettstadt, Hagenau, Bischweiler, haben einen großen Teil ihrer israelitischen Bevölkerung verloren. Ich weiß nicht, ob vier katholische Priester das Elsass verlassen haben, aber zwei Großrabbiner, der von Metz und der von Colmar, haben wichtige Sprengel verlassen, der eine nach Lille, der andere nach Vesuol zu gehen, wo sich sehr kleine Gemeinden befinden. Ich muss noch hinzufügen, dass die Elsässer Israeliten, die in der Schweiz und in Amerika sich aufhalten, ohne Ausnahme für die französische Nationalität votiert haben. Dies sind Tatsachen und unwiderlegliche Tatsachen!' ..."   

 
Vortrag im "Jüdischen Literaturverein" von Dr. Caleb aus Straßburg (1913)   

Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 14. Februar 1913:  "Bischweiler. In unserem vor kurzem gegründeten 'Jüdischen Literaturverein' hielt letzten Samstagabend Herr Dr. Caleb - Straßburg einen höchst aktuellen Vortrag über 'die sephardischen Juden und der Balkankrieg. Die sehr zahlreich erschienene Zuhörerschaft folgte mit regem Interesse den Ausführungen des Redners, der mit Geschick die geschichtliche Entwicklung der jetzt aufgerollten orientalischen Frage behandelte und die Geschichte und Lage der dortigen Juden in anschaulicher Weise – der Referent ist Bulgare und Sephardi – unter Ausblicken auf deren Zukunft schilderte. Der junge Verein, welcher trotz seines kurzen Bestehens schon über 40 Mitglieder zählt, hat folgenden Vorstand: Herr Rabbiner Dr. Lehmann, Präsident; Herr Julius Wertheimer, Vizepräsident; Herr E. Nathan, Schriftführer; Herr A. Sommer, Kassierer; Herr Henri Marx, Beisitzer. – Der nächste Vortrag, voraussichtlich der letzte in diesem Winter soll in drei Wochen stattfinden. "  
 
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 21. Februar 1913: "Bischweiler. In dem Bericht über den Vortrag des Herrn Dr. Caleb im hiesigen Verein für Jüdische Geschichte und Literatur hieß es, 'der Referent ist Bulgare und Sephardi'. Diese Bemerkung ist, wie der Referent berichtigend bemerkt, dahin richtig zu stellen, dass der Referent zwar Sephardi und mit den bulgarischen Verhältnissen vollständig vertraut ist, da er 20 Jahre seines Lebens in Bulgarien verbracht hat, aber schon längst die staatsbürgerlichen Rechte als reichsdeutscher Angehörige erworben hat und besitzt."   

  
Veranstaltung des "Centralvereins deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens" und Vortragsabend des "Jüdischen Literaturvereines" (1913)     

Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 8. August 1913:  "Bischweiler. Vergangene Woche veranstaltete hier der 'Centralverein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens' eine Propagandaversammlung zwecks Gründung einer Ortsgruppe. Rechtsanwalt Dr. Kehr - Kaiserslautern sprach über 'der praktische, wirtschaftliche und soziale Antisemitismus in Deutschland'; nach ihm Rechtsanwalt Dr. Bruno Weil - Straßburg über 'den Centralverein und die Juden in Elsass-Lothringen'. Auf diese Referate, welche die ungeteilte Aufmerksamkeit der zahlreichen Zuhörer erregten, folgte eine stellenweise sehr lebhafte Diskussion, an der sich die Herren Dr. Levy, Hauser, Brunschwig - Straßburg, J. Meyer Hagenau und Dr Lehmann Beteiligten, welche Letzterem der Vorsitz über die Versammlung übertragen war. Eine zirkulierende Liste ergab 22 Unterschriften für den Centralverein. Die Konstituierung des Büros der neuen Ortsgruppe wurde wegen vorgerückter Zeit für später vorbehalten. –
Gestern lud der hiesige 'jüdische Literaturverein' seine Mitglieder zu einem Lichtbildervortrag des Herrn Dr. E. Cohn-Wiener, Dozent an der 'freien Hochschule in Berlin' ein. Der Redner sprach in geistvoller, anziehender Weise über 'das Judentum in der Kunst'. Ausgehend von dem Satz, die Kunst ist der Ausdruck der Empfindungen, gab der Referent an der Hand sorgfältig ausgewählten Lichtbilder (Denkmäler und Bilder) eine von tiefer Sachkenntnis zeugende Darstellung des Judentums und der Juden in der bildenden Kunst der Völker zu verschiedenen Zeiten und in verschiedenen Ländern. Reicher Beifall folgte den interessanten, anderthalbstündigen Vorführungen, und mit Genugtuung konnte der Vereinspräsident Dr. Lehmann, sich der angenehmen Pflicht unterziehen, dem Gaste für die belehrenden und unterhaltenden Darbietungen zu danken, die in uneigennütziger Weise dem Verein zuteil geworden waren. Dem Wunsche, auch späterhin den gewandten Redner vor uns auftreten zu sehen, sagte Dr. Cohn in liebenswürdigerweise nach Möglichkeit Erfüllung zu. ."     
 
Artikel in der Zeitschrift "Im Deutschen Reich" vom September 1913 S. 420: "Die am 21. Juli in Bischweiler veranstaltet der Centralvereins-Versammlung, in der die Herren Rechtsanwälte Dr. Bruno Weil (Straßburg i. Elsaß) und Dr. Erich Kehr (Kaiserslautern) Referate erstatteten, war recht gut besucht. Der Erfolg des Abends war die Anmeldung von 22 neuen Mitglieder. Der Versammlung in Bischweiler, die Herr Kurt Levin in opferwilliger Weise vorbereitet und Herr Rabbiner Dr. Lehmann in Bischweiler geleitet hat, wohnten auch eine größere Anzahl Herren aus Hagenau bei, wo die neue Ortsgruppe des Centralvereins sich sehr gut entwickelt."     

  
Vortrag im "Jüdischen Literaturverein" von Rechtsanwalt Dr. O. Simon aus Mannheim (1914)   

Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 30. Januar 1914:  "Bischweiler. Den im Januar fälligen Vortrag hielt in unserem Literaturverein Herr Rechtsanwalt Dr. O. Simon -  Mannheim. Er sprach, unterstützt von deutlichen Lichtbildern, über 'eine Frühlingswanderung durch Palästina', eine Reise, die der Referent im vorigen Jahr durchs Heilige Land unternommen hat. In anschaulicher Weise schilderte er Land und Leute längs der von Ihm ausgeführten Route Jaffa - Jerusalem - Tiberias - Akko. Rauschender Beifall des gut besetzten großen Saales folgte den beinahe einstündigen gediegenen Ausführungen, welche umso ansprechender waren, als Redner nur selbst Gesehenes in Wort und Bild vorführte, wofür ihm auch an dieser Stelle herzlich gedankt sei."   

   
   
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde  
Zum Tod von Aron Blin (1866)     

Artikel in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom 12. März 1866: "Paris, 15. März. ... Die Gemeinde zu Bischwiller (Niederrhein) hat in Aaron Blin ihren Gründer verloren. Der Verewigte hat bedeutende Beträge für wohltätige Zwecke legiert ). "   

  
Fabrikant Moritz Blin engagiert sich für Waisenkinder in Jerusalem (1867)        

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 30. Oktober 1867:  "Jerusalem. Herr Josef Blumenthal aus Paris hat hier, namentlich für Waisenkinder, eine Erziehungsanstalt gegründet, in welcher bereits 42 Kinder Kost, Kleidung, Wohnung und Unterricht in der Tora sowie im Rechnen und Schreiben erhalten. Herr Blumenthal hat in jüngster Zeit Ordre gegeben, ein eigenes Haus zu akquirieren zu einem Preise von 30-40.000 Frcs., wovon er die Hälfte gleich und das übrige nach sechs Monaten bezahlen wird; seine Sammlungen für diesen Zweck haben einen glänzenden Erfolg. So hat auf Herrn Blumenthals Veranlassung Herr Fabrikant Moritz Blin in Bischwiller im Elsass sämtliche 42 Kinder aufs beste gekleidet, so dass der Anblick der lieben Kinder in gleicher kleidsamer, geschmackvoller Tracht einen nicht geringen Genuss gewährt..."  

 
Zum Tod des Gemeindevorstehers Herr Schweitzer (1890)        

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Juni 1890: "Zu Bischweiler (Elsass) starb jüngst der Vorsteher der jüdischen Gemeinde, Herr Schweitzer. Seiner Beerdigung wohnten die sämtlichen Notabilitäten des Ortes, der Bürgermeister, die evangelische Geistlichkeit und verschiedene Andere bei."  

   
   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen  
Auszeichnung für die Firma "Blin und Bloch" in Bischweiler (1867)   
Anmerkung: Bei den Brüdern David und Edgar Bloch sowie Maurice und Théodore Blin handelte es sich um Textilfabrikanten.   

Artikel in "Der Israelit" vom 28. August 1867: "Paris. Das Haus Blin und Bloch in Bischweiler (Frankreich) hat eine silberne, Herr J. Rolf in Neapel eine goldene Medaille bei der Ausstellung erhalten..."   

 
Anzeige des Hotels, Wäsche und Betten-Manufaktur J. Königsberger (1898)     

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 11. Oktober 1898: "Gesucht zum sofortigen Eintritt ein Lehrling, mit guter Schulbildung und schöner Handschrift, Schabbat und Feiertag geschlossen. 
Hotel Wäsche- und Betten-Manufaktur 
J. Königsberger,
Bischweiler, Elsaß."    

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge           
   
1856 wurde eine Synagoge in der Rue des Menuisiers gebaut. Am 14. April 1859 erfolgte die Einweihung durch Großrabbiner Arnaud Aron (Straßburg) und den Rabbiner von Schirrhofen Zacharie Lazarus.
  
Einweihung der Synagoge in Bischweiler (1859)      

Artikel in der Zeitschrift "Ben Chananja" vom Juni 1859 S. 289:  "Am 14. April ist in Bischwiller eine Synagoge eingeweiht worden. Der Großrabbiner Aron predigte französisch, der Rabbiner von Schirrhofen deutsch."   

 
Die Synagoge wurde in der NS-Zeit zerstört (1940). Eine neue Synagoge wurde unweit des alten Synagogenstandortes 1956 an der Rue de Maréchal Foch gebaut (2 rue du Maréchal Foch; Architekten Cromback und Heller). Da die jüdische Gemeinde zahlenmäßig stark abgenommen hat, wird die Synagoge derzeit nicht benutzt. 
 
Bei einem Treffen früherer jüdischer Einwohner aus Bischweiler am 16. November 1997 wurde von Rabbiner Heymann aus Haguenau eine Gedenktafel zur Erinnerung an die Geschichte der alten Synagoge von Bischweiler (1859-1940) angebracht.
    
Adresse/Standort der Synagoge:  alte Synagoge: Rue des Menuisiers,   neue Synagoge: 2, Rue du Maréchal Foch     
   
   
Fotos    
(Foto rechts: Hahn, Aufnahmedatum 16.4.2004) 

Die alte Synagoge Bischweiler Synagoge 011.jpg (32867 Byte)  Bischweiller1.jpg (60377 Byte)
  Die alte Synagoge
 von Bischweiler 
 obige Abbildung mit freundlicher Genehmigung von
 Frantisek Bányai aus der Website www.judaica.cz 
      
Die neue Synagoge Bischwiller Synagogue 100.jpg (81846 Byte)  
  Die 1956 erbaute Synagoge von Bischwiller  

Weitere Fotos der alten und der neuen Synagoge: hier anklicken  

     
     

Links und Literatur

Links:  

bulletFranzösische Informationsseite zur Synagoge in Bischwiller 
bulletInformationsseite zu den bestehenden jüdischen Gemeinden im Elsass: hier anklicken 
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof Bischwiller (interner Link)   

Literatur:  

bulletGermania Judaica II,1 S. 64; III,1 S. 129f. 
bulletJean Daltroff: Histoire des Juifs de Bischwiller au 19ème et au 20ème siècles:  http://judaisme.sdv.fr/synagog/basrhin/a-f/bischwil.htm (Almanach du KKL-Strasbourg, 1998).  
bulletAlsace JDaltroff 01.jpg (53012 Byte)Jean Daltroff: La Route du Judaisme en Alsace. Photographies Christophe Hamm. I.D. Créations. Rosheim 2006. ISBN 2-915626-02-2. S. 42 u.ö.
Link zum Verlag mit Informationen

     
      


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Bischwiller (German Bischweiler) Bas-Rhin dist. The Jews of Bischwiller were massacred during the Black Death persecutions of 1348-49. Jews only returned to settle in 1845, inaugurating a synagogue in 1859. The community numbered 193 members in 1936. During the occupation in Worldwar II, the Jews were expelled to the south of France, together with the rest of Alsace-Lorraine Jews. The synagogue was completely destroyed. There were 19 Jews deported from Bischwiller. In 1965 there were 50 Jews living in Bischwiller.  
        
        

                   
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 30. Juni 2020