Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Colmar / Kolmar (Dep. Haut-Rhin / Alsace / Oberelsass) 
Jüdische Geschichte   /  Synagogue / Synagoge

Übersicht:

bulletZur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
bulletBerichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er-Jahre   
Aus der Geschichte des Rabbinates im 19./20. Jahrhundert  
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und Kantoren   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde   
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen       
bulletZur Geschichte der Synagogen   
bulletFotos / Darstellungen 
bulletEinzelne aktuelle Berichte  
bulletLinks und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde      
   
In Colmar besteht bis heute eine der ältesten jüdischen Gemeinden im Elsass. Im Mittelalter gab es die erste Gemeinde, die in der Mitte des 13. Jahrhunderts bereits gut organisiert war. In den "Armleder"-Verfolgungen wurden in der Stadt die aus anderen Orten hierher geflüchteten Juden aufgenommen. Nach der Verfolgung in der Pestzeit 1348/49, bei der die Gemeinde zerstört wurde, werden seit 1360 wieder Juden in der Stadt genannt; 1392 werden mindestens 26 jüdische Erwachsene gezählt. Seit 1478 bat der Rat der Stadt den Kaiser mehrfach um Genehmigung zur Vertreibung der Juden. Doch erst 1510 erlaubte dies Kaiser Maximilian der Stadt, worauf die Juden bis zum 23. April 1512 aus Kolmar abziehen mussten. Die damals bestehende Synagoge und der Friedhof wurden vom Kaiser beschlagnahmt und an die Stadt verkauft, die den Friedhof zerstören ließ. 
 
Erst nach der Französischen Revolution durften sich Juden wieder in Colmar niederlassen. 1808 wurde die Stadt Sitz eines jüdischen Konsistoriums für 25 unabhängige jüdische Gemeinden und 1823 Sitz des Oberrabbinates des Oberelsass. 
   
1851 wurden 849 jüdische Einwohner gezählt, 1885 3.060, 1895 2.728. Im 20. Jahrhundert ging die Zahl weiter zurück auf 1931 1.662 und 1939 1.140 jüdische Gemeindemitglieder. 
    
1940 wurden unter der deutschen Besatzung die noch verbliebenen Juden nach Südfrankreich deportiert. Viele von ihnen wurden ermordet (vergleiche Denkmal auf dem jüdischen Friedhof Colmar).  
   
Nach 1945 konnte wieder eine neue Gemeinde entstehen. Die 1843 eingeweihte Synagoge wurde wiederum Mittelpunkt des jüdischen Gemeindelebens. Von den zugezogenen Gemeindeglieder stammt ein Großteil aus nordafrikanischen Ländern. Zur Gemeinde gehörten 1969 etwa 1.200 Personen, um 1990 etwa 1.000 Personen.   
    
    
    
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er-Jahre 
 
Aus der Geschichte des Rabbinates im 19./20. Jahrhundert    
Zum plötzlichen Tod von Großrabbiner Salomon Wolf Klein (1867)  

Colmar Chananja 01121867.jpg (21747 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Chananja" vom 1. Dezember 1867: "Colmar, 10. November. Den hiesigen jüdischen Konsistorialbezirk hat ein schwerer Schlag getroffen: Salomon Wolf Klein, der Großrabbiner dieses Bezirkes, ist heute im 54. Lebensjahre mit Tode angegangen. Er wird in seinem ganzen Sprengel aufrichtig betrauert werden. Sein Andenken wird gesegnet bleiben."
 
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. November 1867: "Colmar, 15. November (Privatmitteilung). Am 10. (November 1867) ist unser auch in weiteren Kreisen bekannter Großrabbiner Klein nach langen und schmerzhaften Leiden im 52. Lebensjahre verstorben; am 12. fand seine Bestattung in der von dem Verstorbenen gewünschten einfachen Weise statt. Klein war bekanntlich in Frankreich der Vertreter der Orthodoxie, der er von ganzem Herzen ergeben war, besaß umfassende talmudische Kenntnisse, wie sie nunmehr nur noch wenig in Frankreich vorhanden sind, und zwar ohne gründliche wissenschaftliche Bildung verstand er doch seine Gedanken präzis und mit Wärme auszudrücken. Einige Schriften werden sein Andenken noch längere Zeit erhalten. Er war der Konkurrent des Herrn Isidor um das Großrabbinat des Zentralkonsistoriums, erhielt aber nur wenige Stimmen."     
  
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1868: "Colmar. Der Bürgermeister von Colmar hat an die Witwe des verstorbenen Oberrabbiner Klein folgendes Schreiben gerichtet: 
Colmar, 14. Januar 1868. Geehrte Frau! 
Ich habe die Ehre, Ihnen einliegend die Kopie eines Beschlusses unseres Stadtrates, welcher den zu frühen Tod unseres Oberrabbiners, Herrn Klein, sehr bedauert, zu überreichen. Der Stadtrat beschloss, Ihnen bis zur Wiederbesetzung der Stelle den Gehalt ihres verstorbenen Gemahls auszahlen zu lassen. 
Außerdem bewilligt derselbe Ihnen eine jährliche Pension von 800 Franken, die Sie vom Tage der Wiederbesetzung der Stelle an erhalten. 
Ich schätze mich glücklich, Ihnen diesen beweis der hohen Achtung des Stadtrates für den Dahingeschiedenen geben zu können und füge einstweilen 200 Frs. für das letzte Semester 1867 bei und versichere Sie meiner ausgezeichneten Hochachtung. 
Der Bürgermeister von Colmar. (Univ.Isr.)."     

   
Ernennung von Rabbiner Isak Levy zum Oberrabbiner in Colmar (1868)  
Anmerkung: Rabbiner Isaac Lévy (geb. 1835 in Marmoutier, gest. 1912 in Paris): studierte 1851-57 an der École rabbinique in Metz; 1858 Rabbiner in Verdun, 1865 in Lunéville; 1869 Groß-Rabbiner von Colmar, 1873 Großrabbiner von Vesoul, 1887-1912 Groß-Rabbiner in Bordeaux, danach im Ruhestand und nach Paris übergesiedelt. Zahlreiche Auszeichnungen.   

Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Dezember 1868: "Kolmar. Das Zentral-Konsistorium hat Herrn Isak Levy, bisher Rabbiner zu Lüneville, zum Oberrabbiner des Kreises Kolmar an die Stelle des verewigten Rabbinern Klein - seligen Andenkens - ernannt".         

           
Einführung des Großrabbiners Isidor Weill (1873)  
Anmerkung: Rabbiner Isidor Weill (geb. 1838 in Wintzenheim, gest. 1927 in Berlin) studierte von 1856 bis 1862 in Metz und Paris; seit 1862/64 Rabbiner in Hattstatt, ab 1873 Groß-Rabbiner in Colmar, von wo er weiterhin das Rabbinat Hattstatt aus verwaltete. Er war Groß-Rabbiner in Colmar bis 1914 und lebte danach in Bern.  

Colmar AZJ 15071873.jpg (23090 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Juli 1873: "Colmar (Elsass) im Juni. Am 23. Mai fand hier im Konsistorialtempel die feierliche Einführung des neuen Großrabbiners, Herrn Isidor Weill statt. In seiner Predigt sprach Herr Weill besonders ausdrücklich über den Einklang, der zwischen dem Judentume und der modernen Wissenschaft vorhanden sei." 
 
Artikel in "Israelitische Wochenschrift" von 1873 S. 118: "Elsass. Zum Oberrabbiner von Colmar ist nunmehr Rabbiner Isidor Weil erwählt worden. Die Beziehungen zu den deutschen Regierungen, schreibt 'Univ. Isr.' bei Gelegenheit der Installation des neugewählten Konsistoriums, sind auf Höflichkeit und Wohlwollen gegründet. Ebenso sind zwei Unterrabbinate (in Schirrhofen und Mutzig) neu besetzt worden und zwar durch Zöglinge des Pariser Seminars.
Wir haben uns also nicht geirrt, als wir vor langer Zeit in diesem Blatte vorausgesagt haben, dass die deutsche Regierung gegen Anstellung französischer Rabbiner im Elsass nicht den leisesten Einwand erheben werde." 

  
Publikation von Oberrabbiner Isidor Weill (1890)  

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"  vom 22. August 1890: "Der Colmarer Oberrabbiner Weil hat ein Buch unter dem Titel 'La Characteristique d'Israel' herausgegeben. Dasselbe behandelt die Hauptzüge des heutigen Charakters des jüdischen Volkes und sucht die unfreiwilligen Irrtümer, sowie die absichtlichen Entstellungen, welche heute über den Charakter des jüdischen Volkes im Umlauf sind, gründlich zu widerlegen."     

  
50-jähriges Dienstjubiläum von Oberrabbiner Isidor Weil (1914)    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 20. Februar 1914:  "Vorletzten Sabbat feierte die jüdische Gemeinde in Kolmar im Elsass das Fest des fünfzigjährigen Dienstjubiläums ihres Seelsorgers, des Oberrabbiners Isidor Weil, der über 40 Jahre in der Gemeinde amtiert. Die Feier begann vormittags im Anschluss an den Gottesdienst. Abends fand dann ein Bankett statt. Die Mitglieder der jüdischen Gemeinde haben eine Sammlung veranstaltet, um dem Jubilar ein Geschenk zu stiften. Der greise Geistliche beabsichtigt, auch weiterhin im Amte zu bleiben."      

  
Auszeichnung von Oberrabbiner Isidor Weil mit dem Kronenorden 3. Klasse (1914)  

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 27. März 1914: "Herr Oberrabbiner Isidor Weil in Colmar erhielt anlässlich seines 50-jährigen Amtsjubilums den Kronenorden 3. Klasse mit der Zahl 50."       

  
 
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und Kantoren  
Zum Tod des Oberkantors der Israelitischen Gemeinde in Colmar L. Metzger, zuvor (vor 1883) Kantor in Kolbsheim, Sulz und Benfeld (1913)  

Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 31. Januar 1913: "Colmar. Soeben geht uns die traurige Kunde vom Ableben des Oberkantors der Israelitischen Gemeinde in Colmar, Herrn L. Metzger zu. Derselbe hat ein Alter von 64 Jahren erreicht. In ihm verliert die Gemeinde einen tüchtigen pflichttreuen Beamten. 30 Jahre lang hat er mit seiner prachtvollen Tenorstimme den Gottesdienst verschönt, und stets dazu beigetragen, dass der Besuch der Synagoge ein reger geblieben ist. Aber auch als Mensch hat sich der Verblichene die Sympathie seiner Mitbürger erworben, ohne Unterschied des Konfession, durch sein stets zugängliches, entgegenkommendes Wesen, besonders den Armen gegenüber, für welche er immer ein williges Herz und offenes Ohr hatte. Im Elsaß-Lothringischen Kantorenverband begleitete der Verstorbene die Stelle eines zweiten Vorsitzenden. An den früheren Stellen seiner Wirksamkeit Kolbsheim, Sulz, Benfeld hat der Verblichene ein ehrendes Andenken hinterlassen. Der tief betrübten Familie entbieten wir unser tief gefühltes Beileid."   
 
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 7. Februar 1913: "Colmar. Die Beerdigung des Herrn Oberkantor Metzger, über dessen Hinscheiden Sie bereits berichteten, gestaltete sich zu einer erhebenden Sympathiekundgebung, die einen vollgültigen Beweis erbrachte für die Beliebtheit, die er in den weitesten Kreisen genoss. Ein unabsehbares Trauergefolge, wie wir es hier noch nie gesehen, gab ihm das letzte Geleit. Nicht nur waren fast sämtliche Kantoren des Ober-Elsaß und viele aus Unter-Elsaß, so aus Straßburg, Benfeld, Bischweiler, Schlettstadt, Müttersholz, erschienen, sondern auch viele Israeliten aus der näheren und weiteren Umgebung. Dass die hiesige Gemeinde vollzählig sich beteiligte, braucht nicht hervorgehoben zu werden. Sechs Kantoren trugen die Bahre vom Sterbehause in die Synagoge, die übrigen, eine recht stattliche Zahl, gingen dem Zuge voran. Die Trauerfeier in der Synagoge war würdig und äußerst eindrucksvoll. Sie wurde eingeleitet durch einen Psalm, mit Innigkeit und Rührung gesungen von Herrn Oberkantor Heymann - Straßburg. Nachdem auch Herr Kantor Levy mit wohltönender Stimme einen Trauergesang zum Vortrag gebracht, hielt Herr Oberrabbiner Weil die Trauerrede, in der er mit lebhaften Worten die Vorzüge des Herrn Metzger, sein Wirken in der Gemeinde und seiner Familie, schilderte und dem Schmerze der Gemeinde bewegten Ausdruck verlieh. Nach einem Schlussgesang des Herrn Heymann war die Feier in der Synagoge beendet, und der Zug setzte sich wieder in Bewegung nach dem Friedhof. Dort ergriffen nacheinander das Wort: Herr Konsistorialpräsident L. Manheimer im Namen des Konsistoriums, Herr Paul Wurmser als Vorsteher der Gemeinde, Herr Oberkantor Heymann als persönlicher Freund und im Namen des Kantorenverbands und zuletzt Herr L. Wormser als ehemaliger Vorsteher und als Mitglied des Konsistoriums. Alle Redner feierten übereinstimmend die Menschenfreundlichkeit und den mildtätigen Sinn des Dahingeschiedenen, dessen mitfühlendes Herz nie versagte, wo es galt, Not zu lindern und der Armut beizustehen. Er lässt hier eine fühlbare Lücke zurück. Sein Andenken bleibt unvergesslich."   

  
   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Den jüdischen Schülern am Lyceum soll der Gottesdienstbesuch am Sabbat verwehrt werden (1875)   

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 30. November 1875: "Colmar, im November (1875). Die elsässischen Blätter berichten über einen Konflikt am Lyceum zu Colmar. Den israelitischen Schülern des Lyceums war bis jetzt gestattet worden, am Sabbat-Vormittag den Gottesdienst zu besuchen, und deshalb den Unterricht während der betreffenden Zeit zu versäumen. Jetzt hat die Direktion des Lyceums diese Erlaubnis zurückgezogen, weil sie mit dem Schulkursus unvereinbar sei. Die Familien haben hiergegen protestiert, weil auf diese Weise den Schülern ganz unmöglich gemacht wird, dem Sabbatgottesdienste beizuwohnen. Der Großrabbiner Weill bemüht sich, diese, so viele Gewissen beunruhigende Maßregel zurücknehmen zu lassen. Die meisten elsässischen Tageblätter nehmen für die jüdischen Schüler Partei, und man ist auf die Entscheidung gespannt, die höheren Ortes erteilt werden wird. Es liegt hier ein Konflikt vor, der sich selbstverständlich an sehr vielen Orten wiederholt. Bekanntlich wird auf den deutschen Schulen Samstag Nachmittag kein Unterricht erteilt, und die Zeit und Dauer des jüdischen Gottesdienstes nimmt ziemlich die Schulzeit des Samstag-Vormittags in Anspruch. Findet nun im Lehrkörper die Billigkeit statt, so ist es nicht zu schwer, die Lehrgegenstände so zu ordnen, dass jüdische Schüler ohne zu großen Nachteil die betreffenden Stunden versäumen können. Indes so oberflächlich lässt sich über die Sachlage nicht urteilen. was hier in der Schule vorgeht, findet im Leben tausendfach statt, nämlich der Konflikt zwischen dem bürgerlichen und gewerblichen Leben und dem religiösen Sabbatgesetz. Viele Tausende von Juden erweisen nun allsabbatlich, dass sie ohne irgendwelchen Zwang das Sabbatgesetz den gewerblichen Anforderungen nachsetzen. Die Juden haben es sich also selbst zuzuschreiben, wenn die Behörden in dieser Frage irre und zweifelhaft werden. Das Gegenteil fände statt, wenn die Juden ihre fest Anhänglichkeit an das Sabbatgesetz betätigten. Ein Herr Blum, wahrscheinlich ein deutscher Verwandter des Herrn Fleur aus Paris, nimmt hievon Gelegenheit, uns in dem 'Arch.isr.' wegen unserer deutschen Sympathien anzugreifen und triumphierend auf die französische Freiheit gegenüber den deutschen Zwang zu verweisen. Wir haben kein Gelüste, uns auf seine Phrasen einzulassen. Er hätte besser getan, uns faktisch mitzuteilen, wie es in der obigen Frage beiden Lyceum in Paris oder in Frankfurt überhaupt entstehen wird. Bekanntlich gibt es gegenwärtig in Frankreich - zu unserem schmerzlichen Bedauern - vielfache Tatsachen, z-B.. bei dem Militär, bei denen die religiöse Freiheit durchaus nicht geschätzt erscheint. Auch gibt es in Deutschland noch keine Universitäten, wo der Student vor seinem Eintritt das katholische Glaubensbekenntnis abzulegen hat. Doch es ist wahrlich keine Zeit, dass die israelitische Presse untereinander nach der Nationalität n Hader liegen sollte, sondern vielmehr müßigte sie gemeinsam gerne Gefahr, die für die Glaubensfreiheit aufstieg, bemühen. Wir sind uns bewusst, stets allein auf dem Boden der Tatsachen uns aufzuhalten, und wissen, dass zwar 'Angriffe auf die deutschen Glaubensgenossen von französischer Seite ausgegangen sind, niemals aber von deutscher Seite mit Anfeindungen der französischen Glaubensgenossen vergolten worden."      

 
Spende für das "Israelitische Zufluchtshaus" (1903)  

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. August 1903: "Colmar. Ein Herr Rheims aus Paris hatte, wie seinerzeit gemeldet, dem hiesigen israelitischen Zufluchtshause eine jährliche Rente von 3.000 Mark geschenkt zur Errichtung eines Asyls für israelitische Waisenknaben im genannten Zufluchtshause. Da dieses Haus für den neuen Zweck ungenügend ist, hat der Vorstand des israelitischen Zufluchtshauses beschlossen, an Stelle des alten Hauses einen Neubau zu errichten. Der Gemeinderat hat in seiner letzten Sitzung sein Wohlwollen diesem Plane gegenüber ausgesprochen und eine Subvention in Aussicht gestellt."   

   
Ergebnis der Wahl zum israelitischen Konsistorium im Oberelsass (1912)     

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 23. Februar 1912: "Colmar, 15. Februar (1912). Die kürzlich stattgefundene Wahl zum israelitischen Konsistorium im Oberelsass hatte das Ergebnis, dass die fortschrittliche Liste bis auf einen Kandidaten siegte. Von 1900 eingeschriebenen Wählern machten etwa 1.400 von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Es erhielten im ganzen Bezirk Bankier Mannheimer - Colmar 767, Rechtsanwalt Burg - Colmar 904, Dr. Hirtz - Colmar 735, Kaufmann Wormser - Colmar 800 Stimmen; Gintzburger - Mülhausen unterlag mit 601 Stimmen gegen den Kaufmann J. Meyer - Mülhausen, der 722 Stimmen erhielt. Meyer ist orthodox. Von der Gegenliste der orthodoxen Partei erhielten außerdem Picard - Colmar 601, Rueff - Colmar 448, Wurmser - Colmar 420, Apotheker Zivi - Colmar 347 Stimmen."      

  
Aus dem Jahresbericht des Lyzeums (1903)     

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. August 1903: "Colmar, 30. Juli (1903). Wie aus dem soeben erschienen, von Direktor Dr. Bauer erstatteten Jahresbericht des hiesigen Lyzeums hervorgeht, zählte dieses am 1. dieses Monats 546 Schüler. Auffallend im Vergleich zur konfessionellen Zusammensetzung unserer Stadt und deren vorwiegend katholischer Umgegend ist es, dass den 229 evangelischen und 101 israelitischen Schülern nur 216 katholische gegenüberstehen. Das in diesen Ziffern liegende Missverhältnis tritt besonders dann zutage, wenn man sich vergegenwärtigt, dass Colmar 24.183 Katholiken, dagegen nur 8.301 Protestanten und 1.183 Israeliten zählt."   

     
Der Krieg bedroht auch viele Orte mit jüdischen Gemeinden im Oberelsass (1914)
  
Anmerkung: die angegebenen Zahlen der jüdischen Gemeindeglieder beziehen sich auf ca. 1890.    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. September 1914: "Hagenau, 10. September (1914). Die schweren Kämpfe im Oberelsaß, die in letzter Zeit zwischen den Franzosen und Deutschen ausgefochten wurden, erinnern uns daran, dass die dortige Gegend ziemlich stark von Juden bewohnt ist, die jetzt nicht nur zum großen Teil gezwungen waren, Heim und Herd zu verlassen, sondern neben der schweren seelischen Not auch viel durch die Zerstörung von Hab und Gut zu dulden haben. Es wohnen in dem vielgenannten Altkirch 289 jüdische Seelen, Hirsingen 74, Dammerkirch (Dannemarie) 15, Hagenbach 26, Bergheim 110, Grussenheim 314, Neubreisach 102, Blotzheim 62, Bollweiler 120, Ensisheim 27, Regisheim 154, Dürmenach 205, Hegenheim 169, Hüningen 50, Kolmar 1105, Dornach 202, Mülhausen 2271, Niederhagental 145, Niedersept 124, Pfastatt 73, Markirch 147, Rappoltsweiler 134, Habsheim 73, Rixheim 69, Sennheim 151, Wattweiler (Wattwiller) 37, St. Ludwig 60, Kembs 50, Sierenz 113, Uffheim 120, Gebweiler 305, Sulz 182, Thann 163, Winzenheim 421 Juden. Die meisten Familien, besonders in der Mülhauser Gegend, haben sich flüchten müssen, viele davon haben sich während dieser schweren Zeit in der Schweiz niedergelassen.".      

 
  
Berichte zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde      
"Isaak Emanuel aus Colmar" wird in Süddeutschland steckbrieflich gesucht (1821/22)    

Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 5. Dezember 1821 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): Stockach (Nachfrage wegen eines Vaganten). Der unten beschriebene Jud, angeblich Isaak Emanuel aus Kolmar, beinah vollständig überwiesen, aber nicht geständig, eine silberne Uhr gestohlen zu haben, ist dahier in Untersuchung gekommen. Er will der Sohn armer herumziehender, schon mehr als 20 Jahren verstorbener Eltern zufällig in Kolmar geboren worden sein, und stets ein so vagierendes Leben geführt haben, dass man ihn nirgends kenne. Er besitzt weder Effekten noch den mindesten Ausweis über sein Herkommen, will garnichts zu dessen Erhebung näher anzugeben wissen, und es hat sich seine Angabe über den Geburtsort als ungegründet gezeigt. All dieses macht wahrscheinlich, dass Inquisit auf diesen Angaben nur beharrt, um dadurch die Entdeckung anderer begangenen Verbrechen zu verhindern. Man ist daher veranlasst, diesen öffentlichen Weg einzuschlagen, und darauf alle Kriminal- und Polizeibehörden angelegenst zu ersuchen, besitzende zur Entdeckung der Wahrheit dienliche Notizen in möglichster Bälde anher mitzuteilen.  
Signalement
. Isaak Emanuel von Kolmar, 5' 4" groß, hat schwarze a la Titus geschnittene Haar, erhobene Stirne, starke Augbrauen, blaue Augen, große Nase, mittlern Mund, rundes Kinn, starken Backenbart, ovales Gesicht, etwas blasse Gesichtsfarbe. 
Er trägt einen runden Filzhut, einen dunkelgrünen Frack mit Knöpfen von der nämlichen Farbe, kein Gilet, lange grüne tüchene Hosen und Bändelschuhe.
Stockach, den 22. November 1821. Großherzoglich Badisches Bezirks- und Kriminalamt. Dreyer."          
 
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den See-Kreis" vom 9. Februar (Hornung) 1821 (Quelle: Stadtarchiv Donaueschingen): "Steckbrief
Nach heute durch das Großherzogliche Bezirksamt Hüfingen erhaltener Benachrichtigung ist der unterm 22. November vorigen Jahres durch die öffentlichen Blätter ausgeschriebene, und nachher in das Freiburger Zuchthaus verurteilte jüdische Gauner, angeblich Isaak Emanuel von Kolmar, auf dem Transport dahin am 27. Jänner zu Geisingen abends 6 Uhr entkommen. Er wurde dort unvorsichtigerweise auf den Abtritt geführt; der Wächter wartete vor der Tür aus seine Ankunft, der Jud sprang aber von dem 15 Schuh hohen Abtritt auf die Straße hinab, und konnte ungeachtet der schnellsten Nachsetzung nicht mehr beigebracht werden. 
Sämtliche Behörden werden ersucht, auf diesen gefährlichen Menschen, dessen Beschrieb mit folgt, sorgfältig fahnden zu lassen. 
Persons-Beschrieb. Er ist 36 Jahre alt, 5' 4" groß, hat schwarze Haare, hellblaue Augen, ovales Gesicht, bleiche Farbe, große Nase, mittern Mund, erhabene Stirne. Er trug einen runden Hut, grünen Frack, lange grüntuchene Hosen und Bandelschuh.
Stockach, den 30. Jänner 1822. Großherzoglich Badisches Bezirksamt."        

  
Oberlandesgerichtsrat Levi wurde zum Landgerichtsdirektor in Straßburg ernannt (1907)        

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. Juni 1907: "Straßburg im Elsass. Oberlandesgerichtsrat Levi - Kolmar ist zum Landgerichtsdirektor am hiesigen Landgericht ernannt worden. In Preußen ist ein solcher Fall bisher noch nicht vorgekommen; in Hamburg wurde vor einiger Zeit der Amtsrichter Dr. Hinrichsen gleichfalls zum Landgerichtsdirektor ernannt. Im übrigen waren in Kolmar bisher zwei jüdische Oberlandesgerichtsräte. Der zweite ist Dr. M. Freudenthal, ein streng religiöser Jude."        

       
Bankdirektor Lucien Mannheimer wurde in den Gemeinderat gewählt (1908)     

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 3. Juli 1908: "Colmar. Bankdirektor Lucien Mannheimer wurde in den Gemeinderat gewählt."       


 Vier jüdische Colmarer wurden in die Handelskammer gewählt (1911)     

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 27. Januar 1911:  "Colmar. H. Bodenheimer, Felix Ginsburger, M. Weil und Joseph Metzer wurden in die Handelskammer gewählt."         

   
 Zum Tod von Charles Levy (1912)    

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 22. November 1912: "Colmar. Charles Levy ist im Alter von 72 Jahren verschieden. Mit dem Hinscheiden Charles Levys, der lange Jahre Mitglied des israelitischen Konsistoriums war und sich sehr lebhaft auf den Gebieten des jüdischen Lebens betätigte, hat die elsässische Judenheit einen fühlbaren Verlust erlitten."        

 
Zum Tod der Mutter des Konsistorialmitgliedes Dr. P. Hirtz (1912)      

Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 20. Dezember 1912: "In Colmar verschied im 93. Lebensjahre Witwe Lazare Hirtz, Mutter des Konsistorialmitgliedes Dr. P. Hirtz."        

  
    
Anzeigen jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen 
Anzeigen der Gebr. Alsberg (1901/02)   

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. September 1901: "Köchin
welche perfekt kochen kann, für zwei alleinstehende Herren per sofort 
gesucht
Offerten mit Salairansprüchen und Referenzen an 
Gebr. Alsberg, Colmar im Elsass."    
 
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Dezember 1902: 
"Köchin. Suche per 1. oder 15. Januar tüchtige, selbstständige Köchin, welche unsern Haushalt (2 Herren) selbstständig führen kann. Offerten mit Bild und Referenzen. 
Gebr. Alsberg
, Colmar im Elsass".    

         
Verlobungsanzeige von Hilde Babad und Naphtalie Schoenberg (1936)     

Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Februar 1936: 
"Hilde Babad - Naphtalie Schoenberg. Verlobte.  
Frankfurt am Main, Uhlandstraße 36 - Colmar (Elsass). 
Schewat 5696 - Februar 1936".   

        
       
Weitere Dokumente  

Ansichtskarte mit dem 
Kaufhaus M. Knopf & Cie. (1917) 
 
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
 Kirchheim / Ries) 
Colmar Dok 4134.jpg (262240 Byte) Colmar Dok 4134a.jpg (211965 Byte)
 

Historische Ansichtskarte aus Colmar mit dem jüdischen Kaufhaus M. Knopf & Cie, versandt am 24.11.1917 als Feldpost von Colmar ins Feldlazarett 59.
vgl. zum Kaufhaus http://de.wikipedia.org/wiki/Warenhaus_S._Knopf   . 

        
        
        
Zur Geschichte der Synagogen    
   
Aus dem 13. Jahrhundert ist überliefert, dass 1279 die erste Synagoge abbrannte, danach jedoch wieder aufgebaut wurde. Sie stand in der 1328 genannten Judenschulgasse (vicus scole judeorum). In den Verfolgungen der Pestzeit wurde sie  1349 beschlagnahmt. Seit der 2. Hälfte des 14. Jahrhunderts bestand bis zur Vertreibung 1511/12 eine Synagoge in einem Eckhaus in der Judengasse. 
  
In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde zunächst ein Betsaal in der "Zunftstube der Ackerleute" eingerichtet ("Poêle des Laboureurs"). 1843 wurde eine große Synagoge erbaut. Diese wurde 1885 und 1913 renoviert. 
   
Die Einweihung der Synagoge (1843)   

Colmar AZJ 09101843.JPG (166390 Byte)Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Oktober 1843: "Colmar, 17. September (1843). Der Glaneur du Haut-Rhin von heute enthält Folgendes: ‚Am Freitag fand die Einweihung des schönen Tempels statt, welchen die israelitische Gemeinde zu Colmar hat bauen lassen. Diese Feierlichkeit hatte viele Israeliten aus dem Elsasse herbeigezogen, und da eine große Menge Personen eingeladen worden, so wohnte ein beträchtlicher Teil der hiesigen Bevölkerung diesem religiösen Feste bei. Der Zulauf war so groß, dass ein Piket Fußvolk und ein Posten Polizeidiener kaum die Ordnung erhalten konnten. In der Nähe des Heiligtums waren Stühle für die öffentlichen Beamten gestellt. Wir bemerkten da den Herrn Präfekten des Departments, den Herrn Mair und mehrere Mitglieder des königlichen und bürgerlichen Gerichtshofes. Die für die Damen aufbehaltenen Plätze waren alle besetzt. Es befanden sich sogar da mehrere israelitische Damen, welche gegen ihre Gewohnheit im Schiff Platz nahmen. 
Die Zeremonien der Einweihung begannen um zwei Uhr Nachmittags. Die Bücher Mosis auf Pergamentrollen geschrieben, und in reich verzierten seidenen Beuteln enthalten, wurden aus dem Heiligtume herausgenommen und prozessionsweise von den Herren Rabbinern und den Mitgliedern des Konsistoriums herumgetragen, Psalmen von dem Vorsänger und einem Knabenchor abgesungen. Der Oberrabbiner hielt eine Rede über das Gebet. Der Stil dieser Rede erinnerte an die Bibel und an die morgenländische Poesie durch ihre kühnen Bilder und den erhabenen Ausdruck. Den Personen, welche sich zum ersten Male in einem israelitischen Tempel befanden, fiel das Sanfte und die Harmonie der Sprache in den Psalmen auf. Die philharmonische Gesellschaft hat sich geneigt finden lassen, die Feierlichkeit des Festes zu erhöhen; dieselbe führte eine Ouvertüre auf und begleitete die deutsche Hymne.’ 
Ich bemerke Ihnen noch, dass der Oberrabbiner aus Straßburg und vier Departementalrabbiner herberufen waren. Nach dem Oberrabbiner Goudcheaux sprach noch in französischer Sprache der Rabbiner von Dürmenach. Des Ersteren Rede ist gedruckt erschienen. (S.Lit.Nachr.)."
  
Der Bau der Synagoge in Colmar scheint nicht unumstritten gewesen zu sein. Dem folgenden Artikel lässt sich u.a. entnehmen, dass auch das Konsistorium selbst mehrere Jahre den Bau nicht befürwortete, der am meisten von einer "Kommission aufgeklärter Männer" (in der Gemeinde) vorangetrieben wurde. Im Zusammenhang mit der Einweihung bereitete ein der "Philanthropischen Gesellschaft" nahe stehender Presseberichterstatter Anlass zu großen Ärger, der – aus einer völlig "aufgeklärten" Position heraus die Synagoge ablehnte, da er "vom Kultus gar nichts wissen" wollte und "die religiösen Gesetze für schädlich" hielt. Mit solch extremen Positionen galt es sich damals auseinander zu setzen: 
Colmar AZJ 16101843a.jpg (252878 Byte) Artikel in der "Allgemeinen Zeitung der Judentums" vom 16. Oktober 1843: "Colmar, 27. September (1843). Die in voriger Nummer berichtete Einweihung der neuen hiesigen Synagoge hat zu einer lebhaften Kontroverse Anlass gegeben. Das dortige Konsistorium steht der so genannten philanthropischen Gesellschaft, welche die Gewerbeschule für arme Israeliten begründet hat, feindlich gegenüber. Überhaupt hat diese Gesellschaft bei den elsässischen Juden wenig Anklang gefunden, sodass unter 423 Subskribenten nur 139 Juden sich befinden. Dass nun im Gegenteil die Synagoge so prächtig ausgestattet worden, hat den Unwillen des Redakteurs des Courier du Haut-Rhin erregt, und sein Bericht über die Einweihung wurde daher eine starke Philippika. Er stellt die stille Prüfungsfeier der philanthropischen Gesellschaft am 19. April dem Gepränge der Einweihung gegenüber, und so ist es leicht abzusehen, dass er nicht ansteht, über alles Maß hinaus die Ausdrücke verächtlicher Bezeichnungen und Anschuldigungen zu häufen; dies umso mehr, als der Präsident der philanthropischen Gesellschaft, Herr Leon Werth in No. 77 in einem Schreiben zeigte, wie der Redakteur durch seinen Artikel der Gesellschaft nur schadete, indem er die Trennung vergrößerte. Der würdige Mann schreibt: ‚Sie setzen die philanthropische Anstalt von Mühlhausen dem Konsistorium entgegen, welches, wie Sie sagen, mit großen Kosten eine Synagoge mit verschwenderischer Pracht erbauet, um das Übel zu verewigen, indem es sich beeifert die unsauberen Lappen unter einem gestickten Kleide zu verstecken.’ 
Das Bedürfnis einer Synagoge zu Colmar wurde schon seit langer Zeit tief empfunden; dem Konsistorium kommt die Ehre dieses Baues nicht zu, sondern einer aus aufgeklärten Männern bestehenden Kommission, welche sich von den Hindernissen zu befreien gewusst, welche auch in dieser Angelegenheit das Konsistorium sechs Jahre lang der Errichtung dieses schönen Monumentes entgegengesetzt, das bestimmt ist, die religiösen Gefühle der israelitischen gemeinde zu beleben; die philanthropische Gesellschaft stimmt von herzen diesem Gefühle bei, welches sie ihren Zöglingen als die Grundlage aller Moral einzuflößen sucht; sie sieht diese Synagoge als den Beweis eines außerordentlichen Fortschrittes an, und wenn der Herr Oberrabbiner von dieser Kanzel herab, die Sie irrigerweise als eine den mosaischen Gesetzen zuwiderlaufende Neuerung ansehen, immer mit solcher Beredsamkeit sich ausdrückt, wie am verflossenen Freitage, so wird diese Synagoge den Widerstand des Konsistoriums besänftigen, die Einigung unter den Israeliten befestigen und alle Neuerungen begünstigen, welche mit der mosaischen Religion im Einklange stehen, die keinen mit der Moral verträglichen Fortschritt ausschließt; dann wird das schöne Gebet in Erfüllung gehen, welcher der Herr Oberrabbiner nur gen Himmel gerichtet zu haben scheint, um die Bekehrung des Konsistoriums zu bewirken, wenn er so schön sagt: ‚Gib, o gütiger Gott, dass sie nie deinen Tempel verlassen, ohne besser und religiöser geworden zu sein, dein Geist leite sie überall und deine Liebe wurzele in ihren Herzen und führte sie zu ewiger Glückseligkeit!’ Wenn das Gebet des Herrn Oberrabbiners Erhörung findet und das Konsistorium durch glückliche Sinnesänderung einen besseren Weg einschlägt, und um dem Zwecke dieser Anstalt zu entsprechen den Fortschritt ihrer Verwalteten in der Zivilisation zu befördern strebt, dann wird die Gründung der Colmarer Synagoge ein glückliches Ereignis sein, und anstatt im Widerspruche mit den Absichten und Bestrebungen unserer Gesellschaft zu stehen, wird sie
Colmar AZJ 16101843b2.jpg (118784 Byte) dazu gedient haben, die eifrigsten Wünsche, nämlich die geistige Wiedergeburt der Israeliten durch Unterricht und Arbeit zu verwirklichen.’ 
Aber mit schneidender Schärfe antwortet der Redakteur, er will vom Kultus gar nichts wissen, hält die Synagoge für unnütz, die religiösen Gesetze für schädlich, und verlangt, die aufgeklärten Israeliten sollten dies selbst predigen. – Die Ansichten, die solche Sprache diktieren, kennt man bereits zu genügend, um noch viele Worte darüber zu machen. Wir wollen dem Manne nicht absprechen, dass es mit dem Juden des Elsasses noch viel anders werden muss, wir können ihm darin nur Recht geben, wenn er die geißelt, welche heilsame, nützliche Unternehmungen bekämpfen, da es gerade in ihrer Pflicht liegt, sie kräftigst zu fördern – wenn aber von der anderen Seite die Industrie und immer wieder die Industrie zum Gotte, und zwar zu einem höchst despotischen Gotte, der keinen anderen neben sich duldet, gemacht, alles religiöse Bedürfnis geleugnet, dieses als dem industriellen Gotte feindlich bezeichnet wird: so ist das freilich nur der Ausfluss seiner Zeit, die Gott sei Dank! – doch nicht mehr ganz die unsrige ist. Gerade dem Redakteur des C. du H.R. gegenüber, müssen wir den Hoffnungen des Herrn Werth die möglichste Erfüllung wünschen, dass die industrielle Entwicklung mit der religiösen hand in hand gehe. Eine Volksmasse, die in der Industrie die bedeutendsten Fortschritte gemacht, dafür aber Gott und Religion hinter sich geworfen hat – eine solche ist wahrlich! Nicht das Ziel der Menschheit, Gott bewahre uns vor ihr!"
Nachstehender Artikel geht auf dieselbe Problematik wie oben ein:   
Colmar Israelit19Jh 17121843.jpg (60365 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 17. Dezember 1843: "Die Einweihung einer Synagoge zu Colmar, die mit vielem Pomp und Aufwand vor sich ging, hat dem Courrier du Haut-Rhin Veranlassung gegeben, seinen ganzen Unwillen über das dortige Konsistorium auszugießen. Er zeichnet nämlich mit den grellsten Farben den Kontrast zwischen der solennen Feier dieses Ereignisses, und der bescheidenen des 19. Aprils, der Prüfungsfeier der philanthropischen Gesellschaft. Auffallend ist allerdings der geringe Anklang, den diese Gesellschaft unter den elsässischen Juden gefunden hat, so dass unter 423 Kontribuenten nur 139 Israeliten sich befinden. Sollte wirklich das Konsistorium bei dieser beklagenswerten Lauheit beteiligt sein?"

 
Die Synagoge soll renoviert werden (1914)       

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 3. April 1914: "Die israelitische Gemeinde in Kolmar (Elsaß) beabsichtigt die Schaffung eines Baufonds zur Wiederherstellung der Synagoge. Die Höhe der notwendigen Summe ist mit 80.000 Mark veranschlagt. Zwei bekannte israelitische Wohltätigkeitsvereine haben sich bereits in den Dienst dieser Sache gestellt und veranstalteten am vorigen Sonnabend und Sonntag eine Reihe von Festlichkeiten zugunsten des Synagogenbaufonds."      

  
Für die Reparatur der Synagoge gibt es keinen staatlichen Zuschuss, weil in ihr nur französisch gepredigt wurde (Rückblick von 1937)   

Artikel in der "Zeitschrift für die Geschichte des Juden in Deutschland Jg. 1937 S. 382 innerhalb eines Beitrages von Max Dienemann: "Die jüdischen Gemeinden in Elsaß-Lohringen 1871-1918": "Zu Synagogenbauten am Ort des Rabbinersitzes leistete der Staat einen Zuschuss. Auch die bürgerlichen Gemeinden leisteten Zuschüsse.
So gab es zum Beispiel zu der in den 90er Jahren erbauten Synagoge in Straßburg (1898 eingeweiht) die Stadt den Bauplatz und einen Zuschuss von 200.000 Mark, der Staat 60.000 Mark. Auch zu Umbauten und Reparaturen wurden Zuschüsse bewilligt, Metz erhielt 1000 Mark zur Herstellung der Orgel. Die Gemeinden Hochfelden und Oberehnheim erhielten Zuschüsse für die Erstellung des Ritualbades. Für die Synagogen in Colmar wurde der Zuschuss verweigert, weil in ihr nur französisch gepredigt wurde. Eine ganze Anzahl von Neubauten von Synagogen (41) und Betsälen (2) erstanden in der Berichtszeit."   


  
Während der NS-Zeit wurde die Synagoge geplündert und verwüstet. Das Gebäude wurde als Verkaufslager von Möbeln aus jüdischen Wohnungen zweckentfremdet.
  
Nach 1945 wurde die Synagoge wieder eingeweiht und und ist bis zur Gegenwart Mittelpunkt der seitdem wieder bestehenden Gemeinde. 
  
  
Fotos            
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 15.4.2004) 

Colmar Judengasse 03.jpg (51432 Byte) Die mittelalterliche Judengasse ("Judegass", heute Rue Berthe Molly) 
(unten: historische Karte)  

 

Colmar Rue des Juifs 01.jpg (110379 Byte) Colmar Judengasse 01.jpg (46329 Byte) Colmar Judengasse 02.jpg (59079 Byte)
     

Das Haus des Betsaals in der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts (bis 1843; Poêle des Laboureurs) 

Colmar Synagogue 135.jpg (47559 Byte) Colmar Synagogue 136.jpg (47237 Byte)   

An dem Gebäude befindet sich eine Inschriftentafel zur Geschichte des Hauses: "Die Zunft der Ackerleute ist eine der bedeutendsten im alten Colmar. Ihr 1626 an der Stelle eines Gebäudes aus dem Mittelalter errichtetes Versammlungshaus besticht vor allem durch die Einfassung seines Eingangs im Stil der Renaissance. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts halten die Juden bis zur Errichtung ihrer Synagoge an diesem Ort ihre Gottesdienste ab. Heute befindet sich hier ein Restaurant für Verwaltungsangestellt.
L'ancienne corporation des Leboreurs est l'one des plus importantes du vieux Colmar. Son lieu le réunion ou 'poêle', édifié en 1626 à l'emplacement d'un bâtiment médiéval, est surtour remarquable par son encadrement de porte Renaissance. Au cours de la première moitié du XIXe siècle, l'èdifice fait office de lieu de culte israélite, avant la construction de la synagogue. Il abrite aujourd'hui un restaurant administratif."  

    

Die 1843 erbaute Synagoge 
(Fotos: Hahn; obere Zeile aufgenommen 1987; darunter Fotos vom 15.4.2004)  

   
Colmar Synagogue 120.jpg (57458 Byte) Colmar Synagogue 122.jpg (50726 Byte) Colmar Synagogue 121.jpg (48869 Byte)
Die 1843 erbaute Synagoge in Colmar Mein Haus soll ein Bethaus für alle Völker
 genannt werden" - Inschrift über dem Eingang
   
   
Colmar Synagogue 122.jpg (56065 Byte) Colmar Synagogue 123.jpg (42725 Byte) Colmar Synagogue 120.jpg (56957 Byte)
Blick vom Place Jeanne d'arc 
zur Synagoge 
Blick von 
Westen 
An der westlichen Fassade: Uhr, 
Farbfenster und Portalinschrift 
     
Colmar Synagogue 124.jpg (34251 Byte) Colmar Synagogue 121.jpg (52764 Byte)  
Die Synagoge 
von Nordwesten 
Staatliche Gedenktafel für die Opfer der
 Verfolgungszeit 1940-1944 an der Mauer 
des Synagogenhofes 
 
      
      
Fotos der Synagoge im Oktober 2013 
(Fotos: Dieter Meißner, Aufnahmedatum 4.10.2013) 
 
Colmar Synagogue 13060.jpg (229698 Byte) Colmar Synagogue 13061.jpg (256567 Byte) Colmar Synagogue 13062.jpg (142843 Byte) Colmar Synagogue 13062a.jpg (229782 Byte)
Blick vom Place Jeanne d'arc 
zur Synagoge
Gedenktafel für die Gefallenen der 
Gemeinde im Ersten Weltkrieg 
Das Eingangsportal, darüber Portalinschrift,
Drillingsfenster und Uhr  
Das Foto in hoher Auflösung    Das Foto in hoher Auflösung  
     
Colmar Synagogue 13063.jpg (184799 Byte) Colmar Synagogue 13064.jpg (209497 Byte) Colmar Synagogue 13065.jpg (208985 Byte)
Innenaufnahme der Synagoge  Innenaufnahme - rechts die Bima  Rechts die Kanzel der Synagoge 
    Das Foto in hoher Auflösung  
     
Colmar Synagogue 13066.jpg (221232 Byte) Colmar Synagogue 13067.jpg (227789 Byte)  
Rechts der Chanukkaleuchter  Blick auf de Toraschrein   
Das Foto in hoher Auflösung  Das Foto in hoher Auflösung   

   
   
Die Synagoge Colmar im Film:    

Colmar Synagogue 360.jpg (118175 Byte)Die Synagoge in Colmar ist online auch in 3D zu sehen: Link zu synagogues360.org zu Colmar   

    
   
Einzelne Presseberichte:     

November 2009: Claude Fhima wurde als Nachfolger von Jacky Dreyfus zum 10. Grand Rabbin du Haut-Rhin eingesetzt   
Artikel in "L'Alsace.fr" vom 9. November 2009 (Artikel): "Claude Fhima installé grand rabbin du Haut-Rhin
Le 10 e grand rabbin du Haut-Rhin a été officiellement installé dans son ministère hier en fin d’après-midi, dans la synagogue consistoriale de Colmar. Ce dimanche était jour de joie pour la communauté israélite du département. Claude Yaacov Fhima, le nouveau grand rabbin du Haut-Rhin, prenait officiellement ses fonctions dans la synagogue de la rue de la Cigogne à Colmar. Il devient ainsi le successeur de Jacky Dreyfus, qui a pris sa retraite en juillet dernier.
« Sens du devoir » 
Claude Fhima est le 10 e grand rabbin du Haut-Rhin et le premier né à Colmar. Précédemment en poste à Sarreguemines, il est venu s’installer dans la cité de Bartholdi avec son épouse et ses enfants. Après avoir fréquenté les écoles talmudiques de Hégenheim et d’Aix-les-Bains, et lors d’un séjour en Israël, le nouveau grand rabbin a parfait ses connaissances au prestigieux séminaire de Paris, dont il est lauréat. 
Jean-Pierre Weil, président de la Communauté israélite de Colmar puis Yvan Geismar, président du Consistoire israélite du Haut-Rhin, ont tour à tour rendu hommage aux qualités du nouvel arrivant parlant d’un homme de conviction et de cœur, dont ils ont souligné le « grand sens du devoir ». La cérémonie d’installation a eu lieu en présence de Myriam Fhima, la mère du rabbin, qui avait fait le déplacement de Jérusalem et que les membres de la communauté colmarienne ont eu plaisir à revoir.
Gilles Bernheim, grand rabbin de France, et de nombreuses personnalités israélites entouraient Claude Fhima. Dans l’assistance, on reconnaissait, notamment, Pierre-André Peyvel, préfet du Haut-Rhin, ainsi que des représentants des instances religieuses, civiles, judiciaires et militaires du département et de la ville de Colmar.".
  
  

  
    

Links und Literatur

Links:  

bulletInformationsseite der jüdischen Gemeinden Frankreichs zur jüdischen Geschichte Colmars (französisch): hier anklicken  mit Adressliste und Hinweis auf das jüdische Museum 
bulletWeitere französische Informationsseite mit Fotos    
bulletZur Seite über den jüdischen Friedhof in Colmar (interner Link)   
bulletVerzeichnis des Ministère de la culture:  hier anklicken   

Französische Informationsseiten zur jüdischen Geschichte in Colmar: 

bulletLes Juifs à Colmar des origines à nos jours - par le Grand Rabbin Jacky Dreyfus  
bulletLe Grand Rabbinat du Haut-Rhin - par le Grand Rabbin Jacky Dreyfus  
bulletLa synagogue   
bulletColmar, un petit "yishouv" d'après-guerre - par Eliezer Shavit  
bulletLe Fonds d'art juif historique et contemporain au Musée Bartholdi  
bulletRabbin à Colmar - Quelques souvenirs des années 1945-1986, par le Grand Rabbin Simon Fuks  

Literatur:   

bulletGermania Judaica II,1 S. 415-420; III,1 S. 657-663.  
bullet

Alsace Lit 010.jpg (67412 Byte)Michel Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire. Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. 


  

                   
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Stand: 30. Juni 2020