Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia Judaica
Die Mitglieder der
Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und bestehende) Synagogen
Übersicht: Jüdische Kulturdenkmale
in der Region
Bestehende jüdische Gemeinden
in der Region
Jüdische Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur und Presseartikel
Adressliste
Digitale Postkarten
Links
| |
zurück zur Übersicht "Synagogen in der Region"
zur Übersicht "Synagogen
im Elsass"
Colmar / Kolmar
(Dep. Haut-Rhin / Alsace / Oberelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Colmar besteht bis heute eine der ältesten jüdischen
Gemeinden im Elsass. Im Mittelalter gab es die erste Gemeinde, die in der
Mitte des 13. Jahrhunderts bereits gut organisiert war. In den "Armleder"-Verfolgungen
wurden in der Stadt die aus anderen Orten hierher geflüchteten Juden
aufgenommen. Nach der Verfolgung in der Pestzeit 1348/49, bei der die Gemeinde zerstört
wurde, werden seit 1360 wieder Juden in der Stadt genannt; 1392 werden
mindestens 26 jüdische Erwachsene gezählt. Seit 1478 bat der Rat der
Stadt den Kaiser mehrfach um Genehmigung zur Vertreibung der Juden. Doch erst
1510 erlaubte dies Kaiser Maximilian der Stadt, worauf die Juden bis zum 23.
April 1512 aus Kolmar abziehen mussten. Die damals bestehende Synagoge und der
Friedhof wurden vom Kaiser beschlagnahmt und an die Stadt verkauft, die den
Friedhof zerstören ließ.
Erst nach der Französischen Revolution durften sich Juden
wieder in Colmar niederlassen. 1808 wurde die Stadt Sitz eines jüdischen
Konsistoriums für 25 unabhängige jüdische Gemeinden und 1823 Sitz des Oberrabbinates des Oberelsass.
1851 wurden 849 jüdische Einwohner gezählt, 1885 3.060, 1895 2.728. Im 20.
Jahrhundert ging die Zahl weiter zurück auf 1931 1.662 und 1939 1.140 jüdische
Gemeindemitglieder.
1940 wurden unter der deutschen Besatzung die noch verbliebenen Juden nach Südfrankreich
deportiert. Viele von ihnen wurden ermordet (vergleiche Denkmal auf dem jüdischen
Friedhof Colmar).
Nach 1945 konnte wieder eine neue Gemeinde
entstehen. Die 1843 eingeweihte Synagoge wurde wiederum Mittelpunkt des
jüdischen Gemeindelebens. Von den zugezogenen Gemeindeglieder stammt ein
Großteil aus nordafrikanischen Ländern. Zur Gemeinde gehörten 1969 etwa 1.200
Personen, um 1990 etwa 1.000 Personen.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen
Gemeinde von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis in die 1930er-Jahre
Aus der Geschichte des Rabbinates im 19./20. Jahrhundert
Zum plötzlichen Tod von
Großrabbiner Salomon Wolf Klein (1867)
Artikel in
der Zeitschrift "Chananja" vom 1. Dezember 1867: "Colmar, 10. November.
Den hiesigen jüdischen Konsistorialbezirk hat ein schwerer Schlag
getroffen: Salomon Wolf Klein, der Großrabbiner dieses Bezirkes, ist
heute im 54. Lebensjahre mit Tode angegangen. Er wird in seinem ganzen
Sprengel aufrichtig betrauert werden. Sein Andenken wird gesegnet bleiben." |
|
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 26. November
1867: "Colmar, 15. November (Privatmitteilung). Am 10.
(November 1867) ist unser auch in weiteren Kreisen bekannter Großrabbiner
Klein nach langen und schmerzhaften Leiden im 52. Lebensjahre verstorben;
am 12. fand seine Bestattung in der von dem Verstorbenen gewünschten
einfachen Weise statt. Klein war bekanntlich in Frankreich der Vertreter
der Orthodoxie, der er von ganzem Herzen ergeben war, besaß umfassende
talmudische Kenntnisse, wie sie nunmehr nur noch wenig in Frankreich
vorhanden sind, und zwar ohne gründliche wissenschaftliche Bildung
verstand er doch seine Gedanken präzis und mit Wärme auszudrücken.
Einige Schriften werden sein Andenken noch längere Zeit erhalten. Er war
der Konkurrent des Herrn Isidor um das Großrabbinat des
Zentralkonsistoriums, erhielt aber nur wenige
Stimmen." |
|
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1868: "Colmar.
Der Bürgermeister von Colmar hat an die Witwe des verstorbenen
Oberrabbiner Klein folgendes Schreiben gerichtet:
Colmar, 14. Januar 1868. Geehrte Frau!
Ich habe die Ehre, Ihnen einliegend die Kopie eines Beschlusses unseres
Stadtrates, welcher den zu frühen Tod unseres Oberrabbiners, Herrn Klein,
sehr bedauert, zu überreichen. Der Stadtrat beschloss, Ihnen bis zur
Wiederbesetzung der Stelle den Gehalt ihres verstorbenen Gemahls auszahlen
zu lassen.
Außerdem bewilligt derselbe Ihnen eine jährliche Pension von 800
Franken, die Sie vom Tage der Wiederbesetzung der Stelle an
erhalten.
Ich schätze mich glücklich, Ihnen diesen beweis der hohen Achtung des
Stadtrates für den Dahingeschiedenen geben zu können und füge
einstweilen 200 Frs. für das letzte Semester 1867 bei und versichere Sie
meiner ausgezeichneten Hochachtung.
Der Bürgermeister von Colmar. (Univ.Isr.)." |
Ernennung von Rabbiner Isak Levy zum Oberrabbiner in
Colmar (1868)
Anmerkung: Rabbiner Isaac Lévy (geb. 1835 in Marmoutier, gest. 1912 in
Paris): studierte 1851-57 an der École rabbinique in Metz; 1858 Rabbiner in
Verdun, 1865 in Lunéville; 1869 Groß-Rabbiner von Colmar, 1873 Großrabbiner
von Vesoul, 1887-1912 Groß-Rabbiner in Bordeaux, danach im Ruhestand und nach
Paris übergesiedelt. Zahlreiche Auszeichnungen.
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 2. Dezember 1868: "Kolmar.
Das Zentral-Konsistorium hat Herrn Isak Levy, bisher Rabbiner zu
Lüneville, zum Oberrabbiner des Kreises Kolmar an die Stelle des
verewigten Rabbinern Klein - seligen Andenkens -
ernannt". |
Einführung des Großrabbiners Isidor Weill (1873)
Anmerkung: Rabbiner Isidor Weill (geb. 1838 in Wintzenheim, gest.
1927 in Berlin) studierte von 1856 bis 1862 in Metz und Paris; seit 1862/64
Rabbiner in Hattstatt, ab 1873 Groß-Rabbiner in Colmar, von wo er weiterhin das
Rabbinat Hattstatt aus verwaltete. Er war Groß-Rabbiner in Colmar bis 1914 und
lebte danach in Bern.
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 15. Juli 1873: "Colmar
(Elsass) im Juni. Am 23. Mai fand hier im Konsistorialtempel die
feierliche Einführung des neuen Großrabbiners, Herrn Isidor Weill statt.
In seiner Predigt sprach Herr Weill besonders ausdrücklich über den
Einklang, der zwischen dem Judentume und der modernen Wissenschaft
vorhanden sei." |
|
Artikel
in "Israelitische Wochenschrift" von 1873 S. 118: "Elsass. Zum
Oberrabbiner von Colmar ist nunmehr Rabbiner Isidor Weil erwählt
worden. Die Beziehungen zu den deutschen Regierungen, schreibt 'Univ. Isr.'
bei Gelegenheit der Installation des neugewählten Konsistoriums, sind auf
Höflichkeit und Wohlwollen gegründet. Ebenso sind zwei Unterrabbinate (in
Schirrhofen und
Mutzig) neu besetzt worden und zwar
durch Zöglinge des Pariser Seminars.
Wir haben uns also nicht geirrt, als wir vor langer Zeit in diesem Blatte
vorausgesagt haben, dass die deutsche Regierung gegen Anstellung
französischer Rabbiner im Elsass nicht den leisesten Einwand erheben werde."
|
Publikation von Oberrabbiner Isidor
Weill (1890)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 22. August
1890: "Der Colmarer Oberrabbiner Weil hat ein Buch unter dem
Titel 'La Characteristique d'Israel' herausgegeben. Dasselbe behandelt die
Hauptzüge des heutigen Charakters des jüdischen Volkes und sucht die
unfreiwilligen Irrtümer, sowie die absichtlichen Entstellungen, welche
heute über den Charakter des jüdischen Volkes im Umlauf sind, gründlich
zu widerlegen." |
50-jähriges Dienstjubiläum von Oberrabbiner Isidor
Weil (1914)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 20. Februar 1914: "Vorletzten Sabbat feierte die jüdische
Gemeinde in Kolmar im Elsass das Fest des fünfzigjährigen
Dienstjubiläums ihres Seelsorgers, des Oberrabbiners Isidor Weil,
der über 40 Jahre in der Gemeinde amtiert. Die Feier begann vormittags im
Anschluss an den Gottesdienst. Abends fand dann ein Bankett statt. Die
Mitglieder der jüdischen Gemeinde haben eine Sammlung veranstaltet, um
dem Jubilar ein Geschenk zu stiften. Der greise Geistliche beabsichtigt,
auch weiterhin im Amte zu bleiben." |
Auszeichnung von Oberrabbiner Isidor Weil mit dem
Kronenorden 3. Klasse (1914)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 27. März 1914: "Herr Oberrabbiner Isidor Weil in Colmar
erhielt anlässlich seines 50-jährigen Amtsjubilums den Kronenorden 3.
Klasse mit der Zahl 50." |
Aus der
Geschichte der jüdischen Lehrer und Kantoren
Zum Tod des Oberkantors der
Israelitischen Gemeinde in Colmar L. Metzger, zuvor (vor 1883) Kantor in
Kolbsheim, Sulz und
Benfeld (1913)
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 31. Januar 1913: "Colmar.
Soeben geht uns die traurige Kunde vom Ableben des Oberkantors der
Israelitischen Gemeinde in Colmar, Herrn L. Metzger zu. Derselbe hat ein
Alter von 64 Jahren erreicht. In ihm verliert die Gemeinde einen tüchtigen
pflichttreuen Beamten. 30 Jahre lang hat er mit seiner prachtvollen
Tenorstimme den Gottesdienst verschönt, und stets dazu beigetragen, dass der
Besuch der Synagoge ein reger geblieben ist. Aber auch als Mensch hat sich
der Verblichene die Sympathie seiner Mitbürger erworben, ohne Unterschied
des Konfession, durch sein stets zugängliches, entgegenkommendes Wesen,
besonders den Armen gegenüber, für welche er immer ein williges Herz und
offenes Ohr hatte. Im Elsaß-Lothringischen Kantorenverband begleitete der
Verstorbene die Stelle eines zweiten Vorsitzenden. An den früheren Stellen
seiner Wirksamkeit Kolbsheim,
Sulz, Benfeld hat der
Verblichene ein ehrendes
Andenken hinterlassen. Der tief betrübten Familie entbieten wir unser tief
gefühltes Beileid." |
|
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 7. Februar 1913: "Colmar. Die Beerdigung
des Herrn Oberkantor Metzger, über dessen Hinscheiden Sie bereits
berichteten, gestaltete sich zu einer erhebenden Sympathiekundgebung, die
einen vollgültigen Beweis erbrachte für die Beliebtheit, die er in den
weitesten Kreisen genoss. Ein unabsehbares Trauergefolge, wie wir es hier
noch nie gesehen, gab ihm das letzte Geleit. Nicht nur waren fast sämtliche
Kantoren des Ober-Elsaß und viele aus Unter-Elsaß, so aus Straßburg,
Benfeld,
Bischweiler,
Schlettstadt,
Müttersholz, erschienen, sondern auch
viele Israeliten aus der näheren und weiteren Umgebung. Dass die hiesige
Gemeinde vollzählig sich beteiligte, braucht nicht hervorgehoben zu werden.
Sechs Kantoren trugen die Bahre vom Sterbehause in die Synagoge, die
übrigen, eine recht stattliche Zahl, gingen dem Zuge voran. Die Trauerfeier
in der Synagoge war würdig und äußerst eindrucksvoll. Sie wurde eingeleitet
durch einen Psalm, mit Innigkeit und Rührung gesungen von Herrn Oberkantor
Heymann - Straßburg. Nachdem auch Herr Kantor Levy mit
wohltönender Stimme einen Trauergesang zum Vortrag gebracht, hielt Herr
Oberrabbiner Weil die Trauerrede, in der er mit lebhaften Worten die
Vorzüge des Herrn Metzger, sein Wirken in der Gemeinde und seiner Familie,
schilderte und dem Schmerze der Gemeinde bewegten Ausdruck verlieh. Nach
einem Schlussgesang des Herrn Heymann war die Feier in der Synagoge beendet,
und der Zug setzte sich wieder in Bewegung nach dem
Friedhof. Dort ergriffen
nacheinander das Wort: Herr Konsistorialpräsident L. Manheimer im
Namen des Konsistoriums, Herr Paul Wurmser als Vorsteher der
Gemeinde, Herr Oberkantor Heymann als persönlicher Freund und im
Namen des Kantorenverbands und zuletzt Herr L. Wormser als ehemaliger
Vorsteher und als Mitglied des Konsistoriums. Alle Redner feierten
übereinstimmend die Menschenfreundlichkeit und den mildtätigen Sinn des
Dahingeschiedenen, dessen mitfühlendes Herz nie versagte, wo es galt, Not zu
lindern und der Armut beizustehen. Er lässt hier eine fühlbare Lücke zurück.
Sein Andenken bleibt unvergesslich." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Den jüdischen Schülern am Lyceum soll der
Gottesdienstbesuch am Sabbat verwehrt werden (1875)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 30. November 1875: "Colmar, im November (1875). Die
elsässischen Blätter berichten über einen Konflikt am Lyceum zu Colmar.
Den israelitischen Schülern des Lyceums war bis jetzt gestattet worden,
am Sabbat-Vormittag den Gottesdienst zu besuchen, und deshalb den
Unterricht während der betreffenden Zeit zu versäumen. Jetzt hat die
Direktion des Lyceums diese Erlaubnis zurückgezogen, weil sie mit dem Schulkursus
unvereinbar sei. Die Familien haben hiergegen protestiert, weil auf diese
Weise den Schülern ganz unmöglich gemacht wird, dem Sabbatgottesdienste
beizuwohnen. Der Großrabbiner Weill bemüht sich, diese, so viele
Gewissen beunruhigende Maßregel zurücknehmen zu lassen. Die meisten
elsässischen Tageblätter nehmen für die jüdischen Schüler Partei, und
man ist auf die Entscheidung gespannt, die höheren Ortes erteilt werden
wird. Es liegt hier ein Konflikt vor, der sich selbstverständlich an sehr
vielen Orten wiederholt. Bekanntlich wird auf den deutschen Schulen
Samstag Nachmittag kein Unterricht erteilt, und die Zeit und Dauer des
jüdischen Gottesdienstes nimmt ziemlich die Schulzeit des
Samstag-Vormittags in Anspruch. Findet nun im Lehrkörper die Billigkeit
statt, so ist es nicht zu schwer, die Lehrgegenstände so zu ordnen, dass
jüdische Schüler ohne zu großen Nachteil die betreffenden Stunden
versäumen können. Indes so oberflächlich lässt sich über die Sachlage
nicht urteilen. was hier in der Schule vorgeht, findet im Leben
tausendfach statt, nämlich der Konflikt zwischen dem bürgerlichen und
gewerblichen Leben und dem religiösen Sabbatgesetz. Viele Tausende von
Juden erweisen nun allsabbatlich, dass sie ohne irgendwelchen Zwang das
Sabbatgesetz den gewerblichen Anforderungen nachsetzen. Die Juden haben es
sich also selbst zuzuschreiben, wenn die Behörden in dieser Frage irre
und zweifelhaft werden. Das Gegenteil fände statt, wenn die Juden ihre
fest Anhänglichkeit an das Sabbatgesetz betätigten. Ein Herr Blum,
wahrscheinlich ein deutscher Verwandter des Herrn Fleur aus Paris, nimmt hievon
Gelegenheit, uns in dem 'Arch.isr.' wegen unserer deutschen Sympathien
anzugreifen und triumphierend auf die französische Freiheit gegenüber
den deutschen Zwang zu verweisen. Wir haben kein Gelüste, uns auf seine
Phrasen einzulassen. Er hätte besser getan, uns faktisch mitzuteilen, wie
es in der obigen Frage beiden Lyceum in Paris oder in Frankfurt überhaupt
entstehen wird. Bekanntlich gibt es gegenwärtig in Frankreich - zu
unserem schmerzlichen Bedauern - vielfache Tatsachen, z-B.. bei dem
Militär, bei denen die religiöse Freiheit durchaus nicht geschätzt
erscheint. Auch gibt es in Deutschland noch keine Universitäten, wo der
Student vor seinem Eintritt das katholische Glaubensbekenntnis abzulegen
hat. Doch es ist wahrlich keine Zeit, dass die israelitische Presse
untereinander nach der Nationalität n Hader liegen sollte, sondern
vielmehr müßigte sie gemeinsam gerne Gefahr, die für die
Glaubensfreiheit aufstieg, bemühen. Wir sind uns bewusst, stets allein
auf dem Boden der Tatsachen uns aufzuhalten, und wissen, dass zwar 'Angriffe
auf die deutschen Glaubensgenossen von französischer Seite ausgegangen
sind, niemals aber von deutscher Seite mit Anfeindungen der französischen
Glaubensgenossen vergolten
worden." |
Spende für das "Israelitische Zufluchtshaus"
(1903)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. August
1903: "Colmar. Ein Herr Rheims aus Paris hatte, wie seinerzeit
gemeldet, dem hiesigen israelitischen Zufluchtshause eine jährliche Rente
von 3.000 Mark geschenkt zur Errichtung eines Asyls für israelitische
Waisenknaben im genannten Zufluchtshause. Da dieses Haus für den neuen
Zweck ungenügend ist, hat der Vorstand des israelitischen Zufluchtshauses
beschlossen, an Stelle des alten Hauses einen Neubau zu errichten. Der
Gemeinderat hat in seiner letzten Sitzung sein Wohlwollen diesem Plane gegenüber
ausgesprochen und eine Subvention in Aussicht
gestellt." |
Ergebnis der Wahl zum israelitischen Konsistorium im
Oberelsass (1912)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 23. Februar 1912: "Colmar, 15. Februar (1912). Die
kürzlich stattgefundene Wahl zum israelitischen Konsistorium im
Oberelsass hatte das Ergebnis, dass die fortschrittliche Liste bis auf
einen Kandidaten siegte. Von 1900 eingeschriebenen Wählern machten etwa
1.400 von ihrem Wahlrecht Gebrauch. Es erhielten im ganzen Bezirk Bankier Mannheimer
- Colmar 767, Rechtsanwalt Burg - Colmar 904, Dr. Hirtz -
Colmar 735, Kaufmann Wormser - Colmar 800 Stimmen; Gintzburger
- Mülhausen unterlag mit 601 Stimmen gegen den Kaufmann J. Meyer -
Mülhausen, der 722 Stimmen erhielt. Meyer ist orthodox. Von der
Gegenliste der orthodoxen Partei erhielten außerdem Picard - Colmar 601,
Rueff - Colmar 448, Wurmser - Colmar 420, Apotheker Zivi - Colmar 347
Stimmen." |
Aus dem Jahresbericht des Lyzeums (1903)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 7. August
1903: "Colmar, 30. Juli (1903). Wie aus dem soeben erschienen,
von Direktor Dr. Bauer erstatteten Jahresbericht des hiesigen Lyzeums
hervorgeht, zählte dieses am 1. dieses Monats 546 Schüler. Auffallend im
Vergleich zur konfessionellen Zusammensetzung unserer Stadt und deren
vorwiegend katholischer Umgegend ist es, dass den 229 evangelischen und
101 israelitischen Schülern nur 216 katholische gegenüberstehen. Das in
diesen Ziffern liegende Missverhältnis tritt besonders dann zutage, wenn
man sich vergegenwärtigt, dass Colmar 24.183 Katholiken, dagegen nur
8.301 Protestanten und 1.183 Israeliten zählt." |
Der Krieg bedroht auch viele Orte mit jüdischen
Gemeinden im Oberelsass (1914)
Anmerkung: die angegebenen Zahlen der jüdischen Gemeindeglieder beziehen sich
auf ca. 1890.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. September 1914: "Hagenau, 10. September (1914).
Die schweren Kämpfe im Oberelsaß, die in letzter Zeit zwischen den
Franzosen und Deutschen ausgefochten wurden, erinnern uns daran, dass die
dortige Gegend ziemlich stark von Juden bewohnt ist, die jetzt nicht nur
zum großen Teil gezwungen waren, Heim und Herd zu verlassen, sondern
neben der schweren seelischen Not auch viel durch die Zerstörung von Hab
und Gut zu dulden haben. Es wohnen in dem vielgenannten Altkirch
289 jüdische Seelen, Hirsingen 74, Dammerkirch (Dannemarie)
15, Hagenbach 26, Bergheim
110, Grussenheim 314, Neubreisach
102, Blotzheim 62, Bollweiler
120, Ensisheim 27, Regisheim
154, Dürmenach 205, Hegenheim
169, Hüningen 50, Kolmar
1105, Dornach 202, Mülhausen
2271, Niederhagental 145, Niedersept
124, Pfastatt 73, Markirch
147, Rappoltsweiler 134, Habsheim
73, Rixheim 69, Sennheim
151, Wattweiler (Wattwiller) 37, St.
Ludwig 60, Kembs 50, Sierenz
113, Uffheim 120, Gebweiler
305, Sulz 182, Thann
163, Winzenheim 421 Juden. Die
meisten Familien, besonders in der Mülhauser Gegend, haben sich flüchten
müssen, viele davon haben sich während dieser schweren Zeit in der
Schweiz niedergelassen.". |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
"Isaak Emanuel aus Colmar" wird in
Süddeutschland steckbrieflich gesucht (1821/22)
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 5. Dezember 1821 (Quelle: Stadtarchiv
Donaueschingen): Stockach (Nachfrage wegen eines Vaganten). Der
unten beschriebene Jud, angeblich Isaak Emanuel aus Kolmar, beinah
vollständig überwiesen, aber nicht geständig, eine silberne Uhr
gestohlen zu haben, ist dahier in Untersuchung gekommen. Er will der Sohn
armer herumziehender, schon mehr als 20 Jahren verstorbener Eltern
zufällig in Kolmar geboren worden sein, und stets ein so vagierendes
Leben geführt haben, dass man ihn nirgends kenne. Er besitzt weder
Effekten noch den mindesten Ausweis über sein Herkommen, will garnichts
zu dessen Erhebung näher anzugeben wissen, und es hat sich seine Angabe
über den Geburtsort als ungegründet gezeigt. All dieses macht
wahrscheinlich, dass Inquisit auf diesen Angaben nur beharrt, um dadurch
die Entdeckung anderer begangenen Verbrechen zu verhindern. Man ist daher
veranlasst, diesen öffentlichen Weg einzuschlagen, und darauf alle
Kriminal- und Polizeibehörden angelegenst zu ersuchen, besitzende zur
Entdeckung der Wahrheit dienliche Notizen in möglichster Bälde anher
mitzuteilen.
Signalement. Isaak Emanuel von Kolmar, 5' 4" groß, hat schwarze
a la Titus geschnittene Haar, erhobene Stirne, starke Augbrauen, blaue
Augen, große Nase, mittlern Mund, rundes Kinn, starken Backenbart, ovales
Gesicht, etwas blasse Gesichtsfarbe.
Er trägt einen runden Filzhut, einen dunkelgrünen Frack mit Knöpfen von
der nämlichen Farbe, kein Gilet, lange grüne tüchene Hosen und
Bändelschuhe.
Stockach, den 22. November 1821. Großherzoglich Badisches Bezirks- und
Kriminalamt. Dreyer." |
|
Anzeige im "Großherzoglich Badischen Anzeige-Blatt für den
See-Kreis" vom 9. Februar (Hornung) 1821 (Quelle: Stadtarchiv
Donaueschingen): "Steckbrief.
Nach heute durch das Großherzogliche Bezirksamt Hüfingen erhaltener
Benachrichtigung ist der unterm 22. November vorigen Jahres durch die
öffentlichen Blätter ausgeschriebene, und nachher in das Freiburger
Zuchthaus verurteilte jüdische Gauner, angeblich Isaak Emanuel von
Kolmar, auf dem Transport dahin am 27. Jänner zu Geisingen abends 6
Uhr entkommen. Er wurde dort unvorsichtigerweise auf den Abtritt geführt;
der Wächter wartete vor der Tür aus seine Ankunft, der Jud sprang aber
von dem 15 Schuh hohen Abtritt auf die Straße hinab, und konnte
ungeachtet der schnellsten Nachsetzung nicht mehr beigebracht
werden.
Sämtliche Behörden werden ersucht, auf diesen gefährlichen Menschen,
dessen Beschrieb mit folgt, sorgfältig fahnden zu lassen.
Persons-Beschrieb. Er ist 36 Jahre alt, 5' 4" groß, hat
schwarze Haare, hellblaue Augen, ovales Gesicht, bleiche Farbe, große
Nase, mittern Mund, erhabene Stirne. Er trug einen runden Hut, grünen
Frack, lange grüntuchene Hosen und Bandelschuh.
Stockach, den 30. Jänner 1822. Großherzoglich Badisches
Bezirksamt." |
Oberlandesgerichtsrat Levi wurde zum
Landgerichtsdirektor in Straßburg ernannt (1907)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 7. Juni 1907: "Straßburg im Elsass. Oberlandesgerichtsrat
Levi - Kolmar ist zum Landgerichtsdirektor am hiesigen Landgericht
ernannt worden. In Preußen ist ein solcher Fall bisher noch nicht
vorgekommen; in Hamburg wurde vor einiger Zeit der Amtsrichter Dr.
Hinrichsen gleichfalls zum Landgerichtsdirektor ernannt. Im übrigen waren
in Kolmar bisher zwei jüdische Oberlandesgerichtsräte. Der zweite
ist Dr. M. Freudenthal, ein streng religiöser
Jude." |
Bankdirektor Lucien Mannheimer wurde in den Gemeinderat
gewählt (1908)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 3. Juli 1908: "Colmar. Bankdirektor Lucien
Mannheimer wurde in den Gemeinderat
gewählt." |
Vier jüdische Colmarer wurden in die
Handelskammer gewählt (1911)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 27. Januar 1911: "Colmar. H. Bodenheimer, Felix
Ginsburger, M. Weil und Joseph Metzer wurden in die Handelskammer
gewählt." |
Zum Tod von Charles Levy (1912)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 22. November 1912: "Colmar. Charles Levy ist im Alter
von 72 Jahren verschieden. Mit dem Hinscheiden Charles Levys, der lange
Jahre Mitglied des israelitischen Konsistoriums war und sich sehr lebhaft
auf den Gebieten des jüdischen Lebens betätigte, hat die elsässische
Judenheit einen fühlbaren Verlust erlitten." |
Zum Tod der Mutter des Konsistorialmitgliedes Dr. P.
Hirtz (1912)
Artikel im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt"
vom 20. Dezember 1912: "In Colmar verschied im 93.
Lebensjahre Witwe Lazare Hirtz, Mutter des Konsistorialmitgliedes
Dr. P. Hirtz." |
Anzeigen
jüdischer Gewerbebetriebe und Privatpersonen
Anzeigen der Gebr. Alsberg (1901/02)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. September 1901: "Köchin,
welche perfekt kochen kann, für zwei alleinstehende Herren per
sofort
gesucht.
Offerten mit Salairansprüchen und Referenzen an
Gebr. Alsberg, Colmar im Elsass." |
|
Anzeige in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 15. Dezember
1902:
"Köchin. Suche per 1. oder 15. Januar tüchtige,
selbstständige Köchin, welche unsern Haushalt (2 Herren)
selbstständig führen kann. Offerten mit Bild und Referenzen.
Gebr. Alsberg, Colmar im Elsass". |
Verlobungsanzeige von Hilde Babad und Naphtalie
Schoenberg (1936)
Anzeige
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. Februar 1936:
"Hilde Babad - Naphtalie Schoenberg. Verlobte.
Frankfurt am Main, Uhlandstraße 36 - Colmar (Elsass).
Schewat 5696 - Februar 1936". |
Weitere Dokumente
Ansichtskarte
mit dem
Kaufhaus M. Knopf & Cie. (1917)
(aus der Sammlung von Peter Karl Müller,
Kirchheim / Ries) |
|
|
|
Historische Ansichtskarte aus Colmar mit dem
jüdischen Kaufhaus M. Knopf & Cie, versandt am 24.11.1917 als Feldpost von Colmar ins Feldlazarett 59.
vgl. zum Kaufhaus http://de.wikipedia.org/wiki/Warenhaus_S._Knopf
. |
Zur Geschichte der Synagogen
Aus dem 13. Jahrhundert ist überliefert, dass 1279 die
erste Synagoge abbrannte, danach jedoch wieder aufgebaut wurde. Sie stand
in der 1328 genannten Judenschulgasse (vicus scole judeorum). In den
Verfolgungen der Pestzeit wurde sie 1349 beschlagnahmt. Seit der 2.
Hälfte des 14. Jahrhunderts bestand bis zur Vertreibung 1511/12 eine Synagoge
in einem Eckhaus in der Judengasse.
In der 1. Hälfte des 19. Jahrhunderts wurde zunächst ein Betsaal
in der "Zunftstube der Ackerleute" eingerichtet ("Poêle des
Laboureurs"). 1843 wurde eine große Synagoge erbaut. Diese wurde 1885 und 1913 renoviert.
Die Einweihung der Synagoge (1843)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 9. Oktober 1843: "Colmar,
17. September (1843). Der Glaneur du Haut-Rhin von heute enthält
Folgendes: ‚Am Freitag fand die Einweihung des schönen Tempels statt,
welchen die israelitische Gemeinde zu Colmar hat bauen lassen. Diese
Feierlichkeit hatte viele Israeliten aus dem Elsasse herbeigezogen, und da
eine große Menge Personen eingeladen worden, so wohnte ein beträchtlicher
Teil der hiesigen Bevölkerung diesem religiösen Feste bei. Der Zulauf
war so groß, dass ein Piket Fußvolk und ein Posten Polizeidiener kaum
die Ordnung erhalten konnten. In der Nähe des Heiligtums waren Stühle für
die öffentlichen Beamten gestellt. Wir bemerkten da den Herrn Präfekten
des Departments, den Herrn Mair und mehrere Mitglieder des königlichen
und bürgerlichen Gerichtshofes. Die für die Damen aufbehaltenen Plätze
waren alle besetzt. Es befanden sich sogar da mehrere israelitische Damen,
welche gegen ihre Gewohnheit im Schiff Platz nahmen.
Die Zeremonien der Einweihung begannen um zwei Uhr Nachmittags. Die Bücher
Mosis auf Pergamentrollen geschrieben, und in reich verzierten seidenen
Beuteln enthalten, wurden aus dem Heiligtume herausgenommen und
prozessionsweise von den Herren Rabbinern und den Mitgliedern des
Konsistoriums herumgetragen, Psalmen von dem Vorsänger und einem
Knabenchor abgesungen. Der Oberrabbiner hielt eine Rede über das Gebet.
Der Stil dieser Rede erinnerte an die Bibel und an die morgenländische
Poesie durch ihre kühnen Bilder und den erhabenen Ausdruck. Den Personen,
welche sich zum ersten Male in einem israelitischen Tempel befanden, fiel
das Sanfte und die Harmonie der Sprache in den Psalmen auf. Die
philharmonische Gesellschaft hat sich geneigt finden lassen, die
Feierlichkeit des Festes zu erhöhen; dieselbe führte eine Ouvertüre auf
und begleitete die deutsche Hymne.’
Ich bemerke Ihnen noch, dass der Oberrabbiner aus Straßburg und vier
Departementalrabbiner herberufen waren. Nach dem Oberrabbiner Goudcheaux
sprach noch in französischer Sprache der Rabbiner von Dürmenach. Des
Ersteren Rede ist gedruckt erschienen. (S.Lit.Nachr.)."
|
Der Bau
der Synagoge in Colmar scheint nicht unumstritten gewesen zu sein. Dem
folgenden Artikel lässt sich u.a. entnehmen, dass auch das Konsistorium
selbst mehrere Jahre den Bau nicht befürwortete, der am meisten von einer
"Kommission aufgeklärter Männer" (in der Gemeinde) vorangetrieben wurde.
Im Zusammenhang mit der Einweihung bereitete ein der "Philanthropischen
Gesellschaft" nahe stehender Presseberichterstatter Anlass zu großen
Ärger, der – aus einer völlig "aufgeklärten" Position heraus die
Synagoge ablehnte, da er "vom Kultus gar nichts wissen" wollte und "die
religiösen Gesetze für schädlich" hielt. Mit solch extremen Positionen
galt es sich damals auseinander zu setzen: |
Artikel in
der "Allgemeinen Zeitung der Judentums" vom 16. Oktober 1843: "Colmar, 27.
September (1843). Die in voriger Nummer berichtete Einweihung der neuen
hiesigen Synagoge hat zu einer lebhaften Kontroverse Anlass gegeben. Das
dortige Konsistorium steht der so genannten philanthropischen
Gesellschaft, welche die Gewerbeschule für arme Israeliten begründet
hat, feindlich gegenüber. Überhaupt hat diese Gesellschaft bei den elsässischen
Juden wenig Anklang gefunden, sodass unter 423 Subskribenten nur 139 Juden
sich befinden. Dass nun im Gegenteil die Synagoge so prächtig
ausgestattet worden, hat den Unwillen des Redakteurs des Courier du
Haut-Rhin erregt, und sein Bericht über die Einweihung wurde daher eine
starke Philippika. Er stellt die stille Prüfungsfeier der
philanthropischen Gesellschaft am 19. April dem Gepränge der Einweihung
gegenüber, und so ist es leicht abzusehen, dass er nicht ansteht, über
alles Maß hinaus die Ausdrücke verächtlicher Bezeichnungen und
Anschuldigungen zu häufen; dies umso mehr, als der Präsident der
philanthropischen Gesellschaft, Herr Leon Werth in No. 77 in einem
Schreiben zeigte, wie der Redakteur durch seinen Artikel der Gesellschaft
nur schadete, indem er die Trennung vergrößerte. Der würdige Mann
schreibt: ‚Sie setzen die philanthropische Anstalt von Mühlhausen dem
Konsistorium entgegen, welches, wie Sie sagen, mit großen Kosten eine
Synagoge mit verschwenderischer Pracht erbauet, um das Übel zu verewigen,
indem es sich beeifert die unsauberen Lappen unter einem gestickten Kleide
zu verstecken.’
Das Bedürfnis einer Synagoge zu Colmar wurde schon seit langer Zeit tief
empfunden; dem Konsistorium kommt die Ehre dieses Baues nicht zu, sondern
einer aus aufgeklärten Männern bestehenden Kommission, welche sich von
den Hindernissen zu befreien gewusst, welche auch in dieser Angelegenheit
das Konsistorium sechs Jahre lang der Errichtung dieses schönen
Monumentes entgegengesetzt, das bestimmt ist, die religiösen Gefühle der
israelitischen gemeinde zu beleben; die philanthropische Gesellschaft
stimmt von herzen diesem Gefühle bei, welches sie ihren Zöglingen als
die Grundlage aller Moral einzuflößen sucht; sie sieht diese Synagoge
als den Beweis eines außerordentlichen Fortschrittes an, und wenn der
Herr Oberrabbiner von dieser Kanzel herab, die Sie irrigerweise als eine
den mosaischen Gesetzen zuwiderlaufende Neuerung ansehen, immer mit
solcher Beredsamkeit sich ausdrückt, wie am verflossenen Freitage, so
wird diese Synagoge den Widerstand des Konsistoriums besänftigen, die
Einigung unter den Israeliten befestigen und alle Neuerungen begünstigen,
welche mit der mosaischen Religion im Einklange stehen, die keinen mit der
Moral verträglichen Fortschritt ausschließt; dann wird das schöne Gebet
in Erfüllung gehen, welcher der Herr Oberrabbiner nur gen Himmel
gerichtet zu haben scheint, um die Bekehrung des Konsistoriums zu
bewirken, wenn er so schön sagt: ‚Gib, o gütiger Gott, dass sie nie
deinen Tempel verlassen, ohne besser und religiöser geworden zu sein,
dein Geist leite sie überall und deine Liebe wurzele in ihren Herzen und
führte sie zu ewiger Glückseligkeit!’ Wenn das Gebet des Herrn
Oberrabbiners Erhörung findet und das Konsistorium durch glückliche
Sinnesänderung einen besseren Weg einschlägt, und um dem Zwecke dieser
Anstalt zu entsprechen den Fortschritt ihrer Verwalteten in der
Zivilisation zu befördern strebt, dann wird die Gründung der Colmarer
Synagoge ein glückliches Ereignis sein, und anstatt im Widerspruche mit
den Absichten und Bestrebungen unserer Gesellschaft zu stehen, wird sie |
dazu
gedient haben, die eifrigsten Wünsche, nämlich die geistige Wiedergeburt
der Israeliten durch Unterricht und Arbeit zu verwirklichen.’
Aber mit schneidender Schärfe antwortet der Redakteur, er will vom Kultus
gar nichts wissen, hält die Synagoge für unnütz, die religiösen
Gesetze für schädlich, und verlangt, die aufgeklärten Israeliten
sollten dies selbst predigen. – Die Ansichten, die solche Sprache
diktieren, kennt man bereits zu genügend, um noch viele Worte darüber zu
machen. Wir wollen dem Manne nicht absprechen, dass es mit dem Juden des
Elsasses noch viel anders werden muss, wir können ihm darin nur Recht
geben, wenn er die geißelt, welche heilsame, nützliche Unternehmungen
bekämpfen, da es gerade in ihrer Pflicht liegt, sie kräftigst zu fördern
– wenn aber von der anderen Seite die Industrie und immer wieder die
Industrie zum Gotte, und zwar zu einem höchst despotischen Gotte, der
keinen anderen neben sich duldet, gemacht, alles religiöse Bedürfnis
geleugnet, dieses als dem industriellen Gotte feindlich bezeichnet wird:
so ist das freilich nur der Ausfluss seiner Zeit, die Gott sei Dank! –
doch nicht mehr ganz die unsrige ist. Gerade dem Redakteur des C. du H.R.
gegenüber, müssen wir den Hoffnungen des Herrn Werth die möglichste Erfüllung
wünschen, dass die industrielle Entwicklung mit der religiösen hand in
hand gehe. Eine Volksmasse, die in der Industrie die bedeutendsten
Fortschritte gemacht, dafür aber Gott und Religion hinter sich geworfen
hat – eine solche ist wahrlich! Nicht das Ziel der Menschheit, Gott
bewahre uns vor ihr!" |
Nachstehender Artikel geht auf dieselbe
Problematik wie oben ein: |
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit des 19. Jahrhunderts" vom 17.
Dezember 1843: "Die Einweihung einer Synagoge zu Colmar, die mit vielem
Pomp und Aufwand vor sich ging, hat dem Courrier du Haut-Rhin Veranlassung
gegeben, seinen ganzen Unwillen über das dortige Konsistorium auszugießen.
Er zeichnet nämlich mit den grellsten Farben den Kontrast zwischen der
solennen Feier dieses Ereignisses, und der bescheidenen des 19. Aprils,
der Prüfungsfeier der philanthropischen Gesellschaft. Auffallend ist
allerdings der geringe Anklang, den diese Gesellschaft unter den elsässischen
Juden gefunden hat, so dass unter 423 Kontribuenten nur 139 Israeliten
sich befinden. Sollte wirklich das Konsistorium bei dieser beklagenswerten
Lauheit beteiligt sein?" |
Die Synagoge soll renoviert werden (1914)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 3. April 1914: "Die israelitische Gemeinde in Kolmar (Elsaß)
beabsichtigt die Schaffung eines Baufonds zur Wiederherstellung der
Synagoge. Die Höhe der notwendigen Summe ist mit 80.000 Mark
veranschlagt. Zwei bekannte israelitische Wohltätigkeitsvereine haben
sich bereits in den Dienst dieser Sache gestellt und veranstalteten am
vorigen Sonnabend und Sonntag eine Reihe von Festlichkeiten zugunsten des
Synagogenbaufonds." |
Für die Reparatur der Synagoge gibt
es keinen staatlichen Zuschuss, weil in ihr nur französisch gepredigt wurde (Rückblick
von 1937)
Artikel in der "Zeitschrift für die Geschichte des Juden in Deutschland Jg.
1937 S. 382 innerhalb eines Beitrages von Max Dienemann: "Die jüdischen
Gemeinden in Elsaß-Lohringen 1871-1918": "Zu Synagogenbauten
am Ort des Rabbinersitzes leistete der Staat einen Zuschuss. Auch die
bürgerlichen Gemeinden leisteten Zuschüsse.
So gab es zum Beispiel zu der in den 90er Jahren erbauten Synagoge in
Straßburg (1898 eingeweiht) die Stadt den Bauplatz und einen Zuschuss von
200.000 Mark, der Staat 60.000 Mark. Auch zu Umbauten und Reparaturen wurden
Zuschüsse bewilligt, Metz erhielt 1000 Mark zur Herstellung der Orgel. Die
Gemeinden Hochfelden und
Oberehnheim erhielten Zuschüsse für die
Erstellung des Ritualbades. Für die Synagogen in Colmar wurde der
Zuschuss verweigert, weil in ihr nur französisch gepredigt wurde. Eine ganze
Anzahl von Neubauten von Synagogen (41) und Betsälen (2) erstanden in der
Berichtszeit." |
Während der NS-Zeit wurde die
Synagoge geplündert und verwüstet. Das Gebäude wurde als Verkaufslager von
Möbeln aus jüdischen Wohnungen zweckentfremdet.
Nach 1945 wurde die
Synagoge wieder eingeweiht und und ist bis zur Gegenwart Mittelpunkt der seitdem
wieder bestehenden Gemeinde.
Fotos
(Fotos: Hahn, Aufnahmedatum 15.4.2004)
Die Synagoge Colmar im Film:
Einzelne Presseberichte:
November
2009: Claude Fhima wurde als
Nachfolger von Jacky Dreyfus zum 10. Grand Rabbin du Haut-Rhin
eingesetzt |
Artikel
in "L'Alsace.fr" vom 9. November 2009 (Artikel): "Claude Fhima installé grand rabbin du Haut-Rhin
Le 10 e grand rabbin du Haut-Rhin a été officiellement installé dans son ministère hier en fin d’après-midi, dans la synagogue consistoriale de Colmar. Ce dimanche était jour de joie pour la communauté israélite du département. Claude Yaacov Fhima, le nouveau grand rabbin du Haut-Rhin, prenait officiellement ses fonctions dans la synagogue de la rue de la Cigogne à Colmar. Il devient ainsi le successeur de Jacky Dreyfus, qui a pris sa retraite en juillet dernier.
« Sens du devoir »
Claude Fhima est le 10 e grand rabbin du Haut-Rhin et le premier né à Colmar. Précédemment en poste à Sarreguemines, il est venu s’installer dans la cité de Bartholdi avec son épouse et ses enfants. Après avoir fréquenté les écoles talmudiques de Hégenheim et d’Aix-les-Bains, et lors d’un séjour en Israël, le nouveau grand rabbin a parfait ses connaissances au prestigieux séminaire de Paris, dont il est lauréat.
Jean-Pierre Weil, président de la Communauté israélite de Colmar puis Yvan Geismar, président du Consistoire israélite du Haut-Rhin, ont tour à tour rendu hommage aux qualités du nouvel arrivant parlant d’un homme de conviction et de cœur, dont ils ont souligné le « grand sens du devoir ». La cérémonie d’installation a eu lieu en présence de Myriam Fhima, la mère du rabbin, qui avait fait le déplacement de Jérusalem et que les membres de la communauté colmarienne ont eu plaisir à revoir.
Gilles Bernheim, grand rabbin de France, et de nombreuses personnalités israélites entouraient Claude Fhima. Dans l’assistance, on reconnaissait, notamment, Pierre-André Peyvel, préfet du Haut-Rhin, ainsi que des représentants des instances religieuses, civiles, judiciaires et militaires du département et de la ville de Colmar.". |
|
|
Links und Literatur
Links:
Französische Informationsseiten zur jüdischen Geschichte in
Colmar:
Literatur:
vorherige Synagoge zur ersten Synagoge nächste Synagoge
diese Links sind noch nicht aktiviert
|