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im Elsass"
Dornach
(Stadt Mülhausen, Mulhouse, Dep. Haut-Rhin / Alsace / Oberelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Dornach bestand eine jüdische Gemeinde bis 1940 und
wiederum nach 1945. Ihre Entstehung geht in die Zeit des 18. Jahrhunderts
zurück. 1784 gab es elf jüdische Familien am Ort mit zusammen 58
Personen.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1846 217 (oder 244) jüdische Einwohner, 1861 204, 1900 179, 19010 123
jüdische Einwohner.
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge
(s.u.), eine jüdische Schule und ein rituelles Bad.
Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der
zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war.
Dornach war Sitz eines Rabbinates, das nach 1913 nach Mülhausen verlegt
beziehungsweise mit dem dortigen Rabbinat zusammengelegt wurde (danach: Rabbinat
Mulhouse-Dornach). Rabbiner in Dornach war von 1912 bis 1939 Camille Bloch
Letzter Dornacher Rabbiner war Camille Bloch (geb. in Oberbronn, gest.
1939 in Dornach): studierte 1898-1901 in Berlin, war 1902-1910 Rabbiner in Soultz-sous-Forêts,
1910 in Dornach beziehungsweise Mulhouse-Dornach.
Unter der deutschen Besatzung wurden 1940 die damals noch in Dornach
lebenden jüdischen Personen nach Südfrankreich deportiert.
Von den in Dornach geborenen und/oder längere Zeit am Ort
wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Alice Geissmann geb.
Klein (1893), Sylvain Goldschmidt (1885), Johanna (Jeanne) Levy geb. Wallach
(1879), Arthur Wallach (1882).
Nach 1945 wurde in Dornach eine jüdische Gemeinde wieder begründet - in
enger Beziehung zu der in Mulhouse bestehenden jüdischen Gemeinde. 1953 wurden
174 jüdische Einwohner am Ort gezählt.
Aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der
Geschichte des Rabbinates in Dornach
Veränderungen in den Besetzungen der Rabbinate - Rabbiner Max Guggenheim kommt
nach Westhofen (1910)
Artikel
im "Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 27. Mai 1910:
"Straßburg. Die von dem israelitischen Bezirkskonsistorium zu
Straßburg vorgenommenen Ernennungen des Rabbiners Dr. Bloch (bisher in
Dambach) zum Rabbiner in Barr, des Rabbiners Dr. Lehmann (bisher in
Schirrhofen) zum Rabbiner in Bischweiler, des Rabbiners Gugenheim (bisher
in Quatzenheim) zum Rabbiner in Westhofen und des Rabbiner Dr. Marx in Westhofen
zum beigeordneten Rabbiner in Straßburg, ferner die von dem
Bezirkskonsistorium zu Colmar vorgenommene Ernennung des Rabbiners Bloch
in Sulz unter Wald zum Rabbiner in
Dornach, sowie die von dem
Bezirkskonsistorium zu Metz vorgenommenen Ernennungen des Rabbiners
(Heinrich) Dreyfuß (bisher in Dürmenach) zum Rabbiner in Mörchingen (sc.
Morhange, Lothringen) und des
Rabbiners Levy (bisher in Pfalzburg) zum Rabbiner in Saarburg, sind von
dem Ministerium in Elsaß-Lothringen bestätigt
worden." |
Aufhebung des Rabbinats Dornach und Verlegung nach Mühlhausen
(1912/14)
Artikel
in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 6. September
1912: "Mülhausen, 30. August (1912). Die Nachricht, dass der vom
israelitischen oberelsässischen Konsistorium einstimmig gefasste
Beschluss, in Mülhausen ein zweites Rabbinat zu gründen, vom
Ministerium abgelehnt worden hat, hat im Schoße der israelitischen
Gemeinde sehr überrascht. Das Konsistorium hat mit seinem Beschluss bloß
einem ihm vor etwas zwei Jahren unterbreiteten Plane des Ministeriums
nachträglich seine Zustimmung erteilt, da der Ausfall der letzten
Konsistorialwahlen, bei denen der jetzige Vorsteher der israelitischen
Gemeinde und Gegner eines zweiten Rabbinats unterlegen ist, ein Beweis
dafür ist, dass die größte Gemeinde des Oberelsass einen zweiten
Rabbiner wünscht. Man wundert sich umso mehr über die Entscheidung des
Ministeriums, als nach Aufhebung des erst zwei Jahre bestehenden Rabbinats
Dornach dem Lande durch die Gründung eines zweiten Rabbinats
Mülhausen keinerlei Ausgaben erwachsen. Jedenfalls ist das Konsistorium
es der israelitischen Gemeinde Mülhausen schuldig, noch weitere Schritte
zu unternehmen, um die Regierung zu bestimmen, auf seinen Wunsch
einzugehen." |
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Artikel im
"Frankfurter Israelitischen Familienblatt" vom 31. Oktober 1913: "Colmar.
Im nächsten Jahre wird die Eingemeindung Dornachs in Mülhausen erfolgen.
Infolgedessen wird das Rabbinat Dornach aufgehoben und ein Rabbinat Mülhausen
II gegründet. Das Konsistorium hat beschlossen, dieses neu zu gründende
Rabbinat dem jetzigen Rabbiner von Thann zu übertragen und Rabbiner Bloch
von Dornach nach Thann zu versetzen." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Der Krieg bedroht auch viele Orte mit jüdischen
Gemeinden im Oberelsass (1914)
Anmerkung: die angegebenen Zahlen der jüdischen Gemeindeglieder beziehen sich
auf ca. 1890.
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 18. September 1914: "Hagenau, 10. September (1914).
Die schweren Kämpfe im Oberelsaß, die in letzter Zeit zwischen den
Franzosen und Deutschen ausgefochten wurden, erinnern uns daran, dass die
dortige Gegend ziemlich stark von Juden bewohnt ist, die jetzt nicht nur
zum großen Teil gezwungen waren, Heim und Herd zu verlassen, sondern
neben der schweren seelischen Not auch viel durch die Zerstörung von Hab
und Gut zu dulden haben. Es wohnen in dem vielgenannten Altkirch
289 jüdische Seelen, Hirsingen 74, Dammerkirch (Dannemarie)
15, Hagenbach 26, Bergheim
110, Grussenheim 314, Neubreisach
102, Blotzheim 62, Bollweiler
120, Ensisheim 27, Regisheim
154, Dürmenach 205, Hegenheim
169, Hüningen 50, Kolmar
1105, Dornach 202, Mülhausen
2271, Niederhagental 145, Niedersept
124, Pfastatt 73, Markirch
147, Rappoltsweiler 134, Habsheim
73, Rixheim 69, Sennheim
151, Wattweiler (Wattwiller) 37, St.
Ludwig 60, Kembs 50, Sierenz
113, Uffheim 120, Gebweiler
305, Sulz 182, Thann
163, Winzenheim 421 Juden. Die
meisten Familien, besonders in der Mülhauser Gegend, haben sich flüchten
müssen, viele davon haben sich während dieser schweren Zeit in der
Schweiz niedergelassen.". |
Berichte zu
einzelnen Personen aus der Gemeinde
Meyer Geißmann erlaubt sich unpassende
"Scherze" (1884)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 20. März 1884:
"Dornach, 11. März (1884). Der Spruch unserer Weisen 'Kein
Mensch südigt bis ihn ein Ruach Schtut = dummer Gedanke überkommt'
(Talmud Sotah 3a) hat sich, durch ein am 4. März in Mühlhausen
stattgefundenes trauriges Ereignis, wodurch eine ganze hiesige jüdische
Familie in Trauer versetzt wurde und die hiesige jüdische Gemeinde in
Aufregung geraten ist, leider vollständig bewahrheitet. Vor mehreren
Wochen ließ ein Mitglied der hiesigen jüdischen Gemeinde, namens Meyer
Geißmann, einem Glaubensgenossen A., in Dammenkirch, durch einige in
nächster Nähe Dammenkirchs wohnende Leute sagen, er soll zum Begräbnis
seines Schwiegervaters B. nach Dornach kommen. A. fuhr selbstredend nach
Dornach und fand zu seiner angenehmste Überraschung den Schwiegervater
ganz gesund und wohl. Das gleiche Manöver wiederholte Geißmann anfangs
März. Am 4. März wurde Geißmann als der Verbreiter dieser erdichteten
Trauerbotschaft entlarvt und ihm wahrscheinlich mit gerichtlicher Anzeige
gedroht. Aus Furcht vor etwaiger gerichtlicher Bestrafung stürzte er sich
am selbigen Tag nachmittags vor 2 Uhr auf der Sausheimer Brücke in
Mühlhausen in den Verbindungskanal und fand hier den Tod. Einige die
Brücke passierende Arbeiter hörten, wie Geißmann auf der Brücke die
Worte sprach: 'Ade Welt'. Bald darauf war er verschwunden. Als die
Arbeiter wieder zurückkehrten, um nach Geißmann zu sehen, war er bereits
ertrunken. Jetzt wurde allgemein behauptet, Geißmann litt an
Geistesstörung.
Jedenfalls sind derartige Handlungen Symptome von Geistesstörung, denn
ein Mensch mit gesundem Menschenverstand lässt sich zu solchen Taten
nicht hinreißen, viel weniger zu einem Selbstmorde, der bei uns Jehudim
Gott sei Dank sehr selten vorkommt. Leider gibt es unter uns Jehudim,
namentlich auf dem Lande, derartige Leute, die, um als Spaßvögel zu
gelten, ein Vergnügen daran finden, ihre Glaubensgenossen durch derartige
erdichtete Trauerbotschaften zu erschrecken.
Mögen solche Spaßvögel von erwähntem traurigen Ereignis Notiz nehmen
und bedenken, zu welchen Resultaten derartige Späße
führen." |
Zum Tod des langjährigen Gemeindevorsteher Wolf
Goldschmitt (1891)
Artikel in
der Zeitschrift "Der Israelit" vom 19. Februar 1891: "Dornach, 7. Adar.
Einen schweren Verlust hatte vor kurzer Zeit die hiesige Gemeinde zu
verzeichnen; nicht nur die Gemeindemitglieder, sondern auch weite Kreise
trifft dieser Schlag. Es ist nämlich unser langjähriger Vorsteher und
Leiter der Gemeinde, Herr Wolf Goldschmitt, im Alter von 72 ins bessere
Leben abgerufen worden. Wir verlieren in ihm einen treuen Verwalter und
Pfleger der altjüdischen Einrichtungen, der nie so genannten neumodischen
Ideen sein Ohr lieh. Weit über seine Gemeinde hinaus erstreckte sich die
Wohltätigkeit des Verstorbenen: Hunderte von Armen haben den Verlust
dieses Mannes zu beklagen; und so ist es kein Wunder, dass ein großer Zug
Trauernder seiner Bahre folgte. Von den drei Rabbinern, die der
Leichenfeier beiwohnten, hielten Herr Mook (sc. Salomon Moock), Rabbiner von
Mülhausen und Herr
Schüler, Rabbiner von Bollweiler, ergreifende Reden im Hause des
Verstorbenen. Auf dem Friedhofe sprach Herr Rabbiner Bamberger von
Sennheim tief empfundene Worte zu den zahlreichen Anwesenden. Jedermann
war gerührt, als die irdische Hülle des Heimgegangenen unter lautem
Schluchzen seiner trauernden Angehörigen der Erde übergeben wurde. Das
Andenken des Frommen ist zum Segen. Seine
Seele sei eingebunden in den Bund des Lebens." |
Berichte zu Personen aus der jüdischen Gemeinde
Hinweis auf Rabbiner Isaac Guggenheim (Gugenheim, geb. 1847 in
Dornach, gest. 1918 in Sarre-Union) war von 1874 bis 1879 Rabbiner in
Hagenthal-le-Bas,
1879 bis 1918 Rabbiner in Sarre-Union (seit 1912 im Ruhestand)
Zur Geschichte der Synagoge
Die Dornacher Synagoge wurde 1851 fertiggestellt und
eingeweiht. Architekt des Gebäudes war der bekannte Zeichner und Architelt Jean-Baptiste
Schacre (1808-1876), der zwei Jahre zuvor auch die Hauptsynagoge in
Mülhausen erstellt hatte. Schacre war als langjähriger Stadtarchitekt von
Mülhausen tätig (1844-1876). Die beiden von ihm erstellte Synagogen waren in
neuromanischem/neoklassizistischen Stil erstellt. Für die beiden gleichfalls
von Schacre wenige Jahre später in Mülhausen errichtete Katholische
Stephanskirche und die Protestantische Stephanskirche verwendete er den
neugotischem Stil.
Nach 1945 wurde die Dornacher Synagoge nicht mehr verwendet, da die Zahl
der jüdischen Einwohner am Ort zu gering war. In einem Gebäude in der Nähe
der Synagoge wurde dafür ein Betraum
eingerichtet.
Adresse/Standort der Synagoge: Rue
Gustave Schaeffer
Fotos
(Quelle: Rothé/Warschawski s. Lit. S. 158)
Das Gebäude der
ehemaligen Synagoge in Dornach
in den 1980er-Jahren |
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Außenansicht
der ehemaligen Synagoge |
Im Inneren: Blick über
die
Bima zum Toraschrein |
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Der nach 1945
genutzte Betsaal |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
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Michel
Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire.
Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. S. 48. 158.
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n.e.
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