Eingangsseite
Aktuelle Informationen
Jahrestagungen von Alemannia
Judaica
Die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft
Jüdische Friedhöfe
(Frühere und
bestehende) Synagogen
Übersicht:
Jüdische Kulturdenkmale in der Region
Bestehende
jüdische Gemeinden in der Region
Jüdische
Museen
FORSCHUNGS-
PROJEKTE
Literatur
und Presseartikel
Adressliste
Digitale
Postkarten
Links
| |
Zurück zur Seite über die Jüdische Geschichte/Synagoge
in Hechingen
Zu weiteren Hechinger Seiten:
- Allgemeine Berichte sowie Berichte aus
dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben (diese
Seite)
- Berichte zu den Rabbinern,
Lehrern und weiteren Kultusbeamten der Gemeinde sowie Berichte zur
jüdischen Schule
- Berichte zu einzelnen Personen aus
der jüdischen Gemeinde
- Seite zum jüdischen Friedhof in
Hechingen
Hechingen (Zollernalbkreis)
Texte/Berichte zur jüdischen Geschichte der Stadt
im 19. und 20. Jahrhundert (bis nach 1933)
Hier: Allgemeine Berichte zur jüdischen
Geschichte in Hechingen
Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Die nachstehend wiedergegebenen Texte mit
Beiträgen zur jüdischen Geschichte in Hechingen wurden in jüdischen Periodika
gefunden.
Bei Gelegenheit werden weitere Texte eingestellt. Neueste Einstellung am
2.8.2015.
Die meisten Texte dieser Seite konnten noch nicht abgeschrieben
werden; zum Lesen bitte Textabbildungen anklicken.
Übersicht:
Allgemeine
Beiträge zur jüdischen Geschichte in Hechingen
"Geschichte der Israeliten in Hohenzollern-Hechingen" von Dr. Samuel
Meyer (Beitrag von 1844)
Teil 1:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Orient" vom 16. Juli
1844: "Geschichte der Israeliten in
Hohenzollern-Hechingen.
Dulden ist das Erbteil unseres Stammes. Shakespeare's Shylock.
Die Frage, warum in Deutschland verhältnismäßig mehr Bekenner des
israelitischen Glaubens als in vielen anderen Ländern, namentlich in den
romanischen, ansässig sind, lässt sich durch die kirchliche und
politische Verfassung des deutschen Reiches beantworten. Die Reformation
oder überhaupt die religiöse Gärung, die seit den Kreuzzügen in
Deutschland geherrscht, hatte für die Ruhe der Israeliten die
wohltätigsten Folgen, denn während zum Beispiel in Spanien, Frankreich
und anderen Staaten nur die römisch-katholische Kirche herrschend war,
welche die Israeliten mit ihrer ungeteilten Macht zu unterdrücken oder zu
vernichten suchte, wurden sie dagegen in Deutschland bei dem Streite der Kirchenparteien
entweder vergessen oder halb in Frieden geduldet, der ihnen selten in den
Zeiten des Völkerfriedens gegönnt wurde. Die Reformation war daher für
die Erhaltung des israelitischen Volkes von wesentlicher Bedeutung, denn duobus
ligitantibus, tertius gaudet (= 'wenn zwei sich streiten, freut sich
der dritte'), gilt auch für eine ganze Glaubens-Partei.
Besonders günstig war die Spaltung des Reiches in viele große und kleine
Staaten; denn wenn sie von dem Regenten eines anderen europäischen
Staates verwiesen wurden, so mussten sie das ganze Land meiden, hingegen
wenn sie in einem deutschen Staate nicht mehr geduldet wurden, so fanden
sie bei Reichsfürsten und Ständen, kraft der ihnen vom Kaiser Karls V.
in der Reichs-Polizei-Ordnung zu Augsburg im Jahre 1548 eingeräumten
Territorial-Superiorität, oft in der nächsten Umgebung wieder eine
Aufnahme in den Schutzverband. Diese Ansicht wird ganz besonders durch die
Geschichte der Israeliten in dieser Gegend bestätigt, wo in einem nicht
sehr umfangreichen Flächenraume die Herzöge von Württemberg, die
Fürsten von Hohenzollern-Hechingen und Sigmaringen, die Grafen von Rexingen
(Anm.: Die ersten Israeliten in Rexingen sollen Polen gewesen sein),
Baisingen (Anmerkung:
Einige Israeliten sollen in Folge einer Verbannung aus Wien [1670 oder
früher] nach Baisingen gekommen sein. Noch befindet sich in der Synagoge
eine sehr altertümliche Gesetzesrolle, welche sie mitgebracht hatten.
Anmerkung der Redaktion: eine genaue Angabe darüber wäre zu wünschen)
und Nordstetten, die Barone
von Mühringen und Buttenhausen,
der Magistrat in Buchau am Federsee
(Anmerkung: Buchau war ehedem eine freie Reichsstadt, die aber unter
die Botmäßigkeit der freien Reichsstadt Ulm kam, dann an Grafen und
zuletzt an die Fürsten von Thurn und Taxis verkauft wurde, Schon vor
mehreren Jahrhunderten sollen hier Israeliten ansässig gewesen sein, die
sich durch die aus den in der Nähe gelegenen Dörfern vertriebenen
Glaubensgenossen vermehrten. Zu Aulendorf befindet sich noch ein
israelitischer Begräbnisplatz. Anmerkung der Redaktion. Welches sind
seine ältesten Grabsteine?), und die geistlichen Herren von Dettensee,
reichsunmittelbar regieren, und mehr oder minder israelitische Glaubensgenossen
in ihren Gebieten duldeten, sodass sich in einem kleinen Kreise von
mehreren katholischen Regenten sehr viele Gemeinden gebildet
haben.
Soll der Geschichte der europäischen Israeliten eine möglichst
vollkommene Darstellung gegeben werden, so muss man dem
Geschichtsschreiber die erforderlichen Hilfsquellen eröffnen, und zu
diesem Behufe ihm die Schicksale und Zustände der Gemeinden in einzelnen
Staaten zur geeigneten Anwendung mitteilen. Dadurch wird es auch möglich,
die Preisaufgabe über die früheren und gegenwärtigen Zustände des
Rabbinerwesens, wie sie unterm 1. September 1843 von dem Berliner
Kulturvereine bei dem Mangel an Materialien viel zu früh
gestellt wurde, allmählich zu lösen; denn mit der Geschichte der
Gemeinden war und ist das Wirken der Rabbiner eng verbunden. Liest man zum
Beispiel die im Zemach David bearbeitete Geschichte der Israeliten, so
erscheint dieselbe nur als ein Verzeichnis teils der Könige, teils der
Propheten und teils der hervorragenden Rabbiner mit beigefügten
Bemerkungen. Daher beehre ich mich, gegenwärtige historische und
statistische Skizze, die ich aus allen Gemeindebüchern, Urkunden,
Schriftwerken und anderen Hilfsmitteln, in Beziehung auf die
Schutzverhältnisse, das Kirchen- und Schulwesen, und die Brüderschaften
vorzutragen. Wenn ich bei diesem Anlass öfters von mir spreche, so möge
man mich entschuldigen, da ich die Ansicht hege, dass jeder Rabbiner von
seinem zehnjährigen Wirken öffentlich Rechenschaft ablegen
sollte.
1. Von den Schutzverhältnissen.
Das Haus Hohenzollern teils sich in zwei Linien, in die schwäbische und
fränkische. Die erste trennte sich in die Grafschaft
Hohenzollern-Hechingen, welche im Jahre 1623, und in die Grafschaft
Hohenzollern-Sigmaringen, welche im Jahre 1638 zum Reichsfürstentum
erhoben wurde. Die fränkische oder Seitenlinie ist die
burggräflich-nürnbergische, aus welcher die
markgräflich-brandenburg-ansbachische und die königliche preußische
Dynastie hervorging. Nachdem sich Hohenzollern-Hechingen von den im
Dreißigjährigen Kriege besonders durch die Schweden erlittenen Verlusten
und Verwüstungen zum Teil wieder erholt hatte, wurde im Jahre 1698 unter
der Regierung des Fürsten Friedrich Wilhelm
|
(1671-1732)
eine längst erlassene Landesordnung erneuert und verbessert. In Titel 35
wurde verfügt, dass niemand ohne Erlaubnis des Regenten Geld aufnehmen
dürfte, und hinzugefügt: 'wir setzen und gebieten auch mit allem Ernst
und wollen, dass fürohin Unserer Untertanen Keiner von keinem Juden weder
inner noch außer Landes nichts entlehnen, kauf- oder verkaufe, weder auf
Borg, noch paar Gelt, und in Summa, mit keinem Juden nichts zu tun habe,
bei Verlieferung seiner Hab und Güter, davor wisse sich ein Jeder zu
verhalten.' Der Titel 83 handelt: 'von den Juden', und lautet: 'Wir wollen
auch gehabt haben, dass niemand Geld von den Juden, sie seien innen oder
außerhalb unserer Grafschaft entlehnen soll, dann welcher es übertritt,
wollen Wir an Leib und Gut strafen. Der auch Bürg für den andern gegen
einen Juden wird, verfällt Straf zehn Pfund Heller.'
Der Fürst hatte sich vorbehalten, die Landesordnung jederzeit 'mindern,
mehren und ändern' zu können. In Folge dessen erteilte er schon im Jahre
1701 sechs Familien, auf ihre dringenden Bitten, einen Schutzbrief
auf die Dauer von zehn Jahren. Sie durften aber nur einzeln in den
umliegenden Dörfern wohnen. Als sie einen Toten zu begraben hatten, und
sie um Einräumung eines Grundstückes zum Begräbnisplatze baten, wurde
ihnen ein Rasen auf einem 1/2 Stunde von hier entfernten Hügel neben
dem Galgen, der dort errichtet war, zu diesem Zwecke angewiesen (Anmerkung:
In dem im Jahre 1837 von mir herausgegebenen Samstagsblatte mache ich in
den Parallelen aus der Geschichte der Israeliten aufmerksam, wie
schmachvoll hier die Christen den Nachkommen Abrahams, und wie ehrenvoll
die Heiden dem Stammvater ein Erbbegräbnis angewiesen hatten - 1. Mose
23,6). Demütig beugten sie sich unter das Joch der Schande, welche
durch den Hohen der Bürger noch vermehrt wurde. Sonst ließ man sie in
Frieden wohnen.
Der Fürst Friedrich Ludwig (1732-1750) ließ zwar keinen
Schutzbrief für sie ausfertigen, aber er duldete sie. Da vernahmen die
Israeliten, welche noch von Volk zu Volk und von Land zu Land gezogen,
dass ihre Glaubensgenossen einen Ruheplatz gefunden hatten. In
Württemberg war im Jahre 1735 ein Abdruck von der (1567) unter der
Regierung des Herzogs Christoph (Anmerkung: Ludwig Gilhausen
stellte in arbor. jud. civil. diesen Herzog wegen seines Judenhasses allen
deutschen Fürsten als Muster zur Nachahmung auf) herausgegebenen und
unter dem Herzog Johann Friedrich (gest. 1628) neu aufgelegten
Landesordnung veranstaltet worden, wonach in Gemäßheit des Artikels 27,
die Juden belangend, 'ein jeder, der das herzogliche Gebiet betrat, sich
zu dem nächstgelegenen Amtmann zu verfügen und ihn um Geleit ansuchen
muss, der ihm alsdann einen Geleitsmann zu ordnen, der ihn oder die den
fürgenommenen Weg stracks durch Unser Gebiet sicherlich führen und
geleiten soll, wie sich gebührt.' Diese Verordnung, welche sehr viele
unehrenvolle und gehässige Ausdrücke enthält, kann zwar nicht lange in
Wirksamkeit gewesen sein, da der von dem Herzog Karl Alexander zum
geheimen Finanzrat und Kabinettsminister erhobene Süß Oppenheimer
viele Glaubensgenossen in das Land gezogen hatte; aber nach dessen
Hinrichtung (1737) wurde sie wieder desto strenger vollzogen. Daher
ließen sich viele in den erwähnten Orten nieder, die zum Teil im Jahre
1806 mit dem Schwarzwaldkreise des zum Königreich erhobenen Staates
Württemberg verbunden wurden. |
Teil 2:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Orient" vom 6. August
1844: (Fortsetzung). In der Mitte des vorigen Jahrhunderts wurden
aber auch in diesen Orten harte Verordnungen gegen sie erlassen, besonders
in der Grafschaft Haigerloch, die ein Oberamt des Fürstentums
Hohenzollern-Sigmaringen bildet. Raphael, Sohn Benjamins aus Buchau,
zog von Haigerloch, wo er Landvorsteher war, nach Hechingen. Hier regierte
Joseph Wilhelm (1750-1798), ein Neffe des vorigen Fürsten. Unter
der Regierung der Kaiserin Maria Theresia stand er in österreichischen
Kriegsdiensten. Er verlobte sich in Wien mit einer Prinzessin Marie von
Spanien, welche Hofdame bei der Kaiserin war. Sie machte zu Bedingung
ihrer Vermählung mit ihm, dass er alle Israeliten aus seinem Gebiete
verweise. Schon hatten sie Anstalten zur Auswanderung getroffen, und zum
Teil schon ein Unterkommen in anderen Staaten erhalten, als die Nachricht
einlief, dass die Fürstin auf der Reise plötzlich erkrankte und
gestorben sei. In Folge dessen wurden sie wieder geduldet.
Auf die Verwendung Raphaels wurde unterm 29. März 1754 der zweite
Schutzbrief, zum Zwecke ihrer Niederlassung in der 3/4 Stunde von hier
entfernten Friedrichstraße, ausgestellt. Dort war eine Kaserne,
welche ihnen gegen Entrichtung eines festgesetzten Mietzinses, zur
Bewohnung eingeräumt wurde, und die sie im Jahre 1814 käuflich an sich
gebracht haben (Anmerkung: Schon auf den Dörfern hatten sie das Recht,
eigene Häuser zu besitzen, denn nach dem Tode meines Urgroßvaters
Lazarus in Steinhofen verkauften sein Bruder Samuel und seine Söhne Mayer
und Herz, laut noch vorhandener Urkunden, ihre Wohnhäuser. Samuel und
Herz zogen nach Hechingen, wo sie gleichfalls Häuser kaufen durften, laut
eines vorliegenden Kaufbriefes vom 3. Januar 1759, und Mayer, mein
Großvater, zog nach der Friedrichstraße. Hinter Bechtoldsweiler wird
noch eine große Fläche vor dem Walde 'die Judenwiese' genannt). Sie
erbauten auch einige Häuser und 1761 eine geräumige Synagoge. So
entstand ein Hof, der ein Viereck bildet, und nur von Israeliten bewohnt
wird. In Hechingen durften nur zehn Israeliten wohnen, um den Gottesdienst
abhalten zu können. Der Aufenthalt der unstet umherirrende Gäste (Orachim
= Gäste) wurde aus Sanitäts-Gründen lange nicht gestattet, was den ansässigen
Glaubens-Genossen großen Kummer verursachte, denn sie glaubten, dass, da
sie selbst nur auf unbestimmte Zeit geduldete Wanderer seien, sie nur Ruhe
und Schutz für die den Wanderern zu erzeigende Gastfreundschaft erhalten
werden. Mit vieler Mühe und großen Kosten wurde 1760 die Erlaubnis zur
Einrichtung einer sogenannten Schlafstätte in der Friedrichstraße
ausgewirkt. Die Gäste aber durften die Stadt nicht betreten, sondern die
Gaben und Speisen mussten ihnen zugesandt werden. |
Im
Jahre 1775 wurde die Dekretur des dritten Schutzbriefes auf die
Dauer von 25 Jahren um einen hohen Preise erkauft. Um diese Zeit wurde
auch die hiesige Synagoge erbaut, in der Goldschmidtstraße, die zur
Judengasse erhoben wurde. Sie wurden aber noch oft durch harte Lasten und
Zumutungen gedrückt. So zum Beispiel verlangte einmal der Fürst, dass
die Israeliten die Hunde auf die Jagd führen sollten. Schon waren sie in
dem Schlosshof versammelt, als die Vorsteher erschienen und sie nach Hause
gehen hießen. Diese wurden zwar mit Arreststrafe belegt, aber bald wieder
der Haft entlassen, da auch das Land gegen den Fürsten, wie schon gegen
seine zwei Vorgänger, bei dem Reichskammergerichte in Wetzlar einen
Prozess in Betreff der Jagdgerechtigkeit verfolgt hatte. Endlich
gestaltete sich ihr Geschick freundlicher und milder. Kaulla
nämlich, die Tochter des durch einen unglücklichen Fall in Sigmaringen
schnell verstorbenen Raphael, wurde, in den Zeiten des Reichskrieges,
durch ihre bedeutenden Verbindungen mit vielen Großen der Erde, eine sehr
angenehme Frau. Sie erhob sich aus dürftiger Niedrigkeit zur glänzenden
Höfe, dass sie saß neben den Fürsten der Völker. Sie war eine Debora
ihrer Zeit, eine Mutter in Israel, denn es durfte sicher wohnen im Lande,
in den letzten Lebensjahren des Fürsten, der sehr wohltätig und ein
Gönner der Israeliten wurde, sodass er zum Beispiel an jedem
Versöhnungstage die Synagoge besuchte. Auf ihren Antrag wurde auch die
Errichtung eines Bretterzauns um den Gottesacker (= Friedhof) gestattet.
Das Grundeigentum hat sich aber der Stadtrat vorbehalten, und muss die
Gemeinde noch jährlich den Bodenzins bezahlen.
Nach ihr benannte sich die ganze Familie. Ihr Bruder und Schwiegersohn Jakob
Kaulla war ein frommer, mit Lob bekannter Menschenfreund. Er erhielt
von verschiedenen Seiten schöne Beweise der Anerkennung und Auszeichnung
(Anmerkung: In einer bei Heidenheim zu Rödelheim
[1802] im Druck erschienenen Broschüre [ktaw joscher diwrei emet] sind
mehrere Handschriften gesammelt, welche ihm von dem Kaiser Franz II.,
dem Erzherzoge Carl, und von den Rabbinern in Prag zugestellt
wurden. Zufolge der Patente vom 9. Juli und 5. August 1801 wurde er, in
Betracht seiner den Armen geleisteten Dienste zum k.k. österreichischen
Rath ernannt. Der Feldmarschall rühmte, in den an ihn aus dem
Hauptquartier zu Donaueschingen unterm 3. Februar 1800 und von Wien unterm
23. Juni und 27. Juli 1801 gerichteten Briefen, seine Handlungen
ausgezeichneter Wohltätigkeit und Menschenliebe. Bei seiner Anwesenheit
zu Prag im Dezember 1800 wurde ihm von den Appellanten, R. Samuel
Landau, R. Michael Bacharach und R. Eleasar Fleckeles,
ein Rabbiner-Diplom überreicht, in Erwägung seines zum Wohle Israel
angewendeten Einflusses und seiner den Notleidenden und armen Gelehrten
und Schülern erwiesenen Großmut. R. Israel Landau beschreibt in einem
Briefe die beispiellose Ehre, welche ihm in der Meiselschule, sowie von
den Stadthauptleuten und Honoratioren erwiesen wurde). Durch die Güte
seines Herzens und durch seinen Einfluss auf den Fürsten Hermann
Friedrich Otto (1798-1810), Neffen seines Vorgängers hatte er das
Wohl der Gemeinde befördert. Auf sein Gesuch wurde gestattet, eine hohe,
starke Mauer um den Gottesacker errichten zu lassen, da die Zaunbretter
stets entwendet worden waren. 1800 wurde sie, wie auch der Bau einer
Schlafstätte außerhalb der Stadt, zum großen Jubel der Gemeinde
vollendet. Auch wurde das Hochgericht aus der Nähe des Gottesackers
entfernt, der nun mehr auf einem von drei Seiten von einem dunklen Tannenwäldchen
kühlumschatteten Hügel liegt, ein rührendes Bild irdischer
Vergänglichkeit, stilles Abgeschiedenheit und sanfter Wehmut.
Die Israeliten wurden von der Pflicht, persönliche Militärdienste zu
leisten, durch eine jährlich zu entrichtende Summe entbunden, was eine
unendliche Freude in der Gemeinde bewirkt hatte. Zur Zeit der Kriege
Österreichs mit Frankreich blieben sie von allen Geldkontributionen und
Naturalien-Requisitionen verschont, obgleich der schwäbische Kreis hart
bedrängt wurde. General Moreau verschonte gleichfalls die beiden
Fürstentümer, und brauchten nur die durchmarschierenden Truppen, welche
einquartiert wurden, unterhalten zu werden.
Unterm 1. Januar 1800 wurde auch der vierte Schutzbrief auf die Dauer von
40 Jahren, 'gegen eine angemessene Remuneration an die Hofkammer'
dekretiert. Er ist in einem für jene Zeit milden Sinn abgefasst.
Kaulla starb 1809 und ihr Bruder Jakob 1810 (Anmerkung:
Die angeblich von J. L. Ben-Seeb verfassten Inschriften auf den aus Marmor
errichteten Grabsteinen sind etwas zu künstlich und überladen, wie
gewöhnlich die hebräischen Grabschriften zu schwülstig sind). Schon
früher waren mehrere Mitglieder der Familie nach Hanau,
München, Augsburg
und Stuttgart (Anmerkung: In den
'Merkwürdigkeiten von Stuttgart' [1814] wird unter der Rubrik 'Religion'
mitgeteilt, dass man 76 Juden im Jahre 1809 gezählt hat, welche keine
Synagoge, sondern nur einen Privat-Gottesdienst und einen Vorsänger
hatten In dem Distrikt D. befand sich die [ehemalige] Judengasse von Nr.
271-296) ausgewandert, jetzt zogen allmählich auch die
zurückgebliebenen Verwandten nach Stuttgart. Die Gemeinde dahier und in
der Friedrichstraße hatte sich aber verhältnismäßig sehr vermehrt, da
die Aufnahme in den Schutzverband und der damit verbundene Heiratskonsens
nicht nur von jedem Eingeborenen, sondern auch von jedem Ausländer, für
welchen man sich verwendete, oft gegen den Willen der Gemeinde, mit
leichter Mühe erlangt werden konnte. Die glänzenden Zustände waren eine
anziehende Lockspeise, denn es gab eine Zeit, da man den Mangel an
Gemeindearmen unangenehm führte, weil man nicht wusste, wie man die
Wohltaten zweckdienlich anbringen sollte. Es fehlte ein kluger und
freimütiger Josef, der Vorratskammern für die Zukunft errichten ließ.
Nur wenige Stiftungen sind in der Gemeinde, und auch diese bleiben
verwahrlost und ohne Aufsicht. |
Laut
der vor zwei Jahren aufgenommenen Bevölkerungsliste (sc. 1842) war
die Gesamtzahl der Einwohner israelitischen Glaubens 809, und
zwar:
1) Männer und Jünglinge über 14 Jahre 303,
2) Weiber und Jungfrauen über 14 Jahre 298,
3) Knaben unter 14 Jahren 108,
4) Mädchen unter 14 Jahren 100,
Anzahl der Familien 150.
Der Hausier- und Nothandel wird in den benachbarten Staaten immer mehr
beschränkt, und im Lande allein können sich nicht alle von diesem
Betrieb ernähren. Darum widmen sich die Knaben, welche die Schule
verlassen, großenteils den ordentlichen Gewerben. Viele Jünglinge halten
sich als Lehrer, Vorsänger und Handlungsdiener im Ausland auf. Viele sind
in Nordamerika. Selbst mehrere Mädchen befuhren die Wasserpfade, die in
die neue Welt führen, wo sie sich mit Jünglingen israelitischen Glaubens
aus Deutschland in den Stand der Ehe begaben. Doch ist die
Auswanderungslust auch hier erkaltet." |
Teil 3:
Artikel in der Zeitschrift "Der Orient" vom 13. August
1844: "Fortsetzung). Die Zukunft des heranwachsenden
Geschlechtes musste gesichert werden. Da die Israeliten seit 1830
persönliche Militärdienste leisten müssen (Anmerkung: Es besteht ein
Militärverein unter den dienstpflichtigen Jünglingen, von deren
Beiträgen und mittelst des schon begründeten Fonds für denjenigen, der
durch das Los ausgehoben, ein Ersatzmann erkauft wird. Wer selbst in das Kontingent
eintreten will, erhält das für den Ersatzmann bestimmte Handgeld, das in
diesem Falle noch erhöht wird), so glaubten sie auch Untertanenrechte
ansprechen zu dürfen. Die Stadtgemeinde hatte unterm 25. August 1834 bei
der Regierung unter anderen Wünschen und Bemerkungen auch angetragen,
dass die Schutzverleihungen nicht mehr so häufig erteilt werden sollten,
worauf, zugleich mit der Publikation der von dem Fürsten Friedrich
Hermann Otto (1820-1838) erlassenen Stadtordnung, der Stadtbehörde
unter anderen Erläuterungen und Resolutionen, unterm 15. Januar 1835 zur
Bekanntmachung mitgeteilt wurde, dass, da der Zeitraum auf welchen der
Schutzbrief ausgestellt worden, bald abgelaufen sein wird, alsdann, nach
vorgängiger Anhördung der Landes-Deputation, zeitgemäße Normen, mit
steter Berücksichtigung der etwa von der Bundesversammlung eingeführt
werdenden allgemeinen Bestimmungen über diesen Gegenstand, auch im
hiesigen Lande angenommen und die künftigen Verhältnisse der
israelitischen Einwohner zu der Stadt sowohl als zu dem ganzen Lande
festgesetzt werden sollen, wobei jedenfalls nur das allgemeine Wohl zur
Richtschnur dienen wird. Die israelitische Gemeinde überreichte
aber schon unterm 17. Dezember 1835 dem Fürsten sowie der in
Gemäßheit der Wiener Bundesakte neukonstituierten Landes-Deputation
geziemende Petitionen um zeitgemäße Einrichtung der staatsbürgerlichen
Verhältnisse. Die Deputation beschloss in der Landtags-Sitzung vom 1.
Februar 1836, die Regierung um Vorlage eines Gesetzes-Entwurfes in diesem
Betreff zu ersuchen. Nach vorher diesfalls gestellter Anfrage bearbeitete
ich einen Entwurf, nach dem württembergischen Gesetze vom 25. April 1838,
mit Benutzung der nur Vollziehung desselben erlassenen Verordnungen,
Vorschriften und Instruktionen, mit Rücksichtnahme auf die 1836 auf dem
württembergischen Landtage, in Erwägung der seither erfolgten
Forschritter der Kulturgegenstände gemachten Anträge, sowie nach
Analogie des für die Israeliten im Fürstentum Hohenzollern-Sigmaringen
unterm 6. August 1837 erlassenen Gesetzes (Anmerkung: Zwischen diesem
und dem württembergischen Gesetze habe ich [in der Allgemeinen Zeitung
des Judentums] Parallelen gezogen). Diese Arbeit legte ich am 30. Juli
1838 der Regierung, und am 27. Juli 1839 der Landes-Deputation zur
Berücksichtigung vor. Nachdem die Arbeit von der Regierung geprüft und
nur einige formelle Modifikationen vorgenommen wurden, wurde der Entwurf
der Landesdeputation zur Beratung und Mitwirkung übergeben. Der
Kommissionsbericht war sehr günstig abgefasst. Er unterstützt den Antrag
aus Gründen des natürlichen Rechtes, der Staatsklugheit, der Moral und
Religion, unter Berufung auf den unvergleichlichen Aufsatz über die
Emanzipation der Juden von Steinacker in Rotteck
und Welckers Staats-Lexikon (Bd. V, Heft 3). Aber die
Landes-Deputation bestand damals, nach der Mehrzahl, aus Männern ohne die
hierzu erforderliche Intelligenz, und so wurde der Antrag durch einfache Stimmenmehrheit
am 3. März 1842 zurückgewiesen. Aber schon am 11. März überreichten
wir dem sehr humanen und vorurteilsfreien Fürsten Friedrich Wilhelm
Constantin ein ausführlich motiviertes Gesuch um Regulierung der
öffentlichen Verhältnisse im Verordnungswege, worauf sogleich unterm 5.
April die Regierung mit der Vorlage des Entwurfes einer
landesherrlichen Verordnung beauftragt wurde. Vermöge höchster
Entschließung vom 27. Mai 1840 brauchten die Schutzgelder einstweilen und
bis zu anderer Verfügung nicht mehr entrichtet zu werden und vermöge
höchster Entschließung vom 18. Dezember 1842 wurden die bisher in
Ausstand nachgetragenen Schutzgelder in Abrechnung gebracht, und für die
Zukunft dieselben mit 10 fl. 45 kr. und beziehungsweise 12 fl. (in der
Friedrichstraße) auf 2 fl. mit Georgi 1843 anfangend, herabgesetzt.
Unterm 17. Juli 1843 legte die Regierung den Entwurf einer Verordnung in
dem mehr erwähnten Betreff der Geheimen Konferenz vor, welche mehrere
Bestimmungen moderieren wird, sodass, wenn wir auch nicht das
Staatsbürgerrecht erlangen, die Verfügungen dagegen in einem freiern und
milderen Geiste erlassen werden, als wenn sie von den Landes-Deputierten
mit vielen Beschränkungen angenommen worden wären. Der |
Israelite
tröstet sich so gerne mit den Worten: 'Ihr habt es böse gemeint, Gott
aber hat es gut gemeint.'
II. Von dem Kirchenwesen.
Dasselbe entsprach dem Zeitgeiste. Unter den ersten, diesseits
ansässig gewesenen Israeliten war ein Rabbiner, welcher einzeln in dem
Dorfe Stein wohnte. Als sich die Gemeinden vermehrte, nahmen sie im Jahre 1745
R. Netanel Weil, Appellanten in Prag, zum gemeinschaftlichen
Rabbiner des Schwarzwaldkreises auf. Er hatte seinen Wohnsitz in
Mühringen. Aber schon 1751 wurde er zu Baden-Durlach
aufgenommen.
Hierauf wurde R. Simon Flehingen einstimmig gewählt. Er war
ungewöhnlich beliebt und genoss eine ausgezeichnete Verehrung. Er erhielt
einen Ruf nach Darmstadt, welchen er annahm.
1770 folgt ihm R. David Dispeck, früher Handelsmann und
dann Rabbinats-Beisitzer in Fürth, im Amte nach. Er hatte eine zahlreich
besuchte Schule, und hielt sehr viele gelehrte und witzige Vorträge in
den verschiedenen Synagogen seines Rabbinatsbezirkes. Er zog als
Klausrabbiner nach Metz.
Sein Scheiden hinterließ große Zwietracht. Die Gemeinde in Mühringen
kannte seinen von ihm als Nachfolger empfohlenen Schwiegersohn R. Jacob
Samuel aus Fürth nicht an. Daher wurde er nur in Nordstetten, in
Mühringen aber R. Abraham Veil, und in Hechingen, wo ein
Privatmann, R. Abraham Epstein, zu funktionieren bisher ermächtigt
war, R. Löb Aach, als Rabbiner aufgenommen. In Buttenhausen versah
ein Vorsänger den Dienst eines Rabbiners. In Buchau sollen immer
selbstständige Rabbiner gewesen sein.
Aach war, nachdem er die Schule des R. Ezechiel Landau in Prag
verlassen hatte, Kaulla'scher Hauslehrer geworden. Er unterrichtete aber
auch andere Jünglinge wie z.B. meinen Vater Wolf Mayer und Aron
Liebmann, später k.k. österreichischer Hoffaktur, die er
veranlasste, zu Fuße auf die Hochschule nach Prag zu reisen (1783).
Solche Umstände müssen hervorgehoben werden, um zu zeigen, mit welcher Genügsamkeit
und Anstrengung unsere Väter dem Studium der Theologie sich ergeben
hatten." |
Teil 4:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Orient" vom 20. August
1844: |
|
|
Teil 5:
Artikel
in der Zeitschrift "Der Orient" vom 3. September
1844: |
|
|
Korrekturen zum Beitrag über die "Geschichte der
Israeliten in Hohenzollern-Hechingen" (1845)
Anmerkung: für weitere Informationen (teilweise für Korrekturen der
Angaben) zu den genannten Fürsten sind Links zu Wikipedia-Artikeln ergänzt
worden.
Artikel in der Zeitschrift "Der Orient"
vom 17. Dezember 1845: "Berichtigung. In Beziehung auf
die im Literaturblatt 1844 Nr. 29-36 mitgeteilte Geschichte der Israeliten
zu Hohenzollern habe ich einige geschichtliche Notizen teils zu
berichtigen, teils zu ergänzen.
Der Fürst Friedrich Ludwig (vgl. Wikipedia-Artikel
"Friedrich Ludwig (Hohenzollern-Hechingen)) litt an einem körperlichen
Übel, er lebte deshalb stets in einsamer Zurückgezogenheit, war den
Untertanen nicht zugänglich und kam mit ihnen nie in Berührung. Dadurch
lässt es sich erklären, dass die Israeliten so lange in Hechingen
geduldet wurden, ohne dass ihnen ein Schutzbrief ausgestellt worden ist. -
Die Gemahlin seines Nachfolgers, des Fürsten Joseph Wilhelm,
welche zur Bedingung ihrer Vermählung gemacht hatte, dass die Juden aus
seinem Gebiete verwiesen werden, war Maria Theresia, Tochter des Fürsten
Anton von Cardona, vermählt am 15. Juli 1770, gestorben am 15. September
1770 (Anmerkung: siehe dazu auch den Wikipedia-Artikel
"Josef Friedrich Wilhelm (Hohenzollern-Hechingen); hier findet
sich statt 1770 das Jahr 1751 für die Heirat und den Tod der Maria
Theresia). - Die harten Verordnungen, die gegen die Israeliten in
Haigerloch in der Mitte des vorigen Jahrhunderts erlassen worden sind,
waren von dem Fürsten Joseph von Sigmaringen (vgl. Wikipedia-Artikel
"Joseph Friedrich Ernst (Hohenzollern-Sigmaringen))
ausgegangen. Er residierte meistens in Haigerloch, wo er ein
Jesuiten-Hospitium errichten wollte, wurde aber an der Ausführung durch
seinen daselbst erfolgten Tod (1776) verhindert. Er wollte die Israeliten
zum Anhören der Predigten in den Kirchen zwangsweise anhalten, wie man
sagt, auf Zureden seiner dritten Gemahlin Maria Theresia von Waldburg zu
Trauchburg, wahrscheinlich aber mehr auf Zureden der Jesuiten. Man hat in
neuester Zeit einige Male von der Humanität der Jesuiten als Lehrer gegen
die israelitischen Zöglinge gesprochen. Das mag sein; aber es ist gewiss,
dass in allen Staaten, in welchen ein strengkatholisches Prinzip
vorherrschend ist, die Israeliten die geringste Hoffnung auf Emanzipation
haben, wie zum Beispiel Österreich, Bayern Italien, Spanien usw. Es wäre
interessant, wenn in der gegenwärtigen Zeit, in welcher die Jesuitenfrage
wieder mit leidenschaftlicher Heftigkeit zur Sprache kommt, die
Einwirkungen der Jesuiten auf die Schicksale der Israeliten nachgewiesen
werden könnten. Dr. S. Mayer." |
Veränderungen durch die Vereinigung der Fürstentümer Hohenzollern mit
Preußen (1855)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. Juli 1855: Literatur vom 16. April
1985: |
"Die Juden in Hohenzollern-Hechingen" (Beitrag von
1924)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs"
vom 15. November 1924: |
|
|
|
"Die Juden in Hechingen" (Beitrag von 1930 auf Grund der Mitteilungen
von Isaak Levi und Dr. Samuel Mayer)
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs"
vom 1. November 1930: Teil 1: |
|
|
Teil 2:
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs"
vom 15. November 1930: |
|
Teil 3:
Artikel in der "Gemeindezeitung für die Israelitischen Gemeinden
Württembergs"
vom 1. Dezember 1930: |
|
Berichte aus dem jüdischen Gemeinde- und Vereinsleben
Zum Tod von Fürst Friedrich Herrmann Otto (1838)
Anmerkung: vgl. Wikipedia-Artikel
"Friedrich (Hohenzollern-Hechingen)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 16. Oktober 1838: "Hechingen, den 26. September (1838). Am
13. dieses Monats starb unser durchlauchtigster Fürst und Herr Friedrich
Herrmann Otto in Folge eines wiederholten Schlaganfalles, im 63. Jahre
seines Lebens. In dem Programm über die Trauer- und
Beisetzungs-Feier war in Beziehung auf die Ordnung bei dem
Leichenbegängnisse nicht vorgemerkt, dass auch eine Deputation der
israelitischen Untertanen dem Leichenzuge zu folgen habe. Der Rabbiner Dr.
S. Mayer und die Gemeinde-Vorsteher fühlten sich zurückgesetzt, und
wandten sich deshalb an die Fürstliche Regierung, welche auch, sobald sie
vernahm, dass die Israeliten nicht nur in ihrem religiösen Gewissen sich
nicht beschwert, sondern vielmehr verpflichtet halten, dem verewigten
Landesregenten den letzten Ehren- und Liebesdienst zu erweisen, die
Anstalt traf, dass eine Deputation von 12 Personen, bestehend |
aus
dem Rabbiner, Lehrer, Vorsänger und den ordentlichen und
außerordentlichen Gemeinde-Vorstehern, in schwarzer Kleidung mit Flor um
den linken Vorderarm, dem Leichenzuge vor der zweiten Abteilung des
Militärs folgen sollte. Die Beisetzung wurde am Sabbat, den 15. Abends 7
Uhr vorgenommen. Als der Kondukt zum Hauptportale der Stadtkirche
gelangte, woselbst der Sarg von dem Trauerwagen genommen und bis an die
Fürstliche Familiengruft getragen wurde, gingen die Israeliten in die
nahegelegene Synagoge, wo sie einen angemessenen Trauer-Gottesdienst
abhielten. Am Mittwoch, morgens 9 Uhr, wurde der letzte
Trauer-Gottesdienst abgehalten. Der Rabbiner hielt, nachdem ein von
demselben in deutscher Sprache verfasstes Klagelied von den Chorsängern
nach Breckels Melodie des Beerdigungsliedes abgesungen worden, eine Rede
über das Leben und Wirken des Höchstseligen, mit besonderer Bezugnahme
auf die von Ihm unserm Schul- und Kirchenwesen mit väterlicher Fürsorge
bezeigte Aufmerksamkeit, und sprach mit fester Überzeugung die Hoffnung
aus, dass, da mit dem Schlusse des künftigen Jahres die staatliche
Gültigkeit des Schutzbriefes erlösche, auch unsere bürgerlichen
Verhältnisse auf gesetzlichem Wege geordnet werden dürften (Anmerkung:
Ausführlich hat er sich über 'Israels Vergangenheit und Gegenwart' in
der bei der gottesdienstlichen Feier des 25-jährigen
Regierungs-Jubiläums des verstorbenen Fürsten am 4. November 1835
gehaltenen und im Drucke erschienenen Festrede (Tübingen) ausgesprochen),
indem der nunmehr regierende Fürst Friedrich Wilhelm Constantin
von den Gefühlen des Guten und rechten durchdrungen sei, und der Schule
dieses Jahrhunderts angehörend, den zeitgemäßen Staatsgrundsätzen huldige.
Nachdem die Schuljugend einen Choral aus dem württembergischen
israelitischen Gesangbuche gesungen und die Gemeinde die Psalmen 45, 12
und 121 rezitiert hatte, begaben sich der Rabbiner und die zwei Vorsteher Seligmann
Hochstetter und M. Bing, infolge höheren Auftrages, in das
Regierungs-Lokale, wo sich sämtliche Räte, Beamten, Offiziere,
Geistliche usw. versammelten, um Seiner Hochfürstlichen Durchlaucht zu
kondolieren. Die Aufwartung wurde im Schlosssaale angenommen, wo sich die
Kondolierenden nach der ihnen angewiesenen Rangordnung im Kreise
herumstellten. Als der Fürst in der Reihe an die israelitischen
Abgeordneten kam, sagte er zu denselben mit Wohlwollen: 'Ich werde sorgen,
dass die öffentlichen Verhältnisse der israelitischen Glaubens-Genossen
gesetzlich geregelt würden. Wir werden in der Kultur hinter den übrigen
Staaten Deutschlands nicht zurückbleiben, aber die Organisation lässt
sich nicht übereilen.' Die edle Fürsten, Höchstdessen Gemahlin, sagte:
'Nicht wahr als Ich bei Ihnen gewesen (Anmerkung: am 10. und 11. dieses
Monats geruhten Ihre Hochfürstliche Durchlaucht den israelitischen
Schulprüfungen huldreichst beizuwohnen), haben wir noch nicht
gedacht, dass uns dieses Unglück so bald treffen werde. Aber Sie werden
gewiss auch Meinen Gatten lieben und ehren.' Die Beilage zum hiesigen
Verordnungs- und Intelligenz-Blatte von 22. dieses Monats enthielt drei
Elegien: die erste ist, wie man sagt, vom regierenden Fürsten, die andere
von einem Pfarrer, und die dritte unter der Aufschrift: 'das
Trauergefühl' vom Rabbiner." |
Frage nach der Einführung eines reformierten
Gottesdienstes (1864)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 26. Juli 1864: |
Das Harmonium in der Synagoge ist umstritten
(1865)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 4. Juli 1865: |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 1. August 1865: |
Ein Harmonium wurde in der Synagoge aufgestellt (1870)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 8. März 1870: |
Die jüdischen Einwohner haben immer noch kein Gemeindebürgerrecht
(1873)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 2. September 1873: |
Das ultramontane Blatt "Der Zoller" wendet
sich "an die israelitischen Wähler Hohenzollerns"
(1873)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 21. Oktober 1873: |
Über den Synagogenchor und das Harmonium in der Synagoge
(1873)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 4. Dezember 1873: |
Rechtliche
Klärung um eine anteilige Übernahme der Kosten für die höhere Bürgerschule
durch die jüdische Gemeinde (1885)
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 9. Juni 1885: |
Probleme mit dem Bezug von Koscher-Fleisch in
Hechingen (1885)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 6. Juli
1885: |
Zum Besuch des Erzbischofs in Hechingen sind auch die
jüdischen Häuser geschmückt (1890)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 21. Juli 1890: |
|
Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums"
vom 25. Juli 1890: |
Steuerliche Ungerechtigkeiten in der Stadt
(1891)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. März
1891: |
Rabbinatsverweser
Felix Wolf hielt einen Vortrag über "Bibel und Babel" (1903)
Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 9. April 1903: |
Starker Rückgang der Zahl der jüdischen Einwohner in
Hechingen (1909)
Artikel
in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 4. November
1909: |
|