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im Elsass"
Kolbsheim (Dep.
Bas-Rhin, Alsace, Unterelsass)
Jüdische Geschichte / Synagogue / Synagoge
Übersicht:
Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde
In Kolbsheim bestand eine jüdische
Gemeinde bis in die 1930er-Jahre und nochmals wenige Jahre nach 1945. Ihre
Entstehung geht in die Zeit des 17. Jahrhunderts zurück.
1784 wurden elf jüdische Familien mit zusammen 59 Personen
gezählt.
Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Zahl der jüdischen Einwohner wie
folgt: 1807 65 jüdische Einwohner, 1846 106, 1861 124, 1870 139, 1897 114 (in 25
Familien), 1910 90.
An Einrichtungen bestanden eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule
(israelitische Elementarschule/Volksschule)
und ein rituelles Bad. Die Toten der Gemeinde wurden auf dem jüdischen
Friedhof in Rosenwiller / Rosenweiler beigesetzt. Zur Besorgung religiöser
Aufgaben in der Gemeinde war ein Lehrer angestellt, der zeitweise auch als
Vorbeter und Schochet tätig war. Doch gab es längere Zeit auch sowohl einen
jüdischen Lehrer wie auch einen Kantor in der Gemeinde. Als Lehrer wird um
1888/96 Herr Dreyfuß genannt; später Isidor Spitzer, 1911 bis 1913 Lehrer
Ullmann (vgl. Artikel unten). Die israelitische Volksschule wurde 1897 von 21
Kindern besucht, 1913 noch von acht. Als Kantor wird um 1888/89
ein Herr Wahl genannt, um 1897 ein Herr Löb. Zur Ausschreibung der Stelle im
Dezember 1913 siehe unten. Die Gemeinde gehörte
zum Rabbinat Mutzig, seit 1915 zum Rabbinat
Obernai.
An jüdischen Vereinen gab es (Verzeichnis von 1905) einen
Wohltätigkeitsverein, 1905 unter Leitung von E. Wolff.
Gemeindevorsteher war um 1892/97 A. Cahn, um 1913 Moses Kahn.
1936 lebten noch 44 jüdische
Personen in Kolbsheim. Diejenigen, die in den folgenden Jahren nicht den Ort
verlassen haben, wurden unter der deutschen Besatzung 1940 nach
Südfrankreich deportiert.
Von den in Kolbsheim geborenen und/oder
längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit
umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad
Vashem, Jerusalem und den Angaben des "Gedenkbuches
- Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen
Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945"): Anna Bloch geb. Kahn
(1892), Justine Bloch geb. Kahn (1858), Gunther Boettigheimer (1898), Selma
Boettigheimer (1890), Laura Heymann geb. Guggenheim (1895), Abraham Kahn (1895),
Berthe Kahn geb. Wolff (1889), René Kahn (1893), Suzanne Kahn geb. Löwenstein
(), Elise Olff (1888), Berthe Olff geb. Levy (1888), Isidore Spitzer (), Roland
Spitzer (1939).
Nach 1945 kehrte einige der überlebenden jüdischen Einwohner nach
Kolbsheim zurück. 1953 wurden 31 jüdische Einwohner
gezählt.
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde
Aus der Geschichte der jüdischen Lehrer und Kantoren sowie der jüdischen Schule
Lehrer Ullmann wechselt von
Kolbsheim nach Niederbronn (1913)
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 12. Dezember 1913: "Kolbsheim.
Nächste Woche verlässt uns unser Lehrer Herr Ullman, um seine neue Stelle in
Niederbronn anzutreten. Der
Weggang dieses Herrn, der während der zwei Jahre seines hiesigen Wirkens
sich allgemeine Beliebtheit erworben hat, wird sehr bedauert, umso mehr als
kein Ersatz vorhanden ist. Die Schule - sie zählt noch acht Schüler - wird
vorläufig mit der katholischen Schule verbunden." |
Ausschreibung der Stelle des Kantors (1913)
Anzeige in
"Das jüdische Blatt" vom 12. Dezember 1913: "Die Kantorstelle
in Kolbsheim (Unter-Elsass) ist sofort zu besetzen. Gehalt 800
Mark. Nebenverdienst etwa 400 Mark. sich zu wenden an den Vorstand Herrn
Moses Kahn." |
Zum Tod des Oberkantors der
Israelitischen Gemeinde in Colmar L. Metzger, zuvor (vor 1883) Kantor in
Kolbsheim, Sulz und
Benfeld (1913)
Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 31. Januar 1913: "Colmar.
Soeben geht uns die traurige Kunde vom Ableben des Oberkantors der
Israelitischen Gemeinde in Colmar, Herrn L. Metzger zu. Derselbe hat ein
Alter von 64 Jahren erreicht. In ihm verliert die Gemeinde einen tüchtigen
pflichttreuen Beamten. 30 Jahre lang hat er mit seiner prachtvollen
Tenorstimme den Gottesdienst verschönt, und stets dazu beigetragen, dass der
Besuch der Synagoge ein reger geblieben ist. Aber auch als Mensch hat sich
der Verblichene die Sympathie seiner Mitbürger erworben, ohne Unterschied
des Konfession, durch sein stets zugängliches, entgegenkommendes Wesen,
besonders den Armen gegenüber, für welche er immer ein williges Herz und
offenes Ohr hatte. Im Elsaß-Lothringischen Kantorenverband begleitete der
Verstorbene die Stelle eines zweiten Vorsitzenden. An den früheren Stellen
seiner Wirksamkeit Kolbsheim, Sulz,
Benfeld hat der Verblichene ein ehrendes
Andenken hinterlassen. Der tief betrübten Familie entbieten wir unser tief
gefühltes Beileid." |
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Artikel in "Das jüdische Blatt" vom 7. Februar 1913: "Colmar. Die Beerdigung
des Herrn Oberkantor Metzger, über dessen Hinscheiden Sie bereits
berichteten, gestaltete sich zu einer erhebenden Sympathiekundgebung, die
einen vollgültigen Beweis erbrachte für die Beliebtheit, die er in den
weitesten Kreisen genoss. Ein unabsehbares Trauergefolge, wie wir es hier
noch nie gesehen, gab ihm das letzte Geleit. Nicht nur waren fast sämtliche
Kantoren des Ober-Elsaß und viele aus Unter-Elsaß, so aus Straßburg,
Benfeld,
Bischweiler,
Schlettstadt,
Müttersholz, erschienen, sondern auch
viele Israeliten aus der näheren und weiteren Umgebung. Dass die hiesige
Gemeinde vollzählig sich beteiligte, braucht nicht hervorgehoben zu werden.
Sechs Kantoren trugen die Bahre vom Sterbehause in die Synagoge, die
übrigen, eine recht stattliche Zahl, gingen dem Zuge voran. Die Trauerfeier
in der Synagoge war würdig und äußerst eindrucksvoll. Sie wurde eingeleitet
durch einen Psalm, mit Innigkeit und Rührung gesungen von Herrn Oberkantor
Heymann - Straßburg. Nachdem auch Herr Kantor Levy mit
wohltönender Stimme einen Trauergesang zum Vortrag gebracht, hielt Herr
Oberrabbiner Weil die Trauerrede, in der er mit lebhaften Worten die
Vorzüge des Herrn Metzger, sein Wirken in der Gemeinde und seiner Familie,
schilderte und dem Schmerze der Gemeinde bewegten Ausdruck verlieh. Nach
einem Schlussgesang des Herrn Heymann war die Feier in der Synagoge beendet,
und der Zug setzte sich wieder in Bewegung nach dem
Friedhof. Dort ergriffen
nacheinander das Wort: Herr Konsistorialpräsident L. Manheimer im
Namen des Konsistoriums, Herr Paul Wurmser als Vorsteher der
Gemeinde, Herr Oberkantor Heymann als persönlicher Freund und im
Namen des Kantorenverbands und zuletzt Herr L. Wormser als ehemaliger
Vorsteher und als Mitglied des Konsistoriums. Alle Redner feierten
übereinstimmend die Menschenfreundlichkeit und den mildtätigen Sinn des
Dahingeschiedenen, dessen mitfühlendes Herz nie versagte, wo es galt, Not zu
lindern und der Armut beizustehen. Er lässt hier eine fühlbare Lücke zurück.
Sein Andenken bleibt unvergesslich." |
Die Kantorstelle wurde mit Herrn
Halpern besetzt (1914)
Artikel
in "Das jüdische Blatt" vom 30. Januar 1914: "Kolbsheim. Nach
längerer Vakanz wurde die hiesige Kantorenstelle wieder besetzt. Herrn
Halpern wurde die Stelle übertragen." |
Kantor Halpern wechselt nach Finstingen (1914)
Anmerkung: bei Finstingen handelt es sich um
Fénétrange, das zu Lothringen gehörte (heute Département Moselle in der Region
Grand Est). Vgl.
http://judaisme.sdv.fr/synagog/moselle/fenetran.htm
Artikel in
"Das jüdische Blatt" vom 24. April 1914: "Kolbsheim. Der hiesige
Kantor Herr Halpern, ist nach Finstingen ernannt worden und hat an
den Halbfeiertagen seine neue Stelle angetreten. " |
Berichte
zu einzelnen Personen aus der jüdischen Gemeinde
Zum Tod von Witwe L. Kahn (1914)
Artikel in
"Das jüdische Blatt" vom 30. Januar 1914: "Kolbsheim. Eine biedere
Frau, Witwe L. Kahn, die ein Alter von 74 Jahren erreicht hatte,
wurde vorige Woche am Mittwoch zu Grabe getragen, tief betrauert von den
Söhnen und Töchtern, wie von der ganzen Gemeinde. Dr. Bloch,
Oberehnheim, gab der allgemeinen Trauer
um die Verschiedene in herzlichen Worten Ausdruck." |
Aus dem jüdischen Gemeindeleben
Neueinteilung der Rabbinatsbezirke (1915)
Artikel in
"Die jüdische Presse" vom 25. Juni 1915: "Straßburg im Elsass. Das
Gesetzblatt für Elsass-Lothringen veröffentlicht eine kaiserliche
Verordnung, nach der das Rabbinat Mutzig
aufgehoben und die Bezirke der drei Rabbinate
Barr, Fegersheim,
Oberehnheim neu umgrenzt werden. Barr
umfasst die Kantone Barr und
Weiler und die Orte Burgheim,
Walf und
Zellweiler vom Kanton
Oberehnheim; Fegersheim die
Kantone Erstein,
Benfeld und
Geispolsheim ohne
Düppigheim, Düttlenheim, Enzheim,
Holzheim, Lingolsheim;
Oberehnheim die Kantone
Rosheim,
Molsheim,
Schirmeck, Saales, den Rest des
Kantons Oberehnheim und die Orte die
Düppigheim, Düttelnheim, Enzheim,
Hangenbieten und Kolbsheim aus den
Kantonen Geispolsheim und
Schiltigheim." |
Sonstiges
Erinnerungen an die Auswanderungen im 19. Jahrhundert: Grabstein in New York für Caroline
Recht aus Kolbsheim (gest. 1884)
Anmerkung: das Grab befindet sich in einem jüdischen Friedhof in
NY-Brooklyn; der Geburtsname von Caroline Recht wird nicht mitgeteilt, daher ist
unklar, aus welcher Kolbsheimer Familie sie stammt.
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Grabstein
für "Caroline Recht,
Native of Kolbsheim, Elsace.
Died Nov. 19th 1884,
Aged 95 years." |
Zur Geschichte der Synagoge
Eine aus dem 17. Jahrhundert stammende Synagoge wurde 1843
umgebaut. Sie wurde 1909 renoviert.
Nach 1945 wurde das Gebäude renoviert, doch einige Jahre später als Synagoge
wieder aufgegeben und
im Jahr 1963 verkauft. Es wurde als Lagerraum verwendet, bis es 1988/89 in ein
Wohnhaus umgebaut wurde (nach Plänen der Architektin und Historikerin
[Kunst- und Architekturgeschichte] Dr. Christiane Ruebrecht,
Strasbourg) .
Adresse/Standort der Synagoge: 10
rue de la Liberté
Fotos
(Quelle: Rothè/Warschawski s.Lit. S. 89)
Die Synagoge in
Kolbsheim
in den 1960er-Jahren (?) |
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Außenansicht |
Innenansicht -
Blick von der Frauenempore
zum Bereich des Torascheines |
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Portalinschrift |
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Portalinschrift
aus 1. Mose 28,17: "Dies ist ein Gotteshaus und
hier ist das Tor zum Himmel" |
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Die ehemalige
Synagoge -
zu einem Wohnhaus umgebaut
(2012) |
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Das
Foto wurde von Dr. Christiane Ruebrecht zur Verfügung gestellt, die als
Architektin
und Historikerin (Kunst- und Architekturgeschichte) für den Umbau
verantwortlich war.
Das Foto in höherer
Auflösung. |
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Links und Literatur
Links:
Literatur:
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Michel
Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire.
Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. S. 40.89.
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n.e.
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