Baisingen Friedhof 154.jpg (62551 Byte)  Segnende Hände der Kohanim auf einem Grabstein in Baisingen


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Thann (Dep. Haut Rhin /Alsace / Oberelsass) 
Jüdische Geschichte  /  Synagogue / Synagoge

Übersicht:

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde  
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde   
Aus dem jüdischen Gemeindeleben   
Zur Geschichte der Synagoge   
Fotos / Darstellungen  
Links und Literatur   

    

Zur Geschichte der jüdischen Gemeinde                   
   
In der in früheren Jahrhunderten habsburgischen Stadt Thann lebten Juden bereits im Mittelalter. Erstmals scheinen sich Ende des 13. Jahrhunderts einige Juden in der Stadt niedergelassen zu haben. Einer von ihnen, Joeselin, ist um 1300 im Zusammenhang mit Darlehensgeschäften genannt. 1334 erwarb er ein Haus in der Stadt. 1309 waren die Juden der Stadt von einer Judenverfolgung betroffen, die ihren Ausgang vermutlich in Rufach nahm. Erneut hatten die Thanner Juden unter der Armleder-Verfolgung 1338 und unter der Verfolgung während der Pestzeit 1348/49 zu leiden. Eine "Judenstraße" wird um 1350 genannt, die im nordöstlichen Teil der Stadt nahe der Stadtmauer lag. 1383 werden wieder Juden in der Stadt genannt. 1473 waren es 3 jüdische Familien, die damals infolge der damaligen Kriegszeiten so arm waren, dass sie keine Steuern bezahlen konnten.
   
Die Entstehung der neuzeitlichen Gemeinde geht in die Zeit nach dem Dreißigjährigen Krieg zurück.  
  
Durch Zuzug von Juden aus Landgemeinden nahm die Zahl der jüdischen Gemeindeglieder im 19. Jahrhundert zu. 1807 wurden 254 jüdische Einwohner gezählt, 1849 357, 1861 357, 1900 187, 1910 150. 
  
Anmerkung: zwischen diesen, aus Rothé / Warschawski s.Lit. S. 50 übernommenen Zahlen und den in der englischen Encyclopedia of Jewish Life s.u. angegebenen Zahlen bestehen große Unterschiede. Möglicherweise beziehen sich sich die höheren Zahlen der Encyclopedia auf die jüdischen Einwohner des Arrondissements Thann.     
  
An Einrichtungen hatte die jüdische Gemeinde eine Synagoge (s.u.), eine jüdische Schule, ein rituelles Bad und einen Friedhof. Zur Besorgung religiöser Aufgaben der Gemeinde war eine Lehrer angestellt, der zugleich als Vorbeter und Schochet tätig war. Seit 1858 war Thann Sitz eines Rabbinates. Zum Rabbinat Thann gehörten auch die in Rougemont und Soppe-le-Bas lebenden jüdischen Personen. 
   
Als Rabbiner in Thann waren u.a. tätig: 
-  1858 bis 1873 Rabbiner Salomon Mook (geb. 1833 in Froeschwiller, gest. 1898 in Mulhouse; war ab 1870 Militärseelsorger, ab 1873 Rabbiner in Mulhouse). 
-  1873 bis 1893 Rabbiner Joseph Moïse Wurmser (geb. 1830 in Soultz, gest. 1893 in Thann; war seit 1857 Rabbiner in Blotzheim, ab 1864 Rabbiner in Bergheim, ab 1873 in Thann).    
-  1893 bis 1915 und wieder nach 1928 Rabbiner Dr. Benjamin Meyer (geb. 1867 in Schwindratzheim, Alsace, gest. 1934 in Straßburg; war 1889 bis 1893 zunächst Rabbiner in Lauterbourg).  
  
1936 wurden noch 81 jüdische Einwohner gezählt. Vier Jahre später wurden unter der deutschen Besatzung die hier noch befindlichen jüdischen Personen nach Südfrankreich deportiert. 
     
Von den in Thann geborenen und/oder längere Zeit am Ort wohnhaften jüdischen Personen sind in der NS-Zeit umgekommen (Angaben nach den Listen von Yad Vashem, Jerusalem):  Armand Bacharach (1889), Maurice Bloch (1881), Andre Brunschwig (1926), Caroline Dreyfus geb. Levy (1888), Jules Dreyfus (1871), Marie Friedler (1912), Leonie Levy (1860), Simone Levy geb. Levy (1891), Jules Dreyfus (1871), Leon Fischer (1913), Gaston Meyer (1907), Fernand Spira (1878), Nephy Spira (1874), Anne Vaserman (1900), Hanni Weiss geb. Dreifuss (1874), Isaac Wurmser (1860).
   
   
   
Berichte aus der Geschichte der jüdischen Gemeinde 
 
Aus dem jüdischen Gemeindeleben  
Über eine Auseinandersetzung zwischen dem Rabbiner und der Verwaltungskommission der Gemeinde (1907)       
Es finden sich in den überregionalen deutschsprachigen Periodika kaum Berichte aus Thann. Nur über eine längere Auseinandersetzung zwischen Rabbiner und der Verwaltungskommission der Gemeinde wird in der Zeitschrift "Der Israelit" von 1907 berichtet: 

Tann Israelit 07111907.jpg (75341 Byte)Artikel in der Zeitschrift "Der Israelit" vom 7. November 1907: "Thann (Elsass), 31. Oktober (1907). In der hiesigen israelitischen Kultusgemeinde besteht, wie der 'Elsässer Kurier' berichtet, seit längerer Zeit eine Reibung zwischen dem Rabbiner und der Verwaltungskommission, sodass es sogar zu einer Auseinandersetzung in der Synagoge kam, und ein Gemeindemitglied, das jetzt in einer Annonce der Thanner Zeitung auch genannt wird, den Rabbiner wegen Störung des Gottesdienstes beim Kultusminister verklagt wurde, während ein anderes Klage beim Konsistorium erhob. Dieses hat aber auf Grund einer französischen Ordonnanz die Verwaltungskommission aufgelöst, eine Verfügung, gegen die das Kultusministerium wieder angerufen werden soll."

    
Der Krieg bedroht auch viele Orte mit jüdischen Gemeinden im Oberelsass (1914)  
Anmerkung: die angegebene Zahl der jüdischen Gemeindeglieder bezieht sich auf ca. 1890.    

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 18. September 1914: "Hagenau, 10. September (1914). Die schweren Kämpfe im Oberelsaß, die in letzter Zeit zwischen den Franzosen und Deutschen ausgefochten wurden, erinnern uns daran, dass die dortige Gegend ziemlich stark von Juden bewohnt ist, die jetzt nicht nur zum großen Teil gezwungen waren, Heim und Herd zu verlassen, sondern neben der schweren seelischen Not auch viel durch die Zerstörung von Hab und Gut zu dulden haben. Es wohnen in dem vielgenannten Altkirch 289 jüdische Seelen, Hirsingen 74, Dammerkirch (Dannemarie) 15, Hagenbach 26, Bergheim 110, Grussenheim 314, Neubreisach 102, Blotzheim 62, Bollweiler 120, Ensisheim 27, Regisheim 154, Dürmenach 205, Hegenheim 169, Hüningen 50, Kolmar 1105, Dornach 202, Mülhausen 2271, Niederhagental 145, Niedersept 124, Pfastatt 73, Markirch 147, Rappoltsweiler 134, Habsheim 73, Rixheim 69, Sennheim 151, Wattweiler (Wattwiller) 37, St. Ludwig 60, Kembs 50, Sierenz 113, Uffheim 120, Gebweiler 305, Sulz 182, Thann 163, Winzenheim 421 Juden. Die meisten Familien, besonders in der Mülhauser Gegend, haben sich flüchten müssen, viele davon haben sich während dieser schweren Zeit in der Schweiz niedergelassen.".      


  
Aus der Geschichte des Rabbinates  
Rabbiner Mook aus Thann wird Nachfolger von Rabbiner S. Dreyfuß in Mühlhausen (1873)      

Artikel in der "Allgemeinen Zeitung des Judentums" vom 1. April 1873: "Mühlhausen (Elsass), im März (1873). Endlich ist der hiesige Rabbinersitz, der so viele Jahre schon seit dem Tode des Rabbiners S. Dreyfuß erledigt geblieben war, wieder besetzt worden, und zwar durch Herrn Mook, bisher Rabbiner zu Thann."        

   
   
   
Zur Geschichte der Synagoge                       
    
1818 wurde eine Scheune zu einer Synagoge umgebaut. Die bis heute in Thann bestehende und von maurischem Stil geprägte Synagoge wurde 1862 an Stelle der älteren Synagoge erbaut. Im Ersten Weltkrieg wurde sie durch deutsches Bombardement teilweise zerstört und 1924 wieder aufgebaut.  

In der NS-Zeit wurde das Gebäude geplündert. 

Nach 1945 wurde die Synagoge wieder restauriert, zuletzt 1975.   
  
  
Adresse/Standort der Synagoge 68800 Thann, Rue de l'Etang              
  
  
Fotos
(die vier Fotos in der vierten und fünften Fotozeile: Hahn, Aufnahmedatum 15.4.2004) 

Thann Synagogue 117.jpg (78936 Byte) Thann Synagogue 115.jpg (89403 Byte) Thann Synagogue 119.jpg (84820 Byte)
Außenansichten der schwer beschädigten Synagoge nach dem deutschen Bombardement der Stadt im Ersten Weltkrieg
       
Thann Synagogue 118.jpg (90158 Byte) Thann Synagogue 116.jpg (109712 Byte) Thann Synagogue 179.jpg (128605 Byte)
Innenansichten der schwer beschädigten Synagoge 
(Quelle: u.a. Jewish Virtual Library und Edwardvictor.com)
    
 
Die Synagoge 
in den 1980er-Jahren 
(Quelle: Rothé / Warschawski 
s.Lit. S. 183) 
Thann Synagogue 170.jpg (64285 Byte) Thann Synagogue 171.jpg (67574 Byte)
Außenansicht mit Eingangsportal  Innenansicht 
     
Die Synagoge 
im Frühjahr 2004 
Thann Synagogue 100.jpg (59366 Byte)  Thann Synagogue 101.jpg (81428 Byte)
  Die Synagoge - 
Seitenansicht 
   Ostseite der Synagoge mit 
Nische des Toraschreines 
     
Thann Synagogue 102.jpg (68801 Byte) Thann Synagogue 103.jpg (63315 Byte) Thann Synagogue 020.jpg (47056 Byte)
Die beeindruckende Westfassade mit dem Eingangsbereich  Innenaufnahme der Synagoge Thann 
(Foto: Photo Archives Communauté de
 Thann; Quelle: hier anklicken
   
   
Verschiedene Fotos befinden sich in der
 Dokumentation des Ministère de la culture
 (siehe Link unten zur 
Dokumentation des Ministère)
Thann Synagogue 175.jpg (89943 Byte)  
    

  
   

Links und Literatur   

Links: 

Website der Stadt Thann 
Französische Informationsseite zur Synagoge in Thann  
mit einem Beitrag von Nicolas Grassler: Aspects de la présence juive dans la Vallée de la Thur. 
Weitere französische Informationsseite mit Fotos   
Zur Seite über den jüdischen Friedhof Thann (interner Link)   
Verzeichnis des Ministère de la culture mit Informationen zur Synagogue Thann       
Dokumentation des Ministère de la culture zur Synagoge Thann  

Literatur:  

Germania Judaica II,2 S. 818; III,2 S. 1457-1458.

Alsace Lit 010.jpg (67412 Byte)Michel Rothé / Max Warschawski: Les Synagogues d'Alsace et leur Histoire. Ed. 'Chalom Bisamme' Jerusalem 1992. 

Günter Boll: Rabbi Elchanan Elsass alias Daniel Salomon von Thann.  Online zugänglich - als pdf-Datei eingestellt.  
Der Beitrag handelt von dem Daniel Salomon (Salman) aus Breisach, der in den 1680er-Jahren nach Thann verzog und dort mindestens 30 Jahre lebte. Er und Rabbiner Hirz Rheinau in Sulz verhandelten 1716 mit Baron Franz Melchior von Schauenburg über die Abtretung eines Grundstückes zur Vergrößerung des jüdischen Friedhofes in Jungholz

        
      
  


 

Article from "The Encyclopedia of Jewish life Before and During the Holocaust". 
First published in 2001 by NEW YORK UNIVERSITY PRESS; Copyright © 2001 by Yad Vashem Jerusalem, Israel.

Thann  Haut-Rhin dist.  The Jewish community was established in the 19th century. The synagogue was founded in 1862. By 1885 there were 630 Jews living in Thann dropping to 551 in 1895 and 451 in 1910. In 1924, the synagogue, destroyed during Worldwar I, was reconstructed. In 1926 the community consisted of 224 Jews and of 201 in 1931. On the eve of Worldwar II there were 81 Jews in Thann. All were expelled to the south of France with the rest of Alsace-Lorraine Jews.  
     
       

                     
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Copyright © 2003 Alemannia Judaica - Arbeitsgemeinschaft für die Erforschung der Geschichte der Juden im süddeutschen und angrenzenden Raum
Stand: 29. Januar 2014